https://www.kathpedia.de/api.php?action=feedcontributions&user=Charles&feedformat=atomkathPedia - Benutzerbeiträge [de]2024-03-28T23:46:10ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.32.6https://www.kathpedia.de/index.php?title=Sacramentum_caritatis_(Wortlaut)&diff=149918Sacramentum caritatis (Wortlaut)2016-10-15T03:28:49Z<p>Charles: T.</p>
<hr />
<div><center> [[Nachsynodales Apostolisches Schreiben]]<br />
{|align="center" cellpadding=5px;<br />
!bgcolor="yellow"|'''[[Sacramentum caritatis]]'''<br />
|}<br />
[[Papst|Seiner Heiligkeit]] <br><br />
[[Benedikt XVI.]]<br><br />
An die [[Bischöfe]], den [[Klerus]], die [[Ordensleute|Personen gottgeweihten Lebens]] und die christgläubigen [[Laie]]n <br><br />
''' über die [[Eucharistie]] - Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der [[Kirche]]''' <br><br />
[[22. Februar]] [[2007]] <br><br />
<br />
(Quelle: [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/apost_exhortations/documents/hf_ben-xvi_exh_20070222_sacramentum-caritatis_ge.html Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite])</center><br />
<br />
{{Hinweis Lehramtstexte}}<br />
[[Datei:EUCHARISTIE.png|thumb|right|[[EUCHARISTIE]]]]<br />
<br />
==EINFÜHRUNG==<br />
<br />
'''1''' Sakrament der Liebe:<ref> Vgl. [[Thomas von Aquin]], [[Summa Theologiae]] III, q. 73, a. 3.</ref> Die Heilige Eucharistie ist das Geschenk der Selbsthingabe Jesu Christi, mit dem er uns die unendliche Liebe Gottes zu jedem Menschen offenbart. In diesem wunderbaren Sakrament zeigt sich die »größte« Liebe, die dazu drängt, »das eigene Leben für die Freunde hinzugeben« (vgl. Joh 15,13). Ja, Jesus liebte die Seinen »bis zur Vollendung« (Joh 13,1). Mit dieser Formulierung führt der Evangelist auf die Geste unendlicher Demut hin, die Jesus vollbracht hat: Bevor er am Kreuz für uns starb, wusch er, umgürtet mit einem Leintuch, seinen Jüngern die Füße. In gleicher Weise liebt Jesus uns im eucharistischen Sakrament immer noch »bis zur Vollendung«, bis zur Hingabe seines Leibes und seines Blutes. Welch ein Staunen muss die Herzen der Apostel ergriffen haben angesichts der Gesten und Worte des Herrn während jenes Abendmahles! Welch eine Verwunderung muss das eucharistische Geheimnis auch in unserem Herzen auslösen!<br />
<br />
===Die Speise der Wahrheit===<br />
<br />
'''2''' Im Altarssakrament kommt der Herr dem als Abbild Gottes (vgl. Gen 1,27) geschaffenen Menschen entgegen und wird sein Weggefährte. In diesem Sakrament macht sich der Herr nämlich zur Speise für den Menschen, der nach Wahrheit und Freiheit hungert. Da allein die Wahrheit uns wirklich frei machen kann (vgl. Joh 8,36), macht sich Christus für uns zur Speise der Wahrheit. In scharfsinniger Kenntnis der menschlichen Wirklichkeit hat der hl. Augustinus verdeutlicht, wie der Mensch sich freiwillig, und nicht unter Zwang, regt, wenn er auf etwas bezogen ist, das ihn anzieht und in ihm ein Verlangen erweckt. Als der heilige Bischof sich dann fragt, was den Menschen wohl letztlich im Innersten bewegen könne, ruft er aus: »Wonach verlangt die Seele denn brennender als nach der Wahrheit?«<ref>[[Augustinus von Hippo|Augustinus]], In Iohannis Evangelium Tractatus, 26.5: [[PL]] 35, 1609.</ref> Tatsächlich trägt jeder Mensch das unstillbare Verlangen nach der letzten und endgültigen Wahrheit in sich. Darum wendet sich Jesus, der Herr, »der Weg, die Wahrheit und das Leben« (Joh 14,6) dem schmachtenden Herzen des Menschen zu, der sich als dürstender Pilger fühlt, dem Herzen, das sich nach der Quelle des Lebens sehnt, dem Herzen, das um die Wahrheit ringt. Jesus Christus ist ja die Person gewordene Wahrheit, die die Welt an sich zieht. »Jesus ist der Polarstern der menschlichen Freiheit; ohne ihn verliert sie ihre Ausrichtung, denn ohne die Erkenntnis der Wahrheit entartet die Freiheit, sie isoliert sich und wird zu steriler Willkür. Mit Jesus findet sich die Wahrheit wieder«.<ref>[[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der [[Kongregation für die Glaubenslehre]] (10. Februar 2006): [[AAS]] 98 (2006), 255.</ref> Im Sakrament der Eucharistie zeigt Jesus uns im besonderen die Wahrheit der Liebe, die das Wesen Gottes selbst ist. Diese im Evangelium begründete Wahrheit geht jeden Menschen und den ganzen Menschen an. Die Kirche, die in der Eucharistie ihre lebensnotwendige Mitte findet, bemüht sich darum unablässig, allen zu verkündigen, dass Gott Liebe ist, ob man es hören will oder nicht (vgl. 2 Tim 4,2).<ref>Vgl. [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Teilnehmer der dritten Versammlung des XI. Ordentlichen Rates des Generalsekretariats der [[Bischofssynode]] (1. Juni 2006): L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 36. Jg. Nr. 26, S. 9.</ref> Gerade weil Christus für uns zur Speise der Wahrheit geworden ist, wendet sich die Kirche an den Menschen und lädt ihn ein, das Geschenk Gottes frei anzunehmen.<br />
<br />
===Die Entwicklung des eucharistischen Ritus===<br />
<br />
'''3''' Wenn wir auf die zweitausendjährige Geschichte der Kirche Gottes blicken, die durch das weise Handeln des Heiligen Geistes geleitet wurde, bewundern wir voller Dankbarkeit die über die Zeit hin geordnete Entwicklung der rituellen Formen, in denen wir des Ereignisses unseres Heiles gedenken. Von den vielfältigen Formen der ersten Jahrhunderte, die noch in den Riten der Alten Ostkirchen aufleuchten, bis zur Verbreitung des römischen Ritus; von den klaren Anweisungen des Konzils von Trient und des Missale des hl. Pius' V. bis zur vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregten Liturgiereform: In jeder Epoche der Kirchengeschichte erstrahlt die Eucharistiefeier als Quelle und Höhepunkt ihres Lebens und ihrer Sendung im liturgischen Ritus in all ihrem vielfältigen Reichtum. Die Elfte Ordentliche Vollversammlung der Bischofssynode, die vom 2. bis zum 23. Oktober 2005 im Vatikan stattfand, hat angesichts dieser Geschichte ihren tiefen Dank Gott gegenüber zum Ausdruck gebracht und bekannt, dass in ihr die Führung des Heiligen Geistes wirksam war. Im besonderen haben die Synodenväter den segensreichen Einfluss festgestellt und bestätigt, den die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil verwirklichte Liturgiereform auf das Leben der Kirche ausgeübt hat.<ref>Vgl. Propositio 2.</ref> Die Bischofssynode hatte die Möglichkeit, ihre Rezeption nach der Konzilsversammlung zu beurteilen. Es gab außerordentlich viele Würdigungen. Wie bekräftigt wurde, können die Schwierigkeiten und auch einige erwähnte Missbräuche den Wert und die Wirksamkeit der Liturgiereform, die noch bisher nicht völlig erkundete Schätze in sich birgt, nicht verdunkeln. Konkret geht es darum, die vom Konzil beabsichtigten Änderungen innerhalb der Einheit zu verstehen, die die geschichtliche Entwicklung des Ritus selbst kennzeichnet, ohne unnatürliche Brüche einzuführen.<ref>Ich verweise hier auf die Notwendigkeit einer Hermeneutik der Kontinuität auch in Bezug auf die rechte Deutung der liturgischen Entwicklung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil: Vgl. [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2005): [[AAS]] 98 (2006), 44-45.</ref><br />
<br />
===Die Bischofssynode und das Jahr der Eucharistie===<br />
<br />
'''4''' Im übrigen ist es notwendig, die Beziehung zwischen der jüngsten Bischofssynode über die Eucharistie und dem, was in den letzten Jahren im Leben der Kirche geschehen ist, hervorzuheben. Zunächst müssen wir uns im Geiste in das Große Jubiläum des Jahres 2000 zurückversetzen, mit dem mein lieber Vorgänger, der Diener Gottes Johannes Paul II., die Kirche in das dritte christliche Jahrtausend geführt hat. Das Jubiläumsjahr war zweifellos stark eucharistisch geprägt. Zudem darf man nicht vergessen, dass der Bischofssynode das von Johannes Paul II. in großem Weitblick für die gesamte Kirche gewollte Jahr der Eucharistie vorausging und sie in gewisser Weise auch vorbereitet hat. Dieser Zeitraum, der mit dem Internationalen Eucharistischen Kongress in Guadalajara im Oktober 2004 begonnen hatte, fand seinen Abschluss am Ende der 11. Synodalversammlung mit der Heiligsprechung von fünf Seligen, die sich durch ihre eucharistische Frömmigkeit besonders ausgezeichnet hatten: des Bischofs Józef Bilczewski, der Priester Gaetano Catanoso, Zygmunt Gorazdowski und Alberto Hurtado Cruchaga und des Kapuziners Felice da Nicosia. Aufgrund der von Johannes Paul II. in dem Apostolischen Schreiben [[Mane nobiscum domine]]<ref>Vgl. [[AAS]] 97 (2005), 337-352.</ref> dargelegten Lehren und dank der wertvollen Vorschläge der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung<ref>Vgl. Das [[Jahr der Eucharistie]] - Empfehlungen und Vorschläge (15 Oktober 2004): L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 34. Jg. Nr. 47, S. 9-12 und Nr. 48, S. 9-12.</ref> haben die Diözesen und verschiedene kirchliche Organisationen zahlreiche Initiativen ergriffen, um bei den Gläubigen den eucharistischen Glauben wiederzuerwecken und zu erweitern, um die Sorgfalt bei den [[Zelebration]]en zu erhöhen und die eucharistische Anbetung zu fördern, um zu einer tätigen Solidarität zu ermutigen, die von der Eucharistie ausgehend die Bedürftigen erreicht. Schließlich muss noch die letzte Enzyklika [[Ecclesia de eucharistia]]<ref>Vgl. [[AAS]] 95 (2003), 433-475. Außerdem sei an die [[Instruktion]] der [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], [[Redemptionis sacramentum]] (25. März 2004) erinnert, die auf ausdrücklichen Wunsch von [[Johannes Paul II.]] entstanden ist: [[AAS]] 96 (2004), 549-601.</ref> meines Verehrten Vorgängers erwähnt werden, mit der er uns einen sicheren lehramtlichen Anhaltspunkt über die eucharistische Lehre hinterlassen hat und ein letztes Zeugnis dafür, welch zentrale Rolle dieses göttliche Sakrament in seinem Leben spielte.<br />
<br />
===Der Zweck des vorliegenden Schreibens===<br />
<br />
'''5''' Dieses nachsynodale Schreiben verfolgt den Zweck, den mannigfaltigen Reichtum der Reflexionen und Vorschläge aufzugreifen, die in der letzten Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode aufgekommen sind - von den Lineamenta über das Instrumentum laboris, die Relationes ante et post disceptationem, die Beiträge der Synodenväter, der Auditores und der Delegierten der Schwesterkirchen bis zu den Propositiones -, in der Absicht, einige grundlegende Orientierungslinien zu formulieren, die darauf ausgerichtet sind, in der Kirche neuen eucharistischen Impuls und Eifer zu erwecken. Im Bewusstsein des umfassenden doktrinellen und disziplinären Erbes, das sich im Laufe der Jahrhunderte in bezug auf dieses Sakrament angesammelt hat,<ref>Um nur die wichtigsten Schriften zu nennen: Ökum. [[Konzil von Trient]], Doctrina et canones de ss. Missae sacrificio, [[DS]] 1738-1759; [[Leo XIII.]], [[Enzyklika]] [[Mirae caritatis]] (28. Mai 1902): [[ASS]] (1903), 115-136; [[Pius XII.]], [[Enzyklika]] [[Mediator Dei]] (20. November 1947): [[AAS]] 39 (1947), 521-595; [[Paul VI.]], [[Enzyklika]] [[Mysterium fidei]] (3. September 1965): [[AAS]] 57 (1965), 753-774; [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Ecclesia de eucharistia]] (17. April 2003): [[AAS]] 95 (2003), 433-475; [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], Instr. [[Eucharisticum mysterium]] (25. Mai 1967): [[AAS]] 59 (1967), 539-573; Instr. [[Liturgiam authenticam]] (28. März 2001): [[AAS]] 93 (2001), 685-726.</ref> möchte ich im vorliegenden Dokument den Wunsch der Synodenväter<ref>Vgl. Propositio 1.</ref> aufgreifen und vor allem das christliche Volk zu einer gedanklichen Vertiefung der Verbindung zwischen eucharistischem Geheimnis, liturgischer Handlung und dem aus der Eucharistie entspringenden neuen geistlichen Dienst als dem Sakrament der Nächstenliebe aufrufen. Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich das vorliegende Schreiben mit meiner ersten Enzyklika Deus caritas est in Zusammenhang bringen, in der ich wiederholt über das Sakrament der Eucharistie gesprochen habe, um seine Beziehung zur christlichen Gottes- und Nächstenliebe zu verdeutlichen: »Der fleischgewordene Gott zieht uns alle an sich. Von da versteht es sich, dass Agape nun auch eine Bezeichnung der Eucharistie wird: In ihr kommt die Agape Gottes leibhaft zu uns, um in uns und durch uns weiterzuwirken«.<ref>Nr. 14: [[AAS]] 98 (2006), 229.</ref><br />
<br />
==ERSTER TEIL: EUCHARISTIE, EIN GEHEIMNIS, AN DAS MAN GLAUBT==<br />
<br />
»Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat« (Joh 6,29)<br />
<br />
===Der eucharistische Glaube der Kirche===<br />
<br />
'''6''' »Geheimnis des Glaubens!« - Mit diesem Ausruf unmittelbar nach den Konsekrationsworten verkündet der Priester das gefeierte Mysterium und drückt sein Staunen angesichts der Wesensverwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi aus - einer Wirklichkeit, die alles menschliche Verstehen übersteigt. In der Tat, die Eucharistie ist das »Geheimnis des Glaubens« schlechthin: Sie ist »der Inbegriff und die Summe unseres Glaubens«.<ref>[[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1327.</ref> Der Glaube der Kirche ist im wesentlichen ein eucharistischer Glaube und erhält seine Nahrung in besonderer Weise beim Mahl der Eucharistie. Glaube und Sakramente sind zwei sich gegenseitig ergänzende Aspekte des kirchlichen Lebens. Durch die Verkündigung des Wortes Gottes erweckt, nährt sich der Glaube und wächst in der gnadenreichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, die sich in den Sakramenten verwirklicht: »Der Glaube drückt sich im Ritus aus, und der Ritus stärkt und festigt den Glauben«.<ref>Propositio 16.</ref> Darum steht das Altarssakrament immer im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens; »dank der Eucharistie wird die Kirche immer wieder neu geboren!«<ref>[[Benedikt XVI.]], [[Homilie]] anlässlich der feierlichen Inbesitznahme der Kathedra des Bischofs von Rom (7. Mai 2005): [[AAS]] 97 (2005), 752.</ref> Je lebendiger der eucharistische Glaube im Gottesvolk ist, um so tiefer ist dessen Teilnahme am kirchlichen Leben durch eine überzeugte Unterstützung der Sendung, die Christus seinen Jüngern aufgetragen hat. Das bezeugt die Geschichte der Kirche selbst. Jede große Reform ist in irgendeiner Weise verbunden mit der Wiederentdeckung des Glaubens an die eucharistische Gegenwart des Herrn inmitten seines Volkes.<br />
<br />
===Die Heiligste Dreifaltigkeit und die Eucharistie===<br />
<br />
====Das Brot vom Himmel====<br />
<br />
'''7''' Der Hauptinhalt des eucharistischen Glaubens ist das Mysterium Gottes selbst, der trinitarische Liebe ist. In dem Gespräch Jesu mit Nikodemus finden wir diesbezüglich eine erhellende Aussage: »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird« (Joh 3,16-17). Diese Worte zeigen die tiefste Wurzel der Gabe Gottes. Jesus schenkt in der Eucharistie nicht »etwas«, sondern sich selbst; er bringt seinen Leib als Opfer dar und vergießt sein Blut. Auf diese Weise verschenkt er sich in der Ganzheit seiner Existenz und offenbart die ursprüngliche Quelle dieser Liebe. Er ist der ewige Sohn, der vom Vater für uns hingegeben wurde. Im Evangelium hören wir dazu noch einmal die Worte Jesu. Nach der Speisung der Menschenmenge durch die Vermehrung der Brote und der Fische sagt er zu seinen Gesprächspartnern, die ihm bis in die Synagoge von Kafarnaum gefolgt sind: »Mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben« (Joh 6,32-33). Und er geht so weit, sich selbst, sein Fleisch und sein Blut, mit diesem Brot zu identifizieren: »Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt« (Joh 6,51). Auf diese Weise offenbart sich Jesus als das Brot des Lebens, das der ewige Vater den Menschen schenkt.<br />
<br />
====Ungeschuldete Gabe der Heiligsten Dreifaltigkeit====<br />
<br />
'''8''' In der Eucharistie offenbart sich der Plan der Liebe, der die gesamte Heilsgeschichte bestimmt (vgl. Eph 1,10; 3,8-11). In ihr gibt der Deus Trinitas, der in sich selbst die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,78), sich gänzlich in unsere menschliche Befindlichkeit hinein. Im Brot und im Wein, unter deren Gestalten Christus sich uns im österlichen Mahl schenkt (vgl. Lk 22,14-20; 1 Kor 11, 2326), kommt in Form des Sakraments das ganze göttliche Leben zu uns und teilt sich uns mit. Gott ist das vollkommene Mit- und Ineinander gegenseitiger Liebe zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Schon in der Schöpfung empfängt der Mensch die Berufung, in einem gewissen Maß am Lebensatem Gottes teilzuhaben (vgl. Gen 2,7). Doch im gestorbenen und auferstandenen Christus und in der Aussendung des Heiligen Geistes, der unbegrenzt gegeben wird (vgl. Joh 3,34), werden wir der innersten Tiefen Gottes anteilig.<ref>Vgl. Propositio 4.</ref> Jesus Christus, »der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat« (Hebr 9,14), teilt uns in der eucharistischen Gabe also das eigene göttliche Leben mit. Es handelt sich um eine absolut vorleistungsfreie Gabe, die allein den Verheißungen Gottes nachkommt und diese über alle Maßen erfüllt. In treuem Gehorsam nimmt die Kirche diese Gabe an, feiert sie und betet sie an. Das »Geheimnis des Glaubens« ist ein Geheimnis der trinitarischen Liebe, an der teilzuhaben wir aus Gnade berufen sind. Auch wir müssen daher mit Augustinus rufen: »Wenn du die Liebe siehst, siehst du die Trinität«.<ref>De Trinitate, VIII, 8, 12: CCL 50, 287.</ref><br />
<br />
===Eucharistie: Jesus, das wahre Opferlamm===<br />
<br />
====Der neue und ewige Bund im Blut des Lammes====<br />
<br />
'''9''' Die Sendung, deretwegen Jesus zu uns gekommen ist, erreicht ihre Erfüllung im Pascha-Mysterium. Bevor er »seinen Geist aufgibt«, sagt er von der Höhe des Kreuzes aus, von der er alle an sich zieht (vgl. Joh 12,32): »Es ist vollbracht!« (Joh 19,30). In dem Geheimnis seines Gehorsams bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2,8) wurde der neue und ewige Bund verwirklicht. In seinem gekreuzigten Leib haben sich die Freiheit Gottes und die Freiheit des Menschen in einem unauflöslichen, immerwährenden Bündnis endgültig zusammengefunden. Auch die Sünde des Menschen ist durch den Sohn Gottes ein für allemal gesühnt worden (vgl. Hebr 7,27; 1 Joh 2,2; 4,10;). »In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich« - wie ich an anderer Stelle bereits betonte - »jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten - Liebe in ihrer radikalsten Form«.<ref>[[Enzyklika]] [[Deus caritas est]] (25. Dezember 2005), 12: [[AAS]] 98 (2006), 228.</ref> Im Pascha-Mysterium ist unsere Befreiung vom Bösen und vom Tod tatsächlich Wirklichkeit geworden. Bei der Einsetzung des Altarssakramentes hatte Jesus selbst vom »neuen und ewigen Bund« gesprochen, der in dem von ihm vergossenen Blut geschlossen wurde (vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20). Dieses letzte Ziel seiner Sendung war bereits zu Beginn seines öffentlichen Lebens sehr deutlich. Als nämlich Johannes der Täufer am Ufer des Jordans Jesus auf sich zukommen sieht, ruft er aus: »Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!« (Joh 1,29). Es ist bezeichnend, dass ebendieses Wort in jeder Messfeier in dem Augenblick wiederkehrt, da der Priester zum Empfang der Kommunion einlädt: »Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt! Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind!« Jesus ist das wahre Osterlamm, das sich selbst freiwillig als Opfer für uns dargebracht und so den neuen und ewigen Bund verwirklicht hat. Die Eucharistie enthält in sich diese radikale Neuheit, die uns in jeder Messfeier neu dargeboten wird.<ref>Vgl. Propositio 3.</ref><br />
<br />
====Die Einsetzung der Eucharistie====<br />
<br />
'''10''' In dieser Weise werden wir zum Nachdenken über die Einsetzung der Eucharistie während des Letzten Abendmahles geführt. Sie geschah im Rahmen eines rituellen Mahles, das die Gedenkfeier des Gründungsereignisses des Volkes Israel darstellte, der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens. Dieses mit der Opferung der Lämmer verbundene rituelle Mahl (vgl. Ex 12,1-28.43-51) war Erinnerung an die Vergangenheit, doch zugleich auch ein prophetisches Gedenken, das heißt die Verkündigung einer zukünftigen Befreiung. Das Volk hatte nämlich erfahren, dass jene Befreiung noch keine endgültige gewesen war, denn seine Geschichte stand noch zu sehr unter dem Zeichen der Knechtschaft und der Sünde. So öffnete sich das Gedenken der alten Befreiung der Bitte und Erwartung eines tiefergreifenden Heiles, das grundlegend, umfassend und endgültig sein würde. In diesen Zusammenhang fügt Jesus die Neuheit seiner Gabe ein. Im Lobpreis, der Berakah, dankt er dem Vater nicht nur für die großen Ereignisse der Vergangenheit, sondern auch für seine eigene »Erhöhung«. Indem er das Sakrament der Eucharistie einsetzt, nimmt Jesus das Kreuzesopfer und den Sieg der Auferstehung vorweg und schließt beides in das Sakrament ein. Zugleich offenbart er sich als das wahre Opferlamm, das im Plan des Vaters von Anbeginn der Welt vorgesehen war, wie der Erste Petrusbrief betont (vgl. 1,18-20). Indem Jesus seine Gabe in diesen Zusammenhang stellt, tut er die heilbringende Bedeutung seines Todes und seiner Auferstehung kund, dieses Geheimnisses, das somit zu einer Gegebenheit wird, welche die Geschichte und den gesamten [[Kosmos]] erneuert. Tatsächlich zeigt die Einsetzung der Eucharistie, wie dieser an sich gewaltsame und sinnlose Tod in Jesus zum erhabensten Akt der Liebe und zur endgültigen Befreiung der Menschheit vom Bösen geworden ist.<br />
<br />
====Figura transit in veritatem====<br />
<br />
'''11''' Auf diese Weise fügt Jesus sein tiefgreifendes novum ins Innere des alten jüdischen Opfermahles ein. Jenes Mahl bedarf für uns Christen keiner Wiederholung. Zu Recht sagten die Väter, dass »figura transit in veritatem«: Was die kommenden Wirklichkeiten vorausverkündete, hat nun der Wahrheit selbst Platz gemacht. Der alte Ritus hat sich erfüllt und ist durch die Liebesgabe des fleischgewordenen Gottessohnes endgültig überholt. Die Speise der Wahrheit, der für uns geopferte Christus, dat figuris terminum.<ref>[[Römisches Brevier]], Hymnus zur [[Lesehore]] am [[Fronleichnam|Hochfest des Leibes und Blutes Christi]].</ref> Mit dem Auftrag: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« (Lk 22,19; 1 Kor 11,25), fordert er uns auf, seiner Gabe zu entsprechen und sie sakramental darzustellen. Mit diesen Worten bringt der Herr sozusagen die Erwartung zum Ausdruck, dass seine Kirche, die aus seinem Opfer hervorgegangen ist, diese Gabe annimmt und unter der Führung des Heiligen Geistes die liturgische Form des Sakramentes entwickelt. Die Gedenkfeier seiner vollkommenen Gabe besteht ja nicht in der einfachen Wiederholung des Letzten Abendmahles, sondern eigens in der Eucharistie, das heißt in der radikalen Neuheit des christlichen Kultes. So hat Jesus uns die Aufgabe hinterlassen, in seine »Stunde« einzutreten: »Die Eucharistie zieht uns in den Hingabeakt Jesu hinein. Wir empfangen nicht nur statisch den inkarnierten Logos, sondern werden in die Dynamik seiner Hingabe hineingenommen«.<ref>[[Benedikt XVI.]], [[Enzyklika]] [[Deus caritas est]] (25. Dezember 2005), 13: [[AAS]] 98 (2006), 228.</ref> Er »zieht uns in sich hinein«.<ref>Vgl. [[Benedikt XVI.]], [[Homilie]] auf dem Marienfeld (21. August 2005): [[AAS]] 97 (2005), 891-892.</ref> Die [[Wesensverwandlung]] von Brot und Wein in seinen Leib und sein Blut bringt in die [[Schöpfung]] das Prinzip einer tiefgreifenden Veränderung ein, wie eine Art »Kernspaltung« - um ein uns heute wohlbekanntes Bild zu benutzen -, die ins Innerste des Seins getragen worden ist, eine Veränderung, die dazu bestimmt ist, einen Prozess der Verwandlung der Wirklichkeit auszulösen, dessen letztes Ziel die [[Verklärung]] der gesamten Welt ist bis zu jenem Zustand, in dem Gott alles in allem sein wird (vgl. 1 Kor 15,28).<br />
<br />
===Der Heilige Geist und die Eucharistie===<br />
<br />
====Jesus und der Heilige Geist====<br />
<br />
'''12''' Mit seinem Wort und mit Brot und Wein hat der Herr selbst uns die wesentlichen Elemente des neuen Kultes geschenkt. Die Kirche, seine [[Braut]], ist berufen, das eucharistische Mahl Tag für Tag zu seinem Gedächtnis zu feiern. Sie schreibt auf diese Weise das erlösende Opfer ihres [[Bräutigam]]s in die Geschichte der [[Mensch]]en ein und lässt es in allen Kulturen sakramental gegenwärtig werden. Dieses große Geheimnis wird in den liturgischen Formen gefeiert, die die [[Kirche]], vom [[Heiligen Geist]] geführt, in Zeit und Raum entwickelt. In diesem Zusammenhang ist es nötig, dass wir in uns das Bewusstsein der entscheidenden Rolle wachrufen, die der Heilige Geist für die Entwicklung der liturgischen Form und für das Vertiefen der göttlichen Geheimnisse spielt. Der [[Paraklet]], die erste Gabe an die Gläubigen,<ref>Vgl. [[Römisches Messbuch]], Viertes Eucharistisches [[Hochgebet]].</ref> der schon in der Schöpfung am Werk war (vgl. Gen 1,2), ist vollends gegenwärtig im gesamten Leben des fleischgewordenen Wortes: [[Jesus Christus]] wurde ja durch das Wirken des Heiligen Geistes von der [[Jungfrau Maria]] empfangen (vgl. Mt 1,18; Lk 1,35); zu Beginn seiner öffentlichen Sendung sieht er ihn am Jordanufer in Form einer Taube auf sich herabkommen (vgl. Mt 3,16 und Par.); in ebendiesem Geist handelt, redet und frohlockt er (vgl. Lk 10,21); und in ihm kann er sich selbst als Opfer darbringen (vgl. Hebr 9,14). In den sogenannten, von Johannes aufgezeichneten »Abschiedsreden« stellt Jesus eine deutliche Beziehung her zwischen der Hingabe seines Lebens im Pascha-Mysterium und der Gabe des Geistes an die Seinen (vgl. Joh 16,7). Als Auferstandener, der die Zeichen der Passion an seinem Leib trägt, kann er mit seinem Hauch den Geist ausströmen (vgl. Joh 20,22) und so die Seinen an der eigenen Sendung beteiligen (vgl. Joh 20,21). Der Geist wird dann die Jünger alles lehren und sie an alles erinnern, was Christus ihnen gesagt hat (vgl. Joh 14,26), denn als Geist der [[Wahrheit]] (vgl. Joh 15,26) kommt es ihm zu, die Jünger in die ganze Wahrheit zu führen (vgl. Joh 16,13). In der Apostelgeschichte wird berichtet, dass der Geist am Pfingsttag auf die mit Maria im Gebet versammelten Apostel herabkommt (vgl. 2,1-4) und sie zu der Aufgabe anfeuert, allen Völkern die Frohe Botschaft zu verkünden. Deswegen geschieht es kraft des Geistes, dass Christus selbst in seiner Kirche von ihrer Lebensmitte, der Eucharistie, aus gegenwärtig und wirkend bleibt.<br />
<br />
====Heiliger Geist und Eucharistiefeier====<br />
<br />
'''13''' Vor diesem Hintergrund wird die entscheidende Rolle des Heiligen Geistes in der [[Eucharistiefeier]] und speziell in bezug auf die [[Transsubstantiation]] verständlich. Ein entsprechendes Bewusstsein ist bei den Kirchenvätern deutlich nachweisbar. Der hl. [[Cyrill von Jerusalem]] erinnert in seinen Katechesen daran, dass wir »den barmherzigen Gott anrufen, seinen Heiligen Geist auf die vor uns liegenden Opfergaben herabzusenden, damit er das Brot in den Leib Christi und den Wein in das Blut Christi verwandle. Was der Heilige Geist berührt, ist geheiligt und völlig verwandelt«.<ref>Katechese XXIII, 7: PG 33, 1114f.</ref> Auch der hl. Johannes Chrysostomus weist darauf hin, dass der Priester den Heiligen Geist anruft, wenn er das Opfer feiert:<ref>Vgl. Über das Priestertum, VI, 4: PG 48, 681.</ref> Wie Elias, der Diener Gottes, so ruft er den Heiligen Geist herbei - sagt er -, damit »wenn die Gnade auf das Opfer herabkommt, die Seelen aller durch sie entzündet werden«.<ref>Ebd., III, 4: PG 48, 642.</ref> Von größter Wichtigkeit für das geistliche Leben der Gläubigen ist eine klarere Kenntnis des Reichtums der Anaphora: Neben den von Christus beim Letzten Abendmahl gesprochenen Worten enthält sie die [[Epiklese]] als Bitte an den Vater, die Gabe des Heiligen Geistes herabzusenden, damit Brot und Wein zum Leib und zum Blut Jesu Christi werden und »die ganze Gemeinde immer mehr Leib Christi werde«.<ref>Propositio 22.</ref> Der Geist, der vom Zelebranten auf die auf den [[Altar]] gelegten Gaben von Brot und Wein herabgerufen wird, ist derselbe, der die Gläubigen in »einem Leib« vereint und sie zu einem geistigen Opfer macht, das dem Vater wohlgefällt.<ref>Vgl. Propositio 42: »Diese eucharistische Begegnung verwirklicht sich im [[Heiligen Geist]], der uns verwandelt und heiligt. Er erweckt im Jünger den entschiedenen Willen, den anderen mutig alles zu verkünden, was er gehört und erlebt hat, um auch sie zu derselben Begegnung mit Christus zu führen. Auf diese Weise öffnet sich der von der Kirche ausgesandte Jünger einer grenzenlosen Sendung.«</ref><br />
<br />
===Eucharistie und Kirche===<br />
<br />
====Eucharistie - Kausalprinzip der Kirche====<br />
<br />
'''14''' Durch das eucharistische [[Sakrament]] nimmt Jesus die Gläubigen in seine »Stunde« hinein; auf diese Weise zeigt er uns die Bindung, die er zwischen sich und uns, zwischen seiner Person und der Kirche beabsichtigte. Tatsächlich hat Christus selbst im Kreuzesopfer die Kirche gezeugt als seine Braut und seinen Leib. Die Kirchenväter haben ausgiebig meditiert über die Beziehung zwischen dem Ursprung Evas aus der Seite des schlafenden Adam (vgl. Gen 2,21-23) und dem der neuen Eva, der Kirche, aus der geöffneten Seite Christi, der im Schlaf des Todes versunken war: Aus der durchbohrten Seite - erzählt Johannes - floss Blut und Wasser heraus (vgl. Joh 19,34), ein Symbol der [[Sakrament]]e.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm., Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 3; vgl. z. B. [[Johannes Chrysostomus]], Katechese 3, 13-19; SC 50, 174-177.</ref> Ein kontemplativer Blick »auf den ... den sie durchbohrt haben« (Joh 19,37) bringt uns zum Nachdenken über die kausale Verbindung zwischen dem Opfer Christi, der [[Eucharistie]] und der [[Kirche]]. In der Tat: »Die Kirche lebt von der Eucharistie«.<ref>[[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Ecclesia de eucharistia]] (17. April 2003), 1: [[AAS]] 95 (2003), 433.</ref> Da in ihr das erlösende Opfer Christi gegenwärtig wird, muss man vor allem erkennen, dass sich »ein ursächlicher Einfluss der Eucharistie ... an den direkten Ursprüngen der Kirche« zeigt.<ref>Ebd., 21: [[AAS]] 95 (2003), 447.</ref> Die Eucharistie ist Christus, der sich uns schenkt und uns so fortwährend als seinen Leib aufbaut. Darum ist in der eindrucksvollen Wechselwirkung von Eucharistie, welche die Kirche aufbaut, und der Kirche selbst, welche die Eucharistie realisiert,<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Redemptor hominis]] (4. März 1979), 20: [[AAS]] 71 (1979), 309-316; Brief an die Priester zum [[Gründonnerstag]] [[Dominicae cenae]] (24. Februar 1980), 4: [[AAS]] 72 (1980), 119-121.</ref> die Erstursache jene, die in der ersten Formulierung ausgedrückt ist: Die Kirche kann das Mysterium des in der Eucharistie gegenwärtigen Christus eben deshalb feiern und anbeten, weil zuerst Christus selbst sich ihr im Kreuzesopfer geschenkt hat. Die Möglichkeit der Kirche, die Eucharistie zu »verwirklichen«, ist ganz und gar verwurzelt in der Selbsthingabe Christi an sie. Auch hier entdecken wir einen überzeugenden Aspekt der Formulierung des Johannes: »Er hat uns zuerst geliebt« (vgl. 1 Joh 4,19). So bekennen auch wir in jeder Feier den Vorrang der Gabe Christi. Der kausale Einfluss der Eucharistie auf den Ursprung der Kirche verdeutlicht schließlich das nicht nur chronologische, sondern auch ontologische Zuvorkommen seiner Liebe, mit der er uns »zuerst geliebt« hat. Er ist in Ewigkeit derjenige, welcher uns zuerst liebt.<br />
<br />
====Eucharistie und kirchliche Communio====<br />
<br />
'''15''' Die Eucharistie ist also grundlegend für das Sein und Handeln der Kirche. Deshalb bezeichnete das christliche Altertum den von der [[Jungfrau Maria]] geborenen Leib, den eucharistischen Leib und den kirchlichen Leib Christi mit ein und demselben Begriff als [[Corpus Christi]].<ref>Vgl. Propositio 5.</ref> Dieses in der Überlieferung stark vertretene Faktum verhilft uns zu einem vermehrten Bewusstsein der Untrennbarkeit von Christus und der Kirche. Indem unser Herr Jesus sich selbst als Opfer für uns hingegeben hat, hat er in seiner Gabe wirkungsvoll auf das Geheimnis der Kirche hingedeutet. Es ist bezeichnend, dass das zweite Eucharistische Hochgebet mit der [[Epiklese]] nach der [[Konsekration]] die Bitte um die Einheit der Kirche in folgenden Worten verbindet: »Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut und lass uns eins werden durch den Heiligen Geist.« Diese Formulierung lässt deutlich werden, dass die res des eucharistischen Sakramentes die Einheit der Gläubigen in der kirchlichen Gemeinschaft ist. So zeigt sich die Eucharistie an der Wurzel der Kirche als Geheimnis der Communio.<ref>Vgl. [[Thomas von Aquin]], [[Summa Theologiae]], III, q. 80, a. 4.</ref><br />
<br />
Auf die Beziehung zwischen Eucharistie und Communio hatte schon der Diener Gottes Johannes Paul II. in seiner Enzyklika [[Ecclesia de eucharistia]] aufmerksam gemacht. Er bezeichnete die Gedenkfeier Christi als »die höchste sakramentale Darstellung der Gemeinschaft in der Kirche«.<ref>Nr. 38: [[AAS]] 95 (2003), 458.</ref> Die Einheit der kirchlichen Gemeinschaft zeigt sich konkret in den christlichen Gemeinden und erneuert sich im eucharistischen Akt, der sie vereint und in Teilkirchen unterscheidet, »in quibus et ex quibus una et unica Ecclesia catholica exsistit«.<ref>[[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 23.</ref> Gerade die Realität der einen Eucharistie, die in jeder Diözese um den jeweils eigenen [[Bischof]] gefeiert wird, macht uns verständlich, wie die Teilkirchen selbst in und ex Ecclesia bestehen. »Die Einzigkeit und Unteilbarkeit des eucharistischen Herrenleibes schließt die Einzigkeit seines mystischen Leibes, der einen und unteilbaren Kirche, ein. Aus der eucharistischen Mitte ergibt sich die notwendige Offenheit jeder feiernden Gemeinde, jeder Teilkirche: Angezogen von den offenen Armen des Herrn, wird sie in seinen einzigen und unteilbaren Leib eingegliedert«.<ref>[[Kongregation für die Glaubenslehre]], Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio [[Communionis notio]] (28. Mai 1992), 11: [[AAS]] 85 (1993), 844-845.</ref> Aus diesem Grund befindet sich bei der Eucharistiefeier jeder Gläubige in seiner Kirche, das heißt in der Kirche Christi. Aus dieser recht verstandenen eucharistischen Sicht erweist sich die kirchliche Communio als eine von Natur aus katholische Wirklichkeit.<ref>Propositio 5: »Der Begriff ,katholisch’ drückt die Universalität aus, die aus der Einheit herrührt, welche die in jeder Kirche gefeierte Eucharistie fördert und aufbaut. Die Teilkirchen in der Weltkirche haben so in der Eucharistie die Aufgabe, ihre jeweilige Einheit und ihre Verschiedenheit sichtbar zu machen. Dieses Band der Bruderliebe lässt die trinitarische Gemeinschaft durchscheinen. Die Konzilien und die Synoden bringen in der Geschichte diesen brüderlichen Aspekt der Kirche zum Ausdruck.«</ref> Diese eucharistische Wurzel der kirchlichen Gemeinschaft hervorzuheben, kann auch ein wirksamer Beitrag sein zum ökumenischen Dialog mit den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit dem Sitz Petri stehen. Die Eucharistie knüpft nämlich objektiv ein starkes Band der Einheit zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen, die das unverfälschte und vollständige Wesen des Mysteriums der Eucharistie bewahrt haben. Zugleich kann die Betonung des ekklesialen Charakters der Eucharistie ein bevorzugtes Element im Dialog auch mit den aus der [[Reformation]] hervorgegangenen Gemeinschaften werden.<ref>Vgl. Ebd..</ref><br />
<br />
===Eucharistie und Sakramente===<br />
<br />
====Die Sakramentalität der Kirche====<br />
<br />
'''16''' Das Zweite Vatikanische Konzil hat daran erinnert, dass »mit der Eucharistie die übrigen Sakramente im Zusammenhang [stehen]; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch für die anderen kirchlichen Dienste und für die Apostolatswerke. Die Heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben; so werden sie ermuntert und angeleitet, sich selbst, ihre Arbeiten und die ganze Schöpfung mit ihm darzubringen«.<ref>Dekret über Dienst und Leben der Priester [[Presbyterorum ordinis]], 5.</ref> Diese innerste Verbindung der Eucharistie mit allen anderen Sakramenten und mit dem christlichen Leben wird in ihrer Wurzel verstanden, wenn man das Geheimnis der Kirche selbst als Sakrament betrachtet.<ref>Vgl. Propositio 14.</ref> Das Konzil hat in diesem Zusammenhang bekräftigt: »Die Kirche ist ... in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit«.<ref>Dogm. Konst. [[Lumen gentium]], 1.</ref> Als das - wie der hl. Cyprian sagt - »von der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk«<ref>De Orat. Dom., 23: [[PL]] 4, 553 .</ref> ist sie Sakrament der trinitarischen Communio.<br />
<br />
Die Tatsache, dass die Kirche »allumfassendes Heilssakrament«<ref>[[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. [[Lumen gentium]], 48; vgl. auch ebd., 9.</ref> ist, zeigt, wie die sakramentale »Ökonomie« letztlich die Art bestimmt, in der Christus, der einzige Retter, durch den Geist unser Leben in der Besonderheit seiner Umstände erreicht. Die Kirche empfängt sich und drückt sich zugleich aus in den sieben Sakramenten, durch die die Gnade Gottes konkret auf das Sein der Gläubigen einwirkt, damit das ganze, von Christus erlöste Leben ein Gott wohlgefälliger Kult werde. In dieser Sicht möchte ich einige von den Synodenvätern hervorgehobene Elemente unterstreichen, die hilfreich sein können, um die Beziehung aller Sakramente zum eucharistischen Mysterium zu verstehen.<br />
<br />
====I. Eucharistie und christliche Initiation====<br />
<br />
=====Eucharistie, Fülle der christlichen Initiation=====<br />
<br />
'''17''' Wenn die Eucharistie wirklich Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche ist, folgt daraus vor allem, dass der Weg christlicher Initiation darauf ausgerichtet ist, die Möglichkeit des Zugangs zu diesem Sakrament zu verschaffen. Wie die Synodenväter sagten, müssen wir uns in diesem Zusammenhang fragen, ob in unseren christlichen Gemeinden die enge Verbindung von Taufe, Firmung und Eucharistie ausreichend wahrgenommen wird.<ref>Vgl. Propositio 13.</ref> Man darf nämlich nie vergessen, dass wir im Hinblick auf die Eucharistie getauft und gefirmt werden. Das bringt die Verpflichtung mit sich, in der pastoralen Praxis ein Verständnis zu fördern, das mehr die Einheit des gesamten christlichen Initiationsweges im Auge hat. Das Sakrament der Taufe, mit dem wir Christus gleichgestaltet,<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. [[Lumen gentium]], 7.</ref> in die Kirche aufgenommen und Kinder Gottes werden, ist die Eingangstür zu allen Sakramenten. Mit ihm werden wir in den einen Leib Christi (vgl. 1 Kor 12,13), in das priesterliche Volk, eingegliedert. Dennoch ist es die Teilnahme am eucharistischen Opfer, die in uns vervollkommnet, was uns in der Taufe geschenkt wurde. Auch die Gaben des Geistes werden zum Aufbau des Leibes Christi (vgl. 1 Kor 12) und zum größeren evangelischen Zeugnis in der Welt verliehen.<ref>Vgl. Ebd., 11; [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche [[Ad gentes]], 9. 13.</ref> Darum führt die Heiligste Eucharistie die christliche Initiation zu ihrer Fülle und stellt die Mitte und das Ziel des gesamten sakramentalen Lebens dar.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Brief an die Priester zum Gründonnerstag [[Dominicae cenae]] (24. Februar 1980), 7: [[AAS]] 72 (1980), 124-127; [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dekret über Dienst und Leben der Priester [[Presbyterorum ordinis]], 5.</ref><br />
<br />
=====Die Reihenfolge der Initiations-Sakramente=====<br />
<br />
'''18''' In diesem Zusammenhang ist es nötig, die Aufmerksamkeit dem Thema der Reihenfolge der [[Initiation]]s-[[Sakrament]]e zuzuwenden. Es gibt in der Kirche diesbezüglich unterschiedliche Traditionen. Diese Verschiedenheit tritt offen zutage in den kirchlichen Bräuchen des Ostens<ref>Vgl. [[CCEO|Rechtskodex der Ostkirchen]], can. 710.</ref> und selbst in der westlichen Praxis, was die Initiation Erwachsener<ref>Vgl. [[Ritus]] der christlichen [[Initiation]] Erwachsener, Allgemeine Einführung, Nr. 34-36.</ref> im Vergleich zu der von [[Kinder]]n<ref>Vgl. Ritus der Kindertaufe, Einführung Nr. 18-19.</ref> angeht. Solche Differenzierungen haben jedoch keinen eigentlich dogmatischen Stellenwert, sondern sind pastoraler Art. Konkret muss geklärt werden, welche Praxis den Gläubigen tatsächlich am besten helfen kann, das [[Sakrament]] der [[Eucharistie]] als die Wirklichkeit, auf die die gesamte Initiation zustrebt, in den Mittelpunkt zu stellen. Die Bischofskonferenzen mögen in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie die Wirksamkeit der aktuellen Initiationswege überprüfen, damit der bzw. dem Gläubigen durch die erzieherische Tätigkeit unserer Gemeinden geholfen werde, in einem fortschreitenden Reifungsprozess zu einer authentisch eucharistischen Lebenseinstellung zu gelangen, um so fähig zu sein, in einer unserer Zeit angemessenen Weise jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15).<br />
<br />
=====Initiation, kirchliche Gemeinschaft und Familie=====<br />
<br />
'''19''' Immer sollte man sich vergegenwärtigen, dass die gesamte christliche Initiation ein Weg der [[Umkehr]] ist, der mit der Hilfe Gottes und in ständiger Bezugnahme auf die kirchliche Gemeinschaft zu vollziehen ist, sei es, wenn Erwachsene um Aufnahme in die Kirche bitten, wie es an Orten der Erstevangelisierung oder in vielen säkularisierten Regionen geschieht, sei es, wenn Eltern die Sakramente für ihre Kinder erbitten. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem auf die Beziehung zwischen christlicher Initiation und Familie aufmerksam machen. Im pastoralen Wirken muss man die christliche [[Familie]] immer am Weg der Initiation beteiligen. Der Empfang der [[Taufe]], der [[Firmung]] und der ersten Heiligen [[Kommunion]] sind entscheidende Momente nicht nur für die Person, welche das Sakrament empfängt, sondern auch für die ganze Familie, die in ihrer Erziehungsaufgabe von der kirchlichen Gemeinschaft in ihren verschiedenen Komponenten unterstützt werden muss.<ref>Vgl. Propositio 15.</ref> Hier möchte ich die Wichtigkeit der [[Erstkommunion]] hervorheben. Sehr vielen Gläubigen bleibt dieser Tag zu Recht tief in der Erinnerung haften als der erste Augenblick, in dem sie, wenn auch nur anfänglich, die Bedeutung der persönlichen Begegnung mit Jesus wahrgenommen haben. Die Seelsorge in der Pfarrei muss diese so bedeutsame Gelegenheit in angemessener Weise nutzen.<br />
<br />
====II. Eucharistie und Sakrament der Versöhnung====<br />
<br />
=====Ihre innere Verbindung=====<br />
<br />
'''20''' Zu Recht haben die Synodenväter erklärt, dass die Liebe zur [[Eucharistie]] dazu führt, auch das [[Sakrament]] der [[Versöhnung]] immer mehr zu schätzen.<ref>Vgl. Propositio 7; [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Ecclesia de eucharistia]] (17. April 2003), 36: [[AAS]] 95 (2003), 457-458.</ref> Aufgrund der Verbindung zwischen diesen Sakramenten kann eine authentische Katechese über den Sinn der Eucharistie nicht losgelöst sein von der Ermunterung zu einem Weg der [[Buße]] (vgl. 1 Kor 11,27-29). Sicher, wir stellen fest, dass die Gläubigen in unserer Zeit in eine Kultur eingetaucht sind, die dazu neigt, das Empfinden für die [[Sünde]] auszulöschen,<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Reconciliatio et paenitentia]] (2. Dezember 1984), 18: [[AAS]] 77 (1985), 224-228.</ref> indem sie eine oberflächliche Haltung fördert, die die Notwendigkeit, in Gottes [[Gnade]] zu stehen, um die [[Kommunion]] würdig empfangen zu können, vergessen lässt.<ref>Vgl. [[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1385.</ref> In Wirklichkeit bringt der Verlust des Sündenbewusstseins immer auch eine gewisse Oberflächlichkeit in der Wahrnehmung der Liebe Gottes mit sich. Es ist den Gläubigen von großem Nutzen, sich die Elemente ins Gedächtnis zu rufen, die innerhalb des Ritus der Heiligen Messe das Bewusstsein der eigenen Sünde und zugleich das der [[Barmherzigkeit Gottes]] eindeutig zum Ausdruck bringen.<ref>Man denke hier an das Confiteor oder an die Worte des [[Priester]]s und der Gemeinde vor dem Empfang der Kommunion: »Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine [[Seele]] gesund.« Es ist nicht bedeutungslos, dass die Liturgie auch für den Priester einige sehr schöne, uns von der [[Tradition]] übergebene Gebete vorsieht, die an die Notwendigkeit der [[Vergebung]] erinnern, wie zum Beispiel jenes, das er leise spricht, bevor er die Gläubigen zur Kommunion einlädt: »Erlöse mich durch deinen Leib und dein Blut von allen Sünden und allem Bösen. Hilf mir, dass ich deine Gebote treu erfülle, und lass nicht zu, dass ich jemals von dir getrennt werde.«</ref> Außerdem erinnert uns die Beziehung zwischen Eucharistie und Versöhnung daran, dass die Sünde niemals eine ausschließlich individuelle Angelegenheit ist; sie bringt immer auch eine Verletzung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft mit sich, in die wir dank der Taufe eingegliedert sind. Darum ist die Versöhnung, wie die Väter sagten, laboriosus quidam baptismus,<ref>Vgl. [[Johannes Damascenus]], Über den rechten Glauben, IV, 9: PG 94, 1124C; [[Gregor von Nazianz]], Rede 39, 17: PG 36, 356A; Ökum. [[Konzil von Trient]], Doctrina de sacramento paenitentiae, cap. 2: [[DS]] 1672.</ref> womit sie unterstrichen, dass das Ergebnis des Weges der Umkehr auch die Wiederherstellung der vollen kirchlichen Gemeinschaft ist, die im erneuten Empfang der Eucharistie zum Ausdruck kommt.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 11; [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Reconciliatio et paenitentia]] (2. Dezember 1984), 30: [[AAS]] 77 (1985), 256-257.</ref><br />
<br />
=====Einige pastorale Anweisungen=====<br />
<br />
'''21''' Die Synode hat daran erinnert, dass es die pastorale Aufgabe des Bischofs ist, in seiner Diözese eine entschiedene Wiederbelebung der [[Erziehung]] zur [[Umkehr]] anzuregen, die sich aus der [[Eucharistie]] ergibt, und unter den Gläubigen die häufige [[Beichte]] zu fördern. Alle Priester sollen sich großzügig mit Engagement und Kompetenz der Spendung des Sakramentes der Versöhnung widmen.<ref>Vgl. Propositio 7.</ref> In diesem Zusammenhang muss darauf geachtet werden, dass die Beichtstühle in unseren Kirchen gut sichtbar sind und die Bedeutung dieses Sakramentes zum Ausdruck bringen. Ich bitte die Hirten, die Art des Vollzugs des Sakramentes der Versöhnung aufmerksam zu überwachen und die Praxis der [[Generalabsolution|allgemeinen Absolution]] ausschließlich auf die eigens vorgesehenen Fälle zu beschränken,<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Motu proprio [[Misericordia dei]] (7. April 2002): [[AAS]] 94 (2002), 452-459.</ref> da nur die persönliche Beichte die ordnungsgemäße Form darstellt.<ref>Gemeinsam mit den Synodenvätern möchte ich daran erinnern, dass die nicht sakramentalen Bußfeiern, die im Ritualbuch für das Sakrament der Versöhnung erwähnt werden, nützlich sein können, um in den christlichen Gemeinden den Geist der Umkehr zu fördern und so die Herzen auf die Feier des Sakramentes vorzubereiten: vgl. Propositio 7.</ref> Angesichts der Notwendigkeit der Wiederentdeckung der sakramentalen Vergebung sollte es in allen Diözesen immer den Pönitentiar geben.<ref>Vgl. [[Kodex des kanonischen Rechts]], can. 508.</ref> Schließlich kann eine wertvolle Hilfe für die erneute Bewusstmachung der Beziehung zwischen Eucharistie und Versöhnung eine ausgeglichene und vertiefte Praxis der für sich selbst oder für die Verstorbenen gewonnenen Indulgenz sein. Mit ihr erhält man »vor Gott den Nachlass der zeitlichen Strafe für die Sünden, die - was die [[Schuld]] betrifft - schon vergeben sind«.<ref>[[Paul VI.]], Apost. Konst. [[Indulgentiarum doctrina]] (1. Januar 1967), Normae, Nr. 1: [[AAS]] 59 (1967), 21.</ref> Die Inanspruchnahme der Ablässe hilft uns verstehen, dass wir allein mit unseren Kräften niemals imstande wären, das begangene Böse wiedergutzumachen, und dass die Sünden jedes Einzelnen der ganzen Gemeinschaft Schaden zufügen. Darüber hinaus verdeutlicht uns die Praxis der [[Absolution|Indulgenz]], da sie außer der Lehre von den unendlichen Verdiensten Christi auch die von der [[Gemeinschaft der Heiligen]] einschließt, »wie eng wir in Christus miteinander vereint sind und wie sehr das übernatürliche Leben jedes Einzelnen den anderen nützen kann«.<ref>Ebd., 9: [[AAS]] 59 (1967), 18-19.</ref> Da ihre Form unter den Bedingungen den Empfang des Beichtsakramentes und der Kommunion vorsieht, kann ihre Übung die Gläubigen auf dem Weg der Umkehr und bei der Entdeckung der Zentralität der Eucharistie im christlichen Leben wirkungsvoll unterstützen.<br />
<br />
====III. Eucharistie und Krankensalbung====<br />
<br />
'''22''' Jesus hat seine Jünger nicht nur ausgesandt, die Kranken zu heilen (vgl. Mt 10,8; Lk 9,2; 10,9), sondern er hat für sie auch ein spezifisches Sakrament eingesetzt: die Krankensalbung.<ref>Vgl. [[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1499-1531.</ref> Der Jakobusbrief bezeugt uns das Vorhandensein dieser sakramentalen Handlung bereits in der ersten christlichen Gemeinde (vgl. 5,14-16). Wenn die Eucharistie zeigt, wie Leiden und Tod Christi in Liebe verwandelt worden sind, so vereint die Krankensalbung den Leidenden mit der Selbsthingabe Christi zum Heil aller, so dass auch er im Mysterium der Gemeinschaft der Heiligen sich an der Erlösung der Welt beteiligen kann. Die Verbindung dieser Sakramente wird außerdem angesichts der Verschlimmerung der Krankheit offenbar: »Die Kirche bietet den Sterbenden neben der Krankensalbung die Eucharistie als Wegzehrung an«.<ref>Ebd., 1524.</ref> Im Heimgang zum Vater erweist sich die Kommunion mit dem Leib und dem Blut Christi als Same des ewigen Lebens und Kraft zur Auferstehung: »Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag« (Joh 6,54). Da die Heilige Wegzehrung dem Kranken die Fülle des Pascha-Mysteriums erschließt, muss ihre Darreichung sichergestellt werden.<ref>Vgl. Propositio 44.</ref> Die Zuwendung und die pastorale Sorge, die den Kranken entgegengebracht werden, bringen sicher einen geistlichen Gewinn für die ganze Gemeinde mit sich. Bekanntlich haben wir ja alles, was wir für den Geringsten getan haben, für Jesus selbst getan (vgl. Mt 25,40).<br />
<br />
====IV. Eucharistie und Priesterweihe====<br />
<br />
=====In persona Christi capitis=====<br />
<br />
'''23''' Die innere Verbindung zwischen Eucharistie und Priesterweihe geht aus Jesu eigenen Worten im Abendmahlssaal hervor: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« (Lk 22,19). Jesus hat ja am Vorabend seines Todes die Eucharistie eingesetzt und zugleich das Priestertum des neuen Bundes gegründet. Er ist Priester, Opfer und Altar: Mittler zwischen Gott Vater und dem Volk (vgl. Hebr 5,5-10), Sühnopfer (vgl. 1 Joh 2,2; 4,10), das sich selbst auf dem Altar des Kreuzes darbringt. Niemand kann sagen: »Das ist mein Leib« und: »Das ist der Kelch des Neuen Bundes, mein Blut...«, außer im Namen und in der Person Christi, des einzigen Hohenpriesters des neuen und ewigen Bundes (vgl. Hebr 8-9). Die Bischofssynode hat schon in anderen Versammlungen das Thema des Amtspriestertums behandelt, sei es in bezug auf die Identität des Dienstes,<ref>Vgl. [[Bischofssynode]], Zweite Vollversammlung, Dokument über das Amtspriestertum [[Ultimis temporibus]] (30. November 1971): [[AAS]] 63 (1971), 898-942.</ref> sei es bezüglich der Ausbildung der Kandidaten.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Pastores dabo vobis]] (25. März 1992), 42-69: [[AAS]] 84 (1992), 729-778.</ref> Bei dieser Gelegenheit und im Licht des Dialogs innerhalb der letzten Synodenversammlung drängt es mich, an einige wichtige Punkte zu erinnern, die die Beziehung zwischen eucharistischem Sakrament und Priesterweihe betreffen. Zunächst ist es notwendig zu bekräftigen, dass die Verbindung zwischen Priesterweihe und Eucharistie gerade in der Messe sichtbar wird, deren [[Zelebration]] der Bischof oder der Priester in der Person Christi als des Hauptes vorsteht.<br />
<br />
Nach der Lehre der Kirche ist die Priesterweihe die unumgängliche Bedingung für die gültige Feier der Eucharistie.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 10; [[Kongregation für die Glaubenslehre]], Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Fragen bezüglich des Dieners der Eucharistie [[Sacerdotium ministeriale]] (6. August 1983): [[AAS]] 75 (1983), 1001-1009.</ref> Denn »Christus selbst ist im kirchlichen Dienst des geweihten Priesters in seiner Kirche zugegen als Haupt seines Leibes, Hirt seiner Herde, Hoherpriester des Erlösungsopfers«.<ref>[[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1548.</ref> Natürlich »handelt der geweihte Priester auch im Namen der ganzen Kirche, wenn er das Gebet der Kirche an Gott richtet, vor allem, wenn er das eucharistische Opfer darbringt«.<ref>Vgl. ebd., 1552.</ref> Darum müssen die Priester sich bewusst sein, dass ihr gesamter Dienst niemals sie selbst oder ihre Meinung in den Mittelpunkt setzen darf, sondern Jesus Christus. Jeder Versuch, sich selbst zum Protagonisten der liturgischen Handlung zu machen, widerspricht dem Wesen des Priestertums. Der Priester ist in erster Linie Diener und muss sich ständig darum bemühen, ein Zeichen zu sein, das als gefügiges Werkzeug in Christi Händen auf ihn verweist. Das kommt besonders in der Demut zum Ausdruck, mit der er in treuer Befolgung des Ritus die liturgische Handlung führt, ihr im Herzen und im Geist entspricht und alles vermeidet, was den Eindruck einer unangebrachten Geltungssucht erwecken könnte. Darum empfehle ich dem Klerus, sich immer tiefer bewusst zu machen, dass der eigene eucharistische Dienst ein demütiger Dienst für Christus und für seine Kirche ist. Das Priestertum ist - wie der hl. Augustinus sagte - amoris officium,<ref>Vgl. In Iohannis Evangelium Tractatus 123,5: [[PL]] 35, 1967.</ref> es ist der Dienst des guten Hirten, der das Leben hingibt für die Schafe (vgl. Joh 10,14-15).<br />
<br />
=====Eucharistie und priesterlicher Zölibat=====<br />
<br />
'''24''' Die Synodenväter haben hervorgehoben, dass das Amtspriestertum durch die Weihe eine vollkommene Gleichgestaltung mit Christus erfordert. Bei aller Achtung gegenüber der abweichenden ostkirchlichen Handhabung und Tradition ist es doch notwendig, den tiefen Sinn des priesterlichen Zölibats zu bekräftigen, der zu Recht als ein unschätzbarer Reichtum betrachtet wird; in der Ostkirche findet er seine Bestätigung darin, dass die Auswahl der Kandidaten zum Bischofsamt nur unter zölibatär lebenden Priestern vorgenommen wird und der von vielen Priestern freiwillig gelebte Zölibat hohes Ansehen genießt. In dieser Wahl des Priesters kommen nämlich in ganz eigener Weise seine Hingabe, die ihn Christus gleichgestaltet, und seine Selbstaufopferung ausschließlich für das Reich Gottes zum Ausdruck.<ref>Vgl. Propositio 11.</ref> Die Tatsache, dass Christus, der ewige Hohepriester, selber seine Sendung bis zum Kreuzesopfer im Stand der Jungfräulichkeit gelebt hat, bietet einen sicheren Anhaltspunkt, um den Sinn der Tradition der lateinischen Kirche in dieser Sache zu erfassen. Deshalb reicht es nicht aus, den priesterlichen Zölibat unter rein funktionalen Gesichtspunkten zu verstehen. In Wirklichkeit stellt er eine besondere Angleichung an den Lebensstil Christi selbst dar. Eine solche Wahl hat vor allem hochzeitlichen Charakter; sie ist ein Sicheinfühlen in das Herz Christi als des Bräutigams, der sein Leben für die Braut hingibt. In Einheit mit der großen kirchlichen Tradition, mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil<ref>Vgl. Dekret über Dienst und Leben der Priester [[Presbyterorum ordinis]], 16.</ref><ref>Vgl. [[Johannes XXIII.]], [[Enzyklika]] [[Sacerdotii nostri primordia]] (1. August 1959): [[AAS]] 51 (1959), 545-579; [[Paul VI.]], [[Enzyklika]] [[Sacerdotalis coelibatus]] (24. Juni 1967): [[AAS]] 59 (1967), 657697; [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Pastores dabo vobis]] (25. März 1992), 29: [[AAS]] 84 (1992), 703705; [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2006): L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 37. Jg. (2007) Nr. 1, S. 6-8.</ref> und meinen Vorgängern im Petrusamt<ref>Vgl. [[Johannes XXIII.]], [[Enzyklika]] [[Sacerdotii nostri primordia]] (1. August 1959): [[AAS]] 51 (1959), 545-579; [[Paul VI.]], [[Enzyklika]] [[Sacerdotalis coelibatus]] (24. Juni 1967): [[AAS]] 59 (1967), 657697; [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Pastores dabo vobis]] (25. März 1992), 29: [[AAS]] 84 (1992), 703705; [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2006): L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 37. Jg. (2007) Nr. 1, S. 6-8.</ref> bekräftige ich die Schönheit und die Bedeutung eines im Zölibat gelebten Priesterlebens als ausdrucksvolles Zeichen der völligen und ausschließlichen Hingabe an Christus, an die Kirche und an das Reich Gottes und bestätige folglich seinen obligatorischen Charakter für die lateinische Tradition. Der in Reife, Freude und Hingabe gelebte priesterliche Zölibat ist ein sehr großer Segen für die Kirche und für die Gesellschaft selbst.<br />
<br />
=====Priestermangel und Berufungspastoral=====<br />
<br />
'''25''' Im Zusammenhang mit der Verbindung zwischen Weihe und Eucharistie ist die Synode näher auf die Verlegenheit eingegangen, in die einige Diözesen geraten, wenn es darum geht, sich mit dem Priestermangel auseinander zusetzen. Das geschieht nicht nur in einigen Gebieten der Erstevangelisierung, sondern auch in vielen Ländern mit langer christlicher Tradition. Sicher ist zur Lösung des Problems eine gerechtere Verteilung des Klerus hilfreich. Darum bedarf es einer Arbeit umfassender Sensibilisierung. Die Bischöfe sollten auf dem Gebiet des seelsorglichen Bedarfs die Institute gottgeweihten Lebens und die neuen kirchlichen Gruppierungen unter Berücksichtigung ihres je eigenen Charismas einbeziehen und alle Mitglieder des Klerus zu einer größeren Bereitschaft ermahnen, der Kirche dort zu dienen, wo es notwendig ist, auch wenn das Opfer verlangt.<ref>Vgl. Propositio 11.</ref> Außerdem wurde in der Synode über die pastoralen Maßnahmen diskutiert, die getroffen werden müssen, um vor allem bei den Jugendlichen die innere Offenheit gegenüber der Priesterberufung zu begünstigen. Diese Situation kann nicht durch bloße pragmatische Kunstgriffe gelöst werden. Es ist zu vermeiden, dass die Bischöfe unter dem Druck durchaus verständlicher funktionaler Sorgen aufgrund des Priestermangels keine angemessene Berufungsklärung vornehmen und Kandidaten, die nicht die für den priesterlichen Dienst notwendigen Eigenschaften besitzen, zur spezifischen Ausbildung und zur Weihe zulassen.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dekret über die Ausbildung der Priester [[Optatam totius]], 6; [[Kodex des kanonischen Rechts]], can. 241, §1 und can. 1029; Rechtskodex der Orstkirchen, can. 342, §1 und can. 758; [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Pastores dabo vobis]] (25. März 1992) 11.34.50: [[AAS]] 84 (1992), 673-675; 712-714; 746-748; [[Kongregation für den Klerus]], Direktorium für Dienst und Leben der Priester [[Dives ecclesiae]] (31. März 1994), 58: LEV, 1994, S. 56-58; [[Kongregation für das Katholische Bildungswesen]], Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung zum Seminar und zu den heiligen Weihen (4. November 2005): [[AAS]] 97 (2005), 10071013.</ref> Ein mangelhaft ausgebildeter Klerus, der ohne die gebotene Prüfung zur Weihe zugelassen worden ist, wird kaum ein Zeugnis bieten können, das geeignet ist, in anderen den Wunsch zu wecken, dem Ruf Christi großherzig zu folgen. Die Berufungspastoral muss wirklich die ganze christliche Gemeinschaft in all ihren Bereichen einbeziehen.<ref>Vgl. Propositio 12; [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Pastores dabo vobis]] (25. März 1992) 41: [[AAS]] 84 (1992), 726-729.</ref> Natürlich schließt diese flächendeckende pastorale Arbeit auch die Sensibilisierung der Familien ein, die einer vermutlichen Priesterberufung oft gleichgültig, wenn nicht sogar ablehnend gegenüberstehen. Sie sollen sich großherzig dem Geschenk des Lebens öffnen und die Kinder zur Verfügbarkeit gegenüber dem Willen Gottes erziehen. In wenigen Worten: Es bedarf vor allem des Mutes, den Jugendlichen die Radikalität der Nachfolge Christi nahezubringen, indem man ihnen zeigt, welche Faszination darin liegt.<br />
<br />
=====Dankbarkeit und Hoffnung=====<br />
<br />
'''26''' Schließlich ist es nötig, mit mehr Glauben und Hoffnung auf die Initiative Gottes zu vertrauen. Auch wenn in einigen Gebieten Priestermangel zu verzeichnen ist, sollte man niemals die Zuversicht verlieren, dass Christus weiterhin Männer erwecken wird, die alles andere hinter sich lassen und sich völlig der Feier der heiligen Mysterien, der Predigt des Evangeliums und dem pastoralen Dienst widmen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Dankbarkeit der ganzen Kirche gegenüber allen Bischöfen und Priestern zum Ausdruck bringen, die mit treuer Hingabe und voller Engagement ihre Sendung erfüllen. Natürlich geht der Dank der Kirche auch an die Diakone, welche die Handauflegung »nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung«<ref>[[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 29.</ref> empfangen haben. Auf Empfehlung der Synodenversammlung richte ich einen speziellen Dank an die Fidei-donum-Priester, die im Dienst der Mission der Kirche mit Kompetenz und großherziger Hingabe die Gemeinde aufbauen, indem sie ihr das Wort Gottes verkünden und das Brot des Lebens brechen, ohne ihre Kräfte zu schonen.<ref>Vgl. Propositio 38.</ref> Man muss Gott danken für die vielen Priester, die Leiden bis zum Opfer des eigenen Lebens ertragen haben, um Christus zu dienen. An ihnen offenbart sich durch die Sprache der Tatsachen, was es bedeutet, ganz und gar Priester zu sein. Es handelt sich um erschütternde Zeugnisse, die viele junge Menschen anregen können, ihrerseits Christus nachzufolgen, ihr Leben für die anderen hinzugeben und gerade so das wahre Leben zu finden.<br />
<br />
====V. Eucharistie und Ehe====<br />
<br />
=====Die Eucharistie, ein bräutliches Sakrament=====<br />
<br />
'''27''' Die Eucharistie, das Sakrament der Liebe, steht in besonderer Beziehung zur Liebe zwischen Mann und Frau, die in der Ehe vereint sind. Diese Verbindung zu vertiefen, ist eine Notwendigkeit gerade unserer Zeit.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Familiaris consortio]] (22. November 1981), 57: [[AAS]] 74 (1982), 149-150.</ref> Papst Johannes Paul II. hatte mehrmals die Gelegenheit, den bräutlichen Charakter der Eucharistie und ihre besondere Beziehung zum Ehesakrament zu bekräftigen: »Die Eucharistie ist das Sakrament unserer Erlösung. Sie ist das Sakrament des Bräutigams und der Braut«.<ref>Apostolisches Schreiben [[Mulieris dignitatem]] (15. August 1988), 26: [[AAS]] 80 (1988), 1715-1716.</ref> Im übrigen trägt »das ganze christliche Leben ... die Handschrift der bräutlichen Liebe Christi und der Kirche. Schon die Taufe, der Eintritt in das Volk Gottes, ist ein bräutliches Mysterium; sie ist sozusagen das ,Hochzeitsbad’, das dem Hochzeitsmahl, der Eucharistie, vorausgeht«.<ref>[[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1617.</ref> Die Eucharistie stärkt in unerschöpflicher Weise die unauflösliche Einheit und Liebe jeder christlichen Ehe. In ihr ist die eheliche Bindung kraft des Sakraments innerlich verknüpft mit der eucharistischen Einheit zwischen dem Bräutigam Christus und seiner Braut, der Kirche (vgl. Eph 5,31-32). Die gegenseitige Zustimmung, die Bräutigam und Braut in Christus einander geben und die ihre Lebens- und Liebesgemeinschaft gründet, hat ebenfalls eine eucharistische Dimension. Tatsächlich ist in der paulinischen Theologie die eheliche Liebe ein sakramentales Zeichen der Liebe Christi zu seiner Kirche - einer Liebe, die ihren Höhepunkt im [[Kreuz]] erreicht, das der Ausdruck seiner »Hochzeit« mit der Menschheit und zugleich der Ursprung und das Zentrum der Eucharistie ist. Darum tut die Kirche all denen, die ihre Familie auf das [[Sakrament]] der [[Ehe]] gegründet haben, eine besondere geistliche Nähe kund.<ref>Vgl. Propositio 8.</ref> Die Familie - eine [[Hauskirche]]<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 11.</ref> - ist ein vorrangiger Bereich des kirchlichen Lebens, speziell wegen der entscheidenden Rolle in bezug auf die christliche Erziehung der Kinder.<ref>Vgl. Propositio 8.</ref> In diesem Zusammenhang hat die Synode auch empfohlen, die einzigartige Aufgabe der [[Frau]] in der [[Familie]] und in der Gesellschaft anzuerkennen - eine Aufgabe, die verteidigt, bewahrt und gefördert werden muss.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Apostolisches Schreiben [[Mulieris dignitatem]] (15. August 1988): [[AAS]] 80 (1988), 1653-1729; [[Kongregation für die Glaubenslehre]], Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über die [[Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt]] (31. Mai 2004): [[AAS]] 96 (2004), 671-687.</ref> Ihr Dasein als Ehefrau und Mutter stellt eine unumgängliche Realität dar, die niemals abgewertet werden darf.<br />
<br />
=====Eucharistie und Einzigkeit der Ehe=====<br />
<br />
'''28''' Gerade im Licht dieser inneren Beziehung von Ehe, Familie und Eucharistie kann man einige pastorale Probleme betrachten. Die treue, unauflösliche und ausschließliche Bindung, die Christus und die Kirche miteinander vereint und die ihren sakramentalen Ausdruck in der Eucharistie findet, entspricht einer ursprünglichen anthropologischen Gegebenheit, nach der der Mann sich definitiv an eine einzige Frau binden soll und umgekehrt (vgl. Gen 2,24; Mt 19,5). In diesem gedanklichen Zusammenhang hat sich die Synode auseinandergesetzt mit dem Thema der pastoralen Praxis gegenüber denjenigen, die aus Kulturen stammen, in denen die [[Polygamie]] praktiziert wird, und die dann der Verkündigung des Evangeliums begegnen. Solchen Personen muss, wenn sie sich dem christlichen Glauben öffnen, geholfen werden, ihr menschliches Vorhaben in die radikale Neuheit Christi zu integrieren. Während des [[Katechumenat]]s holt Christus sie in ihrer spezifischen Lage ab und ruft sie im Hinblick auf die vollkommene kirchliche Gemeinschaft über den Weg der notwendigen [[Verzicht]]e zur vollen Wahrheit der Liebe. Die Kirche begleitet sie mit einer liebevoll-milden und zugleich kompromisslosen Seelsorge,<ref>Vgl. Propositio 9.</ref> vor allem, indem sie ihnen zeigt, in welchem Licht die christlichen Mysterien die menschliche Natur und die menschlichen Gefühle erstrahlen lassen.<br />
<br />
=====Eucharistie und Unauflöslichkeit der Ehe=====<br />
<br />
'''29''' Wenn die Eucharistie die Unwiderruflichkeit der Liebe Gottes in Christus zu seiner Kirche ausdrückt, wird verständlich, warum sie in Beziehung zum Sakrament der Ehe jene [[Unauflöslichkeit]] einschließt, nach der sich jede wahre Liebe unweigerlich sehnt.<ref>Vgl. [[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1640.</ref> Darum ist die pastorale Aufmerksamkeit mehr als gerechtfertigt, die die Synode den schmerzlichen Situationen gewidmet hat, in denen sich nicht wenige Gläubige befinden, die sich nach einer sakramentalen Trauung haben scheiden lassen und eine neue Verbindung eingegangen sind. Es handelt sich um ein dornenreiches und kompliziertes pastorales Problem, eine wahre Plage des heutigen sozialen Umfelds, die in zunehmendem Maße auch auf katholische Kreise übergreift. Die Hirten sind aus Liebe zur Wahrheit verpflichtet, die verschiedenen Situationen genau zu unterscheiden, um den betroffenen Gläubigen in angemessener Weise geistlich zu helfen.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Familiaris consortio]] (22. November 1981), 84: [[AAS]] 74 (1982), 184-186; [[Kongregation für die Glaubenslehre]], Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen [[Annus Internationalis familiae]] (14. September 1994): [[AAS]] 86 (1994), 974-979.</ref> Die [[Bischofssynode]] hat die auf die [[Heilige Schrift]] (vgl. Mk 10,2-12) gegründete Praxis der Kirche, [[wiederverheiratete Geschiedene]] nicht zu den [[Sakrament]]en zuzulassen, bestätigt, weil ihr Status und ihre Lebenslage objektiv jener Liebesvereinigung zwischen Christus und seiner Kirche widersprechen, die in der Eucharistie bedeutet und verwirklicht wird. Die wiederverheirateten Geschiedenen gehören jedoch trotz ihrer Situation weiter zur Kirche, die ihnen mit spezieller Aufmerksamkeit nachgeht, in dem Wunsch, dass sie so weit als möglich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an der heiligen Messe, wenn auch ohne [[Kommunion]]empfang, das Hören des Wortes Gottes, die [[eucharistische Anbetung]], das [[Gebet]], die Teilnahme am Gemeindeleben, das vertrauensvolle Gespräch mit einem [[Priester]] oder einem geistlichen Führer, hingebungsvoll geübte [[Nächstenliebe]], Werke der [[Buße]] und den Einsatz in der [[Erziehung]] der [[Kinder]]. <br />
<br />
Wo berechtigte Zweifel an der Gültigkeit der sakramental geschlossenen Ehe aufkommen, muss das Notwendige unternommen werden, um deren Fundierung zu überprüfen. Sodann ist es nötig, unter voller Beachtung des kanonischen Rechts<ref>Vgl. [[Päpstlicher Rat für die Interpretation von Gesetzestexten]], Instruktion, die von den diözesanen und interdiözesanen Gerichten bei Ehenichtigkeitsverfahren zu beachten ist [[Dignitatis connubii]] (25. Januar 2005), Vatikanstadt 2005.</ref> das Vorhandensein kirchlicher Gerichte im jeweiligen Gebiet sowie ihren pastoralen Charakter und ihr korrektes und schnelles Handeln sicherzustellen.<ref>Vgl. Propositio 40.</ref> Für eine zügige Arbeitsweise der kirchlichen Gerichte bedarf es in jeder Diözese einer ausreichenden Anzahl entsprechend ausgebildeter Personen. Ich erinnere daran, dass es »eine dringende Pflicht ist, den Gläubigen das institutionelle Wirken der Kirche in den Gerichten immer näher zu bringen«.<ref>[[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Mitglieder der Römischen Rota zur feierlichen Eröffnung des Gerichtsjahres (28. Januar 2006): [[AAS]] 98 (2006), 138.</ref> Es ist jedoch unbedingt zu vermeiden, dass die pastorale Sorge als Gegenposition zum Recht missdeutet wird. Man sollte vielmehr von der Voraussetzung ausgehen, dass der grundlegende Berührungspunkt zwischen Recht und Pastoral die Liebe zur Wahrheit ist: Diese ist nämlich niemals abstrakt, sondern »fügt sich in den menschlichen und christlichen Weg jedes Gläubigen ein«.<ref>Vgl. Propositio 40.</ref> Wo schließlich die Ehenichtigkeit nicht anerkannt wird und objektive Bedingungen gegeben sind, die das Zusammenleben tatsächlich irreversibel machen, ermutigt die Kirche jene Gläubigen, ihre Beziehung entsprechend den Anforderungen des Gesetzes Gottes als Freunde, wie Bruder und Schwester, zu leben; so können sie - unter Berücksichtigung der bewährten kirchlichen Praxis - wieder am eucharistischen Mahl teilnehmen. Damit ein solcher Weg möglich ist und fruchtbar wird, muss er durch die Hilfe der Seelsorger und durch geeignete kirchliche Initiativen unterstützt werden, wobei in jedem Fall zu vermeiden ist, diese Verbindungen zu segnen, damit unter den Gläubigen keine Verwirrungen in bezug auf den Wert der Ehe aufkommen.<ref>Vgl. Ebd.</ref><br />
<br />
Angesichts der Vielschichtigkeit des kulturellen Umfelds, in der die Kirche in vielen Ländern lebt, hat die Synode zudem empfohlen, in der Vorbereitung der Brautleute und in der vorausgehenden Prüfung ihrer Ansichten über die für die Gültigkeit des Ehesakraments unverzichtbaren Verpflichtungen größte pastorale Sorgfalt walten zu lassen. Durch eine ernsthafte Klärung in diesem Punkt kann vermieden werden, dass emotive Impulse oder oberflächliche Gründe die beiden jungen Leute dazu führen, Verantwortungen zu übernehmen, denen sie dann nicht gerecht werden können.<ref>Vgl. Ebd.</ref> Das Gute, das die Kirche und die ganze Gesellschaft von der Ehe und der auf sie gegründeten Familie erwarten, ist zu groß, um sich in diesem spezifischen pastoralen Bereich nicht bis zum Grunde einzusetzen. Ehe und Familie sind Einrichtungen, die gefördert und gegen jegliches Missverständnis bezüglich ihrer Grundwahrheit verteidigt werden müssen, denn jeder Schaden, der ihnen zugefügt wird, ist in der Tat eine Verletzung, die dem menschlichen Zusammenleben als solchem beigebracht wird.<br />
<br />
===Eucharistie und [[Eschatologie]]===<br />
<br />
====Eucharistie: Geschenk an den Menschen unterwegs====<br />
<br />
'''30''' Wenn es wahr ist, dass die Sakramente eine Wirklichkeit sind, die der in der Zeit pilgernden Kirche zugehört,<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 48.</ref> welche der vollen Offenbarung des Sieges des auferstandenen Christus entgegengeht, so ist es jedoch ebenso wahr, dass uns - speziell in der eucharistischen Liturgie - ein Vorgeschmack der eschatologischen Erfüllung gewährt wird, zu der jeder Mensch und die ganze Schöpfung unterwegs ist (vgl. Röm 8,19ff). Der Mensch ist für die wirkliche und ewige Glückseligkeit geschaffen, die allein die Liebe Gottes geben kann. Aber unsere angeschlagene Freiheit würde sich verlieren, wenn es nicht möglich wäre, schon jetzt etwas von der zukünftigen Vollendung zu erfahren. Im übrigen muss jeder Mensch, um in die rechte Richtung gehen zu können, auf das Endziel hin ausgerichtet werden. Diese letzte Bestimmung ist in Wirklichkeit Christus, der Herr, selbst, der Sieger über Sünde und Tod, der für uns in besonderer Weise gegenwärtig wird in der Eucharistiefeier. So haben wir, obwohl noch »Fremde und Gäste in dieser Welt« (1 Petr 2,11), im Glauben bereits Anteil an der Fülle des auferstandenen Lebens. Indem das eucharistische Mahl seine stark eschatologische Dimension offenbart, kommt es unserer Freiheit, die noch auf dem Wege ist, zu Hilfe.<br />
<br />
====Das eschatologische Mahl====<br />
<br />
'''31''' Wenn wir über dieses Geheimnis nachdenken, können wir sagen, dass Jesus sich mit seinem Kommen in Beziehung zu der Erwartung gesetzt hat, die im Volk Israel, in der gesamten Menschheit und im Grunde sogar in der Schöpfung zugegen ist. Mit seiner Selbsthingabe hat er objektiv das eschatologische Zeitalter eröffnet. Christus ist gekommen, um das zerstreute Gottesvolk zusammenzurufen (vgl. Joh 11,52), und hat seine Absicht deutlich gemacht, die Gemeinde des Bundes zu versammeln, um die Verheißungen Gottes an die Väter zu erfüllen (vgl. Jer 23,3; 31,10; Lk 1,55.70). In der Berufung der Zwölf - eine Bezugnahme auf die zwölf Stämme Israels - und in der ihnen beim Letzten Abendmahl vor seinem erlösenden Leiden anvertrauten Aufgabe, sein Gedächtnis zu feiern, hat Jesus gezeigt, dass er den Auftrag, in der Geschichte Zeichen und Werkzeug der in ihm begonnenen eschatologischen Versammlung zu sein, auf die ganze von ihm gegründete Gemeinde übertragen wollte. Darum verwirklicht sich auf sakramentale Weise in jeder Eucharistiefeier die eschatologische Zusammenkunft des Gottesvolkes. Das eucharistische Mahl ist für uns eine reale Vorwegnahme des endgültigen Festmahles, das von den Propheten angekündigt (vgl. Jes 25,6-9) und im Neuen Testament als »Hochzeitsmahl des Lammes« (vgl. Offb 19,7-9) beschrieben wird; es soll in der Freude der Gemeinschaft der Heiligen gefeiert werden.<ref>Vgl. Propositio 3.</ref><br />
<br />
====Das Gebet für die Verstorbenen====<br />
<br />
'''32''' Die Eucharistiefeier, in der wir den [[Tod]] des [[Herrn]] verkünden, seine [[Auferstehung]] preisen und auf seine [[Wiederkunft Christi|Wiederkunft]] warten, ist ein Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit, in der auch unser Leib verherrlicht sein wird. Indem wir das Gedächtnis unseres Heiles feiern, stärkt sich in uns die Hoffnung auf die [[Auferstehung des Fleisches]] und auf die Möglichkeit, denjenigen wieder von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, die uns im Zeichen des Glaubens vorangegangen sind. Aus dieser Sicht möchte ich gemeinsam mit den Synodenvätern alle Gläubigen an die Wichtigkeit des Fürbittgebetes - insbesondere der Messfeiern - für die Verstorbenen erinnern, damit sie geläutert zur [[Visio beatifica|seligen Schau Gottes]] gelangen können.<ref>Ich möchte hier an die Worte voller Hoffnung und Trost erinnern, die wir im Zweiten Eucharistischen [[Hochgebet]] finden: »Gedenke unserer Brüder und Schwestern, die entschlafen sind in der Hoffnung, dass sie auferstehen. Nimm sie und alle, die in deiner Gnade aus dieser Welt geschieden sind, in dein Reich auf, wo sie dich schauen [[Visio beatifica|von Angesicht zu Angesicht]].«</ref> Wenn wir die eschatologische Dimension wiederentdecken, die der gefeierten und angebeteten Eucharistie innewohnt, werden wir unterstützt auf unserem Weg und getröstet in der Hoffnung auf die Herrlichkeit (vgl. Röm 5,2; Tit 2,13).<br />
<br />
===Die Eucharistie und die Jungfrau Maria===<br />
<br />
'''33''' Aus der Beziehung zwischen der Eucharistie und den einzelnen Sakramenten und aus der eschatologischen Bedeutung der Mysterien geht das Profil der christlichen Existenz in seiner Ganzheit hervor - einer Existenz, die berufen ist, in jedem Augenblick Gottesdienst zu sein, ein Gott wohlgefälliges Opfer der Selbsthingabe. Und wenn wir auch alle noch unterwegs sind zur ganzen Erfüllung unserer Hoffnung, heißt das nicht, dass wir nicht schon jetzt dankbar anerkennen können, dass alles, was Gott uns geschenkt hat, in der [[Jungfrau Maria]], der Mutter Gottes und unserer Mutter, seine vollkommene Verwirklichung gefunden hat: Ihre [[Aufnahme Mariens in den Himmel|Aufnahme in den Himmel mit Leib und Seele]] ist für uns ein Zeichen sicherer Hoffnung, insofern es uns Pilgern in der Zeit jenes eschatologische Ziel anzeigt, von dem uns das Sakrament der Eucharistie schon jetzt einen Vorgeschmack gibt.<br />
<br />
In der heiligen Jungfrau sehen wir auch die sakramentale Weise, mit der Gott das Geschöpf Mensch erreicht und in seine Heilsinitiative einbezieht, gänzlich erfüllt. Von der Verkündigung bis zum Pfingstereignis erscheint Maria von Nazaret als die Person, deren Freiheit sich ganz und gar dem Willen Gottes anpasst. Ihre unbefleckte Empfängnis offenbart sich im eigentlichen Sinn in der unbedingten Verfügbarkeit gegenüber dem göttlichen Wort. In jedem Augenblick ist ihr Leben geprägt von einem gehorsamen Glauben angesichts des Handelns Gottes. Als die hörende Jungfrau lebt sie in vollkommenem Einklang mit dem göttlichen Willen; die Worte, die ihr von Gott zukommen, bewahrt sie in ihrem Herzen, und indem sie sie wie zu einem Mosaik zusammensetzt, lernt sie sie tiefer verstehen (vgl. Lk 2,19.51); Maria ist die große Glaubende, die sich vertrauensvoll in die Hände Gottes gibt und sich seinem Willen überlässt.<ref>Vgl. [[Benedikt XVI.]], [[Homilie]] (8. Dezember 2005): [[AAS]] 98 (2006), 15-16.</ref> Dieses Geheimnis verdichtet sich bis zur vollen Einbeziehung in den Erlösungsauftrag Jesu. Wie das Zweite Vatikanische Konzil erklärt hat, ging »die selige Jungfrau Maria den Pilgerweg des Glaubens. Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz, wo sie nicht ohne göttliche Absicht stand (vgl. Joh 19,25), heftig mit ihrem Eingeborenen litt und sich mit seinem Opfer in mütterlichem Geist verband, indem sie der Opferung dessen, den sie geboren hatte, liebevoll zustimmte. Und schließlich wurde sie von Christus Jesus selbst, als er am Kreuz starb, dem Jünger zur Mutter gegeben mit den Worten: Frau, siehe da dein Sohn«.<ref>Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 58.</ref> Von der Verkündigung bis zum Kreuz ist Maria diejenige, die das Wort aufnimmt - das Wort, das in ihr Fleisch annimmt und am Ende verstummt im Schweigen des Todes. Sie ist es schließlich, die in ihre Arme den bereits leblosen hingegebenen Leib dessen aufnimmt, der die Seinen wirklich »bis zu Vollendung« (Joh 13,1) geliebt hat.<br />
<br />
Darum wenden wir uns jedes Mal, wenn wir in der Eucharistiefeier den Leib und das Blut Christi empfangen, auch an sie, die in voller Zustimmung das Opfer Christi für die ganze Kirche angenommen hat. Zu Recht haben die Synodenväter bekräftigt, dass »Maria die Teilnahme der Kirche am Opfer des Erlösers eröffnet«.<ref>Propositio 4.</ref> Sie ist die Unbefleckte, die die Gabe Gottes bedingungslos annimmt und auf diese Weise am Heilswerk beteiligt wird. Maria von Nazaret, die Ikone der entstehenden Kirche, ist das Vorbild dafür, wie jeder von uns das Geschenk empfangen soll, zu dem Jesus in der Eucharistie sich selbst macht.<br />
<br />
==ZWEITER TEIL: EUCHARISTIE, EIN GEHEIMNIS, DAS MAN FEIERT==<br />
<br />
»Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel« (Joh 6,32)<br />
<br />
====[[Lex orandi - lex credendi|Lex orandi und lex credendi]]====<br />
<br />
'''34''' Die Bischofssynode hat viel über die innere Beziehung zwischen eucharistischem Glauben und liturgischer Feier nachgedacht. Sie hat dabei die Verknüpfung von lex orandi und lex credendi hervorgehoben und den Vorrang der liturgischen Handlung betont. Man muss die Eucharistie als authentisch gefeiertes Glaubensgeheimnis erleben, in dem klaren Bewusstsein, dass »der intellectus fidei immer ursprünglich in Beziehung steht zur liturgischen Handlung der Kirche«.<ref>Relatio post disceptationem, 4: L'[[Osservatore Romano]] (14. Oktober 2005), S. 5.</ref> In diesem Bereich kann die theologische Reflexion niemals von der sakramentalen Ordnung absehen, die von Christus selbst eingesetzt ist. Andererseits kann die liturgische Handlung niemals allgemein betrachtet werden, unabhängig vom Glaubensgeheimnis. Die Quelle unseres Glaubens und der eucharistischen Liturgie ist ja ein und dasselbe Ereignis: die Selbsthingabe Christi im Pascha-Mysterium.<br />
<br />
====Schönheit und Liturgie====<br />
<br />
'''35''' Die Beziehung zwischen geglaubtem und gefeiertem Mysterium zeigt sich in besonderer Weise im theologischen und liturgischen Wert der Schönheit. Die Liturgie hat nämlich, wie übrigens auch die christliche Offenbarung, eine innere Verbindung zur Schönheit: Sie ist veritatis splendor. In der Liturgie leuchtet das Pascha-Mysterium auf, durch das Christus selbst uns zu sich hinzieht und uns zur Gemeinschaft ruft. In Jesus betrachten wir - wie der hl. Bonaventura zu sagen pflegte - die Schönheit und den Glanz des Ursprungs.<ref>Vgl. Serm. 1,7; 11,10; 22,7; 29,76: Sermones dominicales ad fidem codicum nunc denuo editi, Grottaferrata 1977, S. 135, 209f, 292f, 337; [[Benedikt XVI.]], Botschaft an die kirchlichen Bewegungen und an die neuen Gemeinschaften (22. Mai 2006): [[AAS]] 98 (2006), 463.</ref> Dieses Merkmal, auf das wir uns berufen, ist nicht nur bloßer Ästhetizismus, sondern eine Art und Weise, wie die Wahrheit der Liebe Gottes in Christus uns erreicht, uns fasziniert, uns begeistert und so bewirkt, dass wir aus uns herausgehen und zu unserer wahren Berufung hingezogen werden: zur Liebe.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Past. Konst. über die Kirche in der Welt von heute [[Gaudium et spes]], 22.</ref> Schon in der Schöpfung lässt Gott sich erahnen in der Schönheit und der Harmonie des Kosmos (vgl. Weish 13,5; Röm 1,19-20). Im Alten Testament finden wir dann eingehende Zeichen des Glanzes der Macht Gottes, der sich mit seiner Herrlichkeit durch die Wunder offenbart, die er im erwählten Volk geschehen lässt (vgl. Ex 14; 16,10; 24,12-18; Num 14,20-23). Im Neuen Testament findet diese Epiphanie der Schönheit ihre endgültige Erfüllung in der Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus:<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung [[Dei verbum]], 2.4.</ref> Er ist die vollständige Offenbarung der göttlichen Herrlichkeit. In der Verherrlichung des Sohnes leuchtet die Herrlichkeit des Vaters auf und überträgt sich (vgl. Joh 1,14; 8,54; 12,28; 17,1). Diese Schönheit ist jedoch nicht eine bloße Harmonie der Formen; »der Schönste von allen Menschen« (Ps 45 [44],3) ist Geheimnisvollerweise auch derjenige, der »keine schöne und edle Gestalt« hatte, »so dass wir ihn anschauen mochten« (Jes 53,2). Jesus Christus zeigt uns, wie die Wahrheit der Liebe auch das dunkle Geheimnis des Todes in das strahlende Licht der Auferstehung zu verklären vermag. Hier überragt der Glanz der Herrlichkeit Gottes jede innerweltliche Schönheit. Die wahre Schönheit ist die Liebe Gottes, die sich uns endgültig im Pascha-Mysterium offenbart hat.<br />
<br />
Die Schönheit der Liturgie ist Teil dieses Geheimnisses; sie ist höchster Ausdruck der Herrlichkeit Gottes und stellt in gewissem Sinne ein Sich-Herunterbeugen des Himmels auf die Erde dar. Die Gedenkfeier des Erlösungsopfers trägt die Züge jener Schönheit Jesu in sich, die Petrus, Jakobus und Johannes uns bezeugt haben, als der Meister sich auf dem Weg nach Jerusalem vor ihnen verklärte (vgl. Mk 9,2). Die Schönheit ist demnach nicht ein dekorativer Faktor der liturgischen Handlung; sie ist vielmehr ein für sie konstitutives Element, insofern sie eine Eigenschaft Gottes selbst und seiner Offenbarung ist. All das muss uns bewusst machen, mit welcher Sorgfalt darauf zu achten ist, dass die liturgische Handlung ihrem Wesen gemäß erstrahlt.<br />
<br />
===Die Eucharistiefeier, ein Werk des «Christus totus»===<br />
<br />
====Christus totus in capite et in corpore====<br />
<br />
'''36''' Das eigentliche Subjekt der inneren Schönheit der Liturgie ist der auferstandene und im Heiligen Geist verherrlichte Christus, der die Kirche in sein Handeln einschließt.<ref>Vgl. Propositio 33.</ref> In diesem Zusammenhang ist es recht eindrucksvoll, sich die Worte des hl. Augustinus ins Gedächtnis zu rufen, die in wirkungsvoller Weise diese der Eucharistie eigene Dynamik des Glaubens beschreiben. Der große Heilige von Hippo hebt gerade in bezug auf das eucharistische Mysterium hervor, wie Christus selbst uns in sich aufnimmt: »Das Brot, das ihr auf dem Altar seht, ist, geheiligt durch das Wort Gottes, der Leib Christi. Der Kelch, oder besser: das, was der Kelch enthält, ist, geheiligt durch das Wort Gottes, Blut Christi. Mit diesen [Zeichen] wollte Christus, der Herr, uns seinen Leib anvertrauen und sein Blut, das er für uns zur Vergebung der Sünden vergossen hat. Wenn ihr beides in rechter Weise empfangen habt, seid ihr selber das, was ihr empfangen habt«.<ref>Sermo 227,1: [[PL]] 38, 1099.</ref> Darum »sind wir nicht nur Christen geworden, sondern wir sind Christus selbst geworden«.<ref>[[Augustinus von Hippo|Augustinus]], In Iohannis Evangelium Tractatus, 21,8: [[PL]] 35, 1568.</ref> Von hier aus können wir das geheimnisvolle Handeln Gottes betrachten, das zur tiefen Einheit zwischen uns und Jesus, dem Herrn, führt: »Man muss nämlich nicht glauben, Christus sei im Haupt, ohne auch im Leib zu sein: Er ist ganz und gar im Haupt und im Leib«.<ref>Ebd., 28,1: [[PL]] 35, 1622.</ref><br />
<br />
====Eucharistie und der auferstandene Christus====<br />
<br />
'''37''' Da die eucharistische Liturgie wesentlich actio Dei ist, die uns durch den Heiligen Geist in Jesus hineinzieht, steht ihr Fundament nicht unserer Willkür zur Verfügung und darf nicht die Erpressung durch Modeströmungen des jeweiligen Augenblicks erfahren. Auch hier gilt die unumstößliche Aussage des hl. Paulus: »Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus« (1 Kor 3,11). Und wiederum ist es der Völkerapostel, der uns in Bezug auf die Eucharistie versichert, er überliefere uns nicht eine von ihm selbst entwickelte Lehre, sondern das, was er seinerseits empfangen habe (vgl. 1 Kor 11,23). Die Feier der Eucharistie schließt nämlich die lebendige Überlieferung ein. Die Kirche feiert das eucharistische Opfer im Gehorsam gegenüber dem Auftrag Christi, ausgehend von der Erfahrung des Auferstandenen und der Ausgießung des Heiligen Geistes. Aus diesem Grund versammelt sich die christliche Gemeinde zur fractio panis von Anfang an am Tag des Herrn. Der Tag, an dem Christus von den Toten auferstanden ist, der Sonntag, ist auch der erste Tag der Woche, derjenige, in dem die alttestamentliche Überlieferung den Beginn der Schöpfung sah. Der Tag der Schöpfung ist nun der Tag der »neuen Schöpfung« geworden, der Tag unserer Befreiung, an dem wir des gestorbenen und auferstandenen Christus gedenken.<ref>Vgl. Propositio 30. Auch die heilige Messe, die die Kirche während der Woche feiert und die Gläubigen zur Teilnahme einlädt, findet ihre eigentliche Form im Tag des Herrn, im Tag der Auferstehung Christi: Propositio 43.</ref><br />
<br />
===Ars celebrandi===<br />
<br />
'''38''' Während der Synodenarbeit ist mehrfach nachdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, jede mögliche Trennung zwischen der ars celebrandi, d. h. der Kunst des rechten Zelebrierens, und der vollen, aktiven und fruchtbaren Teilnahme aller Gläubigen zu überwinden. Tatsächlich ist die geeignetste Methode, die Teilnahme des Gottesvolkes am sakralen Ritus zu begünstigen, den Ritus selbst in angemessener Weise zu feiern. Die ars celebrandi ist die beste Bedingung für die [[actuosa participatio]].<ref>Vgl. Propositio 2.</ref> Die ars celebrandi entspringt aus dem treuen Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen in ihrer Vollständigkeit, denn gerade diese Art zu zelebrieren ist es, die seit zweitausend Jahren das Glaubensleben aller Gläubigen sicherstellt, die dazu berufen sind, die [[Zelebration]] als Gottesvolk, als königliches Priestertum, als heiliger Stamm zu erleben (vgl. 1 Petr 2,4-5.9).<ref>Vgl. Propositio 25.</ref><br />
<br />
====Der Bischof, Liturge schlechthin====<br />
<br />
'''39''' Auch wenn das ganze Gottesvolk an der eucharistischen Liturgie teilnimmt, kommt jedoch in bezug auf die rechte ars celebrandi denen, die das Sakrament der Weihe empfangen haben, eine unumgängliche Aufgabe zu. Bischöfe, Priester und Diakone müssen - jeder seinem Grad entsprechend - die [[Zelebration]] als ihre Hauptpflicht betrachten.<ref>Vgl. Propositio 19. Die Propositio 25 sagt dazu genauer: »Eine authentische liturgische Handlung drückt die Heiligkeit des eucharistischen Mysteriums aus. Diese müsste in den Worten und in den Handlungen des zelebrierenden Priesters durchscheinen, während er sowohl mit den Gläubigen als auch für sie bei Gott Vater Fürbitte leistet.</ref> Das betrifft vor allem den Diözesanbischof: Er ist nämlich »der erste Spender der Geheimnisse Gottes in der ihm anvertrauten Teilkirche, ist der Leiter, Förderer und Hüter des gesamten liturgischen Lebens«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 22; Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 41; [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], Instruktion [[Redemptionis sacramentum]] (25. März 2004), 19-25: [[AAS]] 96 (2004), 555-557.</ref> All das ist für das Leben der Teilkirche entscheidend, nicht nur, weil die Gemeinschaft mit dem Bischof die Bedingung für die Gültigkeit jeder [[Zelebration]] auf seinem Gebiet ist, sondern auch, weil er selbst der Liturge seiner Kirche schlechthin ist.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dekret über die Hirtenaufgabe in der Kirche [[Christus dominus]], 14; Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 41.</ref> Ihm obliegt es, die harmonische Einheit der [[Zelebration]]en in seiner Diözese zu bewahren. Darum ist es »seine Sache, darauf zu achten, dass die Priester, die Diakone und die christgläubigen Laien den eigentlichen Sinn der liturgischen Riten und Texte immer tiefer verstehen und so zur tätigen und fruchtbaren Feier der Eucharistie geführt werden«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 22.</ref> Im besonderen ermahne ich, das Nötige zu tun, damit die vom Bischof abgehaltenen liturgischen Feiern in der Kathedral-Kirche in voller Beachtung der ars celebrandi geschehen, so dass sie als Vorbild für alle über das Gebiet verstreuten Kirchen betrachtet werden können.<ref>Vgl. Ebd.</ref><br />
<br />
====Die Beachtung der liturgischen Bücher und des Reichtums der Zeichen====<br />
<br />
'''40''' Mit der Betonung der Wichtigkeit der [[ars celebrandi]] wird folglich auch die Bedeutung der liturgischen Vorschriften deutlich.<ref>Vgl. Propositio 25.</ref> Die ars celebrandi muss das Gespür für das Heilige fördern und sich äußerer Formen bedienen, die zu diesem Gespür erziehen, zum Beispiel der Harmonie des Ritus, der liturgischen Gewänder, der Ausstattung und des heiligen Ortes. Dort, wo die Priester und die für die liturgische Pastoral Verantwortlichen sich bemühen, die gültigen liturgischen Bücher und die entsprechenden Vorschriften bekannt zu machen und den großen Reichtum der [[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch|Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch]] und der Leseordnung für die Feier der heiligen Messe hervorheben, gereicht das der Eucharistiefeier sehr zum Vorteil. In den kirchlichen Gemeinschaften setzt man deren Kenntnis und rechte Wertschätzung wahrscheinlich voraus, doch oft zu Unrecht. In Wirklichkeit sind es Texte, welche Schätze enthalten, die den Glauben und den Weg des Gottesvolkes in den zweitausend Jahren seiner Geschichte bewahren und darstellen. Ebenso wichtig für eine rechte ars celebrandi ist die Beachtung aller von der Liturgie vorgesehenen Ausdrucksformen: Wort und Gesang, Gesten und Schweigen, Körperbewegung, liturgische Farben der Paramente. Die Liturgie besitzt tatsächlich von Natur aus eine Vielfalt von Registern zur Mitteilung, die es ihr ermöglichen, die Einbeziehung des ganzen Menschen anzustreben. Die Einfachheit der Gesten und die Nüchternheit der in der vorgesehenen Reihenfolge und im gegebenen Moment gesetzten Zeichen vermitteln mehr und beteiligen stärker als die Künstlichkeit unangebrachter Hinzufügungen. Achtung und Folgsamkeit gegenüber der Eigenstruktur des Ritus drücken die Anerkennung des Geschenk-Charakters der Eucharistie aus und offenbaren zugleich den Willen des Priesters, in Demut und Dankbarkeit die unbeschreibliche Gabe anzunehmen.<br />
<br />
====Kunst im Dienst der [[Zelebration]]====<br />
<br />
'''41''' Die tiefe Verbindung von Schönheit und Liturgie muss uns zu einer aufmerksamen Betrachtung aller in den Dienst der [[Zelebration]] gestellten künstlerischen Ausdrucksmittel anregen.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]] 112-130.</ref> Eine wichtige Komponente sakraler Kunst ist natürlich die Architektur der Kirchen,<ref>Vgl. Propositio 27.</ref> in denen die Einheit der besonderen Elemente des Presbyteriums - Altar, Kruzifix, Tabernakel, Ambo und Sitz - hervortreten muss. In diesem Zusammenhang muss man berücksichtigen, dass der Zweck der sakralen Architektur darin besteht, der Kirche, welche die Glaubensgeheimnisse - und speziell die Eucharistie - feiert, den am besten geeigneten Raum für den angemessenen Ablauf ihrer liturgischen Handlung zu bieten.<ref>Vgl. Ebd.</ref> Das Wesen des christlichen Gotteshauses ist nämlich durch die liturgische Handlung selbst definiert, die das Sich-Versammeln der Gläubigen (ecclesia) einschließt, welche die lebendigen Steine des Tempels sind (vgl. 1 Petr 2,5).<br />
<br />
Das gleiche Prinzip gilt allgemein für alle sakrale Kunst, besonders für Malerei und Bildhauerei, in denen die religiöse Ikonographie sich an der sakramentalen Mystagogie orientieren muss. Eine vertiefte Kenntnis der Formen, welche die sakrale Kunst im Laufe der Jahrhunderte hervorgebracht hat, kann denen sehr hilfreich sein, die gegenüber Architekten und Künstlern die Verantwortung der Auftragsvergabe für Kunstwerke haben, die mit der liturgischen Handlung verbunden sind. Darum ist es unverzichtbar, dass zur Ausbildung der Seminaristen und der Priester als wichtige Disziplin die Kunstgeschichte gehört, mit einem besonderen Verweis auf die kultischen Bauten im Licht der liturgischen Vorschriften. Kurzum, es ist notwendig, dass in allem, was die Eucharistie betrifft, guter Geschmack für das Schöne herrsche. Achtung und Sorgfalt müssen auch den Paramenten, den Kirchengeräten und den heiligen Gefäßen gelten, damit sie, organisch miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt, das Staunen angesichts des Mysteriums Gottes lebendig halten, die Einheit des Glaubens verdeutlichen und die Frömmigkeit stärken.<ref>Für alles, was diese Aspekte betrifft, sollte man sich treu an die Hinweise in der [[Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch]] halten, 319-351.</ref><br />
<br />
====Der liturgische Gesang====<br />
<br />
'''42''' Einen bedeutenden Platz in der ars celebrandi nimmt der liturgische Gesang ein.<ref>Vgl. [[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 39-41; [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 112-118.</ref> Zu Recht bekräftigt der hl. Augustinus in einer seiner berühmten Reden: »Der neue Mensch weiß, welches das neue Lied ist. Das Singen ist Ausdruck der Freude und - wenn wir ein wenig aufmerksamer darüber nachdenken - ist Ausdruck der Liebe«.<ref>Sermo 34,1: [[PL]] 38, 210.</ref> Das zur Feier versammelte Gottesvolk singt das Lob Gottes. Die Kirche hat in ihrer zweitausendjährigen Geschichte Instrumental- und Vokalmusik geschaffen - und schafft sie immer noch -, die ein Erbe an Glauben und Liebe darstellt, das nicht verloren gehen darf. In der Liturgie können wir wahrlich nicht sagen, dass alle Gesänge gleich gut sind. In diesem Zusammenhang muss die oberflächliche Improvisation oder die Einführung musikalischer Gattungen vermieden werden, die den Sinn der Liturgie nicht berücksichtigen. In seiner Eigenschaft als liturgisches Element hat sich der Gesang in die besondere Form der [[Zelebration]] einzufügen.<ref>Vgl. Propositio 25: »Wie alle künstlerischen Ausdrucksmittel, muss auch der Gesang zutiefst mit der Liturgie in Einklang gebracht werden, wirksam ihren Zweck verfolgen, das heißt er muss den Glauben, das Gebet, das Staunen und die Liebe zum in der Eucharistie gegenwärtigen Jesus ausdrücken.«</ref> Folglich muss alles - im Text, in der Melodie und in der Ausführung - dem Sinn des gefeierten Mysteriums, den Teilen des Ritus und den liturgischen Zeiten entsprechen.<ref>Vgl. Propositio 29.</ref> Schließlich möchte ich, obwohl ich die verschiedenen Orientierungen und die sehr lobenswerten unterschiedlichen Traditionen berücksichtige, dass entsprechend der Bitte der Synodenväter der [[Gregorianischer Choral|gregorianische Choral]] angemessen zur Geltung gebracht wird,<ref>Vgl. Propositio 36.</ref> da dies der eigentliche Gesang der römischen Liturgie ist.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 116; [[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 41.</ref><br />
<br />
===Die Struktur der Eucharistiefeier===<br />
<br />
'''43''' Nachdem ich die tragenden Elemente der [[ars celebrandi]] erwähnt habe, möchte ich die Aufmerksamkeit eingehender auf einige Teile der Struktur der Eucharistiefeier lenken, die in unserer Zeit einer besonderen Sorgfalt bedürfen, mit dem Ziel, dem Grundanliegen der vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregten liturgischen Erneuerung in Kontinuität mit der ganzen großen kirchlichen [[Überlieferung]] treu zu bleiben.<br />
<br />
====Die innere Einheit der liturgischen Handlung====<br />
<br />
'''44''' Zuallererst ist es nötig, über die innere Einheit des Ritus der [[Heiligen Messe]] nachzudenken. Sowohl in der [[Katechese]] als auch in der Art der [[Zelebration]] muss vermieden werden, dass der Eindruck zweier nebeneinander gestellter Teile vermittelt wird. [[Wortgottesdienst]] und eucharistische Liturgie sind - neben den Einführungs- und Schlussriten - »so eng miteinander verbunden, dass sie eine gottesdienstliche Einheit bilden«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 28; Kongregation für die Riten, Instruktion Eucharisticum Mysterium (25. Mai 1967), 3: [[AAS]] 57 (1967), 540-543.</ref> Tatsächlich existiert eine innere Verbindung zwischen dem [[Wort Gottes]] und der [[Eucharistie]]. Beim Hören des Gotteswortes keimt der Glaube auf oder wird gestärkt (vgl. Röm 10,17); in der Eucharistie schenkt das fleischgewordene Wort sich uns als geistliche Speise.<ref>Vgl. Propositio 18.</ref> So geschieht es, dass »die Kirche von den beiden Tischen des Wortes und des Leibes Christi das Brot des Lebens empfängt und den Gläubigen anbietet«.<ref>Ebd.</ref> Darum muss man sich stets vor Augen halten, dass das von der Kirche gelesene und in der Liturgie verkündete Wort Gottes zur Eucharistie als seinem wesenseigenen Ziel hinführt.<br />
<br />
====Der Wortgottesdienst====<br />
<br />
'''45''' Gemeinsam mit der Synode bitte ich darum, dass der [[Wortgottesdienst]] immer gebührend vorbereitet und gelebt wird. Darum empfehle ich dringend, in den Liturgien mit großer Aufmerksamkeit darauf zu achten, dass das Wort Gottes von gut vorbereiteten [[Lektor]]en vorgetragen wird. Vergessen wir nie: »Wenn in der Kirche die Heiligen Schriften gelesen werden, spricht [[Gott]] selbst zu seinem Volk und verkündet Christus, gegenwärtig in seinem Wort, das Evangelium«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 29.</ref> Wenn die Umstände es angebracht erscheinen lassen, kann man an einige einführende Worte denken, die den Gläubigen helfen, sich dessen neu inne zu werden. Um das Wort Gottes recht zu verstehen, muss man es mit kirchlicher Gesinnung und im Bewusstsein seiner Einheit mit dem eucharistischen Sakrament hören und aufnehmen. Das Wort, das wir verkünden und hören, ist ja das fleischgewordene Wort (vgl. Joh 1,14); es besitzt einen inneren Bezug zur Person Christi und zur sakramentalen Weise seines Gegenwärtigbleibens. Christus spricht nicht in der Vergangenheit, sondern in unserer Gegenwart, gleich wie er in der liturgischen Handlung gegenwärtig ist. In dieser sakramentalen Sicht der christlichen Offenbarung<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] Fides et Ratio (14. September 1998), 13: [[AAS]] 91 (1999), 15-16.</ref> ermöglichen uns die Kenntnis und das Studium des Wortes Gottes, die Eucharistie besser zu schätzen, zu feiern und zu leben. Auch hier erweist sich die Behauptung, nach der »die Unkenntnis der Schrift Unkenntnis Christi ist«,<ref>Hieronymus, Comm. in Is., Prol.: [[PL]] 24, 17; vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung [[Dei verbum]], 25.</ref> in ihrer vollen Wahrheit.<br />
<br />
Zu diesem Zweck ist es notwendig, dass den Gläubigen durch pastorale Initiativen, Wortgottesdienste und geistliche Lesung (lectio divina) geholfen wird, den Reichtum der [[Heiligen Schrift]], der im [[Lektionar]] vorhanden ist, zu schätzen. Darüber hinaus sollte man nicht vergessen, die von der [[Tradition]] bestätigten Gebetsformen zu fördern: das [[Stundengebet]] - vor allem die Laudes, die [[Vesper]] und die [[Komplet]] - sowie auch die Vigilfeiern. Das Psalmengebet, die biblischen Lesungen und die in den [[Lesehore]]n des [[Brevier]]s dargebotenen Texte der großen Tradition können zu einer vertieften Erfahrung des Christus-Geschehens und der Heilsökonomie führen, die ihrerseits das Verständnis und die innere Teilnahme an der Eucharistiefeier bereichern kann.<ref>Vgl. Propositio 31.</ref><br />
<br />
====Die Homilie====<br />
<br />
'''46''' In Verbindung mit der Bedeutung des Wortes Gottes erhebt sich die Notwendigkeit, die Qualität der [[Homilie]] zu verbessern. Sie ist ja »Teil der liturgischen Handlung«<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 29; vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 7.33.52.</ref> und hat die Aufgabe, ein tieferes Verstehen und eine umfassendere Wirksamkeit des Wortes Gottes im Leben der Gläubigen zu fördern. Deshalb müssen die [[Priester]] »die [[Predigt]] sorgfältig vorbereiten, indem sie sich auf eine angemessene Kenntnis der Heiligen Schrift stützen«.<ref>Propositio 19.</ref> Oberflächlichallgemeine oder abstrakte Predigten sind zu vermeiden. Im besonderen bitte ich die Prediger, dafür zu sorgen, dass die Homilie das verkündete Wort Gottes in so enge Verbindung mit der sakramentalen Feier<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 52.</ref> und mit dem Leben der Gemeinde bringt, dass das Wort Gottes für die Kirche wirklich Rückhalt und Leben ist.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung [[Dei verbum]], 21.</ref> Darum berücksichtige man den katechetischen und den ermahnenden Zweck der Homilie. Es erscheint angebracht, den Gläubigen - ausgehend vom Drei-Jahres-Lektionar - wohlbedacht thematische Homilien zu halten, die im Laufe des liturgischen Jahres die großen Themen des christlichen Glaubens behandeln und dabei auf das zurückgreifen, was vom Lehramt maßgebend vorgeschlagen wird in den »vier Säulen« des [[Katechismus der Katholischen Kirche]] und dem später erschienenen [[KKKK|Kompendium]]: dem Glaubensbekenntnis, der Feier des christlichen Mysteriums, dem Leben in Christus und dem christlichen Gebet.<ref>Zu diesem Zweck hat die Synode zur Erarbeitung pastoraler Hilfsmittel auf der Basis des Drei-Jahres-Lektionars aufgefordert, die Anregungen für eine innere Verbindung der Verkündigung der vorgesehenen Lesungen mit der Glaubenslehre geben: vgl. Propositio 19.</ref><br />
<br />
====Die Darbringung der Gaben====<br />
<br />
'''47''' Die Synodenväter haben auch auf die Darbringung der Gaben aufmerksam gemacht. Es handelt sich nicht einfach um eine Art »Intermezzo« zwischen dem Wortgottesdienst und der eucharistischen Liturgie. Das würde unter anderem auch nicht dem Sinn des einen, aus zwei Teilen zusammengesetzten [[Ritus]] gerecht werden. In dieser demütigen und einfachen Handlung kommt in Wirklichkeit eine sehr tiefe Bedeutung zum Ausdruck: In Brot und Wein, die wir zum Altar bringen, wird die ganze [[Schöpfung]] von [[Christus]], dem Erlöser, angenommen, um verwandelt und dem Vater dargeboten zu werden.<ref>Vgl. Propositio 20.</ref> So gesehen, tragen wir auch alles [[Leid]] und allen Schmerz der Welt zum Altar, in der Gewissheit, dass in den Augen Gottes alles kostbar ist. Diese Handlung bedarf nicht der Hervorhebung durch unangebrachte Komplikationen, um in ihrer authentischen Bedeutung erlebt zu werden. Sie erlaubt, die ursprüngliche Beteiligung, die Gott vom Menschen verlangt, um das göttliche Werk in ihm zu vollenden, auszuwerten und auf diese Weise der menschlichen Arbeit ihren letzten Sinn zu geben: durch die Eucharistiefeier mit dem erlösenden Opfer Christi vereint zu werden.<br />
<br />
====Das eucharistische Hochgebet====<br />
<br />
'''48''' Das [[Eucharistisches Hochgebet|eucharistische Hochgebet]] ist »Mitte und Höhepunkt der ganzen Feier«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 78.</ref> Seine Bedeutung verdient es, entsprechend hervorgehoben zu werden. Die verschiedenen im [[Messbuch]] enthaltenen eucharistischen Hochgebete sind uns von der lebendigen Überlieferung der Kirche übergeben worden; sie zeichnen sich aus durch einen unerschöpflichen theologischen und spirituellen Reichtum. Die Gläubigen müssen angeleitet werden, ihn entsprechend zu schätzen. Dazu ist uns die Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch hilfreich, indem sie uns die Grundelemente jedes Hochgebetes ins Gedächtnis ruft: Danksagung, Akklamation, Epiklese, Einsetzungsbericht, Konsekration, Anamnese, Darbringung, Interzessionen und Schlussdoxologie.<ref>Vgl. Ebd., 78-79.</ref> Die eucharistische Spiritualität und die theologische Reflexion werden besonders erhellt, wenn man die tiefe Einheit in der Anapher zwischen der Anrufung des Heiligen Geistes und dem Einsetzungsbericht <ref>Vgl. Propositio 22.</ref> betrachtet, worin »das Opfer vollzogen [wird], das Christus selber beim letzten Abendmahl eingesetzt hat«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 79d.</ref> Tatsächlich »erfleht die [[Kirche]] durch besondere Anrufungen die Kraft des [[Heiligen Geist]]es, damit die von Menschen dargebrachten Gaben konsekriert, das heißt, Leib und Blut Christi werden und damit die makellose Opfergabe, die in der [[Kommunion]] empfangen wird, denen zum Heil gereiche, die daran Anteil erhalten«.<ref>Ebd., 79c.</ref><br />
<br />
====Der Austausch des Friedensgrußes====<br />
<br />
'''49''' Die Eucharistie ist von Natur aus ein Sakrament des Friedens. Diese Dimension des eucharistischen Mysteriums findet in der liturgischen Feier seinen besonderen Ausdruck im Austausch des Friedensgrußes. Zweifellos handelt es sich um ein Zeichen von großem Wert (vgl. Joh 14,27). In unserer so erschreckend konfliktbeladenen Zeit bekommt diese Geste auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Empfindens eine besondere Bedeutung, insofern die Kirche die Aufgabe, vom Herrn das Geschenk des Friedens und der Einheit für sich und für die gesamte Menschheitsfamilie zu erflehen, immer mehr als eigenen Auftrag wahrnimmt. Der Friede ist sicherlich eine nicht zu unterdrückende Sehnsucht im Herzen eines jeden. Die Kirche macht sich zur Wortführerin dieser Bitte um Frieden und Versöhnung, die aus dem Innern jedes Menschen guten Willens aufsteigt, und richtet sie an den, der »unser Friede« ist (Eph 2,14) und der auch Völker und Einzelpersonen miteinander versöhnen kann, wo menschliche Versuche scheitern. Aus all dem wird die Intensität verständlich, mit der in der liturgischen Feier der Ritus des Friedens häufig empfunden wird. Dennoch wurde in diesem Zusammenhang auf der Bischofssynode betont, dass es zweckmäßig ist, diese Geste, die übertriebene Formen annehmen und ausgerechnet unmittelbar vor der Kommunion Verwirrung stiften kann, in Grenzen zu halten. Es ist gut, daran zu erinnern, dass der große Wert der Geste mitnichten geschmälert wird durch die Nüchternheit, die notwendig ist, um ein der Feier angemessenes Klima zu wahren; man könnte zum Beispiel den Friedensgruß auf die beschränken, die in der Nähe stehen.<ref>Unter Berücksichtigung der alten und ehrwürdigen Gepflogenheiten und der von den Synodenvätern ausgedrückten Wünsche habe ich die zuständigen Dikasterien aufgefordert, die Möglichkeit zu untersuchen, den Friedensgruß auf einen anderen Zeitpunkt zu verlegen, zum Beispiel vor den Gabengang. Eine solche Wahl wäre zudem mit Sicherheit ein bedeutungsvoller Hinweis auf die Mahnung des Herrn, dass jedem Opfer notwendig die Versöhnung vorausgehen muss (vgl. Mt 5,23f); vgl. Propositio 23.</ref><br />
<br />
====Austeilung und Empfang der Eucharistie====<br />
<br />
'''50''' Ein weiteres Moment der Feier, das zur Sprache gebracht werden muss, betrifft Austeilung und Empfang der heiligen Kommunion. Ich ersuche alle, besonders die geweihten Amtsträger und diejenigen, die - entsprechend vorbereitet - im Fall wirklicher Notwendigkeit zum Dienst der Austeilung der Eucharistie bevollmächtigt sind, alles Mögliche zu tun, damit die Handlung in ihrer Einfachheit ihrer Bedeutung der persönlichen Begegnung mit dem Herrn Jesus im Sakrament entspreche. Was die Vorschriften zur korrekten Praxis betrifft, verweise ich auf die jüngst herausgegebenen Dokumente.<ref>Vgl. [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], Instruktion [[Redemptionis sacramentum]] (25. März 2004), 80-96: [[AAS]] 96 (2004), 574-577.</ref> Alle christlichen Gemeinden sollen sich treu an die gültigen Normen halten und in ihnen den Ausdruck des Glaubens und der Liebe sehen, die wir alle gegenüber diesem erhabenen Sakrament haben müssen. Darüber hinaus sollte die kostbare Zeit der Danksagung nach der Kommunion nicht vernachlässigt werden: außer der Ausführung eines passenden Gesanges kann es sehr nützlich sein, gesammelt im Schweigen zu verharren.<ref>Vgl. Propositio 34.</ref><br />
<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein pastorales Problem aufmerksam machen, auf das man heutzutage oft stößt. Ich meine die Tatsache, dass bei einigen Gelegenheiten wie zum Beispiel bei Messfeiern aus Anlass von Trauungen, Beerdigungen oder ähnlichen Ereignissen außer den praktizierenden Gläubigen auch andere bei der Feier zugegen sind, die eventuell jahrelang nicht die Kommunion empfangen haben oder die sich vielleicht in Lebensverhältnissen befinden, die den Zugang zu den Sakramenten nicht gestatten. Andere Male geschieht es, dass Angehörige anderer christlicher Konfessionen oder sogar anderer Religionen zugegen sind. Ähnliche Umstände sind auch in Kirchen gegeben, die - besonders in den großen Kunstmetropolen - Ziel von Besucherströmen sind. Es versteht sich, dass dann Möglichkeiten gefunden werden müssen, kurz und wirkungsvoll allen den Sinn der sakramentalen Kommunion und die Bedingungen für ihren Empfang ins Gedächtnis zu rufen. Wo Situationen gegeben sind, in denen die notwendige Klärung in bezug auf die Bedeutung der Eucharistie nicht gewährleistet werden kann, ist zu erwägen, inwieweit es zweckmäßig ist, anstelle der Eucharistiefeier einen Wortgottesdienst zu halten.<ref>Vgl. Propositio 35.</ref><br />
<br />
====Die Entlassung: »Ite missa est«====<br />
<br />
'''51''' Schließlich möchte ich auf das eingehen, was die Synodenväter über den Entlassungsgruß am Ende der Eucharistiefeier gesagt haben. Nach dem Segen verabschiedet der [[Diakon]] oder der [[Priester]] das Volk mit den Worten: »Ite missa est«. In diesem Gruß können wir die Beziehung zwischen der gefeierten Messe und der christlichen Sendung in der Welt erkennen. Im Altertum bedeutete »missa« einfach »Entlassung«. Im christlichen Gebrauch hat das Wort jedoch eine immer tiefere Bedeutung gewonnen, indem »missa« zunehmend als »missio« verstanden und so Entlassung zu Aussendung wird. Dieser Gruß drückt in wenigen Worten die missionarische Natur der Kirche aus. Darum ist es gut, dem Volk zu helfen, diese konstitutive Dimension des kirchlichen Lebens zu vertiefen, indem man sich von der [[Liturgie]] anregen lässt. In dieser Hinsicht kann es nützlich sein, über entsprechend approbierte Texte für das Gebet über das Volk und den Schlusssegen zu verfügen, die diese Verbindung deutlich zum Ausdruck bringen.<ref>Vgl. Propositio 24.</ref><br />
<br />
===[[Actuosa participatio]] ===<br />
====Authentische Teilnahme====<br />
<br />
'''52''' Das Zweite Vatikanische Konzil hatte zu Recht mit besonderer Eindringlichkeit von der aktiven, vollen und fruchtbaren Teilnahme des ganzen Gottesvolkes an der Eucharistiefeier gesprochen.<ref>Vgl. Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 14-20; 30f; 48f; [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], Instruktion [[Redemptionis sacramentum]] (25. März 2004), 36-42: [[AAS]] 96 (2004), 561-564.</ref> Sicherlich hat die in diesen Jahren verwirklichte Erneuerung beachtliche Fortschritte in der von den Konzilsvätern gewünschten Richtung begünstigt. Dennoch dürfen wir nicht über die Tatsache hinwegsehen, dass sich dabei gelegentlich eine mangelnde Einsicht gerade in den eigentlichen Sinn dieser Teilnahme gezeigt hat. Darum muss geklärt werden, dass mit diesem Begriff nicht eine einfache äußere Aktivität während der Feier gemeint ist. In Wirklichkeit ist die vom Konzil erwünschte aktive Teilnahme in viel wesentlicherem Sinn zu verstehen, angefangen von einer tieferen Bewusstheit des Mysteriums, das gefeiert wird, und seiner Beziehung zum täglichen Leben. Die Empfehlung der Konzilskonstitution Sacrosanctum Concilium, welche die Gläubigen aufruft, der eucharistischen Liturgie nicht »wie Außenstehende und stumme Zuschauer« beizuwohnen, sondern »die heilige Handlung bewusst, fromm und tätig« mitzufeiern,<ref>Nr. 48.</ref> ist nach wie vor voll gültig. Das Konzil fuhr fort, indem es die Überlegungen entfaltete: Die Gläubigen sollen »sich durch das Wort Gottes formen lassen« und »am Tisch des Herrn Stärkung finden. Sie sollen Gott danksagen und die unbefleckte Opfergabe darbringen nicht nur durch die Hände des Priesters, sondern auch gemeinsam mit ihm und dadurch sich selber darbringen lernen. So sollen sie durch Christus, den Mittler, von Tag zu Tag zu immer vollerer Einheit mit Gott und untereinander gelangen«.<ref>Ebd.</ref><br />
<br />
====Teilnahme und priesterlicher Dienst====<br />
<br />
'''53''' Die Schönheit und die Harmonie der liturgischen Handlung finden einen bedeutungsvollen Ausdruck in der Ordnung, in der jeder berufen ist, aktiv teilzunehmen. Das beinhaltet die Anerkennung der verschiedenen hierarchischen Rollen, die in die [[Zelebration]] selbst einbezogen sind. Es ist hilfreich, daran zu erinnern, dass die aktive Teilnahme an ihr nicht unbedingt mit der Ausübung eines besonderen Dienstes zusammenfällt. Vor allem ist der Sache der aktiven Teilnahme der Gläubigen nicht gedient durch eine Verwirrung, die durch die Unfähigkeit erzeugt würde, in der kirchlichen Gemeinschaft die verschiedenen Aufgaben zu unterscheiden, die jedem zukommen.<ref>Vgl. [[Kongregation für den Klerus]] und andere Dikasterien der Römischen Kurie, Instr. zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester [[Ecclesiae de mysterio]] (15. August 1997): [[AAS]] 89 (1997), 852-877.</ref> Im besonderen ist es notwendig, dass bezüglich der spezifischen Aufgaben des Priesters Klarheit herrscht. Wie die Tradition der Kirche bestätigt, ist er in unersetzlicher Weise derjenige, welcher der gesamten Eucharistiefeier vorsteht, vom Eröffnungsgruß bis zum Schlusssegen. Kraft der heiligen Weihe, die er empfangen hat, vertritt er Jesus Christus, das Haupt der Kirche, und in der ihm eigenen Weise auch die Kirche selbst.<ref>Vgl. Propositio 33.</ref> Jede Feier der Eucharistie wird vom Bischof geleitet, entweder von ihm selbst oder durch die Priester als seine Helfer«.<ref>[[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], 92.</ref> Eine Hilfe hat er im Diakon, dem in der Feier einige spezifische Aufgaben zukommen: Bereitung des Altars, Assistenz des Priesters, Verkündigung des Evangeliums, eventuell die Predigt, Führung der Gemeinde bei den Fürbitten, Austeilung der Kommunion.<ref>Vgl. Ebd., 94.</ref> Im Zusammenhang mit diesen, an die Weihe gebundenen Aufgaben stehen andere Ämter für den liturgischen Dienst, die zweckmäßig von Ordensleuten und entsprechend vorbereiteten Laien ausgeübt werden.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dekret über das Laienapostolat [[Apostolicam actuositatem]], 24; [[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch]], Nr. 95-111; [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], Instr. [[Redemptionis sacramentum]] (25. März 2004), 43-47: [[AAS]] 96 (2004), 564-566; Propositio 33: »Diese Ämter müssen einem spezifischen Mandat gemäß und den wirklichen Erfordernissen der feiernden Gemeinde entsprechend eingeführt werden. Die mit diesen liturgischen Laiendiensten beauftragten Personen müssen sorgsam ausgewählt, gut vorbereitet und mit einer ständigen Weiterbildung begleitet werden. Ihre Ernennung muss auf Zeit erfolgen. Sie müssen in der Gemeinde bekannt sein und von ihr auch eine dankbare Anerkennung empfangen.«</ref><br />
<br />
====Eucharistiefeier und Inkulturation====<br />
<br />
'''54''' Seit den grundlegenden Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils ist die Bedeutung der aktiven Teilnahme der Gläubigen am eucharistischen Opfer wiederholt betont worden. Um diese Einbeziehung zu begünstigen, kann man einigen Anpassungen Raum geben, die für die verschiedenen Zusammenhänge und unterschiedlichen Kulturen geeignet sind.<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 37-42.</ref> Die Tatsache, dass es dabei einige Missbräuche gegeben hat, trübt nicht die Klarheit dieses Prinzips, das den wirklichen Bedürfnissen der Kirche entsprechend beibehalten werden muss; sie lebt und feiert ein und dasselbe Mysterium Christi in unterschiedlichen kulturellen Situationen. Jesus, der Herr, hat sich nämlich, indem er als vollkommener Mensch von einer Frau geboren wurde (vgl. Gal 4,4), gerade im Geheimnis der Inkarnation in direkte Beziehung nicht nur zu den innerhalb des Alten Testaments vorhandenen, sondern auch zu den von allen Völkern gehegten Erwartungen gesetzt. Damit hat er gezeigt, dass Gott uns in unserem Lebensumfeld erreichen will. Darum ist für eine wirkungsvollere Teilnahme der Gläubigen an den heiligen Mysterien die Fortsetzung des Inkulturationsprozesses im Rahmen der Eucharistiefeier von Nutzen. Dabei sind die Möglichkeiten der Anpassung zu berücksichtigen, welche die Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch bietet;<ref>Vgl. 386-399.</ref> sie müssen interpretiert werden im Licht der Kriterien der 4. Instruktion der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung Varietates legitimae vom 25. Januar 1994<ref>[[AAS]] 87 (1995), 288-314.</ref> und der Richtlinien, die von Papst Johannes Paul II. in den Nachsynodalen Schreiben Ecclesia in Africa, Ecclesia in America, Ecclesia in Asia, Ecclesia in Oceania, und Ecclesia in Europa<ref>Vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Ecclesia in africa]] (14. September 1995), 55-71: [[AAS]] 88 (1996), 34-47; Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Ecclesia in america]] (22. Januar 1999), 16.40.64. 70-72: [[ASS]] 91 (1999), 752-753; 775-776; 799: 805-809; Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Ecclesia in asia]] (6. November 1999), 21f: [[AAS]] 92 (2000), 482-487; Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Ecclesia in oceania]] (22. November 2001), 16: [[AAS]] 94 (2002), 382-384; Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Ecclesia in europa]] (28. Juni 2003), 58-60: [[AAS]] 95 (2003), 685-686.</ref> ausgedrückt sind. Zu diesem Zweck empfehle ich den Bischofskonferenzen, bei ihrem Handeln die rechte Ausgewogenheit zwischen bereits erlassenen Kriterien und Richtlinien und neuen Anpassungen zu begünstigen,<ref>Vgl. Propositio 26.</ref> immer in Übereinkunft mit dem Apostolischen Stuhl.<br />
<br />
====Persönliche Bedingungen für eine »[[actuosa participatio]]«====<br />
<br />
'''55''' Bei der Erörterung des Themas der actuosa participatio der Gläubigen am heiligen Ritus haben die Synodenväter auch die persönliche Verfassung hervorgehoben, in der sich jeder für eine fruchtbare Teilnahme befinden muss.<ref>Vgl. Propositio 35; [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 11.</ref> Ein Element dabei ist sicherlich der Geist fortwährender innerer Umkehr, der das Leben aller Gläubigen kennzeichnen muss. Man kann sich keine aktive Teilnahme an der eucharistischen Liturgie erwarten, wenn man nur oberflächlich dabei ist, ohne zuvor das eigene Lebens überprüft zu haben. Eine solche innere Bereitschaft wird gefördert zum Beispiel durch Sammlung und Schweigen, zumindest einige Momente vor Beginn der Liturgie, durch Fasten und, wenn nötig, durch die sakramentale Beichte. Ein mit Gott versöhntes Herz befähigt zu wahrer Teilnahme. Im besonderen muss man die Gläubigen daran erinnern, dass eine [[Actuosa participatio'|actuosa participatio]] nicht zu realisieren ist, wenn man nicht zugleich versucht, aktiv am kirchlichen Leben in seiner Ganzheit teilzunehmen, was auch den missionarischen Einsatz einschließt, die Liebe Christi in die Gesellschaft hineinzutragen.<br />
<br />
Zweifellos ist die volle Teilnahme an der Eucharistie dann gegeben, wenn man auch selbst die Kommunion empfängt.<ref>Vgl. [[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1388; [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 55.</ref> Trotzdem muss darauf geachtet werden, dass diese richtige Aussage bei den Gläubigen nicht zu einem gewissen Automatismus führt, so als habe man, nur weil man sich während der Liturgie in der Kirche befindet, das Recht oder vielleicht sogar die Pflicht, zum eucharistischen Mahl zu gehen. Auch wenn es nicht möglich ist, die sakramentale Kommunion zu empfangen, bleibt die Teilnahme an der heiligen Messe notwendig, gültig, bedeutungsvoll und fruchtbar. Unter diesen Umständen ist es gut, das Verlangen nach der vollen Vereinigung mit Christus zu pflegen, zum Beispiel mit der Praxis der geistlichen Kommunion, an die Johannes Paul II. erinnert<ref>Vgl. [[Enzyklika]] [[Ecclesia de eucharistia]] (17. April 2003), 34: [[AAS]] 95 (2003), 456.</ref> und die von heiligen Lehrmeistern des geistlichen Leben empfohlen wird.<ref>Darunter zum Beispiel [[Thomas von Aquin]], [[Summa Theologiae]], III, q. 80, a. 1,2; [[Theresa von Avila|Theresia von Jesus]], Weg der Vollkommenheit, Kap. 35. Die Lehre ist vom [[Konzil von Trient]] maßgebend bestätigt worden: 13. Sitzung, Kap. VIII.</ref><br />
<br />
====Die Teilnahme nicht katholischer Christen====<br />
<br />
'''56''' Mit dem Thema der Teilnahme müssen wir unvermeidlich über die Christen sprechen, die Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften angehören, die nicht in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen. In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass die innere Verbindung, die zwischen Eucharistie und Einheit der Kirche besteht, uns einerseits brennend den Tag herbeiwünschen lässt, an dem wir gemeinsam mit allen Christgläubigen die Eucharistie feiern und so die Fülle der von Christus für seine Jünger gewollten Einheit (vgl. Joh 17,21) ausdrücken können. Andererseits verbietet uns die Ehrfurcht, die wir dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi schulden, daraus ein bloßes »Mittel« zu machen, das unterschiedslos angewendet wird, um ebendiese Einheit zu erlangen.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Ut unum sint]] (25. Mai 1995), 8: [[AAS]]: 87 (1995), 925-926.</ref> Die Eucharistie drückt ja nicht nur unsere persönliche Gemeinschaft mit Jesus Christus aus, sondern schließt auch die volle Communio mit der Kirche ein. Das ist also das Motiv, warum wir mit Schmerz, doch nicht ohne Hoffnung, die nicht katholischen Christen bitten, unsere Überzeugung, die auf die Bibel und die Überlieferung zurückgreift, zu verstehen und zu respektieren. Wir meinen, dass die eucharistische Kommunion und die kirchliche Communio so zuinnerst einander angehören, dass es für nicht katholische Christen allgemein unmöglich ist, das Sakrament der Kommunion zu empfangen, ohne die Communio zu teilen. Noch sinnloser wäre eine regelrechte Konzelebration mit Amtsträgern anderer Kirchen oder kirchlicher Gemeinschaften, die nicht in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen. Trotzdem bleibt gültig, dass im Hinblick auf das ewige Heil die Möglichkeit der Zulassung einzelner nicht katholischer Christen zur Eucharistie, zum Bußsakrament und zur Krankensalbung besteht. Das setzt jedoch voraus, dass bestimmte, außergewöhnliche, durch genaue Bedingungen gekennzeichnete Situationen gegeben sind.<ref>Vgl. Propositio 41; [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dekret über den Ökumenismus [[Unitatis redintegratio]], 8, 15; [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Ut unum sint]] (25. Mai 1995), 46: [[AAS]] 87 (1995), 948; [[Enzyklika]] [[Ecclesia de eucharistia]] (17. April 2003), 45-46: [[AAS]] 95 (2003), 463-464; [[Kodex des kanonischen Rechts]], can. 844 § 3-4; Rechtskodex der Ostkirchen, can. 671 § 3-4; [[Päpstlicher Rat für die Förderung der Einheit der Christen]], [[Ökumenisches Direktorium|Directoire pour l'application des Principes et des Normes sur l'œcuménisme]] (25. März 1993), 125, 129-131: [[AAS]] 85 (1993), 1087, 1088-1089.</ref> Diese sind im Katechismus der Katholischen Kirche<ref>Vgl. Nr. 1398-1401.</ref> und in seinem Kompendium<ref>Vgl. Nr. 293.</ref> deutlich angegeben. Es ist die Pflicht eines jeden, sich treu daran zu halten.<br />
<br />
====Teilnahme über die Kommunikationsmittel====<br />
<br />
'''57''' Aufgrund der gewaltigen Entwicklung der Kommunikationsmittel in den letzten Jahrzehnten hat das Wort »Teilnahme« eine weitere Bedeutung angenommen als in der Vergangenheit. Wir alle anerkennen mit Zufriedenheit, dass diese Instrumente neue Möglichkeiten auch in bezug auf die Eucharistiefeier eröffnen.<ref>Vgl. [[Päpstlicher Rat für die sozialen Kommunikationsmittel]], Pastoralinstr. über die sozialen Kommunikationsmittel zum 20. Jahrestag der Pastoralinstr. »[[Communio et progressio]]« [[Aetatis novae]] (22. Februar 1992): [[AAS]] 84 (1992), 447-468.</ref> Das erfordert von den pastoralen Mitarbeitern auf diesem Sektor eine spezifische Vorbereitung und ein waches Verantwortungsbewusstsein. Die im Fernsehen übertragene heilige Messe bekommt nämlich unvermeidlich einen gewissen Charakter der Vorbildlichkeit. Darum muss nicht nur besonders darauf geachtet werden, dass die Feier sich an würdigen und gut vorbereiteten Orten vollzieht, sondern dass sie zudem auch die liturgischen Normen berücksichtigt.<br />
<br />
Was schließlich den Wert der durch die Kommunikationsmittel ermöglichten Teilnahme an der heiligen Messe betrifft, so muss, wer solchen Übertragungen beiwohnt, wissen, dass er unter normalen Voraussetzungen nicht die Sonntagspflicht erfüllt. Denn das Ausdrucksmittel Bild stellt zwar die Wirklichkeit dar, reproduziert sie aber nicht in sich selbst.<ref>Vgl. Propositio 29.</ref> Wenn es sehr lobenswert ist, dass alte und kranke Menschen durch die Radio- und Fernsehübertragungen an der Sonntagsmesse teilnehmen, träfe das nicht in gleicher Weise zu für diejenigen, die sich durch solche Übertragungen davon dispensieren wollten, in die Kirche zu gehen, um an der Eucharistiefeier in der Versammlung der lebendigen Kirche teilzunehmen.<br />
<br />
====»Actuosa participatio« der Kranken====<br />
<br />
'''58''' In Anbetracht der Lage derer, die sich aus Krankheits- oder Altersgründen nicht zu den Orten des Gottesdienstes begeben können, möchte ich die gesamte kirchliche Gemeinschaft auf die pastorale Notwendigkeit aufmerksam machen, für die Kranken, die zu Hause sind oder sich im Krankenhaus befinden, den geistlichen Beistand sicherzustellen. Wiederholt wurde in der Bischofssynode ihre Lage angesprochen. Es muss dafür gesorgt werden, dass diese unsere Brüder und Schwestern häufig die heilige Kommunion empfangen können. Wenn sie auf diese Weise die Beziehung zum gekreuzigten und auferstandenen Christus stärken, können sie spüren, dass ihr Leben durch die Aufopferung des eigenen Leidens in Vereinigung mit dem Opfer unseres Herrn gänzlich in das Leben und in die Sendung der Kirche eingegliedert ist. Eine besondere Aufmerksamkeit muss den Behinderten vorbehalten sein; wo ihr Zustand es erlaubt, muss die christliche Gemeinschaft ihre Teilnahme am Ort des Gottesdienstes unterstützen. Zu diesem Zweck muss dafür gesorgt werden, dass eventuelle architektonische Hindernisse beseitigt werden, die den Behinderten den Zugang erschweren. Schließlich sollte, so weit möglich, die Kommunion auch den getauften und gefirmten geistig Behinderten gewährleistet werden: Sie empfangen die Eucharistie auch im Glauben der Familie oder der Gemeinschaft, die sie begleitet.<ref>Vgl. Propositio 44.</ref><br />
<br />
====Die Aufmerksamkeit gegenüber den Gefangenen====<br />
<br />
'''59''' Die geistliche Tradition der Kirche hat anhand eines eindeutigen Wortes Christi (vgl. Mt 25,36) in dem Besuch der Gefangenen eines der leiblichen Werke der Barmherzigkeit ausgemacht. Diejenigen, die sich in dieser Lage befinden, haben es besonders nötig, vom Herrn selbst im Sakrament der Eucharistie besucht zu werden. In einem so besonderen und schmerzlichen Lebensabschnitt die Nähe der kirchlichen Gemeinschaft zu spüren und die heilige Kommunion zu empfangen, kann sicherlich zur Qualität des eigenen Glaubensweges beitragen und die volle soziale Rehabilitation begünstigen. Indem ich den in der Synodenversammlung vorgetragenen Wünschen Ausdruck verleihe, bitte ich die Diözesen, im Bereich des Möglichen für einen angemessenen Einsatz von Kräften in der auf die geistliche Betreuung der Gefangenen ausgerichteten pastoralen Tätigkeit zu sorgen.<ref>Vgl. Propositio 48.</ref><br />
<br />
====Die Migranten und die Teilnahme an der Eucharistie====<br />
<br />
'''60''' Als die Synode das Problem derer berührte, die aus verschiedenen Gründen gezwungen sind, ihr Land zu verlassen, hat sie einen besonderen Dank denen gegenüber ausgedrückt, die in der Migrantenseelsorge beschäftigt sind. In diesem Zusammenhang muss jenen Auswanderern eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, die den katholischen Ostkirchen angehören und für die außer der Trennung vom eigenen Zuhause die zusätzliche Schwierigkeit besteht, dass sie nicht an der eucharistischen Liturgie nach dem eigenen Ritus teilnehmen können, dem sie angehören. Darum sei ihnen, wo dies möglich ist, die Betreuung durch Priester ihres Ritus gestattet. In jedem Fall bitte ich die Bischöfe, diese Brüder und Schwestern in der Liebe Christi aufzunehmen. Die Begegnung zwischen Gläubigen verschiedener Riten kann auch eine Gelegenheit zu gegenseitiger Bereicherung werden. Im besonderen denke ich an den Nutzen, der - vor allem für den Klerus - aus der Kenntnis der verschiedenen Traditionen hervorgehen kann.<ref>Eine solche Kenntnis kann auch durch zweckmäßige Initiativen in den Jahren der Ausbildung der Priesteramtskandidaten im Seminar erreicht werden: vgl. Propositio 45.</ref><br />
<br />
====Die großen Konzelebrationen====<br />
<br />
'''61''' Die Synodenversammlung hat eingehend erwogen, welchen Wert die Teilnahme an den großen Konzelebrationen besitzt, die zu besonderen Anlässen stattfinden und bei denen außer einer großen Anzahl von Gläubigen auch viele konzelebrierende Priester zugegen sind.<ref>Vgl. Propositio 37.</ref> Einerseits ist die Bedeutung dieser Momente leicht erkennbar, besonders wenn der Bischof im Kreis seines Presbyteriums und der Diakone der Feier vorsteht. Andererseits können bei diesen Gelegenheiten Probleme auftreten in bezug auf den wahrnehmbaren Ausdruck der Einheit des Presbyteriums, speziell beim Hochgebet, und in bezug auf die Austeilung der heiligen Kommunion. Man muss vermeiden, dass diese großen Konzelebrationen Zerstreuung hervorrufen. Dafür ist mit angemessenen Mitteln der Koordination zu sorgen und indem man den Ort des Gottesdienstes so gestaltet, dass er Priestern und Gläubigen die volle, wirkliche Teilnahme ermöglicht. In jedem Fall muss man sich vor Augen halten, dass es sich um Konzelebrationen handelt, die einen Ausnahmecharakter besitzen und auf außergewöhnliche Situationen zu beschränken sind.<br />
<br />
====Die lateinische Sprache====<br />
<br />
'''62''' Diese Aussagen sollen jedoch den Wert dieser großen Liturgien nicht schmälern. Ich denke in diesem Moment besonders an die [[Zelebration]]en, die während der heute immer häufigeren internationalen Treffen stattfinden. Sie müssen in rechter Weise genutzt werden. Um die Einheit und die Universalität der Kirche besser zum Ausdruck zu bringen, möchte ich empfehlen, was die Bischofssynode in Übereinstimmung mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil<ref>Vgl. Konst. über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum concilium]], 36 und 54.</ref> vorgeschlagen hat: Es ist gut, wenn außer den Lesungen, der Predigt und den Fürbitten der Gläubigen die Feier in lateinischer Sprache gehalten wird; ebenso sollen die bekanntesten Gebete<ref>Vgl. Propositio 36.</ref> aus der Überlieferung der Kirche in Latein gesprochen und eventuell einige Teile in gregorianischem Choral ausgeführt werden. Ganz allgemein bitte ich darum, dass die zukünftigen Priester von der Seminarzeit an darauf vorbereitet werden, die heilige Messe in Latein zu verstehen und zu zelebrieren sowie lateinische Texte zu nutzen und den gregorianischen Choral zu verwenden. Man sollte nicht die Möglichkeit außer Acht lassen, dass auch die Gläubigen angeleitet werden, die allgemeinsten Gebete in Latein zu kennen und gewisse Teile der Liturgie im gregorianischen Stil zu singen.<ref>Vgl. Ebd.</ref><br />
<br />
====Eucharistiefeiern in kleinen Gruppen====<br />
<br />
'''63''' Eine ganz andere Situation ist die, welche sich bei einigen pastoralen Gelegenheiten ergibt, bei denen man gerade zugunsten einer bewussteren, aktiveren und fruchtbareren Teilnahme die Feier in kleinen Gruppen vorzieht. Trotz der Anerkennung des erzieherischen Wertes, den eine solche Wahl in sich birgt, ist es nötig zu klären, dass diese [[Zelebration]]en mit der Gesamtheit des pastoralen Angebots der Diözese abgestimmt werden müssen. Diese Experimente würden nämlich ihren pädagogischen Charakter verlieren, wenn sie als Gegensatz oder als Parallelveranstaltung zur Teilkirche empfunden würden. In diesem Zusammenhang hat die Synode einige Kriterien hervorgehoben, an die man sich zu halten hat: Die kleinen Gruppen müssen dazu dienen, die Pfarrgemeinde zu einen, nicht sie zu zersplittern; das muss in der konkreten Praxis seine Bestätigung finden; diese Gruppen müssen die fruchtbare Teilnahme der ganzen Versammlung begünstigen und dabei so weit wie möglich die Einheit der einzelnen Familien im liturgischen Leben bewahren.<ref>Vgl. Propositio 32.</ref><br />
<br />
===Die mit innerer Teilnahme erlebte liturgische Feier===<br />
<br />
====Mystagogische Katechese====<br />
<br />
'''64''' Die große liturgische Tradition der Kirche lehrt uns, dass es für eine fruchtbare Teilnahme nötig ist, persönlich dem gefeierten Mysterium zu entsprechen, indem man das eigene Leben in Einheit mit dem Opfer Christi hingibt für das Heil der ganzen Welt. Aus diesem Grund hat die Bischofssynode empfohlen, bei den Gläubigen für eine tiefe Übereinstimmung der inneren Verfassung mit den Gesten und Worten zu sorgen. Würde sie fehlen, liefen unsere Feiern, so lebendig sie auch sein mögen, Gefahr, in Ritualismus abzugleiten. Darum muss eine Erziehung zum eucharistischen Glauben gefördert werden, die die Gläubigen vorbereitet, persönlich zu erleben, was gefeiert wird. Welches können angesichts der wesentlichen Bedeutung dieser persönlichen und bewussten participatio die angemessenen Erziehungsmittel sein? Die Synodenväter haben diesbezüglich einstimmig den Weg einer Katechese mystagogischen Charakters empfohlen, die den Gläubigen dazu verhilft immer besser in die gefeierten Mysterien einzudringen.<ref>Vgl. Propositio 14.</ref> Besonders wegen der Verbindung zwischen ars celebrandi und actuosa participatio muss vor allem bekräftigt werden, dass »die beste Katechese über die Eucharistie die gut zelebrierte Eucharistie selbst ist«.<ref>Propositio 19.</ref> Die Liturgie besitzt nämlich von ihrem Wesen her eine pädagogische Wirksamkeit, die Gläubigen in die Kenntnis des gefeierten Mysteriums einzuführen. Gerade deswegen hatte in der ältesten Tradition der Kirche der Weg der christlichen Einführung, auch wenn er die systematische Einsicht in die Glaubensinhalte nicht vernachlässigte, doch immer den Erfahrungscharakter, in dem die lebendige und überzeugende Begegnung mit Christus ausschlaggebend war, die durch authentische Zeugen vermittelt wurde. Darum ist derjenige, der in die Mysterien einführt, zunächst der Zeuge. Diese Begegnung wird natürlich in der Katechese vertieft und findet ihre Quelle und ihren Höhepunkt in der Eucharistiefeier. Von dieser grundlegenden Struktur der christlichen Erfahrung geht das Erfordernis eines mystagogischen Weges aus, in dem drei Elemente immer gegenwärtig gehalten werden müssen:<br />
<br />
a) Es geht vor allem um die Interpretation der Riten im Licht der Heilsereignisse, in Übereinstimmung mit der lebendigen Überlieferung der Kirche. Tatsächlich enthält die Eucharistiefeier in ihrem unendlichen Reichtum fortwährende Verweise auf die Heilsgeschichte. Im gekreuzigten und auferstandenen Christus können wir wirklich die alles vereinende Mitte der gesamten Wirklichkeit feiern (vgl. Eph 1,10). Von Anfang an hat die christliche Gemeinde die Geschehnisse des Lebens Jesu - und besonders des Pascha-Mysteriums - in Beziehung zum ganzen alttestamentlichen Weg verstanden.<br />
<br />
b) Die mystagogische Katechese muss sich außerdem darum sorgen, in den Sinn der Zeichen einzuführen, die in den Riten enthalten sind. Diese Aufgabe ist besonders dringend in einer stark technisierten Zeit wie der unsrigen, in der die Gefahr besteht, das Wahrnehmungsvermögen für Zeichen und Symbole zu verlieren. Mehr als zu informieren, muss die mystagogische Katechese die Sensibilität der Gläubigen für die Sprache der Zeichen und Gesten, die vereint mit dem Wort den Ritus bilden, wieder wecken und erziehen.<br />
<br />
c) Schließlich muss die mystagogische Katechese darum bemüht sein, die Bedeutung der Riten im Verhältnis zum christlichen Leben in all seinen Dimensionen aufzuzeigen: in Arbeit und Verpflichtung, in Denken und Fühlen, in Tätigkeit und Ruhe. Es gehört zum mystagogischen Weg, die Verbindung der im Ritus gefeierten Mysterien mit der missionarischen Verantwortung der Gläubigen zu verdeutlichen. In diesem Sinn ist das ausgereifte Ergebnis der Mystagogie das Bewusstsein, dass das eigene Leben durch die gefeierten heiligen Mysterien fortschreitend verwandelt wird. Ziel aller christlichen Erziehung ist es im übrigen, den Gläubigen als »neuen Menschen« heranzubilden zu einem erwachsenen Glauben, der ihn befähigt, in seiner Umgebung die christliche Hoffnung zu bezeugen, die ihn beseelt.<br />
<br />
Um innerhalb unserer kirchlichen Gemeinden eine solche Erziehungsaufgabe leisten zu können, bedarf es entsprechend ausgebildeter Personen. Natürlich muss sich das ganze Gottesvolk in dieser Fortbildung engagiert fühlen. Jede christliche Gemeinde ist berufen, ein Ort pädagogischer Einführung in die Mysterien zu sein, die im Glauben gefeiert werden. Diesbezüglich haben die Väter während der Synode die Zweckmäßigkeit einer größeren Einbeziehung der Gemeinschaften gottgeweihten Lebens, der Bewegungen und der Gruppierungen unterstrichen, die kraft ihrer jeweiligen Charismen der christlichen Bildung neuen Schwung verleihen können.<ref>Vgl. Propositio 14.</ref> Auch in unserer Zeit spart der Heilige Geist sicherlich nicht mit der Ausgießung seiner Gaben, um die apostolische Sendung der Kirche zu unterstützen, der es obliegt, den Glauben zu verbreiten und bis zu seiner Reife heranzubilden.<ref>Vgl. [[Benedikt XVI.]], [[Homilie]] während der ersten [[Vesper]] von [[Pfingsten]] (3. Juni 2006): [[AAS]] 98 (2006), 509.</ref><br />
<br />
====Die Ehrfurcht vor der Eucharistie====<br />
<br />
'''65''' Ein überzeugendes Zeichen für die Wirkung, die die eucharistische Katechese auf die Gläubigen ausübt, ist mit Sicherheit ihr zunehmendes Empfindungsvermögen für das Mysterium des unter uns gegenwärtigen Gottes. Das kann durch spezifische Ehrfurchtserweise gegenüber der Eucharistie festgestellt werden, in die der mystagogische Weg die Gläubigen einführen muss.<ref>Vgl. Propositio 34.</ref> Ich denke ganz allgemein an die Bedeutung der Gesten und der Haltung wie das Knien während der wichtigen Augenblicke des eucharistischen Hochgebetes. In Anpassung an die legitime Verschiedenheit der Zeichen, die im Zusammenhang der unterschiedlichen Kulturen praktiziert werden, soll jeder das lebendige Bewusstsein haben und zum Ausdruck bringen, dass er sich in jeder Feier vor der unendlichen Majestät Gottes befindet, die auf demütige Weise in den sakramentalen Zeichen zu uns kommt.<br />
<br />
===Anbetung und eucharistische Frömmigkeit===<br />
<br />
====Die innere Beziehung zwischen liturgischer Feier und Anbetung====<br />
<br />
'''66''' Es war einer der intensivsten Momente der Synode, als wir uns gemeinsam mit vielen Gläubigen zur eucharistischen Anbetung in die Basilika von Sankt Peter begeben haben. Mit diesem Zeichen des Gebetes wollte die Versammlung der Bischöfe stärker als nur mit Worten die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der inneren Beziehung zwischen Eucharistiefeier und Anbetung lenken. In diesem bedeutungsvollen Aspekt des Glaubens der Kirche liegt eines der entscheidenden Elemente des kirchlichen Weges, der nach der vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregten liturgischen Erneuerung zurückgelegt wurde. Während der ersten Schritte dieser Reform wurde manchmal die innere Beziehung zwischen der heiligen Messe und der Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes nicht genügend deutlich wahrgenommen. Ein damals verbreiteter Einwand ging zum Beispiel von der Bemerkung aus, das eucharistische Brot sei uns nicht zum Anschauen, sondern zum Essen gegeben. In Wirklichkeit erwies sich diese alternative Gegenüberstellung im Licht der Gebetserfahrung der Kirche als gänzlich unfundiert. Schon der hl. Augustinus hatte gesagt: »Nemo autem illam carnem manducat, nisi prius adoravit;... peccemus non adorando - Niemand isst dieses Fleisch, ohne zuvor anzubeten;... wir würden sündigen, wenn wir es nicht anbeteten«.<ref>Enarrationes in Psalmos 98,9: CCL XXXIX, 1385; Vgl. [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2005): [[AAS]] 98 (2006), 44-45.</ref> In der Eucharistie kommt uns ja der Sohn Gottes entgegen und möchte sich mit uns vereinigen; die eucharistische Anbetung ist nichts anderes als die natürliche Entfaltung der Eucharistiefeier, die in sich selbst der größte Anbetungsakt der Kirche ist.<ref>Vgl. Propositio 6.</ref> Die Eucharistie empfangen heißt, den anbeten, den wir empfangen; gerade so, nur so werden wir eins mit ihm und bekommen in gewisser Weise einen Vorgeschmack der Schönheit der himmlischen Liturgie. Der Akt der Anbetung außerhalb der heiligen Messe verlängert und intensiviert, was in der liturgischen Feier selbst getan wurde: »Nur im Anbeten kann tiefes und wahres Empfangen reifen. Und gerade in diesem persönlichsten Akt der Begegnung mit dem Herrn reift dann auch die soziale Sendung, die in der Eucharistie enthalten ist und nicht nur die Grenze zwischen dem Herrn und uns, sondern vor allem auch die Grenzen aufreißen will, die uns voneinander trennen«.<ref>[[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2005): [[AAS]] 98 (2006), 45.</ref><br />
<br />
====Die Praxis der eucharistischen Anbetung====<br />
<br />
'''67''' Gemeinsam mit der Synodenversammlung empfehle ich darum den Hirten der Kirche und dem Gottesvolk von Herzen die [[eucharistische Anbetung]], sei es allein oder in Gemeinschaft.<ref>Vgl. Propositio 6; [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]], [[Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie]] (17. Dezember 2001) Nr. 164-165, Vatikanstadt 2002, S. 137. 139; [[Kongregation für die Riten]], Instr. [[Eucharisticum mysterium]] (25. Mai 1967): [[AAS]] 57 (1967), 539-573.</ref> In diesem Zusammenhang wird eine angemessene Katechese von großem Nutzen sein, in der den Gläubigen die Bedeutung dieses kultischen Aktes erklärt wird, der es ermöglicht, die liturgische Feier an sich tiefer und fruchtbringender zu erleben. Im Bereich des Möglichen sollten dann vor allem in den bevölkerungsreicheren Gebieten Kirchen oder Oratorien bestimmt und eigens für die ewige Anbetung bereitgestellt werden. Außerdem empfehle ich, den Kindern im katechistischen Unterricht und besonders in den Vorbereitungskursen zur Erstkommunion den Sinn und die Schönheit des Verweilens bei Jesus nahezubringen und das Staunen angesichts seiner Gegenwart in der Eucharistie zu pflegen.<br />
<br />
Ich möchte hier allen Instituten gottgeweihten Lebens, deren Mitglieder einen bedeutenden Teil ihrer Zeit der eucharistischen Anbetung widmen, meine Bewunderung und Unterstützung zum Ausdruck bringen. Auf diese Weise bieten sie allen das Beispiel von Menschen, die sich von der wirklichen Gegenwart des Herrn formen lassen. Ebenso möchte ich die Vereinigungen von Gläubigen wie auch die Bruderschaften ermutigen, die diese Praxis als ihre besondere Verpflichtung übernommen haben; sie werden so zum Ferment der Betrachtung für die ganze Kirche und zum Hinweis auf die Zentralität Christi für das Leben des Einzelnen und der Gemeinschaften.<br />
<br />
====Formen eucharistischer Frömmigkeit====<br />
<br />
'''68''' Die persönliche Beziehung, die der Einzelne mit dem in der Eucharistie gegenwärtigen Jesus herstellt, verweist ihn immer auf das Ganze der kirchlichen Gemeinschaft, indem sie in ihm das Bewusstsein seiner Zugehörigkeit zum Leib Christi nährt. Darum lade ich nicht nur die einzelnen Gläubigen ein, persönlich die Zeit zu finden, im Gebet vor dem Altarssakrament zu verweilen, sondern halte es für meine Pflicht, auch die Pfarreien und andere kirchliche Gruppierungen zu ersuchen, Momente gemeinschaftlicher Anbetung einzurichten. Selbstverständlich behalten alle bereits bestehenden Formen eucharistischer Frömmigkeit ihren Wert. Ich denke zum Beispiel an die eucharistischen Prozessionen, vor allem an die traditionelle Fronleichnamsprozession, an die fromme Praxis des vierzigstündigen Gebets, an die lokalen, nationalen und internationalen Eucharistischen Kongresse und an die anderen, ähnlichen Initiativen. In angemessener Weise aktualisiert und den verschiedenen Umständen angepasst, verdienen diese Frömmigkeitsformen, auch heute gepflegt zu werden.<ref>Vgl. Relatio post disceptationem, 11; L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 35. Jg. Nr. 12, S. 13.</ref><br />
<br />
====Der Standort des Tabernakels in der Kirche====<br />
<br />
'''69''' In Verbindung mit der Bedeutung der eucharistischen Anbetung und der Ehrfurcht gegenüber dem Sakrament des Opfers Christi hat die Bischofssynode sich gefragt, welches der angemessene Standort des [[Tabernakel]]s in unseren Kirchen ist.<ref>Vgl. Propositio 28.</ref> Seine richtige Position hilft nämlich, die wirkliche Gegenwart Christi im Allerheiligsten Sakrament zu erkennen. Es ist nötig, dass der Ort, an dem die eucharistischen Gestalten aufbewahrt werden, für jeden, der in die Kirche eintritt, leicht auszumachen ist, nicht zuletzt auch durch das ewige Licht. Zu diesem Zweck muss die architektonische Anlage des sakralen Gebäudes berücksichtigt werden: In den Kirchen, in denen keine Sakramentskapelle existiert und der Hauptaltar mit dem Tabernakel fortbesteht, ist es zweckmäßig, sich zur Bewahrung und Anbetung der Eucharistie dieser Struktur zu bedienen und zu vermeiden, davor den Sitz des Zelebranten aufzustellen. In den neuen Kirchen ist es gut, die Sakramentskapelle in der Nähe des Presbyteriums zu planen; wo das nicht möglich ist, sollte der Tabernakel am besten im Presbyterium an einem ausreichend erhöhten Ort im Apsisbereich aufgestellt werden oder an einem anderen Punkt, wo er ebenso gut zu sehen ist. Solch umsichtige Maßnahmen tragen dazu bei, dem Tabernakel, der immer auch künstlerisch sorgsam gestaltet werden sollte, Würde zu verleihen. Natürlich ist es nötig, alles zu berücksichtigen, was die Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch zu diesem Thema sagt.<ref>Vgl. Nr. 314.</ref> Das letzte Urteil in dieser Sache liegt in jedem Fall beim Bischof.<br />
<br />
==DRITTER TEIL: EUCHARISTIE, EIN GEHEIMNIS, DAS MAN LEBT==<br />
<br />
»Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben« (Joh 6,57)<br />
<br />
===Eucharistische Form des christlichen Lebens===<br />
<br />
====Der geistige Gottesdienst - logiké latreía (Röm 12,1)====<br />
<br />
'''70''' Jesus, der Herr, der sich für uns zur Speise der Wahrheit und der Liebe gemacht hat, versichert uns, als er von der Hingabe seines Lebens spricht: »Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben« (Joh 6,51). Aber dieses »ewige Leben« beginnt in uns schon in dieser Zeit durch die Veränderung, die die eucharistische Gabe in uns erzeugt: »Jeder, der mich isst, wird durch mich leben« (Joh 6,57). Diese Worte Jesu lassen uns begreifen, wie das »geglaubte« und »gefeierte« Mysterium eine Dynamik in sich birgt, die es in uns zum Ursprung neuen Lebens und christlicher Lebensform macht. Indem wir uns mit dem Leib und dem Blut Jesu Christi vereinen, werden wir nämlich in immer erwachsenerer und bewussterer Weise des göttlichen Lebens teilhaftig. Auch hier gilt, was der hl. Augustinus in seinen Bekenntnissen über den ewigen Logos, die Speise der Seele, sagt: Der heilige Kirchenlehrer betont den paradoxen Charakter dieser Speise, indem er eine Stimme zu hören meint, die zu ihm spricht: »Ich bin die Speise der Großen: Du wächst und wirst mich essen. Und nicht ich werde dir anverwandelt werden wie die Nahrung deines Leibes, sondern du wirst mir anverwandelt werden«.<ref>VII, 10, 16: [[PL]] 32, 742.</ref> Tatsächlich ist es nicht die eucharistische Nahrung, die sich in uns verwandelt, sondern wir sind es, die durch sie geheimnisvoll verändert werden. Christus nährt uns, indem er uns mit sich vereint, uns »in sich hineinzieht«.<ref>[[Benedikt XVI.]], [[Homilie]] auf dem Marienfeld, (21. August 2005): [[AAS]] 97 (2005), 892; vgl. [[Homilie]] während der Vigilfeier von [[Pfingsten]] (3. Juni 2006): [[AAS]] 98 (2006), 505.</ref><br />
<br />
Die Eucharistiefeier erscheint hier in ihrer ganzen Kraft als Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens, insofern sie zugleich sowohl den Ursprung als auch die Vollendung des neuen und endgültigen Gottesdienstes ausdrückt, die logiké latreía.<ref>Vgl. Relatio post disceptationem, 6,47: L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 35. Jg. Nr. 45, S. 12.16; Propositio 43.</ref> Die diesbezüglichen Worte des hl. Paulus an die Römer formulieren in gedrängtester Form, wie die Eucharistie unser ganzes Leben in einen geistigen Gottesdienst verwandelt, der Gott gefällt: »Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst [wörtlich: eure Leiber] als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist euer geistiger Gottesdienst« (Röm 12,1). In diesem Aufruf erscheint das Bild des neuen Gottesdienstes als Ganzhingabe der eigenen Person in Gemeinschaft mit der gesamten Kirche. Das Bestehen des Apostels auf der Hingabe unseres Leibes unterstreicht die menschliche Konkretheit eines Kultes, der alles andere als unkörperlich ist. Wieder ist es der Heilige von Hippo, der uns in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass »dieses das Opfer der Christen ist: viele und zugleich ein einziger Leib in Christus zu sein. Die Kirche feiert dieses Geheimnis mit dem Altarssakrament, das die Gläubigen gut kennen und in dem ihr deutlich gezeigt wird, dass in dem, was geopfert wird, sie selbst es ist, die geopfert wird«.<ref>De civitate Dei, X, 6: Pl 41, 284.</ref> Und so bestätigt auch die katholische Lehre, dass die Eucharistie in ihrer Eigenschaft als Opfer Christi ebenfalls Opfer der Kirche und somit der Gläubigen ist.<ref>Vgl. [[Katechismus der Katholischen Kirche]], 1368.</ref> Das Beharren auf dem Opfer (lateinisch: sacri-ficium, was soviel bedeutet wie »heilig gemacht«) besagt hier die ganze existentielle Dichte, die in der Verwandlung unserer von Christus ergriffenen (vgl. Phil 3,12) menschlichen Natur enthalten ist.<br />
<br />
====Allumfassende Wirkkraft des eucharistischen Kultes====<br />
<br />
'''71''' Der neue christliche Gottesdienst umfasst jeden Aspekt des Daseins und verwandelt ihn: »Ob ihr also esst oder trinkt oder etwas anderes tut: tut alles zur Verherrlichung Gottes« (1 Kor 10,31). In jedem Akt seines Lebens ist der Christ berufen, die wahre Gottesverehrung auszudrücken. Von da her nimmt das zuinnerst eucharistische Wesen des christlichen Lebens Form an. Insofern die Eucharistie die menschliche Wirklichkeit in ihrer alltäglichen Konkretheit mit einbezieht, ermöglicht sie Tag um Tag die fortschreitende Verwandlung des Menschen, der aus Gnade berufen ist, das Ebenbild des Sohnes Gottes zu sein (vgl. Röm 8,29f;). Es gibt nichts authentisch Menschliches - Gedanken und Gefühle, Worte und Werke -, was im Sakrament der Eucharistie nicht die passende Form findet, in Fülle gelebt zu werden. Hier tritt der ganze anthropologische Wert der von Christus mit der Eucharistie gebrachten Neuheit zutage: Der Gottesdienst kann im menschlichen Leben nicht auf einen besonderen privaten Moment beschränkt werden, sondern von seinem Wesen her neigt er dazu, jeden Aspekt der Wirklichkeit des Individuums zu durchdringen. Der Gottesdienst, der Gott gefällt, wird so zu einem neuen Erleben aller Gegebenheiten des Daseins, in dem jede Einzelheit eine innere Aufwertung erfährt, insofern sie in der Beziehung zu Christus und als Hingabe an Gott gelebt wird. »Die Verherrlichung Gottes ist der lebendige Mensch (vgl. 1 Kor 10,31). Und das Leben des Menschen ist die Schau Gottes«.<ref>Vgl. [[Irenäus von Lyon|Irenäus]], Gegen die Häresien IV, 20, 7: PG 7, 1037.</ref><br />
<br />
====Iuxta dominicam viventes - sonntäglich leben====<br />
<br />
'''72''' Diese radikale Neuheit, die die Eucharistie in das Leben des Menschen hineinträgt, ist dem christlichen Bewusstsein von Anfang an offenbar geworden. Die Gläubigen haben sofort den tiefen Einfluss wahrgenommen, den die Eucharistiefeier auf ihren Lebensstil ausübte. Der hl. Ignatius von Antiochien drückte diese Wahrheit aus, indem er die Christen als diejenigen bezeichnete, »die zur neuen Hoffnung gelangt sind«, und er stellte sie als diejenigen dar, die »sonntäglich leben« (iuxta dominicam viventes).<ref>Brief an die Magnesier 9,1: PG 5, 670.</ref></ref> Diese Formulierung des großen antiochenischen Märtyrers hebt die Verbindung zwischen der eucharistischen Realität und der christlichen Existenz in ihrer Alltäglichkeit klar hervor. Die charakteristische Gewohnheit der Christen, sich am ersten Tag nach dem Sabbat zu versammeln, um die Auferstehung Christi zu feiern, ist - nach dem Bericht des heiligen Märtyrers Justin<ref>Vgl. 1. Apologie 67, 1-6; 66: PG 6 430f. 427. 430.</ref> - auch das Faktum, welches die Lebensform bestimmt, die durch die Begegnung mit Christus erneuert ist. Die Formulierung des hl. Ignatius - »sonntäglich leben« - unterstreicht auch den paradigmatischen Wert, den dieser heilige Tag für jeden anderen Tag der Woche besitzt. Er zeichnet sich nämlich nicht aufgrund der bloßen Unterbrechung der üblichen Tätigkeiten aus, wie eine Art Parenthese im gewöhnlichen Rhythmus der Tage. Die Christen haben diesen Tag immer als den ersten Tag der Woche empfunden, weil an ihm das Gedächtnis der von Christus gebrachten radikalen Neuheit gehalten wird. Darum ist der Sonntag der Tag, an dem der Christ jene eucharistische Form seines Lebens wiedererlangt, nach der ständig zu leben er berufen ist. »Sonntäglich leben« heißt, im Bewusstsein der von Christus gebrachten Befreiung zu leben und das eigene Dasein zu entfalten als Selbsthingabe an Gott, damit sein Sieg durch ein von innen her erneuertes Verhalten allen Menschen gänzlich offenbar werde.<br />
<br />
====Das Sonntagsgebot leben====<br />
<br />
'''73''' Im Wissen um dieses neue Lebensprinzip, das die Eucharistie in den Christen einpflanzt, haben die Synodenväter die Bedeutung des Sonntagsgebotes als Quelle authentischer Freiheit für alle Gläubigen bekräftigt, damit sie jeden anderen Tag in Übereinstimmung mit dem leben können, was sie am »Tag des Herrn« gefeiert haben. Das Glaubensleben ist nämlich in Gefahr, wenn der Wunsch nicht mehr empfunden wird, an der Eucharistiefeier teilzunehmen, in der man des Ostersieges gedenkt. Gemeinsam mit allen Brüdern und Schwestern, mit denen man ein Leib in Christus ist, an der sonntäglichen liturgischen Versammlung teilzunehmen, wird vom christlichen Gewissen gefordert und bildet zugleich das christliche Gewissen. Das Empfinden für den Sonntag als den zu heiligenden Tag des Herrn zu verlieren, ist ein Symptom für ein Abhandenkommen des eigentlichen Sinns der christlichen Freiheit, der Freiheit der Kinder Gottes.<ref>Vgl. Propositio 30.</ref> Diesbezüglich bleiben die Bemerkungen wertvoll, die mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. im Apostolischen Schreiben Dies Domini<ref>Vgl. [[AAS]] 90 (1998), 713-766.</ref> gemacht hat im Zusammenhang mit den verschiedenen Dimensionen des Sonntags für die Christen: Dieser Tag ist Dies Domini in bezug auf das Schöpfungswerk; er ist Dies Christi, weil er der Tag der neuen Schöpfung und des Geschenks des Heiligen Geistes ist, das der Auferstandene Herr macht; er ist Dies Ecclesiae als der Tag, an dem die christliche Gemeinde sich zur Feier zusammenfindet; er ist Dies hominis als Tag der Freude, der Ruhe und der Bruderliebe.<br />
<br />
Ein solcher Tag offenbart sich daher als »Ur-Feiertag«, an dem jeder Gläubige in der Umgebung, in der er lebt, zum Verkünder und Hüter des Sinnes der Zeit werden kann. Aus diesem Tag gehen nämlich der christliche Sinn des Lebens hervor und eine neue Art, die Zeit, die Beziehungen, die Arbeit, das Leben und den Tod zu erleben. Darum ist es gut, wenn von kirchlicher Seite um die Eucharistiefeier herum eigene Veranstaltungen der christlichen Gemeinde organisiert werden: freundschaftliches Beisammensein, Initiativen zur Erziehung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Glauben, Wallfahrten, Werke der Nächstenliebe und verschiedene Zeiten des Gebetes. So wahr es ist, dass der Samstagabend von der ersten Vesper an schon zum Sonntag gehört und es darum erlaubt ist, an ihm bereits die Sonntagspflicht zu erfüllen, ist es aufgrund dieser so bedeutenden Werte doch nötig, ins Gedächtnis zurückzurufen, dass es der Sonntag selbst ist, der verdient, geheiligt zu werden, damit er am Ende nicht ein Tag der »Gottesleere« wird.<ref>Propositio 30.</ref><br />
<br />
====Der Sinn von Ruhe und Arbeit====<br />
<br />
'''74''' Schließlich ist es in unserer Zeit besonders dringend, daran zu erinnern, dass der Tag des Herrn auch der Tag der Ruhe von der Arbeit ist. Wir wünschen uns von Herzen, dass er als solcher auch von der zivilen Gesellschaft anerkannt wird, so dass es möglich ist, von der beruflichen Tätigkeit frei zu sein, ohne dafür bestraft zu werden. Tatsächlich haben die Christen - nicht ohne Beziehung zur Bedeutung des Sabbats in der jüdischen Tradition - im Tag des Herrn auch den Tag der Ruhe von den alltäglichen Mühen gesehen. Das hat seinen ganz bestimmten Sinn, denn es stellt eine Relativierung der Arbeit dar, die auf den Menschen ausgerichtet wird: Die Arbeit ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit. Der Schutz, der dadurch dem Menschen selbst geboten wird, ist leicht zu erahnen: Auf diese Weise ist er von einer möglichen Form der Sklaverei befreit. Wie ich bereits betont habe, »besitzt die Arbeit eine primäre Bedeutung für die Verwirklichung des Menschen und für die Entwicklung der Gesellschaft, und muss darum immer in voller Achtung der menschlichen Würde und im Dienst am Gemeinwohl organisiert und entfaltet werden. Zugleich ist es unverzichtbar, dass der Mensch sich nicht von der Arbeit verknechten lässt, dass er sie nicht zum Götzen macht, indem er sich einbildet, in ihr den letzten und endgültigen Sinn des Lebens zu finden«.<ref>[[Homilie]] (19. März 2006): [[AAS]] 98 (2006), 324.</ref> Der gottgeweihte Tag ist es, der dem Menschen das Verständnis für den Sinn seines Lebens und auch seiner beruflichen Tätigkeit erschließt.<ref>Ganz richtig bemerkt diesbezüglich das Kompendium der Soziallehre der Kirche, 258: »Dem an die Notwendigkeit der Arbeit gebundenen Menschen öffnet die Ruhe die Aussicht auf eine vollkommenere Freiheit, die des ewigen Sabbats (vgl. Hebr 4,910). Die Ruhe gestattet den Menschen, sich die Werke Gottes von der Schöpfung bis zur Erlösung ins Gedächtnis zu rufen und sie nachzuerleben, sich selbst als sein Werk anzuerkennen (vgl. Hebr 2,10) und für das eigene Leben und Bestehen dem Dank zu sagen, der sein Urheber ist.«</ref><br />
<br />
====Sonntägliche Versammlungen in Abwesenheit eines Priesters====<br />
<br />
'''75''' Wenn man die Bedeutung der sonntäglichen Feier für das Leben des Christen wiederentdeckt, stellt man sich unwillkürlich die Frage nach jenen Gemeinden, in denen der Priester fehlt und wo es folglich nicht möglich ist, die heilige Messe am Tag des Herrn zu feiern. Dazu muss gesagt werden, dass wir uns vor untereinander sehr verschiedenen Situationen befinden. Die Synode hat den Gläubigen vor allem empfohlen, sich in eine der Kirchen der Diözese zu begeben, in der die Gegenwart des Priesters gewährleistet ist, auch wenn das ein gewisses Opfer verlangt.<ref>Vgl. Propositio 10.</ref> Dort, wo dagegen die großen Entfernungen die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier praktisch unmöglich machen, ist es wichtig, dass die christlichen Gemeinden sich gleichwohl versammeln, um den Herrn zu loben und des ihm geweihten Tages zu gedenken. Das muss jedoch geschehen im Zusammenhang einer entsprechenden Belehrung über den Unterschied zwischen der heiligen Messe und den sonntäglichen Versammlungen in Erwartung eines Priesters. Die Seelsorge der Kirche muss in diesem Fall dadurch zum Ausdruck kommen, dass sie darüber wacht, dass der Wortgottesdienst unter der Leitung eines Diakons oder eines Verantwortlichen der Gemeinde organisiert wird, dem dieses Amt von der zuständigen Stelle offiziell übertragen worden ist, und dass er nach einem spezifischen, von den Bischofskonferenzen erarbeiteten und für diesen Zweck von ihnen approbierten Rituale vollzogen wird.<ref>Vgl. ebd.</ref> Ich erinnere daran, dass es den Ordinarien obliegt, die Erlaubnis zur Austeilung der Kommunion in diesen Liturgien zu erteilen, wobei sie die Zweckmäßigkeit einer gewissen Entscheidung sorgfältig abwägen sollten. Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass solche Versammlungen keine Verwirrung über die zentrale Rolle des Priesters und über die sakramentale Komponente im Leben der Kirche erzeugen. Die Wichtigkeit der Rolle der Laien, denen für ihre Großherzigkeit im Einsatz für die christlichen Gemeinden zu Recht Dank gebührt, darf niemals den unersetzlichen Dienst der Priester für das Leben der Kirche verschleiern.<ref>Vgl. [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Bischöfe der Bischofskonferenz von Kanada/Quebec beim Besuch »[[ad limina Apostolorum]]« (11. Mai 2006): L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 36. Jg. Nr. 25, S. 10</ref> Darum wache man aufmerksam darüber, dass die Versammlungen in Erwartung eines Priesters nicht Anlass geben zu ekklesiologischen Vorstellungen, die nicht mit der Wahrheit des Evangeliums und der Überlieferung der Kirche übereinstimmen. Sie sollten vielmehr bevorzugte Gelegenheiten sein, zu Gott zu beten, dass er heilige Priester nach seinem Herzen sende. Beeindruckend ist in diesem Zusammenhang, was Papst Johannes Paul II. in seinem Brief an die Priester zum Gründonnerstag 1979 schrieb. Er erinnerte an jene Orte, wo die Menschen, die durch das diktatorische Regime ihren Priester verloren hatten, sich in einer Kirche oder einem Wallfahrtsort versammelten, auf den Altar die noch bewahrte Stola legten und die Gebete der eucharistischen Liturgie sprachen. »Im Moment, der der Transsubstantiation entsprach«, hielten sie schweigend inne, zum Zeugnis dafür, wie »brennend sie sich danach sehnten, die Worte zu hören, die nur der Mund eines Priesters wirkkräftig aussprechen kann«.<ref>Nr. 10: [[AAS]] 71 (1979), 414-415.</ref> Gerade aus dieser Sicht bitte ich in Anbetracht des unvergleichlichen Gutes, das aus der Feier des eucharistischen Opfers hervorgeht, alle Priester um eine aktive und konkrete Bereitschaft, die ihrer Seelsorge anvertrauten Gemeinden so oft wie möglich zu besuchen, damit sie nicht zu lange ohne das Sakrament der Liebe verbleiben.<br />
<br />
<br />
====Eine eucharistische Form des christlichen Lebens, die kirchliche Zugehörigkeit====<br />
<br />
'''76''' Die Bedeutung des Sonntags als Dies Ecclesiae erinnert uns an die innere Verbindung zwischen dem Sieg Jesu über das Böse und den Tod und unserer Zugehörigkeit zum kirchlichen Leib. Jeder Christ entdeckt nämlich am Tag des Herrn auch die gemeinschaftliche Dimension des eigenen erlösten Lebens. An der liturgischen Handlung teilzunehmen, mit dem Leib und dem Blut Christi zu kommunizieren heißt zugleich, die eigene Zugehörigkeit zu dem, der für uns gestorben ist, immer mehr zu verinnerlichen und zu vertiefen (vgl. 1 Kor 6,19f; 7,23). Wirklich - wer Christus isst, lebt durch ihn. In Verbindung mit dem eucharistischen Mysterium versteht man den tiefen Sinn der communio sanctorum. Die Kommunion besitzt immer und untrennbar eine vertikale und eine horizontale Kennzeichnung: Gemeinschaft mit Gott und Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern. Die beiden Dimensionen begegnen sich geheimnisvoll in der eucharistischen Gabe. »Wo die Gemeinschaft mit Gott zerstört wird, die Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist ist, da wird auch die Wurzel und die Quelle der Gemeinschaft unter uns zerstört. Und wo die Gemeinschaft unter uns nicht gelebt wird, ist auch die Gemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gott nicht lebendig und wahr«.<ref>[[Benedikt XVI.]], Generalaudienz vom 29. März 2006: L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 36. Jg. Nr. 14, S. 2.</ref> Da wir also berufen sind, Glieder Christi zu sein und somit Glieder, die zueinander gehören (vgl. 1 Kor 12,27), bilden wir eine Wirklichkeit, die ontologisch in der Taufe begründet ist und durch die Eucharistie ernährt wird - eine Wirklichkeit, die verlangt, im Leben unserer Gemeinschaften eine spürbare Entsprechung zu finden.<br />
<br />
Die eucharistische Form des christlichen Lebens ist zweifellos eine kirchliche und gemeinschaftliche Form. Durch die Diözese und die Pfarreien als tragende Strukturen der Kirche in einem besonderen Gebiet kann jeder Gläubige die konkrete Erfahrung seiner Zugehörigkeit zum Leib Christi machen. Vereinigungen, kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften - mit der Lebendigkeit ihrer Charismen, die vom Heiligen Geist für unsere Zeit geschenkt werden - wie auch die Institute gottgeweihten Lebens haben die Aufgabe, ihren spezifischen Beitrag zu liefern, um bei den Gläubigen die Wahrnehmung dieses ihres Dem-Herrn-Gehörens (vgl. Röm 14,8) zu fördern. Das Phänomen der Säkularisierung, das nicht zufällig stark individualistische Züge enthält, hat seine schädlichen Wirkungen vor allem bei Personen, die sich absondern aufgrund eines schwachen Zugehörigkeitsgefühls. Das Christentum schließt von seinem Anfang an immer ein Miteinander ein, ein Netz von Beziehungen, die durch das Hören des Wortes und die Eucharistiefeier fortwährend belebt und durch den Heiligen Geist beseelt werden.<br />
<br />
====Spiritualität und eucharistische Kultur====<br />
<br />
'''77''' Die Synodenväter haben bezeichnenderweise bekräftigt, dass »die gläubigen Christen ein tieferes Verständnis der Beziehungen zwischen der Eucharistie und dem täglichen Leben brauchen. Die eucharistische Spiritualität ist nicht nur Teilnahme an der Messe und Verehrung des Allerheiligsten Altarssakramentes. Sie umfasst das gesamte Leben«.<ref>Propositio 39.</ref> Diese Bemerkung besitzt für uns alle heute eine besondere Bedeutung. Man muss zugeben, dass eine der schwerwiegendsten Wirkungen der eben erwähnten Säkularisierung darin besteht, dass sie den christlichen Glauben an den Rand der Existenz verbannt hat, als sei er in bezug auf die konkrete Entfaltung des Lebens der Menschen unnötig. Das Scheitern dieser Art zu leben, »als ob Gott nicht existierte«, steht jetzt allen vor Augen. Heute ist es nötig wiederzuentdecken, dass Jesus Christus nicht eine bloße private Überzeugung oder eine abstrakte Lehre ist, sondern eine reale Person, deren Eintreten in die Geschichte imstande ist, das Leben aller zu ändern. Darum muss die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche in Spiritualität, in Leben »nach dem Geist« (Röm 8,4f; vgl. Gal 5,16.25) umgesetzt werden. Es ist bezeichnend, dass der hl. Paulus an der Stelle des Briefes an die Römer, wo er dazu auffordert, den neuen geistigen Gottesdienst zu leben, zugleich an die Notwendigkeit der Änderung der eigenen Art zu leben und zu denken erinnert: »Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist; was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist« (12,2). Auf diese Weise unterstreicht der Völkerapostel die Verbindung zwischen dem wahren geistigen Gottesdienst und der Notwendigkeit einer neuen Art, das Dasein wahrzunehmen und das Leben zu führen. Ein wesentlicher Bestandteil der eucharistischen Form des christlichen Lebens ist die Erneuerung des Denkens, um »nicht mehr unmündige Kinder [zu] sein, ein Spiel der Wellen, hin und her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen« (Eph 4,14).<br />
<br />
====Eucharistie und Evangelisierung der Kultur====<br />
<br />
'''78''' Aus dem Gesagten folgt, dass das eucharistische Geheimnis uns in den Dialog mit den verschiedenen Kulturen führt, diese aber auch in gewissem Sinne herausfordert.<ref>Vgl. Relatio post disceptationem, 30: L'[[Osservatore Romano]] (dt.) 35. Jg. Nr. 45, S. 15.</ref> Man muss den interkulturellen Charakter dieses neuen Gottesdienstes, dieser logiké latreía anerkennen. Die Gegenwart Jesu Christi und die Ausgießung des Heiligen Geistes sind Ereignisse, die beständig mit jeglicher kulturellen Wirklichkeit den Vergleich aufnehmen können, um sie nach Art des Evangeliums zu fermentieren. Das bringt konsequenterweise die Verpflichtung mit sich, mit Überzeugung die Evangelisierung der Kulturen zu fördern, in dem Bewusstsein, dass Christus selbst die Wahrheit jedes Menschen und der ganzen Menschheitsgeschichte ist. Die Eucharistie wird zum Wertmaßstab von allem, was der Christ in den verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen antrifft. In diesem wichtigen Prozess können wir die Aufforderung des hl. Paulus im Ersten Brief an die Thessalonicher: »Prüft alles, und behaltet das Gute!« (5,21) als äußerst bedeutungsvoll erfahren.<br />
<br />
====Eucharistie und gläubige Laien====<br />
<br />
'''79''' In Christus, dem Haupt der Kirche, die sein Leib ist, sind alle Christen, »ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit es seine großen Taten verkündet« (vgl. 1 Petr 2,9). Die Eucharistie als Geheimnis, das man leben muss, bietet sich jedem von uns in der Lage an, in der er sich befindet, und lässt seine existentielle Situation zu dem Ort werden, an dem er tagtäglich die christliche Neuheit leben muss. Wenn das eucharistische Opfer in uns das nährt und wachsen lässt, was uns in der Taufe, durch die wir alle zur Heiligkeit berufen sind,<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 39-42.</ref> schon gegeben worden ist, dann muss das genau in den Lebenssituationen oder -ständen zutage treten und sich erweisen, in denen jeder einzelne Christ sich befindet. Man wird Tag für Tag zu einem Gott wohlgefälligen Gottesdienst, wenn man sein Leben als Berufung lebt. Von der liturgischen Versammlung her ist es das Sakrament der Eucharistie selbst, das uns in der alltäglichen Wirklichkeit verpflichtet, damit alles zur Ehre Gottes getan werde.<br />
<br />
Und da die Welt »der Acker« (Mt 13,38) ist, in die Gott seine Kinder als guten Samen einsenkt, sind die christlichen Laien kraft der Taufe und der Firmung und gestärkt durch die Eucharistie dazu berufen, die von Christus gebrachte radikale Neuheit gerade in den gewöhnlichen Lebensbedingungen zu leben.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Christifideles laici]] (30. Dezember 1988), 14.16: [[AAS]] 81 (1989), 409-413; 416-418.</ref> Sie müssen den Wunsch hegen, dass die Eucharistie sich ihrem Alltagsleben immer tiefer einprägt und sie dazu führt, erkennbare Zeugen in ihrem Arbeitsbereich und in der ganzen Gesellschaft zu werden. <ref>Vgl. Propositio 39.</ref> Eine besondere Ermutigung richte ich an die Familien, aus diesem Sakrament Anregung und Kraft zu schöpfen. Die Liebe zwischen Mann und Frau, das Annehmen des Lebens und die Erziehungsaufgabe erweisen sich als bevorzugte Gebiete, in denen die Eucharistie ihre Fähigkeit zeigen kann, das Leben zu verwandeln und zur Sinnfülle zu führen.<ref>Vgl. ebd.</ref> Die Hirten sollen niemals versäumen, die gläubigen Laien zu unterstützen, zu erziehen und zu ermutigen, ihre Berufung zur Heiligkeit voll auszuleben in jener Welt, die Gott so sehr geliebt hat, dass er seinen Sohn hingegeben hat, damit er ihre Rettung werde (vgl. Joh 3,16).<br />
<br />
====Eucharistie und priesterliche Spiritualität====<br />
<br />
'''80''' Die eucharistische Form des christlichen Lebens offenbart sich zweifellos in besonderer Weise im priesterlichen Lebensstand. Die priesterliche Spiritualität ist von ihrem inneren Wesen her eucharistisch. Der Same einer solchen Spiritualität findet sich schon in den Worten, die der Bischof in der Weiheliturgie spricht: »Empfange die Gaben des Volkes für die Feier des Opfers. Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes«.<ref>[[Pontificale Romano]]. Die Weihe des Bischofs, der Priester und der Diakone, Die Weihe eines einzelnen Priesters, Nr. 68.</ref> Um seinem Leben eine immer vollkommenere eucharistische Form zu geben, muss der Priester schon in der Zeit der Ausbildung und dann in den folgenden Jahren weiten Raum lassen für das geistliche Leben.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Pastores dabo vobis]] (25. März 1992), 19-33; 70-81: [[AAS]] 84 (1992), 686-712; 778-800.</ref> Er ist berufen, fortwährend ein authentischer Gottsucher zu sein, auch wenn er zugleich den Sorgen der Menschen nahe bleiben muss. Ein intensives geistliches Leben wird ihm erlauben, tiefer in Gemeinschaft mit dem Herrn zu treten, und ihm helfen, sich von der Liebe Gottes in Besitz nehmen zu lassen, so dass er in jeder, auch schwierigen und dunklen Lage ihr Zeuge wird. Zu diesem Zweck empfehle ich gemeinsam mit den Synodenvätern den Priestern »die tägliche [[Zelebration]] der Messe, auch wenn es keine Teilnahme von Gläubigen geben sollte«.<ref>Propositio 38.</ref> Diese Empfehlung steht zunächst in Einklang mit dem objektiv unendlichen Wert jeder Eucharistiefeier und hat überdies seinen Beweggrund in ihrer einzigartigen geistlichen Wirkkraft, denn wenn die heilige Messe mit Aufmerksamkeit und Glauben erlebt wird, ist sie formend im tiefsten Sinn des Wortes, da sie die Gleichgestaltung mit Christus fördert und den Priester in seiner Berufung stärkt.<br />
<br />
====Eucharistie und gottgeweihtes Leben====<br />
<br />
'''81''' Im Zusammenhang der Beziehung zwischen der Eucharistie und den verschiedenen kirchlichen Berufungen zeichnet sich besonders »das prophetische Zeugnis der Männer und Frauen gottgeweihten Lebens (aus), die in der Eucharistiefeier und in der Anbetung die Kraft finden zur radikalen Nachfolge des gehorsamen, armen und keuschen Christus«.<ref>Propositio 39. Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Vita consecrata]] (25. März 1996), 95: [[AAS]] 88 (1996), 470-471.</ref> Obwohl sie viele Dienste auf dem Gebiet der menschlichen Bildung und der Sorge für die Armen, im Unterrichtswesen oder in der Krankenpflege leisten, wissen die Männer und Frauen gottgeweihten Lebens, dass der Hauptzweck ihres Lebens »die Betrachtung der göttlichen Dinge und die ständige Verbindung mit Gott« ist.<ref>[[Kodex des kanonischen Rechts]], can. 663, § 1.</ref> Der wesentliche Beitrag, den die Kirche sich von dem gottgeweihten Leben erwartet, ist viel mehr auf das Sein bezogen als auf das Tun. In diesem Zusammenhang möchte ich an die Bedeutung des jungfräulichen Zeugnisses gerade in Beziehung zum Geheimnis der Eucharistie erinnern. Außer der Verbindung mit dem priesterlichen Zölibat offenbart das eucharistische Mysterium nämlich eine innere Beziehung zur gottgeweihten Jungfräulichkeit, insofern diese Ausdruck der ausschließlichen Hingabe der Kirche an Christus ist, den sie als ihren Bräutigam mit radikaler und fruchtbarer Treue empfängt.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], Nachsynodales Apostolisches Schreiben [[Vita consecrata]] (25. März 1996), 34: [[AAS]] 88 (1996), 407408.</ref> In der Eucharistie empfängt die gottgeweihte Jungfräulichkeit Inspiration und Nahrung für ihre völlige Hingabe an Christus. Außerdem empfängt sie aus der Eucharistie Ermutigung und Antrieb, um auch in unserer Zeit Zeichen der ungeschuldeten und fruchtbaren Liebe zu sein, die Gott für die Menschheit hegt. Schließlich wird das gottgeweihte Leben durch sein spezifisches Zeugnis objektiv zum Hinweis und zur Vorwegnahme jener »Hochzeit des Lammes« (Offb 19,7-9), die das Ziel der gesamten Heilsgeschichte ist. In diesem Sinne stellt sie einen wirkungsvollen Verweis auf jenen eschatologischen Horizont dar, den jeder Mensch braucht, um Orientierung zu finden für seine eigenen Lebensentscheidungen.<br />
<br />
====Eucharistie und sittliche Verwandlung====<br />
<br />
'''82''' Mit der Entdeckung der Schönheit der eucharistischen Form des christlichen Lebens kommen wir auch zum Nachdenken über die sittlichen Kräfte, die durch diese Form aktiviert werden zur Unterstützung der authentischen Freiheit, die den Kindern Gottes eigen ist. Damit möchte ich eine Thematik aufgreifen, die sich in der Synode ergab und die die Verbindung zwischen eucharistischer Lebensform und sittlicher Verwandlung betrifft. Papst Johannes Paul II. hat gesagt: »Das sittliche Leben besitzt den Wert eines ,Gottesdienstes’ (Röm 12, 1; vgl. Phil 3, 3), der aus jener unerschöpflichen Quelle von Heiligkeit und Verherrlichung Gottes gespeist wird, die die Sakramente, insbesondere die Eucharistie, sind: Denn durch die Teilnahme am Kreuzesopfer hat der Christ Gemeinschaft mit der Opferliebe Christi und wird dazu befähigt und verpflichtet, dieselbe Liebe in allen seinen Lebenshaltungen und Verhaltensweisen zu leben«.<ref>[[Enzyklika]] [[Veritatis splendor]] (6. August 1993), 107: [[AAS]] 85 (1993), 1216-1217.</ref> Kurz: »Im ,Kult’ selber, in der eucharistischen Gemeinschaft ist das Geliebtwerden und Weiterlieben enthalten. Eucharistie, die nicht praktisches Liebeshandeln wird, ist in sich selbst fragmentiert«.<ref>[[Benedikt XVI.]], [[Enzyklika]] [[Deus caritas est]] (25. Dezember 2005), 14: [[AAS]] 98 (2006), 229.</ref><br />
<br />
Diese Erinnerung an die sittliche Bedeutung des geistigen Gottesdienstes ist nicht in moralistischem Sinn zu interpretieren. Es ist vor allem die glückliche Entdeckung der Dynamik der Liebe im Herzen dessen, der das Geschenk des Herrn annimmt, sich ihm ganz hingibt und die wahre Freiheit findet. Die sittliche Verwandlung, die der von Christus eingesetzte neue Gottesdienst einschließt, ist ein inneres Streben und ein herzliches Verlangen, der Liebe des Herrn mit dem ganzen eigenen Sein zu entsprechen, auch wenn man weiß, wie anfällig man ist. Das, wovon wir sprechen, spiegelt sich sehr gut in der Evangeliums-Erzählung von Zachäus wider (vgl. Lk 19,1-10). Nachdem er Jesus in seinem Haus bewirtet hat, ist der Zöllner völlig verwandelt: Er beschließt, die Hälfte seines Vermögens den Armen zu geben und denjenigen, von denen er zu viel gefordert hat, das Vierfache zurückzuerstatten. Das sittliche Streben, das aus der Aufnahme Jesu in unser Leben hervorgeht, entspringt aus der Dankbarkeit, die unverdiente Nähe des Herrn erfahren zu haben.<br />
<br />
====Eucharistische Konsequenz====<br />
<br />
'''83''' Wichtig ist, das zu unterstreichen, was die Synodenväter als eucharistische Konsequenz bezeichnet haben und wozu unser Leben objektiv berufen ist. Der Gott wohlgefällige Gottesdienst ist nämlich niemals ein nur privater Akt ohne Auswirkungen auf unsere gesellschaftlichen Beziehungen. Er verlangt das öffentliche Zeugnis für den eigenen Glauben. Das gilt selbstverständlich für alle Getauften, erscheint jedoch besonders dringend für diejenigen, die wegen ihrer gesellschaftlichen oder politischen Position Entscheidungen im Zusammenhang mit fundamentalen Werten zu treffen haben, wie die Achtung und der Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, die auf die Ehe zwischen Mann und Frau gegründete Familie, die Erziehungsfreiheit für die Kinder und die Förderung des Allgemeinwohls in all seinen Formen.<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Evangelium vitae]] (25. März 1995): [[AAS]] 87 (1995), 401-522; [[Benedikt XVI.]], Ansprache an die Päpstliche Akademie für das Leben (27. Februar 2006): [[AAS]] 98 (2006), 264-265.</ref> Diese Werte sind unveräußerlich. Darum müssen sich die katholischen Politiker und Gesetzgeber im Bewusstsein ihrer großen gesellschaftlichen Verantwortung von ihrem recht gebildeten Gewissen in besonderer Weise aufgerufen fühlen, Gesetze vorzuschlagen und zu unterstützen, die von den in der Natur des Menschen begründeten Werten getragen sind.<ref>Vgl. [[Kongregation für die Glaubenslehre]], [[Lehrmäßige Note zu einigen Fragen über den Einsatz und das Verhalten der Katholiken im politischen Leben]] (24. November 2002): [[AAS]] 95 (2004), 359-370.</ref> Darin liegt im übrigen eine objektive Verbindung zur Eucharistie (vgl. 1 Kor 11,27-29). Die Bischöfe sind gehalten, diese Werte ständig ins Gedächtnis zu rufen. Das gehört zu ihrer Verantwortung für die ihnen anvertraute Herde.<ref>Vgl. Propositio 46.</ref><br />
<br />
===Eucharistie, ein Mysterium, das verkündet werden soll===<br />
<br />
====Eucharistie und Sendung====<br />
<br />
'''84''' In der Homilie während der Eucharistiefeier, mit der ich festlich mein Amt als Nachfolger des Apostels Petrus angetreten habe, sagte ich: »Es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken«.<ref>[[AAS]] 97 (2005), 711.</ref> Diese Aussage bekommt eine noch größere Intensität, wenn man an das eucharistische Geheimnis denkt. Tatsächlich können wir die Liebe, die wir im Sakrament feiern, nicht für uns behalten. Sei verlangt von ihrem Wesen her, an alle weitergegeben zu werden. Was die Welt braucht, ist die Liebe Gottes - Christus zu begegnen und an ihn zu glauben. Darum ist die Eucharistie nicht nur Quelle und Höhepunkt des Lebens der Kirche, sondern auch ihrer Sendung: »Eine authentisch eucharistische Kirche ist eine missionarische Kirche«.<ref>Propositio 42.</ref> Auch wir müssen mit Überzeugung zu unseren Brüdern und Schwestern sagen können: »Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt!« (1 Joh 1,3). Wirklich gibt es nichts Schöneres als Christus zu begegnen und ihn allen mitzuteilen! Im übrigen nimmt gerade die Einsetzung der Eucharistie das vorweg, was das Herz der Sendung Jesu ausmacht: Er ist der Gesandte des Vaters für die Erlösung der Welt (vgl. Joh 3,16-17; Röm 8,32). Beim Letzten Abendmahl vertraut Jesus seinen Jüngern das Sakrament an, welches das Opfer seiner Selbsthingabe vergegenwärtigt, das er im Gehorsam zum Vater für unser aller Heil darbringt. Wir können nicht zum eucharistischen Mahl gehen, ohne uns in die Bewegung der Sendung hineinziehen zu lassen, die vom Innersten Gottes selbst ausgehend darauf abzielt, alle Menschen zu erreichen. Darum ist ein grundlegender Bestandteil der eucharistischen Form des christlichen Lebens das missionarische Streben.<br />
<br />
====Eucharistie und Zeugnis====<br />
<br />
'''85''' Die erste und fundamentale Aufgabe, die uns aus den heiligen Geheimnissen, die wir feiern, erwächst, ist die, mit unserem Leben Zeugnis abzulegen. Das Staunen über das Geschenk, das Gott uns in Christus gemacht hat, überträgt unserem Leben eine neue Dynamik, indem es uns verpflichtet, Zeugen seiner Liebe zu sein. Wir werden Zeugen, wenn durch unser Handeln, unsere Worte, unser Sosein ein Anderer erscheint und sich mitteilt. Man kann sagen, dass das Zeugnis das Mittel ist, durch das die Wahrheit der Liebe Gottes den Menschen in der Geschichte erreicht und ihn einlädt, frei diese radikale Neuheit anzunehmen. Im Zeugnis setzt Gott sich sozusagen dem Risiko aus, das in der Freiheit des Menschen liegt. Jesus ist selbst der treue und zuverlässige Zeuge (vgl. Offb 1,5; 3,14); er ist gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen (vgl. Joh 18,37). In diesem Gedankenzusammenhang drängt es mich, eine Vorstellung wieder aufzugreifen, die den ersten Christen lieb war, aber auch uns Christen von heute beeindruckt: Das Zeugnis bis zur Selbsthingabe, bis zum Martyrium, ist in der Geschichte der Kirche immer als Höhepunkt des neuen geistigen Gottesdienstes angesehen worden: »Bringt euch selbst als Opfer dar« (vgl. Röm 12,1). Man denke zum Beispiel an den Bericht über das Martyrium des hl. Polykarp von Smyrne, eines Schülers des hl. Johannes: Das ganze dramatische Ereignis ist wie eine Liturgie, ja, wie ein Eucharistie-Werden des Märtyrers selbst beschrieben.<ref>Vgl. Brief der Kirche von Smyrna über das Martyrium des hl. Polykarp, XV, 1: PG 5, 1039. 1042.</ref> Denken wir auch an das eucharistische Bewusstsein, das Ignatius von Antiochien im Hinblick auf sein Martyrium zum Ausdruck bringt: Er betrachtet sich als »Weizen Gottes« und wünscht sich, im Martyrium »reines Brot Christi« zu werden.<ref>[[Ignatius von Antiochien]], An die Römer, IV,1: PG 5, 690.</ref> Der Christ, der sein Leben im Martyrium hingibt, geht in die volle Gemeinschaft mit dem Pascha Jesu Christi ein und wird so gemeinsam mit ihm selbst Eucharistie. Noch heute fehlt es der Kirche nicht an Märtyrern, in denen sich die Liebe Gottes in erhabenster Weise offenbart. Auch wenn von uns der Beweis des Martyriums nicht verlangt wird, wissen wir dennoch, dass der Gott wohlgefällige Gottesdienst zuinnerst diese Bereitschaft erfordert<ref>Vgl. [[Zweites Vatikanisches Konzil]], Dogm. Konst. über die Kirche [[Lumen gentium]], 42.</ref> und seine Verwirklichung findet im frohen und überzeugten Zeugnis vor der Welt durch ein konsequent christliches Leben in den Bereichen, wo der Herr uns aufträgt, ihn zu verkündigen.<br />
<br />
====Christus Jesus, der einzige Retter====<br />
<br />
'''86''' Die Unterstreichung der inneren Beziehung zwischen Eucharistie und Sendung lässt uns auch den letzten Inhalt unserer Verkündigung entdecken. Je lebendiger im Herzen des christlichen Volkes die Liebe zur Eucharistie ist, desto deutlicher wird ihm der Auftrag der Mission: Christus zu bringen. Nicht nur eine Idee oder eine an ihm orientierte Ethik, sondern das Geschenk seiner Person selbst. Wer dem Mitmenschen nicht die Wahrheit der Liebe vermittelt, hat noch nicht genug gegeben. So erinnert uns die Eucharistie als Sakrament unseres Heiles unweigerlich an die Einzigkeit Christi und an die von ihm vollbrachte Rettung zum Preis seines Blutes. Darum ergibt sich aus dem geglaubten und gefeierten eucharistischen Mysterium der Anspruch, fortwährend alle zum missionarischen Einsatz zu erziehen, dessen Zentrum die Verkündigung Jesu als des einzigen Retters ist.<ref>Vgl. Propositio 42; vgl. auch [[Kongregation für die Glaubenslehre]], Erklärung über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche [[Dominus iesus]] (6. August 2000), 13-15: [[AAS]] 92 (2000), 754-755.</ref> Das verhindert, das entscheidende Werk der Entwicklungshilfe, das jeder authentische Evangelisierungsprozess einschließt, auf eine bloß soziologische Unternehmung zu reduzieren.<br />
<br />
====Religionsfreiheit====<br />
<br />
'''87''' In diesem Zusammenhang möchte ich zur Sprache bringen, was die Väter während der Synodenversammlung in bezug auf die großen Schwierigkeiten gesagt haben, welche die Aufgabe jener christlichen Gemeinden betreffen, die in Situationen der Minderheit leben oder denen sogar die Religionsfreiheit völlig aberkannt wird.<ref>Vgl. Propositio 42.</ref> Wir müssen dem Herrn wirklich danken für all die Bischöfe, Priester, Personen gottgeweihten Lebens und Laien, die sich in der Verkündigung des Evangeliums aufopfern und ihren Glauben leben, indem sie ihr Leben aufs Spiel setzen. In nicht wenigen Regionen der Welt ist bereits der bloße Kirchgang ein heroisches Zeugnis, das das Leben der Person der Ausgrenzung und der Gewalt aussetzt. Auch bei dieser Gelegenheit möchte ich die Solidarität der ganzen Kirche mit denen, die unter dem Mangel an Kultusfreiheit leiden, bekräftigen. Bekanntlich fehlt dort, wo es keine Religionsfreiheit gibt, letztlich die bedeutendste Freiheit, denn im Glauben drückt der Mensch die innere Entscheidung in bezug auf den eigentlichen Sinn seines Lebens aus. Beten wir deshalb, dass sich die Räume der Religionsfreiheit in allen Staaten ausbreiten mögen, damit die Christen wie auch die Mitglieder der anderen Religionen ihre Überzeugungen persönlich und in Gemeinschaft frei leben können.<br />
<br />
===Eucharistie, ein Mysterium, das der Welt angeboten werden soll===<br />
<br />
====Eucharistie, gebrochenes Brot für das Leben der Welt====<br />
<br />
'''88''' »Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt« (Joh 6,51). Mit diesen Worten offenbart der Herr den wahren Sinn der Hingabe seines Lebens für alle Menschen. Sie zeigen uns auch das tiefe Mitleid, das er mit jedem einzelnen hat. Tatsächlich berichten uns die Evangelien viele Male von den Gefühlen Jesu gegenüber den Menschen, besonders gegenüber den Leidenden und den Sündern (vgl. Mt 20,34; Mk 6,34; Lk 19,41). Durch ein zutiefst menschliches Gefühl drückt er die Heilsabsicht Gottes für jeden Menschen aus, damit er das wahre Leben erreiche. Jede Eucharistiefeier vergegenwärtigt sakramental das Geschenk, das Jesus am Kreuz aus seinem Leben gemacht hat - ein Geschenk für uns und für die ganze Welt. Zugleich macht Jesus uns in der Eucharistie zu Zeugen von Gottes Mitleid mit jedem Bruder und jeder Schwester. So entsteht im Umfeld des eucharistischen Mysteriums der Dienst der Nächstenliebe, die darin besteht, »dass ich auch den Mitmenschen, den ich zunächst gar nicht mag oder nicht einmal kenne, von Gott her liebe. Das ist nur möglich aus der inneren Begegnung mit Gott heraus, die Willensgemeinschaft geworden ist und bis ins Gefühl hineinreicht. Dann lerne ich, diesen anderen nicht mehr nur mit meinen Augen und Gefühlen anzusehen, sondern aus der Perspektive Jesu Christi heraus«.<ref>[[Benedikt XVI.]], [[Enzyklika]] [[Deus caritas est]] (25. Dezember 2005), 18: [[AAS]] 98 (2006), 232.</ref> Auf diese Weise erkenne ich in den Menschen, denen ich näher komme, Brüder und Schwestern, für die der Herr sein Leben hingegeben hat, weil er sie »bis zur Vollendung« (Joh 13,1) liebt. Folglich müssen unsere Gemeinden, wenn sie Eucharistie feiern, sich immer bewusster werden, dass das Opfer Christi für alle ist, und die Eucharistie darum jeden Christgläubigen drängt, selbst »gebrochenes Brot« für die anderen zu werden und sich also für eine gerechtere und geschwisterlichere Welt einzusetzen. Wenn wir an die Vermehrung der Brote und der Fische denken, müssen wir erkennen, dass Jesus heute immer noch seine Jünger auffordert, sich persönlich zu engagieren: »Gebt ihr ihnen zu essen!« (Mt 14,16). Die Berufung eines jeden von uns ist wirklich die, gemeinsam mit Jesus gebrochenes Brot für das Leben der Welt zu werden.<br />
<br />
====Die sozialen Implikationen des eucharistischen Mysteriums====<br />
<br />
'''89''' Die Vereinigung mit Christus, die sich im Sakrament vollzieht, befähigt uns auch zu einer Neuheit der sozialen Beziehungen: »Die ,Mystik’ des Sakraments hat sozialen Charakter ... Die Vereinigung mit Christus ist [nämlich] zugleich eine Vereinigung mit allen anderen, denen er sich schenkt. Ich kann Christus nicht allein für mich haben, ich kann ihm zugehören nur in der Gemeinschaft mit allen, die die Seinigen geworden sind oder werden sollen«.<ref>Ebd., Nr. 14.</ref> In diesem Zusammenhang ist es notwendig, die Beziehung zwischen eucharistischem Mysterium und sozialem Engagement eindeutig auszudrücken. Die Eucharistie ist Sakrament der Gemeinschaft zwischen Brüdern und Schwestern, die bereit sind, sich in Christus zu versöhnen - in ihm, der aus Juden und Heiden ein einziges Volk gemacht hat, indem er die Wand der Feindschaft niederriss, die sie voneinander trennte (vgl. Eph 2,14). Nur dieses ständige Streben nach Versöhnung gestattet es, würdig mit dem Leib und dem Blut Christi zu kommunizieren (vgl. Mt 5,23-24).<ref>Nicht ohne innere Erschütterung haben wir während der Synodenversammlung sehr bedeutungsvolle Zeugnisse über die Wirksamkeit des Sakramentes beim Werk der Befriedung gehört. Diesbezüglich heißt es in der Propositio 49: »Dank der Eucharistiefeiern konnten sich im Konflikt befindliche Völker um das Wort Gottes versammeln, seine prophetische Verkündigung von der Versöhnung durch ungeschuldete Vergebung hören und die Gnade der Umkehr empfangen, welche die gemeinsame Teilhabe am selben Brot und am selben Kelch gestattet.«</ref> Durch die Gedenkfeier seines Opfers stärkt er die Gemeinschaft zwischen den Brüdern und Schwestern und drängt besonders jene, die miteinander im Konflikt sind, ihre Versöhnung zu beschleunigen, indem sie sich dem Dialog und dem Einsatz für die Gerechtigkeit öffnen. Es steht außer Zweifel, dass die Wiederherstellung der Gerechtigkeit, die Versöhnung und die Vergebung Bedingungen zur Schaffung eines wirklichen Friedens sind.<ref>Vgl. Propositio 48.</ref> Aus diesem Bewusstsein entsteht der Wille, auch die ungerechten Strukturen zu verwandeln, um die Achtung der Würde des Menschen, der nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, zu gewährleisten. In der konkreten Entfaltung dieser Verantwortung geschieht es, dass die Eucharistie im Leben das wird, was sie in der Feier bedeutet. Wie ich bereits an anderer Stelle betonte, ist es nicht eigene Aufgabe der Kirche, den politischen Kampf an sich zu reißen, um die möglichst gerechte Gesellschaft zu verwirklichen; trotzdem kann und darf sie im Ringen um Gerechtigkeit auch nicht abseits bleiben. Die Kirche »muss auf dem Weg der Argumentation in das Ringen der Vernunft eintreten, und sie muss die seelischen Kräfte wecken, ohne die Gerechtigkeit, die immer auch Verzichte verlangt, sich nicht durchsetzen und nicht gedeihen kann«.<ref>[[Benedikt XVI.]], [[Enzyklika]] [[Deus caritas est]] (25. Dezember 2005), 28: [[AAS]] 98 (2006), 239.</ref><br />
<br />
Im Hinblick auf die soziale Verantwortung aller Christen haben die Synodenväter daran erinnert, dass das Opfer Christi ein Mysterium der Befreiung ist, das uns fortwährend hinterfragt und herausfordert. Darum richte ich einen Aufruf an alle Gläubigen, wirklich Friedensstifter und Urheber von Gerechtigkeit zu sein: »Wer nämlich an der Eucharistie teilnimmt, muss sich dafür einsetzen, den Frieden herzustellen in unserer Welt, die gezeichnet ist von so viel Gewalt, von Krieg und - besonders heute - von Terrorismus, Wirtschaftskorruption und sexueller Ausbeutung«.<ref>Propositio 48.</ref> All das sind Probleme, die ihrerseits weitere erniedrigende Phänomene hervorbringen, die äußerst besorgniserregend sind. Wir wissen, dass diese Situationen nicht oberflächlich angegangen werden können. Gerade kraft des Mysteriums, das wir feiern, müssen die Umstände angeprangert werden, die der Würde des Menschen widersprechen, für den Christus sein Blut vergossen und so den hohen Wert jeder einzelnen Person bekräftigt hat.<br />
<br />
====Die Speise der Wahrheit und das Elend des Menschen====<br />
<br />
'''90''' Angesichts gewisser Prozesse der Globalisierung, die nicht selten weltweit den Unterschied zwischen reichen und armen Ländern über alle Maßen anwachsen lassen, dürfen wir nicht tatenlos bleiben. Wir müssen die anklagen, welche die Reichtümer der Erde verschwenden und dadurch Ungleichheiten hervorrufen, die zum Himmel schreien (vgl. Jak 5,4). Es ist zum Beispiel unmöglich, zu schweigen angesichts der »erschütternden Bilder der großen Flüchtlingslager oder einzelner Flüchtlinge, die - in verschiedenen Teilen der Welt - behelfsmäßig aufgenommen werden, um schlimmerem Schicksal zu entrinnen, denen es jedoch an allem mangelt. Sind diese Menschen etwa nicht unsere Brüder und Schwestern? Sind ihre Kinder nicht mit denselben berechtigten Erwartungen von Glück auf die Welt gekommen?«<ref>[[Benedikt XVI.]], Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps (9. Januar 2006): [[AAS]] 98 (2006), 127.</ref> Jesus, der Herr, das Brot des ewigen Lebens, treibt uns an und macht uns aufmerksam auf die Situationen des Elends, in denen sich noch ein großer Teil der Menschheit befindet - Situationen, deren Ursache häufig eine klare und beunruhigende Verantwortung der Menschen einschließt. Tatsächlich kann man »aufgrund verfügbarer statistischer Daten bestätigen, dass weniger als die Hälfte der ungeheuren Summen, die weltweit für Bewaffnung bestimmt sind, mehr als ausreichend wäre, um das unermessliche Heer der Armen dauerhaft aus dem Elend zu befreien. Das ist ein Aufruf an das menschliche Gewissen. Den Völkern, die - mehr aufgrund von Situationen, die von internationalen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen abhängen, als aufgrund von unkontrollierbaren Umständen - unter der Armutsschwelle leben, kann und muss unser gemeinsames Engagement in der Wahrheit neue Hoffnung geben«.<ref>Ebd.</ref><br />
<br />
Die Speise der Wahrheit drängt uns, die menschenunwürdigen Situationen anzuprangern, in denen man wegen des von Ungerechtigkeit und Ausbeutung verursachten Nahrungsmangels stirbt, und gibt uns neue Kraft und neuen Mut, ohne Unterlass am Aufbau der Zivilisation der Liebe zu arbeiten. Von Anfang an waren die Christen darum bemüht, ihre Güter miteinander zu teilen (vgl. Apg 4,32) und den Armen zu helfen (vgl. Röm 15,26). Die Kollekte, die während der liturgischen Zusammenkünfte eingesammelt wird, ist eine lebendige Erinnerung daran, aber auch eine sehr aktuelle Notwendigkeit. Die kirchlichen Wohlfahrtseinrichtungen, besonders die Caritas, versehen auf verschiedenen Ebenen den wertvollen Dienst, Menschen in Not, vor allem den Ärmsten, zu helfen. Indem sie sich von der Eucharistie, dem Sakrament der Liebe, inspirieren lassen, werden sie deren konkreter Ausdruck und verdienen darum alles Lob und alle Ermutigung für ihren solidarischen Einsatz in der Welt.<br />
<br />
====Die Soziallehre der Kirche====<br />
<br />
'''91''' Das Geheimnis der Eucharistie befähigt und drängt uns zu einem mutigen Einsatz in den Strukturen dieser Welt, um in sie jene Neuheit der Beziehungen hineinzutragen, die im Geschenk Gottes ihre unerschöpfliche Quelle hat. Das Gebet, das wir in jeder heiligen Messe wiederholen: »Unser tägliches Brot gib uns heute«, verpflichtet uns, in Zusammenarbeit mit internationalen, staatlichen und privaten Institutionen alles uns Mögliche zu tun, damit in der Welt der Skandal des Hungers und der Unterernährung, worunter viele Millionen Menschen vor allem in den Entwicklungsländern leiden, aufhört oder zumindest abnimmt. Besonders der durch die Schule der Eucharistie geprägte christliche Laie ist berufen, seine politische und soziale Verantwortung direkt wahrzunehmen. Damit er sie in rechter Weise ausüben kann, muss er durch eine konkrete Erziehung zur Liebe und zur Gerechtigkeit vorbereitet werden. Dazu ist nötig - wie die Synode betonte -, dass in den Diözesen und christlichen Gemeinden die Soziallehre der Kirche bekannt gemacht und gefördert wird.<ref>Vgl. Propositio 48. Zu diesem Zweck erweist sich das Kompendium der Soziallehre der Kirche als besonders nützlich.</ref> In diesem wertvollen Erbe, das aus der ältesten kirchlichen Überlieferung hervorgeht, finden wir die Elemente, welche das Verhalten der Christen angesichts der brennenden sozialen Fragen mit tiefer Weisheit orientieren. Diese in der gesamten Geschichte der Kirche gereifte Lehre ist durch Realismus und Ausgeglichenheit gekennzeichnet und hilft so, irreführende Kompromisse oder leere Utopien zu vermeiden.<br />
<br />
====Heiligung der Welt und Bewahrung der Schöpfung====<br />
<br />
'''92''' Um eine tiefe eucharistische Spiritualität zu entwickeln, die imstande ist, auch das soziale Geflecht bedeutend zu beeinflussen, ist es schließlich notwendig, dass das christliche Volk, das durch die Eucharistie Dank sagt, sich bewusst ist, das im Namen der ganzen Schöpfung zu tun, dass es so die Heiligung der Welt anstrebt und sich intensiv dafür einsetzt.<ref>Vgl. Propositio 43.</ref> Die Eucharistie selbst wirft ein starkes Licht auf die menschliche Geschichte und auf den gesamten Kosmos. Aus dieser sakramentalen Sicht lernen wir Tag für Tag, dass jedes kirchliche Ereignis den Charakter eines Zeichens besitzt, durch das Gott sich selber mitteilt und uns anfragt. Auf diese Weise kann die eucharistische Lebensform in der Art, wie wir die Geschichte und die Welt verstehen, wirklich zu einem echten Mentalitätswandel führen. Die Liturgie selbst erzieht uns zu alldem, wenn der Priester während der Gabenbereitung in bezug auf Brot und Wein - »Frucht der Erde«, »des Weinstocks« und der »menschlichen Arbeit« - ein Lob- und Bittgebet an Gott richtet. Mit diesen Worten nimmt der Ritus alles menschliche Tun und Mühen mit in das Gott dargebrachte Opfer hinein und drängt uns darüber hinaus, die Erde als Schöpfung Gottes zu betrachten, die für uns hervorbringt, was wir zum Leben brauchen. Sie ist nicht eine neutrale Wirklichkeit, bloße Materie zum wahllosen Gebrauch nach menschlichem Begehren. Sie hat vielmehr ihren Platz innerhalb des guten Planes Gottes, durch den wir alle berufen sind, Söhne und Töchter in dem einen Sohn Gottes, Jesus Christus, zu sein (vgl. Eph 1,4-12). Die berechtigten Sorgen wegen des ökologischen Zustands, in dem sich die Schöpfung in vielen Teilen der Erde befindet, kann Trost schöpfen aus der Perspektive der christlichen Hoffnung, die uns verpflichtet, verantwortlich für die Bewahrung der Schöpfung zu arbeiten.<ref>Vgl. Propositio 47.</ref> In der Beziehung zwischen der Eucharistie und dem Kosmos entdecken wir nämlich die Einheit des Planes Gottes und werden dazu geführt, die tiefe Verbindung zwischen der Schöpfung und der »neuen Schöpfung« zu begreifen, die in der Auferstehung Christi, des neuen Adam, ihren Anfang genommen hat. An ihr haben wir dank der Taufe schon jetzt Anteil (vgl. Kol 2,12f), und so öffnet sich unserem von der Eucharistie ernährten christlichen Leben die Aussicht auf die neue Welt, den neuen Himmel und die neue Erde, wo das neue Jerusalem von Gott her aus dem Himmel herabkommt, »bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat« (Offb 21,2).<br />
<br />
====Nützlichkeit eines eucharistischen Kompendiums====<br />
<br />
'''93''' Am Ende dieser Überlegungen, in denen ich auf die Orientierungen eingehen wollte, die sich in der Synode ergeben haben, möchte ich auch die Bitte aufgreifen, die die Synodenväter vorgetragen haben, um dem christlichen Volk zu helfen, das eucharistische Mysterium immer besser glaubend zu erfassen, es zu feiern und zu leben. Es wird ein von den zuständigen Dikasterien herausgegebenes Kompendium veröffentlicht werden, das Texte aus dem Katechismus der Katholischen Kirche, Orationen, Erläuterungen der Eucharistischen Hochgebete aus dem Messbuch und anderes sammeln wird, das sich für ein rechtes Verständnis sowie für die Feier und die Anbetung des Altarssakramentes als nützlich erweisen kann.<ref>Vgl. Propositio 17.</ref> Ich wünsche mir, dass dieses Hilfsmittel dazu beitragen kann, dass das Gedächtnis des Pascha des Herrn täglich mehr Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche wird. Das wird jeden Gläubigen dazu anregen, aus seinem Leben einen wahren geistigen Gottesdienst zu machen.<br />
<br />
==SCHLUSS==<br />
<br />
'''94''' Liebe Brüder und Schwestern, die Eucharistie steht am Ursprung jeder Form von Heiligkeit, und jeder von uns ist zur Fülle des Lebens im Heiligen Geist berufen. Wie viele Heilige haben ihr Leben in sich glaubwürdig gemacht dank ihrer eucharistischen Frömmigkeit! Vom hl. Ignatius von Antiochien bis zum hl. Augustinus, vom hl. Wüstenvater Antonius bis zum hl. Benedikt, vom hl. Franziskus von Assisi bis zum hl. Thomas von Aquin, von der hl. Klara von Assisi bis zur hl. Katharina von Siena, vom hl. Pasquale Baylon bis zum hl. Pier Giugliano Eymard, vom hl. Alfons M. de' Liguori bis zum sel. Charles de Foucauld, vom hl. Johannes Maria Vianney bis zur hl. Theresia von Lisieux, vom hl. Pio von Pietrelcina bis zur seligen Theresa von Kalkutta, vom sel. Piergiorgio Frassati bis zum sel. Ivan Mertz - um nur einige der vielen Namen zu nennen - hat die Heiligkeit ihr Zentrum immer im Sakrament der Eucharistie gefunden.<br />
<br />
Darum ist es nötig, dass dieses heiligste Geheimnis in der Kirche wirklich geglaubt, andächtig gefeiert und intensiv gelebt wird. Das Geschenk seiner selbst, das Jesus uns im Sakrament des Gedächtnisses seiner Passion macht, bestätigt uns, dass das Gelingen unseres Lebens in der Teilhabe am trinitarischen Leben liegt, die uns in ihm endgültig und wirkungsvoll dargeboten wird. Die Feier und die Anbetung der Eucharistie ermöglichen, dass wir der Liebe Gottes näherkommen und persönlich in sie einwilligen bis zur Vereinigung mit dem geliebten Herrn. Die Hingabe unseres Lebens, die Communio mit der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen und die Solidarität mit jedem Menschen sind unumgängliche Aspekte der »logiké latreía«, des heiligen und Gott wohlgefälligen geistigen Gottesdienstes (vgl. Röm 12,1), in dem unsere ganze konkrete menschliche Wirklichkeit verwandelt wird zur Verherrlichung Gottes. Darum lade ich alle Hirten ein, der Förderung einer authentisch eucharistischen christlichen Spiritualität größte Aufmerksamkeit zu widmen. Die Priester, die Diakone und alle, die ein eucharistisches Amt ausüben, mögen aus diesen mit Sorgfalt und ständiger innerer Vorbereitung verrichteten Dienstleistungen selbst Kraft und Ansporn schöpfen für ihren persönlichen und gemeinschaftlichen Weg der Heiligung. Alle Laien und besonders die Familien fordere ich auf, im Sakrament der Liebe Christi fortwährend die Energie zu finden, das eigene Leben umzugestalten in ein authentisches Zeichen der Gegenwart des auferstandenen Herrn. Alle gottgeweihten Personen bitte ich, mit ihrem eucharistischen Leben den Glanz und die Schönheit zu zeigen, die darin liegen, ganz dem Herrn zu gehören.<br />
<br />
'''95''' Zu Beginn des vierten Jahrhunderts war der christliche Gottesdienst von den kaiserlichen Autoritäten noch verboten. Einige Christen aus Nordafrika, die sich zur Feier des Tages des Herrn verpflichtet fühlten, trotzten dem Verbot. Sie wurden hingerichtet, während sie erklärten, dass es ihnen unmöglich sei, ohne die Eucharistie, die Speise des Herrn, zu leben: Sine dominico non possumus.<ref>Vgl. Martyrium Saturnini, Dativi et aliorum plurimorum, 7, 9, 10: [[PL]] 8, 707. 709-710.</ref> Diese Märtyrer von Abitene mögen zusammen mit vielen Heiligen und Seligen, die die Eucharistie zum Zentrum ihres Lebens gemacht haben, fürbittend für uns eintreten und uns die Treue zur Begegnung mit dem auferstandenen Christus lehren. Auch wir können nicht leben, ohne am Sakrament unseres Heiles teilzunehmen, und sehnen uns danach, iuxta dominicam viventes zu sein, das heißt, ins Leben zu übersetzen, was wir am Tag des Herrn empfangen. Dieser Tag ist tatsächlich der Tag unserer endgültigen Befreiung. Ist es etwa verwunderlich, wenn wir uns wünschen, dass jeder Tag so gelebt werde, wie es der Neuheit entspricht, die von Christus mit dem Geheimnis der Eucharistie eingeführt worden ist?<br />
<br />
'''96''' Maria, die unbefleckte Jungfrau, Arche des neuen und ewigen Bundes, begleite uns auf diesem Weg dem Herrn entgegen, der kommt. In ihr finden wir das Wesen der Kirche auf vollkommenste Weise verwirklicht. Die Kirche sieht in ihr, der »eucharistischen Frau« - wie der Diener Gottes, Johannes Paul II., sie genannt hat<ref>Vgl. [[Johannes Paul II.]], [[Enzyklika]] [[Ecclesia de eucharistia]] (17. April 2003), 53: [[AAS]] 95 (2003), 469.</ref> - die gelungenste Darstellung von sich selbst und betrachtet sie als unersetzliches Vorbild eucharistischen Lebens. Aus diesem Grund bekräftigt der Priester, wenn auf dem Alter der Leib des Herrn - »verum Corpus natum de Maria Virgine« - gegenwärtig ist, im Namen der liturgischen Versammlung: »Wir ehren vor allem Maria, die glorreiche, allzeit jungfräuliche Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus«.<ref>Erstes Eucharistisches [[Hochgebet]] (Römischer Mess-Kanon).</ref> Ihr heiliger Name wird auch in den Kanones der östlichen christlichen Traditionen angerufen und verehrt. Die Gläubigen ihrerseits »vertrauen Maria, der Mutter der Kirche, ihr Leben und ihre Arbeit an. Indem sie sich bemühen, die gleiche Gesinnung wie Maria zu haben, helfen sie der ganzen Gemeinde, in lebendiger, dem Vater wohlgefälliger Hingabe zu leben«.<ref>Propositio 50.</ref> Sie ist die Tota pulchra, die ganz Schöne, denn in ihr erstrahlt der Glanz der Herrlichkeit Gottes. Die Schönheit der himmlischen Liturgie, die auch in unseren Versammlungen aufleuchten muss, findet in ihr einen treuen Spiegel. Von ihr müssen wir lernen, selber eucharistische und kirchliche Menschen zu werden, damit auch wir, nach dem Wort des hl. Paulus, »schuldlos« vor den Herrn treten können, so wie er uns von Anfang an haben wollte (vgl. Kol 1,21; Eph 1,4).<ref>Vgl. [[Benedikt XVI.]], [[Homilie]] (8. Dezember 2005): [[AAS]] 98 (2006), 15.</ref><br />
<br />
'''97''' Auf die Fürsprache der Allerseligsten Jungfrau Maria entzünde der Heilige Geist in uns dasselbe Feuer, das die Jünger von Emmaus spürten (vgl. Lk 24,13-35) und erneuere in unserem Leben das eucharistische Staunen über den Glanz und die Schönheit, die im liturgischen Ritus aufleuchten, der ein wirksames Zeichen der unendlichen Schönheit des heiligen Mysteriums Gottes ist. Jene Jünger erhoben sich und kehrten eilends nach Jerusalem zurück, um die Freude mit ihren Brüdern und Schwestern zu teilen. Die wahre Freude besteht nämlich darin, zu erkennen, dass der Herr bei uns bleibt, als unser treuer Weggefährte. Die Eucharistie lässt uns entdecken, dass sich der gestorbene und auferstandene Christus im Mysterium der Kirche, seinem Leib, als unser Zeitgenosse erweist. Von diesem Geheimnis der Liebe sind wir Zeugen geworden. Wünschen wir uns gegenseitig, voller Freude und Verwunderung zur Begegnung mit der heiligen Eucharistie zu gehen, um die Wahrheit des Wortes zu erfahren und zu verkünden, mit dem Jesus sich von seinen Jüngern verabschiedet hat: »Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20).<br />
<br />
<center> Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, <br><br />
am 22. Februar, dem Fest der Kathedra Petri, <br><br />
im Jahr 2007, dem zweiten meines Pontifikats.<br> <br />
<br />
[[Benedikt XVI.|BENEDICTUS]] [[Papst|PP.]] XVI.</center><br />
<br />
== Anmerkungen ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte (Wortlaut)]]<br />
[[Kategorie:Eucharistie]]<br />
[[Kategorie:Bischofssynode]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Rerum_novarum&diff=128405Rerum novarum2014-11-20T23:01:47Z<p>Charles: der 15.5.1891 war der Freitag vor Pfingsten</p>
<hr />
<div>''' Rerum novarum ''' ist der lateinische Titel der [[Sozialenzyklika]] des [[Papst]]es [[Leo XIII.]] vom [[15. Mai]] [[1891]], Freitag vor Pfingsten erschienen, gerichtet an alle Ehrwürdigen Brüder die [[Patriarch|Patriarchen]], [[Primat|Primaten]], [[Erzbischof|Erzbischöfe]], [[Bischof|Bischöfe]] und die sonstigen Ortsordinarien, welche in [[Friede]]n und Gemeinschaft mit dem [[Apostolischer Stuhl|Apostolischen Stuhle]] stehen über die Arbeiterfrage. <br />
<br />
Die Enzyklika wurde zum Ausgangspunkt der modernen [[Soziallehre]] der Kirche (siehe dort), die auch zur Initiatialzündung für die Entwicklung einer theologisch fundierten Christlichen Gesellschaftslehre wurde.<br />
<br />
==Der deutsche Text der Enzyklika==<br />
[[Rerum novarum (Wortlaut)]]<br />
<br />
'''Siehe auch: ''' [[Liste von Lehramtstexten]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.clerus.org/clerus/dati/2000-05/06-10/RerNov.html Der deutsche Text auf der Seite der Kleruskongregation]<br />
<br />
* [http://198.62.75.1/www1/overkott/rerum.htm Der deutsche Wortlaut bei Overkott]<br />
<br />
* [http://la.wikisource.org/wiki/Rerum_Novarum Der lateinische Wortlaut bei la.wikisource.org]<br />
<br />
* [http://www.vatican.va/holy_father/leo_xiii/encyclicals/documents/hf_l-xiii_enc_15051891_rerum-novarum_it.html Die englische Fassung auf der Vatikanseite]<br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Weihbisch%F6fe_von_Augsburg&diff=913352012-08-21T20:17:35Z<p>Charles: + Florian Wörner</p>
<hr />
<div>* [[Weihbischof]] em. [[Max Ziegelbauer]]<br />
* Weihbischof em. [[Rudolf Schmid]]<br />
* Weihbischof [[Florian Wörner]]<br />
<br />
<br />
[[Kategorie:Weihbischöfe]]<br />
[[Kategorie:Bistum Augsburg]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Wolfgang_Bischof&diff=91334Wolfgang Bischof2012-08-21T18:11:54Z<p>Charles: /* Biografie */ T.</p>
<hr />
<div>''' Wolfgang Bischof ''' (* [[6. November]] [[1960]] in Freising) ist [[Weihbischof]] des [[Erzbistum München-Freising|Erzbistums München-Freising]].<br />
<br />
==Biografie==<br />
[[Wolfgang]] Bischof ist Sohn eines Metzgermeisters. Er studierte [[Philosophie]] und [[Theologie]] in München und Innsbruck. Er empfing am 2. Juli 1988 die [[Priesterweihe]] und wirkte als Regionalpfarrer für die Seelsorgeeinheit Nord des Erzbistums München-Freising. Er war seit September 2008 verantwortlich für das Projekt: "Dem Glauben Zukunft geben", hinter dem sich die Neuorientierung und Umstrukturierung des Erzbistums verbirgt. Außerdem war er Vikar des Kathedralkapitels. <br />
<br />
[[Papst]] [[Benedikt XVI.]] ernannte ihn am 5. Januar 2010 als Nachfolger von [[Frank Dietl]] zum Weihbischof des Erzbistums München-Freising mit dem Titularbistum Neppi (frühchristliches Bistum in Nordafrika). Er empfing die [[Bischofsweihe]] am 28. Februar im Liebfrauendom durch [[Erzbischof]] [[Reinhard Marx]]. Sein Bischofswahlspruch lautet: "Hoffe auf den Herrn und tu das Gute" (aus Ps 37). Das Projekt: "Dem Glauben Zukunft geben" und die Verantwortung für die Seelsorgsregion Süd sind Schwerpunkte seines bischöflichen Wirkens.<br />
<br />
==Querverweise==<br />
*[[Titularbischöfe von Nebbi]]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
{{CathHier|http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bbischof.html}}<br />
{{KathNet|Wolfgang+Bischof}}<br />
<br />
[[Kategorie:Bischöfe Deutschland|Bischof, Wolfgang]]<br />
[[Kategorie:Erzbistum München und Freising|Bischof, Wolfgang]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Diskussion:Havlik&diff=91024Diskussion:Havlik2012-08-07T22:39:47Z<p>Charles: /* Satzbau */</p>
<hr />
<div>== Satzbau ==<br />
<br />
In seiner aktuellen Form enthält dieser Artikel keinen einzigen vollständigen Satz. Es fehlen die Prädikate. --[[Benutzer:Charles|charles]] 00:39, 8. Aug. 2012 (CEST)</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Diskussion:Havlik&diff=91023Diskussion:Havlik2012-08-07T22:39:27Z<p>Charles: Satzbau</p>
<hr />
<div>== Satzbau ==<br />
<br />
In seiner aktuellen Form enthält dieser Artikel keinen einzigen vollständigen Satz. Es fehlen die Präikate. --[[Benutzer:Charles|charles]] 00:39, 8. Aug. 2012 (CEST)</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Pfarrei_St._Otto_(Bamberg)&diff=91022Pfarrei St. Otto (Bamberg)2012-08-07T20:46:58Z<p>Charles: satzbau etc</p>
<hr />
<div>{| border="2" cellpadding="4" rules="all" width="34%" style="float: right; margin-left: 1em; background: #fffff; border: 1px solid #afa3bf; border-collapse: collapse; border-spacing: 0px; font-size: 95%; empty-cells: show;"<br />
! colspan="2" style="background: | kath. Pfarrei St. Otto<br />
|-<br />
| '''Pfarrer''' || Heinz Oberle<br />
|-<br />
| '''Mitgliederzahl''' || <br />
|-<br />
| '''Filialkirchen''' || keine<br />
|-<br />
| '''Kapellen''' || 1<br />
|-<br />
| '''Erzbistum''' || Bamberg<br />
|-<br />
| '''Regionaldekanat ''' || <br />
|-<br />
| '''Dekanat ''' || <br />
|-<br />
|'''Seelsorgebereich'''|| Pfarreienverbund <br />
|-<br />
| '''Pfarreienverband''' || <br />
|-<br />
|-<br />
| '''Pfarrbezirksnummer''' || <br />
|-<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Die '''Pfarrei St. Otto''', welche die erste Kirche des 20. Jahrhunderts erhielt, bildet seit März 2006 mit den Pfarreien [[Pfarrei St. Gangolph (Bamberg)|St. Gangolf]] und [[Pfarrei Maria Hilf (Bamberg)|Maria Hilf]] eine Seelsorgeeinheit.<br />
<br />
<br />
==Einrichtungen==<br />
In dieser Pfarrei liegt der städtische [[Friedhof Bamberg|Friedhof]] [[Bamberg]], welcher seinen Ursprung in einen Kirchhof von verstorbenen Spital-Insassen aus dem Mittelater hat.<br />
<br />
==Querverweise==<br />
*[[Bamberg]]<br />
*[[Erzbistum Bamberg]]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
* [https://www.stadt.bamberg.de/index.phtml?La=1&sNavID=1829.157&mNavID=1829.157&object=tx|1829.3212.1&kat=&kuo=1&sub=0 Stadt Bamberg, Friedhofsabteilung]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: Erzbistum Bamberg]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Kardinalskreierungen_Paul_VI.&diff=90705Kardinalskreierungen Paul VI.2012-07-25T12:04:45Z<p>Charles: /* 6. Kardinalskreierung im Konsistorium am [29. Juni] 1977 */</p>
<hr />
<div>Im Verlauf seines Pontifikates kreierte [[Papst]] [[Paul VI.]] 144 Kardinäle in 6 Konsistorien. Das war absoluter Rekord für ein einziges Pontifikat. Hierbei setzte er die von Papst [[Pius XII.]] eingeschlagene Linie der Internationalisierung des Kardinalskollegiums fort.<br />
<br />
== 6. [[Kardinalskreierung]] im [[Konsistorium]] am [[29. Juni]] [[1977]] ==<br />
<br />
(4 [[Kardinäle]]) <br />
*[[Bernardin Gantin]] <br />
*[[Giovanni Benelli]] <br />
*Joseph Ratzinger ([[Benedikt XVI.]]) <br />
*[[Luigi Ciappi]] OP<br />
<br />
== 5. [[Kardinalskreierung]] im [[Konsistorium]] am [[24. Mai]] [[1976]] ==<br />
<br />
(21 [[Kardinäle]]) <br />
*[[Aloísio Lorscheider]] OFM <br />
*[[Basil Hume]] OSB <br />
*[[Boleslaw Filipiak]] <br />
*[[Corrado Bafile]] <br />
*[[Dominic Ignatius Ekandem]] <br />
*[[Eduardo Francisco Pironio]] <br />
*[[Emmanuel Kiwanuka Nsubuga]] <br />
*[[Giuseppe Maria Sensi]] <br />
*[[Hyacinthe Thiandoum]] <br />
*[[Jaime Lachica Sin]] <br />
*[[Joseph Schröffer]] <br />
*[[Juan Carlos Aramburu]] <br />
*[[László Lékai]] <br />
*[[Lawrence Trevor Picachy]] SJ <br />
*[[Octavio Antonio Beras Rojas]] <br />
*[[Opilio Rossi]] <br />
*[[Reginald John Delargey]] <br />
*[[Victor Razafimahatratra]] SJ <br />
*[[William Wakefield Baum]] <br />
<br />
in pectore <br />
*[[František Tomášek]] <br />
*[[Joseph-Marie Trin Nhu Khu]] <br />
<br />
== 4. [[Kardinalskreierung]] im [[Konsistorium]] am [[30. März]] [[1973]] ==<br />
<br />
(30 [[Kardinäle]]) <br />
*Albino Luciani ([[Johannes Paul I.]]) <br />
*[[Anibal Munoz Duque]] <br />
*[[António Ribeiro]] <br />
*[[Avelar Brandão Vilela]] <br />
*[[Boleslaw Kominek]] <br />
*[[Emile Biayenda]] <br />
*[[Fernandino Giuseppe Antonelli]] OFM <br />
*[[Humberto S. Medeiros]] <br />
*[[James Robert Knox]] <br />
*[[J. D'Arcy Freeman]] <br />
*[[José Salazar López]] <br />
*[[Joseph Marie Anthony Cordeiro]] <br />
*[[Louis-Jean Guyot]] <br />
*[[Luis Aponte Martinez]] <br />
*[[Luigi Raimondi]] <br />
*[[Hermann Volk]] <br />
*[[Marcelo González Martín]] <br />
*[[Maurice Michael Otunga]] <br />
*[[Narciso Jubany]] <br />
*[[Paul-Pierre Philippe]] OP <br />
*[[Paulo Evaristo Arns]] OFM <br />
*[[Paul Yoshigoro Taguchi]] <br />
*[[Pietro Palazzini]] <br />
*[[Pio Taofinu’u]] SM <br />
*[[Raúl Francisco Primatesta]] <br />
*[[Salvatore Pappalardo]] <br />
*[[Sergio Pignedoli]] <br />
*[[Timothy Manning]] <br />
*[[Ugo Poletti]] <br />
*[[Umberto Mozzoni]] <br />
<br />
== 3. [[Kardinalskreierung]] im [[Konsistorium]] am [[20. April]] [[1969]] ==<br />
<br />
(35 [[Kardinäle]]) <br />
*[[Antonio Poma]] <br />
*[[Alfredo Vicente Scherer]] <br />
*[[Arturo Tabera]] <br />
*[[Eugênio de Araújo Sales]] <br />
*[[François Marty]] <br />
*[[Gordon J. Gray]] <br />
*[[Joseph Parecattil]] <br />
*[[George Bernard Flahiff]] CSB <br />
*[[Giacomo Violardo]] <br />
*[[Giuseppe Paupini]] <br />
*[[Johannes Willebrands]] <br />
*[[Jean Daniélou]] SJ <br />
*[[Jérôme Rakotamalala]] <br />
*[[John Francis Dearden]] <br />
*[[John Joseph Carberry]] <br />
*[[John Joseph Wright]] <br />
*[[Joseph-Albert Malula]] <br />
*[[Joseph Höffner]] <br />
*[[Julio Rosales y Ras]] <br />
*[[Mario Casariego]] CRS <br />
*[[Mario Nasalli Rocca di Cornellano]] <br />
*[[Miguel Miranda y Gomez]] <br />
*[[Paolo Bertoli]] <br />
*[[Paolo Munoz Vega]] <br />
*[[Paul Gouyon]] <br />
*[[Paul Yü Pin]] <br />
*[[Sebastiano Baggio]] <br />
*[[Sergio Guerri]] <br />
*[[Silvio Angelo Pio Oddi]] <br />
*[[Stephen Kim Sou-hwan]] <br />
*[[Terence James Cooke]] <br />
*[[Thomas Peter McKeefry]] <br />
*[[Vicente Enrique y Tarancón]] <br />
<br />
in pectore <br />
*[[Iuliu Hossu]] <br />
*[[Stepán Trochta]] SDB <br />
<br />
== 2. [[Kardinalskreierung]] im [[Konsistorium]] am [[29. Juni]] [[1967]] ==<br />
<br />
(27 [[Kardinäle]]) <br />
*[[Alexandre-Charles Renard]] <br />
*[[Alfred Bengsch]] <br />
*[[Alfredo Pacini]] <br />
*[[Angelo Dell'Acqua]] <br />
*[[Antonio Ribeiri]] <br />
*[[Antonio Samorè]] <br />
*[[Benno Gut]] OSB <br />
*[[Carlo Grano]] <br />
*[[Corrado Ursi]] <br />
*[[Dino Staffa]] <br />
*[[Egidio Vagnozzi]] <br />
*[[Francis Brennan]] <br />
*[[Francisco Carpino]] <br />
*[[Gabriel Garrone]] <br />
*[[Giuseppe Beltrami]] <br />
*[[John Joseph Krol]] <br />
*[[John Patrick Cody]] <br />
*[[Josef Clemens Maurer]] CSsR <br />
*[[Justinus Darmojowono]] <br />
*[[Karol Wojtyla]] (Johannes Paul II.) <br />
*[[Maximilien de Fürstenberg]] <br />
*[[Michele Pellegrino]] <br />
*[[Nicolas Fasolino]] <br />
*[[Patrick Aloysius O’Boyle]] <br />
*[[Pericle Felici]] <br />
*[[Pierre Veuillot]] <br />
*[[Pietro Parente]] <br />
<br />
== 1. [[Kardinalskreierung]] im [[Konsistorium]] am [[22. Februar]] [[1965]] ==<br />
<br />
(27 [[Kardinäle]]) <br />
*[[Ángel Herrera Oria]] <br />
*[[Agnelo Rossi]] <br />
*[[Cesare Zerba]] <br />
*[[Charles Journet]] <br />
*[[Enrico Dante]] <br />
*[[Ermenegildo Florit]] <br />
*[[Federico Callori di Vignale]] <br />
*[[Franjo Šeper]] <br />
*[[Giulio Bevilacqua]] <br />
*[[Giovanni Colombo]] <br />
*[[Jean-Marie Villot]] <br />
*[[John Carmel Heenan]] <br />
*[[Josef Beran]] <br />
*[[Joseph-Léon Cardijn]] <br />
*[[Joseph-Marie-Eugène Martin]] <br />
*[[Josyf Ivanovycè Slipyj]] <br />
*[[Lawrence Joseph Shehan]] <br />
*[[Léon-Etienne Duval]] <br />
*[[Lorenz Jaeger]] <br />
*[[Maurice Roy]] <br />
*[[Maximos Saigh]] MSSP <br />
*[[Owen McCann]] <br />
*[[Paul Zoungrana]] MAfr <br />
*[[Pierre-Paul Méouchi]] <br />
*[[Stephanos Sidarouss]] CM <br />
*[[Thomas Benjamin Cooray]] OMI <br />
*[[William John Conway]]<br />
<br />
[[Kategorie: Kardinalskreierungen]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Franz_Amecke&diff=89956Franz Amecke2012-07-05T18:41:28Z<p>Charles: /* Biographie */ satzbau etc</p>
<hr />
<div>'''Franz Amecke''' (* [[25. August]] 1861 in [[Büderich]], † [[18. Februar]] 1933 in Balve) ist ein römisch-katholischer Priester. Er wirkte von 1908 bis 1933 als Pfarrer in Balve.<br />
<br />
==Biographie==<br />
Geboren wurde er in Büderich nahe Werl, legte in [[Brilon]] 1881 sein Abitur ab und studierte anschließend in [[Bistum Münster|Münster]] Theologie und Philiosophíe. Diese Studien setzte er in [[Bistum Eichstätt|Eichstätt]] und [[Erzbistum Paderborn|Paderborn]] fort. Am 28. März 1887 wurde Amecke in [[Paderborn]] zum Priester geweiht. Nach seiner Weihe wurde er Kaplan in [[Boke]], wo er bis 1898 verblieb. Als Pfarrer wurde er nach [[Etteln]] versetzt und verblieb dort bis 1908, von wo er dann wiederum 1909 als Pfarrer in die [[Pfarrei Balve]] versetzt wurde. In Balve, das zum Dekanat Menden zählt, wurde Amecke 1925 zum Dekan dieses [[Dekanat Menden|Dekanats]] ernannt. Im Jahre 1930 ernannte ihn der Stadtrat von Balve zum Ehrenbürger. Nach kurzer schwerer Krankheit verstarb er am 18. Februar 1933. Sein Grab erhielt er - durch Durchbruch der Kirchenfundamente - in der Kirche. Sein Grab befindet sich bei der Pieta; also in der Kirche, somit wurde auch dem Gesetze, das die Bestattung in der Kirche verbot, Rechenschaft getragen.<br />
<br />
==Leistungen==<br />
Während seiner Amtszeit wurde die Kirchenerweiterung in Balve - welche bereits unter seinen Vorgänger geplant wurde - in Angriff genommen und vollendet.<br />
<br />
==Querverweise==<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[http://www.westfälische-biographien.de/biographien/person/282/ Westfälische Biographien]<br />
*[http://natune.net/sternzeichen/promi/Franz%20Amecke Lustiges?]<br />
<br />
<br />
[[Kategorie:Erzbistum Paderborn]]<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Amecke, Franz]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Franz_Amecke&diff=89952Franz Amecke2012-07-05T13:33:52Z<p>Charles: +link</p>
<hr />
<div>'''Franz Amecke''' (* [[25. August]] 1861 in [[Werl|Büderich]], † [[18. Februar]] 1933 in Balve) ist ein römisch-katholischer Priester. Er wirkte von 1908 bis 1933 als Pfarrer in Balve.<br />
<br />
Während seiner Amtszeit wurde die Kirche St. Blasius [[Pastoralverbund Balver Land|Balve]] erweitert. Im Jahr 1930 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Nach seinem Tode wurde er von außen in der Pfarrkirche begraben. Sein [[Grab]] kann unter der [[Pietà]] besucht werden. <br />
<br />
[[Kategorie:Erzbistum Paderborn]]<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Amecke, Franz]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Franz_Amecke&diff=89951Franz Amecke2012-07-05T13:32:42Z<p>Charles: korr nach wikipedia und http://www.westfälische-biographien.de/biographien/person/282/</p>
<hr />
<div>'''Franz Amecke''' (* 25. August 1861 in [[Werl|Büderich]], † [[18. Februar]] 1933 in Balve) ist ein römisch-katholischer Priester. Er wirkte von 1908 bis 1933 als Pfarrer in Balve.<br />
<br />
Während seiner Amtszeit wurde die Kirche St. Blasius [[Pastoralverbund Balver Land|Balve]] erweitert. Im Jahr 1930 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Nach seinem Tode wurde er von außen in der Pfarrkirche begraben. Sein [[Grab]] kann unter der [[Pietà]] besucht werden. <br />
<br />
[[Kategorie:Erzbistum Paderborn]]<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Amecke, Franz]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Franz_Amecke&diff=89949Franz Amecke2012-07-05T13:27:14Z<p>Charles: T.</p>
<hr />
<div>'''Franz Amecke''' (* 15. August 1968 in [[Werl|Büderich]], † [[18. Februar]] 1933 in Balve) ist ein römisch-katholischer Priester. Er wirkte von 1908 bis 1933 als Pfarrer in Balve.<br />
<br />
Während seiner Amtszeit wurde die Kirche St. Blasius [[Pastoralverbund Balver Land|Balve]] erweitert. Im Jahr 1930 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Nach seinem Tode wurde er von außen in der Pfarrkirche begraben. Sein [[Grab]] kann unter der [[Pietà]] besucht werden. <br />
<br />
[[Kategorie:Erzbistum Paderborn]]<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Amecke, Franz]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Fulgens_radiatur_(Wortlaut)&diff=89934Fulgens radiatur (Wortlaut)2012-07-05T08:37:58Z<p>Charles: T.</p>
<hr />
<div><center> [[Enzyklika]] </center><br />
{|align="center" cellpadding=5px;<br />
!bgcolor="silver"|'''[[Fulgens radiatur]]'''<br />
|-----<br />
{|align="center" <br />
<center> unseres [[Papst|Heiligen Vaters]] </center><br />
<center> [[Pius XII.]]</center><br />
<center> an alle Ehrwürdigen Brüder, die [[Patriarch|Patriarchen]], [[Primat|Primaten]], [[Erzbischof|Erzbischöfe]], [[Bischof|Bischöfe]] </center><br />
<center> und die anderen Oberhirten, welche in Gnade und Gemeinschaft mit dem [[Apostolischer Stuhl|Apostolischen Stuhle]] leben </center><br />
'''<center> zum 1400. Jahrestag des Heimganges des heiligen [[Benedikt von Nursia]]. </center>'''<br />
<center> [[21. März]] [[1947]] </center><br />
<center> (Lateinischer Text: [[AAS]] XXXIX [1947] 137-155) </center><br />
<br />
(Quelle: [[Heilslehre der Kirche]], Dokumente von Pius IX. bis Pius XII. Deutsche Ausgabe des französischen Originals von P. Cattin O.P. und H. Th. Conus O.P. besorgt von Anton Rohrbasser, Paulus Verlag Freiburg Schweiz 1953, S. 1121-1140; [[Imprimatur]] Friburgi Helv., die 22. maii 1953 L. Weber V. G. Die Nummerierung folgt der englischen Fassung [http://www.vatican.va/holy_father/pius_xii/encyclicals/documents/hf_p-xii_enc_21031947_fulgens-radiatur_en.html]<br />
<br />
'''Allgemeiner Hinweis:''' ''Die in der Kathpedia veröffentlichen Lehramtstexte, dürfen nicht als offizielle Übersetzungen betrachtet werden, selbst wenn die Quellangaben dies vermuten ließen. Nur die Texte auf der Vatikanseite [http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm] können als offiziell angesehen werden (Schreiben der [[Libreria Editrice Vaticana]] vom 21. Januar 2008).''<br />
<br />
<center> Ehrwürdige Brüder !</center><br />
<center> Gruß und apostolischen Segen </center><br />
<br />
== Einleitung: Der heilige Benedikt: ein leuchtender Stern im Umbruch der Zeiten==<br />
<br />
'''1''' Gleich einem Stern in finsterer Nacht erstrahlt Benedikt von Nursia in hellem Glanz, eine Zierde nicht nur Italiens, sondern der ganzen Kirche. Wer sein hehres Leben betrachtet und den Zeugnissen der Geschichte über die düsteren und stürmischen Zeiten, in denen er lebte, nachgeht, wird zweifellos die Wahrheit des göttlichen Versprechens erkennen, das Christus seinen Aposteln und der von ihm gegründeten Gemeinschaft gegeben hat: Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt (2). <br />
<br />
Dieses verheißungsvolle Wort verliert zu keiner Zeit seine Geltung, es gilt vielmehr für den ganzen, gottgelenkten Ablauf der Jahrhunderte. Und gerade wenn die Feinde heftiger gegen das Christentum anstürmen, wenn das geheimnisvolle Schifflein Petri von gewaltigeren Wogen geschüttelt wird, wenn schließlich alles zu wanken scheint und keine Hoffnung auf menschliche Hilfe mehr in Aussicht steht, dann zeigt sich Christus als Bürge, als Tröster und als Kraftspender von oben; dann ruft er neue Kämpfer auf den Plan, um die katholische Sache zu schützen, wiederherzustellen und ihr mit huldvoller Hilfe der göttlichen Gnade<br />
sogar zu größerem Gedeihen zu verhelfen.<br />
<br />
'''2''' In der Schar dieser Gottesstreiter strahlt in hellem Glanze Sankt Benedikt, „gesegnet der Gnade und dem Namen nach“ (3). Gemäß dem Ratschluss der göttlichen Vorsehung trat er in jenem dunklen Jahrhundert auf, in dem Bestand und Schicksal der Kirche wie der gesellschaftlichen und menschlichen Kultur äußerst gefährdet waren. Das Römische Reich, das zu solcher Ruhmeshöhe emporgestiegen war und so viele Stämme, Völker und Nationen durch weise Rechtsordnung und Billigkeit derart in seinem Schoße zusammengeschlossen hatte, dass man es „zutreffender einen Welt-Schutzstaat denn ein Imperium hätte nennen können“ (4), hatte sich, wie alle irdischen Dinge, seinem Untergange zugeneigt. Innerlich geschwächt und zersetzt, von außen her zerschlagen durch die Angriffe der Barbaren, die aus dem Norden anstürmten, bot es in seinen westlichen Teilen das Bild eines gewaltigen Zusammenbruchs.<br />
<br />
'''3''' Wo leuchtete in diesem verheerenden Sturm und allgemeinen Untergang noch ein Hoffnungsstern für die zivilisierte Welt, wo fand sie Hilfe und Schutz, um wie aus einem Schiffbruch wenigstens sich selbst und einige Überreste ihrer Habe zu retten? In der katholischen Kirche! Alle irdischen Unternehmungen und Einrichtungen nämlich, die sich nur<br />
auf menschliche Weisheit und Macht stützen, lösen im Laufe der Zeiten einander ab, gelangen zu einem Höhepunkt und sinken dann naturgemäß kläglich wieder herab, zerfallen und brechen zusammen. Die Gemeinschaft aber, die Unser Erlöser gegründet hat, verdankt es ihrem göttlichen Stifter, dass sie immerwährendes Leben und Kraft von oben besitzt. Dadurch genährt und gestützt, bleibt sie dermaßen siegreich im Kampf gegen die Widerwärtigkeit der Zeiten, Dinge und Menschen, dass sie es vermag, aus deren Verfall und Untergang eine neue und glücklichere Zeit heraufzuführen und durch die christliche Lehre und Gesinnung eine neue Gesellschaft der Bürger, Völker und Nationen zu gestalten.<br />
<br />
'''4''' In diesem Rundschreiben, ehrwürdige Brüder, möchten Wir in gedrängter Übersicht darlegen, welchen Anteil Benedikt an diesem Wiederaufbau und an dieser Erneuerung hatte. Es trifft sich ja, dass in diesem Jahre gerade vierzehn Jahrhunderte vergangen sind, seitdem er, nach zahllosen Mühen zur Ehre Gottes und zum Heil der Seelen, glückselig die irdische Verbannung mit der himmlischen Heimat vertauscht hat.<br />
<br />
=== Leben und Werk des heiligen Benedikt===<br />
<br />
====Der heilige Eremit: ====<br />
<br />
=====Herkunft, Umwelt und Jugend=====<br />
<br />
'''5''' Der Heilige, der „einem freien Geschlecht der Provinz Nursia entstammte, (5) „war erfüllt vom Geiste aller Gerechten“ (6) und hat die christliche Welt in außergewöhnlicher Weise durch seine Tugend, Klugheit und Weisheit gefördert. Seine Zeit war durch Laster altersschwach geworden, Italien und Europa boten das überaus traurige Schauspiel sich zerfleischender Völker, und selbst das Mönchswesen, von Erdenstaub entstellt, war zum Widerstand und Kampf gegen die Lockungen der Sittenverderbnis weniger imstande, als es nötig gewesen wäre. Sankt Benedikt hat durch seine hervorragende Tat und Heiligkeit die immerwährende Jugendkraft der Kirche bezeugt; er hat durch seine Lehre und sein Beispiel die Sittenstrenge erneuert und hat die Heimstätten des religiösen Lebens mit festeren und heiligeren Gesetzen umhegt. Mehr noch: in eigener Person und durch seine Jünger hat er die Barbarenstämme aus ihren rauen Lebensgewohnheiten zu einer bürgerlichen und christlichen Kultur emporgeführt, hat sie zu Tugend, Arbeit und friedlicher Pflege der Künste und Wissenschaften angeleitet und sie in brüderlicher Eintracht und Liebe untereinander verbunden.<br />
<br />
'''6''' In früher Jugend wurde er zur Aneignung höheren Wissens nach Rom geschickt; (7) dort aber musste er zu seinem größten Schmerze sehen, wie Häresien und Irrtümer aller Art sich breit machten und den Geist vieler Menschen täuschten und verbildeten; er musste sehen, wie die privaten und öffentlichen Sitten verkamen und sehr viele, namentlich junge Menschen, verweltlicht und verweichlicht, sich kläglich im Schmutz der Laster wälzten, so dass man von der damaligen Gesellschaft in Rom wirklich behaupten konnte: „Sie stirbt dahin und lacht. Und es folgen in fast allen Teilen der Welt Tränen auf unser Gelächter“ (8). Benedikt jedoch, dem Gottes Gnade zuvorkam, „schenkte sein Herz keiner dieser Lustbarkeiten ..., sondern, da er ... viele auf den abschüssigen Wegen der Laster sah, hielt er seinen Schritt an, der ihn gewissermaßen an die Schwelle der Welt geführt hatte. ... Er gab das Studium der Wissenschaften auf, verließ das väterliche Haus und Gut und suchte, in dem Wunsche, Gott allein zu gefallen, nach einer heiligen Lebensart. (9) <br />
<br />
=====Büßer und Beter in Subiaco=====<br />
<br />
Bereitwillig gab er nicht nur den Bequemlichkeiten des Lebens und den Lockungen einer verkommenen Welt den Abschied, sondern auch den für ein künftiges Lebensglück vielversprechenden und ehrenvollen Ämtern, die er hätte erstreben können; er verließ Rom und suchte waldige und einsame Gegenden auf, um sich dort der Beschauung höherer Dinge widmen zu können. So kam er nach Subiaco, zog sich daselbst in eine enge Höhle zurück und begann ein mehr himmlisches als menschliches Leben zu führen.<br />
<br />
'''7''' Mit Christus in Gott verborgen, (10) bemühte er sich dort drei Jahre lang mit bestem Erfolg, nach der Vollkommenheit und Heiligkeit des Evangeliums zu streben, wozu er sich auf göttliche Anregung hin berufen fühlte. Sein ganzes Streben ging dahin, alles Irdische zu fliehen und nur überirdische Güter leidenschaftlich zu suchen, Tag und Nacht Zwiesprache mit Gott zu halten und innige Bitten für sein eigenes und seiner Nächsten Heil an Ihn zu richten, den Leib durch freiwillige Abtötung in Schranken und Zucht zu halten und die ungeordneten Regungen der Sinne zu zügeln und zu beherrschen. Aus dieser Lebens- und Handlungsweise schöpfte er so tiefen Seelentrost, dass alle Freuden, die er vordem etwa in irdischen Dingen und Behaglichkeiten gefunden hatte, ihm nun äußerst schal wurden und in Vergessenheit fielen. Als aber der Feind der Menschheit ihn einmal mit heftigen Versuchungen der Wollust quälte, widerstand er edlen und tapferen Sinnes mit starkem Willen; er stürzte sich in Dorngestrüpp und in Brennnesseln und so beschwichtigte und löschte er die innere Glut durch selbstgesuchte Qualen; auf diese Weise Sieger über sich selbst geworden, wurde er zum Lohn in der göttlichen Gnade befestigt. „Von jener Zeit an - wie er selber später seinen Schülern berichtete – war nämlich der Anreiz der Sinnlichkeit so in ihm getilgt, dass er nie wieder etwas Derartiges verspürte. .. Frei von der Versuchung zum Laster, wurde er füglich nunmehr Lehrmeister der Tugenden.“ (11)<br />
<br />
'''8''' So blieb also der Heilige in der langen Zeit seines verborgenen und einsamen Lebens unbekannt in der Höhle von Subiaco, gewöhnte sich an heiligste Zucht und Selbstbeherrschung und legte damit jene festen Grundlagen christlicher Vollkommenheit, auf denen er später einen mächtigen Bau von erhabener Höhe aufrichten konnte. Wie euch, ehrwürdige Brüder, wohlbekannt ist, bleiben die Werke heiligen Seeleneifers und Apostolates unbestreitbar kraftlos und unfruchtbar, wenn sie nicht aus einem Geiste kommen, der mit jenen christlichen Gaben ausgestattet ist, durch die allein jedes menschliche Unternehmen mit Hilfe der Gnade von oben geradewegs zur Ehre Gottes und zum Heil der Seelen geleitet werden kann. Davon war Sankt Benedikt durchdrungen und überzeugt. Bevor er sich deshalb an die Ausführung der hohen Pläne und Absichten machte, zu denen er durch göttliche Eingebung berufen war, strebte er mit aller Kraft danach, und bat er Gott in inständigem Gebete darum, dass er die nach der Lehre des Evangeliums gestaltete Form der Heiligkeit klar in sich selbst auspräge, die er andern zu vermitteln wünschte.<br />
<br />
'''9''' Schließlich wurde aber der Ruf seiner außerordentlichen Heiligkeit weithin bekannt und verbreitete sich zusehends immer mehr. Darum wünschten nicht nur Mönche, die in der Umgebung hausten, sich seiner Leitung zu unterstellen; auch die Bewohner der Städte begannen in Scharen zu ihm zu pilgern, beseelt vom Wunsche, seine milden Predigtworte zu hören, seine hervorragende Tugend zu bewundern und die Wunder zu sehen, die von ihm durch Gottes Huld nicht selten gewirkt wurden. So verbreitete sich jenes lebendige Licht, das aus der dunklen Höhle von Subiaco ausstrahlte und sogar in ferne Gegenden drang. Deshalb „begannen damals auch die Adeligen und Frommen aus der Stadt Rom ihn aufzusuchen und ihm ihre Söhne anzuvertrauen, damit er sie für den Allmächtigen erziehe.“ (12)<br />
<br />
=====Ordensgründung; Monte Cassino=====<br />
<br />
'''10''' So begriff der Heilige, dass die von Gottes vorsorgendem Ratschluss bestimmte Zeit für ihn gekommen sei, um eine Familie von Ordensleuten zu gründen und sie mit allen Mitteln zur Vollkommenheit des Evangeliums heranzubilden. Das geschah mit bestem Anfangserfolg. Viele nämlich „wurden von ihm am gleichen Orte zum Dienste des allmächtigen Gottes ... versammelt, so dass er mit Hilfe des allmächtigen Herrn Jesus Christus ebendort zwölf Klöster errichtete, die er mit je zwölf Mönchen unter bestimmten Oberen besetzte; einige wenige, von denen er annahm, dass sie besser in seiner Gegenwart zu erziehen seien, behielt er bei sich.“ (13)<br />
<br />
'''11''' Während nun das Unternehmen einen glücklichen Verlauf nahm und bereits reichliche und heilsame Frucht zeitigte und für die Zukunft noch größere Erfolge versprach, musste Benedikt zu seinem größten Schmerz wahrnehmen, wie sich ein Sturm gegen die wachsende Saat erhob, der durch niederträchtigen Neid und das Verlangen nach irdischen Gütern entfesselt worden war. Da jedoch Benedikt sich nicht von menschlichem, sondern vom göttlichen Ratschluss leiten ließ, und damit der zumeist gegen ihn gerichtete Hass den Seinen nicht zum Schaden gereiche, „wich er dem Neide und übergab alle von ihm gegründeten Oratorien nach Einsetzung von neuen Oberen den versammelten Brüdern; er selber aber verlegte mit einigen wenigen Mönchen seinen Sitz anderswohin.“ (14) So zog er im Vertrauen auf Gottes allgegenwärtige Hilfe nach dem Süden und kam zur Burg, „die Cassino heißt, und am Abhang eines hohen Berges liegt. ..; dort war noch ein uralter Tempel, in dem von unwissendem Bergvolk nach altheidnischem Brauch Apollo verehrt wurde. Ringsum gab es auch Haine mit Dämonenkult, in denen noch zu jener Zeit Scharen verruchter Heiden sakrilegische Opfer darbrachten. Dort angekommen, zertrümmerte er das Götzenbild, stieß den Altar um, zündete die Haine an, erbaute anstelle des Apollotempels eine Kapelle zu Ehren des seligen Martin und anstelle des heidnischen Altars ein Oratorium des heiligen Johannes. Die Bevölkerung der Umgebung lud er durch unablässige Predigt zur Annahme des Glaubens ein.“ (15)<br />
<br />
'''12''' Cassino war bekanntlich der Hauptsitz des heiligen Patriarchen und der vornehmlichste Schauplatz seiner Tugend und Heiligkeit. Während ringsumher Unwissenheit und Laster alles verdunkelten und verschütteten, strahlte von jener Bergeshöhe ein neues Licht aus, das nicht nur durch die Weisheit der alten Kultur und Zivilisation, sondern auch durch die christliche Lehre genährt wurde, die irregeleiteten Völker und Stämme erleuchtete und sie wieder zur Wahrheit und auf den rechten Weg zurückführte. So kann man mit vollem Recht sagen, dass jenes Kloster heilige Zufluchtsstätte und Bollwerk der höchsten Wissenschaften und Tugenden wurde und in<br />
den damaligen überaus traurigen Zeiten „gleichsam die Säule der Kirche und die Schutzwehr des Glaubens“ (16) war.<br />
<br />
====Der weise Ordensvater: ====<br />
<br />
=====Vater des abendländischen Mönchtums=====<br />
<br />
'''13''' Hier gab Benedikt dem monastischen Leben jene vollendete Form, nach der er zuvor lange in Gebet, Betrachtung und Übung gestrebt hatte. Die göttliche Vorsehung scheint ihm besonders die Aufgabe zugedacht zu haben, nicht so sehr die in den östlichen Ländern übliche mönchische Lebensweise nach dem Westen zu verpflanzen, als sie vielmehr der Denkart, den Bedürfnissen und Verhältnissen Italiens und der übrigen Völker Europas in glücklicher Form anzupassen. So fügte er zu der erhabenen östlichen Aszese das tätige Leben hinzu, nach dem Grundsatz: „Das Betrachtete andern vermitteln“ (17), um nicht nur aus unbebautem Land irdische Früchte, sondern durch apostolische Anstrengungen auch geistlichen Segen zu gewinnen. Das einsame Leben brachte wohl harte Bußstrenge mit sich, die nicht für alle geeignet (18) und zuweilen für manche sogar gefährlich war: aber die Härte wurde gemildert durch das brüderliche Zusammenleben in der benediktinischen Familie, in der die selige Ruhe im Verein mit Gebet, Arbeit, Gottesdienst und Pflege der Wissenschaft weder Müßiggang noch Überdruss kennt, wo Tätigkeit und Arbeit Geist und Gemüt weder ermüden noch zerstreuen und auch nicht zu unnützem Zeitvertreib verführen, sondern sie verklären, befestigen und zu Höherem erheben. Denn keine übermäßige Strenge in der Ordenszucht wird gefordert, noch allzu harte Kasteiung, sondern vor allem die Liebe zu Gott und eine alle umfassende tätige, brüderliche Liebe. In der Weise nämlich „hat er die Regel gestaltet, dass die Starken mehr zu tun begehrten, und die Schwachen vor ihrer Strenge nicht zurückschreckten ... Er war aber bestrebt, die Seinen eher mit Liebe zu regieren, als sie durch Furcht zu beherrschen“18. Als er eines Tages einen Einsiedler traf, der sich selbst Fesseln angelegt und in eine enge Höhle eingeschlossen hatte, um nicht mehr zum früheren Sünden- und Weltleben zurückkehren zu können, sagte er zu ihm mit gütigem Tadel: „Wenn du ein Diener Gottes bist, soll dich nicht eine eiserne Kette, sondern die Kette Christi fesseln.“ (19)<br />
<br />
=====Hauptpunkte der benediktinischen Regel=====<br />
<br />
'''14''' So löste die benediktinische Mönchsregel die besondern Normen der Eremiten und ihre einzelnen Vorschriften ab, die bis dahin nicht fest umschrieben waren und oft von der Willkür der Zönobitenvorsteher abhingen. Die Regel ist ein hervorragendes Denkmal der römischen und christlichen Weisheit, wonach die Rechte, Pflichten und Aufgaben der Mönche mit evangelischer Milde und Liebe geordnet werden, und die auf diese Weise viele zum Streben nach Tugend und Heiligkeit angespornt hat und immer noch anspornt.<br />
<br />
Denn im benediktinischen Gesetz paart sich höchste Klugheit mit Einfalt, christliche Demut mit seelenstarker Tugend; die Strenge wird durch Milde gemäßigt, der notwendige Gehorsam durch gesunde Freiheit geadelt; die Zurechtweisung geschieht mit Festigkeit, die aber durch Nachsicht und Güte gelindert ist; die Vorschriften haben ihre volle Gültigkeit, aber der Gehorsam verleiht Ruhe dem Verstand und Friede dem Gemüt; das klösterliche Stillschweigen gefällt durch seinen Ernst, doch das Gespräch ist heiter und anmutig; die Autorität wird voll ausgeübt, es fehlt jedoch dem Schwachen nicht an notwendiger Hilfe. (20)<br />
<br />
'''15''' Wir wundern uns also keineswegs, wenn alle Ernstdenkenden heute die Regel, die Benedikt, „der Mann Gottes, ... für die Mönche mit hervorragender Unterscheidungsgabe in lichtvoller Sprache geschrieben“ (21), mit höchstem Lob bedenken. Wir möchten daher ihre Leitgedanken kurz darstellen und ins rechte Licht rücken, in der Hoffnung, dies werde nicht nur der sehr zahlreichen Ordensfamilie des heiligen Patriarchen, sondern dem gesamten Klerus und dem christlichen Volk willkommen und nützlich sein.<br />
<br />
'''16''' Die klösterliche Gemeinschaft ist nach dem Vorbild eines christlichen Hauses aufgebaut. Ihr steht ein Abt oder Zönobiarch wie ein Familienvater vor, von dessen väterlicher Autorität alle abhängig sein müssen. „Wir erkannten es als nützlich - sagt Benedikt selber -, um des Friedens und der Liebe willen die Leitung des Klosters von des Abtes Urteil abhängen zu lassen.“ (22) Daher müssen ihm alle und jeder einzelne aus Gewissenspflicht pünktlich gehorchen (23) und in ihm die göttliche Autorität selbst sehen und verehren. Er hat die Aufgabe, die Mönche zu leiten und sie zur evangelischen Vollkommenheit zu führen; dabei soll er aber immer wieder bedenken und ernsthaft erwägen, dass er einst über sie dem höchsten Richter Rechenschaft ablegen muss (24); deswegen soll er sich in dieser sehr schweren Aufgabe so verhalten, dass er den gerechten Lohn dafür empfange, wenn „beim furchtbaren Gericht Gottes das Verhör stattfinden wird.“ (25) Außerdem hat er jedes Mal, wenn in seinem Kloster wichtige Angelegenheiten zu verhandeln sind, alle Mitglieder zusammenzurufen, ihre frei vorgetragenen Ansichten anzuhören und sorgfältig zu überdenken, bevor er die bestmögliche Entscheidung fällt. (26)<br />
<br />
'''17''' Eine große Schwierigkeit und heikle Frage tauchte gleich zu Beginn auf, als es zu entscheiden galt, welche Kandidaten aufzunehmen und welche abzuweisen seien. Es suchten nämlich Leute aus den verschiedensten Familien, Völkern und sozialen Schichten um Aufnahme in die Klöster nach: Römer und Barbaren, Freie und Sklaven, Sieger und Besiegte, nicht wenige aus dem Patriziat und dem niederen Volk. Benedikt regelte die ganze Frage in großzügigem Geiste und in brüderlicher Liebe: „Weil wir alle“, so sagte er, „ob Sklaven oder Freie, in Christus eins sind, und unter dem einen Herrn den gleichen Kriegsdienst leisten..., soll ... auch für alle die gleiche Liebe gelten und für alle, wie es sich geziemt, die gleiche Zucht“ (27). Denen, die seiner Lebensregel folgen, verordnet er, dass „allen alles gemeinsam sei“ (28), nicht durch Gewalt oder durch irgendeinen Zwang, sondern durch freien und hochherzigen Entschluss. Alle sollen zudem durch die Gemeinsamkeit des religiösen Lebens in den Räumen des Klosters zusammengehalten werden, und zwar so, dass sie nicht nur dem Chorgebet und dem Studium, sondern auch der Bebauung der Felder, ja sogar der Handwerksarbeit (29) und auch der Ausübung des Apostolates obliegen können. Denn „der Müßiggang ist der Feind der Seele, und deswegen sollen die Brüder sich zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit beschäftigen ... (30). Das soll allen die Hauptsache sein, das sollen alle mit größter Sorgfalt anstreben, dass „nichts dem Dienste Gottes vorgezogen werde“ (31). Denn obwohl „wir wissen, dass Gott überall gegenwärtig ist, sollen wir dies vor allem ohne jeden Zweifel glauben, wenn wir das Lob Gottes singen. Seien wir uns also bewusst, wie man sich im Angesichte Gottes und der Engel zu benehmen hat, und wir wollen am Psalmengebet so teilnehmen, dass unsere Gedanken mit unserer Stimme im Einklang. Stehen“ (32).<br />
<br />
'''18''' In diesen hauptsächlichsten Weisungen und Grundsätzen, die wir aus der Regel des heiligen Benedikt hervorheben wollten, vermag man die Weisheit dieser Ordensregel, ihre Zweckmäßigkeit, ihre erstaunliche harmonische Übereinstimmung mit der menschlichen Natur und somit auch ihre Bedeutung, ihre hohe Wichtigkeit klar zu erkennen und richtig zu bewerten. Denn während in jener dunklen und von Unruhen erfüllten Zeit Ackerbau, Handwerk, heilige und weltliche Wissenschaft verachtet und fast von allen aufgegeben war, erstand in den Klöstern des heiligen Benedikt eine fast unzählbare Schar von Ackerbauern, Handwerkern und Gelehrten, die alles daran setzten, die Denkmäler der alten Kultur zu erhalten, und überdies die alten wie die neuen Völker, die oft miteinander im Kampfe lagen, erfolgreich aufriefen zu Friede, Eintracht und fleißiger Arbeit. Sie haben eben diese Völker aus Barbarei, Verwüstungen und Trümmerfeldern mit Erfolg zurückgeführt zu milderen, menschlich-christlichen Sitten, zu Arbeitswilligkeit, zum Licht der Wahrheit und zum Wiederaufbau eines von Weisheit und Liebe<br />
beherrschten öffentlichen Lebens.<br />
<br />
'''19''' Das ist jedoch nicht alles. Denn Hauptsache im Lebensideal des Benediktinerordens ist es, dass alle bei der Arbeit ihrer Hände oder ihres Geistes vor allem danach trachten, beständig Christus vor Augen zu haben und ihm in Liebe ergeben zu sein. Denn die irdischen Dinge, und wäre es die ganze Welt, vermögen das Herz des Menschen nicht zu erfüllen, den Gott geschaffen hat, auf dass er Ihn gewinne. Ihre gottgewollte Bestimmung ist es vielmehr, uns stufenweise empor zu führen und aufwärts zu weisen, damit wir Ihn erringen. Daher eben tut es dringend Not, „der Liebe Christi nichts voranzustellen“ (33), « nichts Lieberes als Christus zu kennen“ (34), „Christus durchaus nichts vorzuziehen, der uns zum ewigen Leben führen möge“ (35).<br />
<br />
'''20''' Dieser glühenden Liebe zum göttlichen Erlöser muss aber auch die Liebe zu den Mitmenschen entsprechen. Wie Brüder müssen wir sie alle innig umfangen, ihnen behilflich sein, so gut wir es vermögen. Als Hass und Streit die Menschen aufeinander hetzten, als Raub, Mord, Not und Elend ohne Maß und Zahl aus jenem gewaltigen Umbruch des Völkerlebens sich ergaben, schrieb Benedikt für seine Jünger als heilige Regel folgendes vor: „Mit ganz besonderer Sorgfalt nehme man die Armen und die Fremden auf, denn vornehmlich in ihnen wird ja Christus aufgenommen“ (36). „Jeden Gast, der kommt, nehme man wie Christus auf, denn er wird einmal sprechen: Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen“ (37). „Die Sorge für die Kranken gehe allem vor und über alles. Man soll ihnen demnach wie Christus dienen, dem man ja wirklich dient in ihnen, hat er doch gesagt: Ich war krank und ihr habt mich besucht“ (38).<br />
<br />
=====Tod des heiligen Benedikt=====<br />
<br />
Beseelt also und angetrieben von dieser vollkommensten Gottes- und Nächstenliebe hat Benedikt sein Werk zum Abschluss gebracht und vollendet. Und als er schon, voll Freude und an Verdiensten reich, die Himmelsluft ewiger Seligkeit verspürte, da ließ er, bereits im Vorgeschmacke ihrer Köstlichkeiten, „sechs Tage vor dem Hinscheiden ... das Grab für sich öffnen. Kurz darauf vom Fieber ergriffen, wurde er, von dessen heißer Glut verzehrt, schwächer und schwächer, und als die Krankheit täglich ernster wurde, ließ er sich von den Jüngern in die Hauskapelle tragen und stärkte sich für seinen Heimgang durch den Empfang des Leibes und des Blutes seines Herrn. Dann stand er da, gestützt auf seine Jünger die schwachen Glieder aufrechthaltend, und hauchte - die Hände zum Himmel erhoben - unter Gebeten seine<br />
Seele aus“ (39).<br />
<br />
===Sendung und Einfluss des Benediktinerordens===<br />
<br />
==== In der Vergangenheit====<br />
<br />
'''21''' Nach dem frommen Tode und der Heimkehr des heiligen Patriarchen in den Himmel, erlitt der von ihm gegründete Orden keinen Rückgang noch gar einen Zusammenbruch; vielmehr erwies er sich jederzeit als vom lebendig gegenwärtigen Beispiel seines Stifters geführt, genährt, gebildet und überdies durch seinen himmlischen Schutz gestützt und gestärkt und verbreitete sich mächtig weiter im Laufe der Jahrhunderte.<br />
<br />
=====Rettung der abendländischen Kultur=====<br />
<br />
'''22''' Den gewaltigen und wohltätigen Einfluss, den das Benediktinertum auf die Welt von damals ausübte, sowie den vielfältigen Segen, den es in den folgenden. Jahrhunderten ausstreute, müssen alle anerkennen, die ohne Vorurteil das menschliche Geschehen überblicken und die geschichtlichen Tatsachen objektiv beurteilen. Denn abgesehen davon, dass, wie schon gesagt, die Benediktiner fast allein es waren, die in dunkler Zeit, inmitten all der Unwissenheit der Menschen und des allgemeinen Umbruchs, die Handschriften der Philosophie und der Dichtung gerettet haben und sie sorgfältig abschrieben und kommentierten, waren sie es vor allem auch, die der Kunst, der Wissenschaft und dem Unterricht oblagen und sie in jeder Hinsicht förderten. Man kann darum geradezu behaupten: Wie die katholische Kirche in den ersten drei Jahrhunderten ihres Bestehens vor allem durch das heilige Blut ihrer Märtyrer wunderbar gefestigt und gemehrt wurde, und wie in derselben und der nachfolgenden Zeit die Unversehrtheit ihrer gottgeschenkten Lehre gegen den Ansturm und die Trugschlüsse der Irrlehrer durch das kraftvolle und weise Wirken der heiligen Väter wiederhergestellt, beschützt und bewahrt wurde, so wurden der heilige Benedikt und seine blühenden Niederlassungen nicht ohne ein besonderes Walten der Vorsehung ins Leben gerufen, damit beim Zusammenbruch des Römischen Reiches und beim allseitigen Einbruch wilder, kriegerischer Völkerschaften die Christenheit die eigenen Wunden wieder heile und überdies die neuen Völker, gebändigt durch die Wahrheit und Liebe des Evangeliums, in klugem, unablässigem Bemühen zu brüderlicher Eintracht führe, zu fruchtbringender Arbeit und zu jenem Tugendleben, das sich nach den Geboten unseres Erlösers richtet und sich von seiner Gnade nährt.<br />
<br />
=====Verbreitung des Christentums=====<br />
<br />
Wie nämlich im voraufgegangenen Zeitalter die römischen Legionen auf den Konsularstraßen auszogen, um der Herrschaft ihrer erhabenen Stadt alle Völker untertan zu machen, so wurden damals ungezählte Mönchsscharen, gewappnet nicht mit Waffen des Fleisches, sondern mit der Macht Gottes, (40) vom Papste entsandt, damit sie nicht mit Schwert, Gewalt und Blut, sondern mit Kreuz und Pflug, mit Wahrheit und Liebe die Friedensherrschaft Jesu Christi bis an die Grenzen der bewohnten Erde segenstiftend verbreiteten.<br />
<br />
Wo immer aber diese waffenlosen Scharen, bestehend aus Predigern der christlichen Lehre, aus Handwerkern und Landarbeitern und aus Lehrern der menschlichen und göttlichen Wissenschaften, ihren Fuß hinsetzten, dort wurde Wald- und Brachland umgepflügt, erstanden Heimstätten für Handwerk und Kunst, wurden Menschen aus Wäldern und Wildheit zu gesittetem Zusammenleben und zur Pflege der Kultur emporgeführt. Als Ideal leuchtete ihnen dabei das Licht der Lehre und der Tugendübung, wie sie das Evangelium verkündet. Zahllose von übernatürlicher Liebe entflammte Apostel durchzogen die noch unerschlossenen und ruhelosen Gebiete Europas, begossen sie mit viel Schweiß und Blut, befriedeten die einheimischen Völkerschaften und brachten ihnen das Licht katholischer Wahrheit und Heiligkeit, und das alles in einem Ausmaß, dass man mit Recht behaupten kann: Mochte auch Rom, in vielen Siegen groß geworden, seinen Herrschaftsanspruch zu Wasser und zu Land vorangetragen haben, „weniger war noch, was ihm die Waffen untertänig machten, als was ihm Christi Frieden unterwarf“ (41).<br />
<br />
=====Große Gestalten der Kirchengeschichte=====<br />
<br />
Sind es doch nicht nur die Länder der Briten, Gallier, Bataver, Friesen, Germanen und Skandinavier, sondern dazu noch zahlreiche slavische Völker, die sich des apostolischen Wirkens dieser Mönche rühmen können, in ihnen ihre Zierden erblicken und die verehrten Gründer ihrer Kultur. Wie groß ist doch die Zahl der Bischöfe aus dem Benedikterorden, die schon bestehende Kirchensprengel weise verwalteten oder neue schufen und mit ihrer Arbeit befruchteten; wie groß die Zahl der Lehrer und hervorragenden Gelehrten, die berühmte Heimstätten der Wissenschaft und Kunst erstehen ließen und nicht nur ungezählte im Irrtum befangene Geister erleuchteten, sondern ganz allgemein den Fortschritt der weltlichen und heiligen Wissenschaften förderten; wie groß endlich die Zahl glänzender Heiligengestalten, die als Söhne des heiligen Benedikt zur evangelischen Vollkommenheit gelangten und durch das Beispiel ihres Tugendlebens, durch Predigten und Wunderzeichen, die sie durch Gottes Gnade wirkten, zur Ausbreitung des Reiches Jesu Christi ihren vollen Beitrag leisteten! Unter ihnen befinden sich, wie ihr ja wisst, ehrwürdige Brüder, sehr viele, welche die bischöfliche Würde trugen oder sogar im hehren Glanz der Tiara erstrahlten. Es würde zu weit führen, wollten Wir im einzelnen hier die Namen dieser apostolischen Männer, Bischöfe, Heiligen und Päpste aufzählen, die in den Annalen der Kirche mit goldenen Lettern eingetragen sind. Sie strahlen übrigens in so hellem Glanz, so mächtig war ihr Eingreifen in die Geschichte, dass sie leicht zu erkennen sind.<br />
<br />
==== In Gegenwart und Zukunft====<br />
<br />
'''23''' So halten Wir es denn für sehr angebracht, dass die Tatsachen, die Wir in Unserem Schreiben kurz dargelegt haben, anlässlich dieser Jahrhundertfeier aufmerksame Beachtung finden und in hellem Licht vor aller Augen neu erstehen, damit alle nicht nur diese Ruhmesblätter der Kirchengeschichte preisen, sondern auch freudigen und bereitwilligen Herzens verwirklichen, was sich aus ihnen an Vorbildern und an Weisungen zu einem heiligeren Leben schöpfen lässt.<br />
<br />
=====Durch Selbstheiligung und Apostolat=====<br />
<br />
'''24''' Denn nicht nur längst vergangene Zeiten haben vom Ordensstifter Benedikt und von seinem Werk Wohltaten empfangen, sondern auch unser Zeitalter hat viel und Wichtiges von ihm zu lernen. Zuallererst sollen - woran Wir übrigens nicht zweifeln - die Mitglieder seiner zahlreichen Ordensfamilie täglich noch eifriger seinen Spuren folgen und im eigenen Leben verwirklichen, was er an Tugend und an Heiligkeit gelehrt und ihnen vorgelebt hat. Das wird zur Folge haben, dass sie dem Ruf vom Himmel, dem sie einst aus übernatürlichem Antrieb folgten, als sie ihr Ordensleben antraten, weiterhin durch Taten entsprechen und nicht nur die heitere Ruhe ihres Gewissens und vor allem das Heil ihrer eigenen Seele sicherstellen, sondern überdies befähigt werden, zum Nutzen der ganzen Christenheit und zur größeren Ehre Gottes reiche Früchte zu zeitigen.<br />
<br />
=====Durch Ausstrahlung des christlichen Geistes=====<br />
<br />
'''25''' Auch alle anderen Stände werden, wenn sie lernbegierig und aufmerksam das Leben des heiligen Benedikt, seine Anweisungen und seine Großtaten betrachten, sich dem milden und machtvollen Wehen seines Geistes nicht entziehen können, und sie werden unwillkürlich sehen, dass auch unsere Zeit, erschüttert und geängstigt durch all die furchtbaren Verheerungen an irdischen Gütern und in den Menschenseelen, durch Gefahren und Verluste, die notwendigen Heilmittel von ihm erhalten kann. Vor allem aber mögen sie bedenken und ernstlich in Erwägung ziehen, dass die erhabenen Grundsätze und sittlichen Forderungen der Religion die zuverlässigsten und stärksten Grundlagen der menschlichen Gesellschaft bilden. Sind sie zerstört oder auch nur geschwächt, dann muss es innerlich notwendig dahin kommen, dass alle Stützen, eine nach der anderen, zusammenbrechen, auf denen rechte Ordnung, Friede und Glück der einzelnen und Völker ruhen.<br />
<br />
Was - wie gesagt - die Geschichte des Benediktinerordens einleuchtend dartut, das hat schon im heidnischen Altertum ein auserlesener Geist erkannt, als er sich wie folgt äußerte: „Ihr Priester befestigt die Stadt mit Gottesfurcht besser als mit Mauern“ (42). Und ferner: „Sind sie (heilige Scheu nämlich und Gottesfurcht) beseitigt, dann ergibt sich als Folge die Beunruhigung des ganzen Daseins und ein großes Durcheinander; und mir will scheinen, mit der Ehrfurcht vor den Göttern verschwinden auch Treue und Glauben aus der menschlichen Gemeinschaft und die vorzüglichste aller Tugenden, die Gerechtigkeit.“ (43)<br />
<br />
====== Gottesfurcht und Gottesliebe======<br />
<br />
'''26''' Das Erste und Wichtigste ist es, Gott den Allerhöchsten zu verehren, seinen heiligen Geboten im privaten und öffentlichen Leben zu gehorchen; werden diese missachtet, hat keine menschliche Gewalt mehr Zügel genug, um die entfesselten Leidenschaften der Massen zu bändigen und zu besänftigen. Denn die Religion allein vermag Recht und Sittlichkeit zu stützen.<br />
<br />
'''27''' Eine andere mahnende Lehre noch, deren unsere Zeit so sehr bedarf, gibt der heilige Patriarch: Gott nicht bloß zu verehren und anzubeten, ihn vielmehr mit restloser Hingabe wie einen Vater zu lieben. Diese Liebe ist heute leider erkaltet und erstarrt; daher trachtet die Großzahl der Menschen mehr nach irdischen als nach überzeitlichen Gütern, und zwar in ungeordnetem Wettstreit, der nicht selten Unruhen und Feindschaft gebiert und leidenschaftlichen Hass schürt. Da nun der ewige Gott der Urheber unseres Lebens ist und uns ungezählte Wohltaten zukommen lässt, ist es unsere dringende Pflicht, ihn über alles zu lieben sowie mit allem, was wir sind und haben, uns ihm zuzuwenden. <br />
<br />
======Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft======<br />
<br />
Aus dieser Gottesliebe muss dann die brüderliche Liebe zu den Mitmenschen quellen, die wir alle, welcher Rasse, Nation und Kultur sie auch seien, als Brüder in Christus betrachten sollen, damit aus allen Völkern und sozialen Schichten eine einzige christliche Familie erstehe, die nicht ein unheilvoller Egoismus zerreißt, sondern gegenseitige Hilfsbereitschaft freundschaftlich verbindet. <br />
<br />
'''28''' Wenn diese Leitsätze, durch die einst Benedikt die zerbröckelnde, aufgewühlte Gesellschaft seiner Zeit erleuchtet, gestärkt, aufgerichtet und zu besseren Sitten zurückgeführt hat, heute wieder allgemein in Übung kommen und zur Geltung gelangen, dann wird sich auch unser Zeitalter zweifellos von seinem furchtbaren Schiffbruch leichter erholen, die materiellen und geistigen Wunden heilen sowie der ungeheuren Not sichere und wirksame Abhilfe schaffen.<br />
<br />
======Adel und Sinn der Arbeit======<br />
<br />
'''29''' Außerdem, ehrwürdige Brüder, lehrt uns der Gesetzgeber des Benediktinerordens - es wird dies heute zwar gern öffentlich verkündet, aber nur allzu oft nicht so, wie es sich geziemt, in die Tat umsetzt -, dass nämlich die menschliche Arbeit nicht etwas Unwürdiges, Hassenswertes und Lästiges ist, sondern etwas Liebenswertes, Ehrenvolles und Erfreuliches. Denn ein Leben der Arbeit, ob es sich nun um Ackerbau, Gewerbe oder Wissenschaft handelt, erniedrigt den Menschen nicht, sondern adelt ihn, es führt ihn nicht zur Knechtschaft, es macht ihn vielmehr zum Herrn und Lenker: der ihn umgebenden, mühsam gemeisterten Dinge. Der Jüngling Jesus selbst verschmähte es nicht, als er noch verborgen im häuslichen Umkreis weilte, in der Werkstatt seines Nährvaters das Handwerk des Zimmermanns auszuüben. Nicht nur jene, .die den Geisteswissenschaften obliegen, sondern auch jene, die sich durch ihrer Hände Werk den täglichen Lebensunterhalt verdienen, mögen also wissen, dass sie etwas sehr Edles tun, mit dem sie ihren eigenen Bedürfnissen wie dem Wohle der gesamten bürgerlichen Gemeinschaft dienen. Sie sollen es jedoch, wie der Patriarch Benedikt mahnt, mit zum Himmel erhobenem Geist und Herzen tun, nicht aus Zwang, sondern aus Liebe, und wenn sie ihre eigenen Rechtsansprüche verteidigen, so soll es nicht aus Neid auf andere, nicht ungeregelt und revolutionär, sondern mit Ruhe und in gehöriger Ordnung geschehen. Sie seien des göttlichen Ausspruches eingedenk: Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen (44); diesem Befehl müssen alle Menschen um des Gehorsams und der Sühne willen nachleben.<br />
<br />
'''30''' Dabei ist das Wichtigste nicht zu vergessen, dass wir nämlich von den irdischen, hinfälligen Dingen, ob sie nun durch die Kraft des Geistes erforscht und ausgebaut oder mit mühsamer Hände Werk bezwungen werden, unter beständigem, täglich wachsendem Einsatz uns zu den dauerhaften ewigen Gütern empor ringen müssen; erst wenn wir diese erlangt haben, wird es uns gestattet sein, des wahren Friedens, verklärter Ruhe und des ewigen Glückes uns zu erfreuen.<br />
<br />
==Schluss: Aufruf zum Wiederaufbau des Klosters Monte Cassino==<br />
<br />
'''31''' Als der kürzlich beendete, wütende Krieg in die Gegenden der Campagna und des Latiums vorgetragen wurde, umtobte er leider auch, wie ihr wisst, ehrwürdige Brüder, die heiligen Höhen von Monte Cassino. Wir haben zwar durch Rat, Mahnung und beschwörende Bitten alles getan, damit der Religion, der Kunst und auch der menschlichen Kultur nicht eine unermessliche Schmach angetan werde; jene berühmte Stätte der Wissenschaft und Frömmigkeit, die wie eine siegreiche Fackel in der Finsternis die Fluten der Jahrhunderte überstrahlt hatte, wurde trotzdem zerstört und vernichtet. Als die Städte, Ortschaften, Burgen und Dörfer ringsum in Schutt und Asche sanken, da war es, als sollte auch das Kloster Cassino, das Mutterhaus des Benediktinerordens, gleichsam an der Trauer seiner Söhne und an ihrem Unglück teilhaben. Fast nichts blieb verschont als die ehrwürdige Gruft, wo die Überreste des heiligen Patriarchen ehrfurchtsvoll aufbewahrt werden.<br />
<br />
'''32''' Heute starren dort, wo einst herrliche Kunstdenkmäler standen, nur mehr zerschlagene Mauern, Trümmer und Ruinen, überwachsen von wildem Gestrüpp, und einzig eine kleine Behausung für die Mönche ist neuestens in der Nähe wieder erstellt worden. Doch jetzt, da wir des 1400. Jahres gedenken, seit jener heilige Mann, nach Schaffung eines so großen Werkes, in die himmlische Seligkeit eingegangen ist, - warum sollten Wir da nicht zu hoffen wagen, dass dank der Zusammenarbeit aller Gutgesinnten, namentlich jener, die mit Reichtum gesegnet und von Großmut erfüllt sind, dieses uralte Kloster so rasch wie möglich in seiner ursprünglichen Schönheit wieder erstehen werde? Das schuldet gewiss dem heiligen Benedikt die gesamte zivilisierte Welt, die es zum großen Teil ihm und seiner arbeitsamen Gefolgschaft zu verdanken hat, dass sie vom hellen Licht der Wissenschaft erleuchtet ist und sich freuen darf, die Zeugnisse der antiken Kultur bewahrt zu haben. Deshalb vertrauen Wir darauf, dass die baldige Verwirklichung dieses Anliegens Unseren Wünschen und Hoffnungen entsprechen werde. Dieses Unternehmen sei nicht nur ein Werk des Wiederaufbaus, sondern der Auftakt<br />
zu einer besseren Zeit, wo der Geist des Benediktinertums und seine mehr denn je zeitgemäßen Lehren ständig wachsenden Einfluss gewinnen mögen.<br />
<br />
'''33''' Beseelt von dieser festen Hoffnung, erteilen Wir jedem einzelnen von euch, ehrwürdige Brüder, der gesamten, eurer Obsorge anvertrauten Herde, der ganzen Mönchsfamilie, die diesen Gesetzgeber ruhmvoll ihren Lehrer und Vater nennt, als Unterpfand himmlischer Gnaden und als Beweis Unseres Wohlwollens, von ganzem Herzen den Apostolischen Segen.<br />
<br />
<center> Gegeben zu Rom bei St. Peter am 21. März, </center><br />
<center> dem Feste des heiligen Benedikt, im Jahre 1947, </center><br />
<center> dem neunten Unseres Pontifikates </center><br />
<br />
<center> [[Papst]] [[Pius XII.]] </center><br />
<br />
== Anmerkungen==<br />
<br />
(1) PlUS XII., Rundschreiben zum 1400. Todestag des heiligen Benedikt von Nursia. AAS XXXIX (1947) 137-155.<br />
<br />
(2) Matth. XXVIII 20.<br />
<br />
(3) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. u, Prol. PL 66, 126.<br />
<br />
(4) CICERO, De offiiciis II 8, 27.<br />
<br />
(5) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II, Prol. PL 66, 126.<br />
<br />
(6) GREGORlUS MAGNUS, Lib. Dial. II, 8. PL 66, 150.<br />
<br />
(7) VgI. GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II, Prol. PL 66, 126. ,<br />
<br />
(8) SALVIAN, De gub. mundi, VIII. 1 PL 53, 130. <br />
<br />
(9) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II, ebd.<br />
<br />
(10) Kol. III 3.<br />
<br />
(11) GREGORlUS MAGNUS, Lib. Dial. II 3. PL 66, 132.<br />
<br />
(12) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II 3. PL 66, 140.<br />
<br />
(13) Ebd.<br />
<br />
(14) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II 8. PL 66, 148.<br />
<br />
(15) Ebd., II 8. PL 66, 152.<br />
<br />
(16) PlUS X., Apostolisches Schreiben Archicoenobium Casinense vom 10. Februar 1913. AAS v (1913) 113.<br />
<br />
(17) THOMAS VON AQUIN, Sum. theol. II-II q. 188 a. 6.<br />
<br />
(18) MABILLON, Annales Ord. S. Bened. (Lucca 1739) Bd. I, S.107.<br />
<br />
(19) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. III 16. PL 77, 261.<br />
<br />
(20) Vgl. BOSSUET, Panégyrique de saint Benoit. (Euvres complétes (Paris 1863) Bd. XII, S. 165.<br />
<br />
(21) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II 36. PL 66, 200.<br />
<br />
(22) Regel des heiligen Benedikt, Kp. 65.<br />
<br />
(23) Vgl. ebd., Kp.3. <br />
<br />
(24) Vgl. ebd., Kp.2.<br />
<br />
(25) Ebd., Kp.2. <br />
<br />
(26) Vgl. ebd., Kp.3.<br />
<br />
(27) Ebd., Kp. 2. <br />
<br />
(28) Ebd., Kp. 33.<br />
<br />
(29) Regel des heiligen Benedikt, Kp. 48 und 57.<br />
<br />
(30) Ebd., Kp. 48.<br />
<br />
(31) Ebd., Kp. 43.<br />
<br />
(32) Ebd., Kp. 19.<br />
<br />
(33) Regel des heiligen Benedikt, Kp. 4.<br />
<br />
(34) Ebd., Kp. 5.<br />
<br />
(35) Ebd., Kp. 72.<br />
<br />
(36) Ebd., Kp. 53.<br />
<br />
(37) Ebd., Kp. 53; Matth. xxv 35.<br />
<br />
(38) Ebd., Kp. 36; Matth. xxv 36.<br />
<br />
(39) GREGORIUS MAGNUS, Lib. Dial. II 37. PL 66, 202. <br />
<br />
(40) II Kor. x 4.<br />
<br />
(41) LEO MAGNUS, Sermo I in natali Ap. Pefri et Pauli. PL 54, 423.<br />
<br />
(42) CICERO, De nat. deorum III 40, 94.<br />
<br />
(43) CICERO, De nat. deorum I 2, 3.<br />
<br />
(44) Gen. III 19.<br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte (Wortlaut)]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Karl_Josef_Becker&diff=84714Karl Josef Becker2012-03-04T22:04:59Z<p>Charles: Ü.</p>
<hr />
<div>'''Karl Josef Kardinal Becker SJ''' (* 18. April 1928 in Köln) ist ein römisch-katholischer Theologieprofessor (Dogmatiker) und [[Kardinal]] der Hl. Römischen Kirche.<br />
<br />
==Leben==<br />
<br />
Nach dem Abitur auf dem Dreikönigsgymnasium in Köln studierte Becker von 1946 bis 1948 Altphilologie an der Universität Köln. Am 13. April 1948 trat er in den [[Jesuitenorden]] ein. Nach dem [[Noviziat]] folgten von 1950 bis 1953 das Studium der Philosophie an der [[Jesuitenhochschule Pullach]] und von 1955 bis 1959 das Studium der Katholischen Theologie an der Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Er empfing die Priesterweihe am 31. Juli 1958. <br />
1964 wurde Becker mit einer Dissertation über „Die Rechtfertigungslehre nach Domingo de Soto. Das Denken eines Konzilsteilnehmers vor, in und nach Trient.“ zum Dr. theol. promoviert. Er lehrte bis 1969 Dogmatik an der [[Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen]], ab 1969 an der [[Päpstlichen Universität Gregoriana]]. 1971 erfolgte die Ernennung zum außerordentlichen Professor und 1975 die zum ordentlichen Professor für Dogmatik. 2003 Emeritierung.<br />
<br />
Beckers Hauptlehr- und Forschungsgebiete liegen in der Sakramenten- und Gnadenlehre. Er gilt als Experte für das [[Vaticanum II]] mit Schwerpunkt auf dessen Aussagen zu Religionsfreiheit und Ökumene. Becker engagierte sich in der Diskussion um die Pastoralkonstitution [[Lumen Gentium]]. Er ist unter anderem der Doktorvater von [[Guido Pozzo]], [[Alexandra von Teuffenbach]] und [[Werner Guballa]].<br />
Papst [[Paul VI.]] berief Becker am 15. September 1977 zum [[Konsultor]] der [[Kongregation für die Glaubenslehre]], wo er seit 1982 mit deren damaligem Präfekten Joseph Ratzinger zusammen arbeitete.<br />
Der von [[Papst Benedikt XVI.]] sehr geschätzte Becker hatte Anteil an der Vorbereitung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre der katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes. Seit 2009 nahm der Jesuit auch an den Gesprächen zwischen dem Heiligen Stuhl und der traditionalistischen Pius-Bruderschaft teil.<br />
<br />
Am 6. Januar 2012 kündigte Benedikt XVI. beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in Rom an, dass er Pater Becker zusammen mit 21 anderen katholischen Geistlichen, darunter dem ebenfalls aus Köln stammende Berliner [[Metropolit]]en [[Rainer Maria Woelki]], am Samstag, 18. Februar 2012 in einem feierlichen [[Konsistorium]] in St. Peter die Kardinalswürde verleihen werde. Er nahm Becker dort als [[Kardinaldiakon]] mit der [[Titeldiakonie]] [[San Giuliano Martire]] in das [[Kardinalskollegium]] auf. Aufgrund seines hohen Alters von 83 Jahren dispensierte ihn Benedikt XVI. von der Verpflichtung zum vorherigen Empfang der [[Bischofsweihe]].</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Pantaleon&diff=84157Pantaleon2012-01-25T13:10:08Z<p>Charles: tippos etc.</p>
<hr />
<div>[[Image:Nothelfer_Pantaleon.gif|thumb|right|Nothelfer Pantaleon]]<br />
Der hl. '''Pantaleon''' (* 2. Hälfte 3. Jh. in Nikomedia, dem heutigen [[Ízmit]] in der [[Türkei]]; † wohl 305), [[Märtyrer]], Heiliger und gehört zu den [[Vierzehn Nothelfer|Vierzehn Nothelfern]], der Patron der Ärzte und Hebammen; gegen Kopfschmerzen; bei Verlassenheit.<br />
<br />
<br />
== Biographie & Legende==<br />
Pantaleon war der Sohn eines Heiden und einer Christin. Schon in jungen Jahren beschäftigte er sich mit der Medizin und der Ruf seiner Begabung drang bis zu Kaiser Maximian (Mitkaiser des Kaisers Diokletian), der ihn als seinen Leibarzt einstellte. Eines Tages erzählte Pantaleon der Frau des Kaisers, dass er [[Christ]] sei. Ein Tribun, der dieses Gespräch mit angehört hatte, berichtete dem Kaiser davon. So wurde Pantaleon eingekerkert, gefoltert und schließlich enthauptet. Pantaleon wird oft mit den Händen auf den Kopf genagelt dargestellt, da er, der Überlieferung nach, in dieser Position hingerichtet worden ist.<br />
<br />
==Patronat und Verehrung ==<br />
==Attribute==<br />
Pantaleon wird dargestellt mit Nagel/Nägel einer Salbenbüchse und Heilpflanze <br />
<br />
==Namensdeutung==<br />
Bei diesen Namen gibt es zwei Bedeutungen, beide kommen aus dem griechischen und Pantaleimon heißt der '''ganz Barmherzige''' und Pantaleon heißt '''ganz Löwe''' <br />
<br />
==Gedenktag== <br />
*Gedenktag katholisch: 27. Juli<br />
*Gedenktag orthodox: 27. Juli<br />
*Gedenktag armenisch: 27. Juli<br />
:liturg. Feier am 4. Donnerstag nach dem Kreuzerhöhungssonntag<br />
:Auffindung der Gebeine: 30. September<br />
*Gedenktag koptisch: 13. Juli auch der 12. Oktober<br />
<br />
==Patronate==<br />
Aegidius ist [[Patron]] folgender "Stichwörter"<br />
{|<br />
| valign="top" width="400" |<br />
*'''Berufe'''<br />
:der Ärzte<br />
:Ammen<br />
:Hebammen<br />
| valign="top" width="400" |<br />
*'''Geographie'''<br />
:von [[Erzbistum Köln|Köln]]<br />
| valign="top" width="400" |<br />
*'''Katastrophen'''<br />
:gegen Heuschreckenplage<br />
| valign="top" width="400" |<br />
*'''Krankheiten'''<br />
:gegen Auszehrung<br />
:gegen Kopfschmerzen<br />
:Viehkrankheiten<br />
| valign="top" width="400" |<br />
* '''Menschen'''<br />
:in Verlassenheit<br />
| valign="top" width="400" |<br />
*'''Tiere'''<br />
:der Haustiere<br />
|}<br />
<br />
==Orte, die mit Pantaleonin Verbindung stehen ==<br />
[[Reliquie]]n befinden sich in: [[Köln]] seit 972 werden Reliquien in der von Bischof [[Bruno]] erbauten Kirche St. Pantaleon verehrt, weitere sind in [[Lyon]], [[Genua]], [[Arles]], [[Ravenna]], [[Venedig]], [[Andechs]], [[Salem]], [[Zwiefalten]] und anderswo. <br />
<br />
Pantaleon-Ampullen, die von der aus ihm geflossenen Milch enthalten sollen, gibt es u. a. in [[Bari]], [[Neapel]], [[Venedig]] und [[Madrid]]. <br />
<br />
==Quellen==<br />
*Msgr. Dr. [[Peter von Steinitz]], ''Pantaleon der Arzt. Roman'', Köln 2005 (268 Seiten).<br />
<br />
==Querverweise==<br />
*[[Patrozinien im Erzbistum Bamberg]]<br />
*[[Vierzehn Nothelfer]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
{{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/p/pantaleon.shtml}}<br />
{{CathEnc|http://www.newadvent.org/cathen/11447a.htm}}<br />
<br />
<br />
<br />
{{Tagesheiliger}} <br />
<br />
[[Kategorie:Heilige]]<br />
[[Kategorie:Märtyrer]]<br />
[[Kategorie:Nothelfer]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Johannes_XXII.&diff=84156Johannes XXII.2012-01-25T13:07:14Z<p>Charles: +Navi</p>
<hr />
<div>'''Johannes XXII.''', eigentlich ''Jacques Arnaud Duèze'' oder ''Jacques Duèse'' (* 1245 oder 1249 in Cahors, [[Frankreich]]; † 4. Dezember 1334 in [[Avignon]], Frankreich) residierte von 1316 bis zu seinem Tode am 4. Dezember 1334 als erster [[Papst]] der katholischen Kirche dauerhaft in Avignon.<br />
<br />
{{Navigation Papst|VG=[[Klemens V.]]|VON-BIS= 1316 - 1334|NF=[[Benedikt XII.]]}}<br />
<br />
[[Kategorie: Päpste]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Benedikt_XII.&diff=84155Benedikt XII.2012-01-25T13:03:08Z<p>Charles: + Navi</p>
<hr />
<div>Papst '''Benedikt XII.''' amtierte vom 20. Dezember 1334 bis 15. April 1342 und residierte in [[Avignon]], wo er den Bau des großen Papstpalastes betrieb. Geboren als ''Jacques Fournier'' wandte er sich dem [[Zisterzienser]]-Orden zu. <br />
<br />
In der Nachfolge von [[Johannes XXII.]] gewählt, der sich gegen Ende seiner Amtszeit, hochbetagt, in der dogmatischen Frage der ''visio beatifica'' verhedderte, entschied Benedikt XII. 1336 mit der Bulle ''Benedictus Deus'', nach heutigen Kriterien: mit Anspruch auf [[Unfehlbarkeit]], dass die Verstorbenen unmittelbar nach dem Tode zur Schau Gottes gelangen, also ''nicht'' erst mit dem Jüngsten Gericht am Ende der Geschichte (wie es später ähnlich von [[Luther]] vertreten wurde).<br />
<br />
Das Grabmal Benedikt XII. ist das erste, das eine [[Tiara]] mit drei Kronreifen zeigt.<br />
[[Bild:Benedict_XII_Avignon.JPG|thumb|left|Grabmal Benedikt XII., Avignon]]<br />
<br />
{{Navigation Papst|VG=[[Johannes XXII.]]|VON-BIS= 1334 - 1342|NF=[[Klemens VI.]]}}<br />
<br />
[[Kategorie:Päpste]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Bernhard&diff=83767Bernhard2011-12-25T12:33:54Z<p>Charles: + B. von Menthon</p>
<hr />
<div>'''Bernhard''' ist ein männlicher Vorname. Die franzöische Form lautet '''Bernard'''. Als Kurzform werden '''Bernd''' oder auch '''Bernt''' verwendet.<br />
<br />
'''Heilige und '''Selige''':<br />
* Hl. [[Bernhardin von Siena]]<br />
* Sel. [[Bernhard Lichtenberg]]<br />
* Hl. [[Bernhard Tolomei]]<br />
* Hl. [[Bernhard von Clairvaux]]<br />
* Hl. [[Bernhard von Menthon]]<br />
<br />
'''Andere Namensträger''':<br />
* [[Bernard Agré]] <br />
* [[Bernard Alfrink]]<br />
* [[Bernard Ardura]]<br />
* [[Bernard Bolzano]]<br />
* [[Bernard Botte]]<br />
* [[Bernard Fellay]]<br />
* [[Bernard Genoud]] <br />
* [[Bernhard Groß]]<br />
* [[Bernard Henrichs]]<br />
* [[Bernhard Meuser]]<br />
* [[Bernard Nathanson]]<br />
* [[Bernard Overberg]]<br />
* [[Bernd Pattloch]]<br />
* [[Bernard Tolno]] <br />
<br />
'''Bernardin'''<br />
* [[Bernardin Gantin]]<br />
<br />
'''Bernd'''<br />
* [[Bernd-Jochen Hilberath]] <br />
* [[Bernd Hagenkord]] <br />
* [[Bernd Posselt]] <br />
<br />
''' Bernhard '''<br />
* [[Bernhard Backovsky]] <br />
* [[Bernhard Bartmann]]<br />
* [[Bernhard Bueb]]<br />
* [[Bernhard Eckerstorfer]]<br />
* [[Bernhard Galura]] <br />
* [[Bernhard Geyser]] <br />
* [[Bernhard Groß]]<br />
* [[Bernhard Hanssler]] <br />
* [[Bernhard Häring]] <br />
* [[Bernhard Lakebrink]] <br />
* [[Bernhard Lehner]] <br />
* [[Bernhard Mitterrutzner]] <br />
* [[Bernhard Philberth]]<br />
* [[Bernhard Rieger]] <br />
* [[Bernhard Sirch]]<br />
* [[Bernhard Vosicky]]<br />
<br />
'''Bernt'''<br />
* [[Bernt Besch]]<br />
<br />
'''Als Sekundärname''':<br />
* [[Johannes Bernhard Brinkmann]] <br />
* [[Tomash Bernard Peta]]<br />
<br />
{{Begriffsklärung}}</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Katharina_von_Siena&diff=83766Katharina von Siena2011-12-24T15:33:59Z<p>Charles: typogr.</p>
<hr />
<div>[[Image:Cat.jpg|thumb|left|S. Catharina, doctor ecclesiae]]<br />
<br />
'''Katharina von Siena''' (* [[25. März]] [[1347]] in Siena, † [[29. April]] [[1380]] in Rom) ist eine heilige [[Mystik]]erin und [[Kirchenlehrer]]in. Sie gehört zusammen mit [[Birgitta von Schweden]] und [[Edith Stein]] zu den weiblichen Patronen Europas; Gedenktag seit 1970 der [[29. April]]. Katharina von Siena war christologisch orientiert mit [[Eucharistische Heilige|eucharistischer Spiritualität]].<br />
<br />
== Biographie ==<br />
[[Katharina]] von Siena wurde am 25. März 1347 in Siena als 24. [[Kind]] der Wollfärbersfamilie Benincasa geboren. Ihre Eltern hießen Giacomo di Benincasa und Lapa di Puccio di Piagente. Katharina war bereits in ihrer Kindheit sehr religiös geprägt. Mit sechs hatte sie die [[Vision]] des thronenden [[Christus]]. Mit zwölf Jahren wollten sie ihre Eltern verheiraten. Sie weigerte sich aber, dies zu tun, da sie sich durch ein [[Gelübde]] der [[Jungfräulichkeit]] bereits Jesus Christus verlobt hatte. Mit 16 Jahren trat sie den [[Dritter Orden|Dritten Orden]] der [[Dominikaner]]innen bei. Sie lebte in den Folgejahren zuerst zurückgezogen, dann aber wirkte sie auf das Wort des Herrn in aktiver Weise im Dienst am Reich Gottes (Sorge für Arme und Kranke, geistliche Unterweisungen etc.). Ihr Leben war von tiefer Christushingabe erfüllt und von der [[Liebe]] zur [[Kirche]] geprägt, die in dieser Zeit schwere Krisen durchmachte. Als große geistliche Beraterin setzte sich erfolgreich für die Rückkehr des [[Papst]]es aus [[Avignon]] nach [[Rom]] ein. Katharina lebte sehr [[Askese|asketisch]] und konnte ab einem bestimmten Zeitpunkt nichts mehr essen; ihre einzige Nahrung war die heilige [[Eucharistie]]. Sie betete das [[Brevier]] und las viele Heiligenbiographien. Dann erlebte sie mit 23 Jahren einen "mystischen Tod", bei dem ihr Christus das Herz aus der Brust nahm, um ihr sein eigenes einzusetzen. <br />
<br />
Am 1. April 1375 empfing sie die [[Wundmale]] Christi; 1380 starb die Hl. Katharina in Rom. Sie wurde in der Kirche ''Santa Maria sopra Minerva'' beigesetzt, wo sie auch heute verehrt wird; 1461 wurde sie von Papst [[Pius II.]] heilig gesprochen. Im Jahr 1970 wurde sie von Papst [[Paul VI.]] zur Kirchenlehrerin ernannt. Sie hat viele Reisen unternommen, um die innere Reform der [[Kirche]] zu erwecken und den [[Friede]]n unter den Staaten zu begünstigen. Auch aus diesem Grund hat sie Papst [[Johannes Paul II.]] zur Mitpatronin [[Europa]]s erklärt: „Der Alte Kontinent vergesse nie die christlichen Wurzeln, die die Grundlage seines Weges sind, und fahre fort, aus dem Evangelium die Grundwerte zu schöpfen, die Gerechtigkeit und Eintracht sicherstellen“.<br />
<br />
==Geistliches==<br />
Eine Vision hat sich unauslöschbar in Herz und Sinn der Mystikerin Katharina eingeprägt. Dabei hanedlte es sich um jene der [[Gottesmutter]], die sie [[Jesus]] vorgestellt und ihr einen Ring geschenkt habe, der nur für sie sichtbar war. Außerdem erschien ihr Jesus mit einem menschlichen Herzen in der Hand und habe ihr die Brust geöffnet und ihr dieses eingefügt. So habe Katharina wirklich die Worte des Apostel Paulus gelebt: „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“.<br />
<br />
Eine Charakteristik der Spiritualität Katharinas war die „Gabe der Tränen“ gebunden, wodurch eine feine und tiefe Sensibilität zum Ausdruck kommt. Sie hat auf diese Weise den Gefühlszustand Jesu erneuert. Für Katharina „mischen sich die Tränen der Heiligen mit dem [[Kostbares Blut Jesu Christi|Blut Christi]]“, von dem sie innig und mit sehr wirksamen symbolischen Bildern gesprochen hat. <br />
<br />
Obwohl sie sich der Tatsache der menschlichen Mängel der [[Priester]] bewusst gewesen war, hat sie immer eine große Ehrfrucht vor ihnen gehegt, da diese durch die Sakramente und das Wort die heilbringende Kraft des [[Kostbares Blut Jesu Christi|Blutes Christi]] spendeten. Die Heilige hat die Priester und auch den Papst, den sie den „süßen Christus auf Erden“ nannte, eingeladen, ihrer Verantwortung treu zu sein. Dazu hat sie immer und ausschließlich ihre tiefe und beständige Liebe zur Kirche veranlasst. Sie hatte das „das feinste Wissen “: „Jesus Christus und seine Kirche zu kennen und zu lieben“.<ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=29057 Katharina von Siena: eine eucharistische Heilige], Papst Benedikt XVI. in der [[Generalaudienz]] am 24. November 2010</ref><br />
<br />
==Werke==<br />
* Caterina von Siena, An die Männer der Kirche I (Dominikaner, Franziskaner, Augustiner-Eremiten, Benediktiner, Olivetaner, Vallombrosaner, Wilhelmiten), ISBN 3-901853-07-3<br />
* Caterina von Siena, An die Männer der Kirche II (Kartäuser, Weltpriester, Prälaten, Bischöfe, Kardinäle, Päpste), gebunden, ISBN 3-901853-08-1<br />
* Caterina von Siena, An die Männer der Politik, gebunden, ISBN 978-3-901853-16-6<br />
* Katharina von Siena, Briefe an Päpste, [[St. Benno Verlag]] Leipzig, (Kirchliche [[Druckerlaubnis]] Bautzen am 16. Juni 1967 Dr. Bulang in Vertretung des Generalvikars).<br />
* Caterina von Siena: Gespräch von Gottes Vorsehung. Aus dem Italienischen übertragen von E. Sommer-von Seckendorf und Cornelia Capol, [[Johannes Verlag Einsiedeln]] Freiburg 2010 (252 Seiten; 5. Auflage).<br />
* Caterina von Siena: Sämtliche Briefe Bd 9: An die Männer der Politik<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Raimund von Capua: 33 Jahre für Christus. Das Leben der hl. Caterina von Siena. Vollständige Übersetzung von Dr. Josef Schwarzbauer. Hg. v. [[Werner Schmid]]. [[St. Josef Verlag]] Kleinhain 2006. ISBN 978-3-901853-13-5<br />
* Caterina von Siena: Die Legenda Minor von Tommaso Caffarini, Erinnerungen eines Zeitzeugen, gebunden, ISBN 3-901853-06-5<br />
* Tommaso Caffarini - Das Supplementum. Biographische Ergänzungen zu Caterina von Siena, ISBN 3-901853-10-3<br />
* Marianne Schlosser: Katharina von Siena begegnen. [[Sankt Ulrich Verlag]] (128 Seiten; ISBN: 978-3-936484-65-6).<br />
* Eleonore Dehnerdt: Katharina von Siena. Das Mädchen von Montebranda (206 Seiten; erhältlich beim [[Mediatrix Verlag]]).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://www.stjosef.at/dokumente/caterina_von_siena_schmid.htm Schriften Caterina von Siena neu erhältlich]<br />
<br />
== Anmerkungen ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Heilige Italien]]<br />
[[Kategorie:Kirchenlehrer]]<br />
[[Kategorie:Stigmatisierte]]<br />
[[Kategorie:Nahrungslos lebende Personen]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Katharina_von_Siena&diff=83765Katharina von Siena2011-12-24T15:31:47Z<p>Charles: lf. tippo</p>
<hr />
<div>'''[[Image:Cat.jpg|thumb|left|S. Catharina, doctor ecclesiae]]'''<br />
<br />
'''Katharina von Siena''' (* [[25. März]] [[1347]] in Siena, † [[29. April]] [[1380]] in Rom) ist eine heilige [[Mystik]]erin und [[Kirchenlehrer]]in. Sie gehört zusammen mit [[Birgitta von Schweden]] und [[Edith Stein]] zu den weiblichen Patronen Europas; Gedenktag seit 1970 der [[29. April]]. Katharina von Siena war christologisch orientiert mit [[Eucharistische Heilige|eucharistischer Spiritualität]].<br />
<br />
== Biographie ==<br />
[[Katharina]] von Siena wurde am 25. März 1347 in Siena als 24. [[Kind]] der Wollfärbersfamilie Benincasa geboren. Ihre Eltern hießen Giacomo di Benincasa und Lapa di Puccio di Piagente. Katharina war bereits in ihrer Kindheit sehr religiös geprägt. Mit sechs hatte sie die [[Vision]] des thronenden [[Christus]]. Mit zwölf Jahren wollten sie ihre Eltern verheiraten. Sie weigerte sich aber, dies zu tun, da sie sich durch ein [[Gelübde]] der [[Jungfräulichkeit]] bereits Jesus Christus verlobt hatte. Mit 16 Jahren trat sie den [[Dritter Orden|Dritten Orden]] der [[Dominikaner]]innen bei. Sie lebte in den Folgejahren zuerst zurückgezogen, dann aber wirkte sie auf das Wort des Herrn in aktiver Weise im Dienst am Reich Gottes (Sorge für Arme und Kranke, geistliche Unterweisungen etc.). Ihr Leben war von tiefer Christushingabe erfüllt und von der [[Liebe]] zur [[Kirche]] geprägt, die in dieser Zeit schwere Krisen durchmachte. Als große geistliche Beraterin setzte sich erfolgreich für die Rückkehr des [[Papst]]es aus [[Avignon]] nach [[Rom]] ein. Katharina lebte sehr [[Askese|asketisch]] und konnte ab einem bestimmten Zeitpunkt nichts mehr essen; ihre einzige Nahrung war die heilige [[Eucharistie]]. Sie betete das [[Brevier]] und las viele Heiligenbiographien. Dann erlebte sie mit 23 Jahren einen "mystischen Tod", bei dem ihr Christus das Herz aus der Brust nahm, um ihr sein eigenes einzusetzen. <br />
<br />
Am 1. April 1375 empfing sie die [[Wundmale]] Christi; 1380 starb die Hl. Katharina in Rom. Sie wurde in der Kirche ''Santa Maria sopra Minerva'' beigesetzt, wo sie auch heute verehrt wird; 1461 wurde sie von Papst [[Pius II.]] heilig gesprochen. Im Jahr 1970 wurde sie von Papst [[Paul VI.]] zur Kirchenlehrerin ernannt. Sie hat viele Reisen unternommen, um die innere Reform der [[Kirche]] zu erwecken und den [[Friede]]n unter den Staaten zu begünstigen. Auch aus diesem Grund hat sie Papst [[Johannes Paul II.]] zur Mitpatronin [[Europa]]s erklärt: „Der Alte Kontinent vergesse nie die christlichen Wurzeln, die die Grundlage seines Weges sind, und fahre fort, aus dem Evangelium die Grundwerte zu schöpfen, die Gerechtigkeit und Eintracht sicherstellen“.<br />
<br />
==Geistliches==<br />
Eine Vision hat sich unauslöschbar in Herz und Sinn der Mystikerin Katharina eingeprägt. Dabei hanedlte es sich um jene der [[Gottesmutter]], die sie [[Jesus]] vorgestellt und ihr einen Ring geschenkt habe, der nur für sie sichtbar war. Außerdem erschien ihr Jesus mit einem menschlichen Herzen in der Hand und habe ihr die Brust geöffnet und ihr dieses eingefügt. So habe Katharina wirklich die Worte des Apostel Paulus gelebt: „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“.<br />
<br />
Eine Charakteristik der Spiritualität Katharinas war die „Gabe der Tränen“ gebunden, wodurch eine feine und tiefe Sensibilität zum Ausdruck kommt. Sie hat auf diese Weise den Gefühlszustand Jesu erneuert. Für Katharina „mischen sich die Tränen der Heiligen mit dem [[Kostbares Blut Jesu Christi|Blut Christi]]“, von dem sie innig und mit sehr wirksamen symbolischen Bildern gesprochen hat. <br />
<br />
Obwohl sie sich der Tatsache der menschlichen Mängel der [[Priester]] bewusst gewesen war, hat sie immer eine große Ehrfrucht vor ihnen gehegt, da diese durch die Sakramente und das Wort die heilbringende Kraft des [[Kostbares Blut Jesu Christi|Blutes Christi]] spendeten. Die Heilige hat die Priester und auch den Papst, den sie den „süßen Christus auf Erden“ nannte, eingeladen, ihrer Verantwortung treu zu sein. Dazu hat sie immer und ausschließlich ihre tiefe und beständige Liebe zur Kirche veranlasst. Sie hatte das „das feinste Wissen “: „Jesus Christus und seine Kirche zu kennen und zu lieben“.<ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=29057 Katharina von Siena: eine eucharistische Heilige], Papst Benedikt XVI. in der [[Generalaudienz]] am 24. November 2010</ref><br />
<br />
==Werke==<br />
* Caterina von Siena, An die Männer der Kirche I (Dominikaner, Franziskaner, Augustiner-Eremiten, Benediktiner, Olivetaner, Vallombrosaner, Wilhelmiten), ISBN 3-901853-07-3<br />
* Caterina von Siena, An die Männer der Kirche II (Kartäuser, Weltpriester, Prälaten, Bischöfe, Kardinäle, Päpste), gebunden, ISBN 3-901853-08-1<br />
* Caterina von Siena, An die Männer der Politik, gebunden, ISBN 978-3-901853-16-6<br />
* Katharina von Siena, Briefe an Päpste, [[St. Benno Verlag]] Leipzig, (Kirchliche [[Druckerlaubnis]] Bautzen am 16. Juni 1967 Dr. Bulang in Vertretung des Generalvikars).<br />
* Caterina von Siena: Gespräch von Gottes Vorsehung. Aus dem Italienischen übertragen von E. Sommer-von Seckendorf und Cornelia Capol, [[Johannes Verlag Einsiedeln]] Freiburg 2010 (252 Seiten; 5. Auflage).<br />
* Caterina von Siena: Sämtliche Briefe Bd 9: An die Männer der Politik<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Raimund von Capua: 33 Jahre für Christus. Das Leben der hl. Caterina von Siena. Vollständige Übersetzung von Dr. Josef Schwarzbauer. Hg. v. [[Werner Schmid]]. [[St. Josef Verlag]] Kleinhain 2006. ISBN 978-3-901853-13-5<br />
* Caterina von Siena: Die Legenda Minor von Tommaso Caffarini, Erinnerungen eines Zeitzeugen, gebunden, ISBN 3-901853-06-5<br />
* Tommaso Caffarini - Das Supplementum. Biographische Ergänzungen zu Caterina von Siena, ISBN 3-901853-10-3<br />
* Marianne Schlosser: Katharina von Siena begegnen. [[Sankt Ulrich Verlag]] (128 Seiten; ISBN: 978-3-936484-65-6).<br />
* Eleonore Dehnerdt: Katharina von Siena. Das Mädchen von Montebranda (206 Seiten; erhältlich beim [[Mediatrix Verlag]]).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://www.stjosef.at/dokumente/caterina_von_siena_schmid.htm Schriften Caterina von Siena neu erhältlich]<br />
<br />
== Anmerkungen ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Heilige Italien]]<br />
[[Kategorie:Kirchenlehrer]]<br />
[[Kategorie:Stigmatisierte]]<br />
[[Kategorie:Nahrungslos lebende Personen]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Werner_Radspieler&diff=83218Werner Radspieler2011-12-05T16:36:33Z<p>Charles: </p>
<hr />
<div>''Werner Radspieler'' (* [[13. August]] [[1938]] in Nürnberg). Er ist [[Weihbischof]] im [[Erzbistum Bamberg]] und [[Titularbischof]] von [[Titularbischöfe von Thugga|Tugga]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
<br />
[[Werner]] Radspieler empfing am 8. März 1964 das [[Sakrament]] der [[Priesterweihe]]. Er war anschließend [[Kaplan]] in Neustadt an der Aisch und in Fürth. Außerdem war Radspieler Präfekt am Erzbischöflichen Knabenseminar Ottonianum. Für knapp drei Jahre war Radsieler zudem [[Pfarrer]] in [[Heroldsbach]]. Am 1. Januar 1975 ernannte [[Erzbischof]] [[Elmar Maria Kredel]] Radspieler zum Domvikar und Domprediger. Mit Wirkung vom 1. August 1977 wurde Radspieler [[Domkapitular]] und Stellvertreter des Generalvikars.<br />
<br />
[[Papst]] [[Johannes Paul II.]] ernannte Radspieler am 7. November 1986 zum Weihbischof von Bamberg. Die Bischofsweihe empfing der gebürtige Nürnberger am 21. Dezember 1986 durch [[Erzbischof]] [[Elmar Maria Kredel]]. Als Dompropst steht er an der Spitze des Metropolitankapitels. Er war von 28. September 2000 bis 28. September 2006 Beauftragter der [[Deutschen Bischofskonferenz]] für die [[Polizeiseelsorge]]. Radspieler war von 1. April 1994 bis 28. Mai 1995 und noch einmal vom 3. Juli 2001 bis 20. September 2002 Diözesanadministrator. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im caritativen Bereich. Vom 1. April 1996 bis 30. September 2008 war Radspieler Vorsitzender des [[Caritas]]verbandes der Erzdiözse Bamberg. Der Bamberger Weihbischof gehört der Kommission für caritative Fragen der [[Deutschen Bischofskonferenz]] an.<br />
<br />
== Ehrungen und Auszeichnungen ==<br />
* Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 23. Mai 1996<br />
* Bayerischer Verdienstorden, 15. Juli 2002<br />
<br />
==Siehe auch==<br />
*[[Titularbistümer in aller Welt]]<br />
*[[Titularbistümer der Weihbischöfe von Bamberg]]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
{{CathHier|http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/brads.html}}<br />
{{PND|110283147}}<br />
<br />
[[Kategorie:Bischöfe Deutschland|Radspieler, Werner ]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Alfred_Loisy&diff=78157Alfred Loisy2011-05-08T10:16:00Z<p>Charles: </p>
<hr />
<div>'''Alfred Firmin Loisy''' (*[[28. Februar]] [[1857]] Frankreich; † [[1. Juni]] [[1940]]) war [[Priester]] und Bibelwissenschaftler. Er ist Begründer der mit [[Modernismus]] bezeichneten theologischen Richtung. Im Jahr 1908 exkommuniziert, lehrte er am ''College de France'' zu Paris, zunehmend radikalere Positionen vertretend, dann [[Religionsphilosophie]]. <br />
<br />
== Werdegang ==<br />
<br />
Angeregt durch die [[Leben Jesu-Forschung]] und die "''[[exégèse allemande]]''" (Bibelkritik) näherte sich Loisy einem religiösen Pantheismus an. Seit 1893 verschärfte sich der Konflikt mit den Vorgesetzten (Verlust des theologischen Lehrauftrags am [[Institut catholique]]) in Paris. Aus scheinbar wissenschaftlichen Gründen verwarf er die traditionelle Christologie und erachtete die Institution des kirchlichen Lehramts als in der Moderne unhaltbar. Die jeweilige Theologie einer Epoche bringe das religiöse Bewusstsein ihrer Zeit gültig zum Ausdruck. Daher sah er sich, bis zur Niederlage von 1908, als maßgebliche Kraft kirchlicher Reform: Da die Kirche sich in jedem Zeitalter verändert habe, eröffne ihr der Modernismus die Chance, auch zukünftig als Kraft öffentlicher Moral auf die Zivilisation einzuwirken. Das berühmte Zitat "Jesus hat das Reich Gottes verkündet, gekommen aber ist die Kirche" (''L'évangile et l'eglise'', 1902), meinte Loisy, obzwar provokativ, noch positiv: Immerhin sei das kirchlich gefasste Christentum seither in der Welt wirksam. <br />
<br />
Neben sich duldete Loisy aber keinen anderen Modernisten als gleichwertigen Vertreter der neuen Richtung. In der 1896 gegründeten ''Revue d'histoire et de la litterature religieuses'' schrieb Loisy unter zahlreichen Pseudonymen (auch [[Turmel]] unter einigen anderen Namen), so dass diese "konfessionslose" Zeitschrift eine breite wissenschaftliche Bewegung vortäuschte und auch erhebliche Unruhe verursachte. In seinen Memoiren fasste er seinen Standpunkt schließlich so zusammen:<br />
<br />
"''Logomachie metaphysique à part, je ne crois pas plus à la divineté de Jésus que Harnack (...), et je regarde l'incarnation personelle de Dieu comme un mythe philosophique. Le Christ tient même moins de place dans ma religion que dans celle des protestants liberaux; car je n'attache pas autant d'importance qu'eux à cette révélation du Dieu-Pére, dont ils font honneur à Jésus. Si je suis quelque chose en religion, c'est plutôt panthéo-positivo-humanitaire que chrétien''" (Bd. II, S. 397).<br />
<br />
[Abseits metaphysischer Wortgefechte: Wie [[Adolf von Harnack|Harnack]] glaube auch ich nicht mehr an die Göttlichkeit Jesu und ich sehe die persönliche Inkarnation Gottes für einen philosophischen Mythos an. Christus nimmt in meiner Relgion einen geringeren Platz ein als bei den liberalen Protestanten. Denn ich messe der Offenbarung des Vatergottes nicht die Bedeutung bei wie jene, die so Jesus die Ehre geben. Wenn ich irgendwas bin in der Religion, dann vielmehr "pantheo-positivo-humanitär" als christlich.]<br />
<br />
== Würdigung ==<br />
<br />
Loisy war darüber verbittert, dass [[Pius X.]] es ihm gleichsam verbot, die Kirche zu "retten". Schon bald nach der Krise von 1907 hatte Loisy fast sämtlichen Zuspruch in der Theologie verloren, wenn auch die brennende Frage nach dem Verhältnis von Religion und Wissenschaft weiterwirkte. Als der OSSERVATORE ROMANO dem verstorbenen Modernisten 1940 einen offiziösen Nachruf widmete, hatte bereits die gesamte Zivilisation so tiefgreifend erschütternde Erfahrungen mit den Schattenseiten der Moderne gemacht (Kriege, Wirtschaftskrise, Totalitarismus), dass der naive, wissenschaftliche Optimismus eines Loisy nur noch wie das ferne Echo einer untergegangenen Epoche wirken konnte. Das päpstliche [[Lehramt]] hat daher spätere theologische Krisen bewusst nicht mehr mit dem Begriff des Modernismus belegt. <br />
<br />
== Zitate ==<br />
<br />
Alfred Loisy: ''Jésus annonçait le royaume, et c'est l'Église qui est venue.''<br />
<br />
Aus: Alfred Loisy: ''L'évangile et l'église'', Paris 1902 [Bellevue, 4. Aufl. 1908; unv. Nachdr. FfM 1973]; dt. Übersetzung: "Jesus kündete das Reich Gottes an und gekommen ist die Kirche.")<br />
<br />
Benedikt XVI.: ''In diesem Wort mag man Ironie sehen, aber doch auch Trauer. Anstelle der großen Erwartung von Gottes eigenem Reich, von der neuen, durch Gott selbst verwandelten Welt, ist etwas ganz Anderes - und wie Armseliges! - gekommen: die Kirche.''<br />
<br />
Aus: [[Benedikt XVI.]], ''Jesus von Nazareth'', Freiburg i.Br. 2007, S. 78.<br />
<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
P. [[Marie-Joseph Lagrange]] O.P., ''M. Loisy et le modernisme'', Paris (Cerf) 1932.<br />
<br />
[[Kategorie:Irrlehren|Loisy, Alfred]]<br />
[[Kategorie:Priester Frankreich|Loisy, Alfred]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Monika_(Mutter_des_Augustinus_von_Hippo)&diff=77183Monika (Mutter des Augustinus von Hippo)2011-03-29T10:56:53Z<p>Charles: /* Literatur */</p>
<hr />
<div>'''[[Image:Monika.jpg|thumb|right|Heilige Monika und Heiliger Augustinus]]'''<br />
<br />
Die hl. '''Monika''' (a. ''Monnica'', *332 in Thagaste in Numidien, † im Oktober 387 in Ostia) ist die Mutter des hl. [[Augustinus von Hippo|Augustinus]]. <br />
<br />
'''Gedenkttag:''' [[27. August]]<br />
<br />
'''Patronat:''' Frauen, Mütter, für die Seelenrettung der Kinder<br />
<br />
== Biografie ==<br />
<br />
Über das Leben der heiligen Monika wissen wir nur das, was ihr grosser Sohn Augustinus in seinen „Confessiones“ von seiner Mutter berichtet hat.<br />
<br />
In Tagaste in Numidien, dem heutigen Souk-Ahras in Algerien, geboren verlebte Monika eine glückliche Kindheit im Hause ihrer Eltern, die fromme Christen waren. Bescheidener Wohlstand des elterlichen Hauses erlaubte es dem fröhlichen jungen Mädchen ein unbeschwertes Leben zu genießen sowie ein Studium der heiligen Schrift zu führen. Jedoch waren die Eltern darum besorgt, dass es den Verzicht auf Erlaubtes schon früh lernen sollte und gaben Monika eine strenge Erzieherin zur Seite. <br />
Die strenge Selbstdisziplin fiel dem zum Übermut neigenden Mädchen nicht leicht.<br />
<br />
Mit achtzehn Jahren wurde Monika mit einem römischen Beamten namens Patricius verheiratet, der Heide war. Patricius war viel älter als Monika und von schwierigem Charakter. Monika gelang es, seinem jähzornigen, aufbrausendem Temperament mit Klugheit zu begegnen. Ihren Bitten, doch das Christentum anzunehmen, begegnete er nur mit Hohn. Geduldig ertrug sie Demütigungen jeglicher Art und bemühte sich, den Frieden in ihrer Ehe aufrecht zu erhalten, obwohl ihr Mann sie sogar ganz offen betrog. Zu Hilfe kamen ihr nun ihre [[Frömmigkeit]], ihr unerschütterlicher [[Glaube]] und die Erziehung ihrer Kindertage zu Opfer und Verzicht. Mit ihrer Liebenswürdigkeit gewann sie auch das Herz ihrer Schwiegermutter, die durch anfängliche Verleumdungen gegen sie eingenommen war, bald jedoch den hervorragenden Charakter ihrer Schwiegertochter schätzen lernte. <br />
<br />
Drei Kindern schenkte Monika das Leben: Navigius, Perpetua und am 13. November 354 im Ater von 22 Jahren Augustinus- das Kind ihres Herzens, das ein „Schmerzenskind“ werden sollte. Mit ganzer Hingabe widmete sie sich nun der Erziehung ihrer Kinder, ihnen wollte sie den Weg zum Himmel öffnen. Die beiden älteren folgten dem Beispiel der Mutter auf dem Weg des Glaubens, nicht so der Jüngste.<br />
<br />
Überragend intelligent schien er eine glänzende Laufbahn vor sich zu haben und die Mutter verfolgte seinen Erfolg mit Stolz und Sorge. Schon bald nämlich erlag Augustinus, der das Temperament seines Vaters geerbt hatte, den Versuchungen der Grossstadt Karthago und die Mutter bereute bitterlich, dass sie die [[Taufe]] des Sohnes immer wieder aufgeschoben hatte. Ungeachtet des mütterlichen Flehens entfernte er sich immer weiter vom Glauben und führte ein unsittliches Leben fern vom Christentum. Dass Augustinus sich schliesslich der Sekte der [[Manichäer]] anschloss, brach Monika fast das Herz. Bisher hatte sie nachsichtig zu allen Charakterschwächen des Sohnes geschwiegen, für alles eine Entschuldigung gewusst. Dieser Schritt aber war für sie unannehmbar. Alle Tränen und Ermahnungen waren nutzlos und so verbot sie ihrem Sohn zeitweise das Haus, betrauerte ihn als gestorben.<br />
<br />
Als wollte [[Gott]] ihrer gequälten [[Seele]] Trost schenken, bekehrte sich fast zur selben Zeit- kurz vor seinem Tod- der Gatte Patricius zum Glauben an [[Christus]].<br />
Den Schmerz über den verlorenen Sohn konnte die Freude über die Taufe des Gatten jedoch nicht von ihr nehmen und sie suchte Hilfe beim Bischof von Karthago. Dieser tröstete sie mit den Worten: “Ein Sohn solcher Tränen kann nicht verloren gehen“. Seinen Einfluss konnte der Hirte jedoch nicht geltend machen, um Augustinus von seinem falschen Weg abzubringen. Die Zeit war noch nicht gekommen.<br />
<br />
Nach dem Tode ihres Gatten, setzte sich Monika über ihr selbst auferlegtes Verbot hinweg und zog zu ihrem Sohn, um ihm den Haushalt zu führen. Sie hatte es aufgegeben, ihn überzeugen zu wollen, richtete ihr Flehen aber jetzt umso inniger an Gott, ihren einzigen Trost.<br />
Noch so manchen Schmerz fügte dieser Sohn ihr zu, etwa als er sie hinterlistig täuschte und ohne sie nach [[Rom]] abreiste. Sie aber nahm diese neuerliche Demütigung hin, wollte sie doch seine Seele retten und folgte ihm nach Rom.<br />
<br />
Beharrlich im Gebet und Vertrauen auf Gott hielt sie an Augustinus’ Seite aus, und durfte schliesslich nach dessen neunjähriger Irrfahrt seine Bekehrung und Taufe durch den heiligmässigen Bischof [[Ambrosius von Mailand]] erleben.<br />
Nun war alles Leid ihres mütterlichen Herzens ausgelöscht und sie sah ihre Aufgabe erfüllt.<br />
Noch mehr als nach der irdischen Heimat sehnte sie sich wohl nach der himmlischen.<br />
<br />
In einem der letzten Gespräche mit Augustinus sagte sie: „Mein Sohn…mich vermag in diesem Leben nichts mehr zu locken. Was ich hier noch zu tun habe, weshalb ich noch da bin, das weiss ich nicht; schon ist all mein Hoffen für diese Welt dahin. Nur eine einzige Aufgabe war es, derentwegen ich noch etwas auf dieser Welt zu weilen verlangte, dass ich Dich als katholischen Christen sehen könnte, ehe ich hinschied. Gott hat es mir gewährt in überreicher Fülle, dass ich dich nun als seinen Knecht erblicken darf, da du auf alles irdische Glück verzichtest. Was tue ich noch hier?“<br />
<br />
In Ostia, bei Rom, wollte sie das Schiff besteigen, das sie in ihre Heimat bringen sollte. Doch erkrankte sie an einem plötzlichen Fieber und ihren Söhnen, die beide bei ihr waren und sich Sorgen machten, dass sie fern der Heimat sterben könnte, sagte sie: „Begrabt diesen Leib, wo ihr wollt. Ihr sollt weiter keine Sorge damit haben; bloss darum will ich euch bitten, dass ihr am [[Altar]] des Herrn meiner gedenkt, wo ihr auch seid.“ <br />
<br />
Bald darauf starb Monika in Gegenwart des geliebten Sohnes, um den sie so gelitten hatte und wurde in Ostia beigesetzt. Wohl wissend was er seiner Mutter zu verdanken hatte, trauerte Augustinus herzlich um sie:„Am neunten Tage ihrer Krankheit, im sechsundfünfzigsten Jahre ihres Lebens, im dreiunddreißigsten Jahre meines Alters ward ihre gottselige und treue Seele vom Leibe erlöst. Ich drückte ihr die Augen zu, Trauer floss in meiner Brust zusammen und floss über in Tränen und meine Augen drängten die Tränen zurück in die Brust, bis sie trocken waren, und meine Seele litt Qualen bei solchem Kampf mit dem Schmerze…“so schreibt er in seinen „Bekenntnissen“.<br />
<br />
Mit Worten der Dankbarkeit rühmt er das tugendhafte und gottesfürchtige Leben der Mutter und setzt ihr so ein bleibendes Denkmal, damit Monika ein Vorbild und eine Fürsprecherin für alle Mütter werde.<br />
<br />
Monikas Grab lag zunächst in Ostia in der [[Kirche]] St. Aurea.<br />
Seit 1430 nun liegt die Grabstätte in St. Agostino in Rom, der Ordenskirche der [[Augustiner]].<br />
<br />
==Literatur==<br />
* [[Aurelius Augustinus]]: Meine Mutter Monika. Hrsg. Agostino Trapè, [[Verlag Neue Stadt]] (ISBN: 978-3-87996-365-2).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
{{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/m/monika.shtml}}<br />
{{CathEnc|http://www.newadvent.org/cathen/10482a.htm}}<br />
{{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/m/monika.shtml}}<br />
* [http://st-monika.de Katholische Kirche St. Monika, Schwerte-Ergste]<br />
* [http://www.geocities.com/zaitenspiel/StMonikaLied.pdf Ein St.Monika Lied]<br />
<br />
[[Kategorie:Heilige]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=M%E4rtyrer&diff=759072011-02-15T20:40:22Z<p>Charles: /* Literatur */</p>
<hr />
<div>'''[[Bild:Meister Pedro.jpg||thumb|right|Die Seelen der [[Märtyrer]]. Illustration in Beatus-Apokalypsen von Meister Pedro (8. Jhd.)]] '''<br />
<br />
Das Wort '''Märtyrer''' (vom griech. ''martys'' =Zeuge) bezeichnet im [[Christentum|christlichen]] Sinn einen [[Mensch]]en, der bereitwillig einen gewaltsamen (aktiven oder passiven) Tod für [[Christus]] und dessen [[Gebote]] auf sich nimmt. Das Verzeichnis der Märtyrer wird im [[Martyrologium]] festgehalten.<br />
<br />
Das Martyrium ist das "das erhabenste Zeugnis, das man für die [[Wahrheit]] des [[Glaube]]ns ablegen kann"; es ist ein Zeugnis bis zum [[Tod]]. ([[KKK]] Nr. 2473 ). Märtyrer zeigen, dass sie gegen den Zeitgeist bis zum Tod an den [[Gebot]]en Christi festhielten. <br />
<br />
Als erster der Märtyrer (''protomartyr'') gilt der Hl. [[Stephanus]], ein [[Diakon]] der Urgemeinde, der wegen des Vorwurfs der [[Blasphemie]] in [[Jerusalem]] gesteinigt wurde.<br />
<br />
Unter den [[Heilige]]n der [[Kirche]] bilden die Märtyrer die eine Gruppe, die [[Bekenner]] (''confessores'') die andere. Die Märtyrer werden traditionell mit einer Palme in der Hand bzw. mit einer Krone auf dem Kopf dargestellt. Ihre [[Attribut]]e in der Kunst sind meist die Instrumente ihres Martyriums. So wird etwa der heilige [[Laurentius]] meist mit einem Rost dargestellt, die heilige [[Katharina von Alexandrien]] mit einem Rad, der heilige [[Paulus]] mit einem Schwert.<br />
<br />
In Seligsprechungsprozessen ist für die [[Seligsprechung]] einer als Märtyrer anerkannten [[Person]] kein [[Wunder]] notwendig, für ihre [[Heiligsprechung]] jedoch schon. Auch Menschen, die sich zwar zu Christus [[Konversion|bekehrt]] haben, aber noch ungetauft sind ([[Katechumenat|Katechumenen]]), werden, falls sie wegen ihres Glaubens getötet werden, von der Kirche als Märtyrer anerkannt. Zudem gilt dieser Tod gleichzeitig als Blut-[[Taufe]], im Sinne der Reinigung von der [[Erbsünde]] und von persönlichen [[Sünde]]n sowie der Hineinnahme in die [[Kirche]] Jesu Christi.<br />
<br />
Das Blut der Märtyrer gilt von alters her als "Samen" der Kirche. Martyrologien, etwa des Hl. [[Polykarp von Smyrna|Polykarp]] oder der Hl. [[Perpetua und Felicitas]], waren von den ersten Jahrzehnten der Kirche an ein fester Teil des christlichen Schrifttums und sollten die Hingabe und Opferbereitschaft der Christen stärken. Das Zeugnis jener, die für Jesus Christus zu sterben bereit sind, ist bis heute oft das stärkste Mittel der [[Mission]].<br />
<br />
Auch in späteren Jahrhunderten dienten Geschichten der christlichen Märtyrer öfters als literarische Inspiration für unterdrückte Minderheiten. So bildeten im 19. und frühen 20. Jahrhundert in England die Romane über die Verfolgung der Christen in der Antike und der Katholiken im England des 16. und 17. Jahrhunderts einen festen Bestandteil der Lektüre unter den damals von der protestantischen Mehrheit oft verachteten und misstrauisch beäugten Katholiken (siehe etwa: [[John Henry Newman|J. H. Newman]]: ''Callista'', N. Wiseman: ''Fabiola'', R. H. Benson: ''Come Rack! Come Rope!'', ''By What Authority?'').<br />
<br />
Im Roman ''Quo vadis'' des polnischen Schriftstellers [[Henryk Sienkiewicz]] ist wiederum die Parallele zwischen den verfolgten Christen der Antike und dem von den protestantischen Preußen und den orthodoxen Russen unterdrückten katholischen Polen unübersehbar.<br />
<br />
==Literatur==<br />
* Hermine Frankenstein: Das Martyrium der [[Treue]] [[Josef Habbel Verlag]] um 1930.<br />
* Hannes Gertner (Hrsg.): Geschichte der Märtyrer. Verfolgt für den Glauben. [[Pattloch Verlag]] Aschaffenburg 1984 (543 Seiten; ISBN 3-557-91288-4).<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[http://kathnews.de/cms/cms/front_content.php?idart=876 OSZE: Initiative für Märtyrer-Gedenktag] bei [[Kathnews]]<br />
<br />
[[Kategorie:Märtyrer|!]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=M%E4rtyrer&diff=759062011-02-15T20:38:16Z<p>Charles: Satzbau</p>
<hr />
<div>'''[[Bild:Meister Pedro.jpg||thumb|right|Die Seelen der [[Märtyrer]]. Illustration in Beatus-Apokalypsen von Meister Pedro (8. Jhd.)]] '''<br />
<br />
Das Wort '''Märtyrer''' (vom griech. ''martys'' =Zeuge) bezeichnet im [[Christentum|christlichen]] Sinn einen [[Mensch]]en, der bereitwillig einen gewaltsamen (aktiven oder passiven) Tod für [[Christus]] und dessen [[Gebote]] auf sich nimmt. Das Verzeichnis der Märtyrer wird im [[Martyrologium]] festgehalten.<br />
<br />
Das Martyrium ist das "das erhabenste Zeugnis, das man für die [[Wahrheit]] des [[Glaube]]ns ablegen kann"; es ist ein Zeugnis bis zum [[Tod]]. ([[KKK]] Nr. 2473 ). Märtyrer zeigen, dass sie gegen den Zeitgeist bis zum Tod an den [[Gebot]]en Christi festhielten. <br />
<br />
Als erster der Märtyrer (''protomartyr'') gilt der Hl. [[Stephanus]], ein [[Diakon]] der Urgemeinde, der wegen des Vorwurfs der [[Blasphemie]] in [[Jerusalem]] gesteinigt wurde.<br />
<br />
Unter den [[Heilige]]n der [[Kirche]] bilden die Märtyrer die eine Gruppe, die [[Bekenner]] (''confessores'') die andere. Die Märtyrer werden traditionell mit einer Palme in der Hand bzw. mit einer Krone auf dem Kopf dargestellt. Ihre [[Attribut]]e in der Kunst sind meist die Instrumente ihres Martyriums. So wird etwa der heilige [[Laurentius]] meist mit einem Rost dargestellt, die heilige [[Katharina von Alexandrien]] mit einem Rad, der heilige [[Paulus]] mit einem Schwert.<br />
<br />
In Seligsprechungsprozessen ist für die [[Seligsprechung]] einer als Märtyrer anerkannten [[Person]] kein [[Wunder]] notwendig, für ihre [[Heiligsprechung]] jedoch schon. Auch Menschen, die sich zwar zu Christus [[Konversion|bekehrt]] haben, aber noch ungetauft sind ([[Katechumenat|Katechumenen]]), werden, falls sie wegen ihres Glaubens getötet werden, von der Kirche als Märtyrer anerkannt. Zudem gilt dieser Tod gleichzeitig als Blut-[[Taufe]], im Sinne der Reinigung von der [[Erbsünde]] und von persönlichen [[Sünde]]n sowie der Hineinnahme in die [[Kirche]] Jesu Christi.<br />
<br />
Das Blut der Märtyrer gilt von alters her als "Samen" der Kirche. Martyrologien, etwa des Hl. [[Polykarp von Smyrna|Polykarp]] oder der Hl. [[Perpetua und Felicitas]], waren von den ersten Jahrzehnten der Kirche an ein fester Teil des christlichen Schrifttums und sollten die Hingabe und Opferbereitschaft der Christen stärken. Das Zeugnis jener, die für Jesus Christus zu sterben bereit sind, ist bis heute oft das stärkste Mittel der [[Mission]].<br />
<br />
Auch in späteren Jahrhunderten dienten Geschichten der christlichen Märtyrer öfters als literarische Inspiration für unterdrückte Minderheiten. So bildeten im 19. und frühen 20. Jahrhundert in England die Romane über die Verfolgung der Christen in der Antike und der Katholiken im England des 16. und 17. Jahrhunderts einen festen Bestandteil der Lektüre unter den damals von der protestantischen Mehrheit oft verachteten und misstrauisch beäugten Katholiken (siehe etwa: [[John Henry Newman|J. H. Newman]]: ''Callista'', N. Wiseman: ''Fabiola'', R. H. Benson: ''Come Rack! Come Rope!'', ''By What Authority?'').<br />
<br />
Im Roman ''Quo vadis'' des polnischen Schriftstellers [[Henryk Sienkiewicz]] ist wiederum die Parallele zwischen den verfolgten Christen der Antike und dem von den protestantischen Preußen und den orthodoxen Russen unterdrückten katholischen Polen unübersehbar.<br />
<br />
==Literatur==<br />
* Hermine Frankenstein: Das Martyrium der [[Treue]] [[Josef Habbel Verlag]] um 1930.<br />
* Hannes Gertner (Hrsg.).: Geschichte der Märtyrer. Verfolgt für den Glauben. [[Pattloch Verlag]] Aschaffenburg 1984 (. 543 Seiten; ISBN 3-557-91288-4).<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[http://kathnews.de/cms/cms/front_content.php?idart=876 OSZE: Initiative für Märtyrer-Gedenktag] bei [[Kathnews]]<br />
<br />
[[Kategorie:Märtyrer|!]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Ferdinand_Baumann&diff=75825Ferdinand Baumann2011-02-14T12:20:54Z<p>Charles: +Geburtsjahr; Quelle: DNB</p>
<hr />
<div>''' Ferdinand Baumann ''' [[SJ]] (* 1896; † [[1965]] in [[Rom]]) war Jesuit und Sprecher bei [[Radio Vatikan]] in [[Rom]]. <br />
<br />
[[Ferdinand]] Baumann war Postulator zur Seligssprechung von [[Maria Lichtenegger]] und ab 1939 von [[Peter Friedhofen]].<br />
<br />
==Werke==<br />
* So liebt der Herr! [[Herz-Jesu-Verehrung]] als "Inbegriff der [[Religion]] und Richtschnur er [[Vollkommenheit]]" [[Herder Verlag]].<br />
* In der Schule des göttlichen Herzens, Leben und Lehren des sel. P. [[Claudius de la Colombiere]] aus der Gesellschaft Jesu,, Felizian Rauch Verlag Innsbruck 1929 (175 Seiten).<br />
* Ein [[Apostel]] der [[Liebe]], Der ehrwürdige [[Pater]] [[Philipp von Jeningen]], [[Schwabenverlag]] Ellwangen/Jagst 1931 (93 Seiten).<br />
* Ewiger, Dir ein lebendiges Lied! Gedichte und [[Gebet]]e, [[Schwabenverlag]] Ellwangen/Jagst.<br />
* Im Dienste des [[Priestertum]]s. Ein Apostolat der [[Laie]]n, Salvator Verlag Berlin.<br />
* Deutsche Singmesse, im Anschluß an den liturgischen Text, [[Josef Habbel Verlag]] Regensburg.<br />
* Das Büchlein von der unendlichen [[Liebe]], [[Butzon & Bercker Verlag]] Kevelaer.<br />
* Herr, ich Komme! [[Herz Jesu|Herz-Jesu]]-Betrachtungen für alle, besonders zum ersten Monatsfreitag, Salvator-Verlag Berlin 1936 (93 Seiten; [[Imprimatur]] Berolini, die 16. sept. 1936, Steinmann, Vic. Gen.).<br />
* Herz Jesu. Betrachtungen [[Kanisius Verlag]] Freiburg/Schweiz 1962 (102 Seiten). <br />
* [[Fatima]] und die Rettung der Welt, [[Butzon & Bercker Verlag]] Kevelaer 1953 (160 Seiten; [[Imprimatur]] Monasterii, die 4 Novembris 1952 Dr. Pohlschneider, Vicarius Eppi Generalis).<br />
* Ich habe an die [[Liebe]] geglaubt ..., Leben der Dienerin Gottes, Mutter [[Luise Margareta]] Gründerin von "Bethanien des Heiligsten Herzens", Kanisius Verlag Fribourg 1955 (254 Seiten). <br />
* Ein [[Apostel]] des Herzens Jesu (Pater [[Johannes Baptist Reus|Reus]]) Kanisius Verlag Fribourg 1960.<br />
* [[Pius XII.]] erhob sie auf Altäre - Die Heilig- und Seliggesprochenen seines [[Pontifikat]]s, Echter Verlag Würzburg 1960 (1. Ausgabe;375 Seiten; [[Imprimatur]] Würzburg 16. März 1960 Dr. Fuchs [[Generalvikar]]).<br />
* Das heiligste [[Antlitz Christi|Antlitz Jesu]], Kanisius Verlag Fribourg 1961 (39 Seiten).<br />
* Die Welt braucht heilige Vorbilder, [[Neue Heilige und Selige im Pontifikat Johannes XXIII.|Heilig- und Seligsprechungen Johannes XXIII.]], Butzon & Bercker Kelvelaer 1963 (176 Seiten).<br />
* Der [[Herz-Mariä-Verehrung|Herz-Mariä Sühnesamstag]] : Betrachtungen u. [[Gebet]], Kanisius Verlag Freibourg 1963 (62 Seiten).<br />
* [[Papst]] [[Paul VI.]], Aus seinem Leben und Wirken, [[Butzon & Bercker Verlag]] Kevelaer 1963 (95 Seiten; [[Imprimatur]] N. 4-254/63. Monasterii, die 14 Augusti 1963, Vicarius Episcopi Generalis).<br />
* [[Herz Jesu]] und [[Priestertum]], Fribourg 1966 (4. Auflage).<br />
* [[Seele Christi, heilige mich]]...; betrachtet und gebetet, [[Kanisius Verlag]] Freibourg 1965 (77 Seiten).<br />
<br />
==Weblinks==<br />
{{PND|104704551}}<br />
<br />
[[Kategorie:Jesuiten|Baumann, Ferdinand]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Silja_Walter&diff=75824Silja Walter2011-02-14T12:03:24Z<p>Charles: am 31.1.11 verstorben</p>
<hr />
<div>'''Silja Walter''' (* [[23. April]] [[1919]] in Rickenbach bei Olten, Schweiz; † [[31. Januar]] [[2011]] im Kloster Fahr bei Zürich, Schweiz) war eine [[Benediktinerin]] und Dichterin.<br />
<br />
Schwester Silja Walter wurde 1919 in der Schweiz geboren. Ihr Vater war Verleger, ihr Bruder Schriftsteller. Sie studierte Literatur, veröffentlichte erste Gedichte und trat 1948 in den [[Benediktiner]]-Orden (Kloster Fahr) ein. Ihr [[Ordensname]] war Schwester Hedwig OSB. <br />
<br />
Für ihr literarisches Werk erhielt sie viele Preise, z.B. den Literaturpreis und Kulturpreis der Stadt Zürich, den Preis der Schweizerischen Schillerstiftung und den Kunstpreis des Kantons Solothurn. <br />
<br />
==Weblinks==<br />
<br />
* [http://dispatch.opac.d-nb.de/DB=4.1/REL?PPN=118628941 Literatur von und über Silja Walter]<br />
<br />
* [http://www.kloster-fahr.ch/Kloster/siljawalter.html Silja Walters Homepage in Kloster Fahr]<br />
<br />
* [http://www.erzabtei.de/html/Jahrbuch/2002/Walter/Walter.html Zitate aus Silja Walters Werk]<br />
<br />
<br />
[[Kategorie:Benediktiner|Walter,Silja]]<br />
[[Kategorie:Schriftsteller Schweiz|Walter,Silja]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Youcat&diff=75697Youcat2011-02-08T12:24:17Z<p>Charles: </p>
<hr />
<div>'''Youcat''' nennt sich der offizielle [[Jugend]]-[[Katechismus]] der [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]]. Er ist im Frage-Antwort-Stil abgefasst. Er ist Basis weltweiter katholischer Jugendarbeit.<br />
<br />
Er ist mit einem Vorwort von [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] versehen und basiert auf dem [[Katechismus der katholischen Kirche]] von 1992 und auf dem [[Kompendium des Katechismus der katholischen Kirche]] aus dem Jahre 2005. Er wird im 13 Sprachen im Hinblick auf den [[Weltjugendtag]] in Madrid 2011 herausgegeben. Der [[Katechismus]] hat 300 Seiten und ist in vier Kapitel eingeteilt.<br />
<br />
==Entstehung==<br />
Das Projekt entstand unter dem Patronat des Wiener [[Erzbischof]]s [[Kardinal]] [[Christoph Schönborn]]. Außerdem beteiligten sich [[Priester]] und [[Theologe]]n aus dem deutschsprachigen Raum. [[Jugend]]liche brachten ihre Fragen ein, überprüften die Verständlichkeit der Texte und stellten Fotos zur Verfügung. <br />
<br />
==Päpstliches==<br />
* [[Vorwort zum Jugendkatechismus Youcat]] von Papst [[Benedikt XVI.]] <br />
<br />
==Deutsche Ausgabe==<br />
Die Deutsche Ausgabe ist im [[Pattloch Verlag]] und wird am 4. April 2011 veröffentlicht.<br />
<br />
==Literatur==<br />
* Youcat, [[Jugend]]katechismus. [[Pattloch Verlag]] mit Vorwort von [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] (304 Seiten; [[Imprimatur]] [[ÖBK]] im März 2010; erscheint in 13 Sprachen).<br />
<br />
[[Kategorie:Katechismus]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Gregor_Hanke&diff=75658Gregor Hanke2011-02-08T10:34:24Z<p>Charles: Weiterleitung nach Gregor Maria Hanke erstellt</p>
<hr />
<div>#redirect [[Gregor Maria Hanke]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Ingo_Dollinger&diff=75489Ingo Dollinger2011-02-02T15:27:54Z<p>Charles: /* Biographie */ satzbau</p>
<hr />
<div>'''Ingo Dollinger''' (Prof. Dr. theol; * ca [[1930]]) ist emeritierte [[Professor]] für [[Moraltheologie]].<br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Ingo]] Dollinger sprach ca. 100 mal mit [[Pater Pio]]. Er war Pfarrer und bischöflicher Sekretär des Augsburger Bischofs [[Josef Stimpfle]]. Er nahm an den Dialogen mit der [[Freimaurer]]ei in den 70er Jahren teil, die die [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]] führte und die mit der treffenden [[Unvereinbarkeitserklärung vom 12. Mai 1980]] endeten.<br />
<br />
Am Beginn der 80er Jahre wurde er Rektor am [[Institutum Sapientiae]] im brasilianischen Anápolis und lehrte bis ins 21. Jahrhundert [[Moraltheologie]]. Die Hochschule genoss die beste Akzeptanz der Studienordnung der 30 brasilianischen Hochschulen (Unis) auf das [[Priestertum]] durch den [[Heiliger Stuhl|Heiligen Stuhl]], auch aufgrund der ständigen Verbindung mit dem damaligen Präfekten der [[Kongregation für die Glaubenslehre]] [[Joseph Kardinal Ratzinger]]. Dollingers "Markenszeichen" ist die stete und feste [[Treue]] zum [[Papst]], in der Verwirrung der [[Nachkonziliare Krise|Nachkonziliaren Krise]] nach dem [[II. Vatikanum|Zweiten Vatikanischen Konzil]]. Er diente als [[Konsultor]] am [[Heiliger Stuhl|Heiligen Stuhl]]. Er gehörte nicht dem [[Werk der heiligen Engel]] an, förderte jedoch stets Bestrebungen den katholischen Glauben authentisch-katholisch zu leben, wie z.B. die [[Ordensgemeinschaft]] der [[Servi Jesu et Mariae]] oder die [[Priesterbruderschaft St. Petrus]].<br />
<br />
==Werke==<br />
*Die Ärzteschaft im Spannungsfeld von Wissenschaft, Ethik und Religion : internat. Kongress vom 27. - 29. April 1984 im Akademiehaus St. Ulrich in Augsburg / Dollinger. World Fed. of Doctors who Respect Human Life u.d. ihr angeschlossenen Europ. Ärzteaktionen. Europäische Ärzteaktion Ulm 1984 (6 Seiten).<br />
* Worauf es ankommt : Gedanken zum christl. Leben. Pistis-Verlag München 1982 (40 Seiten; ISBN 3-88511-005-9).<br />
* Klarheit und Wahrheit : Papst Paul VI. zu aktuellen Glaubensfragen. Pistis-Verlag München 1977/1978 (120/127 Seiten; [[Imprimatur]] des Bischöflichen Ordinariates Augsburg vom 27. Juli 1977).<br />
* Die [[Zehn Gebote]] heute: vom rechten Sein des Menschen. Pistis Verlag München 1977 (319 Seiten).<br />
* [[Wunder]], [[Aberglaube]] oder Wirklichkeit? Auer Verlag Donauwörth 1967 (40 Seiten).<br />
* [[Katechismus]] und [[Konzil]]. [[Sankt Ulrich Verlag|Sankt Ulrichs Verlagsgesellschaft]]/Pistis-Verlag München 1974/1981 (2./3. Auflage; 112/40 Seiten; ISBN 3-88511-004-0).<br />
* Was jeder vom Konzil wissen sollte. Auer Verlag Donauwörth 1967 (104 Seiten).<br />
* Die [[Zeugen Jehova]]s und das Zeugnis der [[Heilige Schrift|Heiligen Schrift]]. Auer/Cassianeum 1965 (64 Seiten).<br />
<br />
==Weblinks==<br />
{{PND|105333336}}<br />
*[http://www.subacub.de/texte/theosophie.htm Freimaurerei, Theosophie, New Age]<br />
*[http://radio-maria.de/ArtikelSeite.php?room=cd_Predigten Vorträge zu erwerben bei Radio Maria Wigratzbad]<br />
*[http://www.gloria.tv/?media=3070 Dr. Dollinger spricht beim Requiem] von Pater [[Andreas Hönisch]] über die Errichtung der Ordensgemeinschaft Diener Jesu und Mariens<br />
<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Dollinger, Ingo]]<br />
[[Kategorie:Bistum Augsburg|Dollinger, Ingo]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Privatoffenbarung&diff=75290Privatoffenbarung2011-01-25T19:16:55Z<p>Charles: Syntax repariert</p>
<hr />
<div>Eine '''Privatoffenbarung''' ist eine übernatürliche [[Offenbarung]] nach dem Tode des letzten Apostels an bestimmte Personen, z.B an die heilige [[Margareta Maria Alacoque]] bezüglich der [[Herz-Jesu-Verehrung]]. Gott hat sich im [[Altes Testament|Alten Testament]] und seit Bestehen der [[Kirche]] immer wieder offenbart (vgl. Apostelgeschichte). Sie ist das Wirken des [[Heiliger Geist|Heiligen Geistes]] in der [[Endzeit]], nach der Aufzeichnung des [[Neues Testament|Neuen Testamentes]]. Privatoffenbarungen dienen dazu, die (öffentliche, allgemeine) [[Offenbarung]] besser zu leben ([[Lebenshilfe]]) und zu verstehen. Sie müssen dienen, wie die [[Volksfrömmigkeit]] der [[Liturgie]] dient und wechselseitig fördert. Sie sind himmlische Wegweiser, die auch der [[Theologie|theologischen]] [[Wissenschaft]] richtungszeigende Anregungen geben können.<br />
<br />
Im weiteren Sinne kann jede übernatürliche Einwirkung Gottes als Privatoffenbarung verstanden werden. So etwa die [[Mystik]], [[Stigmatisation]], [[Biolokation]], [[Wunder]], [[Gaben des Heiligen Geistes]] und jede göttliche Eingebung (eingegossene Gnaden), die zum Guten Handeln führen sollen. <br />
<br />
Die öffentliche Offenbarung ist mit dem Tod der [[Apostel]] abgeschlossen. Die [[Bischöfe]] mit dem [[Papst]] sind nicht Träger der Offenbarung, sondern ihrer [[Tradition]] und Weiterentwicklung verpflichtet.<br />
<br />
== Inhalt und Bedeutung ==<br />
Inhalte von Privatoffenbarungen zählen nicht zum [[Depositum fidei]] (Glaubensgut), und werden deshalb ''nicht'' von der [[Kirche]] zum Glauben vorgelegt. Anderseits wäre es unvernünftig und ehrfurchtlos gegenüber dem offenbarendem [[Gott]], von einer Privatoffenbarung, deren Echtheit die Kirche feststellt, nichts zu glauben.<br />
<br />
Das [[II. Vatikanum|Zweite Vatikanische Konzil]] sagt in der [[Konstitution]] [[Lumen gentium]] 12 über die besondern Gaben: <br />
"Derselbe Heilige Geist heiligt außerdem nicht nur das Gottesvolk durch die Sakramente und die Dienstleistungen, er führt es nicht nur und bereichert es mit Tugenden, sondern "teilt den Einzelnen, wie er will" (1 Kor 12,11), seine Gaben aus und verteilt unter den Gläubigen jeglichen Standes auch besondere Gnaden. Durch diese macht er sie geeignet und bereit, für die Erneuerung und den vollen Aufbau der Kirche verschiedene Werke und Dienste zu übernehmen gemäß dem Wort: "Jedem wird der Erweis des Geistes zum Nutzen gegeben" (1 Kor 12,7). Solche Gnadengaben, ob sie nun von besonderer Leuchtkraft oder aber schlichter und allgemeiner verbreitet sind, müssen mit Dank und Trost angenommen werden, da sie den Nöten der Kirche besonders angepaßt und nützlich sind. Außerordentliche Gaben soll man aber nicht leichthin erstreben. Man darf auch nicht vermessentlich Früchte für die apostolische Tätigkeit von ihnen erwarten. Das Urteil über ihre Echtheit und ihren geordneten Gebrauch steht bei jenen, die in der Kirche die Leitung haben und denen es in besonderer Weise zukommt, den Geist nicht auszulöschen, sondern alles zu prüfen und das Gute zu behalten (vgl. 1 Thess 5,12.19-21)."<br />
<br />
[[Karl Rahner]] schreibt in seinem Buch über [[Vision]]en und Prophezeihungen: echte "Visionen usw. sind in ihrem [[Wesen]] ein Imperativ, wie in einer geschichtlichen Situation von der Christenheit gehandelt werden soll. Sie sind wesentlich keine neuen Behauptungen, sondern ein Befehl. Was in einer bestimmten Situation als [[Wille Gottes]] zu tun ist, das läßt sich logisch in eindeutiger Weise nicht ableiten aus den bloß allgemeinen Prinzipien des [[Dogma]]s und der [[Moral]], auch nicht unter Zuhilfenahme der vorliegenden Situation. Diese Ableitungen können grundsätzlich nicht sagen, welche der verschiedenen innerhalb dieses Raumes immer noch möglichen Entscheidungen nun tatsächlich der [[Wille Gottes]] ist und wie sie getroffen werden soll. Darum erweckt [[Gott]] in der [[Kirche]] immer wieder charismatisch begabte Personen, durch welche er das Stichwort gibt, was jetzt zu geschehen habe." <ref>[[Karl Rahner]] in Visionen, Prophezeihungen usw.; Tyrolia 1952</ref><br />
<br />
Im Jahr 1974 verfaßte die [[Glaubenskongregation]] ein Dokument zur Beurteilung der Echtheit von Erscheinungen. Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation war der kroatische Kurienkardinal [[Franjo Seper]]. Das lateinische Dokument ist von Papst [[Paul VI.]] im Jahr 1978 unterzeichnet worden. Es trägt den Titel ''Normen der Heiligen Kongregation für die Glaubenslehre über die Vorgangsweise bei der Beurteilung angeblicher Erscheinungen und Offenbarungen'' (Normae Sanctae Congregationis pro doctrina fidei de modo procedendi in diudicandis praesumptis apparitionibus ac revelationibus)<ref>Ein nicht offizielle englische Übersetzung findet bei [http://www.theotokos.org.uk/pages/appdisce/cdftexte.html theotokos.org].</ref>.<br />
<br />
Das Dokument wurde allen Bischöfen und Ordensoberen der Welt übermittelt, aber bisher nicht veröffentlicht. Der Präfekt der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen, Erzbischof [[Angelo Amato]], sagte gegenüber der Tageszeitung ‘Avvenire’: Das sei nicht notwendig gewesen, da die Inhalte vor allem die Bischöfe und Ordensoberen beträfen.<br />
<br />
==Privatoffenbarung im [[Apostolisches Schreiben|Nachsyndodalen Apostolischen Schreiben]] [[Verbum domini]]==<br />
<br />
Diese »sind nicht dazu da, die endgültige Offenbarung Christi … zu „vervollständigen“, sondern sollen helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben«.<ref>Katechismus der Katholischen Kirche, 67. </ref> Der Wert der Privatoffenbarungen ist wesentlich unterschieden von der einer öffentlichen Offenbarung: Diese fordert unseren Glauben an, denn in ihr spricht durch Menschenworte und durch die Vermittlung der lebendigen Gemeinschaft der Kirche hindurch Gott selbst zu uns. Der Maßstab für die Wahrheit einer Privatoffenbarung ist ihre Hinordnung auf Christus selbst. Wenn sie uns von ihm wegführt, dann kommt sie sicher nicht vom Heiligen Geist, der uns in das Evangelium hinein- und nicht aus ihm herausführt. Die Privatoffenbarung ist eine Hilfe zu diesem Glauben, und sie erweist sich gerade dadurch als glaubwürdig, dass sie auf die eine öffentliche Offenbarung verweist. Die kirchliche Approbation einer Privatoffenbarung zeigt daher im wesentlichen an, dass die entsprechende Botschaft nichts enthält, was dem Glauben und den guten Sitten entgegensteht; es ist erlaubt, sie zu veröffentlichen, und den Gläubigen ist es gestattet, ihr in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken. Eine Privatoffenbarung kann neue Akzente setzen, neue Weisen der Frömmigkeit herausstellen oder alte vertiefen. Sie kann einen gewissen prophetischen Charakter besitzen (vgl. 1 Thess 5,19-21) und eine wertvolle Hilfe sein, das Evangelium in der jeweils gegenwärtigen Stunde besser zu verstehen und zu leben; deshalb soll man sie nicht achtlos beiseite schieben. Sie ist eine Hilfe, die angeboten wird, aber von der man nicht Gebrauch machen muß. Auf jeden Fall muß es darum gehen, dass sie Glaube, Hoffnung und Liebe nährt, die der bleibende Weg des Heils für alle sind.<ref> Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Die Botschaft von Fatima (26. Juni 2000): Ench. Vat. 19, Nrn. 974-1021. </ref> [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] [[Apostolisches Schreiben|Nachsyndodalen Apostolischen Schreiben]] [[Verbum domini]], Nr. 14.<br />
<br />
== Kirchliche Prüfung und Kategorien ==<br />
Die katholische Kirche hat bei Berichten von [[Erscheinungen]] (z. B. der [[Muttergottes]]) die Möglichkeit, in einer Beurteilung ihre offizielle Meinung abzugeben.<br />
<br />
Im kirchlichen Sprachgebrauch werden drei Begriffe verwandt:<br />
<br />
* '''''Constat de supernaturalite''''': ''Es steht fest, dass es sich um Übernatürliches handelt''. Damit wird eine Erscheinung oder ein Erscheinungsort offiziell bestätigt.<br />
<br />
* '''''Constat de non supernaturalite''''': ''Es steht fest, dass es sich um nichts Übernatürliches handelt''. Damit wird eine Erscheinung oder ein Erscheinungsort offiziell verurteilt.<br />
<br />
* '''''Non constat de supernaturalite''''': ''Es steht nicht fest, ob es sich um Übernatürliches handelt''. Damit wird eine Erscheinung oder ein Erscheinungsort weder verworfen nocht bestätigt. In einem gewissen Sinn ist dieses Urteil daher ein "neutrales" bzw. abwartendes Urteil. Das ablehnende Urteil zu akzeptieren ist den Gläubigen dringend empfohlen.<br />
<br />
=== Es steht fest, dass die Ereignisse übernatürlich sind ===<br />
*So geht das [[Fronleichnam]]sfest auf die Vision der [[Juliana von Lüttich]] (Belgien) zurück. Deren Beichtvater, der [[Papst]] [[Urban IV.]] wurde, führte das noch fehlende Fest ein.<br />
<br />
* [[Akita]] (Japan)<br />
<br />
* [[Banneux]] (Belgien)<br />
<br />
* [[Beauraing]] (Belgien)<br />
<br />
* Hl. [[Birgitta von Schweden]]<br />
<br />
* [[Champion/Wisconsin]] (Our Lady of Good Help, Amerika) [http://www.kath.net/detail.php?id=29289]<br />
<br />
* [[Fatima]] (Pontevedra und Tuy - Portugal), Liturgischer Gedenktag: [[13. Mai]]<br />
<br />
* [[Frau aller Völker]] (Amsterdam, Niederlande)<br />
<br />
* [[Guadalupe]] (Mexiko)<br />
<br />
* [[Hildegard von Bingen]] (Deutschland)<br />
<br />
* [[Kibeho]] (Ruanda)<br />
<br />
* [[Knock]] (Irland)<br />
<br />
* [[La Salette]] (Frankreich)<br />
<br />
* [[Lourdes]] (Frankreich), [[Liturgie|Liturgischer]] Gedenktag: [[11. Februar]]<br />
<br />
* Hl. [[Margareta Maria Alacoque]] (Frankreich)<br />
<br />
* [[Pontmain]] (Frankreich)<br />
<br />
* [[Wundertätige Medaille]] (''Rue du Bac'' Paris, Frankreich)<br />
<br />
* [[Unserer Lieben Frau von Laus]] (Frankreich), im Jahr 2008 kirchlich anerkannt <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=29867 vgl. Kath.net am 25. Januar 2011]</ref><br />
<br />
* Papst [[Johannes Paul II.]] führte den [[Barmherzigkeit Gottes|Sonntag der Barmherzigkeit]] aufgrund der Offenbarungen [[Faustyna Kowalska]]s (Polen), einer Ordensschwester aus seiner früheren Diözese, am [[Sonntag]] nach [[Ostern]] ein ("Weißer Sonntag").<br />
<br />
=== Es steht nicht fest, dass die Ereignisse übernatürlich sind ===<br />
* [[Medjugorje]] (Bischöfliches Urteil)<br />
* [[Marpingen]] (Dekret des Bischofs von Trier vom 13. Dezember 2005, Deutschland)<br />
<br />
=== Es steht fest, dass die Ereignisse nicht übernatürlich sind ===<br />
* [[Heroldsbach]]<br />
<br />
== Weitere Privatoffenbarungen (mit fehlender Zuordnung) ==<br />
''' nicht anerkannt, d.h. keine formelle kirchliche Aussage'''<br />
<br />
* [[Albert Drexel]] (Der Glaube ist mehr als Gehorsam) (Österreich/Schweiz)<br />
<br />
* Sel. [[Anna Katharina Emmerich]] (Deutschland)<br />
<br />
* [[Barbara Weigand]]<br />
<br />
* [[Consolata Betrone]] (Italien)<br />
<br />
* [[Engelwerk]]<br />
<br />
* [[Françoise]]<br />
<br />
* [[Garabandal]]<br />
<br />
* [[Heede]]<br />
<br />
* [[Kérizinen]]<br />
<br />
* [[Kurescek]] (Slowenien)<br />
<br />
* [[Leandre]]<br />
<br />
* [[Limpias]]<br />
<br />
* [[Lucie]]<br />
<br />
* [[Lichen]] (Polen)<br />
<br />
* [[Litmanová]] (Slowakische Republik)<br />
<br />
* [[Maguerite]]<br />
<br />
* [[Manduria]]<br />
<br />
* [[Maria Valtorta]] (Italien)<br />
<br />
* [[Maria von Jesus zu Agreda]] (Spanien)<br />
<br />
* [[Medjugorje]] (Bosnien-Herzegowina)<br />
<br />
* [[Naju]] (Südkorea)<br />
<br />
* [[Rosa Mystica]] (Italien)<br />
<br />
* [[San Damiano]]<br />
<br />
* [[Schio]] (Japan)<br />
<br />
* [[Sievernich]] (Deutschland)<br />
<br />
* [[Stefano Gobbi]]<br />
<br />
* [[Tre Fontane]] [[Rom]]<br />
<br />
==Literatur==<br />
* Göttliche Anrufe, Aufgezeichnet von Marie Sevray auf Veranlassung ihres Seelenführers [[Parvis-Verlag]] 2004 (160 Seiten; Mit kirchlicher [[Druckerlaubnis]]; ISBN 9783907523216).<br />
<br />
== Siehe auch==<br />
* Konzilskonstitution [[Dei verbum]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.theologie-heute.de/Privatoffenbarungen.pdf ''Privatoffenbarungen und Marienverehrung''] von [[Joseph Schumacher]]<br />
* [http://www.kath.net/detail.php?id=26686 ''Öffentliche Offenbarung und 'Privatoffenbarungen'''] von [[Joseph Ratzinger]]<br />
* [http://all.gloria.tv/?media=40209 ''Vortrag''] von [[Anton Ziegenaus]]<br />
<br />
[[Kategorie:Privatoffenbarungen|!]]<br />
<br />
== Fussnoten ==<br />
<references/></div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Kath.de&diff=75165Kath.de2011-01-21T01:18:08Z<p>Charles: tippos</p>
<hr />
<div>[[Bild:Kath.de.jpg|thumb|right|]]<br />
<br />
'''Kath.de''' ist ein unabhängiges katholisches Nachrichtenportal im Internet. Es besteht seit dem 29. Februar 1996. Der tägliche Newsletter von [[Radio Vatikan]] wird vom kath.de-Infoservice versendet.<br />
<br />
==Ursprung==<br />
Dr. Eckhard Bieger [[SJ]], der auch Mitarbeiter des Portals ist, arbeitete für das Fernsehen. Als ein neues Bildschirmmedium aus dem Bereich der Universitäten herauswanderte, wollten er und Rolf Jouaux wissen, wie das Medium funktioniert. Daraus ist kath.de geworden.<br />
<br />
==Team==<br />
Redaktionsleiter ist Jens Albers. Zum Team gehört: Andrea Kronisch, Christian Wode, Klaus Bruns, Maximilian Ditz, Mareike Jauß, Matthias Schmidt, Roland Müller, Sebastian Pilz, [[Veronica Pohl]].<br />
<br />
==Adresse==<br />
kath.de GmbH & Co KG <br><br />
[http://www.kath.de www.kath.de] <br> Tel.: 0173 / 3183343<br><br />
<br />
[[Kategorie:Nachrichtenagenturen]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=KATHPEDIA&diff=74955KATHPEDIA2011-01-12T11:24:17Z<p>Charles: Satzbau</p>
<hr />
<div>'''[[Bild:Kathpedia.jpg|thumb|right|]]'''<br />
<br />
'''KATHPEDIA''' nennt sich die katholische [[Enzyklopädie]] im Internet. Sie ist ein Dokumentationsprojekt zur Darstellung des katholischen [[Glauben]]s. Sie besteht seit dem 10. März 2006 und gehört zur [[:Kategorie:Kath.net|kath.net-Familie]] im Internet.<br />
<br />
Primär sind katholische Christen zur aktiven Mitarbeit eingeladen. Richtschnur in allen Zweifelsfällen sind die [[Liste von Lehramtstexten|kirchlichen Lehrdokumente]], insbesondere der [[Katechismus der Katholischen Kirche]] sowie das [[Kompendium des Katechismus]]. Das Projekt wird von verschiedenen Katholiken aus dem deutschen Sprachraum getragen und soll eine Art "katholisches [[Wikipedia]]" sein. Technische Betreuer und einige Moderatoren sorgen für den reibungslosen Ablauf. Eigentümer der Enzyklopädie ist der Verein [[Kath.net]] in Linz. <br />
<br />
==Statistik==<br />
* Der Start der Kathpedia war am 10. März 2006.<br />
* Über tausend Einträge waren am 19. August 2006 erstellt.<br />
* Der 5000 Artikel wurde am 7. Januar 2010 editiert.<br />
<br />
== Beziehungen zu anderen Internetseiten ==<br />
*[[Kathpedia:Links auf Kathpedia|Folgende Websites verlinken kathpedia]]<br />
* KATHPEDIA und das Ökumenische Heiligenlexikon [http://www.heiligenlexikon.de] verlinken sich bei den Heiligen gegenseitig.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=13079&&print=yes Start der Kathpedia am 10. März 2006]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=14495 Über tausend Einträge am 19. August 2006]<br />
<br />
[[Kategorie:Lexika]]<br />
[[Kategorie:Kath.net]]<br />
[[Kategorie:Kathpedia]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Johannes_St%F6hr&diff=749122011-01-10T21:56:52Z<p>Charles: /* Biografie */ tippo</p>
<hr />
<div>'''Johannes Stöhr''' (Prof. Dr.; * [[19. Februar]] [[1931]], Berlin-Spandau) ist ein bedeutender [[Theologe]] der Gegenwart.<br />
<br />
== Biografie ==<br />
[[Johannes]] Stöhr hat fünf Geschwister. Er absolvierte das Abitur am Canisius Kolleg in Berlin und studierte dann in Frankfurt/Main, phil.-theol. Hochschule St. Georgen und in Freiburg i. Br. Er promovierte zum Dr. theol. am 24. Feruar 1956 in Freiburg i. Breisgau Er empfing am 29. Juni 1958 die [[Priesterweihe]] in Berlin und war [[Kaplan]] in Berlin (Mater Dolorosa und Rosenkranzbasilika). Am 31. Mai 1963 habilitiert er sich für das Fach der Dogmatischen Theologie und wird zum beamteten Dozenten für Dogmatische Theologie an der Universität Freiburg i. Br. am 25. August 1963 ernannt. Ab dem 1. Mai 1966 vertritt er kommissarisch die Professur für [[Dogmatik]] an der Philosophisch-theologischen Hochschule Bamberg. Am 9. Dezember 1966 wird er zum außerordentlichen Professor für Dogmatik an der Phil.-theol. Hochschule Bamberg ernannt. Als Ordentlicher Professor bzw. Lehrstuhlinhaber für das Fach der Dogmatischen Theologie an der 1973 gegründeten Universität Bamberg ist er dann seit dem 1. Mai 1973. Ende April 1970 wird er zum Magister der Raimundus-Lullus-Akademie des Obersten Spanischen Forschungsrates ernannt. Er ist Gastprofessor der Pontificia [[Università della Santa Croce]] in [[Rom]], der [[Universidad de Navarra]], Pamplona, der [[Gustav-Siewerth-Akademie]], Weilheim/Oberbierbronnen, im [[Priesterseminar St. Petrus]], [[Wigratzbad]]. Ferner hält er jährlich ca. 1 Monat in Chile (Priesterseminar von "San Bernardo-Santiago") Vorlesungen. Am 1. April 1999 wurde er emeritiert und ist seitdem Subsidiar in St. Pantaleon zu Köln.<br />
<br />
==Mitgliedschaften==<br />
* Mitglied der deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie (DAM).<br />
* Mitglied der [[Pontificia Academia Mariana Internationalis]]. <br />
* Ordentliches Mitglied der " [[Päpstliche Akademie Thomas von Aquin|Pontificia Accademia Romana di San Tommaso]] seit dem 12. März 1982.<br />
* Ordentliches Mitglied der "Pontificia Academia Mariana Internationalis" seit dem 28. März 1985<br />
* Ordentliches Mitglied der "Sociedad internacional de Josefología"<br />
<br />
== Werke ==<br />
Zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen [http://www.teol.de/bi-stoe.htm vgl.] . Artikel u.a. in<br />
*[[Marienlexikon]]<br />
* Hsgr.: [[German Rovira]], Johannes Stöhr, Mariologisches Jahrbuch Sedes sapientiae [[Fe-Medienverlag]] (165 Seiten)<br />
* Artikel im [[LThK]]<br />
*Lexikon der theologischen Werke<br />
*Wörterbuch der Philosophie<br />
*Estudios Lulianos<br />
*[[Theologisches]]<br />
*[[Forum Katholische Theologie]]<br />
* Die [[Letzte Dinge|letzten Dinge]] im Leben des Menschen (198 Seiten) von Johannes Stöhr, [[Alfred Sonnenfeld]], [[Joseph Schumacher]], [[Ferdinand Holböck]], [[Leo Elders]], [[Leo Scheffczyk]], [[Lucas Mateo-Seco]] und [[Richard Niedermeier]] (erhältlich beim [[Fe-Medienverlag]]).<br />
* Loslösung und Entsagung (erhältlich beim [[Fe-Medienverlag]]).<br />
*Divinitas,<br />
*[[Johannes Paul II]]. - Marianische Texte (1978-1985), Bamberg 1985 (St. Otto- Verlag), (ISBN 3-87693-120-7). <br />
* J. Stöhr/[[German Rovira]] (Hrsg.), Totus tuus. Theologische Kommentare zur Mariologie Johannes Paul II, Bd. 1 (Marianische Schriften des Internationalen Mariologischen Arbeitskreises Kevelaer), Bamberg (St. Otto-Verlag) 1986, 207 Seiten, (ISBN 3-87693-121-5). <br />
* [[Joseph Schumacher]], [[German Rovira]], J. Stöhr: Maria im Geheimnis Christi und der Kirche. Ein Glaubensbuch. Mit einem Geleitwort von Bischof [[Franz Hengsbach]], [[Johann Wilhelm Naumann Verlag]] Würzburg 1987 (124 Seiten; ISBN 3-88567-055-0). <br />
* Die [[Familie]]: ein Herzensanliegen. Zur neueren Theologie der christlichen [[Ehe]]. Interantionales theologisches Symposion: Universität Bamberg, 6.-8. 11. 1987, hrsg. von J. Stöhr, [[EOS Verlag St. Ottilien]] 1988 (230 Seiten; ISBN 3-88096-705-9). <br />
* Nova et Vetera (Texte und Kommentare zu Themen christlicher Spiritualität), hrsg. von Prof. Dr. J. Stöhr, [[EOS Verlag St. Ottilien]] 1988, bisher 5 Bände. <br />
* Maria unsere Mutter. Mariologische Studien, Luthe-Verlag, Köln 1991 (114 Seiten). <br />
* Das Schicksal der leidenden [[Kirche]] und die Hilfemöglichkeiten der pilgernden Kirche - in: (Hsgr.) [[Franz Breid]]: [[Letzte Dinge|Die Letzten Dinge]]. Referate der 4. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] des [[Linzer Priesterkreis]]es in Aigen Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co. KG Steyr 1992, S. 139-188 (271 Seiten; 1. Auflage; ISBN 3850683834).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|124581404}}<br />
*[http://www.teol.de/ www.teol.de], Website von Prof. Stöhr mit zahlreichen Informationen für Theologiestudenten<br />
* [http://www.sankt-pantaleon.de/1265.0.html Katholische Kirchengemeinde St.Pantaleon]<br />
* [http://www.mater-dolorosa-lankwitz.de/wiki/personen:johannes_stoehr Biographie Prof. Stöhr bei der Pfarrei Mater-Dolorosa]<br />
<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Stöhr, Johannes]]<br />
[[Kategorie:Theologen Deutschland|Stöhr, Johannes]]<br />
[[Kategorie:Mariologen|Stöhr, Johannes]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Johannes_St%F6hr&diff=749112011-01-10T21:53:58Z<p>Charles: /* Werke */ tippo; +isbn</p>
<hr />
<div>'''Johannes Stöhr''' (Prof. Dr.; * [[19. Februar]] [[1931]], Berlin-Spandau) ist ein bedeutender [[Theologe]] der Gegenwart.<br />
<br />
== Biografie ==<br />
[[Johannes]] Stöhr hat fünf Geschwister. Er absolvierte das Abitur am Caniisius Cooleg in Berlin und studierte dann in Frankfurt/Main, phil.-theol. Hochschule St. Georgen und in Freiburg i. Br. Er promovierte zum Dr. theol. am 24. Feruar 1956 in Freiburg i. Breisgau Er empfing am 29. Juni 1958 die [[Priesterweihe]] in Berlin und war [[Kaplan]] in Berlin (Mater Dolorosa und Rosenkranzbasilika). Am 31. Mai 1963 habilitiert er sich für das Fach der Dogmatischen Theologie und wird zum beamteten Dozenten für Dogmatische Theologie an der Universität Freiburg i. Br. am 25. August 1963 ernannt. Ab dem 1. Mai 1966 vertritt er kommissarisch die Professur für [[Dogmatik]] an der Philosophisch-theologischen Hochschule Bamberg. Am 9. Dezember 1966 wird er zum außerordentlichen Professor für Dogmatik an der Phil.-theol. Hochschule Bamberg ernannt. Als Ordentlicher Professor bzw. Lehrstuhlinhaber für das Fach der Dogmatischen Theologie an der 1973 gegründeten Universität Bamberg ist er dann seit dem 1. Mai 1973. Ende April 1970 wird er zum Magister der Raimundus-Lullus-Akademie des Obersten Spanischen Forschungsrates ernannt. Er ist Gastprofessor der Pontificia [[Università della Santa Croce]] in [[Rom]], der [[Universidad de Navarra]], Pamplona, der [[Gustav-Siewerth-Akademie]], Weilheim/Oberbierbronnen, im [[Priesterseminar St. Petrus]], [[Wigratzbad]]. Ferner hält er jährlich ca. 1 Monat in Chile (Priesterseminar von "San Bernardo-Santiago") Vorlesungen. Am 1. April 1999 wurde er emeritiert und ist seitdem Subsidiar in St. Pantaleon zu Köln.<br />
<br />
==Mitgliedschaften==<br />
* Mitglied der deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie (DAM).<br />
* Mitglied der [[Pontificia Academia Mariana Internationalis]]. <br />
* Ordentliches Mitglied der " [[Päpstliche Akademie Thomas von Aquin|Pontificia Accademia Romana di San Tommaso]] seit dem 12. März 1982.<br />
* Ordentliches Mitglied der "Pontificia Academia Mariana Internationalis" seit dem 28. März 1985<br />
* Ordentliches Mitglied der "Sociedad internacional de Josefología"<br />
<br />
== Werke ==<br />
Zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen [http://www.teol.de/bi-stoe.htm vgl.] . Artikel u.a. in<br />
*[[Marienlexikon]]<br />
* Hsgr.: [[German Rovira]], Johannes Stöhr, Mariologisches Jahrbuch Sedes sapientiae [[Fe-Medienverlag]] (165 Seiten)<br />
* Artikel im [[LThK]]<br />
*Lexikon der theologischen Werke<br />
*Wörterbuch der Philosophie<br />
*Estudios Lulianos<br />
*[[Theologisches]]<br />
*[[Forum Katholische Theologie]]<br />
* Die [[Letzte Dinge|letzten Dinge]] im Leben des Menschen (198 Seiten) von Johannes Stöhr, [[Alfred Sonnenfeld]], [[Joseph Schumacher]], [[Ferdinand Holböck]], [[Leo Elders]], [[Leo Scheffczyk]], [[Lucas Mateo-Seco]] und [[Richard Niedermeier]] (erhältlich beim [[Fe-Medienverlag]]).<br />
* Loslösung und Entsagung (erhältlich beim [[Fe-Medienverlag]]).<br />
*Divinitas,<br />
*[[Johannes Paul II]]. - Marianische Texte (1978-1985), Bamberg 1985 (St. Otto- Verlag), (ISBN 3-87693-120-7). <br />
* J. Stöhr/[[German Rovira]] (Hrsg.), Totus tuus. Theologische Kommentare zur Mariologie Johannes Paul II, Bd. 1 (Marianische Schriften des Internationalen Mariologischen Arbeitskreises Kevelaer), Bamberg (St. Otto-Verlag) 1986, 207 Seiten, (ISBN 3-87693-121-5). <br />
* [[Joseph Schumacher]], [[German Rovira]], J. Stöhr: Maria im Geheimnis Christi und der Kirche. Ein Glaubensbuch. Mit einem Geleitwort von Bischof [[Franz Hengsbach]], [[Johann Wilhelm Naumann Verlag]] Würzburg 1987 (124 Seiten; ISBN 3-88567-055-0). <br />
* Die [[Familie]]: ein Herzensanliegen. Zur neueren Theologie der christlichen [[Ehe]]. Interantionales theologisches Symposion: Universität Bamberg, 6.-8. 11. 1987, hrsg. von J. Stöhr, [[EOS Verlag St. Ottilien]] 1988 (230 Seiten; ISBN 3-88096-705-9). <br />
* Nova et Vetera (Texte und Kommentare zu Themen christlicher Spiritualität), hrsg. von Prof. Dr. J. Stöhr, [[EOS Verlag St. Ottilien]] 1988, bisher 5 Bände. <br />
* Maria unsere Mutter. Mariologische Studien, Luthe-Verlag, Köln 1991 (114 Seiten). <br />
* Das Schicksal der leidenden [[Kirche]] und die Hilfemöglichkeiten der pilgernden Kirche - in: (Hsgr.) [[Franz Breid]]: [[Letzte Dinge|Die Letzten Dinge]]. Referate der 4. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] des [[Linzer Priesterkreis]]es in Aigen Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co. KG Steyr 1992, S. 139-188 (271 Seiten; 1. Auflage; ISBN 3850683834).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|124581404}}<br />
*[http://www.teol.de/ www.teol.de], Website von Prof. Stöhr mit zahlreichen Informationen für Theologiestudenten<br />
* [http://www.sankt-pantaleon.de/1265.0.html Katholische Kirchengemeinde St.Pantaleon]<br />
* [http://www.mater-dolorosa-lankwitz.de/wiki/personen:johannes_stoehr Biographie Prof. Stöhr bei der Pfarrei Mater-Dolorosa]<br />
<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Stöhr, Johannes]]<br />
[[Kategorie:Theologen Deutschland|Stöhr, Johannes]]<br />
[[Kategorie:Mariologen|Stöhr, Johannes]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Fugger&diff=74908Fugger2011-01-10T17:00:57Z<p>Charles: tippo</p>
<hr />
<div>''' Fugger ''' ist eines der neben den Welsern und Höchstettern führenden Augsburger Handelshäuser, das in der Wirtschafts- wie in der Kirchen- und Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts Bedeutung erlangte. Die frühmoderne Kapitalkraft der Fugger gründete, nach Anfängen im Weberhandwerk und Textilhandel, in den Münz- und Montanwerten Silber, Kupfer und Quecksilber sowie in Finanz- und Bankgeschäften. Die Fugger finanzieren heute noch die päpstliche [[Schweizergarde]]. <br />
<br />
==Jakob Fugger==<br />
Jakob der Reiche (6. März 1459-1525) war jüngster Sohn von insgesamt zehn Kindern. Er stiftete 1521 die erste Sozialsiedlung der Welt für unverschuldete Augsburger Bürger (die Fuggerrei). Er galt er äußerst wohltätig und kunstsinnig. Er kann als der Vordenker eines Wirtschaftssystems gelten. Er vernetzte die Erdteile mit Handelsniederlassungen und schuf einen globalen Konzern mit einer Weltbank. Die Firmenchefs (Regierer) Jakob der Reiche und Anton (1493- 1560) brachten die Fugger zu weltweiter Bedeutung. Die Fugger übten unter den Kaisern Maximilian I. und [[Karl V.]], dessen Wahlkosten und Kriege sie vorfinanzierten, eine Art geldbeschaffender HoffaktorensteIlung aus und unterhielten ein europäisches Faktoreien- und Informationsnetz. Der Rückzug auf schwäbische Schlösser und Herrschaften, Bodenwerte und Waldbesitz sicherte den Fortbestand des aristokratisierten Hauses bis heute. <br />
<br />
== Kirchengeschichtlich gesehen==<br />
Kirchengeschichtlich gerieten die Fugger durch ihre 1495 gegründete römische Bank in Gegensatz zur Wittenberger Reformation. Während [[Johannes Eck]] mit Blick nach Augsburg das frühmoderne Kreditsystem theologisch legitimierte und [[Conrad Peutinger]] den Nutzen der Handelsgesellschaften politisch verteidigte, griff [[Martin Luther]] die "verdammte Fuckerei" mit biblischen und volkstümlichen Argumenten scharf an. Die Frömmigkeit der Fugger hielt sich hingegen an Augsburger Pfarreireformen, an caritative Stiftungen wie die bis heute von der Familie getragene Sozialsiedlung Fuggerei und an künstlerische Aufträge wie die erste deutsche Renaissancekirche, die Fugger-Kapelle bei St. Anna in Augsburg. Nach humanistisch-reichsstädtischer Zurückhaltung förderten die Fugger (mit Ausnahme des evangelischen Ulrich Il. d. J., 1526-84) die [[Gegenreformation]], insbesondere [[Petrus Canisius]] und das 1581 gegründete Jesuitenkolleg. Marx Fugger (Regierer 1560- 97) übersetzte einen Band der [[Kirchengeschichte]] von [[Caesare Baronius]]. Die Fugger stellten auch einen Ligageneral (Ottheinrich, 1592-1644), einen Konstanzer (Jakob, 1567-1626) und zwei Regensburger [[Bischöf]]e (Sigmund Friedrich, 1542-1600, und Anton Ignaz, 1711-87). Nachhaltig wirkte die Förderung der Renaissancemusik, der bildenden Kunst und der Wissenschaften. <br />
<br />
==Literatur==<br />
* Fuggerorum et Fuggerarum Imagines. Augsburg 1618; Fugger-Archiv Dillingen und Studien zur Fugger-Geschichte, bisher 36 Bände. Dillingen 1907ff.<br />
* G. Frhr. von Pölnitz: Jakob Fugger, 2 Bände. Tübingen 1949-51;<br />
* G. Frhr. von Pölnitz: Anton Fugger, 3 Bände. Tübingen 1958-86; <br />
* N. Lieb: Die Fugger und die Kunst, 2 Bände, München 1952-58; <br />
* G. Lutz: Marx Fugger und die Annales Ecclesiastici des Baronius: Baronico Storico e la Controriforma. Sora 1982, 423-545; G. Frbr. von Pölnitz: Die Fugger Tübingen 1990; <br />
* H. Kellenbenz: Die Fugger in Spanien und Portugal, 2 Bände. München 1990; <br />
* B. Boshaft: Die Fugger-Kapelle bei St. Anna in Augsburg. München 1994; <br />
* Anton Fugger (1493- 1560). Das 500jährige Jubiläum, hg. von. J. Burkhardt. Weißenhorn 1994. <br />
* Franz von Seeburg: Die Fugger und ihre Zeit. [[Kösel Verlag]] Weimar 1922 (584 Seiten; 8. Auflage).<br />
<br />
[[Kategorie:Bistum Augsburg]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Anglicanorum_coetibus&diff=74640Anglicanorum coetibus2011-01-04T09:48:12Z<p>Charles: /* Zustandekommen */ Stil</p>
<hr />
<div>''' Anglicanorum coetibus ''' sind die [[Incipit|Anfangsworte]] der Apostolischen [[Konstitution]] [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] vom [[4. November]] [[2009]] über die Errichtung von Personalordinariaten für [[Anglikaner]] die in die volle Gemeinschaft mit der [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]] eintreten.<br />
<br />
==Zustandekommen==<br />
Die Konstitution ist eine Reaktion Papst Benedikts XVI. auf wiederholte Anfragen einiger Gruppen (Bischöfe und Priester) und Einzelpersonen, beim Heiligen Stuhl um volle Gemeinschaft mit der [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]] angesucht haben. Diese sind der Auffassung, dass Einheit eine sichtbare Mitte brauche.<br><br />
Der Vorsitzende der [[Kongregation für die Glaubenslehre]] [[William Levada]] kündigte diese Apostolische Konstitution ungefähr einen Monat vor ihrer Veröffentlichung am 9. November an. Der Rektor der päpstlichen Universität [[Gregoriana]] [[John Franco Girlanda]] [[SJ]] war einer der Autoren der Konstitution.<br />
<br />
==Inhalt==<br />
Die Konstitution erleichtert anglikanischen Christen in die Katholische Kirche einzutreten, ohne dass diese völlig ihre Traditionen aufgeben müssten. Sie ebnet den Weg für Personalordinariaten von bistumsähnlichen Institutionen unter den Dächern der nationalen [[Bischofskonferenz]]en, wie etwa die Militärbistümer. Hier sollen sich Anglikaner und ehemalige Anglikaner organisieren und ihre eigene [[Spiritualität]] und [[Liturgie]] pflegen. Verheiratete anglikanische [[Priester]] werden zu katholischen [[Priester]]n geweiht. Priesteramtskandidaten die noch nicht verheiratet sind, müssen wie in der Katholischen Kirche den [[Zölibat]] versprechen. <br />
<br />
==[[Konversion|Früchte]]==<br />
(Diese Pressemeldungen können nicht immer als endgültigen Zeitpunkt angesehen werden)<br />
#Mitte Juli 2010 hat die "Anglican-Church of America" mit rund 100 Pfarreien (ca. 5200 Gläubige) sich für einen kollektiven Übertritt zur Katholischen Kirche nach Maßgabe des päpstlichen Dekrets Anglicanorum coetibus. Ebenso am 20. März 2010 drei Bischöfe mit ihren Gläubigen der "Anglican-Catholic-Church of Canada" mit etwa 40 Pfarreien. <ref> [http://www.zenit.org/article-21168?l=german Die "Anglican-Church of America" im Juli 2010] </ref><br />
#Im Mai 2010 beschlossen über 100 anglikanische Gemeinden in den USA zusammen zur römisch-katholischen Kirche zu konvertieren. <ref><br />
[http://www.telegraph.co.uk/news/newstopics/religion/7375163/100-US-Anglican-parishes-convert-to-Roman-Catholic-Church.html Über 100 anglikanische Gemeinden in den USA haben beschlossen, zusammen zur römisch-katholischen Kirche zu konvertieren (6. Mai 2010)] </ref><br />
#Bischof John Broadhurst, Bischof von Fulham in London, der Vorsitzende der konservativen Gruppe "Forward in Faith" tritt im Oktober 2010 zur [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]] über. Ebenso kündigte der Gemeinderat von Saint Peter in Folkestone (Bistum Kent) an, den Ende September 2010 beschlossen Übertritt zu vollziehen. <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=28554 John Broadhurst, Bischof von Fulham in London, kündigt Übertritt zur katholischen Kirche an, 18. Oktober 2010] </ref> <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=29559 Die früheren anglikanischen Bischöfe John Broadhurst (Fulham), Keith Newton (Richborough) und Andrew Burnham (Ebbsfleet) ud drei Ordensfrauen werden in der Westminster-Kathedrale am 1. Januar 2011 in die volle Gemeinschaft der Katholischen Kirche aufgenommen]</ref><br />
#Die amtierenden Bischöfe Andrew Burnham (Ebbsfleet) und Keith Newton (Richborough) sowie der Ruhestandsbischof Edward Barnes wollen von der Konstitution Gebrauch machen, eine Sonderdiözese zu errichten. <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=28567 England: Weitere 3 anglikanische Bischöfe wollen katholisch werden. 19. Oktober 2010]</ref><br />
#Die Mount Calvary-Gemeinde Baltimore, einst zughörig zu der Episkopalkirche (früher bekannt als Protestantische Episkopalkirche der USA) wird nach ihrer Trennung, eine Gemeinde des Anglican Use in die Römisch-Katholische Kirche. <ref>[http://www.mountcalvary.com/news.php www.mountcalvary.com] </ref><br />
<br />
==Literatur==<br />
* Die Konstitution mit ergänzenden Normen ist abgedruckt im [[Osservatore Romano]] 39. Jahrgang Nr. 48 vom 27. November 2009.<br />
<br />
'''Siehe auch: ''' [[Liste von Lehramtstexten]]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
* [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/apost_constitutions/documents/hf_ben-xvi_apc_20091104_anglicanorum-coetibus_ge.html Die Konstitution auf der Vatikanseite]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=28807 Anglikaner fürchten neue Übertrittswelle zu katholischer Kirch 7. Oktober 2010]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=28834 Fünf anglikanische Bischöfe treten zur katholischen Kirche über, Meldung am 8. November 2010]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=28864 Werden tausende anglikanische Laien konvertieren?]<br />
{{KathNet|Anglicanorum+coetibus}}<br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte]]<br />
[[Kategorie:Konfessionskunde]]<br />
<br />
== Fussnoten ==<br />
<references /></div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Anglicanorum_coetibus&diff=74639Anglicanorum coetibus2011-01-04T09:46:22Z<p>Charles: /* Zustandekommen */ Genitiv</p>
<hr />
<div>''' Anglicanorum coetibus ''' sind die [[Incipit|Anfangsworte]] der Apostolischen [[Konstitution]] [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] vom [[4. November]] [[2009]] über die Errichtung von Personalordinariaten für [[Anglikaner]] die in die volle Gemeinschaft mit der [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]] eintreten.<br />
<br />
==Zustandekommen==<br />
Die Konstitution ist eine Reaktion Papst Benedikts XVI. auf wiederholte Anfragen einiger Gruppen (Bischöfe und Priester) und Einzelpersonen, beim Heiligen Stuhl um volle Gemeinschaft mit der [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]] angesucht haben. Diese sind der Auffassung, dass Einheit eine sichtbare Mitte brauche.<br><br />
Der Vorsitzende der [[Kongregation für die Glaubenslehre]] [[William Levada]] kündigte diese Apostolische Konstitution ungefähr einen Monat zuvor an. Sie wurde am 9. November veröffentlicht. Der Rektor der päpstlichen Universität [[Gregoriana]] [[John Franco Girlanda]] [[SJ]] war einer der Autoren der Konstitution.<br />
<br />
==Inhalt==<br />
Die Konstitution erleichtert anglikanischen Christen in die Katholische Kirche einzutreten, ohne dass diese völlig ihre Traditionen aufgeben müssten. Sie ebnet den Weg für Personalordinariaten von bistumsähnlichen Institutionen unter den Dächern der nationalen [[Bischofskonferenz]]en, wie etwa die Militärbistümer. Hier sollen sich Anglikaner und ehemalige Anglikaner organisieren und ihre eigene [[Spiritualität]] und [[Liturgie]] pflegen. Verheiratete anglikanische [[Priester]] werden zu katholischen [[Priester]]n geweiht. Priesteramtskandidaten die noch nicht verheiratet sind, müssen wie in der Katholischen Kirche den [[Zölibat]] versprechen. <br />
<br />
==[[Konversion|Früchte]]==<br />
(Diese Pressemeldungen können nicht immer als endgültigen Zeitpunkt angesehen werden)<br />
#Mitte Juli 2010 hat die "Anglican-Church of America" mit rund 100 Pfarreien (ca. 5200 Gläubige) sich für einen kollektiven Übertritt zur Katholischen Kirche nach Maßgabe des päpstlichen Dekrets Anglicanorum coetibus. Ebenso am 20. März 2010 drei Bischöfe mit ihren Gläubigen der "Anglican-Catholic-Church of Canada" mit etwa 40 Pfarreien. <ref> [http://www.zenit.org/article-21168?l=german Die "Anglican-Church of America" im Juli 2010] </ref><br />
#Im Mai 2010 beschlossen über 100 anglikanische Gemeinden in den USA zusammen zur römisch-katholischen Kirche zu konvertieren. <ref><br />
[http://www.telegraph.co.uk/news/newstopics/religion/7375163/100-US-Anglican-parishes-convert-to-Roman-Catholic-Church.html Über 100 anglikanische Gemeinden in den USA haben beschlossen, zusammen zur römisch-katholischen Kirche zu konvertieren (6. Mai 2010)] </ref><br />
#Bischof John Broadhurst, Bischof von Fulham in London, der Vorsitzende der konservativen Gruppe "Forward in Faith" tritt im Oktober 2010 zur [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]] über. Ebenso kündigte der Gemeinderat von Saint Peter in Folkestone (Bistum Kent) an, den Ende September 2010 beschlossen Übertritt zu vollziehen. <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=28554 John Broadhurst, Bischof von Fulham in London, kündigt Übertritt zur katholischen Kirche an, 18. Oktober 2010] </ref> <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=29559 Die früheren anglikanischen Bischöfe John Broadhurst (Fulham), Keith Newton (Richborough) und Andrew Burnham (Ebbsfleet) ud drei Ordensfrauen werden in der Westminster-Kathedrale am 1. Januar 2011 in die volle Gemeinschaft der Katholischen Kirche aufgenommen]</ref><br />
#Die amtierenden Bischöfe Andrew Burnham (Ebbsfleet) und Keith Newton (Richborough) sowie der Ruhestandsbischof Edward Barnes wollen von der Konstitution Gebrauch machen, eine Sonderdiözese zu errichten. <ref> [http://www.kath.net/detail.php?id=28567 England: Weitere 3 anglikanische Bischöfe wollen katholisch werden. 19. Oktober 2010]</ref><br />
#Die Mount Calvary-Gemeinde Baltimore, einst zughörig zu der Episkopalkirche (früher bekannt als Protestantische Episkopalkirche der USA) wird nach ihrer Trennung, eine Gemeinde des Anglican Use in die Römisch-Katholische Kirche. <ref>[http://www.mountcalvary.com/news.php www.mountcalvary.com] </ref><br />
<br />
==Literatur==<br />
* Die Konstitution mit ergänzenden Normen ist abgedruckt im [[Osservatore Romano]] 39. Jahrgang Nr. 48 vom 27. November 2009.<br />
<br />
'''Siehe auch: ''' [[Liste von Lehramtstexten]]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
* [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/apost_constitutions/documents/hf_ben-xvi_apc_20091104_anglicanorum-coetibus_ge.html Die Konstitution auf der Vatikanseite]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=28807 Anglikaner fürchten neue Übertrittswelle zu katholischer Kirch 7. Oktober 2010]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=28834 Fünf anglikanische Bischöfe treten zur katholischen Kirche über, Meldung am 8. November 2010]<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=28864 Werden tausende anglikanische Laien konvertieren?]<br />
{{KathNet|Anglicanorum+coetibus}}<br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte]]<br />
[[Kategorie:Konfessionskunde]]<br />
<br />
== Fussnoten ==<br />
<references /></div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Wolfgang_Kuhn&diff=74366Wolfgang Kuhn2010-12-23T08:58:41Z<p>Charles: /* Biographie */ Satzbau</p>
<hr />
<div>''' Wolfgang Kuhn ''' ([[1928]] in Friedberg, Hessen; † [[31. Januar]] [[2001]]) war Dr. rer. nat. und [[Professor]] für Biologie und Didaktik der Biologie an der [[Universität]] Saarbrücken. Seine weitverbreitesten Lehr- und Schulbücher, sowie seine zahlreichen Schriften sind Zeugnisse gegen den [[Atheismus|atheistischen]] [[Biologismus]] und für eine [[Naturwissenschaft]] mit [[Gott]].<br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Wolfgang]] Kuhn war bis 1948 Arbeiter, studierte von 1948-1954 Biologie, Chemie, Geografie und [[Philosophie]] an der Universität Frankfurt am Main. Er promovierte 1952. Er legte das 1. und 2. Staatsexamen ab. Nach Dozententätigkeiten an den Pädagogischen Hochschulen Trier, Koblenz und Saarbrücken wurde er 1962 Professor an der PH in Saarbrücken. Von 1978 bis zu seinem Ruhestand 1993 lehrte er als Professor für Biologie und Didaktik der Biologie an die Universität Saarbrücken. Ferner war er für viele Jahre als Dozent am überdiözesanen [[Studienhaus St. Lambert]] in Lantershofen tätig.<br />
<br />
Er veröffentlichte verschiedene Aufsätze zu Grenzfragen zwischen [[Biologie]] und [[Philosophie]] bzw. [[Theologie]], in denen er akademische Ansichten der Biologie hinterfragte und behauptete, Darwins Theorien seien widerlegt. Er plädierte für den Schöpfungsglauben, ging jedoch nicht davon aus, dass [[Gott]] die [[Schöpfung]] in 24 Stunden [[Erschaffung|schuf]], sondern sich mehrere Milliarden Jahre Zeit ließ und die sechs Tage in der [[Bibel]] als Äonen zu verstehen sind.<br />
<br />
==Werke==<br />
Er schrieb ca. 200 Aufsätze in Fachzeitschriften und moderierte er Schul-Fernsehsendungen und Hörfunksendungen. <br />
* »Exemplarische Biologie in Unterrichtsbeispielen«, ein Lehrerhandbuch (zwei Bände)<br />
* »Das Eichhörnchen und der liebe Gou« <br />
* »Funktionelle Anatomie des menschlichen Bewegungsapparates«<br />
* Biologischer [[Materialismus]]<br />
* 3 Bildbände (Meditationen über die Schöpfung)<br />
* ''Ordnung - Geheimnis der lebendigen Schöpfung'', ISBN 3-7794-1351-5<br />
* ''Mit Jeans in die Steinzeit'', ISBN 3-4237-0144-7 <br />
* ''Die grüne Maske'', dtv, ISBN 978-3-423-70467-0<br />
* Methodik und Didaktik des Biologieunterrichtes.<br />
* [[Charles Darwin|Darwin]] im Computerzeitalter- das Ende einer Illusion.<br />
* Zwischen [[Tier]] und [[Engel]], Die Zerstörung des Menschenbildes durch die Biologie, Vorwort von [[Max Thürkauf]], [[Christiana Verlag]] Stein am Rhein 1988 (1. Auflage; ISBN 3-7171-0903-0) <br />
* Stolpersteine des [[Darwinismus]], Ende eines Jahrhundertirrtums, [[Christiana Verlag]] Stein am Rhein 1999 (3. Auflage; ISBN 3-7171-1072-1)<br />
* Schöner als Salamons Pracht - Spuren Gottes in der Schöpfung, [[Christiana Verlag]] Stein am Rhein 1992 (1. Auflage; 87 Seiten; ISBN 3-7171-0953-7)<br />
* Groß sind deine Werke - Gottes Handschrift in der Schöpfung, [[Christiana Verlag]] Stein am Rhein 1994 (1. Auflage; 108 Seiten; ISBN 3-7171-0972-3)<br />
* Die [[Weisheit]] der Unvernünftigen - Instinktleistungen als angeborene "Intelligenz", [[Christiana Verlag]] Stein am Rhein 1996 (1. Auflage; 117 Seiten; ISBN 3-7171-1023-3)<br />
* Als [[Mann]] und [[Frau]] schuf er sie, [[Miriam Verlag]] 1996 (96 Seiten; 1. Auflage; ISBN 3-87449-261-3)<br />
* [[Gott]] der [[Schöpfer]] Der [[Evolutionismus]] im Computerzeitalter - das Ende einer Illusion - in: (Hsgr.) [[Franz Breid]]: Der eine und dreifaltige [[Gott]] als [[Hoffnung]] des [[Mensch]]en zur Jahrtausendwende. Referate der 12. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2000 des [[Linzer Priesterkreis]]es. Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co. KG 2001, S. 144-159 (304 Seiten; ISBN 3850685772).<br />
<br />
==Weblinks==<br />
* [http://www.dtv.de/autoren/wolfgang_kuhn_1.html Biographie]<br />
* [http://www.christiana.ch/abashop?i=SHT6Ij3l5Ag4MhxEJQXK&s=18&p=hierarchyoutline&hi=420&hl=1&hs=1,2,1 Erwerbbare Bücher von Wolfgang Kuhn]<br />
{{PND|104607866}}<br />
<br />
[[Kategorie:Personen Deutschland|Kuhn, Wolfgang]]<br />
[[Kategorie:Biologen|Kuhn, Wolfgang]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Charles_Probst&diff=74365Charles Probst2010-12-23T08:51:21Z<p>Charles: tippos</p>
<hr />
<div>''' Charles Franz Josef Probst ''' (Univ. Prof Dr. med. Dr. h.c.; * [[1931]] in Laufenburg, [[Schweiz]]) ist [[Professor]] für Neurochirurgie an der Universität Zürich. <br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Charles]] [[Franz]] [[Josef]] Probst ist Gründer und Direktor der Neurochirurgischen Klinik Aarau, an der von 1973-1993 über 20.000 Patienten an Hirn und Rückenmark operiert wurden. Um die Jahrtausendwende sind in den Spezialgebieten wie Mikrochirurgie bei Hirntumoren, Neurochirurgie des Schmerzes u.a. 16 ehemalige Mitarbeiter Klinikdirektoren bzw. Professoren in aller Welt (inkl. China). Er lehrt an der Universität Zürich sowie als Gastprofessor an verschiedenen Hochschulen in Ost und West. <br />
<br />
Seine Intensive wissenschaftliche und internationale Tätigkeit, zeigt sich in der Mitgliedschaft in zahlreichen Gremien, 195 neurochirurgischen Publikationen inkl. einigen Lehrbüchern. Er beteiligt sich vielfältige im Rahmen der [[Katholische Kirche|Katholischen Kirche]], beispielsweise als Päpstlicher Consultor. Er bearbeitet Grenzfragen wie Gehirn und [[Seele]], Hirntod und Transplantationsmedizin, [[Euthanasie]], mit entsprechenden Publikationen. <br />
<br />
==Auszeichnungen==<br />
* Ehrendoktortitel (Dr. h.c.) der Universität Lublin. <br />
* Ehrenmitglied der polnischen Gesellschaft für Neurochirurgie.<br />
<br />
==Veröffentlichungen==<br />
* [[Dissertation]]: Über den Verlauf von hirnelektrisch stummen Epilepsien. Orell Füssli Verlag Zürich 1959 (42 Seiten).<br />
* Frontobasale Verletzungen : Pathogenet., diagnost. u. therapeut. Probleme aus neurochirurg. Sicht. Huber Verlag Bern, Stuttgart, Wien 1971 (285 Seiten; ISBN 3-456-00248-3)<br />
* Unterwegs als Neurochirurg : Erinnerungen - Deutung, Ausblicke - Hoffnung. [[Christiana Verlag]] 1998 (361 Seiten; 3. erw. Auflage; ISBN 3-7171-0984-7).<br />
* Gehirn und [[Seele]]. Aus der Sicht von Neuchirurgie und Hirnforschung - in: [[Franz Breid]] (Hsgr.): Der [[Mensch]] als [[Gott]]es Ebenbild: Christliche [[Anthropologie]]. Referate der 13. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2001, S. 123-154 [[Stella Maris Verlag]] (256 Seiten; ISBN 3-934225-22-5). <br />
* [[Euthanasie]] aus der Sicht eines Neuchirurgen - In: [[Franz Breid]] (Hrsg.), Leben angesichts des [[Tod]]es. Referate der 14. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2002. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2002, S. 129-160 (282 Seiten; ISBN 3-934225-29-2)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|119210312}}<br />
<br />
[[Kategorie:Personen Schweiz|Probst, Charles Franz Josef]]<br />
[[Kategorie:Ärzte|Probst, Charles Franz Josef]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Tomasz_Polak&diff=74350Tomasz Polak2010-12-21T15:56:44Z<p>Charles: tippos</p>
<hr />
<div>''' [[Bild:Tomasz Polak.jpg|thumb|right|Prof Dr. Tomasz Węcławski ]]''' <br />
<br />
''' Tomasz Polak ''' (Tomasz Węcławski; Prof Dr.; *[[20. November]] [[1952]] in Posen) <br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Thomas|Tomasz]] Węcławski studierte in den Jahren 1971-1973 an der Technischen Universität Posen und anschließend bis 1978 [[Theologie]] an der Päpstlichen Theologischen Fakultät Posen. Er empfing die [[Priesterweihe]] am 24. Mai 1979 in Posen. Von 1979-1980 diente er als [[Kaplan]] in Pniewy. Danach studierte er bis 1983 [[Fundamentaltheologie]] in [[Rom]] an der Päpstlichen Universität [[Gregoriana]]. Von 1983-1987 diente er als [[Sekretär]] des [[Erzbischof]]s von Posen und war Lehrbeauftragter an der Päpstlichen Theologischen Fakultät Posen. In den Jahren 1987-1989 leitete er als [[Subregens]] und von 1989-1996 [[Regens]] das Posener [[Priesterseminar]]. In den Jahren 1992-1993 diente er als Sekretär der [[Synode]] der Erzdiözese Posen. Ab 1990 lehrte er acht Jahre als [[Professor]] für [[Fundamentaltheologie]] an der Päpstlichen Theologischen Fakultät Posen und ab 1998 an der Theologischen Fakultät der Adam Mickiewicz Universität in Posen. In den Jahren 1998-2002 war er Dekan der Theologischen Fakultät der Adam Mickiewicz Universität Posen und ab 2002 Prodekan für die wissenschaftliche Zusammenarbeit. Von 1997-2002 war er Mitglied der [[Internationale Theologenkommission|Internationalen Theologenkommission]] in [[Rom]]. <br />
<br />
==Veröffentlichungen in deutscher Sprache==<br />
* "Zwischen Sprache und Schweigen. Eine Erörterung der theologischen Apophase im Gespräch mit Vladimir N. Lossky und Martin Heidegger", Minerva-Fachserie Theologie, Minerva Publikation, München 1985 (238 Seiten; ISBN 3-597-10572-6).<br />
* "Alrededor dei ano 1200. Un desaffo para la teología de hoy". Scripta theologica (Navarra). 28. 199612. SS. 565-57-1. ,, "In der Theologie geht es um Dich. Besinnung und Bekenntnis eines polnischen Theologen". In: "Unterwegs zum einen Glauben. Festschrift für Lothar Ullrich zum 65. Geburtstag". Erfurter Theologische Studien. Bd. 7-1. 1997. SS. 166-172. <br />
* "Die Bedeutung der christlichen Wurzeln [[Europa]]s für die Gegenwart". Trigon 7. Kunst. Wissenschaft und Glaube im Dialog. Berlin 1997. SS. 82-89. <br />
* "Polnisch-deutsche Kontakte auf dem Gebiet der Gottesrede". In: "Tausend lahre polnisch - deutsche Beziehungen. Sprache - Literatur - Kultur - Politik. Materialien des Millennium- Kongresses 5.- 8. April 2000. Warszawa. Herausgegeben von franciszek Grucza". Warszawa 200 I. SS. 2-12-252 . <br />
* "Diese unmögliche Sprache der Theologie". in: "Die Welt als ganze Denken. Festschrift für Hennann losef Schuster zum 70. Geburtstag". Berlin 2003. SS. 51-61. <br />
<br />
==Veröffentlichungen==<br />
* Die Pforten der [[Hölle]] werden sie nicht überwältigen. In: [[Franz Breid]] (Hrsg.), Die Pforten der [[Hölle]] werden sie nicht überwältigen. Referate der 15. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2003. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2003, S. 73-96 (286 Seiten; ISBN 3-934225-32-2).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|110754158}}<br />
*[http://www.graniczne.amu.edu.pl/PPGWiki/Wiki.jsp?page=TPolakBiografia Homepage] (polnisch)<br />
<br />
[[Kategorie:Priester Polen|Węcławski , Tomasz]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Sabine_D%FCren&diff=743462010-12-21T12:15:45Z<p>Charles: /* Weitere Publikationen */ tippos</p>
<hr />
<div>'''Sabine Düren''' (Dr. theol.; * [[1962]] in Blaubeuren / Baden-Württemberg) ist Mutter dreier [[Kind]]er.<br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Sabine]] Düren studierte von 1981-1986 für das Lehramt an Gymnasien (Deutsch/kath. Religionslehre). 1998 promovierte sie zum Doktor der [[Theologie]] über das Thema "Die [[Frau]] im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube". In den Jahren 1988-1990 war sie Persönliche Referentin im Sekretariat der Diözesansynode Augsburg und 1990 im Bischöflichem Ordinariat Augsburg. Von 1991-1999 referierte sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit im Bischöflichen Ordinariat Augsburg und gab ab 1994 Vorlesungen im Novitiatsseminar beim Theologischen Ordensseminar Augsburg für [[Exegese]] des [[Altes Testament|Alten Testaments]]. In den Jahren 1998-2000 arbeitete sie als Redakteurin bei [[Radio Horeb]] in Balderschwang. Ab 2001 dozierte sie für zwei Jahre am Internationalen [[Priesterseminar St. Petrus]] in [[Wigratzbad]] für das Fach [[Altes Testament|Alttestamentliche]] Theologie. Ab 1999-2008 war sie selbständige Verlegerin des [[Stella Maris Verlag]]s. Nach Durchlaufen des Referendariats (2007-2009) unterrichtet sie derzeit die Fächer Deutsch und Religion am Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen bei Augsburg.<br />
<br />
==Veröffentlichungen==<br />
===Monographien===<br />
* [[Dissertation]]: Die Frau im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube. Eine Untersuchung zu theologisch-anthropologischen Aussagen über das Wesen der Frau in der deutschsprachigen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von [[Edith Stein]], [[Sigrid Undset]], [[Gertrud von le Fort]] und llse von Stach (=Theorie und Forschung Bd. 535, Theologie Bd. 34), Roderer Verlag Regensburg 1998 (620 Seiten; ISBN 3-89073-237-2).<br />
* Edith Stein - große Jüdin und christliche Märtyrerin. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 1999 (40 Seiten; ISBN 3-934225-00-4).<br />
* [[Diakonat]] der Frau? : Fragen zur Stellung der Frau in der Kirche. Mit einem Geleitw. von [[Joachim Kardinal Meisner]]. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2000 (70 Seiten; ISBN 3-934225-06-3).<br />
<br />
===Weitere Publikationen===<br />
* Dann muss der Mond sich schämen, muss die Sonne erbleichen. Die Ankündigung des Weltgerichts in der Jesajaapokalypse, in: Katholisches Bibelwerk e.V. (Hg.), Das Zeugnis des Jesaja. Impulse aus dem Alten Testament (=Bibel im Jahr '89), Stuttgart 1988, S. 92-99.<br />
* Viel kritisiert und kaum gelesen, in: Deine Dich liebende ... Briefe an Mutter Kirche, Aschaffenburg 1993, S. 70-72.<br />
* Über die wissenschaftliche Redlichkeit bei der Herausgabe der Werke [[Edith Stein]]s, in: Forum Katholische Theologie 10. Jg. Heft 3 (1994), S. 211-215.<br />
* Die Eltern als Subjekt der Familienpastoral, in: Pontificio Consiglio per la Famiglia (Hg.), La Famiglia: Dono e impegno - speranza dell' umanita. Atti dei Congresso Internazionale, Rio de Janeiro, 1-3 ottobre 1997, Citta dei Vaticano 1998, S. 341-361; [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2001 (40 Seiten; ISBN 3-934225-23-3).<br />
* Mit [[Gott]]es [[Gnade]] - die [[Bekehrung]] des [[Aurelisus Augustinus|heiligen Augustinus]]. in: [[Anton Ziegenaus]] (Hg.), Der [[Mensch]] zwischen Sünde und Gnade. [[Theologische Sommerakademie Augsburg]] 2000. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2000, S. 145-178.<br />
* [[Michael Lerpscher]]. in: [[Helmut Moll]] (Hg. im Auftrag der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]]). Zeugen für Christus. [[Martyrologium Germanicum|Das deutsche Martyrologium]] des 20. Jahrhunderts. Bd. I. Paderborn u.a. 2. Aufl. 2000, S. 65-68.<br />
* [[Josef Ruf]]. in: [[Helmut Moll]] (Hg. im Auftrag der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]]). Zeugen für Christus. [[Martyrologium Germanicum|Das deutsche Martyrologium]] des 20. Jahrhunderts. Bd. I. Paderborn u.a. 2. Aufl. 2000, S. 72-75.<br />
* Die hierokratische Zweigewaltenlehre. Ein mittelalterliches Problem und seine Aktualität. in: [[Doctor Angelicus]]. Internationales Thomistisches Jahrbuch I (2001). S. 187-190.<br />
* Sabine Düren/[[Peter Christoph Düren]]: Die Eltern als Subjekt der Familienpastoral. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 20O1 (31 Seiten; ISBN 3-934225-23-3).<br />
* Über den beharrlichen und zugleich sinnlosen Versuch. Frauen den Empfang der sakramentalen Diakonatsweihe zu ermöglichen, in: [[Leo Kardinal Scheffczyk]] (Hg.). Diakonat und Diakonissen, tI. Ottilien 2, Aufl. 2003, S. 149-231. <br />
* in: (Hsgr.: [[Franz Breid]]): [[Ehe]] und [[Familie]]. Referate der 16. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2004 des [[Linzer Priesterkreis|Linzer Priesterkreises]] in Aigen/M.. [[Stella Maris Verlag]] Augsburg 2004. S. (ISBN 978-3-934225-36-7).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|120129418}}<br />
<br />
[[Kategorie:Theologen Deutschland| Düren, Sabine]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Sabine_D%FCren&diff=743452010-12-21T12:06:47Z<p>Charles: tippo</p>
<hr />
<div>'''Sabine Düren''' (Dr. theol.; * [[1962]] in Blaubeuren / Baden-Württemberg) ist Mutter dreier [[Kind]]er.<br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Sabine]] Düren studierte von 1981-1986 für das Lehramt an Gymnasien (Deutsch/kath. Religionslehre). 1998 promovierte sie zum Doktor der [[Theologie]] über das Thema "Die [[Frau]] im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube". In den Jahren 1988-1990 war sie Persönliche Referentin im Sekretariat der Diözesansynode Augsburg und 1990 im Bischöflichem Ordinariat Augsburg. Von 1991-1999 referierte sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit im Bischöflichen Ordinariat Augsburg und gab ab 1994 Vorlesungen im Novitiatsseminar beim Theologischen Ordensseminar Augsburg für [[Exegese]] des [[Altes Testament|Alten Testaments]]. In den Jahren 1998-2000 arbeitete sie als Redakteurin bei [[Radio Horeb]] in Balderschwang. Ab 2001 dozierte sie für zwei Jahre am Internationalen [[Priesterseminar St. Petrus]] in [[Wigratzbad]] für das Fach [[Altes Testament|Alttestamentliche]] Theologie. Ab 1999-2008 war sie selbständige Verlegerin des [[Stella Maris Verlag]]s. Nach Durchlaufen des Referendariats (2007-2009) unterrichtet sie derzeit die Fächer Deutsch und Religion am Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen bei Augsburg.<br />
<br />
==Veröffentlichungen==<br />
===Monographien===<br />
* [[Dissertation]]: Die Frau im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube. Eine Untersuchung zu theologisch-anthropologischen Aussagen über das Wesen der Frau in der deutschsprachigen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von [[Edith Stein]], [[Sigrid Undset]], [[Gertrud von le Fort]] und llse von Stach (=Theorie und Forschung Bd. 535, Theologie Bd. 34), Roderer Verlag Regensburg 1998 (620 Seiten; ISBN 3-89073-237-2).<br />
* Edith Stein - große Jüdin und christliche Märtyrerin. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 1999 (40 Seiten; ISBN 3-934225-00-4).<br />
* [[Diakonat]] der Frau? : Fragen zur Stellung der Frau in der Kirche. Mit einem Geleitw. von [[Joachim Kardinal Meisner]]. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2000 (70 Seiten; ISBN 3-934225-06-3).<br />
<br />
===Weitere Publikationen===<br />
* Dann muss der Mond sich schämen, muss die Sonne erbleichen. Die Ankündigung des Weltgerichts in der Jesajaapokalypse, in: Katholisches Bibelwerk e.V. (Hg.), Das Zeugnis des Jesaja. Impulse aus dem Alten Testament (=Bibel im Jahr '89), Stuttgart 1988, S. 92-99.<br />
* Viel kritisiert und kaum gelesen, in: Deine Dich liebende ... Briefe an Mutter Kirche, Aschaffenburg 1993, S. 70-72.<br />
* Über die wissenschaftliche Redlichkeit bei der Herausgabe der Werke [[Edith Stein]]s, in: Forum Katholische Theologie 10. Jg. Heft 3 (1994), S. 211-215.<br />
* Die Eltern als Subjekt der Familienpastoral, in: Pontificio Consiglio per la Famiglia (Hg.), La Famiglia: Dono e impegno - speranza deli' umanita. Atti dei Congresso Internazionale, Rio de Janeiro, 1-30ttobre 1997, Citta dei Vaticano 1998, S. 341-361; [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2001 (40 Seiten; ISBN 3-934225-23-3).<br />
* Mit [[Gott]]es [[Gnade]] - die [[Bekehrung]] des [[Aurelisus Augustinus|heiligen Augustinus]]. in: [[Anton Ziegenaus]] (Hg.), Der [[Mensch]] zwischen Sünde und Gnade. [[Theologische Sommerakademie Augsburg]] 2000. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2000, S. 145-178.<br />
* [[Michael Lerpscher]]. in: [[Helmut Moll]] (Hg. im Auftrag der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]]). Zeugen für Christus. [[Martyrologium Germanicum|Das deutsche Martyrologium]] des 20. Jahrhunderts. Bd. I. Paderborn u.a. 2. Autl. 2000, S. 65-68.<br />
* [[Josef Ruf]]. in: [[Helmut Moll]] (Hg. im Auftrag der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]]). Zeugen für Christus. [[Martyrologium Germanicum|Das deutsche Martyrologium]] des 20. Jahrhunderts. Bd. I. Paderborn u.a. 2. Autl. 200(), S. 72-75-<br />
* Die hierokratische Zweigewaltenlehre. Ein mittelalterliches Problem und seine Aktualität. in: [[Doctor Angelicus]]. Internationales Thomistisches Jahrbuch I (2001). S. 187-190.<br />
* Sabine Düren/[[Peter Christoph Düren]]: Die Eltern als Subjekt der Familienpastoral. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2()O1 (31 Seiten; ISBN 3-934225-23-3).<br />
* Über den beharrlichen und zugleich sinnlosen Versuch. Frauen den Empfang der sakramentalen Diakonatsweihe zu ermöglichen, in: [[Leo Kardinal Scheffczyk]] (Hg.). Diakonat und Diakonissen, tI. Ottilien 2, Aufl. 2003, S. 149-231. <br />
* in: (Hsgr.: [[Franz Breid]]): [[Ehe]] und [[Familie]]. Referate der 16. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2004 des [[Linzer Priesterkreis|Linzer Priesterkreises]] in Aigen/M.. [[Stella Maris Verlag]] Augsburg 2004. S. (ISBN 978-3-934225-36-7).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|120129418}}<br />
<br />
[[Kategorie:Theologen Deutschland| Düren, Sabine]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Sabine_D%FCren&diff=743442010-12-21T12:04:40Z<p>Charles: /* Biographie */ aktualisiert</p>
<hr />
<div>'''Sabine Düren''' (Dr. theol.; * [[1962]] in Blaubeuren / BadenWürttemberg) ist Mutter dreier [[Kind]]er.<br />
<br />
==Biographie==<br />
[[Sabine]] Düren studirete von 1981-1986 für das Lehramt an Gymnasien (Deutsch/kath. Religionslehre). 1998 promovierte sie zum Doktor der [[Theologie]] über das Thema "Die [[Frau]] im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube". In den Jahren 1988-1990 war sie Persönliche Referentin im Sekretariat der Diözesansynode Augsburg und 1990 im Bischöflichem Ordinariat Augsburg. Von 1991-1999 referierte sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit im Bischöflichen Ordinariat Augsburg und gab ab 1994 Vorlesungen im Novitiatsseminar beim Theologischen Ordensseminar Augsburg für [[Exegese]] des [[Altes Testament|Alten Testaments]]. In den Jahren 1998-2000 arbeitete sie als Redakteurin bei [[Radio Horeb]] in Balderschwang. Ab 2001 dozierte sie für zwei Jahre am Internationalen [[Priesterseminar St. Petrus]] in [[Wigratzbad]] für das Fach [[Altes Testament|Alttestamentliche]] Theologie. Ab 1999-2008 war sie selbständige Verlegerin des [[Stella Maris Verlag]]s. Nach Durchlaufen des Referendariats (2007-2009) unterrichtet sie derzeit die Fächer Deutsch und Religion am Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen bei Augsburg.<br />
<br />
==Veröffentlichungen==<br />
===Monographien===<br />
* [[Dissertation]]: Die Frau im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube. Eine Untersuchung zu theologisch-anthropologischen Aussagen über das Wesen der Frau in der deutschsprachigen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von [[Edith Stein]], [[Sigrid Undset]], [[Gertrud von le Fort]] und llse von Stach (=Theorie und Forschung Bd. 535, Theologie Bd. 34), Roderer Verlag Regensburg 1998 (620 Seiten; ISBN 3-89073-237-2).<br />
* Edith Stein - große Jüdin und christliche Märtyrerin. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 1999 (40 Seiten; ISBN 3-934225-00-4).<br />
* [[Diakonat]] der Frau? : Fragen zur Stellung der Frau in der Kirche. Mit einem Geleitw. von [[Joachim Kardinal Meisner]]. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2000 (70 Seiten; ISBN 3-934225-06-3).<br />
<br />
===Weitere Publikationen===<br />
* Dann muss der Mond sich schämen, muss die Sonne erbleichen. Die Ankündigung des Weltgerichts in der Jesajaapokalypse, in: Katholisches Bibelwerk e.V. (Hg.), Das Zeugnis des Jesaja. Impulse aus dem Alten Testament (=Bibel im Jahr '89), Stuttgart 1988, S. 92-99.<br />
* Viel kritisiert und kaum gelesen, in: Deine Dich liebende ... Briefe an Mutter Kirche, Aschaffenburg 1993, S. 70-72.<br />
* Über die wissenschaftliche Redlichkeit bei der Herausgabe der Werke [[Edith Stein]]s, in: Forum Katholische Theologie 10. Jg. Heft 3 (1994), S. 211-215.<br />
* Die Eltern als Subjekt der Familienpastoral, in: Pontificio Consiglio per la Famiglia (Hg.), La Famiglia: Dono e impegno - speranza deli' umanita. Atti dei Congresso Internazionale, Rio de Janeiro, 1-30ttobre 1997, Citta dei Vaticano 1998, S. 341-361; [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2001 (40 Seiten; ISBN 3-934225-23-3).<br />
* Mit [[Gott]]es [[Gnade]] - die [[Bekehrung]] des [[Aurelisus Augustinus|heiligen Augustinus]]. in: [[Anton Ziegenaus]] (Hg.), Der [[Mensch]] zwischen Sünde und Gnade. [[Theologische Sommerakademie Augsburg]] 2000. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2000, S. 145-178.<br />
* [[Michael Lerpscher]]. in: [[Helmut Moll]] (Hg. im Auftrag der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]]). Zeugen für Christus. [[Martyrologium Germanicum|Das deutsche Martyrologium]] des 20. Jahrhunderts. Bd. I. Paderborn u.a. 2. Autl. 2000, S. 65-68.<br />
* [[Josef Ruf]]. in: [[Helmut Moll]] (Hg. im Auftrag der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]]). Zeugen für Christus. [[Martyrologium Germanicum|Das deutsche Martyrologium]] des 20. Jahrhunderts. Bd. I. Paderborn u.a. 2. Autl. 200(), S. 72-75-<br />
* Die hierokratische Zweigewaltenlehre. Ein mittelalterliches Problem und seine Aktualität. in: [[Doctor Angelicus]]. Internationales Thomistisches Jahrbuch I (2001). S. 187-190.<br />
* Sabine Düren/[[Peter Christoph Düren]]: Die Eltern als Subjekt der Familienpastoral. [[Stella Maris Verlag]] Buttenwiesen 2()O1 (31 Seiten; ISBN 3-934225-23-3).<br />
* Über den beharrlichen und zugleich sinnlosen Versuch. Frauen den Empfang der sakramentalen Diakonatsweihe zu ermöglichen, in: [[Leo Kardinal Scheffczyk]] (Hg.). Diakonat und Diakonissen, tI. Ottilien 2, Aufl. 2003, S. 149-231. <br />
* in: (Hsgr.: [[Franz Breid]]): [[Ehe]] und [[Familie]]. Referate der 16. [[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]] 2004 des [[Linzer Priesterkreis|Linzer Priesterkreises]] in Aigen/M.. [[Stella Maris Verlag]] Augsburg 2004. S. (ISBN 978-3-934225-36-7).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{PND|120129418}}<br />
<br />
[[Kategorie:Theologen Deutschland| Düren, Sabine]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Caritas_in_veritate&diff=73912Caritas in veritate2010-12-08T11:23:27Z<p>Charles: /* Inhalt */ komma</p>
<hr />
<div>Mit dem [[Incipit]] '''Caritas in veritate''' (CiV, dt.: ''Liebe in der Wahrheit'') beginnt die Sozialenzyklika, die Papst [[Benedikt XVI.]] unter dem Datum vom 29. Juni 2009 zum Abschluss des Paulusjahres veröffentlicht hat. Er hebt darin besonders die bleibende Bedeutung der Enzyklika [[Populorum progressio]] (PP) hervor, die Papst [[Paul VI.]] 1967 im Kontext des [[II. Vatikanum]]s publizierte. Der Papst nimmt auch Stellung zu aktuellen Sorgen der Weltwirtschaft. Generell vorsichtig im Urteil, greifen die päpstlichen Äußerungen aber weit auf Gebiete des öffentlichen und sozialen Lebens aus.<br />
<br />
=== Inhalt ===<br />
<br />
Der Präsident des Päpstlichen Rates [[Iustitia et pax]], Kardinal [[Renato Martino]], hat bei der Präsentation des Schreibens am 7. Juli 2009 zusammengefasst: Es füge sich „in die Tradition der Sozialenzykliken ein, die in der modernen Form mit ‚[[Rerum novarum]]’ von Papst Leo XIII. begonnen hat, und erscheint 18 Jahre nach der 3. und jüngsten Sozialenzyklika [[Centesimus annus]] von Papst [[Johannes Paul II.]]“ "CiV" mache sich vor allem drei Perspektiven der berühmten Enzyklika von 1967 zu eigen: Die Vorstellung, dass „die Welt unter einem Mangel an Denken leidet“ (vgl. PP 86ff); die Feststellung, dass es keinen wahren Humanismus gebe, „der nicht gegenüber dem Absoluten offen ist“ (im Anschluss an [[Jacques Maritain]]; vgl. PP 42), und schließlich die Aussage, dass der Ursprung der Unterentwicklung in der fehlenden christlichen Brüderlichkeit liege (vgl. PP 66).<br />
<br />
„Die derzeitige Krise zeigt nach Aussage von ‚Caritas in veritate’, dass es notwendig ist, das so genannte ‚westliche’ Wirtschaftssystem neu zu überdenken, was bereits in ‚Centesimus annus’ gefordert, jedoch nie wirklich umgesetzt wurde.“ So werde deutlich, dass „die [[Soziallehre]] der Kirche eine Dimension besitzt, die gleich bleibt, und eine andere, die sich im Lauf der Zeit verändert. Sie versteht sich als Begegnung des Evangeliums mit den immer wieder neuen Problemen, mit denen die Menschheit konfrontiert wird. Diese ändern sich, was heute mit einer überraschenden Geschwindigkeit geschieht.“ Der Kardinal weiter: Die Kirche besitze keine Weisungsbefugnis für die "technischen Lösungen", deren Leitbild sie vorschlagen könne – das bekräftige auch „Caritas in veritate“. Dennoch besitze die Kirche die Pflicht, „die Menschheitsgeschichte mit dem Licht der [[Wahrheit]] und der Wärme der Liebe Jesu Christi zu erleuchten“.<br />
<br />
In seinem Rückblick auf die vergangenen fast 20 Jahre, die uns heute von der Enzyklika „Centesimus annus“ trennen, wies der Kardinal auch auf die Veränderungen hin, die es seither gegeben hat:<br />
<br />
Die politischen Ideologien, die die Zeit vor 1989 kennzeichneten, scheinen einerseits ihre Gewaltsamkeit verloren zu haben, sind jedoch von der neuen ''Ideologie der Technik'' abgelöst worden. Auch die Phänomene der Globalisierung sind stärker hervorgetreten: auf der einen Seite durch das Ende der verfeindeten Blöcke, auf der anderen Seite durch das weltweite Informatik- (und "Telematik-") -netz. Die Enzyklika analysiert die [[Globalisierung]] nicht in einem bestimmten Abschnitt, sondern im ganzen Text, da dieses Phänomen, wie man heute sagt, „transversal“ ist und Wirtschaft und Finanzen, Umwelt und [[Familie]], Kultur und [[Religion]], Migration und Schutz der [[Arbeit]]errechte betrifft.<br />
<br />
Andererseits stehen die Religionen wieder mehr im Rampenlicht der "politischen Bühne", während ein militanter und manchmal übertriebener [[Laizismus]] (im Westen aggressiver als noch vor 40 oder 50 Jahren) versuche, die Religionen aus der politischen Sphäre auszuschließen.<br />
<br />
Einige große Länder haben es geschafft, sich aus einer Situation des Rückstands zu befreien, was das geopolitische Gleichgewicht beachtlich verändert. „Caritas in veritate“ hebt nun besonders hervor, dass Papst Paul VI. die Soziallehre der Kirche in eine enge Verbindung mit der Evangelisierung (vgl. „[[Evangelii nuntiandi]]“) gebracht und die zentrale Bedeutung vorhergesagt habe, die soziale Problematiken im Zusammenhang mit der Fortpflanzung spielen sollten (vgl. „[[Humanae vitae]]“). Die Perspektive von Paul VI. und die Anregungen aus „Populorum Progressio“ seien in der ganzen Enzyklika Benedikts XVI. präsent.<br />
<br />
Das belegt auch dieses '''Zitat''' (Nr. 78): ''Der [[Humanismus]], der [[Gott]] ausschließt, ist ein unmenschlicher Humanismus. Nur ein für das Absolute offener Humanismus kann uns bei der Förderung und Verwirklichung von sozialen und zivilen Lebensformen – im Bereich der Strukturen, der Einrichtungen, der Kultur, des Ethos – leiten, indem er uns vor der Gefahr bewahrt, zu Gefangenen von Moden des Augenblicks zu werden. Es ist das Wissen um die unzerstörbare Liebe Gottes, das uns in dem mühsamen und erhebenden Einsatz für die [[Gerechtigkeit]] und für die Entwicklung der Völker zwischen Erfolgen und Mißerfolgen in der unablässigen Verfolgung rechter Ordnungen für die menschlichen Angelegenheiten unterstützt. Die Liebe Gottes ruft uns zum Aussteigen aus allem, was begrenzt und nicht endgültig ist; sie macht uns Mut, weiterzuarbeiten in der Suche nach dem Wohl für alle, auch wenn es sich nicht sofort verwirklichen lässt, auch wenn das, was uns zu verwirklichen gelingt – uns und den politischen Autoritäten und Wirtschaftsfachleuten –, stets weniger ist als das, was wir anstreben. Gott gibt uns die Kraft, zu kämpfen und aus [[Liebe]] für das gemeinsame Wohl zu leiden, weil er unser Alles, unsere größte [[Hoffnung]] ist.''<br />
<br />
=== Echo ===<br />
<br />
Einem Bericht von [[Radio Vatikan]] vom 8. August 2009 zufolge ist der Vatikan zufrieden mit den ersten internationalen Reaktionen auf die Sozialenzyklika des Papstes. Benedikt XVI. hat „Caritas in veritate“ einen Monat zuvor veröffentlicht. Die Vatikan-Analyse sieht in dem Lehrschreiben die großen Grundakkorde dieses Pontifikats angeschlagen, nämlich „Gott, Liebe, Wahrheit und Hoffnung“. <br />
<br />
Radio Vatikan hat in den letzten dreißig Tagen im '''Internet über 4.300 größere Aufsätze zur Enzyklika''' gezählt; berücksichtigt wurden dabei die Sprachen Italienisch, Spanisch, Englisch, Französisch und Portugiesisch. (Nehme man eine Zählung der „Meltwater Group“ hinzu, die auch andere Sprachen berücksichtige, komme man auf über 6.000 Analysen.) Obwohl der Text der Enzyklika von vielen Internetseiten in voller Länge veröffentlicht worden sei, habe die Buchausgabe in vielen Ländern „mindestens zwei Wochen lang auf dem ersten oder zumindest auf einem der ersten drei Plätze in der Liste der meistverkauften Bücher“ gelegen. „Caritas in veritate“ sei auch „absolut die erste Enzyklika, die mit dem Phänomen der ''social-networks'' im Internet zu tun hatte“; diese Probe habe sie bestens bestanden. <br />
<br />
In der westlichen Welt sei die Enzyklika allerdings wegen der Ferienzeit noch nicht sehr intensiv rezipiert worden, so die Vatikan-Analyse weiter. Doch seien für den Herbst schon zahlreiche Initiativen in dieser Hinsicht angekündigt worden. [[Medien]], [[Politik]]er, Vertreter anderer christlicher Kirchen und Experten hätten in der Regel positiv auf den Papst-Text reagiert. „Die Reaktionen aus der Finanzbranche waren zwar nur einige wenige, dafür aber einigermaßen enthusiastisch.“<br />
<br />
Die Analyse weist auch auf Kritik an der Enzyklika hin: Bemängelt werde von einigen „die Länge des Textes, die komplizierte Sprache und die große Zahl der behandelten Themen“. Der „bislang gründlichste und tiefgehendste“ kritische Text zur Enzyklika stamme vom US-Professor [[George Weigel]], der als Autor der wohl monumentalsten Biografie Johannes Pauls II. bekannt ist. Weigel sehe in dem Dokument ein Nachgeben Benedikts XVI. gegenüber „Dritte-Welt-Ideologien“, wie es sie im Päpstlichen Friedensrat gebe. Es sei „blauäugig“, was die Enzyklika über die Bereitschaft zum kostenlosen Geben in der Wirtschaft schreibe. Der Text sei ein „Mischwesen“ zwischen „benediktinischen“ und „Friedensrat“-Elementen: „eine Mischung zwischen der tiefen Sozial-Reflektion des Papstes mit Friedensrat-Vorstellungen von der katholischen [[Soziallehre]]; in dem Rat will man diese Soziallehre mit der Enzyklika „Populorum progressio“ von Paul VI. neu beginnen lassen“. Es überrascht, dass ein derart profunder Kenner der jüngeren Päpste so bissig urteilt: <br />
<br />
Benedikt XVI., „eine wirklich freundliche Seele, wird es für nötig gehalten haben, um des lieben Friedens in seiner Kurienfamilie willen diese vielen Fußnoten mit in seinen Text aufzunehmen.“ Doch, so Weigel weiter: „Wer Ohren hat, zu hören, der wird sich bei der Lektüre klar auf die Teile der Enzyklika konzentrieren, die eindeutig von Benedikt stammen.“ Das seien u.a. der Hinweis auf die enge Beziehung von Glaube und Vernunft und die Überzeugung, dass die großen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fragen im wesentlichen anthropologische Fragen seien, die die Frage nach der Natur des Menschen stellen und damit nach Gott.<br />
<br />
=== Würdigung in Deutschland ===<br />
<br />
Vornehmlich die weniger exponierten Medien haben relativ fair berichtet. Die Nordwest-Zeitung (Osnabrück) z.B. schrieb über '''CiV''' so: "- Als einen Meilenstein in der Reihe der Sozialenzykliken der Päpste und einen wichtigen Leittext für die globalisierte Welt haben die Bischöfe von Osnabrück und Münster, [[Franz-Josef Bode]] und [[Felix Genn]], gegenüber dieser Zeitung die Enzyklika „Caritas in veritate“ (Die Liebe in der Wahrheit) von Papst Benedikt XVI. bezeichnet, die am Dienstag in Rom vorgestellt wurde. Bischof Bode (Osnabrück) nannte sie grundsätzlich genug, um in schnell sich wandelnden Zeiten nachhaltige Wirkung zu zeigen, aber auch konkret genug, um in den derzeit brennenden Fragen gutes Gehör zu finden. Bode: „Wann und wie immer neu über Verantwortung und Werte in Politik und Wirtschaft nachgedacht wird, wird man an diesem großen Schreiben nicht mehr vorbeigehen können.“ (...) Im Telefongespräch mit dieser Zeitung bezeichnete [Bischof Genn] es als sehr wichtig, dass Papst Benedikt auf eine Arbeit von [[Paul VI.]] zurückgreife. Darin heiße es bereits, „Entwicklung ist der neue Name für Frieden“. Mit dem wichtigen Leitwort, so Genn, erhebe die Kirche ihre Stimme und mache deutlich, dass Nächstenliebe weder Romantik sei noch ausschließlich im engeren Umfeld gelte: „Die uns immer näher rückende globale Welt wird mittlerweile zu unserem Nächsten.“ Insofern sei auch die Frage nach einer wirkungsvollen Weltautorität immer wieder zu stellen. Auf ein positives Echo stieß die Enzyklika auch bei weiteren kirchlichen Vertretern sowie deutschen Politikern, während die evangelische Kirche nicht offiziell Stellung bezog, weil es „guter Brauch“ sei, sich nicht gegenseitig zu kommentieren", meinte ein [[EKD]]-Sprecher.<br />
<br />
Zustimmung signalisierten auch die Erzbischöfe [[Robert Zollitsch]] und [[Reinhard Marx]] und einige mehr. <br />
<br />
Wie weit aber in "führenden" deutschen Medien die Papstverachtung im Jahr 2009 bereits zur Pflichtübung gemacht wird, zeigt, neben der Ignoranz des ZEIT-Autors [[Robert Leicht]], besonders drastisch der Kommentar von [[Daniel Deckers]] (FAZ: "Trauerspiel"; [http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E7BEE1046CAB54890829AA48ADBB1565F~ATpl~Ecommon~Scontent.html Link]). Auch Papstkritiker [[Matthias Dobrinski]] (SZ) zieht, wenn auch listig "differenziert", ein Fazit gemäß eigenem Vorurteil: "Weltfremd." Anscheinend ist man in den meisten "wichtigen" Redaktionen wenige Minuten nach der Veröffentlichung übereingekommen, das Dokument sofort abzuqualifizieren. Wie wär's denn mal mit Lesen? [[Barack Obama]] jedenfalls hat am 10. Juli 2009 im Vatikan ein Exemplar aus der Hand des Papstes erhalten. <br />
<br />
Erwartungsgemäß hat inzwischen auch die [[Herder-Korrespondenz]] die Enzyklika "abgefertigt". Ein mediokrer "Anthropologe" versteigt sich im Augustheft 2009 zu der Zensur, gewisse Passagen der Enzyklika klängen "bedrückend integralistisch". Wenig kohärent moniert [[Gerhard Kruip]] zugleich, der Text lehne sich zwar nicht eng genug an die progressiven Komponenten von ''Populorum progressio'' an. Die progessiven Vorschläge in CiV rügt Kruip aber als "unrealistisch". Er übernimmt aber erstaunlicherweise die wenig fundierte Zerlegung der Enzyklika in "Originalton Ratzinger" und andere Passagen von Fremdautoren, die [[George Weigel]] meinte konstatieren zu müssen (s.o.). Selbstverständlich nörgelt die HK über die "Originaltöne", während sich Weigel empörte, dass die "Fehlleistung" von 1967 (PP) gerühmt werde. Zu allem Überfluss zitiert Kruip noch das Diktum von [[Friedhelm Hengsbach]] [[SJ]] ("Schrottpapier"), mit dem dieser sich selbst disqualifiziert.<br />
<br />
Zur Erinnerung: Mit [[Deus caritas est]] (2005) waren (verbal) "alle" einverstanden; beachtet hat den Text nahezu niemand. Jetzt ist anscheinend niemand in der "Fachwelt" zufrieden. Wahrscheinlich ist die "CiV" schon deshalb ein Volltreffer.<br />
<br />
==Literatur==<br />
* [[Benedikt XVI.]]: Liebe in Wahrheit. Caritas in veritate. Die Sozialenzyklika. Mit einer Einführung von [[Paul Josef Cordes|Paul Kardinal Cordes]] (167 Seiten).<br />
<br />
=== Weblinks ===<br />
*[http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/encyclicals/documents/hf_ben-xvi_enc_20090629_caritas-in-veritate_ge.html deutscher Volltext]<br />
* [http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/verlautbarungen/VE_186.pdf Die deutsche Fassung bei der Deutschen Bischofskonferenz als pdf-Datei]<br />
*[http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/audiences/2009/documents/hf_ben-xvi_aud_20090708_ge.html Benedikt XVI. über CiV (8. Juli 2009)]<br />
* [http://www.katholisches.info/?p=4336 Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit. Zur Enzyklika „Caritas in veritate“]<br />
* [http://www.katholisches.info/?p=4357 Globale Probleme, globale Lösungen. Der Papst und die „Weltregierung“]<br />
<br />
[[Kategorie: Lehramtstexte]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Konrad_Zdarsa&diff=73798Konrad Zdarsa2010-12-05T21:39:01Z<p>Charles: - blank</p>
<hr />
<div>'''[[Bild:Konrad Zdarsa.jpg|thumb|right|Bischof Dr. Konrad Zdarsa]]'''<br />
'''[[Bild:Konrad Zdarsa-Wappen.jpg|thumb|right|Wappen von Bischof Konrad Zdarsa]]'''<br />
<br />
'''Konrad Zdarsa''' (* [[7. Juni]] [[1944]] in Hainichen/Sachsen) ist seit 23. Oktober 2010 Bischof des [[Bistum Augsburg|Bistums Augsburg]] in [[Deutschland]].<br />
<br />
== Lebensbeschreibung ==<br />
<br />
[[Konrad]] Zdarsa wurde am 7. Juni 1944 als siebtes Kind seinen aus der Steiermark und Sachsen stammenden Eltern in Hainichen/Sachsen geboren. Er erlernte zunächst den Beruf eines Drehers. Nach dem Abitur studierte Zdarsa in Erfurt [[Philosophie]] und [[Theologie]] und wurde am 16. März 1974 in Dresden durch [[Gerhard Schaffran]] zum [[Priesterweihe|Priester geweiht]]. 1974 wurde er Kaplan in Dresden-Neustadt und anschließend 1976 Domvikar sowie später auch Bischöflicher Sekretär und Ordinariatsassessor. Von seinem österreichischen Vater, der sich vor dem Zweiten Weltkrieg in Sachsen niedergelassen hatte, erbte Zdarsa die Staatsbürgerschaft des Alpenlandes. So konnte er 1977 trotz der rigiden Reiseregelungen der DDR zum Weiterstudium nach Rom wechseln, wo er 1982 im [[Kirchenrecht]] über das [[Firmung|Firmalter]] promovierte. In dieser Zeit wohnte er am [[Campo Santo Teutonico|Deutschen Priesterkolleg beim Campo Santo Teutonico]] in [[Rom]] und hörte auch Vorlesungen beim damaligen [[Präfekt]]en der römischen [[Glaubenskongregation]] Kardinal [[Joseph Ratzinger]]. Ab 1982 war er als [[Ordinariat]]sassessor im [[Bistum Dresden-Meißen]] tätig. Zugleich betreute Zdarsa die [[Pfarrvikarie]] Dresden-Pillnitz. 1983 wurde er zum Ordinariatsrat ernannt und war als Kanzler im Bischöflichen Ordinariat tätig. <br />
<br />
Von 1985 bis 1991 war er [[Pfarrer]] in Freital ''St. Joachim'' und ab 1990 zugleich Vorsitzender des Caritasverbandes im [[Bistum Dresden-Meißen]]. 1991 wurde Zdarsa dann [[Propst]] in Chemnitz. Außerdem war er ab 1993 zugleich Pfarradministrator der Chemnitzer Pfarrei Maria Hilf. Ab 2001 Leiter der Personalabteilung des Bischöflichen Ordinariats in Dresden, wirkte er zugleich als Beauftragter für den Ständigen [[Diakonat]]. Von 2001 bis 2003 war er zusätzlich als Diözesandirektor des [[Päpstliches Werk für Geistliche Berufe|Päpstlichen Werks für Geistliche Berufe]] tätig. Im Februar 2004 wurde Zdarsa zum [[Generalvikar]] des Bistums Dresden-Meißen berufen. Zdarsa war ferner [[Domkapitular]] des Dresdner [[Domkapitel]]s St. Petri.<br />
<br />
==Bischof==<br />
Am 24. April 2007 wurde er von [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] zum [[Diözesanbischof]] des [[Bistum Görlitz|Bistums Görlitz]] ernannt. Damit folgte er Bischof [[Rudolf Müller]], der 2006 emeritierte, nach. Am 23. Juni 2007 wurde Zdarsa durch [[Georg Sterzinsky|Georg Kardinal Sterzinsky]] zum Bischof geweiht. Sein Bischofswahlspruch lautet: "Ipse enim est pax nostra" (Denn ER ist unser [[Friede]] [Eph 2,14]). <br />
Wie seine Vorgänger engagierte er sich nachdrücklich für die deutsch-polnische Versöhnung und vertrat die [[Deutsche Bischofskonferenz]] fallweise im Nachbarland. Auch mit eher unpopulären Mahnungen meldete er sich zu Wort. So forderte er einen anhaltenden Aufschrei über die hohe Zahl von [[Abtreibung]]en. <br />
Am 8. Juli 2010 wurde Zdarsa zum Bischof von Augsburg ernannt. Die Amtseinführung fand am 23. Oktober 2010 statt.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{CathHier|http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bzdarsa.html}}<br />
{{PND|134148789}}<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=29225 Die rechte Hand mit der linken abgeschlagen ?]<br />
{{KathNet|Zdarsa}}<br />
<br />
<br />
{{Navigation Bischof|VG=[[Rudolf Müller]]|Bistum=Görlitz|VON-BIS=2007-2010|NF=--- }}<br />
{{Navigation Bischof|VG=[[Walter Mixa]]|Bistum=Augsburg|VON-BIS=2010-|NF=--- }}<br />
<br />
[[Kategorie:Bischöfe Deutschland|Zdarsa, Konrad]]<br />
[[Kategorie:Bistum Augsburg |Zdarsa, Konrad]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Konrad_Zdarsa&diff=73797Konrad Zdarsa2010-12-05T21:37:27Z<p>Charles: Amtseinführung ist vollzogen</p>
<hr />
<div>'''[[Bild:Konrad Zdarsa.jpg|thumb|right|Bischof Dr. Konrad Zdarsa]]'''<br />
'''[[Bild:Konrad Zdarsa-Wappen.jpg|thumb|right|Wappen von Bischof Konrad Zdarsa]]'''<br />
<br />
'''Konrad Zdarsa''' (* [[7. Juni]] [[1944]] in Hainichen/Sachsen) ist seit 23. Oktober 2010 Bischof des [[Bistum Augsburg|Bistums Augsburg]] in [[Deutschland]].<br />
<br />
== Lebensbeschreibung ==<br />
<br />
[[Konrad]] Zdarsa wurde am 7. Juni 1944 als siebtes Kind seinen aus der Steiermark und Sachsen stammenden Eltern in Hainichen/Sachsen geboren. Er erlernte zunächst den Beruf eines Drehers. Nach dem Abitur studierte Zdarsa in Erfurt [[Philosophie]] und [[Theologie]] und wurde am 16. März 1974 in Dresden durch [[Gerhard Schaffran]] zum [[Priesterweihe|Priester geweiht]]. 1974 wurde er Kaplan in Dresden-Neustadt und anschließend 1976 Domvikar sowie später auch Bischöflicher Sekretär und Ordinariatsassessor. Von seinem österreichischen Vater, der sich vor dem Zweiten Weltkrieg in Sachsen niedergelassen hatte, erbte Zdarsa die Staatsbürgerschaft des Alpenlandes. So konnte er 1977 trotz der rigiden Reiseregelungen der DDR zum Weiterstudium nach Rom wechseln, wo er 1982 im [[Kirchenrecht]] über das [[Firmung|Firmalter]] promovierte. In dieser Zeit wohnte er am [[Campo Santo Teutonico|Deutschen Priesterkolleg beim Campo Santo Teutonico]] in [[Rom]] und hörte auch Vorlesungen beim damaligen [[Präfekt]]en der römischen [[Glaubenskongregation]] Kardinal [[Joseph Ratzinger]]. Ab 1982 war er als [[Ordinariat]]sassessor im [[Bistum Dresden-Meißen]] tätig. Zugleich betreute Zdarsa die [[Pfarrvikarie]] Dresden-Pillnitz. 1983 wurde er zum Ordinariatsrat ernannt und war als Kanzler im Bischöflichen Ordinariat tätig. <br />
<br />
Von 1985 bis 1991 war er [[Pfarrer]] in Freital ''St. Joachim'' und ab 1990 zugleich Vorsitzender des Caritasverbandes im [[Bistum Dresden-Meißen]]. 1991 wurde Zdarsa dann [[Propst]] in Chemnitz. Außerdem war er ab 1993 zugleich Pfarradministrator der Chemnitzer Pfarrei Maria Hilf. Ab 2001 Leiter der Personalabteilung des Bischöflichen Ordinariats in Dresden, wirkte er zugleich als Beauftragter für den Ständigen [[Diakonat]]. Von 2001 bis 2003 war er zusätzlich als Diözesandirektor des [[Päpstliches Werk für Geistliche Berufe|Päpstlichen Werks für Geistliche Berufe]] tätig. Im Februar 2004 wurde Zdarsa zum [[Generalvikar]] des Bistums Dresden-Meißen berufen. Zdarsa war ferner [[Domkapitular]] des Dresdner [[Domkapitel]]s St. Petri.<br />
<br />
==Bischof==<br />
Am 24. April 2007 wurde er von [[Papst]] [[Benedikt XVI.]] zum [[Diözesanbischof]] des [[Bistum Görlitz|Bistums Görlitz]] ernannt. Damit folgte er Bischof [[Rudolf Müller]], der 2006 emeritierte, nach. Am 23. Juni 2007 wurde Zdarsa durch [[Georg Sterzinsky|Georg Kardinal Sterzinsky]] zum Bischof geweiht. Sein Bischofswahlspruch lautet: "Ipse enim est pax nostra" (Denn ER ist unser [[Friede]] [Eph 2,14]). <br />
Wie seine Vorgänger engagierte er sich nachdrücklich für die deutsch-polnische Versöhnung und vertrat die [[Deutsche Bischofskonferenz]] fallweise im Nachbarland. Auch mit eher unpopulären Mahnungen meldete er sich zu Wort. So forderte er einen anhaltenden Aufschrei über die hohe Zahl von [[Abtreibung]]en. <br />
Am 8. Juli 2010 wurde Zdarsa zum Bischof von Augsburg ernannt. Die Amtseinführung fand am 23. Oktober 2010 statt.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{CathHier|http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bzdarsa.html}}<br />
{{PND|134148789}}<br />
*[http://www.kath.net/detail.php?id=29225 Die rechte Hand mit der linken abgeschlagen ?]<br />
{{KathNet|Zdarsa}}<br />
<br />
<br />
{{Navigation Bischof|VG=[[Rudolf Müller]]|Bistum=Görlitz|VON-BIS=2007-2010|NF=--- }}<br />
{{Navigation Bischof|VG=[[Walter Mixa]]|Bistum=Augsburg|VON-BIS=2010-|NF=--- }}<br />
<br />
[[Kategorie:Bischöfe Deutschland|Zdarsa, Konrad]]<br />
[[Kategorie:Bistum Augsburg |Zdarsa, Konrad]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Thomas_Rauch&diff=73796Thomas Rauch2010-12-05T21:34:22Z<p>Charles: weitere Stationen</p>
<hr />
<div>'''[[Bild:Thomas-Rauch.jpg|tumb|right|[[Pfarrer]] Thomas Rauch]]'''<br />
<br />
'''Thomas Rauch''' (*[[2. April]] [[1967]]) ist Dompfarrer und Stadtdekan in Augsburg.<br />
<br />
Rauch leistete von 1987-1988 Wehrdienst in Kaufbeuren und Leipheim. Von 1988/1989 studierte er Wirtschafts- und Rechtswissenschaften in St. Gallen/CH und von 1989 - 1994 [[Theologie]] in Augsburg und [[Rom]]. 1994 wurde er zum [[Diakon]] und 1995 zum [[Priester]] geweihe. Von 1995-1997 war er als Kaplan in Weilheim tätig und von 1997 - 2000 war er Bischofssekretär in Augsburg. Von 2000 bis 2010 war er Stadtpfarrer in Landsberg am Lech und Leiter der dortigen Pfarreiengemeinschaft. Seit September 2010 ist er Dompfarrer und Stadtdekan in Augsburg. Am 5. Dezember gab er bekannt, dass er ab Februar 2011 die Leitung der verwaisten Pfarrei Bobingen übernehmen wird. <br />
<br />
[[Kategorie:Priester Deutschland|Rauch, Thomas]]</div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Verbum_Domini_(Wortlaut)&diff=73121Verbum Domini (Wortlaut)2010-11-17T13:02:06Z<p>Charles: überflüssiges Trennungszeichen entfernt</p>
<hr />
<div><center> [[Apostolisches Schreiben|Nachsynodales Schreiben]]</center><br />
{|align="center" cellpadding=5px;<br />
!bgcolor="silver"|'''[[Verbum domini]]'''<br />
|-----<br />
{|align="center"<br />
<center> unter unseres [[Papst|Heiligen Vaters]]</center><br />
<center> [[Benedikt XVI.]]</center><br />
<center> '''über das [[Bibel|Wort Gottes]] im Leben und in der Sendung der [[Kirche]] ''' </center><br />
<center> [[18. Oktober]] [[2010]] </center><br />
<br />
(Quelle: [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/apost_exhortations/documents/hf_ben-xvi_exh_20100930_verbum-domini_ge.pdf Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite als pdf-Datei])<br />
<br />
'''Allgemeiner Hinweis:''' ''Die in der Kathpedia veröffentlichen Lehramstexte, dürfen nicht als offizielle Übersetzungen betrachtet werden, selbst wenn die Quellangaben dies vermuten ließen. Nur die Texte auf der Vatikanseite [http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm] können als offiziell angesehen werden (Schreiben der [[Libreria Editrice Vaticana]] vom 21. Januar 2008).''<br />
<br />
==EINLEITUNG ==<br />
'''1.''' DAS WORT DES HERRN bleibt in Ewigkeit. Dieses Wort ist das Evangelium, das euch verkündet worden ist « (1 Petr 1,25; vgl. Jes 40,8). Mit diesem Satz aus dem Ersten Petrusbrief, der die Worte des Propheten Jesaja aufgreift, stehen wir vor dem Geheimnis Gottes, der sich durch das Geschenk seines Wortes mitteilt. Dieses Wort, das in Ewigkeit bleibt, ist in die Zeit eingetreten. Gott hat sein ewiges Wort auf menschliche Weise ausgesprochen; sein Wort »ist Fleisch geworden« (Joh 1,14). Das ist die frohe Botschaft. Das ist die Verkündigung, die durch die Jahrhunderte hindurch bis zu uns in unsere Zeit gelangt. Die XII. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, die vom 5. bis zum 26. Oktober 2008 im Vatikan abgehalten wurde, stand unter dem Thema: Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche. Es war eine tiefe Erfahrung der Begegnung mit Christus, dem Wort des Vaters, der dort gegenwärtig ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind (vgl. Mt 18,20). Mit diesem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben komme ich gern der Bitte der Väter nach, den Reichtum, der in dieser Versammlung im Vatikan zum Vorschein gekommen ist, und die in gemeinsamer Arbeit formulierten Weisungen dem ganzen Gottesvolk zu übermitteln.<ref>Vgl. Propositio 1.</ref> Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich die Ergebnisse der Synode unter Bezugnahme auf die vorgelegten Dokumente aufgreifen: die Lineamenta, das Instrumentum laboris, die Vorträge ante und post disceptationem sowie die Texte der Wortmeldungen – der im Sitzungssaal verlesenen ebenso wie jener in scriptis –, die Berichte der Arbeitskreise und ihre Diskussionsbeiträge, die Schlußbotschaft an das Volk Gottes und vor allem einige spezifische Vorschläge (propositiones), die die Väter als besonders wichtig erachtet haben. Auf diese Weise möchte ich einige Grundlinien für eine Wiederentdeckung des göttlichen Wortes – Quelle ständiger Erneuerung – im Leben der Kirche aufzeigen und hoffe zugleich, dass es immer mehr zum Mittelpunkt allen kirchlichen Handelns werden möge. <br />
<br />
===Damit unsere Freude vollkommen ist ===<br />
'''2.''' Zunächst möchte ich die Schönheit und die Anziehungskraft der erneuerten Begegnung mit dem Herrn Jesus in Erinnerung rufen, die in den Tagen der Synodenversammlung zu spüren war. Indem ich im Namen der Väter spreche, wende ich mich daher an alle Gläubigen mit den Worten aus dem Ersten Johannesbrief: Wir »verkünden euch das ewige Leben, das beim Vater war und uns offenbart wurde. Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Wir aber haben Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus« (1 Joh 1,2-3). Der Apostel spricht davon, das Wort des Lebens zu hören, zu sehen, anzufassen und zu schauen (vgl. 1 Joh 1,1), denn das Leben selbst wurde in Christus offenbar. Und wir, die wir zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander berufen sind, müssen Verkündiger dieses Geschenks sein. Unter diesem kerygmatischen Gesichtspunkt war die Synodenversammlung für die Kirche und für die Welt ein Zeugnis dafür, wie schön die Begegnung mit dem Wort Gottes in der kirchlichen Gemeinschaft ist. Ich rufe daher alle Gläubigen auf, die persönliche und gemeinschaftliche Begegnung mit Christus, dem sichtbar gewordenen Wort des Lebens, neu zu entdecken und ihn zu verkünden, damit das Geschenk des göttlichen Lebens, die Gemeinschaft, in der Welt immer mehr Verbreitung fi nden möge. Am Leben Gottes, der Dreifaltigkeit der Liebe, teilzuhaben, ist in der Tat »vollkommene Freude« (vgl. 1 Joh 1,4). Und es ist die Gabe und unverzichtbare Aufgabe der Kirche, die Freude zu vermitteln, die aus der Begegnung mit der Person Christi kommt, dem Wort Gottes, das mitten unter uns gegenwärtig ist. In einer Welt, die Gott oft als überfl üssig oder fremd empfi ndet, bekennen wir wie Petrus, dass nur er »Worte des ewigen Lebens« (Joh 6,68) hat. Es gibt keine größere Priorität als diese: dem Menschen von heute den Zugang zu Gott wieder zu öffnen, zu dem Gott, der spricht und uns seine Liebe mitteilt, damit wir Leben in Fülle haben <br />
(vgl. Joh 10,10). <br />
<br />
===Von der Konstitution »Dei Verbum« zur Synode über das Wort Gottes ===<br />
<br />
'''3.''' Wir sind uns bewußt, dass wir mit der XII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode über das Wort Gottes gewissermaßen das Herz des christlichen Lebens thematisiert haben, in Kontinuität mit der vorausgegangenen Synodenversammlung über die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche. Die Kirche gründet in der Tat auf dem Wort Gottes, sie entsteht und lebt aus ihm.<ref> Vgl. XII. ORDENTLICHE GENERALVERSAMMLUNG DER BISCHOFSSYNODE, Instrumentum laboris, 27.</ref> In allen Jahrhunderten seiner Geschichte hat das Volk Gottes stets in ihm seine Kraft gefunden, und die kirchliche Gemeinschaft wächst auch heute im Hören, in der Feier und im Studium des Wortes Gottes. Man muß anerkennen, dass im kirchlichen Leben in den letzten Jahrzehnten die Sensibilität gegenüber diesem Thema zugenommen hat, besonders in bezug auf die christliche Offenbarung, die lebendige Überlieferung und die Heilige Schrift. Seit dem Pontifi kat von Papst Leo XIII. kann man von einer Zunahme der Beiträge sprechen, die darauf ausgerichtet sind, die Bedeutung des Wortes Gottes und der biblischen Studien im Leben der Kirche stärker zu Bewußtsein zu führen.<ref> Vgl. LEO XIII., Enzyklika Providentissimus Deus (18. November 1893): ASS 26 (1893-94), 269-292; BENEDIKT XV., Enzyklika [[Spiritus paraclitus]] (15. September 1920): AAS 12 (1920), 385-422; PIUS XII., Enzyklika Divino afflante Spiritu (30. September 1943): AAS 35 (1943), 297-325 </ref>Höhepunkt dieser Entwicklung war das Zweite Vatikanische Konzil, insbesondere die Promulgation der dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum. Sie stellt einen Meilenstein auf dem Weg der Kirche dar: »Die Synodenväter … erkennen mit dankbarem Herzen den großen Nutzen an, den dieses Dokument dem Leben der Kirche auf exegetischer, theologischer, geistlicher, pastoraler und ökumenischer Ebene gebracht hat«.<ref>Propositio 2.</ref> Insbesondere ist in diesen Jahren das Bewußtsein um den »trinitarischen und heilsgeschichtlichen Horizont der Offenbarung«<ref>Propositio 2.</ref> gewachsen, in dem Jesus Christus als »der Mittler und die Fülle der ganzen Offenbarung«<ref> ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 2. </ref> erkannt wird. Die Kirche bekennt unablässig jeder Generation, dass er »durch sein ganzes Dasein und seine ganze Erscheinung, durch Worte und Werke, durch Zeichen und Wunder, vor allem aber durch seinen Tod und seine herrliche Auferstehung von den Toten, schließlich durch die Sendung des Geistes der Wahrheit die Offenbarung erfüllt und abschließt«.<ref> ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 4. </ref><br />
<br />
Es ist allgemein bekannt, dass die dogmatische Konstitution Dei Verbum der Wiederentdeckung des Wortes Gottes im Leben der Kirche, der theologischen Reflexion über die göttliche Offenbarung und dem Studium der Heiligen Schrift einen großen Impuls gegeben hat. So gab es dann auch in den letzten 40 Jahren auf diesem Gebiet nicht wenige Beiträge des kirchlichen Lehramts.<ref> Unter den Beiträgen verschiedener Art seien erwähnt: PAUL VI., Apostolisches Schreiben Summi Dei Verbum (4. November 1963): AAS 55 (1963), 979-995; DERS., Motu Proprio Sedula cura (27. Juni 1971): AAS 63 (1971), 665-669; JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (1. Mai 1985): L’Osservatore Romano (dt.), 10. Mai 1985, S. 2; DERS., Ansprache über die Interpretation der Bibel in der Kirche (23. April 1993): AAS 86 (1994), 232-243; BENEDIKT XVI., Ansprache an den Internationalen Kongreß zum 40. Jahrestag der Dogmatischen Konstitution »Dei Verbum« (16. September 2005): AAS 97 (2005), 957; DERS., Angelus (6. November 2005): L’Osservatore Romano (dt.), 11. November 2005, S. 1. Erinnert werden soll auch an die Beiträge der PÄPSTLICHEN BIBELKOMMISSION, Bibel und Christologie (1984): Ench. Vat. 9, Nrn. 1208-1339; Einheit und Vielfalt in der Kirche (11. April 1988): Ench. Vat. 11, Nrn. 544-643;Die Interpretation der Bibel in der Kirche (15. April 1993): Ench. Vat. 13, Nrn. 2846-3150; Das jüdische Volk und seine Heilige Schrift in der christlichen Bibel (24. Mai 2001): Ench. Vat. 20, Nrn. 733-1150; Bibel und Moral. Biblische Wurzeln des christlichen Handelns (11. Mai 2008), Vatikanstadt 2008.</ref> Im Bewußtsein der Kontinuität ihres Weges unter der Führung des Heiligen Geistes fühlte die Kirche sich durch die Feier dieser Synode berufen, das Thema des göttlichen Wortes weiter zu vertiefen, um sowohl die Umsetzung der Konzilsweisungen zu überprüfen als auch den neuen Herausforderungen zu begegnen, die die gegenwärtige Zeit denen stellt, die an Christus glauben. <br />
<br />
===Die Bischofssynode über das Wort Gottes ===<br />
'''4.''' In der XII. Synodenversammlung haben sich Hirten aus aller Welt um das Wort Gottes geschart und den Bibeltext symbolisch in den Mittelpunkt der Versammlung gestellt, um das wiederzuentdecken, was wir im Alltag allzuleicht als selbstverständlich voraussetzen: dass Gott redet, dass er antwortet auf unser Fragen. <ref> Vgl. BENEDIKT XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2008): AAS 101 (2009), 49. </ref> Gemeinsam haben wir das Wort des Herrn gehört und gefeiert. Wir haben einander erzählt, was der Herr im Gottesvolk wirkt, haben Hoffnungen und Sorgen miteinander geteilt. All das hat uns bewußt gemacht, dass wir unsere Beziehung zum Wort Gottes nur innerhalb des »Wir« der Kirche vertiefen können, im Hören aufeinander und in der gegenseitigen Annahme. Daher sind wir auch dankbar für die Zeugnisse über das kirchliche Leben in den verschiedenen Teilen der Welt, die aus den vielfältigen Beiträgen in der Synodenaula hervorgegangen sind. Ebenso bewegend war es, die Bruderdelegierten anzuhören, die die Einladung angenommen haben, an der Synodenversammlung teilzunehmen. Ich denke insbesondere an die Meditation Seiner Heiligkeit Bartholomaios I., des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, die bei den Synodenvätern tiefe Anerkennung gefunden hat.<ref> Vgl. Propositio 37.</ref> Außerdem hat die Bischofssynode zum ersten Mal auch einen Rabbiner eingeladen, um von ihm ein wertvolles Zeugnis über die heiligen Schriften der Juden zu erhalten, die auch Teil unserer Heiligen Schrift sind. <ref> Vgl. PÄPSTLICHE BIBELKOMMISSION, Das jüdische Volk und seine Heilige Schrift in der christlichen Bibel (24. Mai 2001), Ench. Vat. 20, Nrn. 733-1150. </ref> So konnten wir mit Freude und Dankbarkeit feststellen, dass »in der Kirche auch heute Pfingsten ist – das heißt, dass sie in vielen Sprachen redet und dies nicht nur in dem äußeren Sinne, dass alle großen Sprachen der Welt in ihr vertreten sind, sondern mehr noch in dem tieferen Sinn, dass die vielfältigen Weisen des Erfahrens von Gott und Welt, der Reichtum der Kulturen in ihr gegenwärtig ist und so erst die Weite des Menschseins und von ihr her die Weite von Gottes Wort erscheint«. <ref> BENEDIKT XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2008): AAS 101 (2009), 50.</ref> Außerdem haben wir festgestellt, dass Pfingsten noch in der Entfaltung begriffen ist: viele Völker warten noch darauf, dass das Wort <br />
Gottes in ihrer Sprache und in ihrer Kultur verkündet wird. <br />
<br />
Natürlich hat uns auf der ganzen Synode das Zeugnis des Apostels Paulus begleitet. Die Vorsehung wollte es ja, dass die XII. Ordentliche Generalversammlung genau in dem Jahr stattfand, das der Gestalt des großen Völkerapostels anläßlich des 2000. Jahrestags seiner Geburt gewidmet war. Sein Leben war ganz vom Eifer für die Verbreitung des Wortes Gottes geprägt. Unweigerlich hören wir in unserem Herzen den Widerhall seiner eindrucksvollen Worte über seine Sendung als Verkündiger des göttlichen Wortes: »Alles aber tue ich um des Evangeliums willen« (1 Kor 9,23). »Denn« – schreibt er im Brief an die Römer –»ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt« (1,16). Wenn wir über das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche nachdenken, dann können wir nicht umhin, an den hl. Paulus zu denken und an sein Leben, das er hingegeben hat, um allen Völkern das Heil Christi zu verkünden. <br />
<br />
===Der Prolog des Johannesevangeliums als Leittext ===<br />
'''5.''' Ich möchte, dass durch dieses Apostolische Schreiben die Ergebnisse der Synode auf das Leben der Kirche nachhaltigen Einfluß nehmen: auf die persönliche Beziehung zur Heiligen Schrift, auf ihre Auslegung in der Liturgie und in der Katechese sowie in der wissenschaftlichen Forschung, damit die Bibel nicht ein Wort der Vergangenheit bleibt, sondern als lebendiges und aktuelles Wort wahrgenommen wird. Zu diesem Zweck möchte ich die Ergebnisse der Synode vorstellen und vertiefen, indem ich immer wieder Bezug nehme auf den Prolog des Johannesevangeliums (Joh 1,1-18), in dem uns die Grundlage unseres Lebens vermittelt wird: Das Wort, das von Anfang an bei Gott ist, ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (vgl. Joh 1,14). Es ist ein wunderbarer Text, der eine Synthese des gesamten christlichen Glaubens bietet. Aus der persönlichen Erfahrung der Begegnung mit Christus und der Nachfolge Christi heraus gewann Johannes, den die Überlieferung mit dem »Jünger, den Jesus liebte« (Joh 13,23; 20,2; 21,7.20), gleichsetzt, »eine innige Gewißheit: Jesus ist die fleischgewordene Weisheit Gottes, er ist sein ewiges Wort, das ein sterblicher Mensch geworden ist«.<ref> Vgl. BENEDIKT XVI., Angelus (4. Januar 2009): L’Osservatore Romano (dt.), 9. Januar 2009, S. 2. </ref>Er, der »sah und glaubte« (Joh 20,8), möge auch uns helfen, das Haupt an die Brust Jesu zu lehnen (vgl. Joh 13,25), aus dessen Seite Blut und Wasser gefl ossen sind (vgl. Joh 19,34), Symbole der Sakramente der Kirche. Dem Vorbild des Apostels Johannes und der anderen inspirierten Autoren folgend, wollen wir uns vom Heiligen Geist leiten lassen, um in der Lage zu sein, das Wort Gottes immer mehr zu lieben. <br />
<br />
==ERSTER TEIL: VERBUM DEI ==<br />
»Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. … Und das Wort ist Fleisch geworden« ( Joh 1,1.14)<br />
<br />
===DER GOTT, DER SPRICHT ===<br />
<br />
====Gott im Dialog ====<br />
<br />
'''6.''' Das Neue der biblischen Offenbarung besteht darin, dass Gott sich im Dialog zu erkennen gibt, den er mit uns führen möchte. <ref>Vgl. Relatio ante disceptationem, I. </ref> Die dogmatische Konstitution Dei Verbum hatte diese Wirklichkeit herausgestellt, indem sie bekannte: So »redet der unsichtbare Gott aus überströmender Liebe die Menschen an wie Freunde und verkehrt mit ihnen, um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen«.<ref> ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 2. </ref> Wenn wir jedoch bei der Feststellung haltmachen würden, dass Gott sich uns liebevoll mitteilt, hätten wir die Botschaft des Prologs des hl. Johannes noch nicht ausreichend verstanden. In Wirklichkeit ist das Wort Gottes, durch das »alles geworden« (Joh 1,3) und das selbst »Fleisch geworden« ist (Joh 1,14), dasselbe, das »im Anfang « war (Joh 1,1). Wenn wir hier eine Anspielung auf den Beginn des Buches Genesis (vgl. Gen 1,1) sehen, stehen wir in Wahrheit vor einem Anfang absoluter Natur, der uns vom innersten Leben Gottes spricht. Der johanneische Prolog stellt uns vor die Tatsache, dass der Logos von jeher bestanden hat, und dass er seit jeher selber Gott ist. Es gab also in Gott nie eine Zeit, in der der Logos nicht war. Das Wort bestand schon vor der Schöpfung. Das Innerste des göttlichen Lebens ist daher Gemeinschaft, ist das absolute Geschenk. »Gott ist die Liebe« (1 Joh 4,16), sagt derselbe Apostel an anderer Stelle und kennzeichnet damit »das christliche Gottesbild und auch das daraus folgende Bild des Menschen und seines Weges«.<ref> BENEDIKT XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 1: AAS 98 (2006), 217-218.</ref> Gott gibt sich uns zu erkennen als Geheimnis unendlicher Liebe, in der der Vater von aller Ewigkeit her sein Wort im Heiligen Geist zum Ausdruck bringt. Das Wort, das von Anfang an bei Gott ist und das Gott ist, offenbart uns daher Gott selbst im Dialog der Liebe zwischen den göttlichen Personen und lädt uns ein, daran teilzuhaben. Als Abbild Gottes, der die Liebe ist, erschaffen und ihm ähnlich, können wir also uns selbst nur in der Annahme des Wortes und in der Fügsamkeit gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes verstehen. Im Licht der durch das göttliche Wort gewirkten Offenbarung klärt sich das Rätsel des menschlichen Daseins endgültig.<br />
<br />
====Die Analogie des Wortes Gottes ====<br />
<br />
'''7.''' Von diesen Überlegungen aus, die sich aus der Betrachtung des im Johannesprolog ausgedrückten christlichen Geheimnisses ergeben, müssen jetzt die Aussagen der Synodenväter über die verschiedenen Weisen, mit denen wir den Ausdruck »Wort Gottes« benutzen, hervorgehoben werden. Zu Recht war die Rede von einer Symphonie des Wortes, eines einzigen Wortes, das sich auf verschiedene Weisen ausdrückt: als »ein mehrstimmiger Gesang«.<ref> Instrumentum laboris, 9.</ref> Die Synodenväter sprachen in diesem Zusammenhang von einem analogischen Gebrauch der menschlichen Sprache in bezug auf das Wort Gottes. Dieser Ausdruck betrifft einerseits die Mitteilung, die Gott über sich selbst macht, andererseits jedoch besitzt er verschiedene Bedeutungen, die sorgfältig betrachtet und zueinander in Beziehung gesetzt werden müssen, sowohl unter dem Gesichtspunkt der theologischen Reflexion als auch unter dem der Anwendung in der Seelsorge. Wie uns der Johannesprolog deutlich zeigt, bezeichnet der Logos ursprünglich das ewige Wort, also den eingeborenen Sohn, der vor aller Zeit aus dem Vater geboren und eines Wesens mit ihm ist: Das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Aber dasselbe Wort, so der hl. Johannes, »ist Fleisch geworden« (Joh 1,14); daher ist Jesus Christus, der aus der Jungfrau Maria geboren ist, wirklich das Wort Gottes, das uns wesensgleich geworden ist. Der Ausdruck »Wort Gottes« bezeichnet hier also die Person Jesu Christi, den menschgewordenen ewigen Sohn des Vaters. <br />
<br />
Wenn im Mittelpunkt der göttlichen Offenbarung das Christusereignis steht, dann muß man ebenfalls erkennen, dass die Schöpfung selbst, der liber naturae, auch ein wesentlicher Teil dieser mehrstimmigen Symphonie ist, in der das einzige Wort seinen Ausdruck findet. Ebenso bekennen wir, dass Gott sein Wort in der Heilsgeschichte mitgeteilt hat, dass er seine Stimme vernehmen ließ und mit der Kraft seines Geistes »gesprochen hat durch die Propheten«.<ref> Nizäno-konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis: DS 150. </ref> Das göttliche Wort kommt also in der ganzen Heilsgeschichte zum Ausdruck und besitzt seine Fülle im Geheimnis der Menschwerdung, des Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes. Wort Gottes ist auch das von den Aposteln verkündete Wort, in Gehorsam gegenüber dem Gebot des auferstandenen Christus: »Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!« (Mk 16,15). So wird das Wort Gottes also in der lebendigen Überlieferung der Kirche weitergegeben. Schließlich ist das bezeugte und göttlich inspirierte Wort Gottes die Heilige Schrift, das Alte und das Neue Testament. All das macht deutlich, warum wir in der Kirche die Heilige Schrift hoch verehren, obgleich der christliche Glaube keine »Buchreligion« ist: Das Christentum ist die »Religion des Wortes Gottes«, nicht »eines schriftlichen, stummen Wortes, sondern des menschgewordenen, lebendigen Wortes«.<ref> BERNHARD VON CLAIRVAUX, Homilia super missus est, IV,11: PL 183, 86B.</ref> Daher muß die Schrift als Wort Gottes verkündigt, gehört, gelesen, aufgenommen und gelebt werden, und zwar in der Spur der apostolischen Überlieferung, mit der es untrennbar verknüpft ist.<ref> Vgl. ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 10. </ref> <br />
<br />
Wie die Synodenväter gesagt haben, stehen wir wirklich einem analogen Gebrauch des Ausdrucks »Wort Gottes« gegenüber, und wir müssen uns dessen bewußt sein. Die Gläubigen müssen daher besser herangeführt werden, seine verschiedenen Bedeutungen zu erfassen und seinen einheitlichen Sinn zu verstehen. Auch vom theologischen Gesichtspunkt her ist es notwendig, die Artikulierung der verschiedenen Bedeutungen dieses Ausdrucks zu vertiefen, damit die Einheit des göttlichen Plans und in ihm die Zentralität der Person Christi besser aufscheint.<ref>Vgl. Propositio 3. </ref> <br />
<br />
====Kosmische Dimension des Wortes====<br />
<br />
'''8.''' Im Wissen um die grundlegende Bedeutung des Wortes Gottes in bezug auf das fleischgewordene ewige Wort Gottes, den einzigen Retter und Mittler zwischen Gott und dem Menschen,<ref> Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Erklärung über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche Dominus Iesus (6. August 2000), 13-15: AAS 92 (2000), 754– 7550.</ref> und im Hören auf dieses Wort werden wir durch die biblische Offenbarung zu der Einsicht geführt, dass es die Grundlage der ganzen Wirklichkeit ist. Im Prolog des Johannesevangeliums heißt es bezüglich des göttlichen Logos: »Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist« (1,3); auch der Kolosserbrief verweist auf Christus, den »Erstgeborenen der ganzen Schöpfung« (1,15), und sagt: »Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen« (1,16). Und der Autor des Hebräerbriefes ruft in Erinnerung: »Aufgrund des Glaubens erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort erschaffen worden und dass so aus Unsichtbarem das Sichtbare entstanden ist« (11,3). <br />
<br />
Diese Verkündigung ist für uns ein befreiendes Wort. Denn die Aussagen der Schrift verweisen darauf, dass alles, was geworden ist, nicht Frucht eines irrationalen Zufalls, sondern von Gott gewollt ist, zu seinem Plan gehört, in dessen Mittelpunkt das Angebot steht, am göttlichen Leben in Christus teilzuhaben. Die Schöpfung entsteht aus dem Logos und trägt die unauslöschliche Spur der schöpferischen Vernunft, die ordnet und leitet. Diese frohe Gewißheit besingen die Psalmen: »Durch das Wort des Herrn wurden die Himmel geschaffen, ihr ganzes Heer durch den Hauch seines Mundes« (33,6), und: »Der Herr sprach, und sogleich geschah es; er gebot, und alles war da« (33,9). Die ganze Wirklichkeit bringt dieses Geheimnis zum Ausdruck: »Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes, vom Werk seiner Hände kündet das Firmament« (19,2). So lädt uns also die Heilige Schrift selbst ein, den Schöpfer kennenzulernen, indem wir die Schöpfung betrachten (vgl. Weish 13,5; Röm 1,19-20). Die christliche Überlieferung hat dieses Schlüsselelement der Symphonie des Wortes vertieft. So sagt zum Beispiel der hl. Bonaventura, der zusammen mit der großen Überlieferung der griechischen Väter alle Möglichkeiten der Schöpfung im Logos sieht,<ref>Vgl. In Hexaemeron, XX,5; Opera Omnia, V, Quaracchi 1891, S.425-426; Breviloquium, I,8: Opera Omnia, V, Quaracchi <br />
1891, S. 216-217.</ref> dass »jedes Geschöpf Wort Gottes ist, weil es Gott verkündigt«.<ref> [[Bonaventura Fidanza|Itinerarium mentis in Deum]], II,12: Opera Omnia V, Quaracchi 1891, S. 302-303; Commentarius in librum Ecclesiastes, Kap. 1, Vers 11; Quaestiones, II,3: Opera omnia, VI, Quaracchi 1891, S. 16. </ref> Die dogmatische Konstitution Dei Verbum hat dies so zusammengefaßt: »Gott, der durch das Wort alles erschafft (vgl. Joh 1,3) und erhält, gibt den Menschen jederzeit in den geschaffenen Dingen Zeugnis von sich«.<ref>ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 3; vgl. ERSTES VATIKANISCHES KONZIL, Dogm. Konst. über den katholischen Glauben [[Dei filius]], Kap. 2, De revelatione: DS 3004.</ref><br />
<br />
====Die Erschaffung des Menschen ====<br />
<br />
'''9.''' Die Wirklichkeit entsteht also aus dem Wort als creatura Verbi, und alles ist aufgerufen, dem Wort zu dienen. Die Schöpfung ist der Ort, an dem sich die ganze Geschichte der Liebe zwischen Gott und seinem Geschöpf entfaltet; das Heil des Menschen ist also der Beweggrund aller Dinge. Wenn wir den Kosmos vom heilsgeschichtlichen Gesichtspunkt her betrachten, entdecken wir die einzigartige Stellung, die der Mensch innerhalb der Schöpfung einnimmt: »Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie« (Gen 1,27). So können wir die kostbaren Gaben, die wir vom Schöpfer erhalten haben, in ihrer ganzen Tragweite erkennen: den Wert des eigenen Leibes, die Gabe der Vernunft, der Freiheit und des Gewissens. Darin finden wir auch das, was in der philosophischen Tradition als »Naturrecht« bezeichnet wird.<ref>Vgl. Propositio 13. </ref> In der Tat »erfährt jeder Mensch, der auf das Gewissen hört und die Verantwortung wahrnimmt, einen inneren Ruf, Gutes zu tun«<ref>Vgl. INTERNATIONALE THEOLOGENKOMMISSION, Auf der Suche nach einer universalen Ethik. Ein neuer Blick auf das Naturrecht, Vatikanstadt 2009, Nr. 39. </ref> und daher Böses zu vermeiden. Wie der hl. [[Thomas von Aquin]] sagt, gründen auf diesem Prinzip auch alle anderen Vorschriften des Naturrechts.<ref>Vgl. Summa Theologiae, Ia-IIae, q. 94, a. 2. </ref> Das Hören auf das Wort Gottes lehrt uns zunächst einmal die Achtung gegenüber dem Anspruch, nach diesem Gesetz, das »ins Herz geschrieben« ist (vgl. Röm 2,15; 7,23), <ref> Vgl. PÄPSTLICHE BIBELKOMMISSION, Bibel und Moral. Biblische Wurzeln des christlichen Handelns (11. Mai 2008), Vatikanstadt 2008, Nrn. 13, 32, 109.</ref> zu leben. Jesus Christus gibt dann den Menschen das neue Gesetz, das Gesetz des Evangeliums, das das Naturrecht aufnimmt, es in überragender Weise zur Verwirklichung bringt und uns vom Gesetz der Sünde befreit, aufgrund dessen, wie der hl. Paulus sagt, »das Wollen bei mir vorhanden ist, ich das Gute aber nicht zu verwirklichen vermag« (Röm 7,18). Dieses Gesetz schenkt den Menschen durch die Gnade Anteil am göttlichen Leben und die Möglichkeit, den Egoismus zu überwinden. <ref> Vgl. INTERNATIONALE THEOLOGENKOMMISSION, Auf der Suche nach einer universalen Ethik. Ein neuer Blick auf das Naturrecht, Vatikanstadt 2009, Nr. 102.</ref><br />
<br />
[Fortsetzung folgt.]<br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte (Wortlaut)]]<br />
<br />
== Fussnoten ==<br />
<references /></div>Charleshttps://www.kathpedia.de/index.php?title=Bibel_und_Moral_(Wortlaut)&diff=72721Bibel und Moral (Wortlaut)2010-11-08T22:10:22Z<p>Charles: Überschrift korrigiert</p>
<hr />
<div><center> Schreiben </center><br />
{|align="center" cellpadding=5px;<br />
!bgcolor="silver"|'''[[Bibel und Moral]]'''<br />
|-----<br />
{|align="center"<br />
<center> [[Päpstliche Bibelkommission]]</center><br />
<center> unseres [[Papst|Heiligen Vaters]]</center><br />
<center> [[Benedikt XVI.]]</center><br />
<center> ''' Biblische Wurzeln des christlichen Handelns''' </center><br />
<center> [[11. Mai]] [[2008]]</center><br />
<br />
(Quelle: Sekretariat der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]], [[Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls]] Nr. 184)<br />
<br />
'''Allgemeiner Hinweis:''' ''Die in der Kathpedia veröffentlichen Lehramstexte, dürfen nicht als offizielle Übersetzungen betrachtet werden, selbst wenn die Quellangaben dies vermuten ließen. Nur die Texte auf der Vatikanseite [http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm] können als offiziell angesehen werden (Schreiben der [[Libreria Editrice Vaticana]] vom 21. Januar 2008).''<br />
<br />
== Vorwort==<br />
<br />
Die Sehnsucht nach Glück, das Verlangen nach einem erfüllten Leben, ist von jeher tief im menschlichen Herzen verwurzelt. Es hängt großenteils von unserem eigenen Handeln und von den Beziehungen zwischen uns Menschen ab, ob dieser Wunsch verwirklicht wird. Was ist aber dieses Handeln, das die einzelnen Personen, die Gemeinschaften und die Völker zu einem wahrhaft gelungenen Leben, zum Glück führt? Wie kann man es bestimmen? <br />
<br />
Für die Christen ist die Heilige Schrift nicht nur die Quelle der Offenbarung und die Grundlage ihres Glaubens, sondern auch der unverzichtbare Bezugspunkt für die Moral. Die Christen sind überzeugt, dass sie in der Bibel Hinweise und Normen finden für das rechte Handeln und so den Weg zur Fülle des Lebens. <br />
<br />
Gegen diese Überzeugung erheben sich verschiedene Schwierigkeiten. Eine erste besteht darin, dass es dem Menschen gleichsam angeboren ist, Normen, Pflichten, Gebote abzulehnen, und dass diese Tendenz heute stark ist. Gleich lebendig ist vielfach der Wunsch nach vollendetem Glück und der Wunsch nach unbeschränkter Freiheit, bei der es möglich ist, ganz nach eigenem Belieben und ohne jede Norm zu handeln. Nicht selten wird diese Freiheit ohne Grenzen als wesentlich für das Glück angesehen. Nach dieser Auffassung verlangt es die Würde der menschlichen Person, dass sie keine Norm annimmt, die ihr von außen auferlegt wird, sondern dass sie selbst frei und autonom entscheidet, was sie für gültig und recht hält. Es ist nur konsequent, dass dann die Normen der Bibel und die Auslegung und Konkretisierung, die ihnen durch die Tradition und das Lehramt der Kirche gegeben werden, als Hindernis für das Glück erscheinen und keine Beachtung finden. <br />
<br />
Eine weitere Schwierigkeit kommt von der Bibel selbst. Ihre Schriften sind vor wenigstens tausendneunhundert Jahren verfasst, in fernen Zeiten, in denen die Lebensbedingungen von den heutigen sehr verschieden waren. Viele heutige Situationen und Probleme sind den biblischen Schriften einfach unbekannt; daher scheint die Bibel für sie auch keine Hilfen und Antworten geben zu können. Nicht wenige, die den Wert der Bibel als inspirierter und normativer Text grundsätzlich anerkennen, kommen daher zu der Auffassung, dass die Bibel wenig nützt, um Lösungen für die Probleme von heute zu finden. Es sind ja viele und schwierige moralische Fragen, vor die wir uns gestellt sehen. Auch gläubige Christen können den Eindruck haben, dass manches, was früher sicher war, heute nicht mehr gilt. Auf vielen Gebieten: Terrorismus, Krieg, Einwanderung, Verteilung der Güter, Schutz der Natur, Sexualität, genetische Forschung usw. treten neue Fragen auf. In dieser Situation wird die Bibel an den Rand gedrängt. Das Motiv ist verschieden, aber das Ergebnis ist ähnlich wie im ersten Fall: die Bibel bleibt aus dem Spiel; man versucht auf anderen Wegen, Lösungen für die großen und drängenden Probleme von heute zu finden. <br />
<br />
Im Jahr 2002 wurde der Päpstlichen Bibelkommission von ihrem damaligen Präsidenten, Kardinal Joseph Ratzinger, das Thema „Bibel und Moral“ anvertraut. Sie sah sich damit vor die Frage gestellt: Was ist der Wert und die Bedeutung des inspirierten Textes für die Moral in unserer Zeit, in der die oben erwähnten Schwierigkeiten gegeben sind? <br />
<br />
Wir finden in der Bibel viele Normen, Gebote, Gesetzessammlungen usw. Ein genaues Studium stellt jedoch fest, dass diese Normen nie isoliert sind und nie in sich selber stehen, sondern immer zu einem bestimmten Zusammenhang gehören. Für die biblische Anthropologie steht an erster Stelle und ist fundamental das Handeln Gottes; die gnädigen Gaben Gottes, seine Einladung zur Gemeinschaft gehen dem menschlichen Handeln immer voraus. Die Normen folgen aus den Gaben; sie wollen dem Menschen zeigen, wie er die Gaben Gottes in angemessener Weise annehmen und leben soll. Dieser Auffassung liegt die biblische Sicht des Menschen zugrunde. Der Mensch ist von Gott geschaffen; daher ist er nie ein isoliertes, autonomes Wesen, das von allem und allen losgelöst ist, sondern steht in einer radikalen und wesentlichen Beziehung zu Gott und zur Gemeinschaft seiner Brüder und Schwestern. Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen. Die Existenz selber ist das erste und fundamentale Geschenk, das jeder Mensch von Gott erhalten hat. In biblischer Sicht können die Normen nie in sich selber betrachtet und gewertet werden, sondern nur im Zusammenhang mit dem biblischen Verständnis der menschlichen Existenz. <br />
<br />
Der erste Teil des Dokuments will diese biblische Sicht aufzeigen, bei der Anthropologie und Theologie einander gegenseitig durchdringen. Nach der Anordnung des biblischen Kanons erscheint der Mensch zuerst als Geschöpf Gottes, das als erstes Geschenk das Leben selber von Gott erhalten hat, dann als Glied des auserwählten Volkes, mit dem Gott einen besonderen Bund geschlossen hat, und schließlich als Bruder und Schwester von Jesus, dem menschgewordenen Sohn Gottes. <br />
<br />
Der zweite Teil zeigt, dass die Heilige Schrift nicht direkt Lösungen für heutige Probleme anbietet, dass sie aber Kriterien enthält, die sehr hilfreich sind, um solche Lösungen zu finden. Es werden zwei grundlegende Kriterien genannt: die Übereinstimmung mit der biblischen Sicht des Menschen und die Übereinstimung mit dem Beispiel Jesu. Es folgen sechs besondere Kriterien, die wesentliche Orientierungen der biblischen Offenbarung aufnehmen und helfen, zu soliden moralischen Entscheidungen zu kommen: 1. Offenheit für die verschiedenen Kulturen und also ein gewisser ethischer Universalismus (Kriterium der Übereinstimmung); 2. entschiedene Stellungnahme gegen verkehrte Wertungen (Kriterium des Gegensatzes); 3. Prozess der Verfeinerung des Gewissens, der sich in beiden Testamenten findet und sich besonders im Verhältnis zwischen dem Alten und dem Neuen Testament zeigt (Kriterium der Steigerung); 4. Berichtigung der heute nicht seltenen Tendenz, die moralischen Entscheidungen allein der subjektiven Sphäre zuzuweisen (Kriterium der Gemeinschaft); 5. Offenheit für eine absolute Zukunft der Welt und der Geschichte, die im eigentlichen Sinn das Ziel und das Motiv des moralischen Handelns zeigt (Kriterium der Finalität); 6. eine sorgsame Bestimmung des relativen oder absoluten Wertes der moralischen Prinzipien und Vorschriften (Kriterium der Unterscheidung). <br />
<br />
Alle diese Kriterien, deren Liste repräsentativ und nicht erschöpfend ist, sind tief in der Bibel verwurzelt und nehmen wesentliche Punkte der biblischen Offenbarung auf. Ihre Anwendung kann uns heute helfen bei der schwierigen Aufgabe, rechte moralische Entscheidungen zu treffen. <br />
<br />
Den Mitgliedern der Päpstlichen Bibelkommission danke ich für ihre Geduld und ihren Einsatz bei der gemeinsamen Arbeit an diesem Thema. Es ist mein Wunsch, dass der vorliegende Text hilft, immer mehr die faszinierenden Werte des echt christlichen Lebens zu entdecken und zugleich die Bibel als unerschöpfliche und immer frische Quelle für das rechte Handeln; von ihm hängt ein gelungenes Leben und das Glück der einzelnen Personen und der ganzen Gemeinschaft der Menschen ab. <br />
<br />
<center>William Kardinal Levada </center><br />
<center>Präsident </center><br />
<center>Hohes Pfingstfest </center><br />
<center> 11. Mai 2008 </center><br />
<br />
''' BIBEL UND MORAL BIBLISCHE WURZELN DES CHRISTLICHEN HANDELNS ''' <br />
<br />
{| width="100%"<br />
!width="50%" align="left" | Exodus 20,2–17 <br />
!width="50%" align="left" | Matthäus 5,3–12 <br />
|-<br />
|Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld. Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der HERR lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht. Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der HERR den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt. Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt. Du sollst nicht morden. Du sollst nicht die Ehe brechen. Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen. Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört. <br />
|Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt. <br />
|- <br />
|}<br />
<br />
<br />
== Einleitung==<br />
''' 1.''' Seit jeher ist der Mensch auf der Suche nach Glück und Sinn. Der heilige Augustinus sagt das in treffender Weise: „Der Mensch will glücklich sein, auch wenn er auf eine Weise lebt, dass er es nicht ist“ (De civitate Dei, XIV,4). Diese Aussage zeigt bereits die Spannung zwischen dem tiefen Sehnen des Menschen und seinen mehr oder weniger bewussten moralischen Optionen. Pascal drückt die gleiche Spannung so aus: „Wenn der Mensch nicht für Gott geschaffen ist, warum kann er nur in Gott glücklich sein? Wenn der Mensch für Gott geschaffen ist, warum stellt er sich so sehr gegen Gott?“ (Pensées, II,169).<br />
<br />
Die Bibelkommission möchte sich in möglichst genauen Überlegungen mit dem schwierigen Thema der Beziehungen zwischen Bibel und Moral befassen. Sie macht dabei zwei grundlegende Voraussetzungen: 1. Gott ist für jeden Glaubenden und für jeden Menschen die letzte Antwort auf die Suche nach Glück und Sinn. 2. Auf dem Boden der Heiligen Schrift, Altes und Neues Testament, kann auch heute ein gültiger und nützlicher Dialog über moralische Fragen geführt werden. <br />
<br />
===0.1. Eine Welt, die Antworten sucht ===<br />
<br />
'''2.''' Wenn wir uns an diese Aufgabe machen, können wir nicht von der heutigen Situation absehen. Im Zeitalter der Globalisierung ist in vielen Gesellschaften eine rasche Veränderung der ethischen Entscheidungen zu beobachten; das geschieht unter dem starken Eindruck der großen Bevölkerungsverschiebungen, der immer komplizierteren sozialen Beziehungen und der wissenschaftlichen Fortschritte, besonders auf dem Gebiet der Psychologie, der Genetik und der Kommunikationstechnik. Das alles bestimmt tiefgehend das moralische Bewusstsein vieler Personen und Gruppen, und zwar so sehr, dass sich eine Kultur entwickelt, die auf Relativismus, Toleranz und Offenheit für alles Neue aufbaut und deren theologische und philosophische Grundlagen nicht immer genügend geklärt sind. Auch für viele Katholiken ist diese Kultur der Toleranz mit einem wachsenden Misstrauen, ja geradezu mit einer entschiedenen Intoleranz gegenüber gewissen Inhalten der Moral, die von der Kirche gelehrt wird und die tief in der Heiligen Schrift verwurzelt ist, verbunden. Wie lässt sich ein Ausgleich erreichen? <br />
<br />
<br />
===0.2. Unsere Ziele ===<br />
<br />
'''3.''' In diesem Dokument wird der Leser weder eine vollständige biblische Moraltheologie finden und, noch weniger, Rezepte oder fertige Antworten für die moralischen Probleme, alte und neue, die heute überall, auch in den Massenmedien, diskutiert werden. Unsere Arbeit will nicht die der Philosophen und der Moraltheologen ersetzen. Um die konkreten Probleme der Moral angemessen zu behandeln, bräuchte es eine rationale Vertiefung und auch eine Einbeziehung der Humanwissenschaften; das liegt außerhalb unserer Kompetenz. Unser Ziel ist bescheidener und von doppelter Art: <br />
<br />
1. Dieses Ziel besteht vor allem darin, dass wir die christliche Moral unter den weiteren Horizont der biblischen Anthropologie und Theologie stellen. Das wird von allem Anfang an helfen, ihre Eigenheit und Originalität sichtbar zu machen im Vergleich einerseits mit den Ethiken und Moralsystemen, die auf die menschliche Erfahrung und auf die Vernunft gegründet sind, und andererseits mit den Morallehren, die von anderen Religionen vorgelegt werden. <br />
<br />
2. Das zweite Ziel hat in gewisser Weise einen mehr praktischen Charakter. Es ist nicht leicht, die Bibel in angemessener Weise zu benützen, wenn jemand Licht sucht, um eine moralische Überlegung zu vertiefen, oder Elemente einer Antwort für schwierige moralische Probleme und Situationen. Die Bibel selbst gibt jedoch dem Leser methodologische Kriterien an die Hand, die dieses Suchen erleichtern. <br />
<br />
Dieses doppelte Ziel erklärt die Zweiteilung des Dokuments. Der erste Teil hat den Titel: „Eine geoffenbarte Moral: göttliches Geschenk und menschliche Antwort“; und der zweite Teil: „Einige biblische Kriterien für die moralische Reflexion“. <br />
<br />
Was die Methode angeht, schien es uns für die Ziele unserer Darlegung nützlich, die kanonische Auslegung der Schrift zu bevorzugen, ohne jedoch die historisch-kritische Methode beiseite zu lassen, die aus verschiedenen Motiven unverzichtbar ist (vgl. Päpstliche Bibelkommission, Die Interpretation der Bibel in der Kirche, I, C, 1). <br />
<br />
<br />
===0.3. Grundlinien für das Verständnis der Ausrichtung des Dokuments ===<br />
<br />
====0.3.1. Der Schlüsselbegriff: „geoffenbarte Moral“====<br />
<br />
'''4.''' Zunächst führen wir den wohl unüblichen Begriff „geoffenbarte Moral“ ein, in Treue zu einer grundlegenden Ausrichtung der gesamten Heiligen Schrift. Für unsere Darlegung ist es ein Schlüsselbegriff. Um von „geoffenbarter Moral“ zu sprechen, müssen wir uns von einigen Vorverständnissen befreien. Solange man die Moral auf einen Kodex des individuellen und kollektiven Verhaltens reduziert, auf ein Gesamt von Tugenden, die zu praktizieren sind, oder auch auf die Imperative eines Naturgesetzes, das für universal gehalten wird, kann man die Eigenart, Güte und bleibende Aktualität der biblischen Moral nicht genügend wahrnehmen. <br />
<br />
Wir möchten sofort zwei Grundideen einführen, die wir später genauer ausführen werden: 1. Die Moral, ohne weniger wichtig zu sein, steht an zweiter Stelle. An erster Stelle steht und grundlegend ist die Initiative Gottes, die wir theologisch im Begriff ‚Geschenk‘ ausdrücken werden. In biblischer Sicht wurzelt die Moral im vorausgehenden Geschenk des Lebens, der Intelligenz und des freien Willens (Schöpfung) und vor allem in dem völlig unverdienten Angebot einer bevorzugten, inneren Beziehung des Menschen zu Gott (Bund). Die Moral ist nicht in erster Linie Antwort des Menschen, sondern Offenbarung des Planes und des Geschenks Gottes. Mit anderen Worten, für die Bibel kommt die Moral nach der Erfahrung Gottes, genauer nach der Erfahrung, die Gott den Menschen machen lässt als ganz unverdientes Geschenk. 2. Von hier aus gesehen ist das Gesetz selber integraler Teil des Bundes, ist Geschenk Gottes. Ursprünglich ist ‚Gesetz‘ nicht ein juristischer Begriff, der auf Verhaltensweisen und Haltungen ausgerichtet ist, sondern ein theologischer Begriff, den die Bibel selber am besten wiedergibt mit dem Wort „Weg“ (hebräisch derek, griechisch hodos): ein Weg, der angeboten wird. <br />
<br />
Im heutigen Kontext ist diese Sicht der Bibel besonders wichtig. Die moralische Unterweisung ist sicher ein wesentlicher Teil der Sendung der Kirche, steht aber doch an zweiter Stelle im Vergleich mit der Aufgabe, das Geschenk Gottes und die spirituelle Erfahrung geltend zu machen; wir tun uns heute manchmal schwer, das in angemessener Weise wahrzunehmen und zu verstehen. <br />
<br />
Der Begriff „geoffenbarte Moral“ ist weder klassisch noch üblich. Dennoch entspricht er dem Horizont, den das Zweite Vatikanische Konzil in der Dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung gezeigt hat: „Das Offenbarungsgeschehen ereignet sich in Tat und Wort, die innerlich miteinander verknüpft sind: die Werke nämlich, die Gott im Verlauf der Heilsgeschichte wirkt, offenbaren und bekräftigen die Lehre und die durch die Worte bezeichneten Wirklichkeiten; die Worte verkündigen die Werke und lassen das Geheimnis, das sie enthalten, ans Licht treten“ (Dei Verbum, I, 2). So haben alle Akte, mit denen Gott sich offenbart, eine moralische Dimension weil sie die Menschen dazu rufen, ihr Denken und Handeln dem göttlichen Vorbild gleich zu machen: „Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig“ (Lev 19,2); „Ihr sollt also vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5,48). <br />
<br />
<br />
====0.3.2. Die Einheit der beiden Testamente====<br />
<br />
'''5.''' Die ganze Offenbarung – d. h. der Plan Gottes, der gekannt werden und allen einen Weg zum Heil eröffnen will – ist auf Christus ausgerichtet. Im Herzen des Alten Bundes bezeichnet der „Weg“ zugleich einen Auszug (das grundlegende Ereignis der Befreiung) und einen lehrhaften Inhalt, die Torah. Im Herzen des Neuen Bundes sagt Jesus von sich selber: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Er vereinigt also in seiner Person und in seiner Sendung die ganze befreiende Dynamik Gottes und auch, in einem gewissen Sinn, die ganze Moral, sofern sie theologisch verstanden wird als Geschenk Gottes, d. h. als Weg, der zum ewigen Leben führt, zur Lebensgemeinschaft mit ihm. Von hier aus kann man die tiefe Einheit der beiden Testamente verstehen. Hugo von St. Viktor drückt diese Einsicht in treffender Weise so aus: „Die ganze göttliche Schrift ist ein einziges Buch und dieses einzige Buch ist Christus“ (De arca Noe, II, 8). <br />
<br />
Es ist also darauf zu achten, Altes und Neues Testament nicht gegeneinander zu stellen, im Bereich der Moral wie in jedem anderen Bereich. Dazu kann das vorausgehende Dokument der Päpstlichen Bibelkommission nützliche Hinweise geben, wenn es die Beziehungen zwischen den beiden Testamenten mit den Ausdrücken beschreibt: Kontinuität, Diskontinuität und Progression (Das jüdische Volk und seine Heiligen Schriften in der christlichen Bibel, Nr. 40–42). <br />
<br />
====0.4. Die Adressaten des Dokuments ====<br />
<br />
'''6. ''' Wir sind uns bewusst, dass unseren Ausführungen in erster Linie die Gläubigen folgen können, und für diese sind sie zuerst bestimmt. Wir wünschen uns aber auch einen weiter ausgreifenden Dialog zwischen Menschen guten Willens, die verschiedenen Kulturen und Religionen angehören und die über die Angelegenheiten des Alltags hinaus einen Weg zu Glück und Sinn suchen. <br />
<br />
==ERSTER TEIL – EINE GEOFFENBARTE MORAL: GÖTTLICHES GESCHENK UND MENSCHLICHE ANTWORT ==<br />
<br />
'''7. ''' Die Beziehung zwischen göttlichem Geschenk und menschlicher Antwort, zwischen vorausgehendem Handeln Gottes und der Aufgabe des Menschen ist bestimmend für die Bibel und die in ihr geoffenbarten Moral. Von der Schöpfung angefangen, suchen wir die Gaben Gottes zu beschreiben, nach den verschieden Phasen seines Handelns zugunsten der Menschheit und des auserwählten Volkes, und wir nennen auch immer die Aufgaben, die Gott mit seinen Gaben verbunden hat. <br />
<br />
Außer der Beziehung, die wir gerade beschrieben haben, sind noch zwei andere Faktoren grundlegend für die biblische Moral. Sie ist nicht durch einen unerbittlichen Moralismus gekennzeichnet, sondern die Vergebung, die denen gewährt wird, die versagt haben, gehört zur Gabe Gottes. Und wie es sich klar im Neuen Testament zeigt, vollzieht sich das irdische Handeln vor dem Horizont des ewigen Lebens, der Gabe, durch die Gott sein Geben vollendet. <br />
<br />
===1. DAS GESCHENK DER SCHÖPFUNG UND SEINE BEDEUTUNG FÜR DIE MORAL ===<br />
====1.1. Das Geschenk der Schöpfung ====<br />
<br />
''' 8.''' Die Bibel zeigt uns Gott als den Schöpfer von allem, was existiert; das geschieht besonders in den ersten Kapiteln der Genesis und in einer Reihe von Psalmen. <br />
<br />
=====1.1.1. Am Beginn des Buches Genesis =====<br />
<br />
Der große Erzählkreis, der sich im Pentateuch entfaltet, wird durch zwei Erzählungen von den Ursprüngen eingeleitet (Gen 1–2). <br />
<br />
Kanonisch gesehen ist der göttliche Schöpfungsakt das Erste in der biblischen Erzählung. Diese anfängliche Schöpfung umfasst „den Himmel und die Erde“ (Gen 1,1). Damit wird behauptet, dass alles sich der göttlichen Bestimmung verdankt und ein freies Geschenk Gottes, des Schöpfers ist. Für Israel ist die Anerkennung Gottes als des Schöpfers von allem nicht der Anfang seiner Gotteserkenntnis, sondern eine Frucht seiner Erfahrung mit Gott und seiner Glaubensgeschichte. <br />
<br />
Das besondere Geschenk des Schöpfers für den Menschen besteht darin, dass Gott ihn nach seinem Bild geschaffen hat: „Lasst uns Menschen machen nach unserem Bild, uns ähnlich“ (Gen 1,26). In der Erzählfolge (Gen 1,1–31) erscheint der Mensch als das Ziel der Schöpfung Gottes. In Gen 1,26–28 wird der Mensch als Stellvertreter Gottes beschrieben und zwar in der Weise, dass er sich auf seinen Schöpfer bezieht und dass dieser – unsichtbar und ohne Bild – auf seine Kreatur, den Menschen verweist. Es zeigt sich hier ein Programm theologischer Anthropologie im strengen Sinn, insofern nur der von Gott sprechen kann, der vom Menschen spricht, und umgekehrt, vom Menschen nur der sprechen kann, der von Gott spricht. Wenn wir es mehr im Einzelnen bestimmen, ist der Mensch „Bild“ Gottes auf Grund von wenigstens sechs Eigenschaften: <br />
<br />
1. Die Rationalität, d. h. die Fähigkeit und die Pflicht, die geschaffene Welt zu erkennen und zu verstehen, <br />
<br />
2. die Freiheit, in der eingeschlossen sind die Fähigkeit und die Pflicht zu entscheiden und die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen (Gen 2), <br />
<br />
3. ein Herrschaftsauftrag, der aber keineswegs absolut ist, sondern unter der Herrschaft Gottes steht, <br />
<br />
4. die Fähigkeit in Übereinstimmung mit dem zu handeln, dessen Bild der Mensch ist, oder Gott nachzuahmen, <br />
<br />
5. die Würde eine Person zu sein, ein ‚relationales‘ Wesen, das fähig, ist personale Beziehungen zu haben mit Gott und mit den anderen Menschen (Gen 2), <br />
<br />
6. die Heiligkeit des menschlichen Lebens. <br />
<br />
=====1.1.2. In einigen Psalmen =====<br />
''' 9.''' Die Psalmen sind der Teil der Bibel, in dem vielfach von Gott als dem Schöpfer gesprochen wird (z. B. 8; 19; 139; 145; 148). Sie zeigen ein soteriologisches Verständnis der Schöpfung, da sie eine Verbindung zwischen dem Handeln Gottes in der Schöpfung und seinem Handeln in der Heilsgeschichte sehen. Sie beschreiben die Schöpfung nicht in einer wissenschaftlichen, sondern in einer symbolischen Sprache; sie enthalten nicht einmal vorwissenschaftliche Überlegungen zur Welt, sondern sie drücken das Lob des Schöpfers durch Israel aus. <br />
<br />
Es wird die Transzendenz und Präexistenz des Schöpfers behauptet, der vor allem Geschaffenen existiert: „Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Ps 90,2). Auf der anderen Seite ist die Welt gekennzeichnet durch Zeit und Geschichte, durch Entstehen und Vergehen. Gott gehört nicht zur Welt und ist kein Teil von ihr. Dagegen existiert die Welt nur deswegen, weil Gott sie geschaffen hat, und sie fährt nur deswegen fort zu existieren, weil Gott sie in jedem Augenblick in der Existenz bewahrt. Der Schöpfer sorgt dafür, dass jede Kreatur das für sie Notwendige hat: „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit. Du öffnest deine Hand und sättigst alles, was lebt, nach deinem Gefallen“ (Ps 145,15–16). <br />
<br />
Das Universum ist kein in sich geschlossenes Ganzes, das sich selbst trägt. Im Gegenteil, die Menschen zusammen mit allen anderen Geschöpfen hängen ständig und radikal von ihrem Schöpfer ab. Es ist Gott, der ihnen durch die Welterhaltung (creatio continua) Lebenskraft gibt und sie im Dasein erhält. Während Gen 1 von Gott und dem Werk der Schöpfung spricht, wendet sich im Ps 104 einer, der die wunderbare Güte der Schöpfung erfahren hat, im Gebet an Gott, den Schöpfer, und stellt deren ständige Abhängigkeit von Gott fest: „Verbirgst du dein Gesicht, sind sie verstört; nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren zurück zum Staub der Erde. Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen, und du erneuerst das Antlitz der Erde“ (104,29–30). <br />
<br />
Vom demselben Gott, der alles erschaffen hat und erhält, erwartet Israel Hilfe: „Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat“ (Ps 124,8; vgl. 121,2). Die Macht dieses Gottes ist aber nicht auf Israel beschränkt, sondern umfasst die ganze Welt und alle Völker: „Alle Welt fürchte den HERRN; vor ihm sollen alle beben, die den Erdkreis bewohnen“ (Ps 33,8). Die Einladung, den Schöpfer zu loben, richtet sich an alles Geschaffene: Himmel und Erde, Sonne und Mond, Ungeheuer der Meere und wilde Tiere, Könige und Völker, Junge und Alte (Ps 148). Die Herrschaft Gottes umfasst alles. <br />
<br />
Der Schöpfer hat dem Menschen eine besondere Stellung zugewiesen. Trotz der menschlichen Schwäche und Vergänglichkeit sagt der Psalmist voll Staunen: „Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt“ (Ps 8,6–7). „Herrlichkeit“ und „Ehre“ sind königliche Attribute; durch sie wird dem Menschen in der Schöpfung Gottes eine königliche Stellung zugewiesen. Dieser Status rückt den Menschen in die Nähe Gottes, der seinerseits durch „Herrlichkeit“ und „Ehre“ gekennzeichnet ist (vgl. Ps 29,1; 104,1), und stellt ihn über den Rest des Geschaffenen. Er beruft ihn dazu, in der geschaffenen Welt zu regieren, aber mit Verantwortlichkeit und in der weisen und wohlwollenden Art, die die königliche Herrschaft des Schöpfers selbst kennzeichnet. <br />
<br />
=====1.1.3. Grundlegende Daten der menschlichen Existenz =====<br />
'''10.''' Geschöpf Gottes sein, alles von Gott erhalten haben, wesentlich und zuinnerst ein Geschenk Gottes sein – das ist das grundlegende Datum der menschlichen Existenz und daher auch des menschlichen Handelns. Diese Beziehung zu Gott ist der menschlichen Existenz nicht hinzugefügt als ein sekundäres und vorläufiges Element, sondern macht deren ständiges und unersetzliches Fundament aus. Nach dieser biblischen Auffassung kommt nichts von sich selber her, in einer Art von Schöpfung seiner selbst, auch ist nichts vom Zufall verursacht, sondern ist fundamental vom Willen und von der Schöpfermacht Gottes bestimmt. Dieser Gott ist transzendent und kein Teil der Welt. Aber die Welt und der Mensch in der Welt sind nicht ohne Gott, hängen radikal von Gott ab. Der Mensch kann die Welt und sich selbst nicht wirklich verstehen ohne Gott, ohne seine totale Abhängigkeit von Gott anzuerkennen. Das Geschenk des Anfangs ist fundamental; es bleibt und wird durch die folgenden Handlungen und Geschenke Gottes nicht aufgehoben, sondern vervollkommnet. <br />
<br />
Dieses Geschenk ist bestimmt durch den Schöpferwillen Gottes; daher kann es der Mensch nicht in willkürlicher Weise behandeln oder benützen, sondern muss die charakteristischen Eigenschaften und Strukturen entdecken und achten, die der Schöpfer seinem Geschöpf gegeben hat. <br />
<br />
====1.2. Der Mensch, als Bild Gottes geschaffen, und seine moralische Verantwortung ====<br />
'''11.''' Wenn wir begriffen haben, dass die ganze Welt von Gott geschaffen ist und ein Geschenk ist, das ständig und zuinnerst von Gott abhängt, müssen wir uns ernstlich bemühen, die Weisen des Handelns zu entdecken, die Gott dem Menschen und seiner ganzen Schöpfung eingeschrieben hat. <br />
<br />
=====1.2.1. In den Schöpfungserzählungen =====<br />
Jede der Eigenschaften, die zum Menschen als „Bild“ Gottes gehören, schließt wichtige Konsequenzen für die Moral ein: <br />
<br />
1. Das Erkennen und Unterscheiden gehören zum Geschenk Gottes. Der Mensch ist fähig und als Geschöpf verpflichtet, die bsicht Gottes zu erforschen, er soll den Willen Gottes zu erfassen suchen, um in rechter Weise handeln zu können. <br />
<br />
2. Wegen der Freiheit, die ihm gegeben ist, ist der Mensch zur moralischen Unterscheidung, Wahl und Entscheidung gerufen. In Gen 3,22 sagt Gott nach der Sünde der Menschen und ihrer Bestrafung: „Seht, der Mensch ist geworden wie wir; er erkennt Gut und Böse.“ Der Text ist nicht leicht zu erklären. Es gibt Anzeichen, dass die Behauptung auch einen ironischen Unterton hat, da der Mensch, trotz des göttlichen Verbotes, mit eigenen Kräften die Hand an die Frucht gelegt und nicht gewartet hat, bis Gott sie ihm zur rechten Zeit gäbe. Andererseits ist die Bedeutung des Baumes der totalen Erkenntnis – so ist der biblische Ausdruck ‚Gut und Böse‘ zu verstehen – nicht auf den moralischen Aspekt beschränkt, sondern meint auch die Erkenntnis der guten und schlechten Geschicke, d. h. der Zukunft und des Schicksals, umfasst also die Herrschaft über die Zeit, die in der ausschließlichen Zuständigkeit Gottes liegt. Was die moralische Freiheit des Menschen angeht, meint sie nicht eine einfache Selbstregulierung und Selbstbestimmung, da ihr Bezugspunkt weder das Ich noch das Du, sondern Gott selbst ist. <br />
<br />
3. Der Herrschaftsauftrag, der dem Menschen anvertraut ist, verlangt ein verantwortliches und einsatzbereites Handeln und Verwalten. Auch dem Menschen kommt es zu, in „kreativer“ Weise die Welt zu gestalten, die Gott geschaffen hat. Er soll diese Verantwortung annehmen, auch weil die Schöpfung nicht in einem bestimmten Zustand zu bewahren ist, sondern in Entwicklung begriffen ist und der Mensch, als Wesen, in dem Natur und Kultur verbunden sind, zur Schöpfung gehört. <br />
<br />
4. Diese Verantwortung soll in weiser und wohlwollender Art ausgeübt werden, nach dem Vorbild der Herrschaft Gottes über seine Schöpfung. Die Menschen können die Natur erobern und die Weiten des Raumes erforschen. Die außerordentlichen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte unserer Zeit können als Verwirklichung der Aufgabe angesehen werden, die der Schöpfer den Menschen gegeben hat; der Mensch muss aber auch die Grenzen achten, die der Schöpfer festgesetzt hat. Sonst wird die Erde zu einem Ort des Missbrauchs, der das feine Gleichgewicht und die Harmonie der Natur zerstört. Es wäre sicher ein naives Denken, wenn wir im Ps 8 eine Lösung der heutigen ökologischen Krise finden wollten. Er stellt aber, im Kontext der ganzen Schöpfungstheologie Israels heutige Handlungsweisen in Frage und verlangt einen neuen Sinn der Verantwortung für die Erde. Gott, die Menschheit und die Welt sind miteinander verbunden und daher auch Theologie, Anthropologie und Ökologie. Wenn der Anspruch Gottes auf uns Menschen und auf die Welt nicht anerkannt wird, entartet schnell die menschliche Herrschaft, wird zu schrankenloser Gewalt und Missbrauch und führt zur ökologischen Katastrophe. <br />
<br />
5. Die Würde, die die Menschen als ‚relationale‘ Wesen besitzen, lädt sie dazu ein und verpflichtet sie, die rechte Beziehung zu Gott zu suchen und zu leben – zu ihm, dem sie alles verdanken. Fundamental für die Beziehung zu Gott ist die Dankbarkeit (vgl. die folgende Nr. 12). Diese Würde bringt mit sich eine Dynamik der gemeinsamen Verantwortung, der Achtung des anderen und der ständigen Suche nach einem Gleichgewicht nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft (zwischen individuellen und sozialen Werten). <br />
<br />
6. Die Heiligkeit des menschlichen Lebens verlangt, dass dieses in allumfassender Weise respektiert und geschützt wird, und verbietet, menschliches Blut zu vergießen, „denn als Bild Gottes hat er den Menschen gemacht“ (Gen 9,6). <br />
<br />
====1.2.2. In den Psalmen ====<br />
'''12.''' Die Anerkennung Gottes als des Schöpfers führt zum Lob und zur Anbetung Gottes, da die Schöpfung seine Weisheit, Macht und Treue bezeugt. Wenn wir zusammen mit dem Psalmisten Gott für den Glanz, die Ordnung und die Schönheit der Schöpfung loben, sind wir zu einem tiefen Respekt vor der Welt, zu der wir Menschen gehören, aufgefordert. Der Mensch ist der Gipfel der Schöpfung, weil nur er fähig ist, eine personale Beziehung zu Gott zu haben und das Lob Gottes, auch als Stellvertreter der anderen Geschöpfe, auszusprechen. Durch die Menschen und durch ihren gemeinschaftlichen Gottesdienst loben alle Geschöpfe ihren Schöpfer (vgl. Ps 148). Die Schöpfungspsalmen führen auch zu einer angemessenen und positiven Wertung der gegenwärtigen Welt, da das Leben in dieser Welt grundsätzlich gut ist. In der Vergangenheit konnte es geschehen, dass die christliche Tradition so sehr mit dem ewigen Heil der Menschen beschäftigt war, dass sie es versäumte, die natürliche Welt in gebührender Weise zu beachten. Die kosmische Dimension des Schöpfungsglaubens, die in den Psalmen ausgedrückt ist, verlangt Aufmerksamkeit für die Natur und die Geschichte, für die menschliche und die außermenschliche Welt und verbindet zugleich Kosmologie, Anthropologie und Theologie. <br />
<br />
Die Psalmen befassen sich mit den unvermeidlichen Themen der menschlichen Existenz in einer geheimnisvollen, unsicheren und bedrohlichen Welt (vgl. die Klagepsalmen). Sie halten jedoch das Vertrauen zu dem wohlwollenden Schöpfer hoch, der sich unablässig um seine Geschöpfe kümmert. Das führt zu einem ununterbrochenen Hymnus des Lobes und Dankes: „Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig!“ (Ps 136,1) <br />
<br />
====1.2.3. Abschluss: auf den Spuren Jesu ====<br />
'''13.''' Das Neue Testament übernimmt in vollem Maß die Schöpfungstheologie des Alten Testaments und fügt ihr eine bestimmende christologische Dimension bei (z. B. Joh 1,1–18; Kol 1,15–20). Das hat offensichtlich Konsequenzen für die Moral. Jesus hebt die früheren Vorschriften über Rein und Unrein auf (Mk 7,18–19) und anerkennt, im Einklang mit dem Buch Genesis, dass alle geschaffenen Dinge gut sind. Paulus geht genau in dieselbe Richtung (Röm 14,14; vgl. 1 Tim 4,4–5). Was den Schlüsselbegriff „Bild Gottes“ angeht, so wenden ihn die paulinischen Schriften nicht nur auf Christus, den „Erstgeborenen der ganzen Schöpfung“ an (Kol 1,15), sondern auf jeden Menschen (1 Kor 11,7; Kol 3,10). Es überrascht nicht, dass sich in den Briefen die in diesem Begriff eingeschlossenen Eigenschaften finden, verbunden mit dem moralischen Aspekt: Rationalität („das Gesetz, das ins Herz geschrieben ist“, „das Gesetz der Vernunft“: Röm 2,15; 7,23), Freiheit (1 Kor 3,17; Gal 5,1.13), Heiligkeit (Röm 6,22; Eph 4,24), usw. Wir haben später Gelegenheit, die Dimension der Beziehung zu besprechen, besonders was die Einrichtung der Ehe angeht (vgl. Gen 1,27 „als Mann und Frau schuf er sie“). <br />
<br />
===2. DAS GESCHENK DES BUNDES IM ALTEN TESTAMENT UND DIE NORMEN FÜR DAS MENSCHLICHE HANDELN ===<br />
'''14.''' Die Schöpfung und ihre Konsequenzen für die Moral sind das Anfangsgeschenk und bleiben das grundlegende Geschenk Gottes, sie sind aber nicht seine einzige und letzte Gabe. Über die Schöpfung hinaus hat Gott seine unendliche Güte gezeigt und hat sich seinem Geschöpf, dem Menschen, zugewendet besonders in der Erwählung des Volkes Israel und in dem Bund, den er mit diesem Volk geschlossen hat und durch den er zugleich den rechten Weg für das menschliche Handeln gezeigt hat. <br />
<br />
Um den ganzen Reichtum des biblischen Thema des Bundes zu zeigen, ist es angebracht, dieses von zwei Gesichtspunkten her zu betrachten: die fortschreitende Wahrnehmung dieser Wirklichkeit in der Geschichte Israels und ihre erzählerische Darstellung, die sich in der Schlussredaktion der Bibel findet. <br />
<br />
====2.1. Die fortschreitende Wahrnehmung des Bundes (historischer Zugang) ====<br />
=====2.1.1. Eine erste und grundlegende Erfahrung: ein gemeinsamer Weg in die Freiheit =====<br />
'''15.''' Die Entstehung Israels als Volk wird übereinstimmend der Zeit des Mose zugeschrieben. Genauerhin wird, in einer bibeltheologischen Perspektive, das entscheidende und grundlegende historische Ereignis im Auszug aus Ägypten gesehen. <br />
<br />
Erst später und auf der Basis dieses grundlegenden Geschehens wurden die mündlichen Überlieferungen über die Vorfahren der Patriarchenzeit aufgenommen und neu interpretiert und wurden die Ursprünge der Menschheit in vorwiegend theologischen und symbolischen Erzählungen dargestellt. Im Wesentlichen können wir also die Geschehnisse, die im Buch Genesis erzählt werden, zur Vorgeschichte des Volkes Israel rechnen. <br />
<br />
=====2.1.2. Eine erste Intuition und theologische Interpretation =====<br />
'''16.''' Nach einer theologischen Interpretation des Auszugs aus Ägypten, ist Israel durch dieses Geschehen als ein eigenständiges Volk begründet worden; im Keime war diese Interpretation schon von Anfang an vorhanden. Sie lässt sich als das Bewusstsein von der Gegenwart und dem Wirken eines Gottes zusammenfassen, der die Gruppe beschützt, die unter der Führung des Mose auszieht. Diese Gegenwart und dieses Wirken sind auf eindrucksvolle Weise wahrzunehmen in dem grundlegenden Ereignis des Durchzugs durch das Meer, das als Wunder erfahren wurde. <br />
<br />
Dieses wird bezeugt in dem symbolischen Namen, den dieser Schutzgott sich gibt und in dem er sich offenbart (Ex 3,14). Die hebräische Bibel wird diesen Namen viele Male in der Form YHWH oder in der abgekürzten Form YH benützen. Beide können nur schwer übersetzt werden, schließen aber philologisch eine dynamische und wirksame Gegenwart Gottes inmitten seines Volkes ein. Die Juden sprechen diesen Namen nicht aus und die griechischen Übersetzer des hebräischen Textes haben ihn mit dem Wort ‚Kyrios‘, der Herr, wiedergegeben. Mit der christlichen Tradition folgen wir diesem Brauch und, um an die Gegenwart von YHWH im hebräischen Text zu erinnern, werden wir der HERR schreiben. <br />
<br />
Die anfängliche theologische Intuition konkretisiert sich in vier Hauptzügen: der Gott Israels begleitet, befreit, schenkt und sammelt. <br />
<br />
1. Er begleitet: Er zeigt den Weg in der Wüste kraft seiner Gegenwart, die symbolisiert wird, je nach den Überlieferungen, durch den Engel, der führt, oder durch die Wolke, die an das undurchdringliche Geheimnis erinnert (Ex 14,19–20 usw.). <br />
<br />
2. Er befreit vom Joch der Unterdrückung und des Todes. <br />
<br />
3. Er schenkt doppelt: Einerseits gibt er sich selber als Gott des werdenden Volkes; andererseits gibt er diesem Volk den „Weg“ (hebräisch derek), d. h. das Mittel, um in die Beziehung mit Gott einzutreten und in ihr zu bleiben, d. h. um sich selbst als Gegengabe Gott zu schenken. <br />
<br />
4. Er sammelt das werdende Volk um ein gemeinsames Vorhaben, nämlich‚ ‚zusammen zu leben‘ (einen qahal zu bilden, griechisch ekklesia). <br />
<br />
=====2.1.3. Ein theologischer Urbegriff, der die Intuition ausdrückt: der Bund =====<br />
'''17.''' Wie hat Israel in seinen Heiligen Schriften diese Beziehung ausgedrückt, die zwischen ihm selbst und dem Gott besteht, der es von Anfang an begleitet, befreit, sich ihm gibt und es sammelt? <br />
<br />
<br />
'''a. Von den menschlichen Allianzen zum theologischen Bund '''<br />
<br />
In einem Moment, der schwer genau zu bestimmen ist, hat sich den Theologen Israels ein umfassender Hauptbegriff der Interpretation angeboten: der Begriff des Bundes. <br />
<br />
Das Thema ist so wichtig geworden, dass es von Anfang an, wenigstens in der Rückschau, die Auffassung von den Beziehungen zwischen Gott und seinem erwählten Volk bestimmt hat. In der biblischen Erzählung folgt unmittelbar auf das historische Grundgeschehen ein Bundesschluss: „im dritten Monat nach dem Auszug aus Ägypten“ (Ex 19,1) – Symbol für eine göttliche Zeit und für einen Anfang. Das heißt: das Grundgeschehen schließt in seiner metahistorischen Bedeutung so sehr den Bundesschluss am Sinai ein, dass das Anfangsereignis vom Standpunkt einer diachronischen Bibeltheologie aus in den Be-griffen von Auszug und Bund zu beschreiben ist. <br />
<br />
Darüber hinaus wird dieser interpretierende Begriff, der auf die Geschehnisse beim Auszug aus Ägypten angewendet wird, rückschauend auf die Vergangenheit ätiologisch ausgedehnt. Er findet sich schon im Buch Genesis. Die Idee des Bundes wird verwendet, um das Verhältnis zwischen dem HERRN, Gott, und Abraham, dem Stammvater (Gen 15; 17) zu beschreiben, ja sogar, in einer noch ferneren und geheimnisvolleren Vergangenheit für das Verhältnis zwischen dem HERRN, Gott, und allen lebenden Wesen, die die Sintflut überlebt haben zur „Zeit“ Noachs, des Patriarchen (Gen 9,8–17). <br />
<br />
Im Alten Nahen und Mittleren Orient gab es Allianzen zwischen menschlichen Partnern in Form von Bünden, Verträgen, Konventionen, Ehen und Freundschaftsbünden. Und Schutzgötter hatten die Aufgabe von Zeugen und Garanten beim Abschluss dieser menschlichen Verbindungen. Auch die Bibel kennt Allianzen dieser Art. <br />
<br />
Aber, bis zum Beweis des Gegenteils – und bisher wurde kein archäologisches Dokument gefunden, das diese Behauptung widerlegt – gilt, dass die theologische Übertragung der Idee des Bundes sich einzig und allein in der Bibel findet. Nur in ihr gibt es den Begriff eines eigentlichen Bundes zwischen einem göttlichen Partner und einem oder mehreren menschlichen Partnern. <br />
<br />
<br />
'''b. Der Bund zwischen ungleichen Partnern '''<br />
<br />
'''18.''' Es ist sicher, dass Israel an seinen Anfängen nicht einmal davon träumen konnte, seine bevorzugte Beziehung mit Gott, dem ganz Anderen, dem Transzendenten, dem Allmächtigen, nach dem Schema einer horizontalen Gleichheit auszudrücken <br />
<br />
<center>Gott ↔ Israel </center><br />
<br />
In dem Augenblick, in dem die theologische Idee des Bundes eingeführt wurde, kann spontan nur an Verträge zwischen ungleichen Partnern gedacht werden, die, außerbiblisch, in der diplomatischen und juristischen Praxis des Alten Orients wohl bekannt waren: die berühmten Vasallenverträge. <br />
<br />
Man kann es kaum vollständig ausschließen, dass die politische Figur des Vasallentums die theologische Konzeption des Bundes beeinflusst hat. Die Intuition von einem göttlichen Partner, der für das ganze Bundesgeschehen die Initiative ergreift und behält, ist der Hintergrund für fast alle größeren Bundestexte im Alten Testament <br />
<br />
<center>Gott </center><br />
<center>↕ </center><br />
<center>Israel </center><br />
<br />
Bei dieser Art von Beziehung zwischen den Partnern verpflichtet sich der Souverän gegenüber dem Vasallen und verpflichtet er diesen gegenüber sich selbst. Mit anderen Worten, er verpflichtet sich in gleicher Weise gegenüber dem Vasallen, wie er diesen sich selbst gegenüber verpflichtet. Im Prozess der Bundesabschlüsse kommt allein der Souverän zu Wort; der Vasall bleibt in diesem Stadium stumm. <br />
<br />
Diese doppelte Bewegung drückt sich im theologischen Bereich in zwei Hauptthemen aus: die Gnade (der HERR verpflichtet sich selbst) und das Gesetz (der HERR verpflichtet das Volk, das sein „Eigentum“ wird: Ex 19,5–6). In diesem theologischen Rahmen kann die Gnade als das Geschenk verstanden werden, in dem Gott sich selber gibt. Und das Gesetz ist das Geschenk Gottes an die Menschen, durch das er ihnen ein Mittel, ein Instrument, einen ethisch-kultischen „Weg“ (derek) gibt, der es ihnen erlaubt, in die „Situation des Bundes“ einzutreten und in ihr zu bleiben. <br />
<br />
In einem späteren Stadium wurde die Dynamik des Bundes in einem festen Ausdruck gefasst, der gewöhnlich als „Bundesformel“ bezeichnet wird: „Ich werde dein Gott sein und du wirst mein Volk sein“ oder ähnlich. Sie findet sich fast überall in den beiden Testamenten, besonders im Kontext des „neuen Bundes“, der von Jeremia angekündigt wird (31,31–34) – ein klares Zeichen dafür, dass es sich um ein Hauptthema, um eine Konstante handelt. <br />
<br />
Ein ähnliches Schema wird auf David und seine Nachkommenschaft angewendet: „Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein“ (2 Sam 7,14). <br />
<br />
<br />
'''c. Der Ort der menschlichen Freiheit ''''<br />
<br />
'''19.''' In diesem theologischen Rahmen tritt die moralische Freiheit des Menschen nicht als Ja auf, das für den Bund notwendig und wesentlich ist – es würde sich dann um einen Bund zwischen gleichgestellten Partner handeln. Die Freiheit kommt später zur Geltung, als eine Konsequenz, wenn der ganze Prozess des Bundes abgeschlossen ist. Alle einschlägigen biblischen Texte unterscheiden einerseits den Inhalt des Bundes und andererseits den Ritus und die Zeremonie, die dem Geschenk des Bundes folgt. Die Verpflichtung des Volkes, in Form eines Eides, gehört nicht zu den Bedingungen oder Klauseln des Bundes, sondern nur zu den Elementen einer juristischen Garantie im Rahmen einer kultischen Feier. <br />
<br />
Auf diese Weise kommt die geoffenbarte Moral zustande, die „Moral in der Bundessituation“: ein Geschenk Gottes, ganz unverdient, das, wenn es einmal angeboten ist, die menschliche Freiheit zu einem vollen Ja, zu einer umfassenden Annahme aufruft; jeder Aufschub des Ja käme einer Ablehnung gleich. Diese geoffenbarte Moral, ausgedrückt im theologischen Rahmen des Bundes, stellt eine absolute Neuheit dar im Vergleich mit den ethischen und kultischen Kodizes, die das Leben der Nachbarvölker Israels regelten. Ihrem Wesen nach ist sie Antwort, sie folgt auf die Gnade, auf die Selbstverpflichtung Gottes. <br />
<br />
<br />
'''d. Konsequenzen für die Moral '''<br />
<br />
'''20.''' Es ist also klar, dass die Moral viel mehr ist als ein Codex von Haltungen und Verhaltensweisen. Sie erscheint als ein geoffenbarter und geschenkter „Weg“ (derek): ein Leitmotiv, das im Deuteronomium, bei den Propheten, in der Weisheitsliteratur und in den Lehrpsalmen weiter entwickelt wird. Zwei Elemente einer Synthese sind vor allem in den Blick zu <br />
nehmen: <br />
<br />
1. Nach biblischer Auffassung ist dieser „Weg“ von Anfang an und vor allem in einem globalen Sinn nach seiner tiefen theologischen Bedeutung zu verstehen. Er bezeichnet das Gesetz als Geschenk Gottes, als eine Frucht der exklusiven Initiative eines souveränen Gottes, der in einem Bund sich selbst verpflichtet und seinen menschlichen Partner verpflichtet. Dieses Gesetz unterscheidet sich von den vielen Gesetzen, in denen es sich ausdrückt und die auf Stein, Pergament, Papyrus oder auf andere Weise geschrieben werden. <br />
<br />
2. Dieser moralische „Weg“ kommt nicht unvermittelt. In der Bibel gehört er zu einem geschichtlichen Weg des Heiles, der Befreiung, dem ein originärer und grundlegender Charakter zukommt. Aus dieser Feststellung müssen wir eine außerordentlich wichtige Konsequenz ziehen: die geoffenbarte Moral nimmt nicht den ersten Platz ein, sie leitet sich vielmehr von einer Erfahrung Gottes her, von einem „Erkennen“ im biblischen Sinn, das im Anfangsgeschehen wurzelt. Die geoffenbarte Moral setzt sozusagen den Prozess der Befreiung fort, der mit dem Exodus als Urbild begonnen hat: sie sichert und garantiert seine Beständigkeit. Kurz: entstanden aus der Erfahrung der geschenkten Freiheit sucht die „Moral in der Bundessituation“ diese Freiheit innerlich und äußerlich im Alltag zu bewahren und zu entfalten. Die Moral des Glaubenden setzt eine persönliche Erfahrung Gottes voraus, auch wenn diese ohne Namen und mehr oder weniger unbewusst ist. <br />
<br />
====2.2. Die verschiedenen Ausdrucksformen des Bundes (kanonischer Zugang) ====<br />
<br />
'''21.''' Wir wollen das Thema des Bundes in den Blick nehmen, <br />
wie es sich in der kanonischen Ordnung der Bibel zeigt. <br />
<br />
=====2.2.1. Der Bund mit Noach und mit „allem Fleisch“ =====<br />
<br />
'''a. Strafe und Bund '''<br />
<br />
Das Wort „Bund“ kommt im Alten Testament zum ersten Mal in der Sintfluterzählung (Gen 6,18; 9,8–17) vor. In dieser theologischen Überlieferung wird sehr stark der unverdiente und bedingungslose Charakter der göttlichen Initiative unterstrichen. <br />
<br />
Die Strafe, die kosmische Ausmaße hat, entspricht dem ebenso umfassenden Zustand der Dinge: „Die Erde war in Gottes Augen verdorben, sie war voller Gewalttat. Gott sah sich die Erde an: Sie war verdorben; denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben. Da sprach Gott zu Noach: Ich sehe, das Ende aller Wesen aus Fleisch ist da“ (Gen 6,11–13). <br />
<br />
Aber sofort erscheint der Plan für den Bund. Was die Partner angeht, ist der Bund in konzentrischen Kreisen angelegt, d. h. zugleich mit Noach selbst (6,18), mit seiner Familie und seiner künftigen Nachkommenschaft (9,9), mit „allem Fleisch“, d. h. mit allem, was „Lebensatem“ hat (9,10–17) und sogar mit „der Erde“ (9,13). Man kann also von einem Bund mit kosmischen Ausmaßen sprechen, der dem Ausmaß der Verdorbenheit und der Strafe entspricht. <br />
<br />
Für diesen Bund gibt Gott ein „Zeichen“, offensichtlich ein kosmisches Zeichen: „Meinen Bogen setze ich in die Wolken ...“ (9,13–16). Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, dass sich der Ausdruck einfach auf den Regenbogen bezieht, der als Wetterphänomen auftritt. Aber, mit großer Wahrscheinlichkeit, ist die militärische Bedeutung nicht auszuschließen, da Gott sagt „mein Bogen“ und da „Bogen“ (von Ez 1,28 abgesehen) immer die Kriegswaffe und nicht den Regenbogen bezeichnet. Unter symbolischer Rücksicht lohnt es sich hier auf zwei Einzelheiten zu achten. Zuerst legt die Form selbst, die der Bogen hat – er ist nicht mehr zur Erde, sondern zum Himmel gekehrt –, die Idee des Friedens nahe. Das ist die Frucht der ausschließlichen und unverdienten Initiative Gottes; aus dieser Position kann kein Pfeil mehr auf die Erde gerichtet werden. Des Weiteren symbolisiert der Bogen, der den Himmel berührt, auf der Erde aufruht und die Form einer Brücke hat, die erneute Verbindung zwischen Gott und der „wieder-geborenen“, geretteten Menschheit. <br />
<br />
<br />
'''b. Konsequenzen für die Moral '''<br />
<br />
'''22.''' Dem heutigen Leser zeigen sich vor allem drei Aspekte: <br />
<br />
1. Von der Ökologie her: Die Verdorbenheit und die Gewalttat der Menschen haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt (6,13). Sie bringen die Gefahr mit sich, das Schöpfungswerk Gottes wieder zum Chaos zu machen. <br />
<br />
2. Von der Anthropologie her: Auch in einer verdorbenen Welt bewahrt der Mensch seine Würde als „Bild Gottes“ (9,6; vgl. 1,26–27). Es muss ein Damm gegen das Böse aufgerichtet werden, damit der Mensch, der das Heil Gottes erfährt, seine Sendung zur Fruchtbarkeit ausführt (9,1.7). <br />
<br />
3. Von der Verwaltung der Güter her: Dem Menschen wird eine gewisse Macht über das Leben der Tiere zugewiesen (vgl. 9,3 und 1,29). Trotzdem muss er jedes Leben als etwas Geheimnisvolles achten (9,4). Die Ausdehnung des Bundes auf alle Lebewesen und auf die ganze Erde hebt die Stellung des Menschen als Gefährte aller Geschöpfe hervor. Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang, wie die Ermahnung an Noach, den neuen Adam, geändert ist. Es heißt nicht mehr: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht ...“ (1,28), sondern nur noch: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde und vermehrt euch auf ihr!“ (9,7). Doch die Tiere sind dem Menschen „in die Hände gegeben“, damit er sich ihrer für seine Nahrung bediene (9,3). Die konkrete Erfahrung des Bösen, der „Gewalttat“ scheint einen Schatten auf die ideale Sendung des Menschen geworfen zu haben, die ihm im anfänglichen Schöpfungsakt anvertraut wurde: die Rolle der Verwaltung und Leitung im Hinblick auf seine Umwelt scheint etwas relativiert zu sein. Aber der ausdrückliche Verweis von Gen 9,1–2 auf Gen 1,26–27 zeigt, dass der moralische Horizont von Gen 1 nicht aufgehoben ist. Er bleibt der Hauptbezugspunkt für die Leser des Buches Genesis. <br />
<br />
=====2.2.2. Der Bund mit Abraham =====<br />
<br />
'''a. Die Erzählungen über Abraham-Isaak und über Jakob '''<br />
<br />
'''23.''' Der „Abraham-Isaak-Zyklus“ (Gen 12,1 – 25,18; 26,1–33) ist von literarischen Gesichtspunkten her eng mit dem „Jakob-zyklus“ (Gen 25,19–34; 26,34 – 37,1) verbunden. Die Erzählungen über Abraham-Isaak und diejenigen über Jakob ähneln sich bis in Einzelheiten hinein. Abraham und Jakob legen die gleichen Wege zurück, durchqueren das Land von Norden nach Süden und folgen demselben Gebirgskamm. Diese topographischen Angaben stecken den Rahmen ab für den literarischen Block von Gen 12–36 (vgl. Gen 12,6–9 und Gen 33,18 – 35,27). Die literarischen Daten laden dazu ein, die Erzählungen über Abraham in dem weiteren Kontext, der Abraham-Isaak und Jakob betrifft, zu lesen. <br />
<br />
<br />
'''b. Bund, Segen und Gesetz '''<br />
<br />
Der Bund, den der HERR schenkt, hat drei Aspekte: Verheißung, Verantwortung, Gesetz: <br />
<br />
1. Die Verheißung betrifft das Land (Gen 15,18; 17,8; 28,15) und die Nachkommenschaft und sie ist an Abraham, dann an Isaak und schließlich an Jakob gerichtet (vgl. Gen 17,15–19; 26,24; 28,14). Das Thema wird später spiritualisiert (vgl. Päpstliche Bibelkommission, Das jüdische Volk und seine heiligen Schriften in der christlichen Bibel, Nr. 56–57). <br />
<br />
2. Die Verantwortung, die Abraham anvertraut wird, betrifft nicht nur seinen eigenen Clan, sondern alle Völker. Die Bibel drückt diese Verantwortung mit dem Wort vom „Segen“ aus. Abraham soll ein großes und mächtiges Volk werden und alle Völker der Erde werden in ihm gesegnet (hebräisch barak) werden (Gen 18,18). Sein Eintreten für Sodom, das in der Erzählung unmittelbar folgt, zeigt die Aufgabe Abrahams als Mittler. So führt der Bund nicht nur dazu, das Geschenk Gottes (Nachkommenschaft und Land) zu erben, sondern erteilt gleichzeitig einen Auftrag. <br />
<br />
3. Der Einsatz Abrahams im Bund zeigt sich durch den Gehorsam gegen das Gesetz: „Denn ich habe ihn dazu auserwählt, dass er seinen Söhnen und seinem Haus nach ihm aufträgt, den Weg des HERRN einzuhalten und zu tun, was gut und recht ist“ (Gen 18,19). <br />
<br />
<br />
'''c. Konsequenzen für die Moral '''<br />
<br />
1. Die theologische Verbindung, die im Abrahamszyklus zwischen Bund und universaler Verantwortung gegeben ist, erlaubt es, die besondere Berufung des Volkes Gottes genauer zu bestimmen: auserwählt durch einen besonderen Bund erbt es deswegen eine einzigartige Verantwortung gegenüber den Völkern, für die es zum Mittler des Segens Gottes wird. Diese theologische Spur scheint viel versprechend, wenn es darum geht, die besondere Dimension und die universale Geltung der biblischen Moral zu beschreiben. <br />
<br />
2. Die Zyklen von Abraham und von Jakob unterstreichen die geschichtliche Dimension des moralischen Lebens. Beide, Abraham und Jakob, folgen einem Weg der Bekehrung, den die Erzählung genau zu beschreiben sucht. Der Bund, den Gott anbietet, trifft auf den Widerstand der Menschen. Die biblische Erzählung trägt hier der Zeit, der Verzögerung und dem Wachstum Rechnung, was die Treue zum Bund und den Gehorsam gegenüber Gott angeht. <br />
<br />
=====2.2.3. Der Bund mit Mose und dem Volk Israel =====<br />
<br />
'''24.''' Als wir die Entwicklung des Bundesgeschehens darlegten, haben wir einige wesentliche Züge hervorgehoben. Die grundlegende Erfahrung mit dem Bund geschieht am Sinai. <br />
<br />
Er wird in einem geschichtlichen Gründungsvorgang dargestellt. Er ist voll und ganz Gabe Gottes, die Frucht seiner totalen Initiative, und er verpflichtet sowohl Gott (Gnade) wie auch die Menschen (Gesetz). Er gibt dem neugeborenen Israel den Status eines Volkes mit allen Rechten. Einmal geschlossen verlangt er vom Menschen die freie Antwort, die in einem ersten Schritt als die Annahme eines „Weges des Lebens“ (das Gesetz im theologischen Sinn) zu verstehen ist und dann erst als die Beobachtung von genauen Bestimmungen (die Gesetze). Wir wollen diese Antwort nicht nach ihrem umfassenden, theologischen und unveränderlichen Aspekt (das Gesetz) darlegen, sondern nach der anderen Seite, bei der es um Vielzahl, Einzelheiten und eventuell auch um Anpassung an die Umstände geht (die Gesetze). <br />
<br />
Eine Reihe von Normen ist mit dem Abschluss des Bundes am Sinai verbunden. Unter ihnen kommt dem Dekalog eine besondere Stellung zu. Wir befassen uns zuerst mit dem Dekalog und wenden uns dann den Gesetzeskodizes und der moralischen Unterweisung der Propheten zu. <br />
<br />
======2.2.3.1. Der Dekalog ======<br />
'''25.''' Jedes neue Volk muss sich vor allem eine Verfassung geben. Diejenige Israels spiegelt das einfache Leben der halbnomadischen Clans wieder, aus denen es am Anfang besteht. Im Großen und Ganzen, wenn man von Bearbeitungen und Ergänzungen absieht, bezeugen „die zehn Worte“ ziemlich gut den wesentlichen Inhalt des Grundgesetzes vom Sinai. Sein redaktioneller Ort (Ex 20,1–17) direkt vor dem Bundesbuch (Ex 20,22 – 23,19) und seine Wiederholung (Dtn 5,6–21), mit Varianten, am Beginn des „deuteronomischen Gesetzes“ (Dtn 4,44 – 26,19) verweist bereits auf seine außerordentliche Wichtigkeit im Gesamt der „Torah“. Im hebräischen bedeutet dieses Wort „Weisung, Belehrung“; es hat also einen viel weiteren und tieferen Sinn als unser Wort „Gesetz“, das von fast allen Übersetzern gebraucht wird. <br />
<br />
Paradoxerweise zeigt der Dekalog in seinem ursprünglichen Wortlaut eine Ethik des Anfangs, die zugleich ein reiches Potential hat. <br />
<br />
<br />
'''a. Eine Ethik des Anfangs '''<br />
<br />
'''26.''' Die Grenzen sind von drei Gesichtspunkten her festzustellen: die moralische Forderung wird für den äußeren Bereich, für die Gemeinschaft und meist negativ formuliert. <br />
<br />
1. Auf der Suche nach dem wörtlichen Sinn unterstreicht die Mehrheit der Exegeten, dass jedes Verbot ursprünglich äußere <br />
Handlungen betraf, die man sehen und feststellen kann – auch das hamad (begehren), mit dem die beiden Schlussgebote nach Ex 20,17 beginnen; dieses drückt nicht einen Gedanken oder eine wirkungslose Absicht aus, die ganz im Inneren bleiben („begehren“), sondern einen konkreten Plan, um die böse Absicht zu verwirklichen („Begehren, das sich in Handlungen ausdrückt“, „darauf ausgehen“, „sich dafür bereit machen“). <br />
<br />
2. Nach dem Auszug aus Ägypten brauchte das befreite Volk dringend genaue Regeln, um das Gemeinschaftsleben in der <br />
Wüste zu ordnen. Der Dekalog entspricht im Wesentlichen diesem Bedürfnis; man kann in ihm ein Grundgesetz, eine primitive nationale Verfassung sehen. <br />
<br />
3. Acht von den zehn Geboten sind negativ formuliert, sind Verbote, haben in etwa die Aufgabe von Brückengeländern. Nur zwei haben eine positive Formulierung, sind Vorschriften, <br />
die zu erfüllen sind. Die Betonung liegt also darauf, dass sozialschädliche Verhaltensweisen vermieden werden. Damit werden natürlich nicht die Aufgaben und Möglichkeiten der Moral erschöpft; sie hat ja grundsätzlich das Ziel, das menschliche Handeln zum Tun des Guten anzuleiten. <br />
<br />
<br />
'''b. Eine potentiell sehr reiche Ethik '''<br />
<br />
'''27.''' Drei andere Eigenschaften machen den Dekalog jedoch zum unersetzlichen Fundament einer anregenden und unser heutiges Empfinden ansprechenden Moral: seine virtuell universale Bedeutung, seine Zugehörigkeit zum theologischen Rahmen des Bundes und seine Verwurzelung im historischen Kontext der Befreiung. <br />
<br />
1. Bei genauer Betrachtung haben alle Gebote eine Bedeutung, die entschieden über die Grenzen eines einzelnen Volkes hinausgeht, auch über die des auserwählten Volkes Gottes. Die <br />
Werte, um die es ihnen geht, können auf die ganze Menschheit aller Zonen und aller Zeiten angewendet werden. Wir werden sehen, dass sogar die beiden ersten Verbote trotz der Besonderheit, dass sie vom „HERRN, dem Gott Israels“ sprechen, einen universalen Wert verdeutlichen. <br />
<br />
2. Durch die Zugehörigkeit des Dekalogs zum theologischen Rahmen des Bundes werden die zehn Worte, wie sie genannt werden, dem Begriff des Gesetzes untergeordnet, das als Ge- <br />
schenk, als unverdiente Gabe Gottes, als „Weg“, als klar gebahnte Straße verstanden wird; dadurch wird es der Menschheit ermöglicht und erleichtert, sich grundsätzlich auf Gott hin zu <br />
orientieren, auf die Vertrautheit und Verbundenheit mit ihm, auf das Glück und nicht auf das Elend, auf das Leben und nicht auf den Tod (vgl. Dtn 30,19 f.). <br />
<br />
3. In der Einleitung zum Dekalog erinnert der HERR im Wesentlichen an seine Befreiungstat: er hat die Seinen aus einem „Haus“ herausgeführt, in dem sie „versklavt“ waren (Ex 20,2). Ein Volk aber, das von einem erstickenden äußeren Joch frei werden will und das dieses Ziel gerade eben erreicht hat, muss darauf achten, dass es ein inneres Joch vermeidet, das genauso <br />
versklavt und den Atem abschnürt. Der Dekalog öffnet breit den Weg zu einer Moral der sozialen Befreiung. Diese Wertschätzung der Freiheit geht in Israel so weit, dass sie sogar das <br />
Land, den Ackerboden erfasst: jedes siebte Jahr (Sabbatjahr) und noch mehr nach neunundvierzig Jahren (Jubeljahr) besteht die Pflicht, das Land in Ruhe zu lassen, frei von aller Gewalt, sicher vor allem Hacken und Pflügen (vgl. Lev 25,1–54). <br />
<br />
<br />
'''c. Konsequenzen für die Moral heute '''<br />
<br />
'''28.''' Kann der Dekalog tatsächlich als Grundlage dienen für eine Moraltheologie und Moralkatechese, die den Bedürfnissen und dem Empfinden der heutigen Menschheit entspricht? <br />
<br />
<br />
'''1) Anscheinende Schwierigkeiten '''<br />
<br />
Die anfängliche Ethik Israels ist auf den äußeren Bereich und auf die Gemeinschaft bezogen und vorwiegend negativ formuliert. Daher ist der Dekalog, wenn er einfach als solcher wieder- <br />
holt wird, weniger geeignet, in angemessener Weise das Ideal des moralischen Lebens auszudrücken, das die Kirche heute vorlegt. <br />
<br />
1. Der heutige Mensch, der von den Ergebnissen der Psychologie geprägt ist, betont sehr den inneren, ja sogar unbewussten Ursprung seiner äußeren Taten, die von Gedanken, Wünschen, <br />
undurchschaubaren Motiven und schwer kontrollierbaren Antrieben herkommen. <br />
<br />
2. Er ist sich der Erfordernisse des Gemeinschaftslebens bewusst, er neigt aber auch dazu, sich gegen die Forderungen der Globalisierung zu stellen, und entdeckt umso mehr die Bedeu- <br />
tung des Individuums, des Ich, der Wünsche nach persönlicher Entfaltung. <br />
<br />
3. In nicht wenigen Gesellschaften entwickelt sich seit einigen Jahrzehnten eine Art von Allergie gegen jede Form von Verbot: alle Verbote werden als Begrenzungen und Fesseln der Freiheit verstanden. <br />
<br />
<br />
'''2) Die tatsächlichen Vorteile '''<br />
<br />
'''29.''' Auf der anderen Seite können die im Grunde universale Bedeutung der biblischen Moral, ihre Zugehörigkeit zum theologischen Rahmen des Bundes und ihre Verwurzelung im histori- <br />
schen Kontext der Befreiung gerade heute anziehend wirken. <br />
<br />
1. Wer wünscht nicht ein System von Werten, das die Grenzen von Nationalitäten und Kulturen übersteigt und sie miteinander verbindet? <br />
<br />
2. Das Betonen einer theologischen Orientierung und nicht so sehr einer großen Menge von verpflichtenden Verhaltensweisen, kann ein größeres Interesse für die Grundlagen der bibli- <br />
schen Moral bei denen wecken, die gegen Gesetze, die die Freiheit zu beschränken scheinen, allergisch sind. <br />
<br />
3. Das Wissen um die historischen Umstände, in denen der Dekalog geformt wurde, kann noch mehr zeigen, wie sehr dieser grundlegende Text nicht beschränken und unterdrücken, son- <br />
dern der menschlichen Freiheit dienen will – sowohl im individuellen als auch im kollektiven Bereich. <br />
<br />
'''3) In den Pflichten die Werte entdecken '''<br />
<br />
'''30.''' Der Dekalog enthält alle Elemente, die notwendig sind, um eine moralische Reflexion zu begründen, die ausgeglichen ist und unserer Zeit entspricht. Es genügt aber nicht, ihn einfach <br />
aus dem Hebräischen in eine moderne Sprache zu übersetzen. In seiner kanonischen Formulierung hat er die Form von apodiktischen Gesetzen und gehört zu einer Moral der Pflichten (Pflichtenlehre). <br />
<br />
Nichts hindert uns, die Grundordnung Israels auf andere Weise, aber nicht weniger getreu, zu übersetzen mit den Begriffen einer Moral der Werte (Wertelehre). Es zeigt sich, dass der Deka- <br />
log durch diese Übersetzung viel klarer und ansprechender für unsere Zeit wird. Tatsächlich wird dabei nichts verloren, aber viel an Tiefe gewonnen. Für sich genommen konzentriert sich <br />
das Verbot auf die Verhaltensweisen, die zu meiden sind, und begünstigt eine Moral, die, im Extremfall, nach der Art einer Notbremse wirkt (z. B. vermeidet man den Ehebruch, wenn <br />
man der Frau des anderen nicht den Hof macht). Das Gebot, seinerseits, kann dazu führen, dass man sich mit einigen Handlungen und Haltungen begnügt, um ein gutes Gewissen zu ha- <br />
ben, und begünstigt, im Extremfall, eine Moral des Minimums (z. B. meint einer den Sabbat zu halten, wenn er pro Woche eine Stunde dem Gottesdienst widmet). Der Einsatz für einen <br />
Wert gleicht dagegen einer Baustelle, die immer offen ist, bei der man nie an ein Ende kommt und immer zu einem Mehr gerufen ist. <br />
<br />
In Werte übersetzt führen die Vorschriften des Dekalogs zu der folgenden Liste: das Absolute, die religiöse Ehrfurcht, die Zeit, die Familie, das Leben, die Beständigkeit der Ehe von Mann <br />
und Frau, die Freiheit (das hebräische Wort ganab bedeutet auch ‚Entführung‘, und nicht nur ‚Diebstahl von materiellen Gegenständen‘), die Ehe, das Haus und die Menschen, die zu <br />
ihm gehören, das Haus und die materiellen Güter. <br />
<br />
Jeder dieser Werte eröffnet ein ‚Programm‘, d. h. eine moralische Aufgabe, die nie vollständig erfüllt ist. Die folgenden Sätze beleuchten die Dynamik, die sich bei dem entwickelt, der <br />
diese Werte zu verwirklichen sucht. <br />
<br />
Drei vertikale Werte (sie betreffen die Beziehung des Menschen mit Gott): <br />
<br />
1. ein einziges Absolutes verehren <br />
<br />
2. die Gegenwart und Sendung Gottes in der Welt achten (das, was der „Name“ symbolisiert) <br />
<br />
3. die heilige Dimension der Zeit wertschätzen Sieben horizontale Werte (sie betreffen die Beziehungen zwischen den Menschen): <br />
<br />
4. die Familie ehren <br />
<br />
5. das Recht auf Leben fördern <br />
<br />
6. die Einheit der Ehegatten aufrechterhalten <br />
<br />
7. für jeden Menschen das Recht verteidigen, dass seine Freiheit und Würde von allen geachtet wird <br />
<br />
8. die Ehre der anderen wahren <br />
<br />
9. die Personen achten (die zu einem Haus, einer Familie, einem Unternehmen gehören) <br />
<br />
10. dem anderen sein materielles Eigentum lassen. <br />
<br />
Wenn man die zehn Werte untersucht, die sich im Dekalog finden, stellt man fest, dass sie einer absteigenden Ordnung folgen (vom ersten zum weniger wichtigen Wert): Gott steht an erster Stelle und die materiellen Dinge an der letzten; innerhalb der menschlichen Beziehungen finden sich am Anfang der Liste: Familie, Leben, stabile Ehe. <br />
<br />
Einer Menschheit, die fast atemlos ihre Autonomie zu steigern sucht, wird so eine moralische Basis angeboten, die sich als fruchtbar und dauerhaft erweisen kann; sie ist allerdings im <br />
heutigen Zusammenhang nicht leicht zu vermitteln, da unsere Welt eine andere und der biblischen entgegengesetzte Wertordnung hat: zuerst der Mensch und dann Gott, ja sogar an oberster Stelle die materiellen Werte, d. h., in einem gewissen Sinn, die Wirtschaft. Wann, mehr oder weniger offen, ein politisches oder soziales System auf falsche oberste Werte gegründet ist (oder auf einen Wettkampf zwischen den obersten Werten), wenn etwa der Austausch von materiellen Gütern und ihr Konsum wichtiger sind als eine gerechte Ordnung zwischen den <br />
Menschen, ist ein solches System von Grund auf korrupt und ist früher oder später dem Ruin verfallen. <br />
<br />
Der Dekalog dagegen öffnet den Weg zu einer befreienden Moral: der Souveränität Gottes über die Welt den ersten Platz lassen (Wert Nr. 1 und 2), jedem die Möglichkeit geben, für Gott <br />
Zeit zu haben und in einer konstruktiven Weise mit seiner Zeit umzugehen (Nr. 3), dem Familienleben besonderen Raum geben (Nr. 4), das Leben, auch das leidende und scheinbar unproduktive, schützen vor allen willkürlichen Entscheidungen des Systems und vor den fein gesponnenen Manipulationen der öffentlichen Meinung (Nr. 5), die Verbundenheit der Ehegatten, die in unserer Zeit besonders zerbrechlich ist, in jeder Weise fördern und vor den Keimen der Spaltung schützen (Nr. 6), alle Formen der Ausbeutung von Leib, Herz, Geist verhindern (Nr. 7), die Person gegen die Angriffe auf ihre Ehre schützen (Nr. 8) und gegen alle Formen des Betrugs, der Ausbeutung, des Missbrauchs und des Zwanges (Nr. 9 und 10). <br />
<br />
<br />
'''4) Eine juristische Konsequenz '''<br />
<br />
'''31.''' Im Hinblick auf ihre Verwirklichung geben diese zehn Werte, die im Dekalog enthalten sind, in klarer Weise die Grundlage für eine Charta der Rechte und Freiheiten, die für die ganze <br />
Menschheit gilt: <br />
<br />
1. Recht auf eine religiöse Beziehung zu Gott <br />
<br />
2. Recht auf die Achtung der religiösen Bekenntnisse und Symbole <br />
<br />
3. Recht auf freie religiöse Praxis und, an zweiter Stelle, auf Erholung, Freizeit, Lebensqualität <br />
<br />
4. Recht der Familien auf gerechte und fördernde politische Maßnahmen, Recht der Kinder auf Unterhalt seitens ihrer Eltern und auf gute Sozialisation, Recht der alten Eltern auf Achtung und Hilfe seitens ihrer Kinder <br />
<br />
5. Recht auf Leben (geboren werden), auf Achtung des Lebens (in natürlicher Weise heranwachsen und sterben), auf Erziehung <br />
<br />
6. Recht der Person auf freie Wahl des Ehepartners, Recht des Ehepaares auf Achtung und Förderung seitens des Staates und der Gesellschaft im allgemeinen, Recht des Kindes auf Stabilität (emotional, affektiv, finanziell) bei den Eltern <br />
<br />
7. Recht auf die Achtung der bürgerlichen Freiheiten (körperliche Unversehrtheit), Wahl des Lebensstandes und der Karriere, Freiheit sich zu bewegen und sich auszudrücken <br />
<br />
8. Recht auf Ehre und, in zweiter Linie, auf die Achtung des privaten Lebens, auf unverfälschte Information <br />
<br />
9. Recht auf Sicherheit und Ruhe im häuslichen und beruflichen Bereich und, an zweiter Stelle, Recht auf freies Handeln <br />
<br />
10. Recht auf Privateigentum (darin einbegriffen der staatliche Schutz der materiellen Güter). <br />
<br />
Von der „geoffenbarten Moral“ her gesehen sind jedoch diese unveräußerlichen menschlichen Rechte in absoluter Weise dem göttlichen Recht untergeordnet, d. h. der universalen Souveränität Gottes. Der Dekalog beginnt: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägypten herausgeführt hat“ (Ex 20,2; Dtn 5,6). Wie es sich bereits im Gründungsgeschehen des Exodus zeigt, übt Gott seine Souveränität nicht auf eine autoritäre und despotische Weise aus, wie es häufig beim menschlichen Umgang mit Rechten und Freiheiten geschieht, sondern zur Befreiung der menschlichen Personen und Gemeinschaften. Die Souveränität Gottes verlangt vom Menschen unter anderem einen exklusiven Kult, Zeit, die dem persönlichen und gemeinsamen Gebet gewidmet ist, die Anerkennung der letzten Macht und Zuständigkeit Gottes, das Leben seiner Geschöpfe zu ordnen, die Personen und die Völker zu regieren und Gericht zu halten. Die biblische Sicht der Souveränität Gottes schließt ein Weltverständnis ein, nach dem nicht nur die Kirche, sondern der Kosmos, die gesamte Umwelt und alle Güter der Erde Eigentum Gottes sind (vgl. Ex 19,5). <br />
<br />
Kurz, wenn sie auf den grundlegenden Werten des Dekalogs aufbaut, kann die Moraltheologie und die von ihr herkommende Katechese ein ausgeglichenes Ideal des menschlichen Handeln <br />
anbieten; dieses bevorzugt nicht die Rechte zu Lasten der Pflichten und auch nicht umgekehrt, und es wird eine rein säkulare Ethik, die von der Beziehung des Menschen zu Gott absieht, vermieden. <br />
<br />
<br />
'''5) Abschluss: auf den Spuren Jesu '''<br />
<br />
'''32.''' Wenn wir den Dekalog als bleibendes Fundament einer universalen Moral vorstellen, können wir drei wichtige Ziele verwirklichen: den Schatz des Wortes Gottes öffnen, seinen Wert zeigen, eine Sprache gebrauchen, die die Menschen von heute erreichen kann. <br />
<br />
Wenn wir das Grundgesetz vom Sinai von den Werten her lesen, die in ihm eingeschlossen sind, tun wir nichts anderes, als dass wir den Spuren Jesu folgen. Dafür einige Beispiele. <br />
<br />
1. In seiner Bergpredigt greift Jesus einige Vorschriften des Dekalogs auf, führt aber zu einem viel genaueren Verständnis ihres Sinnes, und das in dreifacher Weise: als Vertiefung, als Verinnerlichung, als Übertreffen seiner selbst auf eine fast göttliche <br />
Vollkommenheit hin (Mt 5,17–48). <br />
<br />
2. Bei der Diskussion über Rein und Unrein zeigt Jesus, dass der Mensch durch das wirklich unrein wird, was aus dem Inneren, aus seinem Herzen, kommt und was ihn zu Handlungen gegen den Dekalog treibt (Mt 15,19). <br />
<br />
3. Die Begegnung mit dem reichen jungen Mann (Mt 19,16–22) lässt dieses ‚Mehr‘ gut verstehen, das Jesus verlangt. Von einer Moral des Minimums, die im wesentlichen kollektiv und als Verbot formuliert ist (V. 18–19), führt er zu einer personalisierten Moral, die ein Programm hat und die vor allem in der Nachfolge Jesu besteht; diese Moral ist auf Distanz zu den Dingen konzentriert, auf die Solidarität mit den Armen und auf eine Dynamik der Liebe, die ihren Ursprung im Himmel hat (V. 21). <br />
<br />
4. Als er nach dem größten Gebot gefragt wurde, hat Jesus zwei Vorschriften der Schrift hervorgehoben, die auf einen Wert gegründet sind – auf den wichtigsten, auf die Liebe – und die ein Programm für das Handeln einschließen, dem wir nie voll entsprechen werden (Mt 22,34–40 und Parallelen). Jesus greift damit das Beste in den zwei großen Gesetzestraditionen des Alten Testamentes auf (Deuteronomium, Priesterschrift) und fasst auf wunderbare Weise die Vielzahl der Gesetze zusammen, die durch die Zahl der „zehn Gebote“ symbolisiert wird. Im Bereich der Symbole meint ‚drei‘ gewöhnlich die Totalität in der göttlichen, unsichtbaren Ordnung, ‚sieben‘ dasselbe in der sichtbaren Ordnung. Der Wert „Liebe zu Gott“ fasst die drei ersten Gebote des Dekalogs zusammen und „Liebe zum Nächsten“ die sieben letzten. <br />
<br />
5. Paulus folgt Jesus; er zitiert Vorschriften des Dekalogs und sieht in der Nächstenliebe „die volle Erfüllung des Gesetzes“ (Röm 13,8–10). Er zitiert wieder den Dekalog (Röm 2,21–22) und behauptet in einer breiten Diskussion, dass Gott nach demselben Maßstab die Juden richtet, die im Gesetz unterwiesen sind, und die Heiden, die „von Natur aus das tun, was im Gesetz gefordert ist“ (Röm 2,14). <br />
<br />
======2.2.3.2. Die Gesetzessammlungen ======<br />
'''33.''' Als solche werden gewöhnlich das Bundesbuch (Ex 21,1 – 23,33), das Heiligkeitsgesetz (Lev 17,1 – 26,46) und das deuteronomische Gesetz (Dtn 4,44 – 26,19) angesehen. Sie werden eng mit dem Bundschluss am Sinai verbunden und konkretisieren, zusammen mit dem Dekalog, den „Weg des Lebens“, der dort geoffenbart und angeboten wurde. Wir wollen drei Themen der Moral darlegen, die in diesen Sammlungen besonders hervorgehoben werden. <br />
<br />
<br />
'''a. Die Armen und die soziale Gerechtigkeit '''<br />
<br />
Die apodiktischen Gesetze der drei Sammlungen stimmen darin überein, dass sie Maßnahmen vorschreiben, die die Sklaverei der Ärmsten vermeiden sollen und die einen periodischen Nachlass ihrer Schulden in Erwägung ziehen. Diese Verfügungen haben manchmal eine utopische Dimension, wie das Gesetz über das Sabbatjahr (Ex 23,10–11) oder über das Jubeljahr (Lev 25,8–17). Sie stellen der israelitischen Gesellschaft die Aufgabe, die Armut zu bekämpfen und zu besiegen und sie sehen durchaus realistisch die Schwierigkeiten dieses Kampfes (vgl. Dtn 15,4 und Dtn 15,11). Der Kampf gegen die Armut setzt eine ehrliche und unparteiische Rechtsprechung voraus (vgl. Ex 23,1–8; Dtn 16,18–20). Sie wird im Namen Gottes ausgeübt. Verschiedene theologische Überlegungen bemühen sich, sie zu begründen. Die apodiktischen Gesetze des Bundesbuches nehmen die prophetische Intuition auf, dass Gott den Ärmsten besonders nahe ist. Das Deuteronomium betont den besonderen Charakter des Landes, das Gott den Israeliten anvertraut hat. Israel, auf dem der Segen Gottes ruht, ist nicht der Besitzer des Landes, sondern nur sein Nutznießer (vgl. Dtn 6,10–11). Daher erscheint die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit als gläubige Antwort Israels auf das Geschenk Gottes (vgl. Dtn 15, 1–11): das Gesetz regelt den Gebrauch des Geschenkes und erinnert an die Souveränität Gottes über das Land. <br />
<br />
<br />
'''b. Der Fremde '''<br />
<br />
'''34.''' Die hebräische Bibel benützt ein differenziertes Vokabular, um die Fremden zu bezeichnen: das Wort ger bezeichnet den Fremden, der dauerhaft mit Israel lebt. Der Ausdruck nokri meint einen Fremden, der vorbeikommt, während die Wörter toschab und sakir im Heiligkeitsgesetz die fremden Lohnarbeiter bezeichnen. Die Sorge für den ger zeigt sich fortwährend in den Gesetzestexten der Torah: rein menschliche Sorge in Ex 22,20; 23,9 und Sorge, die begründet wird mit der Erinnerung an die Sklaverei in Ägypten und an die Befreiung durch Gott, in Dtn 16,11–12. Es ist das Heiligkeitsgesetz, das im Hinblick auf den Fremden die mutigsten Bestimmungen formuliert: der "ger" ist nicht mehr nur „Objekt“ des Gesetzes, sondern wird zu seinem „Subjekt“, das mit den Einheimischen für die Heiligung und Reinheit des Landes verantwortlich ist. Die „Einheimischen“ und die „Fremden“ sind verbunden durch eine gemeinsame Verantwortung und durch ein Band, das mit dem Vokabular der Liebe beschrieben wird (vgl. Lev 19,33–34). Das Heiligkeitsgesetz sieht also Prozeduren vor, um die Fremden – wenigstens die "gerim" – in die Gemeinschaft der Söhne Israel zu integrieren. <br />
<br />
<br />
'''c. Kult und Ethik '''<br />
<br />
'''35.''' Die prophetische Literatur hat sicher als erste die Beziehung zwischen dem Kult für Gott und der Achtung von Recht und Gerechtigkeit in den Blick genommen. Die Predigt von Amos vgl. Am 5,21) und von Jesaja (vgl. Jes 1,10–20) sind besonders repräsentativ für diese theologische Einsicht. <br />
<br />
Das deuteronomische Gesetz stellt einerseits Kultgesetze und Vorschriften der Sozialethik nebeneinander: die Gesetze, die die Einzigkeit des Heiligtums für Gott und den Götzendienst <br />
betreffen (vgl. Dtn 12–13), gehen den sozialen Gesetzen voraus (Dtn 14,22 – 15,18); andererseits verbindet es sehr eng kultische und ethische Imperative. So bekommt der Zehnte, der alle drei Jahre zu zahlen ist und ursprünglich eine Abgabe für den Kult war, mit der Zentralisierung des Heiligtums in Jerusalem eine neue Funktion: er soll dem Unterhalt der Witwen, Waisen, Fremden und Leviten dienen (Dtn 14,28–29; 26,12–15). An den Wallfahrten zu den Festen sollen auch die Ärmsten teilnehmen (Dtn 16,11–12.14): der Kult, der Gott im Tempel in Jerusalem erwiesen wird, erhält seine Gültigkeit, wenn er ein ethisches Bemühen einschließt, das seine Grundlage hat in der Erinnerung an die Sklaverei in Ägypten, an die Befreiung Israels und an das Geschenk des Landes durch Gott. Die Gesetze der Torah machen also ihre Leser aufmerksam auf die ethischen Implikationen jeder kultischen Feier und auch auf die theologische Dimension der Sozialethik. <br />
<br />
Was wir hier über die moralischen Unterweisungen ausgeführt haben, zeigt, dass die Gesetzeskodizes der Torah besonders auf die soziale Moral achten. Das Verständnis, das Israel von seinem Gott hat, führt es zu einer besondern Aufmerksamkeit für die Armen und die Fremden und für die Gerechtigkeit. So sind Kult und Ethik eng miteinander verbunden: Gott kultisch zu verehren und für den Nächsten Sorge zu tragen, sind zwei unzertrennliche Ausdrucksweisen desselben Glaubens. <br />
<br />
======2.2.3.3. Die moralische Unterweisung der Propheten ======<br />
'''36.''' Das rechte moralische Verhalten ist ein Hauptthema bei allen Propheten, doch behandeln sie es nie für sich selbst und nie in systematischer Weise. Sie befassen sich mit der Ethik immer verbunden mit der Tatsache, dass Gott Israel durch die Geschichte führt. Dies geschieht in rückschauender Weise: Weil Gott Israel aus der ägyptischen Sklaverei befreit und in sein eigenes Land geführt hat, müssen die Israeliten nach den Geboten leben, die Gott dem Mose am Sinai gegeben hat (vgl. den Rahmen der zehn Gebote in Dtn 5,1–6.28–33). Weil sie das aber nicht taten, sondern die Gewohnheiten der Völker annahmen, hat Gott gegen sie fremde Invasoren aufgeboten, damit sie das Land verwüsten und das Volk ins Exil bringen (Hos 2; Jer 2,1 – 3,5). Es geschieht aber auch in vorausschauender Weise: Gott wird einen Rest des Volkes aus der Zerstreuung unter die Völker retten und sie in ihr Land zurückkehren lassen; dort werden sie endlich als eine treue Gemeinschaft um den Tempel leben und den alten Geboten gehorchen (Jes 4; 43). Diese fundamentale Verbindung von Ethik und Geschichte (vergangener und künftiger) ist in Ez 20 ausgearbeitet, der Magna Charta des wiedergeborenen Israels. <br />
<br />
Mit Bezug auf die Gegenwart Gottes in der Geschichte Israels haben die Propheten dem Volk seine tatsächliche Lebensweise vorgehalten, die im völligen Gegensatz zum „Gesetz“ Gottes <br />
war (Jes 1,10; 42,24; Jer 2,8; 6,19; Ez 22,26; Hos 4,6; Am 2,4; Zef 3,4; Sach 7,12). Diese göttliche Regel für das Verhalten Israels enthielt jede Art von Normen und Gewohnheiten; sie kamen aus der Rechtsprechung im Stamm und am Ort, aus den Familientraditionen, aus der priesterlichen Lehre und aus der weisheitlichen Unterweisung. Die moralische Predigt der Propheten betont den sozialen Begriff der „Gerechtigkeit“ (hebräisch mischpat, sedaqa) (Jes 1,27; 5,7; 28,17; 58,2; Jer 5,1; 22,3; 33,15; Ez 18,5; Hos 5,1; Am 5,7). Die Propheten haben die israelitische Gesellschaft mit diesem menschlichen und göttlichen Modell nach allen Seiten hin konfrontiert: die verschiedenen Rollen beim Prozess vor Gericht vom König bis zum Richter, vom Zeugen bis zum Angeklagten (Jes 59,1–15; Jer 5,26–31; 1,11 – 22,19; Am 5,7–17), die Korruption der führenden Klassen (Ez 34; Hos 4; Mal 1,6 – 2,9), die Rechte der sozialen Klassen und der Einzelnen, besonders der Ausgegrenzten (Jes 58; Jer 34), die wachsende soziale Kluft zwischen den Großgrundbesitzern und den verarmten Landarbeitern (Jes 5,8.12; Am 8; Mi 2), die Inkonsequenz zwischen Gottesdienst und allgemeinem Verhalten (Jes 1,1–20; Jer 7) und das Absinken der öffentlichen Moral (Jes 32,1–8; Jer 9,1–9). <br />
<br />
Um die Ethik der prophetischen Schriften angemessen zu verstehen, ist zu beachten, dass die Moral, die öffentliche und die private, sich letztlich von Gott selbst herleitet, von seiner Gerechtigkeit (Jes 30,18; 45,8; Jer 9,24; Zef 3,5) und von seiner Heiligkeit (Ex 15,11; Jes 6,3; 63, 10–11; Ez 37,28; Hos 11,9). <br />
<br />
=====2.2.4. Der Bund mit David =====<br />
'''37.''' Dieser Bund ist in besonderer Weise reines Geschenk Gottes, da er nicht vom menschlichen Verhalten abhängt, ewig dauert und seine Erfüllung in der messianischen Sendung Jesu findet (vgl. Lk 1,32–33). <br />
<br />
Ursprünglich ist dieser Bund entstanden, als das Volk von Gott einen König verlangte, ohne zu begreifen, dass Gott selbst sein wahrer König war. Gott gewährte die Monarchie (1 Sam 8; Dtn <br />
33,5); der König steht nicht außerhalb des Bundes, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat, sondern ist darin einbegriffen und muss sich also an die Gesetze halten, die Gott gegeben hat. Das Königtum Davids war mit einer anderen Beziehung zu Gott verbunden (1 Sam 16,1–13; 2 Sam 5,1–3; vgl. Dtn 17,14–20). In der Erzählung von der Begründung dieser Dynastie kommt <br />
der Ausdruck „Bund“ nicht vor. Das Natanorakel enthält keine ausdrücklichen Bedingungen und stellt eine reine Verheißung dar. Die Verpflichtung Gottes ist absolut (2 Sam 7,1–17). Wenn die Nachfolger Davids versagen – und das begann bereits mit Salomo – wird Gott sie züchtigen, nicht um sie zu bestrafen, sondern um sie zu bessern. Seine väterliche Haltung gegenüber der Nachkommenschaft Davids wird nie aufhören (2 Sam 7,14– 15; vgl. Ps 2,6–7). Entsprechend wird das Königtum dieses Auserwählten Gottes für immer dauern (2 Sam 7,13–16), weil Gott nach dem Psalmisten in klarer Weise geschworen hat: „Ich werde meinen Bund nie brechen“ (Ps 89,35). <br />
<br />
=====2.2.5. Der „neue Bund“ nach Jeremia =====<br />
'''38.''' Jer 31,31–34 ist der einzige Text, der ausdrücklich von einem „neuen Bund“ spricht: <br />
<br />
„Es werden Tage kommen ... in denen ... ich einen neuen Bund schließen werde. Nicht wie der Bund war, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe ... den sie gebrochen haben ... Das wird <br />
der Bund sein, den ich schließen werde ... Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es in ihr Herz. Dann werde ich ihr Gott und sie werden mein Volk sein. Keiner wird mehr den an- <br />
deren belehren ... Sondern alle werden mich erkennen ... Denn ich verzeihe ihre Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr.“ Die folgenden Punkte sind zu beachten: <br />
<br />
1. Am Anfang und am Ende sind zwei Aussagen über das Handeln des HERRN bezüglich des Bundes: dieser Rahmen zeigt die Neuheit des Bundes, was Gott angeht, in Ausdrücken des <br />
Vergebens und Vergessens. Israel selber tut gar nichts: kein Bekenntnis oder Sühne der Schuld, keine Initiative, zu Gott zurückzukehren. Es kommt vollständig dem HERRN zu, ein positives Verhalten seitens Israels zu schaffen. <br />
<br />
2. Es werden zwei Eigenschaften des neuen Bundes hinzugefügt. Jetzt ist die Torah „in die Seele gegeben“, „in das Herz geschrieben“ (vgl. Ez 36,26–27). Entsprechend „werden alle Gott <br />
erkennen“ d. h. sie werden eine innere Beziehung zu ihm haben, die nach dem Sinn des hebräischen Wortes das Tun der Gerechtigkeit einschließt (vgl. Jer 22,15–16). <br />
<br />
3. Zwei Gegensätze unterstreichen den spezifischen Charakter des neuen Bundes im Vergleich mit dem Bund, der mit den Vätern in der Wüste geschlossen wurde. Dieser, auf Stein ge- <br />
schrieben, wurde von ihnen und von den nachfolgenden Generationen gebrochen; der andere ist absolut neu, da er auf die Herzen geschrieben sein wird. Darüber hinaus wird der HERR <br />
selbst der Lehrer sein und nicht mehr menschliche Mittler. <br />
<br />
4. Im Zentrum des Abschnitts hebt sich die Bundesformel ab, die die gegenseitige Zugehörigkeit des HERRN und seines Volkes aussagt. Diese Formel ist nicht geändert, sie ist noch gültig und ist das Herz des Abschnittes. <br />
<br />
5. Insgesamt ist der neue Bund nicht verschieden vom alten, was die Partner, die Verpflichtung, die Torah zu beobachten, und die Beziehung zum HERRN angeht. Die vorausgehende Exegese führt zu dem Schluss, dass es nur eine Verpflichtung des HERRN gegenüber Israel gibt, während dieses Volk durch die Jahrhunderte geht; es ist jedoch wahr, dass deren konkrete Form, der Bund, in den verschiedenen Epochen der Geschichte Israels modifiziert wird bis zur fundamentalen Reform während des Exils. Dasselbe Verständnis des Bundes, das von der bedingungslosen Treue Gottes charakterisiert ist, ist auch in anderen Texten zu finden (Lev 26,4–45; Ez 16,59–60) oder auch in der Geschichte vom goldenen Kalb (Ez 32–34), die in Erzählform eine Parallele darstellt (besonders Ex 34,1–10). <br />
<br />
6. Der Begriff vom neuen Bund schließt nicht einen Gegensatz zwischen Neuem und Altem Testament ein und auch nicht zwischen Christen und Juden (vgl. Das jüdische Volk und seine heiligen Schriften in der christlichen Bibel, Nr. 39–42). Er bringt aber eine fundamentale Erneuerung in der Geschichte des Bundes selbst mit sich, da der HERR seinem Volk die konnaturale Fähigkeit schenkt, auf Grund der Vergebung ihrer Schuld und der Gabe des heiligen Geistes nach der Torah zu leben. Das hat sich für die Christen verwirklicht im heilbringenden Tod Christi zur Vergebung der Sünden (Mt 26,28). <br />
<br />
=====2.2.6. Die moralische Lehre in den Weisheitsschriften =====<br />
'''39.''' Es ist der Zweck der Weisheitsbücher, die Menschen das rechte Verhalten zu lehren. Deshalb stellen sie eine wichtige Äußerung der biblischen Ethik dar. Einige sind mehr bestimmt <br />
von der menschlichen Erfahrung (z. B. das Buch der Sprichwörter) und vom Nachdenken über die menschliche Situation und sind ein wertvolles Band mit der Weisheit der anderen Völker, <br />
andere sind enger mit dem Bund und mit der Torah verbunden. Zur ersten Gruppe gehört das Buch Kohelet, zur anderen das Buch Jesus Sirach. Diese beiden Bücher sollen uns als Beispiel <br />
dienen. <br />
<br />
<br />
'''a. Das Buch Kohelet '''<br />
<br />
Kohelet gehört zur Weisheitsliteratur und ist durch seine kritische Haltung gekennzeichnet. Es beginnt mit der Feststellung: „Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch“ (1,2) und wiederholt diese im Schlussteil (12,8). <br />
<br />
Der Ausdruck „Windhauch (hebräisch hebel) meint ‚Atem, Dampf, Hauch‘ und wird auf alles bezogen, was vorübergehend, flüchtig, unbeständig, unverständlich, rätselhaft ist. Kohelet <br />
charakterisiert mit ihm alle Phänomene des menschlichen Lebens. Die Menschen leben in einer Welt, die sie nicht im Griff haben, in einer Welt voller Unbeständigkeit und voller Widersprüche. Nichts, was man in dieser Welt erreicht, ist von Bestand: Weisheit, Reichtum, Vergnügen, Mühe, Jugend, das Leben selbst. Die Menschen erhalten, was sie verdienen, oder <br />
auch nicht. Alles ist dem Gespenst des Todes unterworfen, der einzigen Größe im Leben, die unvermeidlich ist und der niemand entkommt. Trotz aller Unbeständigkeiten und Veränderungen des Lebens, müssen die Menschen ihren Platz in der Beziehung zu Gott annehmen. Das bedeutet die Mahnung Kohelets: „Fürchte Gott!“ (5,6). <br />
<br />
Gegen die verschiedenen menschlichen Versuche und Bemühungen, das Leben zu begreifen und zu beherrschen, stellt Kohelet als einzige realistische Alternative, die Tatsache anzunehmen, dass eine Kontrolle unmöglich ist, und die Dinge ihren Lauf nehmen zu lassen. Nur so ist es möglich, Freude und Zufriedenheit in dem zu finden, was man tut. Siebenmal fordert Kohelet die Menschen ausdrücklich auf, sich zu freuen, wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet (2,24–26; 3,12–13.22; 5,18– 20; 8,15; 9.7–10; 11,7 – 12,1), denn das hat Gott zugeteilt als Heilmittel gegen die Mühseligkeiten des Lebens. Aber nirgends empfiehlt er einen hedonistischen Lebensstil. <br />
<br />
Auch wenn die Ethik Kohelets keinen radikalen Wandel der Strukturen verlangt, enthält sie interessante Elemente politischer und sozialer Kritik. Der Weise geißelt bestimmte Skandale und Missbräuche, die zum System der Monarchie gehören: den Fall des Königs, der alt und starrsinnig wird (4,13), die Machtergreifung durch einen Verbrecher oder Emporkömmling <br />
(4,14–16), die Korruption der Beamten auf Kosten der Armen und Bauern (3,16; 4,1; 5,7–8), die unnötige Vermehrung der öffentlichen Verwalter, denen die Weisheit fehlt (7,19), dass Unfähige befördert werden und Verantwortung erhalten (10,5–7), das ständige Feiern am Hof des Königs, der ein Kind ist (10,16). Im Zusammenleben prangert er folgende Verhaltensweisen an: Eifersucht und Konkurrenzkampf (4,5), Überanstrengung und Aktivismus (4,6), Individualismus und Gewinnsucht (4,7–12). Diese Weisheitsschrift, die unter mancher Rücksicht modern wirkt, ist eine Fundgrube sehr nützlicher Überlegungen für ein ausgeglichenes Leben im persönlichen und gemeinschaftlichen Bereich. <br />
<br />
<br />
'''b. Das Buch Jesus Sirach '''<br />
<br />
'''40.''' Jesus Sirach sieht die Weisheit nicht nur mit der menschlichen Erfahrung und mit Gott verbunden, sondern auch fest verankert in der Heilsgeschichte und in der Torah des Mose (24,23). Bei ihm sind beide Wirklichkeiten, Offenbarung und Erfahrung eng miteinander verbunden und heben einander nicht auf. Entsprechend kann Sirach die Helden Israels (44–50) als Vorbilder für Weisheit darstellen und die Beobachtung der Torah betonen und zugleich die Schönheit und Harmonie der Schöpfung schätzen (42,15 – 43,33), sich von der Natur belehren lassen und die Beobachtungen und Grundsätze der Weisen vor ihm annehmen. <br />
<br />
Das Buch ist großenteils eine Sammlung verschiedener Unterweisungen, Ermahnungen und Grundsätze, die den ganzen Bereich der Themen betreffen, die es mit tugendhaftem Leben und <br />
ethischem Verhalten zu tun haben. Es gibt Pflichten gegenüber Gott, häusliche Pflichten, soziale Pflichten und Verantwortlichkeiten, Tugenden, die zu üben, und Laster, die zu meiden sind. Das Buch ist eine Art von Handbuch für das moralische Verhalten. Es preist das einzigartige Erbe Israels und betont die Forderung, dass das Volk Gottes an der Weisheit Gottes in besonderer Weise teilnehme, da es in der Torah über eine weitere Quelle der Weisheit verfügt. <br />
<br />
Der Anfang und die Krone, die Vollendung und die Wurzel der Weisheit ist „die Furcht Gottes“ (1,14.16.18.20). Für Sirach sind Weisheit und Gottesfurcht praktisch synonym und äußern sich im Gehorsam gegenüber dem Gesetz des Mose (24,22). <br />
<br />
Die Weisheit ist auch am Werk, um die Beziehungen im Inneren der Familie zu entwickeln: Pflichten der Kinder gegenüber den Eltern (3,1–16; 7,27–28); Pflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern (7,23–25; 16,1–14); Beziehung mit Frauen: die Ehefrau (7,19; 23,22–26; 25,12 – 26,18), die Töchter (7,24–26; 22,4–5), Frauen im allgemeinen (9,1–9). <br />
<br />
Die Weisheit ist auch auf verschiedene Aspekte des sozialen Lebens bezogen: Unterscheidung wahrer und falscher Freunde (6,5–17; 12,8–18); Vorsicht gegenüber Fremden (11,29–34); <br />
Verhalten gegenüber dem Reichtum (10,30–31; 13,18–26); Mäßigung und Bedachtsamkeit in den Geschäften (11,7–11; 26, 29 – 27,3) und viele andere Themen. <br />
<br />
Für die Weisheit gibt es keinen Lebensbereich, der nicht Aufmerksamkeit verdient. Das Leben bringt jeden Tag zahllose Situationen, die bestimmte Verhaltensweisen, Entscheidungen <br />
und Handlungen verlangen, die nicht durch die großen Gesetze geregelt sind. Damit beschäftigt sich die traditionelle Weisheit. In der Überzeugung, dass das ganze Leben unter der Kontrolle Gottes steht, begegnet Israel seinem Schöpfer auch im Alltag. <br />
<br />
Sirach verbindet persönliche Erfahrung und traditionelle Weisheit mit der göttlichen Offenbarung in der Torah, mit der liturgischen Praxis und mit der persönlichen Frömmigkeit. <br />
<br />
Die Weisen beschäftigen sich mit der Welt, die Gott geschaffen hat und in deren Schönheit, Ordnung und Harmonie sich etwas von ihrem Schöpfer offenbart. Durch die Weisheit begegnet Israel seinem Herrn in einer lebensvollen Beziehung, die auch für die anderen Völker offen ist. Die Offenheit der israelitischen Weisheit für die Völker und der deutlich internationale Charak- <br />
ter der Weisheitsbewegung kann eine biblische Basis geben für einen Dialog mit den anderen Religionen und für die Suche nach einer globalen Ethik. Gott, der Retter der Juden und Chris- <br />
ten, ist auch der Schöpfer, der sich in der von ihm geschaffenen Welt offenbart. <br />
<br />
===3. DER NEUE BUND IN JESUS CHRISTUS ALS LETZTES GESCHENK GOTTES UND SEINE KONSEQUENZEN FÜR DIE MORAL ===<br />
<br />
'''41.''' Wie wir bei den Ausführungen zum Alten Testament gesehen haben, ist die Kategorie des ‚Bundes‘ beherrschend, um die besondere Beziehung zwischen Gott und dem Volk Israel zu beschreiben und zu verstehen. Im Neuen Testament ist dieser Ausdruck nicht häufig: er findet sich dreiunddreißigmal, davon sechsmal mit der näheren Bestimmung ‚Neuer Bund‘. Bestimmend und grundlegend für die Beziehung zwischen Gott und dem Volk Israel und allen Menschen ist im Neuen Testament die Person Jesu, sein Werk und sein Geschick. Wir wollen sehen, wie sich in den Hauptschriften des Neuen Testaments dieses Geschenk zeigt, das Gott in seinem Sohn Jesus Christus gemacht hat, und was die Orientierungen für das moralische Leben sind, die sich davon herleiten; wir schließen ab mit den Texten über die Eucharistie, in denen Jesus eine sehr enge Beziehung zwischen seiner Person, seinem Weg und dem Neuen Bund festlegt. <br />
<br />
====3.1. Das Kommen des Reiches Gottes und seine Konsequenzen für die Moral ====<br />
=====3.1.1. Das Reich Gottes: Hauptthema der Verkündigung Jesu bei den Synoptikern =====<br />
'''42.''' Jesus machte den Ausdruck ‚Reich Gottes‘ zu einer zentralen Metapher seines irdischen Wirkens und gab ihr eine neue Bedeutung und Kraft durch die Eigenschaften seines Lehrens <br />
und seiner Sendung. Verstanden als souveräne Gegenwart Gottes, der kommt, um das Böse zu besiegen und die Welt zu verwandeln, ist das Reich Gottes reine Gnade – es ist zu entdecken <br />
als Schatz, der in einem Acker verborgen ist oder als kostbare Perle, die erworben sein will (vgl. Mt 13,44–46); auf das Reich Gottes hat niemand ein natürliches Recht, und es kann auch nicht verdient werden. <br />
<br />
<br />
'''a. Der Ausdruck „das Reich Gottes“ '''<br />
<br />
Der Ausdruck wurzelt in der Grundüberzeugung des biblischen Glaubens, dass Gott der souveräne Herr ist; diese Idee findet sich in den Psalmen und in anderen biblischen Büchern (vgl. Ps 93,1–2; 96,10; 97,1; 99,1; 103,19; 145,13; Jes 52,7). <br />
<br />
Wenn es auch kein allgemeines und beherrschendes Thema war, so ist das brennende Verlangen nach dem Kommen des Reiches Gottes im nachexilischen Israel gegenwärtig und entspricht dem Verlangen nach dem Kommen Gottes, der die Drohungen und Ungerechtigkeiten beseitigt, die das Volk erfährt. Der Begriff des Reiches Gottes hat einen Charakter, der seinem Wesen nach gemeinschaftlich (er leitet sich von einem politischen Begriff her, der ganz Israel betraf), eschatologisch (als definitive Erfahrung Gottes, die jede andere Erfahrung von Souveränität übertrifft) und soteriologisch (aus der Überzeugung, dass Gott das Böse besiegen und das Leben Israels verwandeln wird) ist. Dieser Begriff findet sich im Alten Testament und in der jüdischen Literatur nur selten und am Rand, wird aber ein zentrales Motiv in der Lehre und Sendung Jesu. <br />
<br />
<br />
'''b. Die gegenwärtige und zukünftige Dimension des Reiches Gottes '''<br />
<br />
'''43.''' Die Ausleger des Neuen Testaments haben schon lange bemerkt, dass die Lehre Jesu vom Reich Gottes einen zukünftigen und gegenwärtigen Charakter hat. Einige Worte und Gleichnisse Jesu beschreiben das Reich Gottes als ein zukünftiges Ereignis, das sich noch nicht verwirklicht hat. Das drückt sich z. B. im Gebet des Herrn in der Bitte aus: „Dein Reich komme!“ und findet sich auch in dem Schlüsseltext von Mk 1,14–15 (Mt 4,17), der das Reich Gottes als „nahe“ oder „nahegekommen“, aber als noch nicht gegenwärtig beschreibt. Auch die Seligpreisungen, die künftigen Segen und Rechtfertigung versprechen, sehen das Reich Gottes als Ereignis, das noch aussteht. <br />
<br />
Zugleich gibt es andere Worte Jesu, die vom Reich Gottes als einer Sache sprechen, die in gewisser Weise bereits gegenwärtig ist. Ein Schlüsselwort, bei Matthäus und Lukas, verbindet <br />
die Erfahrung des Reiches Gottes mit den Heilungen und Exorzismen Jesu: „Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger (Mt: Geist) Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu <br />
euch gekommen“ (Mt 12,28; Lk 11,20). Das bekannte Wort Lk 17,20–21: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht hier ist es! oder Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch.“ betont ebenfalls, dass das Reich Gottes in unvermuteter Weise gegenwärtig ist. <br />
<br />
Es zeigt sich hier eine wichtige Dynamik mit Konsequenzen für die christliche Moral. Die künftige Wirklichkeit des Reiches Gottes bricht in die gegenwärtige Situation herein und bestimmt sie. Das wirkliche und endgültige Geschick, das Gott der Menschheit bestimmt hat, wann das Böse besiegt, die Gerechtigkeit wiederhergestellt und die Sehnsucht nach Leben und <br />
Frieden erfüllt ist, steht noch aus, aber die Umrisse dieser Zukunft – einer Zukunft, die den Plan Gottes für die Menschheit voll enthüllt – helfen schon bestimmen, was das menschliche <br />
Leben bereits in der Gegenwart sein sollte. D. h. Werte und Tugenden, die uns dem Willen Gottes gleichförmig machen und die im künftigen Reich Gottes voll bekräftigt und geoffenbart <br />
werden, sind heute zu praktizieren, soweit es nur unter den sündigen und unvollkommenen Umständen des jetzigen Lebens möglich ist; das lehren uns die Gleichnisse vom Netz und der <br />
Ernte (Mt 13,24–30.36–43.47–50). So stellt sich die wesentliche, eschatologische Dimension des christlichen Lebens und seiner Ethik dar. <br />
<br />
Jesus verkündigt nicht nur die Nähe des Reiches Gottes (Mt 4,17), sondern lehrt auch beten: „Dein Reich komme!“ und „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden!“ (Mt 6,10). <br />
Dieser Wunsch, Gott möge kommen und die menschliche Wirklichkeit möge nach dem Willen Gottes geformt sein, zeigt auch die streng theologische Basis der christlichen Ethik; diese Di- <br />
mension finden wir in der ganzen biblischen Tradition („Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig“ Lev 19,2). <br />
<br />
<br />
'''c. Das Reich Gottes, der neue Bund und die Person Jesu '''<br />
<br />
'''44.''' Das Reich Gottes kommt nicht in den üblichen Erscheinungsweisen des Königtums, sondern kann nur durch das Achten auf Jesus und seine Sendung und durch die Tugenden, für <br />
die er in seinem Wirken Vorbild ist, entdeckt werden. Es sind die kurz zuvor erwähnten Taten Jesu (Mt 12,28; Lk 11,20), die mit der gegenwärtigen Erfahrung des Reiches Gottes verbunden <br />
werden. Seine Exorzismen und Heilungen bewirken eine echte Niederlage des Übels und der Macht des Bösen über den Leib und die menschliche Person und lassen die Befreiung erleben, <br />
die mit dem Reich Gottes verbunden ist. Das Wirken Jesu zeigt auch sein Mitleid mit den Scharen von Kranken, die zu ihm kommen (Mt 9,35–36), und verweist auf ihre Aufnahme in das Reich Gottes (Mt 4,23–25; 15,29–31); beide Aspekte werden im Lehren Jesu vom Reich Gottes als typisch dargestellt (z. B. in den Gleichnissen über die Barmherzigkeit in Lk 15 und das Gastmahl Lk 14). <br />
<br />
Wenn auch der Ausdruck „Neuer Bund“ bei den Synoptikern selten ist, ist er doch mit dem Reich Gottes verbunden. Bei der Einsetzung der Eucharistie sagt Jesus: „Das ist mein Blut, das <br />
Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ und fügt sofort hinzu: „Ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von neuem davon trinke im Reich meines Vaters“ (Mt 26,28–29). Beim Gastmahl des Reiches, in der vollkommenen Gemeinschaft mit Jesus und dem Vater, erreicht der Neue Bund seine Vollendung und die Verheißung: „Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein“ (Jer 31,33b; vgl. Offb 21,3) ihre Erfüllung. <br />
<br />
Durch Jesus verwirklicht Gott auch zwei andere Charakterzüge des ‚Neuen Bundes‘, ohne dass der Ausdruck direkt erscheint. Es handelt sich um die Vergebung der Sünden (Schuld) und um <br />
das Erkennen Gottes (vgl. Jer 31,34). <br />
<br />
Bei einem Geschehen, das von allen drei Synoptikern berichtet wird, stellt Jesus seine Sendung zu den Sündern als wesentlichen Teil der Aufgabe dar, die Gott ihm anvertraut hat (Mt 9,2– <br />
13 und Parallelen). Jesus vergibt einem Gelähmten, der mit großem Glauben und großer Anstrengung zu ihm gebracht wird, dessen Sünden und löst damit den ernsten Unwillen einiger <br />
Schriftgelehrten aus. Erst an zweiter Stelle heilt er den Gelähmten durch sein Wort und deutet die Heilung als Bestätigung seiner Vollmacht, Sünden vergeben zu können. Er unterstreicht <br />
dann die Tatsache, dass diese Vollmacht nicht auf einen einzelnen Fall beschränkt ist, sondern ihren Grund in seiner universalen Sendung hat, die er so ausdrückt: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten“ (Mt 9,12–13). Nach dem Willen Gottes ist Jesus gekommen, und Gott ist es, der Barmherzigkeit will. Durch Jesus ist es Gott, der seine Barmherzigkeit zeigt und die Verzeihung der Sünden gewährt <br />
und einen grundlegenden Charakterzug des Neuen Bundes verwirklicht (vgl. Jer 31,34b). <br />
<br />
Die andere Verheißung „Alle werden mich erkennen“ (Jer 31, 34a) ist in Jesus selber in überragender Weise verwirklicht. Er sagt von seiner Beziehung zu Gott: „Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,27; Lk 10,22). Jesus, der <br />
Sohn Gottes, ist vom Vater zu einer exklusiven Erkenntnis Gottes als des Vaters befähigt; er hat außerdem die exklusive Aufgabe zu offenbaren, d. h. Gott als den Vater den Menschen bekannt zu machen. So wird die Verheißung von Jer 31,34a näher bestimmt und konkretisiert: durch Jesus, den Sohn Gottes, der den Vater in vollkommener Weise kennt, ist der Zugang zum <br />
innersten und vollkommenen Erkennen Gottes erschlossen. Diese Erkenntnis ist auch notwendig, um in angemessener Weise das ‚Reich Gottes‘ zu verstehen, das den zentralen Inhalt der Verkündigung Jesu darstellt und das Jesus manchmal auch ‚das Reich ihres (meines) Vaters‘ nennt (Mt 13,43; 26,29). <br />
<br />
Die Verzeihung der Sünden, d. h. die Versöhnung mit Gott, das Erkennen Gottes und die Gemeinschaft mit Gott erscheinen als die Hauptaufgaben der Tätigkeit Jesu in ihrer synoptischen Darstellung. Sie gehören zur Verkündigung des Reiches Gottes, sie entsprechen aber auch den wesentlichen Eigenschaften des Neuen Bundes von Jer 31,31–34. Jesus als Sohn kennt den Vater in vollkommener und exklusiver Weise und lebt in der vertrautesten Einheit mit dem Vater. Diese seine einzigartige Beziehung zu Gott ist die Grundlage seiner Hauptaufgaben. Seine Tätigkeit zeigt auch, auf welche konkrete Weise Gott sein endgültiges Geschenk mitteilt und die Verheißung des Neuen Bundes erfüllt: durch den Mittler Jesus, der über solche Eigenschaften verfügt. <br />
<br />
Die zentrale Stellung Jesu für die Beziehung des Menschen zu Gott hat als Konsequenz seine zentrale Stellung für die Moral. Jesus repräsentiert in seiner Person nicht nur das Reich Gottes <br />
und den Neuen Bund sondern auch das Gesetz, da er auf vollkommenste Weise vom Willen seines Vaters geführt wird (vgl. Mt 26,39.42), bis zum äußersten Erweis seiner Liebe, bis zum <br />
Vergießen seines Blutes. Man muss also handeln in seinem Geist und muss seinem Beispiel folgen, um auf dem Weg Gottes zu gehen. <br />
<br />
=====3.1.2. Die Verkündigung des Reiches Gottes und seine Konsequenzen für die Moral =====<br />
'''45.''' Jesus verkündet das Evangelium Gottes und sagt: „Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist nahe“ und schließt gleich die Mahnung für unser Handeln an: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15). Er verkündigt die Nähe des Reiches Gottes, damit die Botschaft gehört und in Umkehr und Glauben aufgenommen werde. Es braucht eine Veränderung der Mentalität, ein neues Denken und Sehen, das von dem Reich Gottes bestimmt ist, das ein bewusster Glaube in seiner vollen Wirklichkeit erkennt und anerkennt. <br />
<br />
Die Hauptaufgabe der Sendung Jesu ist es, Gott zu offenbaren, den Vater (Mt 11,27) und sein Reich, seine Art zu handeln. Diese Offenbarung geschieht durch die ganze Sendung Jesu, durch seine Verkündigung, seine Machttaten, sein Leiden und seine Auferstehung. <br />
<br />
Indem er das tut, offenbart Jesus zugleich die Normen für das rechte menschliche Handeln. Er nennt diesen Zusammenhang ausdrücklich und exemplarisch, wenn er sagt: „Seid also voll- <br />
kommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!“ (Mt 5, 48); so schließt er ab und begründet er seine Lehre über die Feindesliebe (Mt 5,43–48) und den ganzen Abschnitt der Antithesen (Mt 5,21–48). Einige Aspekte davon wollen wir darstellen. <br />
<br />
<br />
'''a. Jesus zeigt den Weg '''<br />
<br />
'''46.''' Besonders in der Berufung von Jüngern erweist Jesus seine Autorität, den rechten Weg für das menschliche Handeln zu zeigen. Alle vier Evangelien berichten die Berufung am Anfang der Tätigkeit Jesu (Mt, 4,18–22; Mk 1,16–20; Lk 5,1–11; Joh 1,35–51). Mit Einladung und Befehl „Folgt mir nach!“ (Mk 1,17) präsentiert sich Jesus als derjenige, der das Ziel kennt und auch den Weg, der zu diesem führt; er bietet den Gerufenen die Lebensgemeinschaft mit sich an und das Beispiel des von ihm beschrittenen Weges. So konkretisiert er den vorausgehenden Befehl: „Kehrt um und glaubt!“ (1,15); seine Jünger leben Umkehr und Glauben, indem sie seine Einladung annehmen und sich seiner Führung anvertrauen. <br />
<br />
Der Weg, den Jesus geht, erscheint nicht als eine autoritäre Norm, die von außen her auferlegt wird: Jesus geht selber diesen Weg und er verlangt von seinem Jünger nichts anderes, als dass er seinem Beispiel folge. Darüber hinaus besteht seine Beziehung zu den Jüngern nicht in einem trockenen und unpersönlichen Lehrverhältnis: er nennt sie „Kinder“ (Joh 13,33; 21,6), <br />
„Freunde“ (Joh 15,14–15), „Brüder“ (Mt 12,50; 28,10; Joh 20, 17). Und Jesus lädt nicht nur sie, sondern alle Menschen ein, zu ihm zu kommen und in eine enge und herzliche Lebensgemeinschaft mit ihm einzutreten (Mt 11,28–30). In dieser Lebensgemeinschaft lernen sie das rechte Verhalten von Jesus, haben Anteil an seinem Geist, gehen auf dem gleichen Weg mit ihm. Die Beziehung zwischen Jesus und den Jüngern ist keine vorübergehende Angelegenheit, sondern ein Modell für alle Generationen. Wo Jesus seine elf Jünger zu ihrer universalen Mission ausschickt, beruft er sich auf seine allumfassende Autorität und sagt zu ihnen: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,18–20). Alle Menschen in allen Völkern bis zum Ende der Zeiten sind dazu bestimmt, Jünger Jesu zu werden. Die Beziehung und die Erfahrung mit der Person Jesu, die seine ersten Jünger erlebt haben, und die Belehrung, die er ihnen erteilt hat, sind gültig und beispielhaft für alle Zeiten. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Seligpreisungen (besonders wichtige Haltungen) '''<br />
<br />
'''47.''' Eine Reihe von Tugenden oder grundlegenden Haltungen findet sich in den Seligpreisungen. Matthäus nennt acht und Lukas vier am Beginn der ersten und längsten Rede Jesu (Mt 5,3–10; Lk 6,20–22) und sie geben in ihnen eine Art Zusammenfassung seiner Lehre. Die Seligpreisung ist eine literarische Form, die im Alten und im Neuen Testament verwendet wird. In ihr werden Glück und Freude bestimmten Personen und Haltungen zugesprochen, oft mit der Verheißung, dass sie in der Zukunft gesegnet werden. In beiden Evangelien ist die erste Seligpreisung an die Armen und die letzte an die Verfolgten gerichtet. Jesus erklärt diese als Besitzer des Reiches Gottes und verbindet so das zentrale Thema seiner Verkündigung eng mit diesen beiden Personengruppen. <br />
<br />
In Matthäus (5,3–10) nennen die Seligpreisungen die Armen im Geiste, d. h. diejenigen, die in einer Notsituation leben und die vor allem wissen und anerkennen, dass sie nichts aus sich selber haben und für alles von Gott abhängen; dann die Trauernden, die sich nicht in sich selber verschließen, sondern an der Not und dem Leid ihrer Mitmenschen teilnehmen. Es folgen die <br />
Sanftmütigen, die keine Gewalt anwenden, sondern ihren Nächsten respektieren, so wie er ist. Die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, sind von dem intensiven Verlangen erfüllt, nach dem Willen Gottes zu handeln. Die Barmherzigen helfen aktiv den Mitmenschen in Not (vgl. Mt 25,31–46) und sind bereit zu verzeihen (vgl. Mt 18,33). Die reinen Herzens sind, suchen den Willen Gottes mit innerstem und ungeteiltem Einsatz. Die Friedensstifter tun alles, um den Frieden zu bewahren und das liebevolle Zusammenleben zwischen den Menschen wieder herzustellen. Die wegen der Gerechtigkeit verfolgt werden, bleiben dem Willen Gottes treu trotz großer Schwierigkeiten, die dieses Verhalten mit sich bringt. <br />
<br />
Diese Tugenden und Haltungen entsprechen der Lehre Jesu in allen Evangelien und sind auch ein Spiegelbild von Jesu eigenem Verhalten. Deswegen führt die treue Nachfolge Jesu zu einem Leben, das von diesen Tugenden beseelt ist. <br />
<br />
Wir haben schon an den engen Zusammenhang erinnert, der in der ersten und letzten Seligpreisung zwischen der menschlichen Haltung und dem Handeln Gottes (Reich Gottes) besteht. Aber diese Verbindung findet sich in allen Seligpreisungen. Jede spricht, manchmal etwas verhüllt, in der abschließenden Wendung vom ‚künftigen‘ Handeln Gottes: Gott wird sie trösten, Gott wird sie das Land erben lassen, Gott wird sie sättigen, Gott wird Erbamen mit ihnen haben, Gott wird sie zu seiner Schau zulassen, Gott wird sie als seine Kinder anerkennen. Mit den Seligpreisungen legt Jesus nicht einen Kodex von abstrakten Normen und Pflichten fest, sondern zeigt das rechte menschliche Handeln und offenbart zugleich das künftige Handeln Gottes. Deshalb zeigt uns Jesus in den Seligpreisungen Gott in einer dichten und ausführlichen Weise wie sonst kaum in den Evangelien. Sie beschreiben das künftige Handeln Gottes nicht nur als Lohn für das rechte menschliche Handeln, sondern auch als Grundlage und Motiv, das dieses Handeln möglich und sinnvoll macht. Arm im Geist sein oder treu in der Verfolgung sind nicht Vorschriften, die in sich selber stehen: Wer im Glauben die Offenbarung Jesu über das Handeln Gottes, die in der Verkündigung vom Reich Gottes verdichtet ist, annimmt, wird dadurch fähig, sich nicht in der eigenen Autonomie zu verschließen, sondern seine völlige Abhängigkeit von Gott anzuerkennen, und wird auch befähigt, sein Leben nicht um jeden Preis retten zu wollen, sondern die Verfolgung auf sich zu nehmen. <br />
<br />
Wir können nicht alle vorbildlichen Haltungen nennen, die im Handeln und Lehren Jesu sichtbar werden. Wir erwähnen nur das Insistieren Jesu auf dem Verzeihen gegenüber denen, die an uns schuldig geworden sind (Mt 6,11.14–15; 18,21–35), seine liebevolle Sorge für die Kinder (Mk 9,35–37; 10,13–16) und sein Eintreten für die einfachen Menschen (Mt 18,10–14). Die Nachfolge Jesu zeigt sich in besonderer Weise darin, dass man nicht bedient werden will, sondern bereit ist zum Dienen. Jesus begründet diese Forderung ausdrücklich mit seinem eigenen Beispiel: „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). Der Dienst Jesu ist grenzenlos und schließt das Opfer des Lebens ein. Jesu Tod am Kreuz für die ganze Menschheit ist der höchste Ausdruck seiner Liebe. Die Einladung, Jesu Jünger zu sein, bedeutet nicht nur, Jesus in seinem Handeln, in seinem Lebensstil, in seiner Tätigkeit zu folgen, sondern schließt auch die Einladung ein, an seinen Leiden und an seinem Kreuz Anteil zu haben, Verfolgungen und gar einen gewaltsamen Tod auf sich zu nehmen. Das zeigt sich auch in der Forderung, die Jesus an alle, an die Jünger und an die Volksmenge, richtet: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Mk 8,34). <br />
<br />
====3.2. Das Geschenk des Sohnes und seine Konsequenzen für die Moral nach Johannes ====<br />
=====3.2.1 Das Geschenk des Sohnes, Ausdruck der heilschaffenden Liebe des Vaters =====<br />
'''48.''' Der Sohn ist gekommen und kommt, weil ihn der Vater gesandt hat: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16). Der Sohn ist gekommen und fährt fort zu kommen, wie es uns ständig der Geist sagt, der „das, was kommt“ (16,13) ankündigt. Von seinem ersten Kommen an will er an der Seite des Menschen sein und ihm helfen, seine Einsamkeit zu überwinden. Der Mensch braucht ihn, auch wenn er es nicht weiß. Sein Kommen annehmen, bedeutet Heil. <br />
<br />
<br />
'''a. Das Kommen Jesu '''<br />
<br />
Sein Kommen bringt eine neue Ordnung für das Leben der Menschen. Diese Veränderung wird deutlich sichtbar in Jesu Dialog mit Nikodemus (Joh 3,1–21). Das Johannesevangelium spricht mit Vorliebe vom neuen Leben und der neuen Geburt, und der erste Brief von den Söhnen Gottes, die aus Gott geboren sind; beide sprechen vom „bleiben“ (z. B. im Gleichnis vom Weinstock) und vom Gegensatz zwischen der Ordnung des Fleisches und derjenigen des Geistes. Das Neue, das Jesus bringt, ist unverdientes Geschenk, das angenommen sein will; <br />
wer es zurückweist, wird schuldig und stellt sich außerhalb der Heilsordnung. Wenn wir fragen, wie diese Verweigerung möglich ist, kommt die Antwort wiederum von dem, der das Neue <br />
gebracht hat: es ist letztendlich das Abweisen der liebevollen Souveränität Gottes, die sich im Kommen seines Gesandten gezeigt hat. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Zeichen und die Offenbarungsreden Jesu '''<br />
<br />
'''49.''' Das erneuernde Handeln Jesu wird besonders im ‚Zeichen‘ (giechisch semeion) sichtbar, das mit der besondern Macht ausgestattet ist, die sich im Wunder zeigt. Die Struktur selbst, die <br />
dem Wunder zukommt, ist sehr aussagekräftig: von einem Ausgangspunkt, der durch Mangel, Furcht und Gefahr oder häufiger von Leiden gekennzeichnet ist, erfolgt der Übergang in eine Situation, in der diese Formen des Mangels überwunden sind. Jesus bewirkt den Übergang von einem Hochzeitsfest, dem der Wein (die Freude) fehlt, zu einem Hochzeitsfest, das über Wein <br />
in Fülle verfügt (2,1–11), von einer gefährlichen (4,46–54) oder langwährenden (5,1–9) Krankheit zu vollständiger Gesundheit, vom Hunger der großen Menge zu ihrer Sättigung (6,1–15), von der Blindheit zum Licht (9,1–7) und vom Grab des Todes zum wieder erlangten Leben (11,1–44). Der Sinn dieser Übergänge wird für die Brotvermehrung (6,22–70), die Heilung des Blinden (9,8–41) und die Auferweckung des Lazarus (11,1–44) in ausführlichen Reden Jesu dargelegt. Jesus fasst diesen Sinn in den einzigartigen Worten über seine Person zusammen: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“ (6,35). „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird <br />
nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (8,12). „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Wei- <br />
de finden“ (10,9). „Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für seine Schafe“ (10,11; vgl. 10,14–15). „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (11,25–26). „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (14,6). „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (15,5). <br />
<br />
In diesen Worten drückt Jesus aus, was Gott der Vater den Menschen in der Person seines Sohnes gegeben hat. Jesus ist Brot, Licht, Tür, Hirte, Auferstehung und Leben, Weg, Wahr- <br />
heit und Leben, Weinstock. Zugleich sagt er, was die Menschen tun müssen, um die mit ihm gegenwärtigen Güter zu erlangen: zu ihm kommen, an ihn glauben, ihm folgen, in ihm bleiben. Er nennt auch die Güter, die er schenkt: das Leben, das Verlassen der Finsternis und die rechte Orientierung, die Überwindung des Todes durch die Auferstehung, die Kenntnis des Vaters und <br />
die vollkommene Gemeinschaft mit ihm. Wenn die Ausdrücke auch etwas verschieden sind, finden wir in diesen Gütern die Gaben des Neuen Bundes, d. h. die Kenntnis Gottes (Licht, <br />
Wahrheit) und das Gesetz (Tür, Hirte, Weg) und, als Frucht und Konsequenz, das Leben. Das alles ist gegenwärtig in der Person Jesu und wird von ihm auf eine innere und organische Weise <br />
gegeben, die das Verhältnis zwischen Weinstock und Reben ausdrückt. <br />
<br />
=====3.2.2. Das Verhalten des Sohnes und seine Konsequenzen für die Moral =====<br />
'''50.''' Angesichts des Erscheinens des Sohnes Gottes in der menschlichen Geschichte sind wir eingeladen, ihn ganz anzunehmen und uns dem Heil zu öffnen. Wir nehmen ihn an durch die Art unseres Lebens, in allen seinen Ausdrucksformen. <br />
<br />
<br />
'''a. Dem Beispiel des Sohnes folgen '''<br />
<br />
Modell für alles Handeln ist das Verhalten des Sohnes selbst, der seinen Willen mit dem Willen des Vaters gleichförmig macht und in dieser Haltung seine Sendung annimmt und ausführt: seine Speise ist es, den Willen des Vaters zu tun (4,34); er tut immer die Dinge, die dem Vater genehm sind und beobachtet sein Wort (8,29.55); er sagt die Dinge, die ihm der Vater zu <br />
sagen aufgetragen hat (12,49). Jede Lehre Jesu zeigt ein Verhalten. Zu diesen Konsequenzen sind die verpflichtet, die den Vater „im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (4,24). <br />
<br />
Zusammen mit allem, was er sagt, hat auch alles, was er tut, normative Bedeutung, da er in allem vorbildlich handelt. Das wird besonders auf seine Haltung des Dienens angewendet (bei <br />
der Fußwaschung sagt er: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben“ 13,15) und auf seine Lebenshingabe (15,13: „sein Leben hingeben für seine Freunde“; die Aussage findet sich in einem allgemeinen Satz, soll aber das vorausgegangene Gebot stützen: „damit ihr einander liebt ... wie ich euch geliebt habe“). Wegen der Autorität Jesu kommt seinem Verhalten moralische Verpflichtung zu, wird es zum Kriterium des Wählens: es zeigt, wie er nachzuahmen ist. Ebenso grundlegend ist sein Gebot, an dem sich die authentische Liebe seines Jüngers zu messen hat („Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt“ 14,21). <br />
Der Gipfel der Nachahmung zeigt sich in der Sendung, die der Jünger so ausführt, „wie“ Jesus seine eigene ausgeführt hat (20, 21), und durch die er seine Liebe zum Herrn beweist (21,19). <br />
Die johanneische Paränese führt die Lehre Jesu weiter und verweist auf sein Verhalten als Vorbild: „Wer sagt, dass er in ihm bleibt, muss auch leben, wie er gelebt hat“ (1 Joh 2,6). <br />
<br />
<br />
'''b. Glaube an Jesus und Liebe zu den Brüdern '''<br />
<br />
'''51.''' Das Kommen Jesu hat Neues gebracht; die anthropologische und soteriologische Neuheit macht möglich und verlangt ein neues Verhalten. Der Glaube ist das große neue Verhalten. Glaube heißt: sich selber verlassen und zu Jesus kommen; die Illusion von der eigenen Selbstgenügsamkeit aufgeben und zugeben, blind und des Lichtes Jesu bedürftig zu sein; das übliche Verhalten, nämlich nach dem Anschein zu urteilen, ändern; dem göttlichen Gesandten gegenüber, die eigene Autonomie aufgeben, um seine Freiheit (des Sohnes) zu erhalten und die Sünde zu besiegen. <br />
<br />
Zum Glauben gehört die Liebe zu den Brüdern. Durch sie fügen wir uns in das Geheimnis Jesu ein, das seinen Ursprung in der Liebe des Vaters hat. Der Vater liebt Jesus, Jesus liebt die Jün- <br />
ger, die Jünger sollen einander lieben. Diese neue Wirklichkeit hat die Kraft, Zeichen zu werden (Joh 13,36) und den Tod zu überwinden (1 Joh 3,14). Die Liebe ist die ‚Frucht‘ des Glaubens (Joh 15,8). <br />
<br />
Wer an Jesus glaubt und die Brüder liebt, ‚sündigt nicht‘, d. h. lebt nicht in der Sünde (1 Joh 3,6), auch wenn wir alle Fehler haben und in diesem Sinn alle Sünder sind; aber „das Blut sei- <br />
nes Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde“ (1 Joh 1,7). Wer an Jesus glaubt und die Brüder liebt, ‚kennt Gott‘ in Wahrheit, denn nur der kennt Gott, „der seine Gebote beobachtet“ (1 Joh 2,3), der das tut, was Jesus getan hat: „Er hat sein Leben für uns hingegeben. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben“ (1 Joh 3,16). Das Gegenteil heißt: „Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8). Wer an Jesus glaubt und die Brüder liebt, hat wahrhaft begriffen: „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,16) – höchste Wahrheit, die von allen nur in dem Maße erkannt wird, in dem die Glaubenden einander lieben, und dabei die Notleidenden bevorzugen, „nicht nur in Worten, sondern in Werken“. Andererseits: „Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder verschließt, den er in Not sieht, wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben?“ (1 Joh 3,17). <br />
<br />
Diese zu den Menschen gewendete Dimension des Glauben an Jesus fällt zusammen mit der Kritik der Propheten an der falschen Religion; sie ist zusammengefasst in Hos 6,6: „Liebe <br />
(hebräisch hesed, d. h. Zuverlässigkeit und Loyalität) will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis (jene Erkenntnis, die zur Gerechtigkeit führt vgl. Jer 22,15–16) statt Brandopfer“. Die johanneische Ethik ist fundamental Ethik der Liebe, die ihr Modell in der Lebenshingabe Jesu hat und die beim Glauben beginnt, beim Glauben an Jesus, und die Zeugnis für alle ist. Diese Liebe ist Gebot, Weisung, Torah, wie die ganze biblische <br />
Ethik. Sie ist die Aufgabe Gottes für seine Kinder; sie muss entschieden aufgenommen und gegen die Macht des Bösen, die uns in die entgegengesetzte Richtung drängt, behauptet werden. Diese Liebe und dieser Glaube besiegen die Welt (vgl. 1 Joh 5,4). <br />
<br />
<br />
'''c. Die Verantwortung für die Welt '''<br />
<br />
'''52.''' Bis jetzt haben wir uns damit befasst, welche Antwort jeder Einzelne dem Angebot Gottes in Jesus Christus geben soll. Das konnte den Eindruck erwecken, dass nach Johannes das moralische Bemühen nur eine individuelle Dimension hat. Die Gegenwart der Gemeinschaft, korrigiert diesen Eindruck: das Böse hat eine kollektive Dimension (es genügt, an den Begriff ‚Welt‘ zu denken) und auch das Gute hat eine kollektive Herkunft und Bestimmung. Die Gemeinschaft der Glaubenden ist klar festzustellen, aber auch diejenige der ‚Welt‘; ihr gilt das Heilswerk das zusammen mit dem Kommen Jesu auch den Einsatz der Seinen einschließt. Wenn die gegenseitige Liebe, die von Jesus geboten wird (Joh 13,34; 15,12–17; 1 Joh 2,10–11; 3,11.23; 4,7–12), unmittelbar mehr auf die Brüder im Glauben ausgerichtet ist, so verlangt das Bewusstsein von einer universalen Sendung, der Welt gegenüber eine Haltung der positiven Verantwortung und nicht des Verdammens einzunehmen. <br />
<br />
Das zeigt, wie wichtig bei Johannes die Praxis der Liebe für das Heil der Welt ist: Die Kirche und der einzelne Christ sind zur Welt gesandt, damit die Welt zum Glauben komme; dieser <br />
Glaube entsteht aber aus der Praxis der Liebe („daran werden sie erkennen ...“ 13,35). Nicht nur der einzelne Christ, sondern auch die Gemeinschaft hat eine neue, geheimnisvolle (wie der <br />
Wind, von dem man nicht weiß, „woher er kommt und wohin er geht“ 3,8) Praxis, die die Aufmerksamkeit der Welt weckt, um sie zum Glauben und zu derselben Praxis der Liebe zu bringen. <br />
<br />
====3.3. Das Geschenk des Sohnes und seine Konsequenzen für die Moral nach den paulinischen und anderen Briefen ====<br />
=====3.3.1. Das Geschenk Gottes nach Paulus =====<br />
<br />
'''53.''' Nach dem Apostel Paulus kann das moralische Leben nur verstanden werden als eine großzügige Antwort auf die Liebe Gottes und auf das Geschenk, das er uns gemacht hat. Um uns zu seinen Kindern zu machen, hat Gott seinen Sohn gesandt und hat den Geist seines Sohne in unsere Herzen gesandt, der ruft: Abba, Vater (Gal 4,6 vgl. Eph 1,3–14), damit wir nicht mehr als Gefangene der Sünde leben, sondern ‚nach dem Geist‘ (Röm 8,5). „Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir auch dem Geist folgen“ (Gal 5,25). <br />
<br />
Die Glaubenden sind daher eingeladen, Gott unablässig zu danken (1 Thess 5,18; vgl. Eph 5,2; Kol 3,15). Wann immer Paulus sie ermahnt, ein Leben zu führen, das ihrer Berufung entspricht, <br />
dann stellt er vor ihre Augen das unermessliche Geschenk Gottes; denn das sittliche Leben erreicht nur dann seinen wahren und vollen Sinn, wenn es als Hingabe seiner selbst gelebt wird, um auf das Geschenk Gottes zu antworten (Röm 12,1). <br />
<br />
=====3.3.2. Die sittliche Unterweisung des Paulus =====<br />
'''54.''' In seinen Schriften betont Paulus nachdrücklich, dass das sittliche Handeln des Glaubenden von der Gnade Gottes bewirkt wird, die ihn gerecht gemacht hat und ihn beharrlich sein lässt. Weil Gott uns verziehen und uns gerecht gemacht hat, gefällt ihm unser sittliches Handeln; durch es wird das Heil, das in uns wirksam ist, bezeugt. <br />
<br />
<br />
'''a. Die Erfahrung der Liebe Gottes als Grundlage des sittlichen Handelns '''<br />
<br />
'''55.''' Was die christliche Moral entstehen lässt, ist nicht eine äußere Norm, sondern die Erfahrung der Liebe Gottes zu einem jeden Menschen; an diese Erfahrung will der Apostel in seinen Briefen erinnern, damit seine Ermahnungen verstanden und angenommen werden können. Er gründet seine Ermahnungen und Ratschläge auf die Erfahrung, die in Christus und im Geist gemacht wird, und will nichts von außen her auferlegen. Die Glaubenden sollen sich von innen her erleuchten und führen lassen, und der Apostel kann nur dazu mahnen, die Liebe und die Verzeihung, die sie empfangen haben, nicht zu vergessen. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass sie in Christus die Barmherzigkeit Gottes an sich erfahren haben und dass sie zuinnerst mit Christus verbunden sind und seinen Geist empfangen haben. Das Prinzip, das die Ermahnungen des Paulus leitet, könnte man so formulieren: Je mehr die Glaubenden vom Geist <br />
geleitet werden, desto geringer ist der Bedarf, ihnen Regeln für ihr Handeln zu geben. <br />
<br />
Dieses Vorgehen des Paulus wird durch die Tatsache bestätigt, dass er seine Briefe nicht mit moralischen Ermahnungen beginnt und dass er nicht direkt auf die Probleme seiner Adressa- <br />
ten antwortet. Er trennt Probleme und Antworten. Er entwickelt in großen Linien sein Evangelium (z. B. Röm 1–8), zeigt seinen Lesern, wie sie ihr Verständnis des Evangeliums vertiefen sollen, und formuliert erst im Weiteren seine Ratschläge für die verschiedenen Schwierigkeiten der jungen Kirchen (z. B. Röm 12–15). <br />
<br />
Man kann sich fragen, ob Paulus auch heute so schreiben würde, da wohl eine Mehrheit der Christen sich kaum der unendlichen Großzügigkeit Gottes bewusst geworden ist und ihr Chris- <br />
tentum eher als eine rein soziologische Größe anzusprechen ist. In diesem Zusammenhang stellt sich die andere Frage: ob sich nämlich im Lauf der Jahrhunderte ein zu großer Abstand entwickelt hat zwischen den moralischen Forderungen, die an die Gläubigen gerichtet werden, und ihren Wurzeln im Evangelium. Auf jeden Fall ist es heute wichtig, von neuem die Verbindung aufzuzeigen zwischen den Normen und ihrer Begründung im Evangelium und besser verständlich zu machen, wie die Verkündigung der Normen von der Verkündigung des Evangeliums abhängt. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Beziehung zu Christus als Fundament des Handelns der Gläubigen '''<br />
<br />
'''56.''' Für Paulus bestimmt das sittliche Handeln nicht ein anthropologisches Konzept, d. h. eine bestimmte Idee vom Menschen und seiner Würde, sondern die Beziehung zu Christus. Wenn Gott jeden Menschen allein durch den Glauben rechtfertigt, ohne die Werke des Gesetzes, so geschieht das nicht, damit alle weiterhin in der Sünde leben: „Wie können wir, die wir für die Sünde tot sind, noch in ihr leben?“ (Röm 6,2). Aber der Tod für die Sünde ist ein Tod mit Christus. Hier wird das christologische Fundament für das sittliche Handeln der Glaubenden angegeben. Dieses Fundament wird als Einheit verstanden, die eine Trennung einschließt: mit Christus vereint sind die Glaubenden von der Sünde getrennt. Wichtig ist, dass der Weg der Glaubenden dem Weg Christi folgt. Mit anderen Worten: Die Grundsätze des sittlichen Handelns sind nicht von abstrakter Art, sondern kommen aus der Beziehung zu Christus; er hat ja bewirkt, dass wir zusammen mit ihm der Sünde gestorben sind. Das sittliche Handeln gründet direkt auf der Einheit mit Christus und auf der Einwohnung des Geistes: davon kommt es her und dafür ist es Ausdruck. So ist dieses Handeln im Grundsatz nicht von äußeren Normen diktiert, sondern kommt aus der starken Beziehung, die die Glaubenden im Geist mit Christus und mit Gott verbindet. <br />
<br />
Paulus zieht auch moralische Konsequenzen aus der ihm eigenen Formulierung, dass die Kirche „der Leib Christi“ ist. Für den Apostel ist das mehr als eine bloße Metapher und hat fast <br />
eine metaphysische Bedeutung. Da der Christ ein Glied am Leibe Christi ist, bedeutet Unzucht, den Leib der Dirne mit dem Leib Christi verbinden (1 Kor 6,15–17); da die Christen den einen Leib Christi bilden, müssen die Glieder ihre verschiedenen Gaben in Harmonie und in gegenseitiger Achtung und Liebe gebrauchen und besonders auf die schwächeren Glieder achten (1 Kor 12–13); wenn sie Eucharistie feiern, dürfen sie den Leib Christi nicht dadurch vernachlässigen oder verletzen, dass sie die ärmeren Glieder schlecht behandeln (1 Kor 11,17–34; vgl. unten, zu den moralischen Konsequenzen der Eucharistie, Nr. 77–79). <br />
<br />
<br />
'''c. Verhalten zu Christus , dem Herrn '''<br />
<br />
'''57.''' Da die Beziehung zu Christus so grundlegend wichtig für das sittliche Handeln der Glaubenden ist, stellt Paulus klar, was das rechte Verhalten gegenüber dem Herrn ist. <br />
<br />
Nicht häufig, aber am Schluss von zwei paulinischen Schriften heißt es, dass es notwendig ist, den Herrn Jesus Christus zu lieben: „Wer den Herrn nicht liebt, sei verflucht!“ (1 Kor 16,22) <br />
und „Gnade und unvergängliches Leben sei mit allen, die Jesus Christus, unseren Herrn, lieben“ (Eph 6,24). <br />
<br />
Es ist klar, dass diese Liebe kein bloßes Gefühl sein darf, sondern sich in Handlungen konkretisieren soll. Wie das zu geschehen hat, kann der häufigste Titel Christi, ‚Herr‘, zeigen. Der Bezeichnung ‚Herr‘ ist die Bezeichnung ‚Sklave‘ entgegengesetzt; der Sklave hat zu dienen. Wir wissen auch, dass ‚Herr‘ ein Titel Gottes ist, der auf Christus übergegangen ist. Tatsächlich sind die Christen gerufen, dem Herrn zu dienen (Röm 12,11; 14,18, 16,18). Das Verhältnis der Glaubenden zu Christus als dem Herrn hat einen starken Einfluss auf ihre gegenseitigen Beziehungen. Es ist nicht gerechtfertigt, Richter eines Sklaven zu sein, der diesem Herrn gehört (Röm 14,4.6–9). Die Beziehungen zwischen denen, die in der antiken Gesellschaft Sklaven und Herren sind, werden relativiert (1 Kor 7,22–33; Phlm; vgl. Eph 6,5–9; Kol 4,1). Einem, der Sklave des Herrn ist, kommt es um der Liebe Christi willen zu, denen zu dienen, die diesem Herrn gehören (2 Kor 4,5). <br />
<br />
Dem entsprechend, dass mit ‚Herr‘ ein Titel Gottes auf Christus übergegangen ist, können wir beobachten, dass auch die Verhaltensweisen, die im Alten Testament Gott galten, auf Christus <br />
übergegangen sind: an ihn wird geglaubt (Röm 3,22.26; 10,14; Gal 2,16.20; 3,22.26; vgl. Kol 2,5–7; Eph 1,15); auf ihn wird gehofft (Röm 15,12; 1 Kor 15,19); er wird geliebt (1 Kor 16,22; <br />
vgl. Eph 6,24); ihm wird gehorcht (2 Kor 10,5). <br />
<br />
Das rechte Handeln, das diesen Verhaltensweisen gegenüber dem Herrn entspricht, ist seinem Willen zu entnehmen, der sich nicht so sehr in seinen Worten, als viel mehr in seinem Beispiel <br />
zeigt. <br />
<br />
<br />
'''d. Das Beispiel des Herrn '''<br />
<br />
'''58.''' Die sittlichen Unterweisungen des Paulus sind von verschiedener Art. Er sagt mit großer Klarheit und Kraft, welche Verhaltensweisen verderblich sind und vom Reich Gottes ausschließen (Röm 1,18–32; 1 Kor 5,11; 6,9–10; Gal 5,14); er bezieht sich selten auf das mosaische Gesetz als Modell für das erhalten (Röm 13,8–10; Gal 5,14); er kennt die moralischen Normen der Stoiker, das, was die Menschen seiner Zeit als gut und als böse angesehen haben; er überliefert einige Verfügungen Christi zu konkreten Problemen (1 Kor 7,10; 9,14; 14,37); er bezieht sich auch auf „das Gesetz Christi“ und sagt: „Einer trage des anderen Last!“ (Gal 6,2). <br />
<br />
Häufiger sind die Hinweise auf das Vorbild Jesu. Ganz allgemein sagt Paulus: „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme!“ (1 Kor 11,1). Er ermahnt die Philipper, demütig zu sein und nicht nur den eigenen Vorteil zu suchen, und sagt ihnen: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht!“ (2,5); dazu beschreibt er den ganzen Weg der Erniedrigung und Erhöhung Christi (2,6–11). Als beispielhaft nennt er auch die Großmut Christi, der sich arm gemacht hat, um uns reich zu machen (2 Kor 8,9), und auch seine Freundlichkeit und Güte (2 Kor 10,1). <br />
<br />
Paulus hebt besonders die verpflichtende Kraft der Liebe Christi hervor, die ihren Höhepunkt in der Passion erreicht. „Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir erkannt haben: Einer ist für <br />
alle gestorben, also sind alle gestorben. Er ist aber für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde“ (2 Kor 5,14–15). In der Nachfolge Jesu ist nicht mehr ein „eigenes Leben“ möglich nach den eigenen Zielen und Wünschen, sondern nur ein Leben in Gemeinschaft mit Jesus. Paulus sagt, dass er selbst ein solches Leben führt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich <br />
für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Diese Haltung findet sich auch in einer Ermahnung an die Epheser: „Liebt einander, weil auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und Opfer, das Gott gefällt“ (5,2 vgl. 3,17; 4,15–16). <br />
<br />
<br />
'''e. Gewissenhafte Unterscheidung unter der Führung des Geistes '''<br />
<br />
'''59.''' Auch wenn Paulus die Glaubenden nur wenige Male zum Unterscheiden auffordert, so macht er doch klar deutlich, dass es für alle Entscheidungen das Unterscheiden braucht; das zeigt an seinem Beginn der ermahnende Teil des Römerbriefes (12,2). Die Christen müssen unterscheiden, denn oft liegt es nicht einfach auf der Hand, welche Entscheidung getroffen werden soll. Unterscheiden heißt prüfen, unter der Führung des Geistes, was in jeder Lage besser und vollkommen ist (1 Thess 5,21; Phil 1,10; vgl. Eph 5,10). Indem er die Christen zum Unterscheiden auffordert, verlangt der Apostel von ihnen, dass sie verantwortlich und feinfühlig auf die Stimme des Geistes hören. Paulus ist überzeugt, dass der Geist, der sich im Beispiel Jesu zeigt und der in den Christen lebendig ist (Gal 5,25; Röm 8,14), sie fähig macht, zu unterscheiden, was in jeder Lage angemessen ist. <br />
<br />
=====3.3.3. Die Nachfolge Christi nach den Briefen des Jakobus und Petrus =====<br />
'''60.''' Diese Briefe gehören zu den sogenannten katholischen Briefen, die nicht an eine einzelne Gemeinde, sondern an ein breiteres Publikum gerichtet sind. <br />
<br />
<br />
'''a. Der Jakobusbrief '''<br />
<br />
Jakobus setzt das Heilswerk Jesu voraus und interessiert sich besonders für das sittliche Leben der Christen. Für den Brief steht im Zentrum die wahre Weisheit, die von Gott kommt (1,5) <br />
und die der falschen Weisheit entgegengesetzt ist; er beschreibt die zwei Haltungen: „Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern eine irdische, eigennützige, teuflische Weis- <br />
heit. Wo nämlich Eifersucht und Ehrgeiz herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art. Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, gehorsam, <br />
voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht“ (3,15–17). <br />
<br />
Die Weisheit von oben, die sittliche Lehre, die von oben offenbart wird, ist nicht Werk des Menschen, sondern Gottes. Der Mensch kann sie sich nur aneignen und sie ins Werk setzen. Es <br />
handelt sich um eine objektive Moral. Dagegen dient die „irdische, eigennützige, teuflische“ Weisheit häufig dazu, unmoralisches Verhalten zu rechtfertigen. Die irdische Weisheit ist eine <br />
ständige Versuchung für den Menschen, der selber subjektiv entscheiden will, was gut und was böse ist. <br />
<br />
Der Brief ist auch ein Manifest für die soziale Gerechtigkeit. Für sie ist fundamental, dass die Würde eines jeden Menschen und besonders die des armen Menschen geachtet wird; denn die <br />
Armen sind in besonderer Weise der Demütigung und Verachtung durch die Reichen und Mächtigen ausgesetzt. Die Verteidigung der Armen durch die Propheten, besonders durch Amos und Micha, wird fortgesetzt; es gibt aber auch eine christologische Dimension. Der Verfasser beruft sich auf den „Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit“ (2,1). Die Würde von Christus in seiner Herrlichkeit garantiert die Würde eines jeden Christen, der mit dem Blut Christi erlöst wurde, und sie schließt alle Begünstigungen aus. <br />
<br />
Jakobus betont stark, dass die Zunge zu zügeln ist (1,26; 3,1– 12), bis hin zu der Behauptung: „Wer sich in seinen Worten nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mann und kann auch sei- <br />
nen Körper völlig im Zaum halten“ (3,2). Eine besondere Verantwortung tragen in der Kirche die Lehrer (vgl. 3,1), die durch ihre Lehre (oder ihre Schriften) viele Streitereien und Spaltun- <br />
gen unter den Christen verursachen können. Ähnlich ist die Verantwortung derer, die einen starken und bestimmenden Einfluss auf die öffentliche Meinung haben. <br />
<br />
<br />
'''b. Der erste Petrusbrief '''<br />
<br />
'''61.''' Diese Schrift spricht ausführlich von Jesus Christus, von seinem Leiden und seiner Auferstehung und von seinem künftigen Kommen in Herrlichkeit und sie leitet von seinem Weg die rechte Form des christlichen Lebens her. Das erste Thema ist die Taufe (1,3–5), Zeichen der Umkehr und neuen Geburt. Der Tod für die Sünde muss vollständig sein, wie auch die Wiedergeburt für das neue Leben. Die Christen sind neu geboren „aus Gottes Wort“ (1,23) und als „lebendige Steine“ sollen sie aufgebaut werden „zu einem geistigen Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (2,5). Diese „geistigen Opfer“ bestehen im ganzen christlichen Leben, insofern es vom Geist beseelt und geleitet wird. <br />
<br />
Die Glaubenden dürfen sich nicht der heidnischen Gesellschaft anpassen, in der sie „Fremde und Gäste“ (2,11) sind. Sie müssen sich „der irdischen Begierden“ (2,11), der heidnischen Le- <br />
bensweise enthalten (vgl. 4,3) und sollen durch ihre guten Werke die Heiden dahin führen, dass sie „Gott preisen am Tag der Heimsuchung“ (2,12). Trotz ihrer Verschiedenheit sollen sie <br />
sich in die Gesellschaft einfügen, in der sie leben, und sich „um des Herrn willen jeder menschlichen Ordnung“ (2,13) unterwerfen. Diese aktive Teilnahme am sozialen Leben zeigt sich auch in den Regeln für die verschiedenen Beziehungen (Staat, Familie, Ehe), in denen sie leben (2,13 – 3,12). <br />
<br />
Wenn sie verfolgt werden und wegen der Gerechtigkeit zu leiden haben, soll sie der Blick auf den gewaltsamen Tod Jesu ermutigen und aufrichten (3,13; 4,1). Auch unter diesen Umstän- <br />
den sollen sie sich nicht abschließen: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt; aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig“ (3,15– <br />
16). Wenn sie an den Leiden Christi Anteil haben, sollen sie sich freuen: „Denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln“ (4,13). <br />
<br />
Neben den Normen für das Verhalten in der heidnischen Umgebung finden sich die Ermahnungen für das Leben in der Gemeinde; es soll von Gebet, tätiger Liebe, Gastfreundschaft und dem Einsatz jedes Charismas zu Gunsten der Gemeinde gekennzeichnet sein. Alles soll getan werden, „damit in allem Gott verherrlicht wird durch Jesus Christus“ (4,11). <br />
<br />
====3.4. Der Neue Bund und seine sittlichen Konsequenzen nach dem Hebräerbrief ====<br />
=====3.4.1. Christus als Mittler des Neuen Bundes =====<br />
'''62.''' Das Wort ‚Bund‘ kommt im Neuen Testament dreiunddreißigmal vor, davon siebzehnmal im Hebräerbrief. Er spricht ausdrücklich vom Bund des Mose (9,19–21), zitiert vollständig die Prophezeiung des Jeremia (8,8–12), nennt Jesus als den Mittler des Neuen Bundes (8,6; 9,15; 12,24) und spricht von dem Bund, der ‚neu‘ (8,8: 9,15; 12,24), ‚besser‘ (7,22; 8,6) und ‚ewig‘ (13,20) ist. Der Verfasser beschreibt in seinem Brief das Han- <br />
deln Gottes durch seinen Sohn Jesus zur Verwirklichung des Neuen Bundes. <br />
<br />
<br />
'''a. Der vollkommene Mittler, ein neuer Mose '''<br />
<br />
Um uns in eine vertraute Beziehung zu sich selbst einzuführen, hat Gott seinen eigenen Sohn als vollkommenen, letzten und endgültigen Mittler gewählt. Schon im Prolog findet sich die <br />
zentrale Aussage: „Gott hat zu uns gesprochen durch den Sohn“ (1,2). <br />
<br />
Der Verfasser gibt am Anfang eine Zusammenfassung der Heilsgeschichte. Er beschreibt das Handeln Gottes zur Aufrichtung des Bundes und nennt die zwei Aspekte des österlichen Ge- <br />
heimnisses. „Er hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt“ (1,3). Der Sohn hat das Hindernis überwunden, das dem Bund entgegenstand, und hat den Bund zwischen Gott und uns endgültig abgeschlossen. <br />
<br />
Christus, der Sohn Gottes (1,5–14) und Bruder der Menschen (2,5–18) ist Mittler des Bundes gerade durch die Art und Weise, wie sein Sein konstituiert ist. Er empfängt den Titel „Hoher- <br />
priester“ (2,17), dem die grundlegende Aufgabe zukommt, zwischen Gott und den Menschen zu vermitteln. Diesem Titel sind zwei Wörter beigefügt: „glaubwürdig“ und „barmherzig“; diese <br />
benennen zwei Eigenschaften, die wesentlich und notwendig sind, um einen Bund abzuschließen und aufrechtzuerhalten. ‚Glaubwürdig‘ bezieht sich auf die Fähigkeit, eine Beziehung zwischen Gott und dem Volk herzustellen, ‚barmherzig‘ drückt die Fähigkeit aus, in brüderlicher Weise die Menschen zu verstehen und ihnen zu helfen. Das Geheimnis Christi umfasst seine Bindung an Gott und seine Solidarität mit den Brüdern, zwei Aspekte seiner Befähigung, Mittler des Bundes zu sein. <br />
<br />
<br />
'''b. Der Neue Bund, gegründet auf das Opfer Christi '''<br />
<br />
'''63.''' Als Jeremia den Neuen Bund ankündigte, hat er nicht erklärt, auf welche Weise er geschlossen wird und worin sein Gründungsakt besteht. Der Verfasser des Hebräerbriefes ver- <br />
kündet im zentralen Satz des ganzen Briefes mit großer Entschiedenheit: „Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter; und durch das erhabenere und vollkomme- <br />
nere Zelt, das nicht von Menschenhand gemacht, das heißt nicht von dieser Welt ist, ist er ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt“ (9,11–12). Christus ist in das wahre Heiligtum eingetreten, er wurde in die Vertrautheit mit Gott eingeführt, er hat den Weg zu Gott erschlossen, er hat die Gemeinschaft des Menschen mit Gott ermöglicht, er hat den endgültigen Bund verwirklicht. Mit welchen Mitteln? „Mit seinem eigenen Blut“, d. h. durch seinen gewaltsamen Tod, den er in Hingabe verwandelt hat, durch die Hingabe seines Lebens, die er zum Ausdruck der vollkommenen Einheit mit Gott und der äußersten Solidarität mit den Menschen gemacht hat. So hat Christus „eine ewige Erlösung“ für viele erlangt, die Befreiung von den Sünden als Grundvoraussetzung für den Abschluss des <br />
Neuen Bundes. <br />
<br />
Der Verfasser beschreibt in 10,1–18 die Wirkung, den Heilswert des Opfers Christi und stellt es als die entscheidende Handlung dar, die das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen radikal verändert hat. Er betont die Aufhebung der Schuld: Der Sünden wird nicht mehr gedacht (10,17), sie werden vergeben (10,18). Die beiden wichtigsten Sätze, die die Heilswirkung ausdrücken, tun das in positiver Weise und sprechen von der Gabe der Heiligkeit (10,10) und der Vollendung (10,14). <br />
<br />
Die eine Hingabe Christi hat also eine doppelte Wirkung: sie verleiht Christus die Vollendung und auch uns. In seinem Leiden und seiner Auferstehung war Christus passiv und aktiv: Er <br />
hat die Vollendung, d. h. die vollendete Beziehung mit Gott, erhalten und verwirklicht und er hat sie zugleich uns mitgeteilt; oder besser: er hat die Vollendung empfangen, um sie uns mitzuteilen. So hat er den Neuen Bund geschlossen. <br />
<br />
=====3.4.2. Was die Gabe des Neuen Bundes verlangt =====<br />
'''64.''' Diejenigen, die wegen der Hingabe Christi die Verzeihung der Sünden erhalten haben und geheiligt worden sind, und die so in den Neuen Bund eingetreten sind, befinden sich in einer neuen Lage, die von ihnen ein neues Verhalten fordert. Der Verfasser beschreibt seine charakteristischen Züge und seine Forderungen in 10,19–25. Der Abschnitt hat zwei Teile: der erste beschreibt (10,19–21), der zweite ermahnt (10,22–25). Der beschreibende Teil stellt die neue Situation dar, die durch das Handeln Christi geschaffen wurde. Er präsentiert den Neuen <br />
Bund als ein wunderbares Geschenk, das Gott uns in Christus gemacht hat, und zeigt, dass uns drei Dinge gehören: ein Recht zum Eintreten, ein Weg und ein Führer (Indikativ). Der ermahnende Teil nennt die Forderungen und lädt zu den drei Haltungen: Glaube, Hoffnung und Liebe ein; der Mensch soll das Geschenk Gottes aktiv annehmen (Imperativ). Der Text zeigt in <br />
vorbildlicher Weise den Zusammenhang zwischen der vorausgehenden Gabe Gottes und der daraus folgenden Aufgabe des Menschen, zwischen Indikativ und Imperativ. <br />
<br />
<br />
'''a. Voranschreiten in der Beziehung zu Gott '''<br />
<br />
'''65.''' Wir alle sind eingeladen, zu Gott zu kommen, in eine vertraute Beziehung mit ihm einzutreten. Vor allem wird eine persönliche Zustimmung zu Gott verlangt. Dies geschieht durch die drei göttlichen Tugenden, die eng und direkt mit dem Neuen Bund verbunden sind. <br />
<br />
Um sich mit Gott zu verbinden, ist in erster Linie der Glaube an Gott notwendig, der durch den priesterlichen Dienst Jesu vermittelt wird. Die Einladung zur „Fülle des Glaubens“ (10,22)gründet sich darauf, dass das Opfer und das Priestertum Christi voll wirksam sind und die Menschen tatsächlich zur Gemeinschaft mit Gott hinführen. Die Fülle des Glaubens wird erlangt, wenn „das Herz durch Besprengung vom schlechten Gewissen gereinigt und der Leib mit reinem Wasser gewaschen ist“ (10,22). Das bezieht sich auf das Sakrament der Taufe, auf ihren äußeren Ritus und auf ihre innere Wirksamkeit. Mit diesen Worten nennt der Verfasser den tiefen Wandel vom Alten zum Neuen Bund, den Übergang zu einem Bund, der mehr verinnerlicht ist. Die Besprengung mit dem Blut Christi erreicht den Menschen in seinem Herzen (vgl. Jer 31,33; Ez 36,25), befreit ihn von seinen schlechten Einstellungen, verwandelt und erneuert ihn. <br />
<br />
Die zweite Haltung ist die Hoffnung (10,23), die eng mit dem Glauben verbunden ist (vgl. 11,1); in ihr äußert sich die dynamische Seite des Glaubens; in der Botschaft, die wir empfan- <br />
gen, wird ja keine abstrakte Wahrheit geoffenbart, sondern eine Person, die Weg und Ursache des Heiles ist. Wir haben die Hoffnung, das ewige Erbe zu erlangen, für immer in die Ruhe <br />
bei Gott einzutreten. <br />
<br />
Der Verfasser ermahnt schließlich zur Liebe (10,24–25). Die Beziehung zwischen Bund und Liebe ist sehr eng. Die Liebe umfasst immer die beiden Dimensionen: Einheit mit Gott und <br />
Einheit mit den Brüdern, die beiden fundamentalen Dimensionen des Neuen Bundes. Diese Verse laden dazu ein, aufeinander zu achten, um in der wirksamen Liebe Fortschritte zu machen und gute Taten hervorzubringen, und fordern besonders die treue Teilnahme an den Zusammenkünften der Gemeinschaft. <br />
<br />
<br />
'''b. Opfer des Lobes für Gott und Dienst an den Brüdern '''<br />
<br />
'''66.''' In verschiedenen Ermahnungen zeigt der Verfasser, was das rechte Verhalten derer ist, die mit Christus zu Gott hingetreten sind: sie sollen Verfolgungen und Leiden ertragen, sie sollen fest im Glauben und geduldig in der Hoffnung sein (10,32–39) und sind gerufen, Frieden mit allen zu suchen und sich für die Heiligung einzusetzen (12,14–17). <br />
<br />
Nach weiteren Ermahnungen zum rechten Verhalten (13,1–14) folgt eine Zusammenfassung des sittlichen Lebens der Christen, eng verbunden mit dem Opfer Christi und seiner Vermittlung: „Durch ihn aber lasst uns Gott allezeit das Opfer des Lobes darbringen, nämlich die Frucht der Lippen, die seinen Namen preisen. Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, denn an solchen Opfern hat Gott Gefallen“ (13,15–16). <br />
<br />
Der christliche Gottesdienst verwirklicht sich vor allem im christlichen Leben. Er ist wahrhaft christlich, denn sein Mittler ist Christus – „durch ihn“ (13,15) – und er besteht darin, die ei- <br />
gene Existenz mit dem Opfer Christi zu verbinden, damit sie aufsteige zu Gott. Das geschieht auf zwei Weisen, die beide notwendig sind und die den zwei Seiten des Opfers Christi ent- <br />
sprechen: mit seinem Opfer hat Christus Gott verherrlicht und hat seine Brüder gerettet. In gleicher Weise soll der Christ Gott loben und seinen Brüdern dienen. Christus hat eine vollkommen Einheit mit dem Willen Gottes gezeigt (vgl. 5,8; 10,7–10) und eine großzügige Solidarität mit den Menschen (vgl. 2,17–18; 4,15). Durch ihn und mit ihm sollen die Christen ihre ganze Existenz dazu verwenden, dass sie Gott gehorchen und sich großzügig ihren Brüdern schenken. <br />
<br />
====3.5. Bund und Einsatz der Christen: die Sicht der Offenbarung des Johannes ====<br />
=====3.5.1. Ein Bund in der Geschichte =====<br />
'''67.''' Ausgangspunkt für den Bund, wie ihn die Offenbarung begreift, ist der Bund vom Sinai und mit David, verstanden und belebt durch die Aussicht auf den Neuen Bund bei Jeremia (Jer <br />
31,33; vgl. Ez 36,26–28). <br />
<br />
Der Verfasser der Offenbarung, der ohne Bruch vom Alten Testament ins Neue wechselt und umgekehrt, deutet den Bund als Verpflichtung Gottes, durch Christus und in Christus eine ge- <br />
genseitige Zugehörigkeit mit den Menschen zu verwirklichen, die ganz eng ist und mit der Formel ausgesagt wird: „Ihr seid mein Volk und ich bin euer Gott“ (Jer 31,32; Ez 36,28). Der <br />
erste ausdrückliche Bezug auf den Bund, den wir in der Offenbarung finden, nämlich: „Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet, und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar“ (11,19), schließt den großen Lobpreis ab (11,15–18), der einem fundamentalen Ereignis gilt: „Nun gehört die Herrschaft über die Welt unserem Herrn und seinem Gesalbten“ (11,15). Mit der Herrschaft in der Welt der Menschen wird auch der Bund verwirklicht; das wird feierlich sichtbar gemacht durch das Erscheinen der Bundeslade. <br />
<br />
Beim letzten Bezug auf den Bund nimmt der Verfasser die Formel von Jeremia und Ezechiel auf und sieht ihn verwirklicht im neuen Jerusalem, der Stadt und Braut: „Ich sah die heilige <br />
Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat“ (21,2). Das wird sofort erklärt: „Da hörte ich <br />
eine laute Stimme vom Thron her rufen: „Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden seine Völker sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein“ <br />
(21,3). <br />
<br />
Die alte Bundesformel wird hier überraschenderweise erweitert. Der Bezug auf Christus, das Lamm, als Bräutigam und auf Jerusalem als Braut – in 21,9 wieder aufgenommen – beleuchtet <br />
die verschiedenen Einzelheiten. Dass die Wohnung erwähnt wird und dass „die Wohnung Gottes unter den Menschen“ sein wird, nimmt Joh 1,14 auf: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“. Nur wegen des Handelns von Christus, dem Lamm (5,9), gibt es den Übergang zu: „sie werden seine Völker sein“, d. h. von dem einen Volk in der alten Formel zur Vielzahl der Völker in der neuen. Vor allem aber ist durch Christus und sein ganzes Wirken der Gott des Alten Bundes im Neuen Bund „ihr Gott“ geworden. <br />
<br />
=====3.5.2. Die Verpflichtung der Christen =====<br />
'''68.''' Der Bund und das Reich sind ein Geschenk Gottes und Christi, ein Geschenk jedoch, das sich seinen beiden Seiten nach durch das Mitwirken der Christen verwirklicht. Das drückt sich am Beginn der Offenbarung in dem Zuruf an Christus aus: „Ihm, der uns liebt und der uns von unseren Sünden erlöst hat durch sein Blut und der uns zu einem Königreich gemacht hat und zu Priestern vor Gott, seinem Vater – ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit, Amen“ (1,5–6). Es wird hier vor allem die Liebe Christi hervorgehoben, die der Versammlung der Christen gilt; dazu aber auch ein erstes Ergebnis seines Erlösungswerkes: die Menschen sind durch ihn geworden „ein Königreich und Priester“ (vgl. auch 5,9–10). Die Liebe Christi und die Erlösung gehören auf die eine Seite der gegenseitigen Beziehung, die den Bund ausmacht, Königreich und Priester auf die andere Seite. Wir wollen mit diesen beiden beginnen. <br />
<br />
<br />
'''a. Die Christen als „Königreich“ '''<br />
<br />
'''69.''' Von der Taufe ab gehören die Christen, befreit von ihren Sünden, ausschließlich zu Christus, der sie zu seinem Königreich macht (vgl. 1,5–6). Es handelt sich um ein Reich im Werden, das eine immer größere Zugehörigkeit zu Christus mit sich bringt. Dieser Vervollkommnung gilt der Aspekt der Buße im ersten Teil der Offenbarung (Kapitel 1–3). Wie wir sehen werden, richtet der auferstandene Christus, der in der ersten Person spricht, an seine Kirche Befehle, die sie zum Besseren verändern, bekehren und festigen wollen. Das, was der Auferstandene von den einzelnen Kirchen Kleinasiens verlangt, gilt allgemein für die Kirche aller Zeiten. In jedem der Briefe an die Kirchen zeigt sich eine Dialektik zwischen der Ortskirche, zu der gesprochen wird, und der Gesamtkirche – „die Kirchen“ – die jeweils am Schluss genannt werden. In dem Maße, in dem die Kirche diese Botschaft annimmt, wächst ihre Zugehörigkeit zu Christus, wird sie immer mehr Königreich, wird immer mehr fähig, Christus, dem Lamm, zu folgen (14,4) und dementsprechend zu handeln. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Christen als „Priester“ und „Sieger“ '''<br />
<br />
'''70.''' Die Christen, die Königreich geworden sind, werden parallel dazu als Priester bezeichnet (vgl. 1,5; 5,10). Die große Feier in 5,10 ist an Christus als das Lamm gerichtet. Die Bezeichnung ‚Lamm‘ ist der Offenbarung eigen (vgl. 5,6); sie meint Christus, der tot war und auferstanden ist, der mit aller messianischen Macht ausgestattet ist und den Menschen die Fülle seines Geistes sendet. Christus, das Lamm, macht die Christen zu Priestern. <br />
<br />
Mit dieser ungewöhnlichen Bezeichnung (vgl. noch 1 Petr 2,1– 10) wird die Reinheit ausgedrückt, die von ihnen verlangt wird, und die Würde, die ihnen als Königreich zukommt. Darüber hinaus benennt der Ausdruck eine Mittlerrolle zwischen dem Bund, den Gott will, und seiner Verwirklichung in der Geschichte, die mit der Endgestalt des Königreiches gegeben sein <br />
wird. Die Christen „herrschen auf der Erde“ (5,10) gerade als Priester, aber nicht in dem Sinn, dass sie eine bereits vollendete Herrschaft genießen, sondern im Sinn eines aktiven Einsatzes, <br />
um das Reich Gottes und Christi aufzurichten. <br />
<br />
Die aktive Vermittlung der Christen verwirklicht sich in der konkreten Geschichte, in der sich die dialektische Konfrontation zwischen Gut und Böse abspielt, zwischen Christus und sei- <br />
nen Getreuen und einem irdischen Gegenreich und Gegenbund, die vom Einfluss des Dämonischen bestimmt sind. Verbunden mit dem Sieg Christi, der in der menschlichen Geschichte gegenwärtig und aktiv ist, wird auch das Handeln des Christen das Böse überwinden und besiegen. Der Christ schließt von seinem Leben das aus, was seiner begonnenen Zugehörigkeit zum Reich widersprechen oder diese gar gefährden und zerstören <br />
würde. Die sittliche Anstrengung, Königreich im vollen Sinn zu werden, und die damit verbundene ständige Umkehr bewahren den Christen vor Rückschritt. <br />
<br />
Ihr Einsatz als Sieger, d. h. die Mitarbeit mit dem Sieg, den Christus über seine irdischen Gegner erringt, verlangt von den Christen eine Reihe von Handlungen. <br />
<br />
Die erste ist das Gebet, dem die Offenbarung eine entscheidende Rolle für den Aufbau des Reiches zuschreibt (vgl. 6,9– 11); die Gebete der Christen auf der Erde steigen auf zu Gott <br />
und Gott antwortet mit seinen Eingriffen in die Geschichte (8, 1–5). Das Gebet, das für die Offenbarung individuelles Lob und gemeinsame Feier ist, wird oft zur leidenschaftlichen Bitte. Diese ist dem Christen eigen, der den Lauf der Geschichte aufmerksam beobachtet und in ihr moralische Mängel feststellt. Neben dem Gebet steht das Zeugnis. Als derjenige, der ständig <br />
für die „Gebote Gottes“ und „das Zeugnis Jesu“ (12,17; 19,10) eintritt, stellt sich der Christ mit diesen Werten gegen das Reich und den Bund, die Christus feindlich sind und die er in der Ge- <br />
schichte antrifft. Mit Christus und in der Kraft Christi wird er darüber siegen. Sein Zeugnis gibt er mit dem Wort, vor allem aber mit seinem Leben, das er hinzugeben bereit ist (vgl. <br />
12,11). Für die Offenbarung ist der Christ immer ein potentieller Märtyrer. <br />
<br />
Wenn es ihm der Geist nahe legt, kann der Christ auch gegenüber dem ständig gegenwärtigen Gegenbund den Ton der Anklage aufnehmen, der den Propheten eigen ist. Die Offenbarung <br />
zeichnet die Hauptzüge des Propheten (vgl. 11,1–13): er muss vor allem sein Gebet verstärken und dann, in der Kraft des Geistes, das aggressive Verhalten des irdischen Gegenreiches und Gegenbundes anklagen; er wird das tun mit der unwiderstehlichen Macht des Wortes Gottes wie die früheren Propheten. Von ihm kann sogar verlangt sein, Christus bis zum Letzten zu folgen und sein österliches Schicksal zu teilen. Er kann getötet werden, aber auch nach seinem Tod wird er einen entscheidenden Einfluss in der Geschichte ausüben. <br />
<br />
<br />
'''c. „Die gerechten Taten der Heiligen“ (19,8) '''<br />
<br />
'''71.''' Im Rahmen der Handlungen des Christen ist noch eine Eigenschaft zu nennen, die ihnen allen gemeinsam ist; der Verfasser nennt sie „die gerechten Taten der Heiligen“ (19,8). Es handelt sich um die Spuren der Gerechtigkeit, die die Heiligen mit jeder von den genannten Taten in der Geschichte hinterlassen. Die Tätigkeiten, auf die sich „die gerechten Taten“ beziehen, tragen alle zum Wachsen des Reiches bei, gehören aber auch ganz entschieden zum Bund. Der Verfasser interpretiert sie ausdrücklich als „das Leinen“, das die Kirche, die immer noch Verlobte ist, für ihr Hochzeitsgewand verwenden wird, wenn sie bei der eschatologischen Vollendung zur Braut wird. <br />
<br />
<br />
'''d. Das weisheitliche Lesen der Geschichte'''<br />
<br />
'''72.''' Die aktive Nachfolge, zu der der Christ berufen ist, ist eng mit den Vorgängen der Geschichte verbunden. Damit sein Beten, sein Prophezeien, sein Zeugnis und jede andere seiner Handlungen wirklich eine Tat der Gerechtigkeit ist, wird vom Christen verlangt, dass er den Teil der Geschichte, in dem er lebt, angemessen interpretiert. Vom ersten Teil der Offenbarung an stand – neben der Forderung, „ein Königreich zu werden“ – die eindringliche Forderung, die Geschichte in rechter Weise zu lesen und zu interpretieren. Dies ist ein entscheidender Punkt für das ganze christliche Leben aus der Sicht der Offenbarung. Es handelt sich darum, die Geschichte zu lesen, wobei ein Auge auf die Grundsätze und religiösen Werte gerichtet ist, die Gott geoffenbart hat und offenbart, und das andere Auge auf die konkreten Begebenheiten. Wenn man die konkreten Ereignisse in den Rahmen der religiösen Werte und Grundsätze stellt und sie von diesen erleuchten lässt, erhält man eine Interpretation nach Art der Weisheit. Die Offenbarung nennt Weisheit einerseits die Art und Weise, mit der Gott und das Lamm die Entwicklung der Geschichte voranführen (vgl. 5,12; 7,12), und andererseits die Fähigkeit des Christen diese transzendente Weisheit in der konkreten Stunde zu entdecken, Grundsätze und konkrete Fakten in einer Synthese zu verbinden und daraus Weisungen für das Handeln herzuleiten. Darauf zielt der Befehl, den der auferstandene Christus siebenmal wiederholt: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (2,7.11.17.29; 3,6.13. 22). Dem dienen auch die symbolischen Bilder, die die großen religiösen Grundsätze enthalten und die die verschiedensten historischen Situationen in sich aufnehmen und erleuchten sollen. Ihre Interpretation und Anwendung erlaubt ein angemessenes und dem Heute entsprechendes Lesen der Geschichte in Weisheit. <br />
<br />
Indem er in der Geschichte auf diese Weise sein Gebet, sein Zeugnis, seine Prophezeiung und seine anderen Handlungen vollzieht, so wie es ihm jeweils das weisheitliche Lesen der Fakten nahe legt, trägt der Christ zur weiteren Verwirklichung des Reiches bei und wächst er in der gegenseitigen Liebe zu Christus, die dem Bund eigen ist. <br />
<br />
<br />
'''e. Abschluss '''<br />
<br />
'''73.''' Der Bund ist für die Offenbarung ein Geschenk Gottes, das die Wechselfälle des menschlichen Lebens bestimmt. Indem er in Christus durch die Geschichte geht, verwirklicht Gott fortschreitend das volle Maß an Gegenseitigkeit, die das neue Jerusalem kennzeichnet, und das für seine Verwirklichung die volle Entwicklung des Reiches verlangt. Bund und Reich gehören zusammen: parallel gehen sie durch die Geschichte und fallen am Ende zusammen. Vom Zielpunkt her gesehen, sind im Reich die Werte Christi voll verwirklicht und befindet sich alles in voller Übereinstimmung mit ihm und dem Vater. Was das Verhältnis zwischen den Personen angeht, bedeutet diese Situation die Gegenseitigkeit des voll verwirklichten Bundes, die vollendete Liebe. Die Gabe des Bundes durch Gott erscheint daher im Buch der Offenbarung als eine bewegende Kraft, die die Heilsgeschichte voranbringt und zur Vollendung führt. <br />
<br />
====3.6. Die Eucharistie als Inbegriff des Neuen Bundes ====<br />
=====3.6.1. Die Gabe der Eucharistie =====<br />
'''74.''' Wie schon erwähnt, erscheint die Aussicht auf einen neuen Bund beim Propheten Jeremia (31,31–34 vgl. Ez 36,26–28). Das entscheidende Eingreifen Gottes „Ich werde mein Gesetz in ihr Herz legen“ (31,33) wird als Wirkung haben, dass „alle mich erkennen“ (31,34). Jeremia gibt nicht das Mittel an, durch das Gott diese innere Verwandlung bewirkt. <br />
<br />
<br />
'''a. Der Tod Jesu begründet den endgültigen Bund '''<br />
<br />
Bei den Synoptikern und bei Paulus wird konkret angegeben, welches Mittel Gott bei diesem inneren Wirken gebraucht, das Jeremia und Ezechiel angekündigt haben. Jesus, der leidende <br />
Knecht Gottes nimmt mit aussagekräftigen Zeichen (Lk 22,27; Joh 13,4–5.13–17) seine höchste Hingabe vorweg und sagt beim Anbieten des Kelches mit seinem Blut „das ist mein Blut des Bundes“ (Mt 26,28; Mk 14,24; vgl. Ex 24,8) oder – in der Formulierung von Paulus und Lukas –: „Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut“ (Lk 22,20; 1 Kor 11,25). <br />
<br />
Indem er der Kirche die Eucharistie gibt, hat Jesus sich selber gegeben und hat so die Bedeutung seines Leidens und seiner Auferstehung festgelegt. Er hat den Tod, diesen menschlichen Akt, der völlige Trennung bedeutet und bewirkt, in ein machtvolles Mittel der Vereinigung verwandelt. Gewöhnlich bewirkt der Tod einer Person einen unheilbaren Bruch zwischen dem, der geht, und den anderen, die bleiben, und das noch mehr, wenn es sich um jemand handelt, der zum Tode verurteilt wurde. Aber beim letzten Abendmahle gibt Jesus dem Tod eines Verurteilten einen ganz entgegengesetzten Sinn, macht ihn zum Anlass und zur Ursache der höchsten Liebe, zum Instrument der Gemeinschaft mit Gott und mit den Brüdern, zum Mittel für die Begründung des endgültigen Bundes. <br />
<br />
Die Einsetzungsworte „Trinkt alle daraus, das ist mein Blut, das Blut des Bundes“ offenbaren und bewirken, dass der Sinn des Todes gewandelt wird. Als Nahrungsmittel, das Leben gibt, <br />
wird angeboten „das vergossene Blut“, d. h. der Tod selber. Er wird nicht mehr als verhängnisvolles Unglück angesehen, sondern als „Gedächtnis“, als bleibende Gegenwart eines Hingerichteten, der „wiederkommen wird“; denn angefangen von „der Nacht, in der er ausgeliefert wurde“ (1 Kor 11,23) ist der, der verurteilt wurde, eingesetzt als derjenige, der unser Richter sein wird, „damit wir nicht zusammen mit der Welt verdammt werden“ (1 Kor 11,32). <br />
<br />
<br />
'''b. Die eucharistischen Gaben und ihre Wirkung für die Gemeinschaft '''<br />
<br />
'''75.''' Die sakramentale Handlung drückt besonders die Wirkung des Opfers für die Gemeinschaft aus. Jesus gibt sich als Speise und Trank für alle Menschen (vgl. Joh 6,53–58). Daher macht sein Opfer ihn nicht nur wohlgefällig für Gott, sondern die Form, durch die es bezeichnet und bewirkt wird, zeigt auch die Wohltat für uns, indem sie uns aufs Engste mit Jesus und durch ihn mit Gott verbindet. Das Gastmahl des Neuen Bundes, bei dem Jesus selbst Speise wird, verwirklicht das, was Jeremia unterstrichen hat: das Wirken Gottes wird die Menschen „von innen her“ verwandeln. Durch dieses „man muss das Fleisch Jesu essen“ und „man muss sein Blut trinken“ wird die vollkommene innere Angleichung betont, und es zeigt sich auf die bestmögliche Weise das innere Wirken Gottes, das Jeremia und Ezechiel vorhergesehen haben. Dieses Wirken Gottes ist nicht auf eine privilegierte Gruppe beschränkt, sondern verbindet alle Teilnehmer in gegenseitiger Gemeinschaft. Alle nehmen an diesem Mahl teil, niemand ist ausgeschlossen; es geht ja um den Leib, „der für euch hingegeben wird“ und um das Blut, „das für euch vergossen wird“. Schon jedes ‚Sym-posion‘ bringt die Dynamik <br />
der gegenseitigen Gemeinschaft zwischen den Personen, des gegenseitigen Sich-Annehmens, der freundschaftlichen und brüderlichen Beziehungen mit sich. Umso mehr tut dies das eu- <br />
charistische Gastmahl, das nicht das Ergebnis von rein horizontalen Übereinstimmungen ist, sondern seinen Ursprung in der Einladung Christi hat; er hat sein Blut für alle vergossen und er <br />
hat erlangt, was keiner, und auch nicht alle zusammen, hätten erlangen können: „die Verzeihung der Sünden“ (Jer 31,34; Mt 26,28). <br />
<br />
Diese tiefe Wirklichkeit des Herrenmahles war für den Glauben so eindruckvoll, dass Paulus selbst, der sonst immer beachtet, dass es zwei eucharistische Gaben sind (1 Kor 10,16), von dieser kompakten Einheit, die das Sakrament schafft, fasziniert ist. Daher geht er in einem bestimmten Augenblick dazu über, sich auf eines von ihnen zu konzentrieren: „E i n Brot ist es. Darum sind wir viele e i n Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot“ (1 Kor 10,17). Dieser eine Leib ist die Kirche. <br />
<br />
Während Jesus vom eucharistischen Brot sagt: „Das ist mein Leib“ (1 Kor 11,24), sagt Paulus zu den Korinthern „Ihr seid der Leib Christi“ (1 Kor 12,27). Das eine gibt es nicht ohne das <br />
andere und die beiden zu trennen bedeutet: das „ist nicht mehr eine Feier des Herrenmahles“ (1 Kor 11,20). <br />
<br />
<br />
'''c. Die Eucharistie, das Geschenk '''<br />
<br />
'''76.''' Die Eucharistie ist ganz und gar Geschenk, sie ist das Geschenk schlechthin. In ihr gibt Jesus sich selber, seine eigene Person. Er schenkt jedoch seinen Leib, der hingegeben wird, <br />
und sein Blut, das vergossen wird. D. h. er gibt sich selber in der höchsten Handlung seines Lebens, nämlich in der Hingabe seines Lebens, in der vollkommenen Weihe an Gott und im <br />
vollendeten Einsatz für die Menschen. Jesus gibt sich im Brot und im Wein, als Speise und als Trank. Das bedeutet die innere Verwandlung, die kennzeichnend ist für den neuen Bund (vgl. <br />
Jer 31,33). Durch die eucharistische Einheit geschieht zugleich die engste Verbindung mit Gott und mit den Menschen. Man kann nicht in dieser inneren und lebendigen Gemeinschaft mit <br />
Christus sein und sich dann auf eine Art und Weise verhalten, die dem Verhalten Jesu zu Gott und zu den Menschen entgegengesetzt ist. <br />
<br />
=====3.6.2. Die Konsequenzen der Eucharistie für die Gemeinschaft =====<br />
'''77.''' Angesichts des falschen Verhaltens der Korinther gerade während der eucharistischen Feier denkt Paulus über die Natur und Bedeutung der Eucharistie nach und entwickelt Kriterien <br />
für das rechte Verhalten. Der Weg, den er zeigt, ist nicht mehr Gesetz und Buchstaben, sondern Person, Handlung, Geist – alles verwirklicht und gegenwärtig in Jesus. Es ist inkonsequent <br />
und widersprüchlich, im Sakrament das vollendete Geschenk Jesu zu empfangen und sich mit seiner Person und mit seinem Leib, d. h. mit allen anderen Mitgliedern der christlichen Gemeinde, aufs Innigste zu verbinden, und dann sich von ihnen zu trennen, indem man sie verachtet und mit ihnen das Gemeinschaftsleben und die Güter nicht teilt. <br />
<br />
<br />
'''a. Eucharistie und gelebte Gemeinschaft '''<br />
<br />
Die Feier des Neuen Bundes muss mit dem Leben übereinstimmen, sonst macht sie sich lächerlich. Sie hat eine sittliche Dimension, die das alltägliche Leben betrifft. <br />
<br />
Es ist genau darauf zu achten, warum die Korinther schuldig geworden sind. Sie haben die Eucharistie nicht im Sinn einer Profanierung missbraucht, indem sie diese nicht als eine heilige <br />
Wirklichkeit behandelt haben. Ihre Schuld liegt darin, dass sie die Konsequenzen der Eucharistie für das Gemeinschaftsleben nicht beachtet haben und auch nicht die persönliche Verbundenheit mit dem Herrn: es ist nicht möglich, den Herrn hochzuschätzen und gleichzeitig den Nächsten zu verachten, der auf geheimnisvolle Weise mit diesem Herrn verbunden ist. <br />
Die Korinther haben dem Bund, den der Herr schenkt, seine „Neuheit“ genommen und haben ihn in den starren wirtschaftlichen und sozialen Kategorien des Heidentums erstickt. <br />
<br />
<br />
'''b. Nicht Mahl der Vollkommenen, sondern Heilmittel der Schwachen '''<br />
<br />
'''78.''' Paulus tadelt die Spaltungen unter den Korinthern als unverträglich mit dem Herrenmahl, er ruft aber nicht einen „Eucharistiestreik“ aus. Wer die Eucharistie verbieten wollte, bis die <br />
kirchlichen Gemeinschaften in voller Einheit und frei von Sünden wären, könnte nie dem Befehl Christi entsprechen: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,24.25). Paulus selber <br />
verbindet die beiden Dinge: „Es muss Parteiungen unter euch geben; nur so wird sichtbar, wer unter euch treu und zuverlässig ist“ (1 Kor 11,19). Indem er eine Verbindung herstellt zwischen <br />
der Eucharistie und dem sittlichen Bemühen, schließt sich der paulinische Text an viele Schriften des Alten Testaments an, die die Beziehung von Gottesdienst und Ethik unterstreichen (vgl. oben Nr. 35–36). <br />
<br />
Wegen der Mängel in den Gemeinden ist die Eucharistie ständig eine Erinnerung und ein Ansporn, sich mit dieser Situation nicht zufrieden zu geben. Daher sieht sie Paulus auch als einen Anlass, damit „jeder sich selber prüfe“ (1 Kor 11,28). Die Frucht wird sein: „Wenn wir jetzt vom Herrn gerichtet werden, dann ist es eine Zurechtweisung, damit wir nicht zusammen mit der Welt verdammt werden“ (1 Kor 11,32). Schon bei der ersten Feier der Eucharistie sieht Jesus sich gezwungen, die Fehler der Seinen zu tadeln: „Es entstand ein Streit unter ihnen, wer <br />
von ihnen wohl der Größte sei“ (Lk 22,24). Die zwei, die nach Emmaus wandern, haben sich in den Träumen des politischen Messianismus verfangen (Lk 24,21); aber das hindert Jesus <br />
nicht daran, ihnen die Schriften zu erklären und sich von ihnen „am Brotbrechen“ erkennen zu lassen (24,35). <br />
<br />
Was sich in Korinth abspielt und bedauernswert ist, hat für Paulus nicht zur Folge, dass auf die eucharistischen Feiern resigniert zu verzichten ist, sondern bietet sich als Gelegenheit an, das Gewissen zu erforschen, individuell und gemeinschaftlich, und den „Imperativ“ der notwendigen Änderungen zu formulieren; so wird dem „Indikativ“ der göttlichen Kraft, die im Neuen Bund wirksam ist, erlaubt, ihr einigendes Wirken im Leib Christi zu vollbringen. <br />
<br />
Wenn man sich nicht als Einzelner oder als Gruppe starrsinnig abschließt, dann wird die Teilnahme an der Eucharistie immer der stärkste Ruf zur Umkehr sein und die beste Art und Weise, dem Bund neue Lebenskraft zu geben, damit er das Leben und das Verhalten in der Kirche erneuere und, von ihr her, in der Welt. <br />
<br />
<br />
'''c. Die Dynamik des Geistes Christi '''<br />
<br />
'''79.''' In der Eucharistie gibt Jesus sich der Gemeinschaft der Teilnehmenden gerade in seinem höchsten Handeln, in seiner totalen Hingabe an Gott, den Vater, und in seinem grenzenlosen <br />
Einsatz für die sündigen Menschen. Indem er sich selber gibt, teilt Jesus seinen Geist mit, den Geist Christi (Röm 8,9; Phil 1,19). Dieses Geschenk verlangt bei freien Wesen eine aktive <br />
Aufnahme, dass wir uns dem Geist Jesu angleichen, dass wir in seinem Geist handeln. Paulus kommt daher zu dem Schluss: „Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist <br />
auch folgen“ (Gal 5,25). <br />
<br />
Es handelt sich nicht um einen Befehl, der von außen her auferlegt wird und der mit den eigenen Kräften zu verwirklichen ist, sondern um einen inneren Befehl, der mit dem Geist selber gegeben ist. Es bleibt eine ständige Aufgabe, sich dem Geist Jesu zu öffnen, von ihm die eigenen Handlungen bestimmen zu lassen, ihm zu folgen. Der Geist, der in Jesus lebendig ist und den er besonders in der Gabe der Eucharistie mitteilt, wird eine dynamische Wirklichkeit in den Herzen der Christen, wenn sie sich seinem Wirken nicht widersetzen. <br />
<br />
Durch das Verhalten der Korinther wird für Paulus das zentrale Element des christlichen Glaubens in Gefahr gebracht, die Gegenwart und Wirksamkeit des Geistes Christi in den Herzen der Gläubigen. Dem Geist Christi, der ein Geist der Liebe und Solidarität ist, haben sie die alten Privilegien und Trennungen nach Klassen vorgezogen und haben die verachtet, die nichts besitzen (1 Kor 11,22). Daher erklärt sich die so entschiedene Reaktion des Apostels, die von derselben Sorge bestimmt ist, die er gegenüber den Galatern ausspricht: „Am Anfang habt ihr auf den Geist vertraut, und jetzt erwartet ihr vom Fleisch die Vollendung“ (3,3). <br />
<br />
Die Gegenwart und die innere Dynamik des Geistes entpflichtet die Christen nicht von entschiedenen und harten Anstrengungen. Jesus selbst, der Besitzer und Geber des Geistes, war nicht befreit von harter Mühe beim Vollbringen des Heilswerkes. Das Verhalten Jesu soll die inspirieren, die durch sein Blut am Neuen Bund Anteil erhalten haben. <br />
<br />
===4. VON DER GABE ZUR VERGEBUNG ===<br />
'''80.''' Grundlegend ist die Gabe Gottes, die mit der Schöpfung beginnt, sich in den verschiedene Ausprägungen des Bundes zeigt und bis zur Sendung des Sohnes geht, bis zur Offenbarung Gottes als Vater, Sohn und Heiliger Geist (Mt 28,19) und bis zum Angebot der vollkommenen und unvergänglichen Lebensgemeinschaft mit Gott. Die Gabe ist zugleich Einladung, sie anzunehmen, sie zeigt implizit auch die rechte Weise der Annahme und befähigt zur angemessenen Antwort. Beim Darlegen der geoffenbarten Moral war es auch unser Anliegen zu zeigen, wie Gott seine Gaben begleitet mit der Offenbarung des rechten Weges, der rechten Weise, sie anzunehmen. <br />
<br />
Aber nach dem Zeugnis der Bibel haben die Menschen von Anfang an die Gabe Gottes nicht in rechter Weise angenommen. Sie wollten dem Weg, den Gott zeigt, nicht folgen und haben <br />
ihre eigenen, falschen Wege vorgezogen. Das geschieht in der ganzen menschlichen Geschichte, in jeder Generation bis hin zur Kreuzigung des Sohnes Gottes, zur Ablehnung seiner Boten, zur Verfolgung seiner Gläubigen. Die Bibel berichtet das Handeln Gottes und zugleich die Bosheit, die Schwäche und das Versagen der Menschen. Dringend stellt sich die Frage: Wie reagiert Gott auf diese Antwort der Menschen? Macht er sein Angebot nur ein einziges Mal? Verliert es der, der es nicht sofort richtig annimmt, für immer und ist er endgültig und unerbittlich verloren in seinem Widerstand, getrennt von Gott, der Quelle des Lebens? <br />
<br />
In dieser Situation zeigen uns die Bücher der Bibel, wie zur Gabe die Vergebung kommt. Gott handelt nicht als Richter und unerbittlicher Rächer, sondern erbarmt sich seiner gefallenen <br />
Geschöpfe, lädt sie zu Reue und Bekehrung ein und vergibt ihre Schuld. Es ist eine grundlegende und entscheidende Wahrheit der geoffenbarten Moral, dass sie nicht ein starrer und unbeweglicher Moralismus ist, sondern dass hinter ihr der Gott steht, der voll Erbarmen ist und der nicht den Tod des Sünders will, sondern dass dieser sich bekehre und lebe (vgl. Ez 18,23.32). Wir wollen die Hauptkennzeichen dieser guten und heilbringenden Situation darstellen, in der zur Gabe die Vergebung kommt und die allein dem sündigen Menschen Hoffnung schenkt. Das Alte Testament bezeugt vielfach die Bereitschaft Gottes zur Vergebung; sie erreicht dann in der Sendung Jesu ihren Höhepunkt. <br />
<br />
====4.1. Die Vergebung Gottes nach dem Alten Testament ====<br />
'''81.''' Sünde und Schuld, Buße und Sühne haben eine wichtige Rolle im täglichen Leben des Volkes Gottes. Das zeigt sich in den grundlegenden biblischen Erzählungen vom Ursprung des <br />
Bösen in der Welt (Gen 2–4; 6–9), von der Auflehnung Israels (Jer 31; Ez 36) und von der Anerkennung der Herrschaft Gottes durch die ganze Erde (Jes 45,18–25). Ein reicher Wortschatz für den ganzen Bereich von Sünde und Vergebung und wohl geordnete Versöhnungsriten zeigen dasselbe. Es ist jedoch nicht leicht, die Dynamik des Vorganges zu verstehen, in dem die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk wiederhergestellt wird, entsprechend seinen anthropologischen und theologischen Dimensionen. Sie sind tatsächlich sehr verschieden von unseren heutigen Vorstellungen. <br />
<br />
<br />
'''a. Zwei Grundvoraussetzungen '''<br />
<br />
Wir nennen zwei wichtige Vorstellungen. Vor allem anderen: Schuld und Vergebung sind nicht Verbuchungsvorgänge, sind nicht Materie von juristischer Zuweisung und von Nachlass von <br />
Schulden. Sie greifen vielmehr tief in die Realität ein. Die schlechten Handlungen verursachen eine negative Veränderung des Kosmos. Sie sind gegen die Schöpfungsordnung und sie <br />
können nur durch Handlungen ausgeglichen werden, die die Weltordnung wiederherstellen. An zweiter Stelle: Diese Vorstellung von einem natürlichen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist wichtig für die Rolle Gottes bei der Vergebung: Er ist nicht der strenge Gläubiger, der Schulden in Ordnung bringt, er ist vielmehr der wohlwollende Schöpfer, der die Menschen wieder zu Wesen macht, die er liebt, und der die Schäden, die sie an der Welt verursacht haben, wiedergutmacht. Diese zwei Voraussetzungen entsprechen nicht dem juristischen Verständnis von Sünde und Vergebung in unserer Kultur. Man muss sie aber berücksichtigen, weil man sonst einen Zugang zur Verkündigung von der Barmherzigkeit Gottes verliert. Das ontologische Verständnis der Sühne zeigt sich in einigen metaphorischen Ausdrücken: Gott „wirft die Sünden in die Tiefe des Meeres“ (Mi 7,19), „wäscht ab die Schuld“ (Ps 51,4) und „er- <br />
löst von der Sünde“ (Ps 130,8). <br />
<br />
<br />
'''b. Die priesterliche Tradition '''<br />
<br />
Eine ins Einzelne gehende Theologie der Vergebung wurde in priesterlichen Kreisen entwickelt, besonders in der Form, die sich in den Büchern Levitikus und Ezechiel findet und für die der Ausdruck „die Sünden bedecken (kipper)“ wichtig ist. Das Buch Levitikus enthält die Gesetzgebung für den Kult; es geht um die verschiedenen Opfer, die den verschiedenen Kategorien von Sünde und Unreinheit entsprechen (Lev 4–7). Der große Ritus findet am Versöhnungstag statt, wenn der Ziegenbock für den HERRN als Opfer für die Sünden des Volkes dargebracht wird und der Ziegenbock für Asasel in die Wüste geschickt wird und die Sünden Israels mit sich nimmt (Lev 16). Das Gesetz für diese Zeremonie findet sich genau in der Mitte der fünf Bücher Mose und regelt die wichtigste kultische Tätigkeit, die eingerichtet ist, um die fortdauernde Gegenwart des HERRN inmitten seines Volkes im Offenbarungszelt der Wüste möglich zu machen (vgl. Ex 40). <br />
<br />
Fundamental ist es für die priesterliche Tradition, dass die Versöhnungsriten nicht dargestellt werden als Mittel, die die Barmherzigkeit Gottes in dem Sinn erlangen, dass ein menschliches <br />
Tun über Gottes Willen zur Vergebung verfügen oder ihn gar zur Vergebung verpflichten könnte. Diese Riten stellen vielmehr das objektive Zeichen für die Vergebung des HERRN dar <br />
(Blut als Unterpfand des Lebens: vgl. Gen 9,4). <br />
<br />
Die Versöhnung selbst ist jedoch reine Initiative des transzendenten Wohlwollens des HERRN gegenüber dem reuigen Sünder. So erklärt Levitikus: „Denn an diesem Tag entsühnt man <br />
euch, um euch zu reinigen. Vor dem HERRN werdet ihr von allen euren Sünden wieder rein“ (16,30). <br />
<br />
<br />
'''c. Kennzeichen der Versöhnung '''<br />
<br />
Auf dem Hintergrund dieser priesterlichen Lehre sind viele Aussagen zu verstehen, die sich da und dort finden und die Versöhnung der Menschen mit Gott betreffen. Es ist ausschließlich <br />
der HERR, der Sünden vergibt (Ps 130,8). Seine Barmherzigkeit betrifft ganz Israel (Ex 32,14), auch die böse Generation der Wüste (Ex 34,6–7), seine Stadt Jerusalem und auch die anderen Völker (Jona 3,10). Die Vergebung ist immer unverdient und kommt von der Heiligkeit Gottes, der Eigenschaft, die den HERRN von allen irdischen Wesen unterscheidet (Gen 8,21; Hos 11,9). Die Vergebung Gottes verursacht eine kreative Erneuerung (Ps 51,12–14; Ez 36,26.27) und bringt Leben mit sich (Ez 18,21–23). Sie ist Israel immer angeboten (Jes 65,1–12) und kann nur durch die Weigerung des Volkes, zum HERRN zurückzukehren, vereitelt werden (Jer 18,8; Am 4,6–13). Nach dem Dekalog ist die Geduld Gottes so staunenswert, dass sie bis ins dritte und vierte Geschlecht geht und darauf wartet, dass sie die Wege der Bosheit verlassen (Ex 20,5–6; Num 14,18). Seine Vergebung schließlich beendet jede Strafe (Jes 40,1–20; Jona <br />
3,10), die kein anderes Ziel hat, als die Sünder zu Gott zurückzuführen: „Habe ich etwa Gefallen am Tod des Schuldigen und nicht vielmehr daran, dass er seine bösen Wege verlässt und so am Leben bleibt?“ (Ez 18,23; vgl. Jes 4). <br />
<br />
<br />
====4.2. Die Vergebung Gottes nach dem Neuen Testament ====<br />
'''82.''' Die Schriften des Neuen Testaments stimmen in der zentralen Wahrheit überein, dass Gott die Vergebung der Sünden durch die Person und das Werk Jesu gewährt hat. Wir wollen <br />
diese Botschaft etwas ausführlicher darlegen für das Matthäusevangelium und, kürzer, für einige andere Schriften des Neuen Testaments. <br />
<br />
<br />
'''a. Jesus, der Erlöser von den Sünden (Matthäus) '''<br />
<br />
Der Evangelist Matthäus betont in besonderer Weise, dass die Sendung Jesu in der Aufgabe besteht, sein Volk von seinen Sünden zu erlösen (1,21), die Sünder zu rufen (9,13) und die <br />
Verzeihung der Sünden zu erlangen (26,28). <br />
<br />
Vor der Geburt Jesu wird Josef vom Engel des Herrn über die Situation Marias und seine eigene Rolle unterrichtet und erhält den Auftrag: „Du sollst ihm den Namen Jesus geben; denn er <br />
wird sein Volk von seinen Sünden erlösen“ (1,21). Auf grundlegende und programmatische Weise wird direkt durch den Namen des Kindes seine wichtigste Sendung ausgedrückt. Dem <br />
Namen ‚Jesus‘ (hebräisch jeschua oder jehoschua) wird gewöhnlich die Bedeutung zugeschrieben: ‚Der HERR rettet‘. Die Gabe der Rettung wird hier näher bestimmt als Vergebung der Sünden. In Ps 130,8 bekennt der Beter: „Er (Gott) wird Israel erlösen von allen seinen Sünden.“ Von jetzt ab wird Gott handeln und die Sünden vergeben durch die Person Jesu. Das Kommen und die Sendung Jesu ist auf die Vergebung konzentriert und bezeugt in unwiderlegbarer Weise, dass Gott vergibt. In den beiden Versen, die folgen, berichtet Matthäus die Erfüllung der Schrift und sagt: „Man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns“ (1,22–23). Jesus befreit von den Sünden, er nimmt das weg, was die Menschen von Gott trennt, und zugleich erneuert er die Gemeinschaft mit Gott. Bei der Begegnung mit einem Gelähmten verwirklicht Jesus ausdrücklich diese seine Aufgabe. Er heilt den Kranken nicht sofort, sondern sagt ihm, voll Güte und Zuneigung: „Hab Vertrauen, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (9,2) Einige Schriftgelehrte, die dort sind und sich der Bedeutung des Geschehenen bewusst sind, klagen Jesus in ihrem Inneren an, dass <br />
er gelästert hat, dass er sich ein Vorrecht Gottes angemaßt hat. Ihnen gegenüber besteht Jesus auf seiner Vollmacht und wertet als Bestätigung die folgende Heilung: „Ihr sollt aber erkennen, <br />
dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. ...“ (9,6). Mit dieser Begegnung sind die Berufung des Zöllners Matthäus (9,9) und das Gastmahl Jesu <br />
und seiner Jünger mit vielen Zöllnern und Sündern (9,10) verbunden. Gegen den Protest der Pharisäer präsentiert Jesus sich als Arzt und sein Handeln als Ausdruck des von Gott gewollten <br />
Erbarmens und beschreibt so die Sendung, die Gott ihm anvertraut hat: „Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu berufen, nicht die Gerechten“ (9,13). Auch hier hat die Vergebung als Ziel die Gemeinschaft; das drückt Jesus aus in der vertrauten Anrede (‚Sohn‘) an den kranken Sünder, im Ruf zur Nachfolge an den Zöllner und im gemeinsamen Mahl mit den Zöllnern und Sündern. <br />
<br />
Während des letzten Abendmahles gibt Jesus den Kelch seinen Jüngern und sagt: „Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung <br />
der Sünden“ (26,28). So offenbart er, auf welche Weise er die Rettung seines Volkes von seinen Sünden erlangen wird. Er wird sein Blut vergießen, d. h. sein eigenes Leben opfern, und <br />
so den neuen und endgültigen Bund schließen und die Vergebung der Sünden erlangen (vgl. Hebr 9,14). Die Handlungen, die Jesus von seinen Jüngern verlangt, nämlich seinen Leib zu <br />
essen und sein Blut zu trinken, sind Unterpfad ihrer Gemeinschaft mit Jesus und durch ihn mit Gott; diese Gemeinschaft wird vollkommen und ewig mit dem Mahl im Reich des Vater (26,29). <br />
<br />
<br />
'''b. Jesus, der Erlöser, in anderen Schriften des Neuen Testaments '''<br />
<br />
'''83.''' Wir verweisen kurz auf das Johannesevangelium, auf den Römerbrief, auf den Hebräerbrief und auf die Offenbarung des Johannes. Es kann überraschen, dass fast immer am Beginn dieser Schriften die Sendung Jesu zur Vergebung der Sünden hervorgehoben wird. <br />
<br />
Bei seinem ersten Auftreten wird Jesus von Johannes dem Täufer so vorgestellt: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (Joh 1,29). Die Welt, die ganze Menschheit ist von der Sünde geprägt; Gott hat Jesus gesandt, damit er die Welt von der Sünde befreie. Was Gott zur Sendung seines Sohnes bestimmt hat, ist seine Liebe zur sündigen Welt: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,16–17). Auch am Beginn seines ersten Briefes stellt Johannes fest: „Das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde“ (1,7) und er fährt fort: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht. Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns“ (1,9–10). <br />
<br />
Paulus beschäftigt sich besonders im Römerbrief mit der Vergebung, die Gott schenkt und Jesus verwirklicht: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus. Ihn hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben ...“ (3, 23–25). Für alle ist der Glaube an Jesus der Zugang zur Vergebung ihrer Sünden (vgl. 3,26) und zur Versöhnung mit Gott (vgl. 5,11). Auch nach Paulus ist die Liebe Gottes zu den Sündern das Motiv für die Sendung des Sohnes: „Gott aber hat seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (5,8). <br />
<br />
Der Anfang des Hebräerbriefes beschreibt die Stellung des Sohnes, durch den Gott in der Endzeit gesprochen hat (1,1–4) und erwähnt sein entscheidendes Handeln: er hat bewirkt „die Reinigung von den Sünden“ (1,3). Auf diese Weise wird gleich am Anfang hervorgehoben, was das Hauptthema des Briefes ausmacht. <br />
<br />
Gleich im Anfangsteil der Offenbarung heißt es von Jesus Christus: „Er liebt uns und hat uns von unseren Sünden erlöst durch sein Blut, er hat uns zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott seinem Vater“ (1,5–6). Das wird wiederholt in der großen, festlichen und allumfassenden Feier, die dem Lamm gilt, und drückt sich aus in dem neuen Lied: „Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern, und hast sie für unseren Gott zu Königen und Priestern gemacht; und sie werden auf der Erde herrschen“ (5,9–10). Einzigartig sind das Fest und die Freude und sie sind verursacht dadurch, dass das Opfer von Jesus, dem Lamm, schlechthin die erlösende und heilbringende Tat ist: sie ist es, die die verlorene Menschheit mit Gott versöhnt, die aus dem Tod zum Leben führt und die im Dunkel der Verzweiflung das Licht einer hellen und glücklichen Zukunft aufstrahlen lässt, das Licht der vollendeten Gemeinschaft mit Jesus und mit Gott. <br />
<br />
Zum Schluss wollen wir noch die persönliche Erfahrung der beiden großen Apostel, Petrus und Paulus, erwähnen. Zur Erfahrung beider gehört ein schweres Versagen: Petrus hat dreimal geleugnet, Jesus zu kennen und sein Jünger zu sein (Mt 26, 69.75 und Parallelen); Paulus hat die ersten Christen verfolgt (1 Kor 15,9; Gal 1,13; Phil 3,5–6). Beide hatten ein tiefes und <br />
lebendiges Bewusstsein von ihrer Schuld. Dem Petrus (1 Kor 15,5; Lk 24,34; Joh 21,15–19) und dem Paulus (1 Kor 9,1; 15,8) hat sich der auferstandene Christus gezeigt. Beide sind <br />
Sünder, denen verziehen wurde. Beide haben persönlich erfahren, welch entscheidende und Leben schenkende Bedeutung die Vergebung für den Sünder hat. Wenn sie die Vergebung Gottes durch den gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus verkünden, so ist das keine Theorie und kein leeres Wort, sondern das Zeugnis von ihrer eigenen Erfahrung. Sie kennen die Gefahr, verloren zu gehen, sie haben Versöhnung erlebt und sie sind zu den Hauptzeugen der Vergebung Gottes in der Person Jesu geworden. <br />
<br />
<br />
'''c. Die kirchliche Vermittlung der Vergebung Gottes '''<br />
<br />
'''84.''' In den größeren Rahmen der Vollmacht, die dem Petrus (Mt 16,19) und den anderen in der Kirche verantwortlichen Jüngern (Mt 18,18) anvertraut wurde, fügt sich die Sendung ein, „die Sünden zu vergeben“; sie ist verbunden mit der Mitteilung des Heiligen Geistes, bei der Jesus in einer eindruckvollen symbolischen Handlung die Jünger anhaucht (Joh 20,22–23). Dort, im Zentrum des Osterereignisses, wird das geboren, was Paulus „den Dienst der Versöhnung“ nennt und was er so kommentiert: „Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat, indem er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnete und uns das Wort von der Versöhnung anvertraute“ (2 Kor 5,19). Drei Sakramente dienen ausdrücklich dem Nachlass der Sünden: die Taufe (Apg 2,38; 22,16; Röm 6,1–11; Kol 2,12–14), der Dienst der Vergebung (Joh 20,23) und, für die Kranken, die Salbung die den „Ältesten“ anvertraut ist (Jak 5,13–19). <br />
<br />
===5. DIE ESCHATOLOGISCHE VOLLENDUNG ALS HORIZONT DES SITTLICHEN HANDELNS ===<br />
'''85.''' Das eschatologische Ziel wird uns im Neuen Testament vorgestellt als der letzte Grad der Gemeinschaft mit Gott, zu dem der Mensch berufen ist. Es ist ein Geschenk des transzendenten Gottes und wird durch Christus verwirklicht. Vom Menschen verlangt es die Bereitschaft, dieses Geschenk anzunehmen und sein ganzes sittliches Handeln im gegenwärtigen Leben unter diesen Horizont zu stellen, der von der künftigen Fülle des Lebens in der vollendeten Gemeinschaft mit Gott gekennzeichnet ist. <br />
<br />
Wir finden Spuren von dieser Sicht im ganzen Neuen Testament. Aber die eschatologische Gemeinschaft mit Gott und ihre Aufnahme durch den Menschen treten besonders bei Paulus und im Buch der Offenbarung hervor. <br />
<br />
====5.1. Das vollendete Reich und Gott alles in allem: die Botschaft des Paulus ====<br />
'''86.''' Wenn man die Paulusbriefe in den Blick nimmt, dann erscheint das letzte Ziel des Menschen als Ergebnis einer lebendigen Dynamik, die mit der ersten Annahme des Evangeliums und mit der Taufe beginnt und mit dem ‚bei Christus sein‘ abschließt. <br />
<br />
<br />
'''a. Die Gabe des ewigen Lebens '''<br />
<br />
Von seinem Einpflanzen an ist das geschenkte ewige Leben für Paulus mit Christus verbunden: „Die Gabe Gottes ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Röm 6,23). Die Be- <br />
ziehung mit Christus wird näher bestimmt als Anschluss – in Abhängigkeit und Teilnahme – an seine Auferstehung: „... wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten aufer- <br />
weckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Röm 6,4). <br />
<br />
Die Teilnahme am Leben des Auferstandenen verwirklicht sich jetzt schon: sie begleitet den Christen, sie wächst in seiner gegenwärtigen Existenz und erreicht ihre Fülle am Ende. <br />
<br />
Bei diesem Leben, das den Christen beseelt, ist eine andere Seite hervorzuheben: die Abhängigkeit vom Geist. Der Geist pflanzt dem Christen das neue Leben in Christus ein, bewirkt sein Wachsen und führt zu seiner Vollendung. Wie können wir uns diese Vollendung vorstellen? Paulus gibt uns einige bedeutsame Hinweise. <br />
<br />
Er spricht z. B. von einem Leben in Unverweslichkeit, in Herrlichkeit, in Kraft und von einem überirdischen Leib; dadurch wird unsere gegenwärtige Situation ersetzt (1 Kor 15,42–44). Er <br />
betont, dass wir als Auferstandene „das Bild des himmlischen (Adam)“ tragen werden (15,49). <br />
<br />
Ein anderer Text von Paulus, der uns in die eschatologische Zukunft versetzt, ist der Abschluss „des Weges der Liebe“ (1 Kor 12,31b – 14,1a), den wir in 1 Kor 13,8–13 finden. Die Liebe, <br />
mit der wir jetzt lieben, „hört niemals auf“ (13,8). Am Ende hören Glauben und Hoffnung auf, aber die Liebe, entsprechend gesteigert, bleibt und wird den Ton angeben für das ganze Leben in der Vollendung. <br />
<br />
Für das göttliche Leben als Teilnahme an der Auferstehung Christi ist besonders aussagekräftig 1 Kor 15,20–28. Paulus betont die untrennbare Verbindung zwischen der Auferstehung <br />
Christi und derjenigen der Christen; die Auferstehung Christi ist die eine große Auferstehung und sie wirkt sich aus in Form von Leben und Lebenskraft in den einzelnen Christen. Er bemüht sich dann, einige Einzelheiten näher zu bestimmen. Es gibt eine Ordnung in der Teilhabe an der Auferstehung. Zuerst kommt Christus; er, der bereits auferstanden ist, ist gleichsam die Erstlingsfrucht einer Ernte, die noch am Reifen ist. Aber nach Christus werden unfehlbar jene kommen „die zu ihm gehören“ <br />
(15,23). <br />
<br />
Die volle Teilnahme der Christen an der Auferstehung wird „bei seiner Wiederkunft“ (15,23) geschehen. Paulus schaut aus seiner Gegenwart auf dieses Ende und gibt an, in apokalyptischem Stil, was in der Zwischenzeit geschehen wird. Christus wird handeln, um sein Reich in der Geschichte aufzurichten. Das wird zur Überwindung aller feindlichen Mächte führen, die in der Geschichte wirksam sind und sich gegen das Reich Christi stellen, bis hin zur Überwindung „des letzten Feindes ... des Todes“ (15,26). Danach wird der auferstandene Christus „dem Gott und Vater“ (15,24) das verwirklichte Reich übergeben, das aus ihm besteht und aus allen Menschen, die in vollem Maße an seiner Auferstehung teilhaben. So wird der Zielpunkt der ganzen Heilsgeschichte erreicht: Gott „alles in allen“ Menschen (15,28), ganz von gleicher Art mit ihnen, wie er jetzt schon ganz gegenwärtig und von gleicher Art mit dem auferstandenen Christus ist. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Auswirkungen für die Moral '''<br />
<br />
'''87.''' Dieses letzte Ziel hat Auswirkungen auf das sittliche Leben der Christen. Im Blick darauf soll dem Christen bewusst sein, dass er schon jetzt dieses Leben in sich trägt. Christus ist bereits jetzt dabei, durch das Leben, das er mitteilt, in den Christen aufzuerstehen. <br />
<br />
Der Geist, den er besitzt, gibt ihm dieses Leben. Er ist „das Unterpfand“ (Eph 1,14) dieses Erbes, das uns am Ziel zuteil wird. Jeder Zuwachs an Leben, jede Zunahme an Liebe ist ein Schritt in diese Richtung. Der Blick auf seine Zukunft soll für den Christen daher Quelle der Inspiration und der Zuversicht sein. Das Leben Christi, das in ihm wächst, verpflichtet den Christen zu bestimmten Entscheidungen, wie Paulus nicht müde wird zu betonen: „Begreift euch als Menschen, die für die Sünde tot sind, aber für Gott leben in Christus Jesus“ (Röm 6,11). Dieses Wachsen ist auf das künftige Reich ausgerichtet, das Christus dem Vater übergeben wird und zu dem Christus selber gehört. Die Teilhabe am künftigen Reich ist aber keineswegs gesichert, sondern stellt Forderungen im Jetzt. Nachdem er „die Werke des Fleisches“ aufgezählt hat, fügt Paulus hinzu: „Ich wiederhole, was ich euch schon früher gesagt habe: Wer so etwas tut, wird das Reich Gottes nicht erben“ (Gal 5,19–21). Daraus folgt, dass der Christ, der sich an der Vollendung orientiert, täglich an Leben und Liebe zunehmen wird, dass er sich aber gleichzeitig vor all dem hüten muss, was dem Reich widerspricht und was ihn auf seinem Weg hindert. <br />
<br />
====5.2. Das Ziel nach der Offenbarung: gegenseitige Vertrautheit mit Christus und mit Gott ====<br />
'''88.''' Im Buch der Offenbarung ist die Unterweisung über die eschatologische Vollendung besonders betont und wird auf eine eigene Weise dargelegt. Was bei Paulus das verwirklichte Reich und „Gott alles in allen“ ist, das wird in anthropologischen Begriffen beschrieben: eine Stadt, die Frau wird. Diese Stadt ist das neue Jerusalem. Sein Wachsen vollzieht sich in zwei Abschnitten. <br />
<br />
<br />
'''a. Braut und Frau – das neue Jerusalem '''<br />
<br />
Im ersten Abschnitt überschreitet die Stadt, die noch Braut ist, die Schwelle zur Hochzeit (Offb 21,1–8). Johannes sieht „das neue Jerusalem von Gott her aus dem Himmel herabkommen, <br />
bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat“ (21,2); das geschieht in einem Rahmen – „neuer Himmel und neue Erde“ (21,1) –, der ganz durch die Werte Christi erneuert <br />
ist. <br />
<br />
Die Vorbereitung der Braut, die jetzt abgeschlossen ist, war von einem schrittweisen Wachsen der „ersten Liebe“ (2,4) begleitet. Die Braut ist gewachsen, indem sie den Befehlen Christi folgte, die sie immer mehr zum ‚Reich‘ gemacht haben (2,2–3), und indem sie durch „die gerechten Taten der Heiligen“ (19,8) die Geschichte prägte. <br />
<br />
Mit der Hochzeit ist die Braut zur „Frau“ geworden. Damit beginnt der zweite Abschnitt. Johannes drückt mit den besten Mitteln seiner symbolischen Sprache die neue Situation aus, die so entstanden ist (21,9 – 22,5). Einerseits wird die Braut, die nun Frau ist, gesehen und erlebt als jemand, der zum Vollmaß der Liebe gegenüber Christus fähig geworden ist. Sie kommt vom Himmel, ist dort vorbereitet im unmittelbaren Kontakt mit der Transzendenz Gottes und ist von Gott geprägt, der Liebe ist. Das neue Jerusalem erscheint so als ganz auf Christus bezogen und ganz von seiner Neuheit durchdrungen. Christus, seinerseits, gibt seiner Frau das Beste, was er besitzt; er umhüllt sie mit Licht und teilt ihr die Herrlichkeit Gottes mit: „Ihr Glanz gleicht einem kostbaren Edelstein, einem kristallklaren Jaspis“ (21,11). Er macht aus ihr eine Stadt, die für alle Völker offen ist, die auf ihren Toren „zwölf Engel hat ... und die Namen der zwölf Stämme Israels“ (21,13) und deren zwölf Grundsteine „die Namen der zwölf Apostel des Lammes“ (21,14) tragen. Er gibt ihr Festigkeit, er baut sie nach den Dimensionen seiner Lie-be (vgl. 21,16; Eph 3,18–19). Vor allem verbindet er sie direkt mit Gott (21,18), eine Verbindung voll pulsierenden Lebens, symbolisiert durch die Überfülle von Edelsteinen (21,19–20). Er lässt sie überfluten durch „einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall, der vom Throne Gottes und des Lammes ausgeht“ (22,1). Weder Christus, das Lamm, noch seine Frau könnten sich ein größeres gegenseitiges Geschenk machen. <br />
<br />
<br />
'''b. Das Reich Gottes ist verwirklicht '''<br />
<br />
'''89.''' Es gibt noch eine andere Seite. Mit dem neuen Jerusalem, „der Frau des Lammes“ (21,9), verwirklicht sich vollständig „das Reich Gottes und seines Gesalbten“ (11,15). Die Verbindung von Hochzeit und Reich begeistert den Verfasser der Offenbarung; er drückt das in einer der festlichsten Feiern seines Werkes aus, einer Feier von Lobpreis und Verherrlichung (19,6–8): <br />
<br />
„Halleluja, denn König geworden ist der Herr, unser Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung. <br />
<br />
Wir wollen uns freuen und jubeln und ihm die Ehre erweisen. Denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes, und seine Frau hat sich bereit gemacht. Sie durfte sich kleiden in strahlend reines Leinen.“ <br />
<br />
Das Reich verbunden mit der Hochzeit von Christus, dem Lamm, ist ein Reich, das verwirklicht und nicht mehr im Werden ist. Wer zu ihm gehört, befindet sich von Angesicht zu Angesicht in <br />
einem unbeschreiblichen Gegenüber zu Gott: „Sie werden sein Angesicht schauen und sein Name ist auf ihre Stirn geschrieben ... Der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten und sie werden herrschen in alle Ewigkeit“ (22,4–5). Der Bund als gegenseitiges Verhältnis wird voll verwirklicht; all das geschieht durch Christus und erreicht die Ebene ehelicher Gleichstellung. In diesem Zusammenhang gibt Christus seiner Frau eine direkte Erfahrung von Gott, die wie zwischen Gleichgestellten gelebt wird. Im neuen Jerusalem braucht es keinen Tempel mehr: <br />
„Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm“ (21,22). <br />
<br />
<br />
'''c. Das verantwortliche Mitwirken '''<br />
<br />
'''90.''' Der Verfasser der Offenbarung unterstreicht, wie wir gesehen haben, das verantwortliche Mitwirken des Christen, damit dieser die eschatologische Gabe empfangen kann. Volle acht <br />
Male hat er den Sieg, den der Christ in Verbindung mit Christus erringen muss, und den Siegespreis, den ihm Christus selbst „am Ende“ geben wird, miteinander verbunden (vgl. 2,7.11. 17.26.28; 3,5.12.21). Im Namen des Geistes werden die seliggepriesen, die im Herrn sterben, „denn ihre Werke begleiten sie“ (14,13). Und bevor er uns das himmlische Jerusalem zeigt, unterstreicht er in einer eindrucksvollen Szene die Wertung im Gericht, die alle Menschen erfahren werden und die „nach ihren Werken“ (20,13) geschieht. <br />
<br />
Um am himmlischen Jerusalem teilzuhaben, muss man „siegen“ – „Wer siegt, wird dies als Anteil erhalten“ (21,7) –; es ist notwendig die eigenen Schwierigkeiten zu überwinden und vor <br />
allem am Sieg mitzuwirken, den der auferstandene Christus in der Geschichte über die irdischen Mächte erringt, die sich gegen das Reich und gegen den Bund stellen. <br />
<br />
In dem abschließenden liturgischen Dialog (22,6–22), werden in Verbindung mit dem Eintreten in das neue Jerusalem einerseits die Reinigung betont, die für den Christen ständig notwendig ist: „Selig, wer sein Gewand wäscht“ (22,14), und andererseits die Strafe des Ausschlusses, die die Übeltäter trifft (22,15). <br />
<br />
====5.3. Abschluss ====<br />
'''91.''' Die beiden Darstellungen – bei Paulus und in der Offenbarung – stimmen darin überein, dass sie dem Christen eine doppelte Perspektive vor Augen stellen. Einerseits richten sie mit <br />
großem Nachdruck seinen Blick aus der Gegenwart in die Zukunft, auf die Fülle des Lebens, die ihn erwartet. Andererseits verlangen sie unablässig alle Aufmerksamkeit für die Gegenwart und für den ständigen Einsatz, der notwendig ist, damit in der Zukunft diese Fülle des Lebens Wirklichkeit wird. <br />
<br />
==ZWEITER TEIL – EINIGE BIBLISCHE KRITERIEN FÜR DIE MORALISCHE REFLEXION ==<br />
<br />
'''EINLEITUNG '''<br />
<br />
'''92.''' Der erste Teil dieses Dokumentes wollte die wichtigsten anthropologischen und theologischen Linien darstellen, die in der Schrift die Reflexion über die Moral bestimmen, und die wichtigsten Konsequenzen zeigen, die aus ihnen für die Moral folgen. <br />
<br />
Der zweite Teil geht von einer aktuellen Problematik aus. Wir Menschen heute, als Individuen und als Gesellschaft, sind jeden Tag vor schwierige moralische Fragen gestellt, die die Entwicklung der Wissenschaften und die Globalisierung der Informationen ständig auf den Tisch bringen. In dieser Situation können auch überzeugte Christen den Eindruck gewinnen, dass manche moralische Gewissheiten von früher nicht mehr gelten. Man denke nur an die verschiedenen Weisen, die moralischen Fragen anzugehen, die mit der Gewalt, dem Terrorismus, dem Krieg, der Verteilung der Güter, dem Respekt vor den Vorräten in der Natur, dem Leben, der Arbeit, der Sexualität, der genetischen Forschung, der Familie und dem Gemeinschaftsleben verbun- den sind. Angesichts dieser komplexen Probleme konnte die <br />
Moraltheologie versucht sein, die Schrift, ganz oder teilweise, am Rand zu lassen. Was soll man tun, wenn die Bibel keine vollständigen Antworten gibt? Und wie soll man die Aussagen <br />
der Schrift einbeziehen, wenn es für das Studium dieser Fragen notwendig ist, sich um das Licht zu bemühen, das von der theologischen Reflexion, von der Vernunft und von der Wissenschaft kommt? <br />
<br />
Auch von der Schrift her geht es um ein heikles Unternehmen, da der Kanon ein komplexes Ganzes von inspirierten Texten umfasst. Er stellt eine Sammlung von Büchern dar, die von ver- <br />
schiedenen Verfassern und aus verschiedenen Zeiten stammen und die eine Vielzahl von theologischen Konzeptionen enthalten. Es ist sehr verschieden, wie sie die moralischen Fragen angehen oder darlegen, mal in Form von Gesetzestexten oder Listen von Vorschriften, mal im Rahmen von Erzählungen, die das Heilsmysterium zum Gegenstand haben oder die positive oder negative Beispiele moralischen Verhaltens bringen. Im Lauf der Zeit wird auch eine Entwicklung und Verfeinerung der moralischen Sensibilität und Motivierung sichtbar. <br />
<br />
Das alles zeigt, dass es notwendig ist, methodologische Kriterien zu formulieren, die es ermöglichen, sich in Fragen der Moral auf die Heilige Schrift zu beziehen und dabei der theologischen Inhalte, der komplizierten literarischen Gestaltung und der kanonischen Bedeutung Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck werden wir besonders auf die relecture achten, die das Neue Testament mit dem Alten Testament vorgenommen hat, und werden so weit als möglich die Kategorien der Kontinuität, Diskontinuität und Progression anwenden, die die Beziehungen zwischen den beiden Testamenten kennzeichnen. <br />
<br />
93. Für schwierige moralische Unterscheidungen wollen wir von der Schrift her möglichst viel Licht erhalten. Dafür werden wir zwei fundamentale Kriterien unterscheiden (Übereinstimmung <br />
mit dem biblischen Verständnis des Menschen und Übereinstimmung mit dem Beispiel Jesu) und sechs besondere Kriterien (Übereinstimmung, Gegensatz, Steigerung, Dimension der Ge- <br />
meinschaft, Finalität, Unterscheidung). Wir werden jedes Mal das Kriterium darlegen und werden an Texten und Themen zeigen, wie es in der Schrift begründet ist und welche Orientierungen es für heute nahe legt. <br />
<br />
Die beiden fundamentalen Kriterien haben im Wesentlichen eine doppelte Aufgabe. Sie dienen vor allem als Brücke zwischen dem ersten Teil (Grundlinien in der Schrift) und dem zweiten <br />
(methodologische Richtungen) und sichern so den Zusammenhang zwischen den Ausführungen. Sie führen auch in einer gewissen Weise die sechs besonderen Kriterien ein und umfassen sie. In der Heiligen Schrift sind wenigstens sechs wesentliche Punkte festzustellen, die sich als Kriterien anbieten und helfen, solide moralische Entscheidungen zu begründen: 1. Offenheit für die verschiedenen Kulturen und also ein gewisser ethischer Universalismus (Übereinstimmung); 2. entschiedene Stellungnahme gegen verkehrte Wertungen (Gegensatz); 3. Prozess der Verfeinerung des Gewissens, der sich in beiden Testamenten findet und besonders im Verhältnis zwischen dem Alten und dem Neuen Testament (Steigerung); 4. Berichtigung der heute nicht seltenen Tendenz, die moralischen Entscheidungen allein der subjektiven Sphäre zuzuweisen (Dimension der Gemeinschaft); 5. Öffnung für eine absolute Zukunft der Welt und der Geschichte, die im eigentlichen Sinn das Ziel und das Motiv des moralischen Handelns zeigt (Finalität); 6. eine sorgsame Bestimmung des relativen oder absoluten Wertes der moralischen Prinzipien und Normen in der Schrift (Unterscheidung). Es dürfte klar sein, dass wir nicht alle moralischen Probleme angehen und behandeln werden. Wir haben einige Punkte gewählt, die als Beispiele dienen und zeigen, wie man in fruchtbarer Weise eine moralische Reflexion auf der Basis der Heiligen Schrift anstellen kann. Es soll deutlich werden, welche Anhaltspunkte uns die biblische Offenbarung gibt, um heute zu richtigen moralischen Unterscheidungen zu kommen. <br />
<br />
===1. FUNDAMENTALE KRITERIEN ===<br />
'''94.''' Um die beiden allgemeinen Kriterien zu erläutern, dienen uns die beiden Texte (Dekalog und Seligpreisungen), die wir an den Beginn unseres Dokuments gestellt haben, gerade weil sie <br />
literarisch und theologisch eine fundamentale Bedeutung haben. <br />
<br />
====1.1. Erstes fundamentales Kriterium: Übereinstimmung mit dem biblischen Verständnis des Menschen ====<br />
<br />
'''95.''' Ein guter Teil der ethischen Inhalte der Schrift findet sich auch in anderen Kulturen, und die Gläubigen haben kein Monopol des rechten Handelns. Diese Tatsache hat zu der Behauptung geführt, dass die biblische Moral nichts wahrhaft Eigenes hat und dass für die rechte moralische Erkenntnis vor allem die Vernunft zuständig ist. <br />
<br />
=====1.1.1. Erklärung des Kriteriums =====<br />
<br />
Aber diese Überlegung ist nicht zutreffend. Nach Kardinal Joseph Ratzinger „besteht die Originalität der Heiligen Schrift im Bereich der Moral nicht in exklusiven Inhalten, sondern in der Reinigung, der Unterscheidung und dem Ausreifen dessen, was sich in der umgebenden Kultur fand.“ Ihr spezifischer Beitrag ist doppelt: 1. „Die kritische Unterscheidung dessen, was wahrhaft menschlich ist, weil es uns Gott ähnlich macht, und seine Reinigung von dem, was unmenschlich macht“; 2. „seine Einfügung in einen neuen Sinnzusammenhang, nämlich den des Bundes“. Mit anderen Worten, ihre Neuheit „besteht darin, dass sie den menschlichen Beitrag aufnimmt, ihn jedoch im göttlichen Licht der Offenbarung, die in Christus ihren Höhepunkt hat, verwandelt und uns so den authentischen Weg des Leben anbietet“. Also Originalität und Bedeutung für unsere Zeit, in der die Komplexität der Probleme und das Wanken mancher Sicherheiten eine neue Vertiefung aus den Glaubensquellen verlangt. <br />
<br />
„Ohne Gott kann keine Ethik aufgebaut werden. Auch der Dekalog, der sicher das Zentrum der Moral in der Heiligen Schrift ist und der so wichtig ist für die interkulturelle Diskussion, kann <br />
nicht zuerst als Gesetz, sondern muss zuvor als Geschenk verstanden werden: er ist Evangelium und kann nur in der Perspektive, die in Christus ihren Höhepunkt hat, voll erfasst werden; er ist also nicht eine Sammlung von abgegrenzten Vorschriften, die in sich selber stehen, sondern hat eine Dynamik, die auf eine immer größere Vertiefung offen ist“ (in: Il rinnovamento della teologia morale: prospettive del Vaticano II e di Veritatis Splendor, in: Camminare nella luce: Prospettive della teologia morale a partire da Veritatis Splendor (ed. L. Melina e J. Noriega), Roma, PUL, 2004, 39–40 und 44–45). <br />
<br />
Tatsächlich bietet die Bibel einen wertvollen Horizont für die Klärung aller moralischen Fragen, auch derer, die in ihr keine fertige und vollständige Antwort finden. Genauerhin, wenn es darum geht, ein moralisches Urteil zu fällen, müssen vor allem zwei Fragen gestellt werden: Stimmt eine bestimmte moralische Position: 1. überein mit der Schöpfungstheologie, d. h. mit der Sicht des Menschen in seiner ganzen Würde als „Bild Gottes“ (Gen 1,26) in Christus, der selbst in einem unendlich tieferen Sinn „Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15) ist? 2. stimmt sie überein mit der Bundestheologie, d. h. mit der Sicht des Menschen, der, individuell und als Gemeinschaft, zu einer vertrauten Gemeinschaft mit Gott und zur aktiven Mitarbeit beim Aufbau einer neuen Menschheit gerufen ist, die ihre Vollendung in Christus findet? <br />
<br />
=====1.1.2. Biblische Daten =====<br />
'''96.''' Wie kann dieses allgemeine Kriterium konkret angewendet werden? Der Dekalog, gewissermaßen die Basis der Torah, soll uns als Beispiel dienen. Schon im ersten Teil haben wir gezeigt, wie dieser Grundtext von den Werten her gelesen werden kann. Jetzt greifen wir zwei Beispiele heraus, um zu zeigen, wie das Gesetz vom Sinai einen potentiell reichen moralischen Horizont auftut, der fähig ist, eine Reflexion zu tragen, die der heutigen moralischen Problematik entspricht. Die zwei Werte, die wir auswählen, sind das Leben und die Ehe. <br />
<br />
<br />
'''a. Das Leben '''<br />
<br />
„Du sollst nicht töten“ (Ex 20,13; Dtn 5,17). In seiner negativen Formulierung verlangt das Verbot ein Nicht-Handeln: das Leben (hier: das menschliche Leben) soll nicht zerstört werden. Jesus weitet aus und bestimmt genauer den Bereich des NichtTuns: den Bruder nicht durch Wut oder beleidigende Worte verletzen (Mt 5,21–22). Man kann also, in einem gewissen Sinn das, was sehr wertvoll ist im Menschen, töten auch ohne Gewehr, Bomben oder Gift! Die Zunge kann zur tödlichen Waffe werden (Jak 3,8–10). Und auch der Hass (1 Joh 3,15). <br />
<br />
<br />
'''b. Die Ehe '''<br />
<br />
'''97.''' „Du sollst nicht die Ehe brechen“ (Ex 20,14; Dtn 5,18). Das Gebot hatte ursprünglich vor allem ein soziales Ziel, es sollte die Stabilität des Clans und der Familie sichern. Dieses Ziel – es braucht nicht erwähnt werden – hat auch heute nichts an Aktualität und Dringlichkeit verloren. Auch in diesem Fall hat Jesus den Bereich des Verbotes erweitert, bis dahin, dass er auch das bloße Verlangen nach ehelicher Untreue ausschließt und die mosaische Regelung der Scheidung gleichsam stilllegt (Mt 5, 27–32). <br />
<br />
<br />
=====1.1.3. Orientierungen für heute =====<br />
<br />
'''a. Das Leben '''<br />
<br />
'''98.''' Wenn wir das Gebot von den Werten her sehen, erweitert sich seine Bedeutung. <br />
<br />
1) Vor allem – und das ist schon in der Bergpredigt Jesu zu sehen – wird der Begriff „Respekt vor dem Leben“ verfeinert. Dieser Wert betrifft nicht nur den Leib; in einer programmatischen Öffnung schließt er auch die menschliche Würde, die soziale Integrität und das geistliche Wachstum ein. <br />
<br />
2) Aber auch wenn wir im biologischen Bereich bleiben, bewahrt die Achtung dieses Wertes den Menschen davor, sich in irgendeiner Weise Macht über das Leben anzumaßen, sei es das <br />
eigene oder das der anderen. Daher versteht die Kirche das „Du sollst nicht töten“ der Schrift als absoluten Befehl, nicht freiwillig den Tod eines Menschen zu verursachen, sei er wer er sei – ein Embryo oder ein Fötus, ein Behinderter, ein Kranker, der dem Tod nahe ist, eine Person, die als sozial oder wirtschaftlich unnütz betrachtet wird. Auf der gleichen Linie liegen die entschiedenen Vorbehalte, die die Kirche gegenüber den genetischen Manipulationen hat. <br />
<br />
3) Im Lauf der Geschichte und mit der Entwicklung der Zivilisation hat die Kirche auch ihre eigene moralische Stellungnahme verfeinert, was die Todesstrafe und den Krieg angeht. Das geschah im Namen der Achtung des menschlichen Lebens, die in ihr lebendig ist auf Grund der unablässigen Meditation der Schrift und die immer mehr zu einem absoluten Wert wird. Was <br />
diese anscheinend radikalen Positionen trägt, ist immer derselbe anthropologische Grundbegriff: die fundamentale Würde des Menschen, der als Bild Gottes geschaffen ist. <br />
<br />
4) Angesichts der globalen ökologischen Problematik unseres Planeten kann der moralische Horizont, der durch den Wert „Respekt vor dem Leben“ aufgetan wird, leicht über die Interes- <br />
sen der Menschheit allein hinausgehen. Er kann ein neues Nachdenken begründen über das Gleichgewicht zwischen den Tierund Pflanzenarten. Die biblische Erzählung von den Ursprün- <br />
gen könnte uns dazu einladen. Dem ersten Menschenpaar, vor der Sünde, vertraut Gott vier Aufgaben an: fruchtbar sein, sich vermehren, die Erde erfüllen und sie unterwerfen, und für sie <br />
bestimmt er ein vegetarisches Leben (Gen 1,28–29). Noach dagegen, der neue Adam, der nach der Sintflut die Erde wiederbevölkert, erhält nur noch die drei ersten Aufgaben; seine Macht <br />
wird also relativiert. Gott erlaubt ihm, auch Fleisch und Fische zu essen, befiehlt ihm aber, sich von Blut, dem Symbol des Lebens, zu enthalten (Gen 9,1–4). Diese Ethik des Respekts vor <br />
dem Leben stützt sich auf zwei Themen biblischer Theologie: die fundamentale „Güte“ der ganzen Schöpfung (Gen 1,4.10.12. 18.21.25.31) und die Erweiterung des Bundes auf alle lebenden Wesen (Gen 9,12–16). <br />
<br />
Was erklärt in biblischer Sicht diesen Respekt vor dem Leben? Nichts anderes als sein göttlicher Ursprung. Die Gabe des Lebens an die Menschen ist symbolisch beschrieben mit dem „An- <br />
hauchen“ durch Gott (Gen 2,7). Dieser „unvergängliche Geist ist in allen Dingen“, er „erfüllt den Kosmos“ (Weish 12,1; 1,7). <br />
<br />
<br />
'''b. Die Ehe '''<br />
<br />
'''99.''' Die verneinenden Beschreibungen (vermeiden, sich enthalten, nicht tun) sind nicht alles, was ethisch für die Ehepartner gilt. Der moralische Horizont, der durch das Gebot eröffnet <br />
wird, drückt sich unter anderem aus in Begriffen der persönlichen, gegenseitigen, solidarischen Verantwortung. So hat jeder der beiden Ehegatten die Pflicht, das eigene ursprüngliche Engagement ständig zu erneuern; beide sollen auf die Psychologie des anderen achten, auf seinen Rhythmus, auf seine Vorlieben, auf seinen geistlichen Weg (1 Petr 3,1 – 2.7), sie sollen Respekt voreinander haben und zueinander die Liebe haben, die Unterordnung und Dienst ist (Eph 5,21–22.28.33), sie sollen eine Lösung suchen für Konflikte und verschiedene Auffassungen und sollen harmonische Beziehungen entwickeln. Dem Paar als solchem kommt es zu, sich in verantwortlicher Weise zu entscheiden, was die Kinderzahl, den Beitrag zum sozialen Leben und auch die geistliche Ausstrahlung angeht. Die Feier der christlichen Trauung schließt ihrem Wesen nach eine dynamische Aufgabe ein, die nicht ein für alle Male verwirklicht wird. Es ist die Aufgabe, immer mehr Ehepaar entsprechend dem Sakrament zu <br />
werden und inmitten einer Welt der oft kurzfristigen und oberflächlichen Beziehungen die Festigkeit, die Unaufhebbarkeit und Fruchtbarkeit der Bindung und der Liebe zu bezeugen und <br />
zu symbolisieren, die von Gott her der Menschheit und von Christus her seiner Kirche gilt. <br />
<br />
Es ist zu verstehen, dass die Kirche, in unablässiger Treue zum Wort Gottes, immer den Rang und die Größe der Ehe von Mann und Frau hochgehalten hat; das gilt, was seine fundamentale <br />
Würde als „Bild Gottes“ (Schöpfung) betrifft, wie auch für die gegenseitige Bindung vor Gott und mit ihm (Bund). Die Kirche hört nicht auf, die Bedeutung und die Heiligkeit der Ehe hervorzuheben. Das tut sie nicht so sehr, um moralische Verfehlungen anzuklagen, sondern um nachdrücklich den vollen Sinn der Ehe, entsprechend dem Plan Gottes, zu bezeugen und zu verteidigen. <br />
<br />
====1.2. Zweites fundamentales Kriterium: Übereinstimmung mit dem Beispiel Jesu ====<br />
=====1.2.1. Erklärung des Kriteriums =====<br />
'''100.''' Das andere fundamentale Kriterium ist noch mehr auf den Kern der eigentlich christlichen Moral konzentriert: auf die Nachahmung Jesu; er ist das unvergleichliche Beispiel der vollkommenen Übereinstimmung zwischen Wort und Leben und der vollendeten Übereinstimmung mit dem Willen Gottes. Es ist nicht notwendig, dass wir das, was im ersten Teil über die Nachahmung und Nachfolge Christi gesagt wurde, wiederholen oder zusammenfassen. Da für die Glaubenden Jesus das Modell schlechthin für das vollkommene Handeln ist, stellt sich für die moralische Unterscheidung die folgende Frage: Wie ist das Verhalten Jesus einzuschätzen? Ist es eine wirkliche Norm, ein mehr oder weniger erreichbares Ideal, eine Quelle der Inspiration oder nur ein Anhaltspunkt? <br />
<br />
=====1.2.2. Biblische Daten =====<br />
'''101.''' Auch hier stützen wir uns auf einen Grundtext, der Orientierung gibt und der im Matthäusevangelium die Verkündigung des neuen Gesetzes vorwegnimmt. <br />
<br />
<br />
'''a. Die Seligpreisungen (Mt 5,1–12) '''<br />
<br />
Von Anfang an stellen die Seligpreisungen die Moral unter einen radikalen Horizont. In paradoxer Weise stellen sie die fundamentale Würde des Menschen am Beispiel benachteiligter <br />
Personen dar, die Gott in besonderer Weise beschützt: die Armen, die Trauernden, die Sanftmütigen, die Hungrigen, die Verfolgten; sie sind „Söhne Gottes“ (5,9) und Erben und Bürger des „Himmelreiches“ (5,3.10). Es ist Jesus selbst, der in radikaler Weise den „Armen“ (Mt 8,19; vgl. 2 Kor 8,9; Phil 2,6–8), den „Sanftmütigen und Demütigen“ (Mt 11,29) und den „Verfolgten um der Gerechtigkeit willen“ verkörpert. <br />
<br />
<br />
'''b. Die übrige Bergpredigt (Mt 5,13 – 7,29) '''<br />
<br />
Man kann die Seligpreisungen sicher nicht lesen und von der langen Rede absehen, die durch sie eingeleitet wird. Diese bietet eine grundlegende Sicht auf das moralische Leben und stellt <br />
eine Art von Parallele zum Dekalog dar, trotz der Verschiedenheit in Form und Absicht. Im Aufbau des Matthäusevangeliums handelt es sich um die erste, längste und programmatische Rede Jesu, die uns sofort zum Herz dessen führt, was es heißt, ein treuer Sohn Gottes in der Welt zu sein. Die Idee einer „größeren Gerechtigkeit“ (griechisch perisseuein pleion) stellt in gewisser Weise den Hintergrund dar (Mt 5,20; vgl. auch 3,15; 5,6.10; 6,1.33; 23,23). <br />
<br />
Für diese größere Gerechtigkeit ist Jesus nicht nur der Offenbarer, sondern auch das Modell. Das Grundprinzip wird in 5,17–20 ausgesprochen. Hier wird ein Programm für die ganze Tätigkeit Jesu angegeben: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen“ (5,17). Die Person, das Handeln und das Lehren Jesu bedeuten die volle Offenbarung dessen, was Gott mit dem Gesetz und durch die Propheten gewollt hat, und sie künden die kurz bevorstehende Gegenwart des Reiches Gottes an. Ein Höhepunkt dieser Rede ist die Aussage: „Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (5,48). So findet sich die Idee vom Menschen, der als „Bild Gottes, ihm ähnlich“ (Gen 1,26) geschaffen ist, wieder aufgenommen und in den Bereich der Moral übertragen. Gott selber ist höchstes Vorbild für alles Handeln (griechisch teleios; deutsch: vollkommen, im Sinn von: vollständig, vollendet). Daher die Ermahnung: „Sucht zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit“ (6,33) und die Notwendigkeit, „den Willen meines himmlischen Vaters“ zu tun (7,21). Christus ist das vollendete Vorbild dieser moralischen Vollkommenheit (Mt 19,16–21). <br />
<br />
<br />
=====1.2.3. Orientierungen für heute =====<br />
'''102.''' Bis zu welchem Punkt ist die Radikalität verpflichtend, die Jesus in seinem Leben und in seinem Tod verkörpert? <br />
<br />
1) Sicher kann man die Seligpreisungen nicht als Vorwand nehmen, um die menschliche Misere unter irgendeiner Form zu idealisieren, und noch weniger, um zu ihr zu ermuntern; auch ist angesichts der Verfolgung nicht bloße passive Resignation angesagt, die die einzige Lösung im Warten auf das Jenseits sieht. Einerseits ist es wahr, dass die Kirche, Jesus folgend, den <br />
Leidenden ein Wort des Trostes und der Ermunterung gibt. Dem Begriff „selig“ liegt ein hebräisches Wort zugrunde (Wurzel: ’šr), das „geradeaus gehen“ bedeutet und nahe legt, dass <br />
sich die Armen und Verfolgten bereits auf dem Weg zum Reich Gottes befinden. Auf der anderen Seite enthält der Text der Seligpreisungen moralische Forderungen, die als Tugenden zu praktizieren sind; in dieser Weise wird die Idee des „Strebens nach Armut“ aufgenommen mit jenem religiösen und moralischen Sinn, den schon der Prophet Zefania diesem Ausdruck <br />
gegeben hat (Zef 2,3). <br />
<br />
2) Die Aufforderung, eine Gerechtigkeit zu üben, die weit größer ist als jene der Schriftgelehrten und Pharisäer (Mt 5,20), schließt für die Christen ein, dass jede moralische Norm zu ihrer Sohnesbeziehung zu Gott gehört. In seiner Rede betont Jesus nachdrücklich diese Beziehung und nennt Gott sechzehnmal „euer Vater“ und spricht erst am Schluss und zum ersten Mal von „mein Vater im Himmel“ (Mt 7,21). Er bezieht sich auf drei traditionelle Ausdrucksformen jüdischer Frömmigkeit: Almosen, Gebet und Fasten (6,1–18) und betont, dass das Verhalten des Jüngers ganz von seiner inneren Verbindung mit Gott, dem Vater, bestimmt sein soll, ohne zu rechnen, ohne Streben nach Lohn oder menschlichem Lob. Im weiteren Verlauf der Rede konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf diese Verbindung der Liebe und des Vertrauens zwischen dem Jünger und Gott, seinem Vater. Von ihr leitet sich die Verantwortung des Jüngers her, nach dem Evangelium zu leben. Wenn das nicht geschieht, wird das Leben, wie es von Gott gewollt und von Jesus gelehrt wird, verfehlt, und es drohen schlimme Konsequenzen. Die Texte über das Gericht sind ernste Mahnungen vor den zerstörenden Folgen eines schlechten Verhaltens. Durch eine Reihe von Metaphern wird zur Wahl aufgefordert: weite und enge Pforte, schmaler und breiter Weg, wahre und falsche Propheten, guter und schlechter Baum, kluges und unvernünftiges Bauen eines Hauses (7,13–27). <br />
<br />
3) In welcher Weise kann der Christ die moralische Unterweisung der Bergpredigt auf sich nehmen, die offensichtlich radikal ist, angefangen bei den Seligpreisungen? In der Geschichte des Christentums sind dazu zwei Fragen gestellt worden: An wen ist die Bergpredigt gerichtet, an alle Christen oder nur an eine Elite? Wie sind ihre Forderungen zu interpretieren? <br />
<br />
Die Jünger sind tatsächlich aufgefordert, in der Nachfolge Jesu sich in einer Weise zu verhalten, die jetzt schon die künftige Wirklichkeit des Reiches widerspiegelt. Mitleid zeigen, Gewalt <br />
nicht vergelten, sexuelle Ausbeutung vermeiden, Wege der Versöhnung und der Liebe suchen auch gegenüber den Feinden – das alles sind Haltungen und Verhaltensweisen, die der „Gerechtigkeit“ von Gott selbst entsprechen und die das neue Leben im Reich Gottes kennzeichnen; unter ihnen nehmen die Versöhnung, das Vergeben und die bedingungslose Liebe einen zentralen Platz ein und geben der gesamten Ethik der Bergpredigt die <br />
Richtung (vgl. 22,34–40). <br />
<br />
Die Unterweisungen und das Beispiel Jesu dürfen also nicht als unerreichbare Ideale gesehen werden, auch wenn sie widerspiegeln, was die Söhne und die Töchter Gottes erst in der Fülle des Reiches kennzeichnet. Die Orientierungen, die Jesus gibt, sind wirkliche moralische Imperative; sie geben einen Horizont, der den Jünger anleitet, ähnliche Verhaltensweisen zu suchen und zu finden und sein Handeln an den Werten und der Grundausrichtung des Evangeliums zu orientieren; so kann er als Christ in der Welt leben und das kommende Reich erwarten. Die moralische Lehre und das Beispiel Jesu legen die theologischen und christologischen Fundamente des sittlichen Lebens und ermutigen den Jünger, in Übereinstimmung mit den Werten des Reiches Gottes zu leben, so wie Jesus sie geoffenbart hat. <br />
<br />
====1.3. Abschluss zu den grundlegenden Kriterien ====<br />
<br />
'''103.''' Wenn von der christlichen Moral her ein Urteil über eine bestimmte Handlungsweise zu geben ist, ist es angebracht, sofort zu fragen: Wie weit ist das mit der biblischen Sicht des <br />
Menschen vereinbar? Wie weit lässt sich das vom Beispiel Christi leiten? <br />
<br />
===2. BESONDERE KRITERIEN ===<br />
'''104.''' Zusammen mit den grundlegenden Kriterien können die besonderen Kriterien, die auch von biblischen Texten hergeleitet werden, helfen, die Umrisse einer Methodologie für die Be- <br />
handlung moralischer Probleme anzugeben. <br />
<br />
Die Systematisierung dieser Kriterien stützt sich auf die folgenden Beobachtungen: 1. Übereinstimmung: An vielen Gesetzen und moralischen Normen zeigt es sich, dass die Bibel für die Moral der anderen offen ist. 2. Gegensatz: Sehr klar stellt sich die Bibel gegen falsches Verhalten. 3. Steigerung: Die Bibel bezeugt eine Verfeinerung des Gewissens in bestimmten moralischen Fragen, schon innerhalb des Alten Testaments und dann auf Grund der Lehre Jesu und unter dem Einfluss des Osterereignisses. 4. Dimension der Gemeinschaft: Die Bibel betont <br />
nachdrücklich die Bedeutung der Moral für die Gemeinschaft. 5. Finalität: Indem sie die Hoffnung auf das Jenseits, auf die Erwartung des Reiches (Altes Testament) und auf das Ostergeheimnis (Neues Testament), stützt, gibt die Bibel dem Menschen eine unersetzliche Motivation für das Streben nach moralischer Vervollkommnung. 6. Unterscheidung: Die Bibel nennt Prinzipien und gibt Beispiele für Sittlichkeit, die nicht alle den gleichen Stellenwert haben; daher ist eine kritische Stellungnahme verlangt. <br />
<br />
Die beiden Grundtexte, die wir vorher benützt haben, erläutern auch die sechs Kriterien: 1. Übereinstimmung. Einige Vorschriften finden sich auch in den Kulturen jener Zeit. Die „goldene Regel“ (Mt 7,12), zum Beispiel, ist, in ihrer positiven und in ihrer negativen Formulierung, in vielen Kulturen vorhanden. 2. Gegensatz. Manche heidnischen Bräuche, wie Bilder (Ex 20,4) oder wortreiche Gebete (Mt 6,7) werden abgelehnt. 3. Steigerung. Die ganze Rede Jesu erläutert die größere Gerechtigkeit, indem sie die Absicht und den Geist der Torah (vgl. Mt 5,17) zur Vollendung bringt, und zwar durch eine tiefere Innerlichkeit, durch die Einheit von Gedanken und Tat und durch ein anspruchsvolleres moralisches Handeln. 4. Dimension der Gemeinschaft. Sicher, Jesus vervollkommnet die im Wesentlichen kollektive Moral des Dekalogs; aber auch die Gebote, die die Person betreffen, dienen letztendlich dem Aufbau der Gemeinschaft; die Leiden, die jemand „um seinetwillen“ auf sich nimmt, tragen zum Zusammenhalt der Gemeinschaft bei (Mt 5,11–12). 5. Finalität. Über die irdische Eschatologie des Dekalogs (die Verheißung eines „langen Lebens“ in Ex 20,12) führt Jesus hinaus durch die Hoffnung auf das Jenseits als Grundmotiv des menschlichen Handelns (Mt 5,3–10; 6,19–21). 6. Unterscheidung. Die verschiedene Begründung des Sabbats, einmal in kultischen Begriffen (Ex 20,2–11) und dann auf eine soziale und historische Weise (Dtn 5,12–15), öffnet den Weg für eine reichere und differenziertere moralische Besinnung auf die Sabbatruhe und auf die Zeit. Das Abschaffen der Ehescheidung, die in der Torah geregelt war (Dtn 5,31–32), zeigt den Unterschied, der zwischen ewig gültigen Gesetzen und solchen zu machen ist, die an eine besondere Kultur oder Zeit gebunden sind. <br />
<br />
Jedes dieser Kriterien können wir mit einem Schlüsselwort verbinden. 1. Übereinstimmung: die Weisheit als menschliche Tugend, die potentiell in allen Kulturen zu finden ist. 2. Gegensatz: der Glaube. 3. Steigerung: die Gerechtigkeit, weniger im Sinn der klassischen Theologie als in ihrem reichen und dynamischen biblischen Verständnis (hebräisch sedaqa, griechisch dikaiosyne), das die Suche nach dem Willen Gottes und den Weg der Vollkommenheit (teleiosis) einschließt. 4. Die Dimension der Gemeinschaft: die brüderliche Liebe (agape). 5. Finalität: die Hoffnung. 6. Unterscheidung: die Klugheit, die eine Überprüfung des moralischen Urteils verlangt: objektiv, von der Exegese und der kirchlichen Tradition her, und subjektiv, durch ein Gewissen (syneidesis), das vom Heiligen Geist geführt wird. <br />
<br />
====2.1. Erstes besonderes Kriterium: Übereinstimmung ====<br />
'''105.''' Die Bibel zeigt in vielen Punkten eine Übereinstimmung zwischen ihrer Moral und den Gesetzen und moralischen Orientierungen der benachbarten Völker. Dieselben moralischen Grundfragen wurden von der biblischen Tradition aufgeworfen und wurden von Philosophen und Ethikern behandelt, die keinen Zugang zur göttlichen Offenbarung und den in ihr gegebenen Lösungen hatten. Oft findet man eine Übereinstimmung auch in den Antworten, die auf diese Fragen gegeben wurden. Hier kann man von einer natürlichen Weisheit sprechen, die als universaler Wert erscheint. Diese Tatsache kann die Kirche heute dazu ermuntern, in einen Dialog mit der modernen Kultur und mit den Moralsystemen anderer Religionen und philosophischer Lehren einzutreten, um gemeinsam Normen für das Verhalten gegenüber den modernen Problemen zu suchen. <br />
<br />
=====2.1.1. Biblische Daten =====<br />
'''106.''' Wir finden sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament Texte, die eine solche Übereinstimmung in moralischen Fragen zeigen. Es geht um: den Ursprung der Sünde und des Bösen, bestimmte Normen für das menschliche Verhalten, weisheitliche Erwägungen, moralische Ermahnungen und Tugendlisten. <br />
<br />
<br />
'''a. Der Ursprung der Sünde und des Bösen '''<br />
<br />
Die grundlegende biblische Auffassung von der Würde des Menschen und seiner Hinneigung zur Sünde findet sich in den ersten Kapiteln der Genesis. Viele der hier gegebenen moralischen <br />
Voraussetzungen finden sich auch in der altorientalischen Umgebung, besonders in dem mesopotamischen Epos ‚Enuma Elisch‘. Die Wirkung dieses Gedichtes zeigt sich an der großen <br />
Zahl der alten Bezeugungen. Zu den gemeinsamen Auffassungen gehört, dass das Universum von einer personalen Gottheit geschaffen wurde, dass die Menschen in diesem Universum einen besonderen Platz und eine besondere Beziehung zu der Gottheit haben. In beiden Literaturen ist die Situation des Menschen dadurch gekennzeichnet, dass der Mensch unfähig ist, den übernommenen Idealen zu entsprechen, und dass das den Tod zur Folge hat. <br />
<br />
Die Mythen des klassischen griechischen Dramas sind sich der menschlichen Mängel sehr bewusst; dabei lässt die Tragödie wenig Raum für Hoffnung und Vergebung. Die großen klassi- <br />
schen Tragödien beschreiben die unausweichlichen und dauerhaften Folgen dieser Mängel und der unversöhnlichen göttlichen Rache. Dieselben Überzeugungen sind durch die griechi- <br />
schen Grabinschriften belegt, in denen das Leben ohne jede Milderung als vergeblich und sinnlos erscheint. Daraus folgt eine pessimistische Sicht der menschlichen Situation. <br />
<br />
Die Untersuchungen der Natur und der Lage des Menschen, die sich am Beginn der Bibel finden, weisen der menschlichen Existenz eine andere Bedeutung zu. Die Hoffnung ist wesent- <br />
lich für die biblische Sicht der fehlbaren menschlichen Natur, da der Gott der biblischen Offenbarung ein Gott ist, der liebt, verzeiht und sich um die geschaffene Welt sorgt, und da jeder Mensch sein Ebenbild und Stellvertreter ist. Ohne die menschliche Neigung zur Sünde zu leugnen oder zu entschuldigen, geben diese Kapitel dem moralischen Bemühen einen positiven <br />
Sinn, weil das Eingreifen und Verzeihen Gottes sicher ist. <br />
<br />
Auch wenn das biblische Verständnis der Welt sich in einer Sprache ausdrückt, die Mesopotamien viel verdankt, gibt es in der Bibel zwei besondere Elemente, die in den mesopotamischen Mythen fehlen. Es handelt sich um die göttliche Sorge für die Menschheit und um die Verantwortung des Menschen für das Weiterbestehen der Schöpfung. Sie drückt sich in der Aufgabe aus, die der Mensch hat, der als Bild Gottes geschaffen ist. In der mesopotamischen Weltauffassung haben die Menschen die Aufgabe, den Göttern zu dienen, indem sie diese mit Opfern versorgen. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Gesetze '''<br />
<br />
'''107.''' Auch die Gesetze des Alten Testaments (z. B. Ex 20–23; Dtn 12–26) finden sich in der großen Gesetzestradition des Alten Orients (z. B. Kodex Hammurabi). Die Übereinstimmung in <br />
Gesetzesvorschriften für den Einzelnen ist besonders eindrucksvoll. Die Überzeugung, dass Gesetz und Gerechtigkeit, und besonders der Schutz des Schwachen, unabdingbar sind für das <br />
Leben einer jeden Gemeinschaft, begründet die hohe Wertschätzung, die das Gesetz in der Kultur des Alten Orients genoss. Das Alte Testament wendet sich nicht an die Richter oder an die Könige, die diese Gerechtigkeit aufrechterhalten und praktizieren müssen. Es wendet sich an jedes Mitglied des Gottesvolkes, das anerkennen muss, dass das Gemeinwohl das Herz des Gemeinschaftslebens darstellt und dass es im Geist der Solidarität zu wahren ist. In der Bibel findet sich nichts, was einer „Erklärung der Menschenrechte“ entspräche; denn was in dieser Erklärung ausgesprochen ist, das findet sich in der Bibel nicht als Recht des Empfängers, sondern als Pflicht dessen, der handelt. Primär ist nicht so sehr das Recht einer Person auf eine bestimmte Behandlung als vielmehr die Pflicht eines jeden Einzelnen, die anderen so zu behandeln, dass die Menschenwürde, die Gott einem jeden gegeben hat, geehrt wird und der unendliche Wert, der jedem Menschen in den Augen Gottes zukommt. Oft sind die Gesetze der Bibel nicht rein gesetzliche Bestimmungen, sondern Mahnungen und Weisungen, die größere Anforderungen stellen, als es irgendein Einzelgesetz vermag (z. B. Ex 23,4–5; Dtn 21,15–17). Die Gesetze des Alten Testaments befinden sich auf halbem Weg zwischen Gerechtigkeit und Moralität und unterstützen die Absicht, im Menschen in der Beziehung zu Gott ein Gewissen zu entwickeln, das die Basis des Gemeinschaftslebens darstellt. Besonders nachdrücklich wird die <br />
Überzeugung vertreten, dass die Würde und die Unabhängigkeit des Einzelnen vor Gott nicht durch irgendeine Art menschlicher Knechtschaft gemindert wurden dürfen (Ex 22,20–22; 23,11– 12). Ähnlich wichtig und vielleicht noch wichtiger als in den Gesetzesbüchern des Alten Orients ist die Sorge für den Armen und Schwachen. Beide, das Gesetz und die Botschaft der Propheten, betonen nachdrücklich, dass ihre Interessen zu schützen sind; das verletzliche Mitglied des Volkes muss nicht nur gerecht behandelt werden, sondern mit der Großzügigkeit, die Gott Israel gegenüber in Ägypten gezeigt hat. <br />
<br />
<br />
'''c. Die Weisheit '''<br />
<br />
'''108.''' In der hellenistischen Zeit ist die Moral der Bibel offen, um von der Umwelt zu lernen, besonders vom Lehren in Sprichwörtern und von der weisheitlichen Bewegung, wie sie gerade in Ägypten bestand. Einige biblische Sprichwörtersammlungen haben eine enge Beziehung zu der Weisheit von Amenemope und Ptah-Hotep, besonders was den Respekt und den Schutz für den Schwachen und Verletzlichen angeht (vgl. Spr 22,17–24). Auch wenn es sich anscheinend um Schlussfolgerungen der menschlichen Vernunft handelt, ist Israel fest davon überzeugt, dass der Ursprung einer jeden Weisheit Gott ist (Ijob 28; Sir 24). Jesus Sirach verbindet in besonderer Weise Torah und menschliche Weisheit, denn der Weise „trägt verständige Lehre vor, und das Gesetz des Herrn ist sein Ruhm“ (39,8). Auch Israel nimmt teil, wie es für die hellenistische Zeit kennzeichnend ist, an der Enttäuschung und am Hinterfragen der üblichen Problemlösungen für das Glück des Bösen und den Sinn des Todes (Ijob; Koh 3,18–22). <br />
<br />
<br />
'''d. Paulus und die Philosophen seiner Zeit '''<br />
<br />
'''109.''' Die Bedeutung des Naturgesetzes oder vielmehr der Fähigkeit des menschlichen Gewissens zu unterscheiden, was getan werden muss und was nicht zu tun ist, wird in Röm 2,14–15 ausdrücklich anerkannt und gewürdigt. Daher überrascht es nicht, dass das Corpus Paulinum trotz des negativen Urteils über die heidnische Moral (z. B. Eph 4,17–32) einige geläufige Prinzipien (Topoi) aufnimmt, die bei den Philosophen und den Morallehrern seiner Zeit verbreitet waren Der bekannteste davon, der ursprünglich aus der Medea des Euripides stammt, findet sich in Röm 7,16–24. Er hat enge Parallelen bei Ovid (Metamorphosen 7,20–21) und, etwas später als Paulus, bei Epiktet (Unterredungen 2,17–19) und betrifft die Knechtschaft der Menschen gegenüber ihren Gewohnheiten und Leidenschaften und das Fehlen von wahrer Freiheit. <br />
<br />
Darüber hinaus ist eine gewisse Zahl der Prinzipien und Ermahnungen des Paulus den positiven und negativen Ratschlägen ähnlich, die sich bei den griechischen Philosophenschulen seiner Zeit finden. Wörtliche Ähnlichkeiten verweisen auf literarische Entlehnung; das ist genau nachgewiesen für Gal 6,1–10¸ es gilt aber auch für andere Paulusstellen (z. B. 1 Kor 5,1). Auch <br />
wenn man nicht davon sprechen kann, dass Paulus ein Plagiator ist oder zu einer Philosophenschule gehört, so sind seine Grundsätze und Ermahnungen doch der Stoa nahe. Wie die Philosophen seiner Zeit (besonders die Stoiker) lehrt Paulus, dass für sittliches Verhalten die Freiheit von den Leidenschaften notwendig ist. Der Kampf gegen die Leidenschaften ist nicht ein Thema, das vom Neuen Testament oder von Paulus erfunden <br />
wurde, sondern ist ein ‚Topos‘ der Morallehre jener Zeit. In ähnlicher Weise zeigt die Rede auf dem Areopag (Apg 17,22– 31) Paulus, wie er in freier Weise Ideen der Stoiker oder jedenfalls der griechischen Popularphilosophie verwendet; er zitiert den Dichter Aratus aus Kilikien, um zu zeigen, dass Gott den Menschen nahe ist. Dasselbe gilt für die paulinischen Briefe, in denen ganze Listen von Tugenden enthalten sind, die zu seiner Zeit anerkannt und gelobt wurden, die ihr Gegenstück bei den damaligen Moralisten haben und Einfachheit, Mäßigung, Gerechtigkeit, Geduld, Ausdauer, Achtung, Ehrlichkeit aufzählen. Die Originalität von Paulus besteht darin, dass er sagt, nur der Geist könne unserer Schwachheit zu Hilfe kommen (Röm 8,3– 4.26). In seiner Moral gibt es feste Punkte, die für den unabdingbar sind, der in das Reich Gottes eintreten will (vgl. Röm 1,18–32; 1 Kor 5,11; 6,9–10; Gal 5,19–21); Paulus glaubt zu- <br />
gleich, dass ein Kodex äußerer Vorschriften nicht notwendig ist für diejenigen, die die Frucht des Geistes haben und so den Werken des Fleisches absolut entgegen stehen (Gal 5,16–18). <br />
Der Christ, dessen Leben mit Christus in Gott verborgen ist (vgl. Kol 3,3; Phil 2,5), wird durch den Geist geführt: „Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist auch fol- <br />
gen“ (Gal 5,25; Röm 8,15). Auch die Führung, die Paulus gibt, gilt als solche, die vom Geist her kommt: „Ich denke, dass auch ich den Geist Gottes habe“ (1 Kor 7,40; vgl. 7,25). <br />
<br />
=====2.1.2. Orientierungen für heute =====<br />
'''110.''' Unsere heutige Situation ist gekennzeichnet durch immer größere Fortschritte der Naturwissenschaften und durch eine gewaltige Ausdehnung der Macht und der Möglichkeiten des menschlichen Handelns. Die Humanwissenschaften vermehren ständig die Kenntnis des Einzelnen und der Gesellschaft. Die Kommunikationsmittel begünstigen die Globalisierung, eine immer größere Verbindung und Abhängigkeit zwischen allen Teilen der Erde. Diese Situation bringt große Probleme mit sich, aber auch große Möglichkeiten für das Zusammenleben und Überleben der Menschen. In den modernen Gesellschaften gibt es viele Ideen, Empfindlichkeiten, Wünsche, Vorsätze, Bewegungen, Gruppen, die sich einsetzen und die Druck ausüben, um Lösungen für die Probleme zu finden und die heutigen Möglichkeiten in gerechter Weise zu handhaben. Die Christen leben mit allen anderen in dieser Situation und sind mit den anderen dafür verantwortlich, gerechte Lösungen zu finden. Die Kirche befindet sich in einem ständigen Dialog mit der komplexen modernen Kultur und nimmt an der Suche nach Normen teil, die es erlauben, der gemeinsamen Situation gerecht zu werden. Wir erwähnen nur einige typische Bereiche: <br />
<br />
1. Der gewachsene Sinn für die Menschenrechte hat zunächst zur Abschaffung der Sklaverei geführt; er besteht auf der Gleichheit aller Rassen und verlangt, dass jede Form von Diskriminierung überwunden wird. <br />
<br />
2. Die große Sorge wegen der Entwicklung und Verbreitung von Waffen und Mitteln der Massenvernichtung treibt dazu an, die Ethik der Konflikte und des Krieges neu zu formulieren, <br />
und verlangt einen intensiven Einsatz für den Frieden. <br />
<br />
3. Die Sensibilität für die gleiche Würde der Geschlechter verlangt angesichts der Auffassungen, die auch heute in vielen Kulturen vorhanden sind, eine strenge Prüfung der Bedingungen, von denen ihre Rollen abhängen. <br />
<br />
4. Die Macht der Technik, die auf den Entdeckungen der Naturwissenschaften gründet, hat einen Gebrauch und Missbrauch der Vorräte in der Natur möglich gemacht, der früher undenk- <br />
bar war. Die große Ungleichheit zwischen den Völkern, was ihre wirtschaftliche, wissenschaftliche, technische, politische, militärische Macht angeht, hat zu einem massiven Ungleichgewicht beim Gebrauch der natürlichen Vorräte geführt. Ökologie und Gerechtigkeit sind dadurch in Frage gestellt; es wächst der Sinn für die Probleme, die damit verbunden sind. Notwendig ist ein entschiedener Einsatz für den Schutz der Natur, die der ganzen Menschheit gehört, und eine gerechte Teilnahme aller Völker an den Gütern der Erde. <br />
<br />
Die Bibel gibt keine fertigen Antworten, wie diese und andere Probleme zu lösen sind. Aber ihre Botschaft von Gott, der alles und alle geschaffen hat, von der menschlichen Verantwortung <br />
für die Natur, von der Würde eines jeden Menschen, von der besonderen Sorge für die Armen usw. bereitet die Christen darauf vor, dass sie sich aktiv beteiligen und mit allen anderen <br />
nach angemessenen Lösungen für die Probleme suchen. <br />
<br />
====2.2. Zweites besonderes Kriterium: Gegensatz ====<br />
'''111.''' Die Bibel widersetzt sich eindeutig gewissen Normen und Bräuchen, die von Gesellschaften, Gruppen oder Einzelnen praktiziert werden. Diese Ablehnung ist im Alten Testament bestimmt vom Glauben an den HERRN, von der Treue zu dem Bund, in dem sich der HERR in einzigartiger Weise mit Israel verbunden hat, und im Neuen Testament vom Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, durch dessen Menschwerdung Gott endgültig die ganze Menschheit mit sich vereinigt hat. <br />
<br />
=====2.2.1. Biblische Daten =====<br />
'''112.''' Der Dekalog, dessen Vorschriften fast nur sagen, was nicht zu tun ist, widersetzt sich einer Reihe von Handlungen. Nach seiner Selbstvorstellung sagt Gott mit großem Nachdruck: „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas ... Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott ...“ (Ex 20,3–5). <br />
<br />
Viele Ausdrücke werden in der Bibel verwendet, um etwas als Sünde zu bezeichnen. In der Lehre der Propheten ist die Sünde etwas Konkretes, z. B. Gewalt, Diebstahl, Ungerechtigkeit, <br />
Ausnützung, Betrug, falsche Anklage usw. (vgl. Am 2,6–7; Hos 4,2; Mi 2,1–2; Jer 6,13, Ez 18,6–8). In der paulinischen Literatur werden als spezifische Sünden genannt: Betrug, Habsucht, Eifersucht, Streit, Trunkenheit, Unsittlichkeit, Neid usw. (vgl. Röm 1,29–31; 1 Kor 5,10; 2 Kor 12,20; Gal 5,19–21). Die Sünde wird ihrem Wesen nach als eine Verletzung von persönlichen Beziehungen angesehen, die den Menschen in Gegensatz zu Gott stellt, aber auch als Verletzung der Würde und der Rechte anderer Menschen. Im Zentrum ist der Kampf gegen die Untreue gegenüber dem HERRN, dem Gott Israels, der Kampf gegen falsche Auffassungen von Gott, die sich als Götzendienst äußern, als Dienst gegenüber anderen Göttern. Dieser Kampf zeigt sich im Gesetz, er ist zentral für das Wirken der Propheten und findet sich auch in der nachexilischen Zeit. Die Hauptaufgabe Jesu ist es dann, das wahre Gesicht Gottes zu offenbaren (Joh 1,18). Der Kampf gegen den Abfall von Gott und gegen das Vorziehen von anderen Größen, die als höchster Wert behandelt werden, ist auch bei Paulus und in der Offenbarung gegenwärtig. <br />
<br />
<br />
'''a. Der Kampf der Propheten gegen den Götzendienst '''<br />
<br />
'''113.''' In Kanaan sah sich Israel konfrontiert mit der Verehrung anderer Götter. Die Religion Kanaans war kosmologisch und war auf die göttliche Weltordnung und auf ihre Annahme durch die Menschen konzentriert. Die Götter waren wenig mehr als Personifikationen der Naturkräfte; ihre Verehrung war verbunden mit einer ausgebauten Mythologie und mit Riten, deren Zweck es war, die Fruchtbarkeit der Erde, der Tiere und der Menschen zu gewährleisten. Besonders diese Fruchtbarkeitsriten wurden vom Gesetz und den Propheten verurteilt. Der Gott <br />
Israels, seinerseits, war nicht innerweltlich, sondern über und jenseits aller Naturkräfte. Der Henotheismus vertrug sich eine Zeit lang mit der Existenz anderer Götter. Doch während des <br />
Exils wurde klar, dass die heidnischen Götter ein Nichts waren, und der HERR wurde als einziger wahrer Gott betrachtet (radikaler Monotheismus). <br />
<br />
Es scheint, dass unter König Ahab der Götzendienst ziemlich verbreitet war im Volk (1 Kön 16,29–34). 1 Kön 17–19 zeigt Elija als Wiederhersteller des mosaischen Glaubens, als der <br />
Kult des Baal das Nordreich erobert hatte. Bei einer dramatischen Szene auf dem Berg Karmel, die sich zwischen Elija und den Propheten des Baal abspielte (1 Kön 18,20–40), tadelt Elija <br />
das unschlüssige Verhalten des Volkes und fordert es zur exklusiven Loyalität gegenüber dem HERRN auf. <br />
<br />
Auch Hosea betrachtet es als Hauptgrund für die soziale und politische Unruhe, dass in großem Ausmaß die religiösen Bräuche Kanaans in den israelitischen Kult eingedrungen sind. Die <br />
Israeliten haben ihre Gottesverehrung mit den Fruchtbarkeitskulten des Baal (Hos 4,7–14; 10,1–2; 13,1–3) vermischt. Die Verderbnis des Kultes fällt zusammen mit Intrigen und Verrat <br />
im königlichen Palast und in den Straßen (Hos 7,1–7; 8,4–7) und mit dem Zusammenbruch der moralischen Maßstäbe (Hos 4,1–3). Der Götzendienst wird vom Propheten als Prostitution <br />
bezeichnet (Hos 1–2; 5,4). <br />
<br />
Die Schriftpropheten entwickeln dazu eine gemeinsame Auffassung: der Kult von selbstgemachten Göttern, d. h. von Göttern, die nur den Interessen ihrer Verehrer dienen, fällt zusammen mit der Entartung der öffentlichen und privaten Moral (Am 2,4– 8; Jes 1,21–31; Jer 7,1–15; Ez 22,1–4). Die soziale Lehre der Kirche liegt auf derselben Linie; sie hat immer vertreten, dass die sozioökonomischen Systeme, die absolute Autorität beanspruchen und den transzendenten Wert des Menschen, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist, Gruppenideologien unterordnen, nichts anderes hervorbringen können als die Entwurzelung <br />
der Zivilisation. <br />
<br />
Es scheint, dass das Exil eine Wende darstellt für das Verhalten Israels gegenüber dem Götzendienst. Die Verbannten, die mit dem Vielgötterkult der Sieger konfrontiert waren, begriffen, dass der HERR allein der Schöpfer und der Herr von allem ist (Jes 40,12–18.21–26). <br />
<br />
<br />
'''b. Gegen den Zwang zum heidnischen Kult '''<br />
<br />
'''114.''' Zur Zeit der Makkabäer wurde die traditionelle jüdische Religion mit dem Hellenismus konfrontiert, als Antiochus IV. eine Politik zur Ausbreitung der heidnischen Kultur verfolgte, <br />
die aggressiver war als die seiner Vorgänger (167–164 v. Chr.). Es ging direkt um das Überleben des Judentums und seines Glaubens an den HERRN. Dies rief eine doppelte Reaktion hervor: bewaffneten Aufstand (die zwei Makkabäerbücher) und passiven Widerstand. Das Buch Daniel setzt sich für den Letzteren ein und macht Mut zum Aushalten in der Verfolgung. Das Buch der Weisheit stellt sich auf die Mentalität ein, die in der hellenistischen Welt vorherrschend war, unmittelbar vor der christlichen Ära. Es wurde für Juden der Diaspora geschrieben, um sie gegen den verführerischen Einfluss der hellenistischen Philosophie und Religion zu schützen, und auch gegen die neuen Kulte, die damals in Alexandrien zunahmen. Die Schuld der Naturanbeter besteht in ihrer Weigerung, Gott, den Schöpfer, in den Werken der Schöpfung und in ihrer Schönheit zu erkennen. In ihrer Suche nach Gott gelingt es ihnen nicht, den letzten Schritt zu tun (13,1–9). Die Folge des Götzendienstes sind Mysterienkulte, die ihre Strafe in sich selber haben (14,22 – 15,6). Das beweist die ganze Torheit der Verehrung von Götterbildern, die sich von den Wundern, die der wahre Gott für sein Volk gewirkt hat, nicht beeindrucken lässt. <br />
<br />
<br />
'''c. Paulus im Gegensatz zum heidnischen Kult '''<br />
<br />
'''115.''' Das Christentum hatte seine Ursprünge in einem Judentum, das vom Götzendienst gereinigt war. Im Verlauf seiner Ausbreitung sah es sich konfrontiert mit dem Heidentum des <br />
römischen Reiches, in dem es eine große Vielfalt von religiösen Kulten gab und auch den Kaiserkult. Paulus trifft auf den Götzendienst in Ephesus (Apg 19,24–41) und beschäftigt sich mit ihm und seinen Folgen in Röm 1,18–32. Er stützt sich auf die Kritik des hellenistischen Judentums (Weish 13–15) in einer traditionellen Polemik gegen die heidnische Welt. Dann führt er einen jüdischen Gesprächspartner ein (2,1 – 3,20) und zeigt, dass niemand, weder Heide noch Jude, vor Gott gerecht ist ohne den Glauben an Jesus Christus (3,21–26). <br />
<br />
Die Selbstoffenbarung Gottes in der Schöpfung sollte die Menschen zu Anbetung und Dank als angemessener Antwort führen. Die absichtliche Weigerung, das zu tun, macht ihr Denken eitel <br />
und verdunkelt ihre Herzen, führt sie zu eingebildeter Weisheit und zu einem verkehrten Kult, indem sie die Bilder von Geschöpfen herstellen und verehren. Es besteht ein Zusammen- <br />
hang zwischen dem Götzendienst und sexueller Verdorbenheit, die den Leib entehrt, der Instrument des Handelns und der Einheit und Mitteilung zwischen den Menschen ist. Ein solches Verhalten lässt gegen den Plan des Schöpfers die unterschiedliche Rolle der Geschlechter verschwinden. Die Strafe dafür ist ein unbeherrschtes Begehren, dieses verdorbene Verhalten fortzusetzen. <br />
<br />
Die Liste der Laster, die Paulus anführt, nennt soziale Beziehungen im weitesten Sinn und zeigt die Verdorbenheit auf der individuellen (Röm 1,24), interpersonellen (1,26–27) und im weiteren Sinne sozialen Ebene (1,29–31), eine Verdorbenheit, die das ganze menschliche Leben durchdringt und vergiftet. Das Verharren in der Sünde und ihre Billigung zeigen, wie dieses Verhalten, das unvermeidlich zur Trennung von Gott führt, für viele ‚normal‘ geworden ist. <br />
<br />
<br />
'''d. Die Offenbarung im Gegensatz zur dämonischen, wider göttlichen Macht '''<br />
<br />
'''116.''' Das Buch der Offenbarung zeigt zwei große Mächte, die in der Welt am Werk sind: das Reich Gottes mit Jesus und seinen Gläubigen und das Gegenreich des Satans, das im ganzen römischen Reich verbreitet ist. Die Christen leben also ihren Einsatz für Jesus inmitten einer irdischen Macht, die dämonisch beeinflusst ist, alles durchdringt und sich gegen Gott stellt. Sie konkretisiert sich in der Stadt Rom und im Kaiserkult. Der Kaiser verkörpert die Götter und will angebetet werden. Er benützt den staatlichen Apparat und den Kaiserkult, um seine dämonische Propaganda, die gegen Gott gerichtet ist, im ganzen Reich zu verbreiten. Symbolisch wird das ausgedrückt im „Tier, das aus dem Meer steigt“ (13,1), im „Tier, das aus der Erde steigt“ (13,11) und in „den Königen der Erde“ (17,2.18; 18,3.9). Ihr Werk ist konzentriert und symbolisiert in der Stadt Babylon (17,1–7). <br />
<br />
Offb 17–18 beschreibt den Reichtum und Luxus der Hure Babylon (Rom), die zur Zerstörung verurteilt ist. Die Stadt symbolisiert die ganze heidnische Lebensweise (17,3–6) im völligen <br />
Gegensatz zu den Werten des Reiches; als Folge werden die Christen für ihr Zeugnis mit dem Leben zahlen (17,6). Die Stadt ist gekennzeichnet durch ihre Selbstgenügsamkeit (18,7); es <br />
handelt sich um eine Konsumgesellschaft, die vom Handel abhängt und in der sich jede Art von Luxus findet, um den Preis einer weit verbreiteten Sklaverei (18,11–13.22–23). Sie ist aggressiv gegen Jesus und seine Anhänger (17,14). Aber trotz ihres Ruhmes ist die Stadt von Gott verurteilt und wird unversehens zusammenbrechen. Durch die Klagen der Könige, der <br />
Händler und Seeleute (18,9–24) wird ihre Zerstörung dramatisiert. Die Christen werden eingeladen, „aus ihr auszuziehen“ (18,4), damit sie an ihren Verbrechen und ihrer Strafe keinen <br />
Anteil haben; sie werden aufgefordert, zu der schlechten Welt, die sie umgibt, auf Distanz zu gehen; sie brauchen „Weisheit“, die ihnen einen positiven Weg zeigt (vgl. 17,7.9). Sie freuen <br />
sich, wenn sie den Sieg Gottes über ihre Feinde sehen und die zerstörte Stadt schauen (18,20–23). <br />
<br />
Diese Botschaft hat Beispielcharakter und kann auf alle Christen in ähnlichen Situationen angewendet werden; sie sind aufgefordert, sich gegen diesen hinterhältigen Druck zu wehren, <br />
der alles durchdringt. Dazu braucht es die Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu lesen und „die Zahl des Tieres“ (13,18) zu kennen in der sicheren Hoffnung, das alle diese dämonischen <br />
Mächte für den Untergang bestimmt sind. Nur so werden die Christen fähig sein, die rechten Entscheidungen zu treffen und in Reife und Verantwortung ihr Leben zu führen. <br />
<br />
=====2.2.2. Orientierungen für heute =====<br />
'''117.''' Die falschen Verhaltensweisen, die heute eine klare und entschiedene Stellungnahme verlangen, bestehen nicht in einem Götzendienst, der Bilder und Statuen verehrt, es geht vielmehr darum, dass einzelne Personen, soziale Gruppen oder Staaten sich selber zu Gott machen. Die möglichst totale individuelle Freiheit und die allumfassende Macht des Staates werden als höchste Werte betrachtet. Diese Einstellungen heißen Säkularismus, Kapitalismus, Materialismus, Konsumismus, Individualismus, Hedonismus, Totalitarismus usw. Gemeinsam ist all diesen -ismen, dass sie das menschliche Leben rein innerweltlich verstehen, beschränkt auf die gegenwärtige Welt, dass sie die Transzendenz unterdrücken, von Gott absehen, ihn entweder leugnen oder nicht beachten, und dass sie ihn nicht als Ursprung und Ziel von allem anerkennen. Diese Gottvergessenheit und diese Vernachlässigung Gottes sind aufzudecken und bewusst zu machen. <br />
<br />
<br />
'''a. Moderne Mängel '''<br />
<br />
Obwohl die demokratischen Gesellschaften viele positive Elemente im Bereich von Kultur, Wirtschaft und Politik haben, fehlt es nicht an schweren Mängeln. Mit dem Recht auf absolute Freiheit wird in Anspruch genommen ein Recht auf Abtreibung, auf Euthanasie, auf unbegrenzte genetische Experimente, auf homosexuelle Partnerschaften; die Menschen verhalten sich als unabhängige Schöpfer des eigenen Seins. Der weit verbreitete maßlose Konsum kann nur durch die Ausbeutung von schwächeren Personen und Völkern befriedigt werden. Die ungezügelte Profitsucht, die durch die moderne Technologie ermöglicht wird, führt zum Missbrauch der natürlichen Güter und, wenigstens indirekt, zur Unterdrückung anderer. Während die westliche Welt einen hohen Lebensstandard genießt, lebt gleichzeitig die Mehrheit der Weltbevölkerung in Armut. <br />
<br />
<br />
'''b. Tendenzen zum Totalitarismus '''<br />
<br />
'''118.''' Theologische Überlegungen zum Verhältnis Kirche/Staat beriefen sich traditionellerweise fast nur auf Röm 13,1–7 (vgl. 1 Tim 2,1–2; Tit 3,1; 1 Petr 2,13–17), und sogar autokratische Regierungen verlangten Gehorsam mit Berufung auf diesen Text. Paulus macht eine allgemeine Feststellung über die legitime Autorität und stützt sich auf die Überzeugung, dass Gott in einer Gesellschaft Ordnung will und nicht Anarchie und Chaos. Auch die Christen hängen vom Schutz durch den Staat ab und von einer langen Reihe von Dienstleistungen; sie teilen mit ihm viele Werte und können sich ihrer zivilen Verantwortung und der Teilnahme am sozialen Leben nicht entziehen. <br />
<br />
Aber nach einem Jahrhundert, in dem totalitäre Regime Kontinente verwüstet und Millionen von Menschen hingemordet haben, muss diese Auffassung des Verhältnisses zum Staat ergänzt werden durch die Sicht der Offenbarung, die den dämonischen Einfluss eines Staates beschreibt, der sich an die Stelle Gottes setzt und alle Macht für sich beansprucht. Ein solcher <br />
Staat orientiert sich an Werten und Haltungen, die dem Evangelium widersprechen. Er setzt seine Bürger unter Druck und verlangt völlige Gleichschaltung; er grenzt die aus, die sich weigern, oder tötet sie. Die Christen sind gerufen, „weise“ zu sein, um die Zeichen der Zeit lesen zu können und die wahre Wirklichkeit eines Staates kritisieren und demaskieren zu können, der zum Sklaven des Dämonischen wird, und auch eines luxuriösen Lebensstiles auf Kosten anderer. Sie sind gerufen, Politik, Wirtschaft, Handel ins Licht des Evangeliums zu stellen und in diesem Licht die konkreten Projekte für das Funktionieren der Gesellschaft zu prüfen. Weil die Christen aus der Zeit, in der sie leben, nicht ausziehen können, müssen sie eine eigene Identität erwerben, die sie fähig macht, ihren Glauben in geduldiger Ausdauer und prophetischem Zeugnis zu leben. Sie sind auch eingeladen, Weisen des Widerstandes zu entwickeln, die sie fähig machen, in Opposition zu gehen und das Evangelium zu verkünden und sich den dämonischen Mächten zu stellen, die durch die zivilen Institutionen handeln (vgl. Eph 6,10–20) und die heutige Welt beeinflussen. <br />
<br />
<br />
'''c. Trügerische Selbstgenügsamkeit '''<br />
<br />
'''119.''' Den Ideologien liegt der menschliche Wille zugrunde, der grenzenlose Macht besitzen will. Dieser Wille lehnt es radikal ab, die Begrenztheit des Geschöpfes und die Abhängigkeit von Gott anzuerkennen, er lehnt sich gegen Gott auf und strebt mit großer Entschiedenheit eine Umwandlung der menschlichen Existenz an, hier und heute. Letztendlich geht es nicht um wirt- <br />
schaftliche, politische oder wissenschaftliche Ziele, sondern um den Willen, autonom über sich selbst und über das eigene Schicksal zu verfügen und ein irdisches Paradies zu schaffen, <br />
das eine Endzeit universalen Glückes bringt. Diese Art von eschatologischer Erwartung kann die Illusion erklären, die weit verbreitet ist, dass nämlich die Menschen allein auf sich gestellt <br />
fähig sind, für ihre moralische und politische Ordnung zu sorgen, in einer säkularistischen Gesellschaft, in der Gott systematisch ausgeschlossen oder an den Rand gedrängt wird. Obwohl <br />
diese Ideologie noch eine intellektuelle Faszination ausübt und weiterhin politischen Einfluss hat, wird es immer klarer, dass uns die Zukunft keinen unbegrenzten technologischen, industriellen, sozialen und politischen Fortschritt bringen kann. <br />
<br />
====2.3. Drittes besonderes Kriterium: Steigerung ====<br />
'''120.''' Die Bibel bezeugt eine Verfeinerung des Gewissens, was bestimmte moralische Fragen angeht. Dieses Fortschreiten zeigt sich in Israel dank eines langen Nachdenkens über die Erfahrung des Exils und, in einigen Traditionen, über die Erfahrung der Diaspora; es kommt zu seinem Höhepunkt unter dem Einfluss der Lehre Jesu und seines Ostergeheimnisses. Nachdem <br />
Jesus zum Vater heimgekehrt ist, begleitet sein Geist die Jünger bei dem Bemühen, seine Lehre unter neuen Umständen zu leben (Joh 14,25–26). Das Kriterium der Steigerung lädt die Gläubigen ein, im vertieften Nachdenken über jede moralische Frage größte Gleichförmigkeit mit „der größeren Gerechtigkeit“ zu suchen, die Jesus in ihren Umrissen angegeben hat (Mt 5,20). <br />
<br />
=====2.3.1. Biblische Daten =====<br />
'''121.''' Wie die biblische Offenbarung so hat auch die biblische Moral einen schrittweisen und historischen Charakter: wie die Erkenntnis Gottes so kennt auch die Erkenntnis seines Willens <br />
eine Steigerung. Jesus zeigt konkrete Beispiele dafür in den sogenannten Antithesen der Bergpredigt; wir werden die untersuchen, die einen Konflikt mit dem Nächsten (Mt 5,38–42) und die Ehe (Mt 5,31–32) betreffen. Ein anderes Beispiel sind die verschiedenen Formen der Gottesverehrung, die den Hauptzweck hat, die heilbringende Verbindung mit Gott aufrechtzuerhalten (vgl. Joh 4,19–26). <br />
<br />
<br />
'''a. Die Entwicklung der biblischen Moral '''<br />
<br />
Die biblische Offenbarung geschieht im Rahmen der Geschichte; das gilt auch für die in der Bibel geoffenbarte Moral. Gott offenbart sich selbst und lehrt die Menschen auf seinen Wegen <br />
zu gehen. Er erwählt Abraham und schickt ihn auf seinen Weg; er erwählt dann Mose und gibt ihm die Sendung, aus den Nachkommen Abrahams ein Volk zu formen; er erwählt und sendet <br />
in der Folge Propheten und sendet als Letzten „seinen eigenen Sohn“ (Mt 21,37; Mk 12,6). Jeder Gesandte überbringt, in einer bestimmten Phase der Heilsgeschichte, den Ruf Gottes, versammelt ein Volk um Gott, unterrichtet es über Gott und über die Art zu leben, die seiner Berufung würdig ist (vgl. Eph 4,1; Phil 1,27; 1 Thess 2,12). <br />
<br />
Die Offenbarung dieser Moral geschieht schrittweise und in einem Dialog zwischen Gott und seinem Volk. Daher kann die Morallehre der Bibel nicht auf eine Reihe von Prinzipien und <br />
auf einen Kodex von kasuistischen Gesetzen reduziert werden. Wir können die biblischen Texte nicht als Seiten eines Moralsystems behandeln, sondern müssen sie in dynamischer Weise <br />
sehen im wachsenden Licht der Offenbarung. Gott tritt in die Welt ein und offenbart sich immer mehr, wendet sich an die Menschen und fordert sie heraus, immer tiefer seinen Willen zu <br />
verstehen, und befähigt sie, ihm aus immer größerer Nähe zu folgen. Dieses Licht erreicht seine ganze Fülle mit dem Kommen Christi, der die Lehre des Mose und der Propheten bestätigt hat (Mt 22,34–40) und der sein Volk und die ganze Menschheit unterwiesen hat mit der ihm eigenen Autorität (Mt 28,19– 20). <br />
<br />
Im Licht der vollen Offenbarung, die Christus gebracht hat, können die Christen die Fruchtbarkeit der vorausgehenden Offenbarung verstehen. Das, was im Alten Bund verborgen war, wird für uns in der letzten Phase der Offenbarung sichtbar, wann das Licht des auferstandenen Christus die Absichten der vorausgehenden Offenbarungen Gottes erhellt. So können wir die moralische Botschaft des Alten Testaments in ihrer Fülle endgültig verstehen im Kontext des Neuen Testaments. Dieser Prozess wird geführt und begleitet vom Heiligen Geist, der die Jünger Jesu in die ganze Wahrheit einführt (Joh 16,13). <br />
<br />
Angefangen bei Abraham, der seine Heimat verlassen muss (Gen 12,1), und dem Volk, das aus Ägypten ausziehen und die Wüste durchqueren muss, und so durch die Geschichte Israels <br />
und der Menschheit hindurch wird die schrittweise Offenbarung Gottes und seines Willen für die Menschen zu einer „Reise“. Die Bedeutung von „einen Weg gehen“ reicht über eine rein <br />
körperliche Bewegung hinaus und wird Symbol für ein Leben der Bekehrung, das den Ruf Gottes bereitwillig aufnimmt; es lernt den Willen Gottes kennen und gleicht Schritt für Schritt <br />
das eigene Handeln einem Verhalten in Treue, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe an (vgl. Gen 18,19; Dtn 6,1–2; Jos 22,5; Jer 7,21–23) und ahmt so Gott nach. Im Neuen Testament wird dieses Symbol aufgenommen im Ruf Jesu, dass alle hinter ihm hergehen und ihm folgen sollen (vgl. Mk 1,17; 8,34). Jesus sagt von sich selber: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6). Alle sind eingeladen, sich zu bekehren und Nachahmer Gottes zu werden (vgl. Mt 5,48; Eph 5,1), indem sie Christus (1 Thess 1,6; 1 Petr 2,21) und seine Apostel (1 Kor 4,16; 11,1; Phil 3,17; 2 Thess 3,7–9) nachahmen. <br />
<br />
<br />
'''b. Konflikt mit dem Nächsten '''<br />
<br />
'''122.''' In Mt 5,38–42 sagt Jesus: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Wider- <br />
stand, sondern wenn dir einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“. Bis hierher ist deutlich ein Voranschreiten zu beobachten von einer übertriebenen Rache <br />
zu einem Austausch auf gleicher Ebene bis hin zu einer Überwindung der Kette der Vergeltungen. Lamech, der zu den Nachkommen Kains gehört, prahlt in seinem Lied und vertritt eine zügellose Rache: „Ja, einen Mann erschlage ich für eine Wunde und einen Knaben für eine Strieme. Wird Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach“ (Gen 4,23–24). Demgegenüber legt das Bundesbuch das Talionsgesetz fest: „Ist weiterer Schaden entstanden, dann musst du geben: Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme“ (Ex 21,23–25). Dieses Gesetz findet sich auch in den Rechtsbüchern der anderen altorientalischen Völker; es will eine maßlose private Rache verhindern. Schon in vielen Psalmen bekennt Israel, dass die Vergeltung allein Gott zusteht: „Gott der Vergeltung, o HERR, du Gott der Vergeltung, erscheine!“ (94,1). Darüber hinaus kennen die Weisen die seelische Kraft, die Vergeltung in ihr Gegenteil zu verwandeln: „Hat dein Feind Hunger, gib ihm zu essen, hat er Durst, gib ihm zu trinken; so sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt, und der HERR wird es dir vergelten“ (Spr 25,21–22). <br />
<br />
Jesus, seinerseits, bezieht sich ausdrücklich auf Gen 4,23–24, um den Ring der Rache vollständig aufzubrechen: „Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal? Jesus sagte zu ihm: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“ (Mt 18,21–22). Er macht aus der Vergebung und der Liebe zu den Feinden das Kriterium für die Zugehörigkeit zum Vater: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet“ (Mt 5,44–45; vgl. 18,21). Paulus nimmt diesen Gedanken auf und mahnt: „Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun“ <br />
(1 Thess 5,15) und „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ (Röm 12,21). <br />
<br />
Missverständnisse sind zu vermeiden. Heute wird das Talionsgesetz nicht selten als Ausdruck einer gewaltsamen Vergeltung und Rache verstanden, während es ursprünglich Gewalt und <br />
Gegengewalt in Schranken wies; in ihm zeigt sich die Absicht, die instinktive und unbeherrschte Suche nach Rache und Vergeltung zu überwinden. Diese Absicht richtet sich am Verhalten Gottes aus, der sich als „barmherzig und gnädig“ (Ex 34,6) vorstellt und der die Schuld des Volkes vergibt. Wenn wir die fünf Bücher der Torah als ein einziges großes Werk verstehen, finden wir im Zentrum, in Levitikus 16, den Ritus des Versöhnungstages, dessen Hauptinhalt ist: „Gott vergibt“. Dieser Kennzeichnung Gottes entspricht im Kontext die berühmte Forderung: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Lev 19,18), die alttestamentliche Formulierung der goldenen Regel (vgl. Mt 7,12). Das Neue Testament führt die Entwicklungen, die im Alten Testament vorhanden sind, konsequent weiter. <br />
<br />
<br />
'''c. Die Ehe '''<br />
<br />
'''123.''' In Mt 5,31–32 sagt Jesus: „Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben. Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus, und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch“. Einen Kommentar Jesu zu dieser Verfügung finden wir in einer seiner Auseinandersetzungen mit einigen Pharisäern. Jesus stützt sich auf das Handeln des Schöpfers (Gen 1,27) und auf das Handeln der Menschen, das daraus folgt, und schließt die Ehescheidung aus: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6). Auf ihren Einwurf antwortet er und erklärt die Regelung der Ehescheidung (Dtn 24,1–4), als Zugeständnis des Mose, das die ursprüngliche Bestimmung Gottes, des Schöpfers, nicht aufhebt: „Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so“ (Mt 19,8). <br />
<br />
Wir finden im Alten Testament die Polygamie (Lamech Gen 4,19; Jakob Gen 29,21–30; Elkana 1 Sam 1,2; David 1 Sam 25,43; Salomo 1 Kön 11,3); in ihr zeigen sich die sozialen Lebensbedingungen des Alten Orients. Es gibt auch, wie wir gesehen haben, die Regelung der Ehescheidung. Dennoch zeigt sich im Alten Testament eine Entwicklung auf das Ideal der monogamen Ehe hin. Nur auf Grund dieses hohen Ideals einer gegenseitigen und exklusiven Liebe und Treue (vgl. Mal 2,14–16) konnten die Propheten den Bund des HERRN mit Israel als ein ewiges und unverbrüchliches Band zwischen einem Ehemann und seiner Ehefrau verstehen (Hos 1–2; Jes 54; Jer 3; Ez 16; vgl. Hld 8,6). Jesus zieht die letzte Konsequenz aus dieser idealen Sicht und schließt die Ehescheidung aus (vgl. auch Mk 10, 11–12; Lk 16,18). Paulus bezieht sich ausdrücklich auf diese Verfügung Jesu: „Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen ... und der Mann darf die Frau nicht verstoßen“ (1 Kor 7,10–11). Es ist also ein Voranschreiten zu beobachten von der Möglichkeit der Polygamie zur Monogamie, in der der Mann seine Frau entlassen kann, und weiter zur Monogamie ohne Ehescheidung, in der beide den gleichen juristischen Status haben: weder der Mann noch die Frau kann den anderen entlassen. Beide sind gerufen, sich einzusetzen für ein dauerhaftes und liebevolles Zusammenleben und jene Einheit und Gemeinschaft zu verwirklichen, die der Schöpfer gewollt hat. <br />
<br />
<br />
'''d. Die Gottesverehrung '''<br />
<br />
'''124.''' Gleich nach den Antithesen befasst sich Jesus mit Almosen, Gebet und Fasten, wichtigen Formen der Beziehung zu Gott (Mt 6,1–18). Er kritisiert sie nicht als solche, sondern tadelt eine falsche Art, sie zu praktizieren, nämlich um von den Menschen beachtet und gelobt zu werden. Jesus verlangt, dass dieses Tun ganz auf die Einheit mit Gott, dem Vater zu beziehen ist. <br />
<br />
Die rechte Art, die verschiedenen Formen der Gottesverehrung auszuführen, ist ein wichtiges Thema im Alten Testament. Die Auslegung dieser Formen (Fasten und Sabbat, Opfer, Gesetze <br />
über Rein und Unrein) zeigt eine wachsende Sorge, den Hauptzweck des Kultes zu garantieren: die Gemeinschaft mit Gott. Die genaue Beobachtung der entsprechenden Gesetze war nicht <br />
Selbstzweck, sondern ein Mittel, um alles zu vermeiden, was zum Verlust der Verbindung mit dem heiligen Gott führen könnte. Alle Formen der Gottesverehrung werden durch das Opfer Christi vollendet. <br />
<br />
<br />
'''1) Opfer im Alten Testament '''<br />
<br />
Das Buch der Psalmen fordert Israel nicht nur auf, seinen Gott zu verehren, sondern denkt auch über die wahre Natur der Gottesverehrung nach und kritisiert die Art, in der die Opfer prakti- <br />
ziert werden (40,7–9; 50,7–15; 51,18–19; 69,31.32). Die Psalmen führen die Kritik der Propheten am Opferwesen weiter (Jes 1,10–17; 43,23–24; Jer 6,19–20; 7,21–23; 14,11–12; Hos 6,6; 8,13; Am 5,21–27; Mal 1,10; 2,13). Wegen der verschiedenen Zusammenhänge, in denen dieses Thema behandelt wird, sind die Texte wenig homogen, stimmen aber im Verständnis der Natur und des Zweckes der Opfer überein. Gott braucht sie nicht, aber das Volk braucht sie als Ausdruck des Lobes Gottes und der Treue zum Bund. Israel darf nie vergessen, was Gott beim Bundesschluss festgelegt hat: nicht, dass sie Opfer darbringen müssen, sondern dass sie an der rechten Gotteserkenntnis festhalten (Hos 6,6), dass sie das Gesetz beobachten (Ps 40,7–9) und den Geboten Gottes gehorchen (Jer 6,19–20; 7,21– 23). Die prophetische Kritik des Kultes und der Opfer betrifft ihr Verständnis, nicht ihre Existenz. Sie will zu einem besseren Verständnis der einzigartigen Verbindung Israels mit dem HERRN und zu einer neuen Ära echter Gottesverehrung an dem Ort führen, an dem der HERR seinen Namen wohnen lässt. <br />
<br />
<br />
'''2) Das Opfer Christi '''<br />
<br />
Ein Grundzug des Briefes an die Hebräer ist die Unterscheidung zwischen zwei Phasen der Heilsgeschichte: die Ära des Bundes unter Mose und die Ära des Heiles durch Christus. <br />
<br />
Im zentralen Teil des Briefes (8,1 – 9,28) wird die Überlegenheit des Opfers Christi und des Neuen Bundes betont. Der Verfasser kritisiert in 8,3 – 9,10 den Kult des Alten Bundes und <br />
spricht in 9,11–28 vom persönlichen Opfer Christi, das den Neuen Bund begründet. <br />
<br />
Mit Christus wird die Ordnung des alten Kultes überwunden und eine ganz neue Situation geschaffen. Der alte Kult war oft formal, äußerlich, konventionell und war das notwendigerweise, da die Menschen unfähig waren zu einem vollkommenen Kult. Christus eröffnet einen realen, personalen, existentiellen Kult, der eine echte Gemeinschaft mit Gott und mit den Personen um uns (9,13–14) schenkt. Das Blut Christi hat eine viel größere Kraft, da es das Blut von jemand ist, der: 1. sich selber Gott opfert, 2. schuldlos ist, 3. das Opfer in einem ewigen Geist vollzieht. Der Unterschied zu den alten Opfern liegt auf der Hand. <br />
<br />
1. Die Hohenpriester opfern Tiere, die mit Zwang zum Opfern geführt werden. Christus bietet freiwillig sich selber zum Sterben an. Unter der alten Ordnung kam der Wert des Opfers vom <br />
Blut, beim Opfer Christi kommt der Wert des Blutes vom Opfer. Das Blut Christi ist wirksam, weil es mit der vollkommenen Hingabe seines ganzen Menschseins verbunden ist, nicht in ei- <br />
ner zeremoniellen, sondern existentiellen Hingabe, die in 5,8 als schmerzvoller Gehorsam und in 10,9–10 als personale Erfüllung des Willens Gottes beschrieben wird. <br />
<br />
2. Die Hohenpriester konnten nicht sich selber darbringen, da sie sündige Menschen waren, und brauchten eine Vermittlung, die sie, entsprechend dem Gesetz des Mose, im Opfer von Tierblut suchten (5,3; 7,27–28). Christus dagegen, der schuldlos ist, absolut frei von jeder Verwicklung in das Böse, konnte sich selber darbringen und konnte sein eigenes Blut benützen, das gerade wegen seiner absoluten persönlichen Integrität wirksam ist. <br />
<br />
3. Die Hohenpriester waren Priester nach einem Gesetz, das leibliche Abstammung verlangte (7,16; 9,10). Christus bringt sich selber dar, bewegt „von einem ewigen Geist“ (9,14). Es <br />
genügt nicht der Antrieb aus menschlicher Großzügigkeit, um die vollkommene Hingabe seiner selbst zu verwirklichen. Es braucht eine Großzügigkeit, die von Gott selbst kommt, eine <br />
Kraft der Liebe, die durch den Heiligen Geist mitgeteilt wird. Dieser dritte Gesichtspunkt ist der wichtigste von allen: das Blut Christi, seine Hingabe, gewinnt ihren Wert durch seine Verbindung mit dem Heiligen Geist. <br />
<br />
Weil das Opfer Christi vollkommen ist, ist seine Wirksamkeit vollständig. Der Verfasser beschreibt sie so: „Das Blut Christi ... wird unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen“ (9,14). <br />
<br />
<br />
'''3) Die neue Gottesverehrung '''<br />
<br />
Die Reinigung des Gewissens durch das Opfer Christi zeigt sich in einer neuen Lebensführung, die den einzigen wahren Kult darstellt, nämlich „dem lebendigen Gott dienen“ (9,14). Nur in <br />
Christus sind wir fähig zu einer Gottesverehrung, die wahrhaft dieses Namens würdig ist. Es geht um den vollen Sinn des Ausdrucks, um den Kult aus dem Heiligen Geist. Durch das Opfer <br />
Christi sind die Christen gereinigt und befähigt, Werke zu vollbringen, die Gott angenehm sind. Sie können bezeichnet werden als „königliche Priesterschaft“ (1 Petr 2,9), als „heilige <br />
Priesterschaft, um durch Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1 Petr 2,5; vgl. Ex 19,6). Das christliche Leben muss ein geistiger Kult sein, ein lebendiges, heiliges, Gott <br />
wohlgefälliges Opfer (Röm 12,1; 15,16). Paulus spielt den Philippern gegenüber auf sein Martyrium an und vergleicht sich mit einem Trankopfer, das zusammen mit dem Opfer und Gottesdienst ihres Glaubens dargebracht wird (Phil 2,17). Aber nicht nur der Tod, sondern auch das irdische Leben der Christen soll ein Opfer sein. Das traditionelle materielle Opfer, das von <br />
der Person des Opfernden verschieden ist, wird im Christentum ersetzt durch das persönliche Opfer, das mit der Existenz des Opfernden identisch ist. <br />
<br />
=====2.3.2. Orientierungen für heute =====<br />
'''125.''' Das biblische Phänomen eines fortschreitenden Erkennens der moralischen Aufgaben behält eine wichtige Bedeutung. Wenn man die großen Probleme der heutigen Menschheit sieht, kann man den Eindruck von einem Voranschreiten in der falschen Richtung haben, dass nämlich ständig die Mittel der Zerstörung zunehmen, die selbst die Existenz der Menschheit und ihre Lebensgrundlagen bedrohen. In dieser Situation braucht es ein noch vertrauensvolleres Hören auf das Wort Jesu und einen noch intensiveres Bemühen der Christen, nach dem Beispiel und den Unterweisungen Jesu zu leben. <br />
<br />
Unsere Untersuchung der Steigerung haben wir auf drei Beispiele beschränkt. Wie wir gesehen haben, lässt die „größere Gerechtigkeit“ des Reiches drei Grundlinien sichtbar werden, die für den Dienst der Gläubigen in allen Bereichen des Lebens wesentlich sind: die Bereitschaft zu einem unbegrenzten Verzeihen, die unbedingte Treue zu dem Partner, der für das Leben gewählt wurde für gute und schlechte Tage, und die geistliche, verinnerlichte Verehrung Gottes, die zu einem konkreten Einsatz für die Verwandlung der Welt führt. Diese Verhaltensnormen sind grundlegend für jede Form und jeden Bereich des Dienstes der Christen und sie machen aus jedem Handeln für das Wohl der Menschen eine Antwort der Dankbarkeit für die Offenbarung der Liebe Gottes. <br />
<br />
Mehr praktisch gesehen, kann unsere Besinnung auf das Voranschreiten und die Verfeinerung des Gewissens den Seelsorgern und allen, die im Bereich der Erziehung zum Glauben tätig <br />
sind, helfen, dass sie das Stadium gut einschätzen, bei dem die Personen oder Gruppen auf ihrem Weg angekommen sind. Es ist z. B. auszugehen von den Racheinstinkten, die tief in der Natur des sündigen Menschen verwurzelt sind, oder von den gängigen Ideen einer Gesellschaft, die, was Ehescheidung oder andere moralische Bereiche angeht, viel ungebundener als früher <br />
ist, oder von den Bräuchen einer Volksfrömmigkeit, die schön sein mögen, aber oft auch sehr äußerlich sind. Man kann dann nach Wegen suchen, um den Menschen zu helfen, dass sie <br />
Schritt für Schritt vorankommen auf dem Weg der evangelischen Vollkommenheit und dass sie sich für ihre Lebensentscheidungen ansprechen lassen von der Radikalität der christlichen Ethik im sozialen und individuellen Bereich. Die Fälle der moralischen Unvollkommenheit in beiden Testamenten können die Gläubigen auch anregen, dass sie den Weg besser abschätzen, der zu durchmessen ist, um die Vollkommenheit des göttlichen Vorbildes zu erreichen. <br />
<br />
====2.4. Viertes besonderes Kriterium: Die Dimension der Gemeinschaft ====<br />
'''126.''' Die Bibel betont nachdrücklich die wesentliche Verbindung der Moral mit der Gemeinschaft. Diese Dimension kommt aus der Liebe und drückt sich in ihr aus; sie ist begründet in der Natur Gottes und des Menschen, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist. <br />
<br />
=====2.4.1. Biblische Daten =====<br />
'''127.''' In biblischer Sicht ist der Mensch kein isoliertes und autonomes Wesen, sondern ist seiner Natur nach Mitglied einer Gemeinschaft. Er gehört zur Gemeinschaft des Bundes, zum Volk Gottes. Dieses wird im Neuen Testament auch als der Leib Christi verstanden (1 Kor, Eph; Kol), zu dem die Einzelnen als Glieder gehören, oder als der Weinstock, dem die Einzelnen als <br />
Reben eingefügt sind (Joh 15). Aus dieser grundlegenden Situation folgt, dass das Ziel des menschlichen Bemühens nicht die Ausbildung der in sich selber stehenden und in sich vollkommenen Persönlichkeit ist, sondern diejenige des Gliedes einer Gemeinschaft, das die Beziehungen, die wesentlich zu ihm gehören, in vollkommener Weise lebt. Ebenfalls folgt daraus, dass die Normen des Zusammenlebens nicht souverän und autonom vom einzelnen Mitglied festgelegt werden können, sondern das gemeinsame Gut der Gemeinschaft sind und von dieser gehütet und entwickelt werden. Das hebt nicht auf, dass der einzelne nach seinem Gewissen handeln soll und dafür verantwortlich ist. Sondern gerade in seinem Gewissen muss er sich der eben beschriebenen Situation bewusst sein und nach ihr seine Handlungen ausrichten und ein willkürliches Handeln vermeiden. <br />
<br />
<br />
'''a. Die wesentliche Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und ihre bildende Kraft '''<br />
<br />
'''1) In Israel '''<br />
<br />
'''128.''' Die Stämme Israels sind der üblichen Dynamik und den historischen Entwicklungen einer jeden Volksgruppe unterworfen. Die Bibel befasst sich mit der Geburt des Volkes Gottes als einer religiösen Gemeinschaft, die den Ruf Gottes hört. Diese Gemeinschaft hat die Aufgabe, das Gewissen zu unterweisen und das angemessene moralische Verhalten festzulegen. <br />
<br />
Die Bibel beschreibt verschiedene Stadien dieser religiösen Geschichte. Sie beginnt mit einer Anfangsperiode, in der aus der Familie der Vorfahren eine Stammesgemeinschaft wird, die <br />
nicht mehr in Sklaverei lebt, sondern in der Freiheit, die durch den Auszug erreicht wird. Der Glaube Israels wird in dem Schlüsseltext von Exodus 15 lebendig beschrieben, der Gott als <br />
Souverän anerkennt, Israel als von Gott erwähntes Volk proklamiert und beteuert, dass Gott sie im Umkreis seiner eigenen Wohnung, um das Heiligtum herum wohnen lässt. Das nimmt <br />
die Schlüsselrolle vorweg, die der Kult und das Heiligtum für die Formung des Gottesvolkes haben werden, zuerst durch das Zelt in der Wüste und später durch den ersten Tempel in Jerusalem mit der Bundeslade in seiner Mitte. Die Gemeinschaft, die um dieses Zentrum geschaffen wird, stellt den Beginn einer neuen Weltordnung dar (Ex 40; 1 Kön 8). Hier wird Israel das Gesetz gelehrt, hier erhält das Volk Verzeihung und zu diesem Ort werden auch die Völker kommen, um die Torah zu lernen. Zugleich unterstreicht die biblische Geschichte das wiederholte Misstrauen und die Untreue Israels gegen Gott, besonders während der Wanderung durch die Wüste (vgl. Ex 19–24; 32–34). Nach der Eroberung des Landes beschreibt die Bibel den Übergang vom Volk in der Wüste zu einem Staat, das Auftreten der Monarchie und dann die Teilung der Gemeinschaft in Nordund Südreich. Der Monarch und sein Hof übernehmen zwar einige religiöse Aufgaben, wie etwa die Sorge für das Heiligtum und für die Priester und die Regelung des Kultes, aber das Volk selbst bleibt der Bundespartner Gottes (1 Kön 8,27–30). Später führt die Untreue während der Monarchie zu einer Weiterentwicklung des Begriffs von der religiösen Gemeinschaft Israels. Gott schafft das Volk neu als heiligen „Rest“, der in einem gereinigten Jerusalem leben wird (Jes 4,2–4). Diese neue religiöse Gemeinschaft ist nicht mehr auf das Land Israel beschränkt, zu ihr gehören auch diejenigen, die im Exil leben (Jer 29,1–14: Ez 37,15–28). <br />
<br />
Von Amos angefangen kritisieren die vorexilischen Propheten den Kult Israels und stellen die nutzlosen eitlen Opfer und den echten Gehorsam gegen den HERRN einander gegenüber, be- <br />
sonders was die Praxis der Gerechtigkeit und Rechtlichkeit betrifft (Am 5,11–17; Hos 6,6; Jes 1,11–17; Mi 6,6–8; Jer 7,1 – 8,3). Diese Kritik des falschen Kultes und der mangelhaften <br />
Übereinstimmung zwischen dem rituellen und moralischen Verhalten Israels bleibt ein Schlüsselelement der biblischen Tradition und wesentlicher Teil ihrer moralischen Besinnung. <br />
<br />
Nach dem harten Schlag des Zusammenbruchs der Monarchie und nach dem Exil erneuert die Macht Gottes die religiöse Gemeinschaft Israels ein weiteres Mal. Die Heimkehrer aus dem <br />
Exil bauen das Heiligtum wieder auf und stellen auch die Torah wieder her als normatives Zentrum des öffentlichen Lebens und des persönlichen Verhaltens (Neh 8–10). Israel ist ohne nationale Souveränität und Autonomie (abgesehen von einer kurzen Periode unter der Dynastie der Hasmonäer), aber seine Identität ist gegründet auf dem Gehorsam gegenüber der Torah und auf seinem Kult, der von einer Gemeinschaft dargebracht wird, die Gott treu ist. <br />
<br />
In diesem ganzen Geschehen und trotz den verschiedenen Formen und Situationen der religiösen Gemeinschaft erscheint der einzelne Israelit nie als isoliertes und autonomes Wesen, sondern immer als Glied dieser Gemeinschaft. Die Rolle, die der einzelne in ihr spielt, kann verschieden sein – die des Patriarchen, des großen Führers, des Königs, des Priesters, des Pro- <br />
pheten oder des einfachen Bauern. Für alle ist aber wesentlich die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, die Unterwerfung unter ihre Lebensregeln und die Teilnahme an ihrem Kult. <br />
<br />
<br />
'''2) Bei den Christen '''<br />
<br />
'''129.''' Die erste christliche Gemeinschaft, die sich um die Person Jesu bildet, weiß sich verbunden mit dem Volk Israel und mit der moralischen Verantwortung, die aus der Zugehörigkeit zu einer solchen Gemeinschaft folgt. <br />
<br />
Diese Verbundenheit ist deutlich in dem Porträt der Christengemeinde von Jerusalem, das Lukas in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte zeichnet. Der Geist, der im Namen des auferstandenen Christus gesandt wird, befähigt die Gläubigen, eine Gemeinschaft zu bilden, die sich an die Ideale Israels hält, wie sie für die Endzeit erwartet wurden (vgl. besonders die berühmten Summarien in den ersten Kapiteln: Apg 2,42–47; 4,32–37; 5,12–16). Einige Züge kennzeichnen diese ideale Gemeinschaft: 1. Aufmerksamkeit für die Lehre der Apostel (2,42); 2. Koinonia oder tiefe Verbundenheit im Glauben und in der Liebe zwischen den Mitgliedern (1,14; 2,1; 4,32); 3. Gemeinsamer Kult, besonders in der Feier der Eucharistie, im Brechen des <br />
Brotes in den Häusern, und im Gebet im Tempel (2,42–46); 4. Teilen der Güter, so dass niemand in Not war (2,44; 4,34–37); 5. Gemeinschaft im Geist zwischen den Mitgliedern, nicht nur gewöhnliche Freundschaft, sondern eine tiefe Verbundenheit im Glauben (2,44; 4,32; 5,14); 6. Weiterführung der Mission Jesu im Heilen und Vergeben, durch das Handeln und das Zeugnis der Apostel (2,43; 3,1–10; 4,5–12). <br />
<br />
In ähnlicher Weise zeigen Paulus und die anderen neutestamentlichen Traditionen den wesentlich gemeinschaftlichen Charakter der Moral. Nach Paulus ist der einzelne Christ durch die Taufe eingetaucht „in Christus“ und ist durch den Geist befähigt, ein Leben zu führen, das „der Berufung würdig“ ist (Röm 6,3; vgl. Eph 4,1). Die Zugehörigkeit zu Christus, und daher zur christlichen Gemeinde, macht den einzelnen Christen fähig, zu den „Werken des Fleisches“ auf Distanz zu gehen und „die Frucht des Geistes“ zu bringen (Gal 5,16–26). Die Laster und die Tugenden, die Paulus aufzählt, sind vor allem sozialer Natur. Die Frucht des Geistes, nämlich „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung“ (Gal 22,23), ist eine Weise, sich zu den anderen zu verhalten, in der sich der christliche Glaube ausdrückt. Wo Paulus die verschiedenen Gaben und Charismen aufzählt, mit denen der Geist die Kirche erfüllt, bezeichnet er „die Liebe“ als „die größte“ (1 Kor 13,13). Die lebendige Beschreibung, die Paulus vom Handeln der Liebe in der Gemeinschaft gibt, gehört zu den faszinierendsten Abschnitten des Neuen Testaments (1 Kor 13). <br />
<br />
Der Heilige Geist ist wesentlich für ein Verstehen der christlichen Gemeinschaft im Neuen Testament. In der Apostelgeschichte beseelt und ermutigt der Geist, den der auferstandene <br />
Christus sendet, die Gemeinschaft und macht sie fähig, seine Mission bis an die Grenzen der Erde zu tragen (Apg 1,8). Bei Johannes ermutigt der Heilige Geist als Beistand die nachösterliche Gemeinde und befähigt sie, sich an die Lehre Jesu zu erinnern und sie zu verstehen (14,25–26; 15,26; 16,12.14). Nach Paulus geben die verschiedenen Gaben des Heiligen Geistes der christlichen Gemeinschaft Dynamik und Zusammenhalt (1 Kor <br />
12,4–11). Die Kraft des Geistes macht den Christen fähig, die Macht der Sünde zu brechen, Gott in echter Weise zu verehren und ein Leben zu führen, das von der Frucht des Geistes gekennzeichnet ist. <br />
<br />
Paulus korrigiert die Korinther wegen der verfehlten Weise, Eucharistie zu feiern (1 Kor 11,17–34). Dabei zeigt er, dass die moralischen Werte, um die es hier geht, nämlich Respekt für die anderen, Gerechtigkeit und Mitleid, sich nicht zuerst aus sozialen Bräuchen ableiten oder aus dem, was Freundschaft verlangt. Sie sind vielmehr begründet im inneren Charakter der <br />
christlichen Gemeinschaft, in der sich die Botschaft Christi lebendig verkörpert und die mit der Kraft des Geistes Gottes begabt ist. Eine solche Gemeinschaft und die Mitglieder, die sie <br />
ausmachen, sind gerufen, auf eine Weise zu handeln, die ihrer wahren Identität und ihrem Ziel entspricht. Die moralischen Imperative einer solchen Gemeinschaft können in bestimmten <br />
Punkten mit den Verhaltensnormen übereinstimmen, die die Vernunft ableitet (z. B. der Respekt vor den anderen), aber ihre volle Begründung kommt aus einer anderen Quelle, nämlich aus der Identität dieser Gemeinschaft als Leib Christi.<br />
<br />
<br />
'''b. Die wichtigsten Werte für die zwischenmenschlichen Beziehungen '''<br />
<br />
'''130.''' Die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft ist wesentlich für das Alte und das Neue Testament. Das einzelne Mitglied wird von der Gemeinschaft und ihren autoritativen Traditionen über die moralischen Werte und seine Verantwortung unterrichtet. In den Schriften des Alten Testaments ist die Gemeinschaft des Bundes mit ihrem Kult, mit den Unterweisungen der Torah und ihrer Auslegung die erste Quelle für die rechte Lebensweise. Die Gemeinschaften des Neuen Testaments gründen ihr moralisches Wissen auf die Lehre und Mission Jesu, beziehen sich aber auch auf die Tradition des Alten Testaments und sehen sich selber in Verbindung mit dem Volk Gottes, Israel. Die Werte, die bei dieser Formung hervorgehoben werden, betreffen in erster Linie die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft. <br />
<br />
<br />
'''1) Innerhalb der Gemeinschaft '''<br />
<br />
'''131.''' Zahllos sind die Texte, die sich mit den zwischenmenschlichen Beziehungen befassen. Der Dekalog selbst führt die fundamentalen Verpflichtungen gegenüber den anderen auf. Die <br />
Gesetzbücher Israels verlangen Aufmerksamkeit für das leibliche und wirtschaftliche Wohl des anderen. Man kann einen anderen nicht ohne Strafe verwunden oder töten, wie die Geschichte von Kain und Abel zeigt (Gen 4,1–16). Das mosaische Gesetz verlangt, dass man zur Erntezeit etwas für den Armen und Fremden übrig lässt (Lev 19,9–10, Dtn 24,19–22). Die schwachen Mitglieder der Gesellschaft, wie die berühmte Dreiergruppe von „Witwe, Waise, Fremder“, müssen mit Mitleid und Respekt behandelt werden (Dtn 16,11–12; 26,11–12). Gerecht ist, wer den anderen nicht betrügt und schädigt durch Wucher und Täuschung (Am 2,6–8; Ez 18,10–13). Die Mission Jesu, der voll Mitleid ist und sich dafür einsetzt, die Kranken zu heilen und die Hungrigen zu sättigen, entspricht der fundamentalen biblischen Ethik. Jesus erklärt bei Matthäus, dass er das Gesetz und die Propheten nicht abschafft, sondern sie „erfüllt“; er zeigt die Absicht und das Ziel, das Gott der Torah gegeben hat (Mt 5,17). Die Jünger werden von Jesus beauftragt, die gleiche Mission in der Kirche fortzusetzen (Mt 10,7–8). <br />
<br />
Die Tradition, vor allem die Liebe zu Gott und zum Nächsten zu verlangen, war tief im Alten Testament verankert und wurde wiederholt von Jesus bestätigt. Auf die Frage des Schriftgelehrten nach dem größten Gebot im Gesetz antwortet Jesus: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten“ (Mt 22,37– 40; vgl. Mk 12,29–31). In anderen Texten betont Jesus die Pflichten gegenüber den anderen. Er fasst die Forderungen des Gesetzes in der berühmten „goldenen Regel“ zusammen: „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten“ (Mt 7,12). Auf die Frage des reichen Jünglings, was er tun müsse, um das ewige Leben zu erlangen, antwortet Jesus, indem er den Dekalog zusammenfasst: „Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen; ehre Vater und Mutter! Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ (Mt 19,18–19). <br />
<br />
Auch alle Beispiele für „die größere Gerechtigkeit“, die Jesus in der Bergpredigt nennt, konzentrieren sich auf Pflichten gegenüber den anderen: Versöhnung mit dem Bruder (Mt 5,21–26), nicht auf die Frau des anderen mit Verlangen schauen (5,27– 30), Treue zum Eheband (5,31–32), Ehrlichkeit im Sprechen (5, 33–37), sich nicht für erlittenes Unrecht rächen (5,38–42). Und in dem Text, der als der am meisten kennzeichnende für die Lehre Jesu gilt, wird die Feindesliebe als Höhepunkt des rechten Verhaltens angesehen, das den Jünger Jesu „vollkommen“ oder „vollständig“ macht, wie der Vater im Himmel vollkommen ist (5,43–48; vgl. Lk 6,36: „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“). Am Ende werden alle beurteilt nach ihrer Treue zu diesen Geboten der Liebe, der Barmherzigkeit, des Vergebens, die durch das Gleichnis von den Schafen und den Böcken verdeutlicht werden (Mt 25,31–46). <br />
<br />
Auch in den anderen Traditionen des Neuen Testamentes, und vor allem in der johanneischen Literatur, werden die moralischen Verpflichtungen besonders im Hinblick auf Beziehung <br />
und Gemeinschaft betont. Das Johannesevangelium verdichtet die ethischen Forderungen der Jüngerschaft in dem Wort: „Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“ <br />
(15,12). Der Tod Jesu ist das höchste Beispiel für diese Liebe, die er von seinen Jüngern verlangt. Sein Tod ist Akt der äußersten Liebe dessen, der sein Leben hingibt für seine Freunde (15, 12–14). Dieses höchste Beispiel für menschliches moralisches Handeln wird zum Kriterium für den Einsatz des Christen für die anderen (15,12–17). Die gleiche Konzentration wiederholt sich vor allem im ersten Johannesbrief: „Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt: Wir sollen einander lieben“ (3,11). Das innere Band zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten ist charakteristisch für die biblische Ethik und für das Lehren Jesu: „Und dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, soll auch seinen Bruder lieben“ (4,21). Bei Paulus ist die Liebe die höchste und unvergängliche Gnadengabe (1 Kor 13,13); ebenso sind in Jak 2,8 und Hebr 13,15– 16 die Anbetung Gottes und die Nächstenliebe aufs Engste verbunden. <br />
<br />
<br />
'''2) Gegenüber denen, die am Rand der Gemeinschaft sind '''<br />
<br />
'''132.''' Die Gesetzestexte der Torah verlangen nachdrücklich die Sorge für den Fremden (ger), der unter den Israeliten lebt. Manchmal scheint diese Sorge rein humanitär zu sein (Ex 22, <br />
20; 23,9), aber in anderen Texten, besonders im Deuteronomium, wird sie mehr theologisch begründet. Israel soll sich an seine eigene Erfahrung in Ägypten erinnern und soll so für den Fremden sorgen, wie Gott für Israel gesorgt hat, als sie Fremde in Ägypten waren (vgl. Dtn 16,12). Das Heiligkeitsgesetz geht einen Schritt weiter, was die Sorge für den Fremden betrifft; er wird nicht mehr nur als Objekt angesehen, sondern als „Subjekt“, das zusammen mit den Israeliten verantwortlich ist für die Heiligkeit und Reinheit der Gemeinschaft. „Der Fremde der <br />
sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der HERR, euer Gott“ (Lev 19,34). <br />
<br />
Im Neuen Testament ist Jesus voll Sorge für „die verlorenen Schafe des Hauses Israel“ (Mt 10,5; 15,24) und verkündet das Evangelium als Frohe Botschaft für die Armen (Mt 11,5; Lk <br />
4,18; vgl. Jak 2,2). Die Evangelien beschreiben Jesus übereinstimmend, wie er heilt und wie er von Mitleid erfüllt ist für die, die in Not sind: „Blinde sehen wieder und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet“ (Mt 11,5; vgl. Mt 4, 24–25; Lk 4,18–19). <br />
<br />
Diese Heilungen sind nur der erste Schritt auf die Heilung der ganzen Person hin, die letztlich in der Vergebung der Sünden besteht. Jesus vergibt dem Gelähmten seine Sünden und heilt <br />
ihn (Mk 2,1–12). Er ruft den Zöllner Levi, sein Jünger zu sein, und isst mit den Zöllnern und Sündern (Mk 2,13–17). Er nimmt die Gastfreundschaft des Zachäus in Anspruch (Lk 19,1–10). <br />
Trotz des Einspruchs seines Gastgebers, nimmt Jesus im Haus des Pharisäers Simon die Salbung durch eine Sünderin an und verzeiht ihre Sünden (Lk 7,36–50). Von den Pharisäern und Schriftgelehrten wird Jesus kritisiert wegen seiner Gemeinschaft mit Zöllnern und Sündern. Ihnen erklärt Jesus sein Verständnis von Gemeinschaft, die niemand ausschließt, mit den <br />
Gleichnissen vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme und vom verlorenen Sohn (Lk 15). Seine Jünger lehrt er, den „Kleinen keinen Anstoß zu geben“ und sie nicht zu „verachten“, sondern sie voll Mitleid zu suchen (Mt 18,6–14). Versöhnung und Vergebung müssen Kennzeichen der Gemeinschaft sein, die sich um Jesus sammelt (Mt 5,21–26.38–48, <br />
18,21–35). <br />
<br />
Jesus gewährt Verzeihung nicht nur mit den Worten, die er an den Sünder richtet, sondern er nimmt die Sünden der Menschheit auf sich: „Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen“ (Mt 8,17). <br />
<br />
Er betrachtet seine Sendung, zu befreien und zu heilen, als Zeichen für das Kommen des Reiches Gottes, das das menschliche Leben wiederherstellen und zu seiner Fülle bringen wird (Mt 12,28; Lk 11,20). Der Tod Jesu am Kreuz und seine Auferstehung von den Toten sind der letzte Akt der Befreiung und Heilung, da sie Tod und Sünde besiegen, die Menschheit von deren Macht befreien und in das vollendete Reich Gottes einführen. <br />
<br />
<br />
'''3) Gegenüber denen, die nicht zur Gemeinschaft gehören '''<br />
<br />
'''133.''' Auch Heiden werden von Jesus gut aufgenommen, wenn sie zu ihm kommen und seine heilende Macht suchen (die kanaanäische Frau: Mt 15,21–28; der heidnische Hauptmann: Lk <br />
7,1–10). In seiner programmatischen Rede in Nazaret erinnert Jesus an die Sendung des Elija zu der Witwe in Sarepta bei Sidon und an die Heilung des Syrers Naaman durch Elischa (Lk <br />
4,25–27); in beiden Fällen werden die Grenzen Israels überschritten. Bei Matthäus spielt Jesus gegenüber dem heidnischen Hauptmann auf Jes 43,5 an und sieht voraus: „Viele werden von <br />
Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen“ (8,11). Und im Gleichnis vom großen Gastmahl werden die Eingeladenen, die nicht kommen wollen, ersetzt durch die „Armen, Blinden, Krüppel, Lahmen“ und schließlich durch die, die „an den Landstraßen und vor der Stadt“ sind, damit das Haus voll werde (Lk 14,16–24). <br />
<br />
In diesen reichen Traditionen vom Wirken Jesu, der gesandt ist, um zu heilen, um sich den Armen und Ausgegrenzten zuzuwenden, um die Sünder und auch die Heiden anzunehmen, bestätigen die Evangelien die wesentliche Ausrichtung der Bibel auf die Gemeinschaft. Die Schlüsselfrage der biblischen Moral heißt: Welche Tugenden, Handlungen, Formen der Beziehung muss eine Gemeinschaft haben, die im Namen Gottes und Jesu versammelt ist? <br />
<br />
<br />
'''4) Gültigkeit für alle Menschen '''<br />
<br />
'''134.''' Die Bibel betrachtet die moralischen Traditionen der Torah und des Lehrens Jesu nicht als eine ‚Sektenethik‘, die nur auf Israel und auf die christliche Gemeinschaft anzuwenden ist (vgl. Jes 2,3; Am 1–2). Die Weisheitstradition bestätigt, dass die Struktur der geschaffenen Wirklichkeit die Werte der Torah und den Willen Gottes für alle Menschen widerspiegelt (vgl. Spr 8,22–36; Weish 13,1.4–5). Paulus bezieht sich auf diese Sicht, wenn er sagt, dass auch die Heiden Gott und seinen Willen erkennen können aus der geschaffenen Welt (Röm 1,18–25; vgl. 2,14–15). Das Gleiche gilt für die sittliche Unterweisung Jesu, der sich nicht nur an seine Jünger wendet, sondern durch sie an die ganze Welt mit seiner Offenbarung der Wahrheit Gottes (vgl. Mt 28,18–20). Die biblische Tradition setzt also voraus, dass die gleiche moralische Verantwortlichkeit allen Menschen anvertraut ist, da alle Teil der Schöpfung und Bild Gottes sind, wenn auch die Macht der Sünde und die Entfremdung von Gott die moralische Entscheidung negativ beeinflussen. <br />
<br />
=====2.4.2. Orientierungen für heute =====<br />
<br />
'''135.''' Die Gemeinschaft ist ein Grunddatum des sittlichen Lebens nach der Bibel. Sie ist auf die Liebe gegründet, die die individuellen Interessen überschreitet und die Menschen zusam- <br />
menhält. Diese Liebe ist im Letzten verwurzelt im Leben der Heiligsten Dreifaltigkeit, sie äußert sich durch die dynamische Kraft des Heiligen Geistes und sie ist zugleich Quelle und Ziel <br />
einer wahrhaft christlichen Gemeinschaft. <br />
<br />
<br />
'''a. Verschiedene Formen von Gemeinschaft '''<br />
<br />
Auf allen Ebenen des menschlichen Lebens gibt es Gemeinschaft, immer mit einer besonderen Dynamik und spezifischen sittlichen Anforderungen. Die Familie ist die fundamentalste <br />
menschliche Gemeinschaft und ist entscheidend für die soziale und moralische Erziehung des Einzelnen. Auch die Kirche ist eine Gemeinschaft. Für sie ist grundlegend das Geschenk des <br />
Glaubens, durch die Taufe tritt man in sie ein, und das Band ihres inneren Zusammenhaltes ist die christliche Liebe. Moralische Verpflichtungen ergeben sich auch aus der Zugehörigkeit <br />
zur lokalen und nationalen bürgerlichen Gemeinschaft. Die heutige Gesellschaft wird sich immer mehr der globalen Dimensionen der menschlichen Gemeinschaft und der moralischen <br />
Pflichten bewusst, die vom wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wohlergehen der ganzen Völkerfamilie gefordert werden. Die Soziallehre der Kirche und der Päpste hat seit mehr als ei- <br />
nem Jahrhundert die moralischen Verpflichtungen betont, die sich aus der Zugehörigkeit zu den verschiedenen Ebenen des Zusammenlebens ergeben. <br />
<br />
<br />
'''b. Die Liebe ist fundamental wichtig '''<br />
<br />
Viele Werte sind bei den moralischen Entscheidungen wichtig, die der heutige Christ zu fällen hat. Aber die Liebe, das echte Bemühen über sich selber hinauszuwachsen und sich für das <br />
Wohl der anderen einzusetzen, ist aus christlicher Sicht der Wert, der die anderen sozialen Werte trägt und bestimmt. Die bürgerliche Gesellschaft ist verpflichtet, gerechte soziale Struk- <br />
turen zu schaffen, die die Bürger schützen und ihnen das Lebensnotwendige garantieren. Die christliche Moral ist dazu komplementär und übersteigt die Forderungen der Gerechtigkeit. Die gerechte Ordnung, die mit politischen Mittel geschaffen wird, kann nicht alle Wünsche des menschlichen Herzens befriedigen. Das moralische Bemühen der Kirche für die Nächstenliebe in den verschiedenen Bereichen der menschlichen Gemeinschaft kann die besten Kräfte im Menschen ansprechen und bewegen. Die traditionellen Werke der Caritas, die von Einzelnen oder Gemeinschaften in der Kirche getan werden, können dazu beitragen, dass in der Gesellschaft etwas von der überirdischen Schönheit und der letzten Bestimmung des Menschen, der als Bild Gottes geschaffen ist, sichtbar wird. <br />
<br />
<br />
'''c. Heutige Notwendigkeiten '''<br />
<br />
Die Gemeinschaft als Dimension der biblischen Offenbarung kann heute die Menschen guten Willens an wesentliche Seiten des moralischen Lebens erinnern. Ein übertriebener Individua- <br />
lismus, der den Zusammenhalt vieler Gemeinschaften bedroht, die Vereinsamung alter und behinderter Menschen, der mangelnde Schutz für die schwächsten Glieder der Gemeinschaft, <br />
das wachsende Ungleichgewicht zwischen armen und reichen Völkern, der Gebrauch von Gewalt und Folter aus Bosheit und als politische Praxis – alle diese Situationen widersprechen zutiefst der biblischen Sicht des Menschen und der menschlichen Gemeinschaft. Die Lehre der Kirche über die Verpflichtungen der Nächstenliebe leiten sich von der Lehre Jesu her und die <br />
ganze biblische Tradition wendet sich frontal gegen diese moralischen Mängel. Der Einsatz der Kirche im liebevollen Dienst für die Armen, Kranken, Schwachen kann die zivilen Gemein- <br />
schaften bei ihrem Bemühen ermutigen, eine gerechte Gesellschaft aufzubauen. <br />
<br />
====2.5. Fünftes besonderes Kriterium: Finalität ====<br />
'''136.''' Die Hoffnung auf das ewige Leben mit Gott, die in der Auferstehung Jesu begründet ist, stellt ein entscheidendes Motiv dar, den Willen Gottes zu suchen und ihm als Norm für das <br />
eigene Handeln zu folgen. <br />
<br />
=====2.5.1. Biblische Daten =====<br />
Der Mensch ist sterblich und lebt in der Zeit. Als solcher sieht er sich vor das existentielle Rätsel gestellt, dass seine freundschaftliche Beziehung mit Gott abgebrochen wird, wenn der <br />
Tod das letzte Wort hat. Israel hat das Drama dieser Unsicherheit durchlebt. Doch hat es sein Verständnis der Schöpfung und des Bundes schrittweise zu der Überzeugung geführt, dass die <br />
Souveränität Gottes über Welt und Geschichte eine Niederlage durch die Sterblichkeit des Menschen nicht hinnehmen kann. Der Herr kann nicht die unter der Macht des Todes lassen, die ihr Vertrauen auf ihn gesetzt haben. Es blieb aber für lange Zeit ein Geheimnis, wie Gott für die ihm Getreuen seine Treue zur Geltung bringt nach ihrem Abschied aus dem irdischen Leben. Das Neue Testament hat eine neue Erfahrung; der Tod und die Auferstehung Jesu offenbaren klar und sicher, dass Gott den Tod besiegt hat und ewiges Leben schenkt. Wir wollen aufzeigen, was die Bibel über das ewige Leben sagt, wie sie damit moralische Entscheidungen motiviert und ein konsequentes moralisches Handeln begründet. <br />
<br />
<br />
'''a. Die Entwicklung der Hoffnung im Alten Testament '''<br />
<br />
'''1) Der Beginn dieser Hoffnung '''<br />
<br />
'''137.''' Soweit wir die ältesten Phasen der Religion Israels erfassen können, gab es eine Zeit, in der die Hoffnung auf Vergeltung in einem künftigen Leben keine besondere Rolle für die Motivation des sittlichen Handelns hatte; diese Hoffnung war noch wenig entwickelt. Die ältesten Erwartungen gehen auf die Rückkehr zum eigenen Stamm, auf die Versammlung zu den Vätern (1 Sam 28,19; 2 Sam 12,23). Der Lohn für die Tugend ist ein langes Leben (Gen 25,8) und viele Nachkommen. Am Ende steigen alle, die Guten und die Bösen (Ez 32, 18–31) in die Unterwelt (scheol) hinab, einen Ort der Finsternis, des Schweigens, der Ohnmacht und Untätigkeit (Ps 88,3–12), der das genaue Gegenteil von Leben ist, weil man dort Gott nicht loben kann. Die negative Wirkung dieser Überzeugung für das sittliche Leben erreicht ihren Höhepunkt in dem ziemlich späten Buch Kohelet, wo sie einer der Gründe ist, alles als Eitelkeit anzusehen, auch den Einsatz für das Gute und jede moralische Anstrengung: „Das Geschick der Menschen und der Tiere ist dasselbe; wie diese sterben, so sterben jene“ (3,19). <br />
<br />
Doch schon lange vor Kohelet entstand eine andere Sicht der Welt, nach der auch Tod und Unterwelt der Herrschaft Gottes über Himmel und Erde unterworfen sind. Vor allem die Psal- <br />
men bezeugen diese Überzeugung, dass Gott die, die auf ihn vertrauen und nach seinen Geboten leben, nicht im Stich lässt, auch nicht nach dem Tod. Die Gemeinschaft Gottes mit seinen Getreuen kann durch den Tod nicht unterbrochen werden. <br />
<br />
Kennzeichen der Liebe ist es, nie aufzuhören, und die Treue Gottes verbunden mit seiner Allmacht wurde für fähig gehalten, diese Bedingung zu verwirklichen: „Denn deine Huld ist besser als das Leben“ (Ps 63,4). Der Psalmist hatte noch keine Vorstellung, wie Gott die dauerhafte Treue gegenüber seinen Getreuen konkretisieren wird. Aber schon lange bevor die Hoffnung auf Auferstehung Fuß zu fassen begann, war im Glauben Israels die Auffassung lebendig, dass Gottes Treue zu den Gerechten nicht unterbrochen werden kann (Ps 16,8–11; 17,15; 49,14–16; 73, 24–28). In der Folge dieser Entwicklung, wurde das Vertrauen, dass Gott diejenigen, die seine Gebote beobachten, nie enttäuschen wird, ein Faktor der Moral. <br />
<br />
<br />
'''2) Die ersten Zeichen für Hoffnung auf Auferstehung '''<br />
<br />
Nach einigen Exegeten zeigt sich in dem bekannten Vers von Ijob 19,26 die Frage, wie das Leben nach dem Tod, unter dem bleibenden Wohlwollen Gottes, einer körperlosen Existenz an- <br />
gepasst werden kann. Das gilt zumindest, wenn dieser sehr schwierige Vers, so zu übersetzen ist: „Ohne meine Haut, die so zerfetzte, und ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen.“ Was <br />
auch immer der hebräische Text bedeutet, jedenfalls haben schon die Septuaginta und in ihrem Gefolge die Kirchenväter den Vers als Zeugnis für den Glauben an die Auferstehung interpretiert: „Denn ich weiß, dass der ewig ist, der dabei ist, mich zu befreien und meine Haut, die all das ertragen hat, aus der Erde zu erheben“ (Ijob LXX 19,25–26). <br />
<br />
In der Verfolgung zur Zeit der Makkabäer findet sich die erste klare Verbindung zwischen sittlichem Verhalten und Leben nach dem Tod: Auferstehung zu einem neuen Leben für die <br />
Märtyrer und Qual für die Verfolger und ihre Nachkommen (2 Makk 7,9–36). Der gleiche Gedanke ist in Dan 12,2 ausgedrückt: „Viele (hat im Aramäischen nicht den Sinn, irgendjemand auszuschließen), die im Land des Staubes schlafen, werden erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu“. Hier ist die Auferstehung zum neuen Leben nicht beschränkt auf die Märtyrer, sondern ausgedehnt auf „alle, deren Namen im Buch verzeichnet sind“ (Dan 12,1). Es geht um die Auferstehung der ganzen Person. Es ist nicht an eine Trennung von Leib und Seele gedacht, weil nach der jüdischen Anthropologie der Mensch nicht aus Leib und Seele besteht, sondern ein beseelter Leib ist. <br />
<br />
Im Buch der Weisheit ist der künftige Lohn und die Strafe nach dem Tod ein wichtiges Motiv für die Moral. Unter dem Einfluss der griechischen Philosophie, besonders des Mittelplatonismus, steht die Unsterblichkeit der Seele für die Hoffnung auf die Zukunft. Die Seelen der Gerechten sind im Frieden (3,1–13), da sie als würdig befunden wurden, mit Gott zu sein und mit ihm in Liebe zu leben (3,5–9). Die Ehebrecher dagegen haben weder <br />
Hoffnung noch Trost am Tag des Gerichts, da die Übeltäter ein schlimmes Ende nehmen (3,19). Die Unsterblichkeit der Seele wird als personale Unsterblichkeit verstanden. <br />
<br />
Die Hoffnung, die sich hier zeigt, ist für weitere Entwicklungen offen. Grundsätzlich wird geklärt, dass die Güter der Gegenwart vergänglich sind und dass alles vorzuziehen ist, was der ewigen Freundschaft entspricht, die Gott dem Menschen anbietet. <br />
<br />
<br />
'''b. Der vorbildliche Weg Jesu '''<br />
<br />
'''138.''' Jesus behauptet ganz entschieden die Auferstehung der Toten gegen die Leugnung der Sadduzäer. Die jenseitige Wirklichkeit des Vaters, seiner Liebe und seines Willens, ist entschei- <br />
dend für den Weg und das Handeln Jesu. Er erwartet von denen, die ihm nachfolgen, die gleiche Haltung; dem entsprechen in vorbildlicher Weise die Märtyrer. <br />
<br />
<br />
'''1) Das Verhalten und die Lehre Jesu '''<br />
<br />
Auf die Erzählung der Sadduzäer (Mk 12,18–23) antwortet Jesus und beginnt mit der Frage: „Irrt ihr euch nicht deshalb, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Macht Gottes?“ (12,24) <br />
und sagt abschließend: „Ihr irrt euch sehr“ (12,27). Mit besonderem Nachdruck stellt er fest, dass sie sich irren, wenn sie die Auferstehung der Toten leugnen. Als Grund dafür nennt er ihre <br />
Unkenntnis Gottes und ihre falsche Auffassung von der Macht und Treue Gottes. Für Jesus kann Gott sich nicht selber vorstellen: „Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott <br />
Jakobs“ (12,26), ohne mit diesen Personen lebendig verbunden zu sein. Denn: „Er ist nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebendigen“ (12,27). Die Auferstehung der Toten und das ewige <br />
Leben sind für Jesus nicht abstrakte Größen, die in sich selber stehen. Alle Aufmerksamkeit Jesu ist auf Gott konzentriert, alles hängt vom rechten Verständnis der Macht Gottes ab und seiner wirklichen Einstellung gegenüber den Menschen. Nicht die abstrakte Idee eines ewigen Lebens, sondern die lebendige Beziehung zu Gott, der den Menschen geschaffen und ihn für die ewige Gemeinschaft mit sich bestimmt hat, stellen den Rahmen und das Ziel des menschlichen Lebens dar und sollen das Handeln der Menschen bestimmen. <br />
<br />
Für Jesus selber ist der Horizont seines Lebens und Handelns der Vater, die lebendige Gemeinschaft mit dem Vater. Jesus lebt für den Vater, mit dem Vater und im Vater; in dieser Haltung hat er das Geheimnis seines Leidens auf sich genommen bis hin zum Verlust des Lebens in seinem Tod am Kreuz. Er sagt von sich selber: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen“ (Joh 4,34). Den Willen des Vaters tun, die Sendung ausführen, die er von ihm empfangen hat, ist grundlegend die Art und Weise, wie Jesus seine Verbundenheit mit dem Vater lebt. Die Treue zum Vater ist die Basis für alles Handeln und Leiden Jesu. Diese Treue zu seiner Sendung bewirkt es, dass Jesus keinem menschlichen Druck weicht, und sie bringt ihn schließlich ans Kreuz. Dennoch ist sie seine „Speise“, macht ihn leben, ist die Quelle und die Kraft seines Lebens. Das irdische Leben und seine Güter sind für Jesus keine höchsten Werte, die in jedem Fall und um jeden Preis festzuhalten sind. Der höchste Wert ist für ihn ausschließlich die Einheit mit dem Vater, die vor allem im Tun seines Willens verwirklicht wird. <br />
<br />
Jesus versteht sein eigenes Verhalten als Beispiel und erwartet eine treue Nachfolge auf dem Weg, den er gegangen ist. Auch für seine Jünger ist die Treue zum Willen des Vaters entschei- <br />
dend. Gegen Ende der Bergpredigt, und in einer gewissen Zusammenfassung, sagt Jesus: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt“ (Mt 7,21). Gerade in eschatologischem Zusammenhang, wo er von der unverzichtbaren Bedingung für das Eintreten in das Himmelreich spricht, nennt Jesus den Willen seines Vaters als die entscheidende Norm. Die Lebensgemeinschaft mit dem Vater im Himmelreich ist unmöglich für den, der nicht zuvor im irdischen Leben in Einheit mit ihm durch das Tun seines Willens gelebt hat. <br />
<br />
Jesus sagt ausdrücklich, was ihr Handeln und Leiden bestimmen soll: „Euch aber, meinen Freunden, sage ich: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, euch aber sonst nichts tun können. Ich will euch zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der nicht nur töten kann, sondern die Macht hat, euch auch noch in die Hölle zu werfen. Ja, das sage ich euch: Ihn sollt ihr fürchten“ (Lk 12,4–5). Es ist eine Unterweisung unter Freunden: Jesus will seine Freunde, die Jünger, aber auch die große Volksmenge (vgl. 12,1), vor dem Irrtum bewahren, dass sie nur das irdische Leben in Betracht ziehen. Er öffnet den Horizont und weist auf Gott und auf seine Macht über das jenseitige Leben: Gott kann in die Lebensgemeinschaft mit ihm aufnehmen, aber auch davon ausschließen. Wenn Jesus von Furcht spricht, will er nicht Angst und Schrecken einjagen, sondern ernst und tief die wirkliche und ganze Situation des Men-schen bewusst machen. Dieses Bewusstsein, zu dem das überirdische Leben gehört, soll das jetzige Leben bestimmen. Nicht irdisches Übel ist auf jeden Fall zu vermeiden, sondern dass Gott am Ende ein negatives Urteil über uns spricht; das soll unser Handeln leiten. <br />
<br />
In einer anderen Unterweisung, wieder für „die Volksmenge zusammen mit den Jüngern“ (Mk 8,34) nennt Jesus direkt die Nachfolge mit dem Kreuz: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten“ (8,34–35). Und Jesus sagt abschließend: „Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch <br />
der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommt“ (8,38). Der einzige Weg, um das Leben zu retten, ist die Gemeinschaft mit Jesus und mit seinem Evangelium, denn Jesus ist mit dem Vater verbunden, der einzigen Quelle des Lebens. Um die Verbundenheit mit Jesus aufrecht zu erhalten, kann es notwendig sein, mit Jesus auf das irdische Leben zu verzichten und mit ihm das Kreuz anzunehmen. Die Nachfolge und die Einheit mit Jesus muss ganz sein und kann nicht bestimmte Aspekte auswählen. Wieder verlangt und rechtfertigt der Blick auf das Ende dieses Handeln. Durch seinen Weg tritt Jesus in die Herrlichkeit seines Vaters ein, in der er kommen und sich offenbaren wird. Nur die ständige Einheit mit ihm und die mutige Treue zu ihm und zu seinen Worten führen uns zur Teilnahme an seinem glorreichen Leben mit dem Vater, machen, dass wir das Leben retten. <br />
<br />
<br />
'''2) Die vorbildliche Nachfolge der Märtyrer '''<br />
<br />
'''139.''' In einigen der jüngsten Bücher des Alten Testaments (1 und 2 Makk) finden sich Fälle von Martyrium. Sie werden berichtet und interpretiert mit einem klaren Bewusstsein vom <br />
künftigen Schicksal des Menschen. Die Märtyrer lehren, dass es ein überirdisches Leben gibt und dass die Werte, die konkret zur Wahl stehen, von absoluter Radikalität sind und radikale Entscheidungen verlangen und begründen. <br />
<br />
Im Neuen Testament ist Jesus selber der Märtyrer schlechthin. Seine absolute Treue zur Sendung, die er vom Vater erhalten hat und die bis zum Tod am Kreuz geht, ist Vorbild für die, die ihm nachfolgen. Das zeigt sich in einer Ermahnung von Paulus an Timotheus: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist“; bei ihr <br />
erinnert er an Jesus Christus: „der vor Pontius Pilatus das gute Bekenntnis abgelegt hat“ (1 Tim 6,12–13). Die ersten Christen, die den Tod auf sich nehmen und ihr Blut vergießen, um ihrem <br />
Herrn Jesus treu bleiben zu können, werden ‚Märtyrer‘, d. h. ‚Zeugen‘ genannt. Mit voller Radikalität bezeugen sie, dass die Einheit mit Jesus mehr wert ist alles andere. Stephanus, der erste Christ, der wegen seiner Treue zu Jesus getötet wurde, ist für Paulus ein solcher Zeuge (Apg 22,20); das Buch der Offenbarung spricht öfters von diesen Zeugen Jesu (2,13; 6,9; 17,6; <br />
20,4). <br />
<br />
Die frühe Theologie des Martyriums hat verschiedene Themen und ist angeregt vom Neuen Testament. Es genügt auf Ignatius von Antiochien zu verweisen, der die paulinische Idee von der Einheit mit Christus mit dem johanneischen Thema vom Leben in Christus und mit dem Ideal der Nachfolge Christi verbindet. Der Tod des Herrn wird im Tod seiner Zeugen gegenwärtig. Die Märtyrer, die ihr Leben opfern, zeigen die wesentlichen Kriterien für das Handeln: den absoluten Primat Gottes und daraus folgend, dass die Treue zu ihm zu Recht Heroismus und Verzicht auf jeden anderen Wert verlangen kann; die Beziehung zwischen einer vergänglichen Gegenwart und einem zukünftigen Heil, das alles Irdische übertrifft; das Gleichwerden mit Christus, dem ‚Zeugen‘ Gottes, und die Nachahmung seines <br />
Beispiels. <br />
<br />
<br />
'''c. Der Blick auf die Zukunft in den paulinischen Schriften '''<br />
<br />
'''140.''' Wie in allen anderen Schriften des Neuen Testaments ist auch bei Paulus der Blick auf die Zukunft grundlegend und allgegenwärtig, auch wenn er ihn nicht ausdrücklich nennt. Für <br />
Paulus ist Gott Vater derjenige, der Jesus von den Toten auferweckt hat (Gal 1,1; Röm 10,9 usw.). Der Horizont unserer Existenz ist nicht mehr auf das irdische Leben beschränkt; das Leben in ewiger Gemeinschaft mit dem auferstandenen Herrn tut einen unbegrenzten Horizont auf, verändert die Bedingungen und Maßstäbe des irdischen Lebens, wird zur bestimmenden <br />
Norm für den Umgang mit ihm. Typisch sind einige paulinische Texte, die von der Auferstehung und vom Gericht sprechen und daraus die Konsequenzen ziehen für das moralische Handeln. <br />
<br />
<br />
'''1) Die Auferstehung '''<br />
<br />
In dem langen Kapitel 1 Kor 15,1–58 stellt Paulus in enger Verbindung dar: die Auferstehung Jesu, die Auferstehung der Christen, die Wertung und Gestaltung des gegenwärtigen Lebens. Am Ende des Kapitels steht zusammenfassend die Schlussfolgerung: „Daher, geliebte Brüder, seid standhaft und unerschütterlich, nehmt immer eifriger am Werk des Herrn teil und <br />
denkt daran, dass im Herrn eure Mühe nicht vergeblich ist“ (15,58). ‚Das Werk des Herrn‘, d. h. das treue Handeln nach Jesu Vorbild, ist mühsam (vgl. 15,30–31), aber die Mühe ist nicht <br />
vergeblich, weil sie zur Auferstehung führt, zum seligen Leben mit dem Herrn. <br />
<br />
Die Folgen der Auferstehung Jesu beschreibt auch Kol 3,1–11, wo es unter anderem heißt: „Ihr seid mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur <br />
Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische ... Darum tötet, was irdisch an euch ist ...“. Verschiedene Ebenen sind hier verbunden: Christus ist <br />
auferstanden; wir alle nehmen an seiner Verherrlichung teil; das geschieht aber noch nicht vollständig und schon gar nicht automatisch; der menschliche Partner muss sich bewusst daran beteiligen; er muss unterscheiden zwischen dem, was von der Erde kommt und vom Fleisch eingegeben wird, und dem, was zur Ordnung Christi gehört. Weil Christus uns vorausgegangen ist und das eschatologische Ziel erreicht hat, verschwindet die Welt der irdischen Werte nicht, aber sie erhält die richtigen Proportionen, verliert an Bedeutung, wird relativiert. <br />
<br />
<br />
'''2) Das Gericht '''<br />
<br />
'''141.''' Immer wieder bezieht sich Paulus auf das Gericht, das uns erwartet. Was wir in unserem Leben getan haben, das wird vom Herrn objektiv gewertet und wird angemessen vergolten. Diese Tatsache soll uns dazu anspornen, dass wir verantwortlich leben und mit Zuversicht die Wertung des Herrn erwarten können. In Röm 14,10–12 sagt Paulus: „Wir werden alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen. ... Also wird jeder von uns vor Gott Rechenschaft über sich selbst ablegen.“ Unsere Verantwortlichkeit wird so hervorgehoben. Wenn das Leben im Nichts enden würde, wäre das Ende für alle gleich und es wäre gleichgültig, wie wir unser irdisches Leben geführt haben. Aber unser Leben geht auf eine Rechenschaft zu, für die die jetzige Lebensführung entscheidend ist. <br />
<br />
Die Menschen haben ihre Art, über Personen und Ereignisse zu urteilen. Paulus sagt: „Mein Richter ist der Herr. ... Er wird das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen aufdecken. Dann wird jeder sein Lob von Gott erhalten“ (1 Kor 4,4–5). Die Wertung des Herrn ist die einzige angemessene und gültige, denn er allein kennt alle Einzelheiten des menschlichen Handelns. <br />
<br />
Der Ausgang des Gerichts entspricht dem, was jeder Mensch während seines irdischen Lebens getan hat, und wird je verschieden sein: „Wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi <br />
erscheinen, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat“ (2 Kor 5,10). Was die erwartet, die eventuell verdammt werden, wird sehr all- <br />
gemein ausgedrückt („Zorn und Grimm“, „Not und Bedrängnis“ Röm 2,8–9) oder negativ formuliert („sie werden das Reich Gottes nicht erben“ 1 Kor 6,10; Gal 5,21). Das Geschick derer, die gerettet werden, wird immer ‚Gnade‘ sein, nie nur Verdienst und besteht im „ewigen Leben in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Röm 6,23). <br />
<br />
<br />
'''d. Der Blick auf die Zukunft im Buch der Offenbarung '''<br />
<br />
'''142.''' In der Eschatologie des Buches der Offenbarung hat das Kommen Christi eine besondere Form. Es wird nicht als plötzliche, abschließende und aufsehenerregende Wiederkunft gesehen – gar verwirklicht durch ein Herabsteigen vom Himmel –, sondern als eine Gegenwart, die als solche geglaubt und erfahren wird, die im Verlauf der Geschichte zunimmt und dann zu ihrer Fülle kommt. In diesem Rahmen und in Verbindung mit der verwirklichten Eschatologie des Johannesevangeliums unterstreicht die Offenbarung die aktuelle Gegenwart Christi in seiner Kirche und in der Welt. Diese Gegenwart, die durch das Wirken des Geistes vermittelt wird (vgl. Joh 14,16–18), führt – wie man sagen könnte – zu einer neuen Phase der Inkarnation, in der der „Gekreuzigte und Auferstandene“ direkt auf seine Kirche wirkt und durch das vielfache Handeln der Kirche auf die Welt; dabei will er fortschreitend alle und alles mit seiner Lebenskraft und seinen Werten bestimmen. Der endgültige Ausgang dieses Wirkens, bei dem Christus sich in der Geschichte ausbreitet, wird einerseits die Entmächtigung und Zerstörung aller Kräfte des Bösen sein, durch die der Böse in der Geschichte am Werk ist; und auf der anderen Seite das Zusammenleben und Mitteilen von Christus, Gott, dem Geist und der Kirche auf der höchsten Stufe der Liebe, wie es sich im neuen Jerusalem verwirklichen wird. <br />
<br />
<br />
'''1) Das Kommen Christi in der Kirche '''<br />
<br />
'''143.''' Ein erster Aspekt betrifft die Kirche, die von innen gesehen wird, und ist hervorgehoben im ersten Teil der Offenbarung (1,4 – 3,22): es gibt ein Kommen Christi, das sich an die Kirche als solche richtet – immer in der Verbindung von lokaler und universaler Kirche. Die Texte, die das ausführen (2,5.16; 3,11), und ihr Kontext (Kap. 2–3) zeigen, dass dieses Kommen zu einer wachsenden Gegenwart Christi führt, bei der die Kirche immer mehr einbezogen wird. <br />
<br />
Die moralischen Konsequenzen von Kommen und Gegenwart Christi zeigen sich für die Kirche als Forderungen nach einem erneuten Glauben und nach einer wachsenden Bereitschaft, das <br />
Wirken Christi an ihr aufzunehmen. Genauerhin werden von der Kirche die Entscheidungen verlangt, die sich in den Imperativen ausdrücken: „Bekehre dich!“ (2,5.16; 3,1.19); „Fürchte <br />
dich nicht vor dem, was du noch erleiden musst!“ (2,10); „Was ihr habt, das haltet fest, bis ich komme!“ (2,25); „Denke also daran, wie du die Lehre empfangen und gehört hast. Halte daran <br />
fest, und kehre um!“ (3,3); „Habe eine eifersüchtige Liebe und kehre um!“ (3,19). <br />
<br />
Von der Kirche wird mit großem Nachdruck vor allem das Hören auf den Geist verlangt, der, wie der zweite Teil des Buches zeigt, sie führen wird, damit sie die angemessenen Entscheidungen trifft, um mit dem Kommen Christi in der Geschichte mitzuarbeiten. <br />
<br />
<br />
'''2) Kommen und Gegenwart Christi in der Geschichte '''<br />
<br />
'''144.''' Im zweiten Teil der Offenbarung ist das Handeln Christi aus dem inneren Bereich der Kirche in die Welt der Menschen verlagert, die noch nicht zur Kirche gehören. <br />
<br />
Diese Welt steht unter dem mächtigen Einfluss des Dämonischen. Es will sie bestimmen, in einer Art und Weise zu leben, die der von Gott gewollten entgegengesetzt ist, ein Gegenreich, <br />
ja eine Art von Gegenschöpfung darstellt. Die Offenbarung nennt einige Einzelheiten dieses dämonischen Wirkens: es handelt nicht direkt, sondern es dringt durch Täuschung in die bestehenden menschlichen Strukturen ein und bedient sich ihrer. Im Gegensatz zum irdischen Reich steht das Reich Christi. Es wird vor allem bestimmt von Christus selbst, symbolisiert durch die Figur des Lammes (Offb 5,6), die den ganzen zweiten Teil der Offenbarung charakterisiert. Die ganze Tätigkeit, die Christus, dem Lamm, eigen ist, interpretiert die Offenbarung als ein Kommen. Es ist das Kommen Christi in der Geschichte, das seinem Kommen in der Kirche parallel ist. <br />
<br />
Die Auswirkungen, die das innergeschichtliche Kommen Christi auf die Moral hat, sind vielfältig und beruhen alle darauf, dass die Christen, wie wir oben gesehen haben, als „Priester Gottes und Christi“ (20,6) zwischen dem Einwirken Christi, das die Geschichte ganz durchdringen will, und seiner Verwirklichung vermitteln sollen. Die Christen müssen den Mut haben, ihren Christus ans Licht zu bringen (vgl. Offb 12,1–16) und seine Werte in die Geschichte einzupflanzen, bis zur eschatologischen Vollendung, die sein Kommen beschließen wird. <br />
<br />
<br />
'''3) Das Kommen in seiner eschatologischen Fülle '''<br />
<br />
'''145.''' Das Kommen Christi im Inneren der Kirche ist gekennzeichnet von seiner Liebe, die auf Gegenseitigkeit angelegt ist, einen Austausch auf gleicher Wellenlänge erwartet und einer <br />
menschlichen Verlobung entspricht. Die Kirche ist jetzt Braut und bereitet sich vor, Frau zu werden, indem sie mit dem Kommen Christi in der Geschichte aktiv mitarbeitet. Wenn dann dieses Kommen vollendet ist, wird auch die „Hochzeit des Lammes“ (19,7) gekommen sein. Die Kirche, Frau jetzt und nicht mehr Braut, wird fähig sein, Christus mit gleicher Liebe zu lie- <br />
ben, und Christus wird seiner Frau den ganzen Reichtum schenken, der ihm gehört (21,9 – 22,5). <br />
<br />
Eine fortschreitende Entwicklung geschieht auch beim Kommen Christi in der Geschichte. Es bringt am Schluss eine Entmächtigung aller Kräfte des Bösen, die sich für die Gegenschöpfung einsetzen. So verschwinden vom Schauplatz der Geschichte „die Könige der Erde“ (19,17–19), das erste und das zweite Tier (19,20), „der Teufel, der sie verführt“ (20,10) und die Wurzel alles Bösen in der Gegenschöpfung ist (vgl. 21,10). Am Ende fällt Babylon, Ausdruck und Symbol des Gegenreiches, der verwirklichten Gegenschöpfung (vgl. 18,2). Der Welt von früher folgt eine Welt, die ganz von der Neuheit Christi durchdrungen ist (vgl. 21,1). <br />
<br />
Der Verfasser der Offenbarung sieht diese endgültigen Ergebnisse für eine Kirche vorher, die noch auf dem Weg ist. Im Blick voraus auf das eschatologische Ziel weiß die Kirche, die jetzt die bedrängte Freude ihrer wachsenden Liebe erfährt, dass es ihr eines Tages gelingen wird, Christus mit der Liebe zu lieben, mit der er sie liebt. Während sie sich an der Seite Christi, der im Kommen ist, ganz einsetzt, das Böse zu überwinden und das Gute zu stärken, weiß sie, mit dem Blick auf die eschatologische Zukunft, dass das niederdrückende Böse der Gegenschöpfung auch durch ihr Wirken ein Ende haben wird. In gleicher Weise wird alles Gute, das von der Neuheit Christi herkommt und das auch durch ihren Beitrag in die Geschichte eindringt, im neuen Jerusalem seine Vollendung erreichen. Die Kirche erfährt sich wahrhaft als Braut, die ihr Hochzeitskleid anfertigt. <br />
<br />
<br />
'''4) Abschluss '''<br />
<br />
'''146.''' Diese komplizierte Ordnung von Erwartung und Vorbereitung drängt die Kirche auf etwas Besseres, auf ein Mehr hin, das sich in dem eindringlichen Ruf ausdrückt: „Der Geist und <br />
die Braut sagen: Komm!“ (22,17). Auf diesen Ruf antwortet Christus selber und versichert wiederholt: „Siehe, ich komme bald“ (22,7), „Ja, ich komme bald“ (22,20). Damit verspricht er <br />
als bevorstehend eine weitere Phase seines Kommens, nicht die eschatologische Vollendung, und verlangt von der Kirche, aufmerksam zu sein („Siehe!“). Er wird bald da sein und die Kir- <br />
che wird es sehen, dieses Mehr an Nähe Christi, innerhalb der Kirche und in der Welt, nach dem die Kirche sich sehnt. Es wird eine Station sein auf dem Weg zur Hochzeit, zum neuen <br />
Jerusalem. <br />
<br />
=====2.5.2. Orientierungen für heute =====<br />
<br />
'''a. Der Mensch und die Gegenwart '''<br />
<br />
'''147.''' Das menschliche Leben ist in erster Linie auf das Gegenwärtige bezogen. Das Gegenwärtige ist schön, flüchtiger Schatten der ewigen Gegenwart Gottes, ist sicherer Besitz und ist konkret. Die Gegenwart ist wertvoll, auch weil sie der einzige Moment ist, in dem menschliche Verantwortung und Einsatz ausgeübt werden. <br />
<br />
Das Gegenwärtige ist auch gekennzeichnet durch seine auffallenden Grenzen; so vieles ist unsicher und unvollkommen und alles ist vergänglich. Das Gegenwärtige genügt nicht sich selbst, wie alle Gedankensysteme zeigen, die sich in einer trügerischen Autonomie einschließen, und wie die Erfahrung unserer Zeit zeigt – nicht zum ersten Mal in der Geschichte – im Zusammenbruch der Ideologien. <br />
<br />
Die trügerischen Erwartungen, die an das Gegenwärtige gerichtet sind, und die Enttäuschung, die ständig daraus folgt, können die Flucht in den Konsum hervorrufen, der immer raffinierter <br />
und verzweifelter wird, dem Zukunft fehlt und der zur Quelle neuer Enttäuschung wird. Es gibt keine Hoffnung, diese zu überwinden, solange man im Rahmen des Säkularismus bleibt. Die Hoffnung bringt Gleichgewicht in das Ungleichgewicht des Gegenwärtigen, denn sie öffnet auf eine Zukunft hin, die in der ewigen Festigkeit Gottes begründet ist. Hebr 13,14 erklärt auf unumstößliche Weise: „Wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt, sondern wir suchen die künftige“. Nichts kann Handeln und Leben wirksamer orientieren als das Bewusstsein, dass <br />
alles vergänglich ist, was im Gegenwärtigen gewünscht und getan wird. Mit Notwendigkeit wird eine Hierarchie der Werte aufgestellt, bei der wir nicht nur auf uns selber Bezug nehmen, <br />
sondern auch auf einen Anderen und nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch auf die Zukunft. Der Andere ist der auferstandene Herr, der vorausgegangen ist, um uns einen Platz zu <br />
bereiten (Joh 14,2) und der verborgener Gesprächspartner für ein Heute bleibt, in dem alle Schwierigkeiten und alle Freuden des Glaubens und der Hoffnung erfahren werden. Der Glaube <br />
verlangt, über das unmittelbar Gegebene hinauszugehen. Die Hoffnung nimmt die Zukunft vorweg in einem beständigen Dialog der Liebe mit dem, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist. <br />
<br />
<br />
'''b. Berufung zum Heroismus '''<br />
<br />
'''148.''' Von diesem vertrauten Gesprächspartner, der die Zukunft des Gläubigen ausfüllt und erleuchtet, kommen radikale Forderungen und Erwartungen. Sie nehmen in Anspruch, höchster <br />
Wert zu sein und das Opfer von allem anderen verlangen zu können. Er ruft zu heroischem Zeugnis durch das Opfer. Unsere Zeit kennt viele Beispiele von Martyrium, von durch die Liebe motiviertem Verzicht auf etwas Gegenwärtiges, das im Blick auf größeres Zukünftiges geopfert werden kann. <br />
<br />
Es ist der Religion, und besonders dem Christentum vorgeworfen worden, einen unheilvollen Einfluss auf die Gegenwart auszuüben und einem vollen Einsatz, der das System der Unterdrückung nicht annehmen, sondern verändern will, die Flügel zu stutzen; es ist der Vorwurf, „Opium des Volkes“ zu sein. Der Jünger des auferstandenen Herrn weiß, dass das nicht wahr ist. Die Zugehörigkeit zum Reich verpflichtet ja zum Einsatz für eine Ordnung, die derjenigen immer näher kommt, für die sein Erlöser gestorben ist und für die er jeden Tag wirkt bis zu seiner vollen Offenbarung. Gerade weil der auferstandene Herr diese Zukunft vorweggenommen hat und sie vorbereitet, hat es einen Sinn, alle vorläufigen Werte unterzuordnen und mit größtem Einsatz Zeugnis zu geben. Bei diesem Einsatz ist eine glückli- <br />
che Harmonie festzustellen zwischen den authentischen Zwischenzielen und dem letzten Ziel. Jesus hat sich eingesetzt gegen Krankheit und Hunger gerade im Hinblick auf die endgültige Befreiung von allem Übel, die in der vollkommenen Gemeinschaft mit ihm erreicht sein wird. <br />
<br />
In diesem Sinn ist die christliche Hoffnung nicht nur auf die Zukunft ausgerichtet, sondern hat moralische Konsequenzen für das gegenwärtige Leben. Der Christ ist verpflichtet, heute im <br />
Blick auf diese Zukunft zu leben, die der Glaube an die Auferstehung vorwegnimmt und sehnlichst erwartet. Der christliche Glaube an die leibliche Auferstehung und an die Verwandlung der geschaffenen Welt ist auch ein starkes moralisches und geistliches Motiv, sich für die Ökologie einzusetzen und für die Achtung des menschlichen Lebens (vgl. Röm 8,18–21). <br />
<br />
<br />
'''c. Der eschatologische Ausblick und seine immer neue Konkretisierung '''<br />
<br />
'''149.''' Was die Offenbarung über Ende und Vollendung sagt, kann gültige Orientierung geben bei allem Neuen, das im ständigen Wechsel sichtbar wird. Wenn neue Entscheidungen zu <br />
fällen sind, geht es meistens um Prinzipien, die sich auf die Autonomie der menschlichen Entscheidung berufen, auf die Rechte der Wissenschaft, auf die unbedingte Freiheit des Gewissens und auch, letztendlich, auf das Recht des Stärkeren. <br />
<br />
Das Kriterium der Finalität kann diese Einstellungen korrigieren. Der Horizont des Menschen ist nicht begrenzt durch die eigene Person, sondern durch den Dialog mit einer größeren und <br />
vertrauenswürdigeren Person; er erschöpft sich nicht im Gegenwärtigen, sondern geht darüber hinaus auf eine Zukunft hin, und erst sie wird „endgültig“ sein. Die Entscheidungen des Men- <br />
schen sind dann erst von Wert, wenn er sie im Dialog mit seinem Schöpfer und Heiland trifft und wenn sie nicht nur vor der Gegenwart, sondern auch vor einer Zukunft, die kein Ende hat, <br />
bestehen können. <br />
<br />
====2.6. Sechstes besonderes Kriterium: Unterscheidung ====<br />
'''150.''' Alle kommen darin überein, dass nicht alle moralischen Regeln der Bibel auf die gleiche Ebene gestellt werden können und dass nicht allen Beispielen von Moralität, die sich in ihr finden, der gleiche Wert zuerkannt werden kann. <br />
<br />
Hier scheint es uns nützlich, aus pädagogischen und theoretischen Gründen, die Ausführungen in Verbindung mit einen Grundbegriff der Moraltheologie zu entwickeln, nämlich mit <br />
dem der Klugheit. Sie schließt auf der Ebene des Verstehens ein, dass jemand Sinn für Proportionen hat, und auf der Ebene der Entscheidung, dass er vorsichtig ist. Einerseits ist es notwendig, grundsätzliche Weisungen, die universalen verpflichtenden Charakter haben, zu unterscheiden von bloßen Ratschlägen oder auch von Vorschriften, die an eine Etappe der geistlichen Entwicklung gebunden sind. Andererseits verlangt die Klugheit, im Voraus die eigenen Handlungen abzuwägen, über ihre Bedeutung und ihre Konsequenzen nachzudenken, um Schäden, die sie mit sich bringen, wahrzunehmen und bei der Anwendung der Prinzipien Irrtümer oder gar unnötige Risiken zu vermeiden. Im Bereich der Moral gibt die Heilige Schrift die wichtigsten Anhaltspunkte für eine gesunde Unterscheidung. Sie hat zu geschehen auf drei Ebenen: auf der literarischen, der spirituell-gemeinschaftlichen und der spirituell-persönlichen. <br />
<br />
=====2.6.1. Biblische Daten =====<br />
'''a. Literarische Unterscheidung '''<br />
<br />
'''151.''' Ein richtiges und genaues moralisches Urteil, das von der Schrift ausgeht, setzt ein kritisches Lesen der Texte voraus, das zuerst und vor allem der kanonischen Dimension Rechnung trägt (vgl. Päpstliche Bibelkommission, Die Auslegung der Bibel in der Kirche, I C). <br />
<br />
<br />
'''1) Literarischer Kontext '''<br />
<br />
Grundsätzlich ist es unklug, sich auf eine Gesetzesnorm oder auf eine Beispielerzählung der Bibel zu beziehen und dabei von ihrem literarischen Kontext abzusehen. Man muss auch auf die literarischen Genera und Formen achten (Imperative, Kasuistik, Kodizes, Ermahnung, Weisheitsspruch usw.), die oft auf das Gewicht einer moralischen Anweisung verweisen. <br />
<br />
Die besondere Autorität bestimmter Texte auf moralischem Gebiet ergibt sich aus ihrer literarischen Stellung. Wir haben dieses Unterscheidungskriterium schon für den Dekalog und die Bergpredigt, besonders für die Seligpreisungen, angewendet, die das Fundament des alten und des neuen Gesetzes darstellen: ihre literarische Stellung am Anfang drückt ihr Höchstmaß an Autorität aus. <br />
<br />
Die Stelle, die sie im Kanon der Heiligen Schrift einnehmen, bekräftigt die theologische Grundstruktur von „Geschenk-Gesetz“, die wir im ersten Teil ausführlich erklärt haben. Reich <br />
entfaltete Erzählungen vom Heil gehen dem Dekalog im Buch Exodus und im Buch Deuteronomium voraus; dasselbe gilt für die Bergpredigt. <br />
<br />
<br />
'''2) Theologisches Fundament '''<br />
<br />
Um heute eine moralische Entscheidung zu begründen, wird man unter den von der Bibel angegebenen Normen besondere Aufmerksamkeit denen zuwenden, die theologisch begründet <br />
oder gerechtfertigt werden. So lässt sich besser unterscheiden, was die Kultur einer Epoche widerspiegelt und was einen überkulturellen Wert hat. <br />
<br />
So werden z. B. die Vorschriften im ersten Teil des Bundesbuches (Ex 21,1 – 22,19) nicht theologisch begründet; in ihnen ist wahrscheinlich ein lokales Gewohnheitsrecht aufgeschrieben, das die Gerechtigkeit widerspiegelt, die am Tor einer Stadt ausgeübt wurde, um die sozialen Beziehungen zu regeln. In Formulierung und Inhalt sind diese kasuistischen Gesetze den Vorschriften ähnlich, die in verschiedenen Kodizes des Alten Orients gesammelt sind: besonders die Gesetze, die die periodische Freilassung von Sklaven betreffen (Ex 21,2–11). Im Gegensatz dazu hat im apodiktischen Teil des Bundesbuches (Ex 22,20 – 23,9) wie auch im deuteronomischen Kodex das Gesetz oft eine theologische Begründung: z. B. die Nähe des HERRN zu den sozial besonders armen Schichten (Ex 22,20–26) oder die ausdrückliche Beziehung auf die Geschichte der Ursprünge Israels (Dtn 15,12–15; 16,10–12). <br />
<br />
Diese Beziehung von Kontinuität und Diskontinuität zwischen der Gemeinschaft der Gläubigen und ihrer Umwelt findet sich in gleicher Weise im Neuen Testament. So sind die „Haustafeln“ (Eph 5,21 – 6,9 und Kol 3,18 – 4,1), auch wenn sie keine direkten Parallelen in der griechischen Literatur haben, gekennzeichnet von der Kultur und Weisheit ihrer Zeit. Der Glaube an Christus gibt eine spezifische Bedeutung den sozialen Beziehungen zwischen Herren und Sklaven und den familiären Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, Männern und Frauen, wenn auch innerhalb der Kultur, in der sie gelebt werden. Um heute die Ethik für Familie und Gesellschaft zu klären, sind die theologischen Motivationen vorzuziehen: Christus als Beispiel nehmen (Eph 5,23.25–27.29), sich von der Pädagogik Gottes anregen lassen (6,4), seinen Willen tun (6,6), den „Herrn in den Himmeln“ nachahmen, bei dem es „kein Ansehen der Person“ gibt (6,9), das suchen „was gut und recht ist vor dem Herrn“ (Kol 3,20), sich an die „Furcht des Herrn“ halten (3,22) – zu verstehen im Sinn eines tiefen religiösen Respekts –, in allem „für den Herrn“ handeln (3,23), mit dem Blick auf die „Vergeltung“ am Ende (Eph 6,7–8; Kol 3,20 – 4,1). Was die soziologischen Modelle von damals angeht, darf ihnen bei einer guten und sorgfältigen Exegese nicht in ungebührender Weise ein ewiger Wert zugemessen werden. Wenn Modelle, die unserer Zeit entsprechen, fehlen, so soll die Suche nach ihnen eher mit einer anderen wesentlichen Art der Unterscheidung geschehen, mit der geistlichen Unterscheidung, besonders in Gemeinschaft. <br />
<br />
<br />
'''3) Kultureller Hintergrund '''<br />
<br />
Auch ohne Fundament oder Rechtfertigung theologischer Art kann man leicht entscheiden, ob eine biblische Vorschrift als solche auf die heutige Situation angewendet werden kann. Die <br />
Exegese vermag das, wenn sie den kulturellen Hintergrund untersucht. Als Beispiel nehmen wir zwei Speiseverbote. „Das Junge einer Ziege sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen“ (Ex 23,19; 34,26; Dtn 14,21). Dieser kanaanäische Brauch, der in Ugarit bezeugt ist, wird durch drei biblische Traditionen, die im Allgemeinen als verschieden gelten, überliefert und hat im Judentum zu komplizierten Speiseregeln geführt. Die Kirche respektiert diese Regeln, hat es aber nie für notwendig gehalten, sie zu übernehmen, da sie nach christlicher Auslegung auf eine partikuläre Kultur zurückgehen. <br />
<br />
Das andere Beispiel ist schwieriger: „Du sollst kein Blut essen.“ Auch in diesem Fall findet sich das Verbot in mehr als einer alttestamentlichen Tradition (Lev 3,17; 7,26; Dtn 12,23–24). Das <br />
Neue Testament übernimmt es und legt es den Christen, die aus dem Heidentum kommen, auf (Apg 15,29; 21,25). Von der Exegese her gesehen, ist die ausdrückliche Begründung des Verbots nicht eigentlich theologisch, sondern mehr symbolisch: „Das Leben (nephesch) jedes Fleisches ist im Blut“ (Lev 17,11.14; Dtn 12,23). Nach der apostolischen Zeit hat sich die Kirche nicht mehr verpflichtet gefühlt, auf dieser Basis Regeln für Schlachthaus und Küche aufzustellen; noch weniger gilt das für unsere Zeit, um etwa Blutübertragungen zu verbieten. Der überkulturelle Wert in den beiden Verboten – und nur er kann und soll jede Ethik inspirieren – betrifft die Achtung vor jedem Lebewesen. Und der überkulturelle Wert, der der besonderen Entscheidung der Kirche (Apg 15) zugrunde liegt, ist die Sorge, ein harmonisches Zusammenleben von verschiedenen Gruppen zu fördern, auch zum Preis vorläufiger Kompromisse. <br />
<br />
<br />
'''4) Kontinuität '''<br />
<br />
Die Beständigkeit, mit der ein Thema der Moral in biblischen Texten auftritt, die verschieden sind nach literarischer Überlieferung, Verfasser, Alter oder literarischem Genus, lässt dieses Thema als strukturierend und wesentlich für die Interpretation der Moral in der ganzen Bibel erkennen. So entspricht etwa die besondere Aufmerksamkeit, die den Armen zugewendet wird, <br />
diesem Kriterium der Kontinuität. Vom Anfang bis zum Ende der Schrift findet sich dieses Thema. Sogar das Buch Sirach, das gutes Fleisch, Wein und Reisen schätzt, hat es als Leitmotiv. <br />
<br />
<br />
'''5) Verfeinerung des Gewissens '''<br />
<br />
Schließlich ist es für die moralische Unterscheidung wichtig, der Verfeinerung des moralischen Gewissens Rechnung zu tragen, besonders bei einem Lesen, das die beiden Testamente um- <br />
fasst. Dieser Punkt braucht keine weiteren Ausführungen; viele Beispiele wurden genannt und kommentiert für das dritte besondere Kriterium: die Steigerung. <br />
<br />
<br />
'''b. Unterscheidung in Gemeinschaft '''<br />
<br />
'''152.''' Der Prozess der Unterscheidung kann nicht allein von der Exegese durchgeführt werden, auch wenn sie sich aller Daten und Methoden, die heute zur Verfügung stehen, bedient. Was die Heilige Schrift angeht, ist die Gemeinschaft ein wesentlicher Ort für das Unterscheiden. <br />
<br />
<br />
'''1) Altes Testament '''<br />
<br />
Im Alten Testament wird das sichtbar, sobald sich die Notwendigkeit zeigt, Regeln für das Zusammenleben in Israel zu entwickeln, die neuen historischen und sozialen Situationen ent- <br />
sprechen. Wir wollen ein Beispiel nehmen, das nicht banal ist, wenn wir an die Neubewertung der Frauenrechte in unserer Zeit denken. Im Buch Numeri stellt sich in neuer Art die Frage nach <br />
dem Erbrecht der weiblichen Nachkommenschaft in einem Stamm oder Clan (27,1–11; 36,1–12). Mose erscheint als der Mittler, der dem Herrn die Fragen der Gemeinschaft vorlegt und der dem Volk die Antwort und gesetzliche Regelung mitteilt. Im Text finden sich also die Bedürfnisse des Volkes, das Auftreten von qualifizierten Mittlern (Mose, Eleazar) und die <br />
souveräne Autorität des HERRN. <br />
<br />
<br />
'''2) Neues Testament '''<br />
<br />
Wenn im Bereich von Gesetz und Brauch zu wählen ist, kann es geschehen, dass man sich in Details verfängt, es wird ihnen Bedeutung zugewiesen oder sie sind im Augenblick tatsächlich <br />
wichtig. Wie soll man das Wesentliche und nicht Verhandelbare vom Nebensächlichen und Verhandelbaren unterscheiden? Was kirchliche Unterscheidung angeht, haben wir im Neuen Testament ein wichtiges Dokument: Apg 15,1–35. Die Problematik ist neu. Einige in der Kirche wollen die Heiden, die Christen wurden, verpflichten, gleichzeitig das ganze Judentum zu über- <br />
nehmen, samt der Beschneidung. Sie war von der Torah vorgeschrieben (Gen 17,10–14), auch für die Fremden, die im Land wohnten (Ex 12,48–49). Auf der Ebene der Moral ging es um <br />
den Gehorsam gegenüber dem ausdrücklichen Willen Gottes. Die Erzählung der Apostelgeschichte zeigt die wesentlichen Elemente einer klugen Unterscheidung: ein Weg in Gemeinschaft, die Suche nach einer Lösung und die Entscheidung. <br />
<br />
a) „Die Apostel und die Ältesten traten zusammen, um die Frage zu prüfen“ (15,6). Heute würde man von Mitverantwortung und Synodalität sprechen. <br />
<br />
b) Um eine geeignete Lösung zu finden, suchen die Verantwortlichen, das Notwendige (Grundwerte, die bewahrt werden müssen) und das Mögliche (den beiden Seiten, um die es geht, zu entsprechen) zu unterscheiden. Es treten vier Persönlichkeiten auf. Petrus gibt eine grundsätzliche Orientierung (nicht unnötige Lasten aufbürden) und nennt drei theologische Gründe: Gott unterscheidet nicht zwischen den Personen; der Heilige Geist hat bei den Heiden die gleichen Zeichen gewirkt wie bei den Juden; und, vor allem, der Glaube ist reines Geschenk Gottes (15,7–11). Paulus und Barnabas lassen die Erfahrung sprechen, das, was sie erlebt haben (15,12). Schließlich schlägt Jakobus einen weisen Kompromiss vor: keine übermäßigen Lasten, aber wenigstens Anstoß vermeiden und beiden Seiten Rechnung tragen (15,13–21). Es ist für den einen und anderen Punkt ein vorläufiger Kompromiss, der aber die Krise jetzt und heute löst. Wenig später wird selbst Paulus den Timotheus beschneiden – aus Furcht vor den Juden (Apg 16,1–13). Die Verbote, die Götzenopferfleisch oder nicht voll ausgeblutetes Fleisch betrafen (15,20), haben, wie die Geschichte zeigt, sich nicht lange in der Kirche gehalten. Der Zweck dieser klugen Unterscheidung war damals genau und wichtig: die Einheit der Gemeinschaft sollte wiederhergestellt werden. Als überkulturellen Wert kann man nennen die Öffnung für Verschiedenheit, einen gewissen soziologischen Pluralismus; er war vorbereitet durch das alttestamentliche Thema der Beschneidung des Herzens (Dtn 10,16; Jer 4,4; vgl. Röm 2,25–29). <br />
<br />
c) Das Ergebnis der Unterscheidung wird in einem gemeinsamen Brief mitgeteilt (15,23–29). Vier Elemente sind besonders interessant. Der Zwiespalt, der durch Handlungen bewirkt wurde, die ohne Auftrag, nicht in Gemeinschaft der Kirche getätigt wurden (15,24). Die Erklärung: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen ...“, ist klares Zeichen einer eigentlich geistlichen Unterscheidung, in Beratung und Gebet (15,28). Für die Auswahl der Abgesandten wird ein größerer Kreis beigezogen, „die ganze Gemeinde“ (15,22). Der Appell geht nicht an blinden Gehorsam, sondern an das Gewissen der Gemeinden, denen die Botschaft geschickt wird (15,29). <br />
<br />
<br />
'''c. Persönliche Unterscheidung '''<br />
<br />
'''153.''' Im vorausgehenden Abschnitt haben wir eine Unterscheidung behandelt, die sich, sozusagen, auf ein „kollektives Gewissen“ stützt, das vom Heiligen Geist erleuchtet wird. Der <br />
Ausdruck „kollektives Gewissen“ kam vor allem durch Émile Durkheim in Gebrauch und gehört zur modernen Terminologie. In der Bibel wird das Wort "syneidesis" nur für das persönliche Gewissen gebraucht, meistens bei einem moralischen Urteil. Einmal werden moralisches „Gewissen“ und „Gedanken“ parallel verwendet und zweimal „Gewissen“ und „Herz“ (kardia). Das Herz (lebab) ist in der hebräischen Bibel Sitz und Symbol für Nachdenken, für die Grundausrichtung und für moralisches Entscheiden. Man spricht von gutem, schlechtem, reinem und gereinigtem, untadeligem, schwachem und falschem Gewissen. Für die Unterscheidung ist das persönliche Gewissen, erleuchtet vom Heiligen Geist, ein weiterer Ort und der wichtigste von allen. <br />
<br />
1) Paulus gibt ein Beispiel für Unterscheidung bei einem Problem, das zu seiner Zeit schwierig war: Konnten die Christen mit gutem Gewissen Fleisch essen, das von Tieren stammte, die den Göttern geopfert wurden, und das dann auf dem Markt verkauft wurde (1 Kor 8,1 – 11,1)? <br />
<br />
In kluger Abwägung von Für und Wider und gestützt auf seine Autorität behandelt der Apostel die Frage. Für das Essen spricht ein theologisches Argument: „Götzen gibt es nicht“, also hat <br />
das Essen dieses Fleisches keine moralische Bedeutung (8,4.8; 10,19.23.30). Darüber hinaus nennt er ein unveräußerliches Recht, die souveräne Freiheit des Glaubenden (9,1.4.19). Gegen diese Argumentation spricht aber ein moralisches Prinzip der praktischen Klugheit, das bei der Entscheidung schließlich die Oberhand haben muss: die rücksichtsvolle Liebe. Diese kann verlangen, dass man auf ein Recht verzichtet (9,5) und beim eigenen Handeln auf das „schwache Gewissen“ der anderen Rücksicht nimmt und Anstoß vermeidet (8,7–13; 10,23–24.28–29.32–33). Wer ohne Rücksicht auf die anderen Götzenopferfleisch isst, sündigt nicht gegen den Glauben (Gegensatz), sondern gegen die Liebe (Dimension der Gemeinschaft). <br />
<br />
2) Ein anderer Text (1 Kor 7,1–39) zeigt noch besser, wie bei einer neuen und brennenden Frage der Gemeinde eine praktische Unterscheidung zu treffen ist. Wie soll man in der christli- <br />
chen Ethik den Wert der Lebensstände beurteilen? Paulus unterscheidet hier vier Arten von Anweisungen, die sich in absteigender Reihenfolge mit verpflichtender Kraft geben lassen. <br />
a) Zuerst eine Vorschrift des Herrn selber, die also unveränderlich ist und sich auf ein ausdrückliches Wort des Evangeliums stützt: „Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen“ (vgl. Mt 5, 32; 19,9). Wenn die Frau sich doch trennt, dann verlangt dieses Gebot, keine andere Ehe einzugehen oder sich mit dem Mann wieder zu versöhnen (1 Kor 7,10–11). <br />
<br />
b) Was ist aber in einem Fall zu tun, der nicht vom Evangelium vorgesehen ist? Paulus, der ebenso Seelsorger wie Theologe ist, hat es mit dem Problem von Ehen zwischen Christen und Heiden zu tun. Wenn der heidnische Partner durch den christlichen Partner „geheiligt wird“, d. h. wenn sie harmonisch zusammenleben und eine geistliche Offenheit gegeben ist, dann macht die Vorschrift des Evangeliums keine Schwierigkeit. Wenn aber der heidnische Teil sich trennen will, dann ist der christliche Partner nach Paulus frei. Von Anfang an sagt er, dass er sich auf seine eigene Autorität stützt: „Den übrigen sage ich, nicht der Herr“ (7,12–16). <br />
<br />
c) Paulus wendet sich dann der Jungfräulichkeit zu (7,25–38), einem Lebensstand, der in der jüdischen Welt nicht allgemein geschätzt war. Er empfiehlt diesen Stand, aber nur als Rat: „Ich <br />
habe kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat“. Er nennt zwei Gründe, einen praktischen: Sorgen <br />
vermeiden (7,32–35) und einen theologisch-geistlichen: die Kürze der Zeit (7,29–31). Die gleiche Art von geistlicher Unterscheidung wendet Paulus kurz auf die Situation der Witwen <br />
an und schließt: „Und ich denke, dass auch ich den Geist Gottes habe“ (7,39–40). <br />
<br />
d) Zuerst hatte Paulus die Frage behandelt: Wie steht es mit der sexuellen Enthaltsamkeit eines Ehepaares aus geistlichen Motiven (7,1–9)? Auch hier ist Paulus klug in seinem Unterschei- <br />
den. Er überlegt die Risiken einer zu radikalen Haltung, was die Sexualität in der Ehe angeht. Er stimmt der Enthaltung zu „als Zugeständnis, nicht als Gebot“ (7,6), unter drei Bedingungen: <br />
Zustimmung der beiden Ehegatten, provisorischer Charakter („nur eine Zeitlang“) und geistlicher Zweck („um für das Gebet frei zu sein“). Bei dieser Gelegenheit betont er für beide Ehegatten die volle Gegenseitigkeit und Gleichheit, in der sie auch mit ihrem Leib füreinander da sein sollen. <br />
<br />
<br />
=====2.6.2. Orientierungen für heute =====<br />
'''154.''' Natürlich kann man diese Überlegungen nicht auf alle neuen Probleme anwenden, mit denen sich die Moral heute konfrontiert sieht: Globalisierung der Wirtschaft, des Nachrichten- <br />
wesens und des Austauschs, Überbevölkerung, Umwälzungen in den Berufen und Beschäftigungen, Entwicklung raffinierter militärischer Technologien, Auftauchen einer Gesellschaft des Genusses, Erschütterung der traditionellen Familienstruktur, Erziehung, Konfessionszugehörigkeit usw. Es soll genügen, einige Beispiele anzugeben, die nicht nur den Moraltheologen helfen können, sondern auch den Gruppen und Einzelnen, die sich in <br />
Verbindung mit der Heiligen Schrift um eine gesunde Unterscheidung bemühen. <br />
<br />
1) In der Moral wie in jedem anderen Bereich missbilligt die Kirche jeden fundamentalistischen Gebrauch der Schrift, der etwa dadurch geschieht, dass man eine biblische Vorschrift von <br />
ihrem historischen, kulturellen und literarischen Kontext trennt. Eine aufmerksame kritische Lektüre hilft unterscheiden, was Grundsätze und Handlungsweisen sind, die für alle Zeiten und <br />
alle Orte gelten, und was Vorschriften sind, die zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort notwendig sein konnten, aber überholt und unanwendbar geworden sind. Mehr <br />
als die Exegese von Einzeltexten ist es die biblische Theologie, die es mit ihrem zusammenschauenden Blick auf beide Testamente erlaubt, ein moralisches Problem nicht in isolierter Weise zu behandeln, sondern immer im Zusammenhang mit den großen Grundlinien der Offenbarung Gottes. <br />
<br />
2) Zu einem guten Teil beruft sich die Ethik auf die Vernunft. Wir haben gesehen, wie die Bibel Vieles mit der Weisheit der Völker gemeinsam hat (Übereinstimmung). Aber sie weiß auch <br />
zu protestieren, gegen den Strom zu rudern (Gegensatz) und zu übertreffen (Steigerung). Die christliche Moral kann sich nicht ohne die neue und geheimnisvolle Inspiration, die vom Heiligen Geist kommt, entwickeln. Das moralische Unterscheiden der Christen ist mehr geistlich als rational und weisheitlich. Hier steht das sehr wichtige Thema der Gewissensbildung an. Auch wenn das Neue Testament nur ein einziges Mal die beiden Begriffe „Gewissen“ und „Heiliger Geist“ miteinander verbindet (Röm 9,1), ist es klar, dass im Christentum „die Unterscheidung von Gut und Böse“ als entscheidende Grundlage „die Anfangsgründe der Lehre von der Offenbarung Gottes“ (Hebr 5,12–14) hat, die jene „zur Vollkommenheit“ (6,1) führen, „die einmal erleuchtet worden sind, die von der himmlischen Gabe genossen und Anteil am Heiligen Geist empfangen haben“ (6,4). Paulus verlangt: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist“ (Röm 12,2; vgl. Eph 5,10; Hebr <br />
12,21). <br />
<br />
3) Diese Unterscheidung ist sehr persönlich; daher hat die katholische Moral das Gewissen immer als letzte Instanz für die Entscheidung angesehen. Aber im Prozess der Gewissensbildung – der nie abgeschlossen ist – hat der Gläubige die Verantwortung und die Pflicht, die eigene Unterscheidung mit derjenigen der Verantwortlichen in der Gemeinschaft zu konfrontieren. Die Beispiele, die sich in Apg 15 und in 1 Kor 7–8 finden, bleiben für immer eine unverzichtbare Quelle der Inspiration für die kirchliche Unterscheidung angesichts neuer Probleme. Wo es um die Schrift und um moralischen Unterscheidung geht, ist es eine bleibende Aufgabe, Autonomie der Person und gelehrige Offenheit für das Licht, das der Heilige Geist der Kirche und durch die Kirche gibt, miteinander zu verbinden. <br />
<br />
<br />
===SCHLUSS ===<br />
155. Interdisziplinär und mit immer spezielleren Kenntnissen werden heute die großen Fragen der Menschheit behandelt. Und immer komplexer sind die moralischen Probleme im individuel- <br />
len und kollektiven Bereich. Angesichts dieser Situation will das vorliegende Dokument nicht mehr sein als ein Same der Überlegung und Besinnung. Dennoch ist es in einigen Punkten <br />
originell; drei davon wollen wir noch herausstellen. Es eröffnet auch einige Perspektiven für die Zukunft. <br />
<br />
<br />
'''1. Originelle Elemente '''<br />
<br />
'''156.''' 1) Die Tatsache, dass wir unsere ganze Besinnung auf die Heilige Schrift gründen, lädt dazu ein, die Moral nicht zuerst vom Menschen, sondern von Gott her zu sehen. Daher der Be- <br />
griff „geoffenbarte Moral“, der nützlich sein kann, wenn man ihn recht versteht. Darin unterscheidet sich unser Ansatz von Beginn an von allen natürlichen Ethiken und Moralsystemen, die im Wesentlichen auf der Vernunft gründen. Der Vorteil ist von zweifacher Art. <br />
<br />
Auf der theoretischen Ebene ist eine so konzipierte Moral in ihrer Bedeutung weit überlegen einem Gesetzbuch von Verhaltensweisen, die zu beobachten oder zu vermeiden sind, oder <br />
auch einer Liste von Tugenden, die zu üben, und von Lastern, die zu bekämpfen sind, damit die soziale Ordnung und das Wohlergehen der Personen gesichert werden. Diese Moral steht <br />
unter einem im eigentlichen Sinn geistlichen Horizont, wo die Annahme des unverdienten Geschenkes Gottes vorausgeht und die Antwort des Menschen bestimmt. Heute findet sich bei vielen Menschen, Christen und Nicht-Christen, ein großes Bedürfnis und eine aktive Suche, die eigene Sicht der Dinge in einem spirituellen Horizont neu zu definieren. Eine Moral, die in spiritueller und sozialer Hinsicht so anspruchsvoll ist wie die biblische, ist den bewussten und unbewussten Strebungen der postmodernen Menschen nicht fremd. Eine Moral, die uns nicht in <br />
uns selber einschließt, sondern uns die Augen öffnet für die anderen, besonders für die Armen, die Nahen und die Fernen, und die uns unruhig macht und uns zum Handeln für sie antreibt. <br />
Auf der praktischen Ebene kann unser Ansatz helfen, drei, manchmal subtile, Fehlentwicklungen besser zu erkennen, die mancher Erziehung auf der Ebene der menschlichen Werte und auf der Ebene des Glaubens Schaden gebracht haben und bringen: eine eng gefasste Art von Kasuistik, von Legalismus und von Moralismus. Dass alle Vorschriften von den vorausgehenden Gaben Gottes hergeleitet werden, so wie es überall in der Bibel der Fall ist, kann diesen neue Bedeutung und neue Kraft geben. <br />
<br />
'''157.''' 2) In vollem Respekt gegenüber dem Text des Dekalogs, der fundamental ist, haben wir vorgeschlagen, ihn von den Werten her zu lesen. Das führt zu einer Moral, die ein Programm ist und nicht nur verbietet und vorschreibt, und eröffnet eine Dynamik, die viel anspruchsvoller, aber paradoxerweise auch viel anziehender ist und der ethischen und moralischen Sensibilität vieler heutiger Menschen entspricht. In seiner Bergpredigt, die ebenso grundlegend ist, öffnet Jesus den Weg in diese Richtung. Der Vorteil springt in die Augen: nämlich die Entwicklung einer Moral, die mehr als anspornend, denn als niederdrückend erfahren wird, die die Wege respektiert und fördert, die zum Reich hin in Bewegung bringt und die die Gewissen bildet und nicht wie eine schwere Last wirkt, die auf die Schultern gelegt wird (vgl. Mt 11,29–30). <br />
<br />
'''158.''' 3) Originell an diesem Dokument ist auch die systematische Präsentation von acht allgemeinen und besonderen Kriterien, die alle von der Bibel hergeleitet sind. Sie sollen helfen, <br />
aktuelle moralische Fragen zu behandeln, für die es keine fertigen Antworten gibt und die andere Weisen der Überlegung und der Entscheidungsfindung verlangen. Wir wollen nicht klare und genaue Anweisungen geben, die in vielen Fällen über unsere Zuständigkeit als Exegeten hinausgehen. Mit unserer Besinnung wollen wir viel mehr dazu anregen, sich mit der Moral in einem Geist zu befassen, der neu und lebendig aus der Heiligen Schrift kommt. Die christliche Moral wird so im ganzen Reich- tum ihrer eigenen Züge sichtbar werden: <br />
<br />
– sie sorgt sich in erster Linie um die fundamentale Würde des Menschen (Übereinstimmung mit der biblischen Sicht des Menschen) <br />
<br />
– sie sucht ihr vollkommenes Vorbild in Gott und in Christus (Übereinstimmung mit dem Beispiel Jesu) <br />
<br />
– sie achtet die Weisheit in den verschiedenen Zivilisationen und Kulturen, ist also fähig zum Hören und zum Dialog (Übereinstimmung) <br />
<br />
– sie hat den Mut, jede moralische Erscheinung, die mit dem Glauben unvereinbar ist, zu benennen und ihr zu widerstehen (Gegensatz) <br />
<br />
– sie lässt sich anregen von der Entwicklung der moralischen Positionen, die sich innerhalb der Bibel und in der nachfolgenden Geschichte findet, um die Gewissen zu bilden und sie für <br />
die neue „Gerechtigkeit“ des Reiches immer empfänglicher zu machen (Steigerung) <br />
<br />
– sie ist fähig, miteinander auszugleichen die Rechte und Wünsche der Person, die heute stark betont werden, und die Notwendigkeiten und Forderungen der Gemeinschaft, die sich in <br />
der Schrift als Formen der „Liebe“ äußern (Dimension der Gemeinschaft) <br />
<br />
– sie gibt der Moral einen Horizont, der von der Hoffnung auf die absolute Zukunft bestimmt ist und der den kurzsichtigen Blick auf die irdischen Wirklichkeiten überwindet (Finalität) <br />
<br />
– sie trägt Sorge, die schwierigen Fragen mit Klugheit anzugehen, greift in dreifacher Weise zurück auf die Möglichkeiten der Exegese, auf das Licht, das von den kirchlichen Autoritäten <br />
kommt, und auf die Formung eines rechten Gewissens im heiligen Geist; so soll bei der schwierigen Bildung eines moralischen Urteils nie ein ‚Kurzschluss‘ entstehen (Unterscheidung). <br />
<br />
<br />
'''2. Aussichten für die Zukunft '''<br />
<br />
'''159.''' Das Vorausgehende, zeigt einige wesentlichen Punkte und auf der anderen Seite den unvollendeten und notwendig unvollkommenen Charakter eines Dokuments der Bibelkommission über die Moral. <br />
<br />
Manche Probleme bleiben offen. Wir erinnern, um nur ein Beispiel zu nennen, an den Begriff des „Naturgesetzes“, von dem man eine Skizze in Paulus (vgl. Röm 1,18–20; 2,14–15) zu fin- <br />
den glaubt, das aber, wenigstens in seiner traditionellen Formulierung, philosophische Kategorien einschließt, die sich nicht in der Schrift finden. <br />
<br />
Wir wünschen, dass unsere Besinnung drei Arten von Reaktionen hervorruft: <br />
<br />
'''160.''' 1) In erster Linie den Dialog. Es wäre zu wünschen, dass sich an ihm nicht nur Spezialisten der katholischen Kirche beteiligen, wie Moraltheologen und Exegeten, sondern dass an ihm auch die Gläubigen anderer christlichen Konfessionen teilnehmen, die den gleichen Schatz, nämlich die Heilige Schrift haben, und auch die Angehörigen anderer Religionen, die auf hohe Maßstäbe des moralischen Lebens ausgerichtet sind. Im Besonderen kann ein fruchtbarer Dialog mit den Juden, unseren „älteren Brüdern“, uns gegenseitig helfen, die vielen Gesetze in dem einen theologischen Gesetz zu situieren, das als „Weg“ des Heiles zu betrachten ist, den Gott der Menschheit gnädig gegeben hat. Die biblische Moral kann nicht anderen auferlegt werden, die nicht denselben Glauben haben. Sie hat aber das Ziel, die Natur und die Lebensweise des Menschen und der Gesellschaft zu verbessern, und kann daher als gültiger Vorschlag angesehen werden, der, wie zu hoffen ist, auch von denen ernstlich erwogen wird, die eine andere geistige Ausrichtung haben. <br />
<br />
'''161.''' 2) Wir denken, dass unsere Besinnung, wenn sie Interesse findet, Seelsorger und Theologen anregen könnte, Ausdrucksmittel im Bereich der Medien zu finden, die geeignet sind, die Morallehre der Kirche in ihrem positiven Charakter und in ihrem ganzen Reichtum erfahrbar zu machen. Es ist sicher, dass die Kirche, um Christus treu zu sein und um den Menschen zu dienen, nicht davon absehen kann, die Rechte und Pflichten des Gläubigen und jedes Menschen mit Klarheit zu vertreten, und dass sie daher von bestimmten Regeln und Verboten nicht abweichen kann. Aber der Gegensatz, besonders wenn er die Form eines als notwendig angesehenen Kampfes annimmt, ist nur eines der Kriterien, die wir aufgeführt haben. Die „geoffenbarte Moral“ in ihrer ganzen Weite und Fruchtbarkeit von der Heiligen Schrift her darstellen, könnte auch heißen, die Umrisse einer erneuerten Pädagogik angeben. <br />
<br />
'''162.''' 3) Wir sind überzeugt, dass dieses Dokument der mühsamen und überlegten Erläuterung und Umsetzung bedarf, um wirksam zu werden. Nur so könnte es den Seelsorgern, den Helfern in der Pastoral, den Katecheten, den Lehrern und nicht zuletzt den Eltern eine Hilfe bieten – nämlich all denen, die die schöne und unersetzliche Aufgabe haben, die jungen Menschen für das Leben, für den Glauben, für den verantwortlichen Gebrauch ihrer Freiheit zu erziehen und sie auf den Weg des wahren Glückes zu führen, der sein Ziel jenseits der gegenwärtigen Welt hat. <br />
<br />
[[Kategorie:Lehramtstexte (Wortlaut)]]</div>Charles