Engelmar Unzeitig

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Pater Engelmar Unzeitig

Engelmar Unzeitig CMM (* 1. März 1911 in Greifendorf [Hradec nad Svitavou] bei Brünn, Mähren (heute Tschechien); † 2. März 1945 im Konzentrationslager Dachau) war Priester, Bekenner und Märtyrer in der Zeit des Nationalsozialismus. Er wird der erste Mariannhiller Missionar sein, der am 24. September 2016 seliggesprochen wurde. Sein liturgischer Gedenktag ist der 2. März.<ref>OR 30. September 2016, S. 3.</ref> Er wird der „deutsche Maximilian Kolbe“ oder der "Engel von Dachau" genannt.

Biografie

Herkunft und Ausbildung

Engelmar Unzeitig, mit bürgerlichem Namen Hubert, wurde als Kind von Johann und Cäcilia, geb. Kohl im Schönhengstgau, einer deutschen Sprachinsel nördlich von Brunn, geboren. Er hatte fünf Geschwister, vier Schwestern und einen Bruder, von denen einer schon als Kleinkind starb. Die Eltern bewirtschafteten einen kleinen Bauernhof. Der Vater geriet im Ersten Weltkrieg in russische Kriegsgefangenschaft und starb am 14. Januar 1916 in Simbirsk an der Wolga an Flecktyphus. Die Mutter musste nun ihre Kinder allein durchbringen. Hubert Unzeitig war begabt, hatte aber aus finanziellen Gründen nur die Volksschule besuchen können. Nach der Volksschule und einem Jahr als landwirtschaftlicher Gehilfe bei einem tschechischen Bauern, reifte der Wunsch, Priester zu werden.

Das Priestertum

Er schrieb an die Mariannhiller Missionare in Reimlingen (Bistum Augsburg) und wurde wenige Monate später, im Jahre 1928, in das dortige Spätberufenenseminar in Reimlingen/Nördlingen aufgenommen. In seiner Ausbildungszeit war Hubert durch den Leiter des Spätberufenenseminars das Zeugnis ausgestellt worden, er sei tieffromm, aber etwas ängstlich. Nunmehr legte er seine Angst ab und wurde zum Bekenner. Nach dem Abitur 1934, trat er bei den Mariannhillern ein. Er wurde am 30. April 1934 eingekleidet und erhielt den Ordensnamen Engelmar. Das Noviziat absolvierte er in St. Paul bei Arcen (Niederlande). Seine erste Profess legte der als freundlich, hilfsbereit und eifrig geschilderte Novize am 1. Mai 1935 ab. In Würzburg, wo er sein Theologiestudium machte, wohnte er mit seinen Kurskollegen im Mariannhiller Pius-Seminar. Neben dem eigentlichen Fachstudium lernte er eifrig fremde Sprachen (Französisch, Englisch, Italienisch, Tschechisch und Russisch). In der Frankenmetropole legte er am 1. Mai 1938 die ewigen Gelübde ab; hier empfing er am 6. August 1939 in der Herz-Jesu-Kirche der Mariannhiller in Würzburg die Priesterweihe. Am Fest Mariä Himmelfahrt, dem 15. August, konnte er dann in seiner Heimatpfarre Greifendorf seine Primiz feiern. Noch während seines Primizurlaubs brach der Zweite Weltkrieg aus.

Die Verhaftung

Da P. Engelmar der neugegründeten österreichischen Mariannhiller-Provinz zugewiesen wurde, kam er im Sommer 1940 - nach Abschluss seines Pastoraljahres - in die Burg Riedegg bei Gallneukirchen (Österreich), den Sitz des Provinzialats. Trotz Verbots feierte er mit französischen Kriegsgefangenen regelmäßig Gottesdienst und predigte dabei auf französisch. Er nahm eindeutig Stellung gegen den Nationalsozialismus, nachdem er dessen Gottlosigkeit und Kirchenfeindlichkeit durchschaut hatte. Auch auf der Kanzel nahm er sich kein Blatt vor den Mund.

In der Schule war es, wo der junge Mariannhiller Pater erstmals aneckte: Übereifrige Hitlerjungen stellten ihm verfängliche Fragen; Nazispitzel warfen ihm "heimtückische Äußerungen" vor sowie die "Verteidigung der Juden". Am 21. April 1941 wurde P. Engelmar im Pfarrhaus von zwei Gestapoleuten verhaftet und noch am selben Tag ins Gefängnis nach Linz/Donau gebracht. Nach sechs Wochen Untersuchungs-Haft lautete die Weisung aus Berlin: Überstellung ins KZ Dachau! Damit begann ein sehr leidvolles Kapitel des jungen Paters; er war erst 30 Jahre alt.

Im Konzentrationslager

"Kam am 3. Juni in Dachau an. Bin gesund." - Mit diesen lapidaren Sätzen begann P. Engelmar seinen ersten Brief aus dem Konzentrationslager an seine Schwester Marie (später Sr. Huberta, Missionsschwester vom Kostbaren Blut). Wie seine Mitgefangenen machte P. Engelmar in Dachau viel Schreckliches mit. Dennoch wirkte er trotz strengster Verbote, soweit es die Situation zuließ, auch als Seelsorger. In der heimlichen Lagerseelsorge war Pater Engelmar voll Engagement am Werk. Vor allem kümmerte er sich um russische Mithäftlinge und konnte ihre Sprache bald fließend sprechen. Einen SS-Unterscharführer konnte er ebenso wie einen gefangenen Russen zum katholischen Glauben bekehren.

P. Engelmars Lagernummer war 26 147. Dass trotz dieser "Hölle von Dachau" religiöses Leben möglich war, spricht aus dem Brief P. Engelmars vom 7. September 1941: "Durch unsere Tagesordnung: früh nieder und früh auf, Abwechslung zwischen Kosttragen, Heilige Messe, Essen, Schlafen, Nachmittagsandacht, Breviergebet usw. vergeht die Zeit schnell ( ... ). Suche die Zeit hier so gut als möglich auszunutzen. Nicht an letzter Stelle steht auf meinem Programm Gebet und Sühne. Empfehle Euch alle täglich Gott in der Heiligen Messe aufs innigste ( ...)".

Der Totaleinsatz P. Engelmars für andere - im Dienste der Seelsorge - kam geradezu heroisch zum Vorschein, als er sich um die Typhuskranken kümmerte. In den letzten Dezemberwochen 1944 hatte sich die Lage im KZ Dachau dramatisch zugespitzt. Eine Flecktyphus-Epidemie ging um. Man hatte die von der Seuche Befallenen in eigenen Baracken zusammengepfercht. An manchen Tagen starben über 100 Häftlinge. Die Kranken lagen oft tagelang auf bloßen Brettern im eigenen Kot; sie stöhnten im Delirium, verfielen dem Wahnsinn, waren über und über mit Läusen, Flöhen und Wanzen bedeckt. Wegen der unmittelbaren Todesgefahr war kaum jemand bereit, einen Pflegeposten in diesen verseuchten Baracken zu übernehmen. P. Engelmar war einer der wenigen, die freiwillig in diese Todesbaracken gingen. Später wurden insgesamt 20 Geistliche, zehn deutsche und zehn polnische, dazu herangezogen. Es war ein bewußter Gang in den Tod. So wurden die Typhusbaracken von Dachau die letzte große Pfarrei des Mariannhiller Paters. Er fegte die Bretter sauber, wusch die verdreckten, verschwitzten und zu Skeletten abgemagerten Leiber und mühte sich immer wieder, den Sterbenden die Sakramente zu spenden.

»Liebe verdoppelt die Kräfte. Sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh!«, heißt eines der bekanntesten Zitate aus seinen Dachauer Briefen an seine Schwester.<ref>OR 30. September 2016, S. 3.</ref>

Die Todeskrankheit

Am 20. Februar 1945 wurde er in die Krankenbaracke verlegt. Diagnose: Flecktyphus in fortgeschrittenem Stadium. Die Pflege, die er bekam, konnte seinen Tod nicht aufhalten. P. Engelmar starb - laut Totenschein - am Freitag, dem 2. März 1945 - um 7.20 Uhr. Pfr. Richard Schneider, ein Mithäftling P. Engelmars in Dachau, sorgte dafür, dass der Leichnam einzeln verbrannt wurde - heimlich und nachts durch den Kapo des Krematoriums. "Ich sah in Pater Engelmar - wie alle meine Mitbrüder einen Heiligen. Weil ich ihn so sehr schätzte, habe ich mich damals bemüht, seine Asche zu bekommen" (Richard Schneider). Er war es auch, der die Asche aus dem KZ herausschmuggeln ließ. In einem Leinensäckchen eingenäht, wurde sie Leo Pfanzer, damals bei der Baywa in Dachau tätig, zum Weitertransport übergeben. Der übergab sie Ende März den Mariannhillern in Würzburg, wo sie am Karfreitag, den 30. März 1945, in der Mariannhiller Gruft auf dem Städtischen Friedhof beigesetzt wurde - in aller Heimlichkeit natürlich, denn die Nationalsozialisten waren noch an der Macht. Am Buß- und Bettag 1968 - es war der 20. November - erfolgte die Urnen-Übertragung in Mariannhiller Herz-Jesu-Kirche.

Stolperstein

Am Dienstag, 28. Juni 2011, wurde vor der Marianhillkirche ein Stolperstein für Pater Engelmar Unzeitig verlegt. Der Künstler Gunter Demnig will mit dem Kunstprojekt "Stolpersteine" an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern.<ref>Neuer Stolperstein-Gedenken an Pater Engelmar Unzeitig auf Kathtube; Auch bei www.stolpersteine-wuerzburg.de</ref>

Seligsprechung

Aufgrund anhaltender Verehrung leitete Bischof Paul-Werner Scheele von Würzburg am 26. Juli 1991 das Seligsprechungsverfahren für P. Engelmar ein. Postulator im Seligsprechungsverfahren war Pater Wolfgang Zürrlein CMM. Am 15. März 1997 wurde das Verfahren abgeschlossen und die Dokumente nach Rom überstellt. Papst Benedikt XVI. erkannte Pater Engelmar am 3. Juli 2009 den heroischen Tugendgrad zu.<ref>‚Liebe verdoppelt die Kräfte’ Kath.net am 5 Juni 2006</ref> Mit Erlaubnis von Papst Franziskus veröffentlichte die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse am 22. Januar 2016 ein Dekret zur Seligsprechung.<ref>Vatikan erkennt Martyrium von mährischem KZ-Häftling Unzeitig an Kath.net am 23. Januar 2016</ref> Er wurde am 24. September 2016 im Würzburger Dom durch durch den Kardinalpräfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Angelo Amato seliggesprochen. Hauptzelebrant der Seligsprechungsfeier unter dem Motto „Liebe, Hingabe, Opfer" ist der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann.<ref>Großer Applaus für den neuen Seligen Kath.net am 26 September 2016 mit Videos</ref> Der Bischof würdigte in seiner Homilie, mit welcher Konsequenz der Selige im Konzentrationslager anderen Leidenden beigestanden sei. Als »Lichtgestalt aus dunkelster Zeit« könne Unzeitig zur Einsicht verhelfen, wie sich der christliche Glaube auch heute authentisch leben lasse, vor allem angesichts hilfsbedürftiger Menschen wie Flüchtlingen und Asylsuchenden.<ref>OR 30. September 2016, S. 3.</ref>

Unzeitig habe »dem Hass die Liebe entgegengesetzt, den Grausamkeiten begegnete er mit Sanftmut«, so der Papst Franziskus in seiner kurzen Ansprache beim Angelus. Das Beispiel des Missionars in der NS-Zeit sei auch für heutige Christen ein Vorbild, »inmitten der Drangsal Zeugen der Nächstenliebe und der Hoffnung zu sein.«<ref>OR 30. September 2016, S. 3.</ref>

Werke

  • (Hg.) W. Zürrlein CMM: E. Unzeitig, Liebe verdoppelt die Kräfte. Briefe aus dem KZ. Würzburg 1992.

Literatur

  • Adalbert Ludwig Balling & Reinhard Abeln: Der Engel von Dachau. Pater Engelmar Unzeitig - Ein Märtyrer der Nächstenliebe Fe Medienverlag 2016.
  • Novene im Gedenken an Pater Engelmar Unzeitig, Mariannhiller Missionar (1911 - 1945). Würzburg 1993.
  • Adalbert Ludwig Balling, Martyrer der Nächstenliebe: P. Engelmar Unzeitig. Würzburg 1992, 3. Aufl.
  • Adalbert Ludwig Balling - Reinhard Abeln Speichen am Rad der Zeit. Pater Engelmar Unzeitig und der Priesterblock im KZ Dachau (Herder-Tb. 1241). Freiburg i. B. 1985 2. Aufl., 1993.
  • Adalbert Ludwig Balling, Eine Spur der Liebe hinterlassen. Würzburg 1984.

Quellen

  • Adalbert Ludwig Balling in: Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Hrsg. von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Band 2, S. 813-816 Schöningh Verlag Paderborn u.a. 1999; 6. erweiterte und neu strukturierte Auflage 2015 (ISBN 978-3-506-78080-5).
  • Rudolf Zinnhober in: Jan Mikrut (Hg): Blutzeugen des Glaubens. Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Dom Verlag Wien, Bd. 2: Diözesen Graz-Seckau, Linz. Wien 2000, S. 263-270 (301 Seiten, zahlr. Abb; ISBN 3-85351-162-7).

Weblinks

Anmerkungen

<references />