Gregorianischer Choral

Aus kathPedia
Zur Navigation springenZur Suche springen

Unter Gregorianischem Choral, dem cantus choralis sive ecclesiasticus = chormäßiger, kirchlicher oder gregorianischer Gesang (cantus gregorianus), versteht man den einstimmigen, vom Ursprung her unbegleiteten, liturgischen Gesang der Römisch-Katholischen Kirche in lateinischer Sprache (cantus Romanus). Als gesungenes Wort Gottes ist er ein wichtiger Bestandteil der liturgischen Handlung. Die Melodien und Texte sind untrennbar miteinander verwoben. Dadurch wird er zum Vorbild für alle später entstandene Kirchenmusik.

Das Kernrepertoire des Gregorianischen Chorals besteht aus den Propriums- und Ordinariumsgesängen der Heiligen Messe sowie den Offiziumsgesängen (Stundengebet). Die Gesänge für die Messe befinden sich im Graduale, die des Stundengebets im Antiphonale. Der Liber usualis vereint Mess- und Offiziumsgesänge in einem Buch.

Neue gebräuchliche Ausgaben sind das Graduale Triplex, das neben der Quadratnotation des Graduale Romanum die Neumen der St. Galler Notation (rot) und der Metzer Notation der Handschrift Laon (schwarz) enthält, und das Psalterium. Beide werden von der Abtei Solesmes in Frankreich herausgegeben. 2011 erschien das Graduale Novum mit den, gemäß den Ergebnissen der semiologischen Forschung, restituierten Melodien.

Allerluja-Ruf aus dem Graduale Triplex

Entstehungsgeschichte

Die Heilige Schrift ist eine reiche Informationsquelle über das musikalische Leben des Volkes Israel. Weitere Quellen ergänzen dieses Wissen: archäologische Funde von Musikinstrumenten und Abbildungen musikalischer Szenen sowie die Schriften von Philo, Flavius Josephus, die Apokryphen und die Mischna. Ein Beispiel ist die Aufstellung der Tempelmusik. Im 2. Buch der Chronik erscheint die Musik als wichtiges Element des Tempeldienstes. Hier wird der prominente Status der levitischen Sänger genannt, der auf König David zurückgeführt wird. Nach der Rückkehr aus Babylon erhielt Musik als sakrale Kunst und als künstlerisch sakrale Handlung einen bedeutenden Platz.

Auch beim letzten Abendmahl hatte Jesus mit seinen Jüngern Gesänge angestimmt:

Nach dem Lobgesang gingen sie zum Ölberg hinaus. (Mt 26, 30 und Mk 14, 26)

und der Apostel Paulus von Tarsus hatte die frühchristlichen Gemeinden in Ephesos und Kolossai aufgefordert:

Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen
zum Lob des Herrn. (Eph 5, 19)
Singt Gott in eurem Herzen Psalmen, Hymnen und Lieder, wie sie der Geist eingibt, denn ihr seid in Gottes Gnade. (Kol 3, 16)

Die Frühgeschichte altrömischer und gregorianischer Gesänge, die Cantus genannt wurden, liegt weitestgehend im Dunkeln. Aufgrund der mündlichen Gesangstradition sind keine originalen Melodien aus der Frühzeit des Christentums überliefert worden. Mit gemeinsamen Wurzeln weisen das altrömische Repertoire und der Gregorianische Choral jedoch eine Reihe von Parallelen zu entsprechenden Formen und der Praxis der frühen byzantinischen Musik und des Synagogalgesanges auf.<ref>Ludger Stühlmeyer: Die Rolle der Musik in der religiösen Entwicklung der Menschheit unter besonderer Berücksichtigung des Juden und Christentums. Diplomarbeit, Hochschulschrift der Hochschule für Künste Bremen 1986.</ref>

In den ersten christlichen Jahrhunderten entstanden unter den Einflüssen der jüdischen Liturgie einfache Melodien. Deren Vortrag blieb meist auf Solisten (Kantoren) beschränkt, die in der Lage waren, alle Verse eines Psalmes in einem Zug vorzutragen. Diese Gesänge waren meist syllabisch (ein Ton pro Wortsilbe). Vereinzelt wurden aber auch Melismen (viele Töne über einer Silbe) verwendet. Am Ende des 4. Jahrhunderts begann die Praxis, dass die Gemeinde mit einfachen, kurzen Gesängen auf die solistischen Gesänge antwortete (Responsorium). Mit der Entstehung von Mönchsorden gab es nun während der Gottesdienste zahlreiche Sänger, die die Psalmen auswendig kannten, so dass die Mönche sich regelmäßig in zwei Chöre aufteilten und gegeneinander sangen, der sogenannte antiphonale Gesang (Neh 12, 31).<ref>Daniel Saulnier: Historic and Aesthetic Poles. In: The Gregorian Modes, Solesmes, 2002, ISBN 2-85274-209-8.</ref>

Sicher ist, dass die Form der gesungenen Liturgie, die ebenfalls Cantus genannt wurde, in den christlichen Gemeinden bis zum frühen 8. Jahrhundert sukzessive entstand.

Entstehung der Melodien

Folgende Theorie zur Entstehung der Melodien wird in der modernen Choralforschung genannt, wobei es stets auch um die Unterscheidung und Definition von altrömischem und gregorianischem Repertoire geht:

Die gregorianischen Gesänge entstanden nördlich der Alpen nach 754 im Zuge der karolingischen Liturgiereform unter Pippin dem Jüngeren durch eine Umformung der aus Rom ins Frankenreich überbrachten altrömischen Gesänge, möglicherweise unter Einschluss von Merkmalen der ersetzten gallikanischen Gesänge. Dabei kann Bischof Chrodegang in Metz eine zentrale Rolle gespielt haben.<ref>Godehard Joppich, Beiträge zur Gregorianik. Nr. 13/14, Regensburg 1992.</ref>

Die Traditionen des gallikanischen und des mozarabischen Gesangs wurden von dem bei Karl dem Großen cantus Romanus genannten Gregorianischen Choral verdrängt. Allein der Ambrosianische Gesang konnte sich bis heute erhalten.<ref>Bruno Stäblein: Altspanische Gesänge und Ambrosianischer Gesang. In: Booklet zu Archiv Produktion 2723 071.</ref>

Papst Gregor der Große

Datei:Papst Gregor der Große.jpg
Papst Gregor der Große

Der Gregorianische Choral wurde nach Papst Gregor dem Großen († 604) benannt. Etwa zu seiner Zeit wurde in Rom die Schola cantorum zur Pflege und Weiterentwicklung der liturgischen Gesänge und des Repertoires gegründet. Sie sang zum Einzug der Priester eine Introitus-Antiphon und während der Kommunionspendung den Communio-Gesang. Darüber hinaus entstanden Gesänge für das Offizium (Stundengebet), und zum Ordinarium. Die Namen der Komponisten blieben im Frühmittelalter noch anonym.

Eine Beziehung des Papstes Gregor zu den später als gregorianisch bezeichneten Gesängen taucht nachweisbar erstmals im zweiten Drittel des 9. Jahrhunderts im Prolog des Cantatoriums von Monza auf. Dort heißt es:

...Gregorius [...] conposuit hunc libellum musicae artis scolae cantorum....
...Gregor [...] stellte das nachfolgende Buch musikalischer Kunst für die Schola cantorum zusammen...

Johannes Diaconus stellte in seiner 875 verfassten Vita Gregorii fest, dass Gregor I. Autor der vom Heiligen Geist eingegebenen Gesänge sei. Die Vita Gregorii fand weite Verbreitung. Der Titel einer entsprechenden Handschrift des 11. Jahrhunderts heißt: De musica quomodo per beatum Gregorium fuit primitus inventa (Über die Musik und auf welche Weise sie vom gesegneten Gregor erstmalig erfunden wurde).

Nach übereinstimmender Meinung von Kirchenhistorikern und Musikwissenschaftlern kann Papst Gregor I. jedoch nicht als der Verfasser dieser Gesänge betrachtet werden. Seine Autorenschaft wurde behauptet, um Gestalt, Repertoire und Melodien der römischen Liturgie, gestützt auf eine unbezweifelte geistliche Autorität, als göttlich gegeben festschreiben zu können.

Frühe Niederschriften

Offiziumsgesang aus dem Cantatorium St. Gallen

Um eine notengetreue Überlieferung der mittlerweile komplexen Bestände sicherzustellen, begann man um das Jahr 900 damit, die Melodiebewegungen, verbunden mit rhythmischen Informationen, in die bereits vorhandenen Texthandschriften einzutragen.<ref>Hartmut Möller und Rudolph Stephan (Hrsg.): Die Musik des Mittelalters. Laaber 1991, S. 54 ff.</ref> Die Zeichen sollten konservieren, was bei der mündlichen Tradierung verloren zu gehen drohte. Die partiell aus der Rhetorik übertragenen und von den Dirigierbewegungen das Kantors übernommenen Zeichen (Neumen = Wink), ermöglichten es dem Choralsänger, eine in ihrer melodischen Gestalt bereits durch Vor- und Nachsingen erlernte Melodie, mit allen für Rhythmus, Dynamik und Ausdruck bedeutsamen Einzelheiten vorzutragen. Diese frühe Notationsform, die in St. Gallen (923 Cantatorium St. Gallen) und in Metz (930 Codex Laon) ihre bedeutendste Ausprägung erhielt, war adiastematisch, das heißt, sie war (in campo aperto = im freien Feld) noch ohne Notenlinen und zeigte nur ungenaue Tonhöhenverhältnisse an. Ihr Anliegen war es, den Ausdruck des gesungenen Textes sicherzustellen.

Die als Tonzeichen gedachten Neumen wurden durch Abkürzungen ergänzt, die sich beispielsweise auf Dynamik und Tempo bezogen. Die litterae significativae (verdeutlichende Zusatzbuchstaben) sind: c für celeriter (schneller), e für equaliter (gleich), f für fremitus, frangor, frendor (kräftig, laut), m für mediocriter (gering, nur ein wenig, mäßig), p für pressim oder cum pressione (mit Nachdruck), st für statim (sofort, rasch anschließen), t für tenere (halten) und x für expectare (warten).<ref>Eugene Cardine: Gregorianische Semiologie. Solesmes 2003.</ref> Eine Vielzahl unterschiedlich gestalteter Einzelton- und Gruppenneumen ließen es zu, die Singeweise und den Ausdruck ganz in den Dienst des cantando praedicare, des singenden Verkündens, zu stellen. Die Notierung der Melodien in verschiedenden Skriptorien unterschiedlicher Provenienz während des 10. Jahrhunderts ist ungeachtet regional spezifischer Schreibweisen der Neumen sehr einheitlich.<ref>Luigi Agustoni: Gregorianischer Choral. Elemente und Vortragslehre mit besonderer Berücksichtigung der Neumenkunde. Freiburg im Breisgau 1963.</ref>

Im Laufe zweier Jahrhunderte erfuhr diese Notationsform einen Wandel hin zur diastematischen Notation (auf Linien), die den bisher angestrebten Ausdruck weniger erfasste, aber eine genauere Wiedergabe der Tonhöhen ermöglichen sollte. Der Benedikinermönch Guido von Arezzo erfand um 1025 das Zwei-Linien-Systhem, das später auf ein Vier-Linien-System im Terzabstand mit zwei Notenschlüsseln (F- und C-Schlüssel) erweitert wurde.

Regionale Choraldialekte

Um die erste Jahrtausendwende lassen sich in verschiedenen Handschriften Melodieveränderungen nachweisen. Sie zeigen die Entwicklung hin zu mehr oder weniger stark ausgeprägten regionalen Choraldialekten. Zentren waren Rom, Einsiedeln und St. Gallen, Frankreich (Metz) sowie Spanien (Toledo) mit dem Mozarabischem Choraldialekt.

Eine Besonderheit ist der germanische Choral, der in zahlreichen lothringischen (Metz) und deutschen Handschriften (Mainz) auftaucht. Er wird nachweislich seit 1333 bis zum heutigen Tag von den Kiedricher Chorknaben in der Kirche St. Valentinus in Kiedrich im Rheingau tradiert. Besonders charakteristisch sind Melodiewendungen, die anstatt einer Sekundbewegung eine Oberterz aufweisen.

Wegweisende Akzente im Bezug auf die Erforschung und Interpretation des Gregorianischen Chorals gehen derzeit von Godehard Joppich, Johannes Berchmans Göschl und Stefan Klöckner aus.

Verbindungslinien zum Gesang des Orients

Die dem Gregorianischen Choral und der orientalischen (arabischen) Musikpraxis gemeinsame Form der Cantillation dient der Deutung, Intensivierung und Vertiefung des Textausdrucks.

Choral im Hochmittelalter

Nachfolgend zwei Beispiele für einen sich herausbildenden Personalstil im Hochmittelalter:

Hildegard von Bingen

aus: Riesenkodex Hildegard von Bingen

Das Kompositionscorpus Hildegard von Bingens (Äbtissin von Rupertsberg und Bingen) enthält 77 liturgische Gesänge mit Melodien in diasthematischer Neumennotation sowie das in Text und musikalischer Notation erhaltene liturgische Geistliche Spiel Ordo virtutum, das im zwei Fassungen – unneumiert in der Visionsschrift Scivias sowie neumiert im späteren sogenannten Rupertsberger Riesencodex (heute Staatsbibliothek Wiesbaden) vorliegt. Es wird auch als Symphonia armonie celestium revelationum (= Symphonie der Harmonie der himmlischen Erscheinungen) bezeichnet. Das Spektrum der Gesänge umfasst Antiphonen, Responsorien, Hymnen, Sequenzen, ein Kyrie, ein Alleluja sowie zwei Symphoniae. Sie stellen das größte geschlossene, mit dem Namen der Komponistin überlieferte Werk des Mittelalters dar. Sie haben einen klar erkennbaren Personalstil, der sie bei aller Zeitgebundenheit von den Werken ihrer Zeitgenossen unterscheidet.

Hildegard setzt in ihrem kompositorischen Werk thematische Schwerpunkte dort, wo liturgische Gesänge in konkreten Kontexten benötigt werden. So komponierte sie Offizien zu Ehren des heiligen Disibod, des heiligen Rupertus oder, anläßlich der Auffindung der Reliquien auf einem Kölner Friedhof, zu Ehren der hl. Ursula von Köln. Auch die Gottesmutter Maria, die im Rahmen der Entfaltung ihres weiblichen Gottesbildes eine wichtige Rolle spielt, wird mit einer Vielzahl von Gesängen bedacht.

Die stilistischen Merkmale, die den Kompositionen Hildegards einen so ausgeprägten wiedererkennungswert verleihen, sind neben ihrem weiten Ambitus (Umfang) bestimmte charakteristische Tonformeln wie beispielsweise aufsteigende Quint/Quart-Bewegungen sowie eine charakteristische motivische Arbeit, die sie auch zur Deutung des Textgehaltes einsetz.<ref>Barbara Stühlmeyer: Die Gesänge der Hildegard von Bingen. Eine musikologische, theologische und kulturhistorische Untersuchung. Olms, Hildesheim 2003, ISBN 3-487-11845-9.</ref>

Liudger-Offizium

aus: Werdener Codex Liudger Offizium

Das Liudger-Offizium, bestehend aus: Antiphon Beatus Ludgerus; Antiphon Ubi postmodum; Antiphon Invocantem se deus; Antiphon Vir dei; Antiphon O admirabile divinitatis nomen; Antiphon Unde in domino; Responsorium Beatus Ludgerus; Responsorium Gaude mater, ursprünglich aus der Abtei Essen Werden, ist eines von drei überlieferten Offizien zu Ehren des heiligen Liudger, des Abtes von Werden und ersten Bischofs von Münster. Heute wird es in der Abtei Gerleve aufbewahrt.

Die Texte nehmen Bezug auf die "Vita secunda Sancte Liudgeri" und berichten über Liudgers Missionstätigkeit. Die Antiphonen und Responsorien sind im Stile der Spätgregorianik komponiert. Die Notenschrift ist mit Neumenschrift im vier-Linien-Systhem notiert und entspricht im Wesentlichen den Gepflogenheiten des 12. Jahrhunderts. Die Melodiebildung bei den Antiphonen ist, wie bei Kompositionen für das Stundengebet üblich, oligotonisch (einige Töne auf einer Wortsilbe), die der festlichen Responsoria prolixa sind melismatischer (viele Töne auf einer Wortsilbe) gestaltet.

Wie bei Hildegard verwendet der Schreiber das Quilissma im Mehrtonabstand. Eine Besonderheit dieser Neumen-Notation ist die Clivis quadrata (betont zu singende absteigende Zweitonneume), die dem Pes quadratus (betont zu singende aufsteigende Zweitonneume) entspricht.<ref>Ludger Stühlmeyer: Handschriften im Vergleich: Das Ludgerusoffizium des 12. Jh. in der Abtei Gerleve. In: Curia sonans. Bayerische Verlagsanstalt 2010, S. 43–47.</ref>

Wegweisende Akzente im Bezug auf die Erforschung und die Interpretation der Gesänge des Hochmittelalters gehen derzeit von Benjamin Bagby, David Hilay, Maria Jonas, Hartmut Möller, Stefan Morent, Michael Popp, Marianne Richert-Pfau und Barbara Stühlmeyer aus.

Bis ins Spätmittelalter entstandene Gattungen

Reponsorien

Ein Responsorium ist ein Wechselgesang, in der Regel zwischen Kantor (Vorsänger) und Gemeinde. In der Messe und im Stundengebet ist er ein Verkündigungsgesang. Entstanden ist das Responsorium aus dem wechselweise gesungenen Psalm.

Antiphonen

Eine Antiphon ist ein Kehrvers, der Verse eines Psalms oder eines anderen Canticums einrahmt. Er wird zu Beginn und nach den Versen gesungen. Die antiphonalen Gesänge gehören zum Proprium-Missae und wechseln daher nach dem Kirchenjahr oder dem Fest des jeweiligen Tages und dem Stundengebet. Der Text der Antiphon ist entweder dem Psalm entnommen, den er einschließt, oder aber der Tagesliturgie und bildet somit ein kommentierendes und reflektierendes Element des Gottesdienstes. Antiphonal singen heißt, einen Wechselgesang zwischen zwei Chören oder zwischen Vorsänger und Schola oder Gemeinde ausführen. Zu ihnen zählt der Introitus als Gesang zur Einzugsprozession, das Offertorium als Gesang zur Gabenbereitung und die Communio, der Gesang während der Kommunion. In ihrer Länge richten sie sich nach der Dauer der begleiteten Handlung.

Die lateinischen Namen der Sonntage, beispielsweise Cantate, Judica, Laetare bestehen normalerweise aus den ersten Worten der Antiphon zum Introitus des jeweiligen Sonntags. Besondere Formen sind die O-Antiphonen und die Marianischen Antiphonen.

Hymnen

Ein Hymnus (griechisch: ὕμνος hymnos =Tongefüge) ist ein Preislied oder Lobgesang, seinen Ursprung findet er in der Dichtung und Musik der Antike. Die Hymne der Antike kennt keine formalen Regelmäßigkeiten, ist in freien Rhythmen verfasst und hat keinen Reim oder festen Strophenbau. Der mittelalterliche Hymnus ist ein Strophenlied mit festem Metrum (Reim) und wiederkehrender Melodie. Der Text ist eine freie Dichtung. Er stammt also nicht, wie die übrigen gregorianischen Gesänge, aus der Heiligen Schrift. Ihren liturgischen Ort haben die Hymnen im Offizium (Stundengebet).

Im liturgischen Gebrauch sind die Hymnen schon seit dem 3. Jahrhundert nachweisbar. Sie stellen einen Sonderfall in der christlich-liturgischen Musik dar, die eine Abkehr von heidnischen antiken Traditionen und Gebräuchen suchte. Einer der berühmtesten Hymnendichter des Mittelalters war Ambrosius von Mailand. Der Hymnus ist ein besonderes Merkmal des Ambrosianischen Gesangs. Der Mönchsvater Benedikt von Nursia kannte schon für jede Hore einen besonderen Hymnus.

Tropen

Zu den bisher offiziell anerkannten Gesängen entstanden in karolingischer Zeit Ergänzungen und Modifizierungen der Gesänge, die als Tropus (= Ausdruck, Melodie, Wendung, Weise) bezeichnet wurden. Dabei handelt es sich sowohl um eine Textierung bereits bestehender Melismen als auch um das Einschieben oder das Anhängen neuer textierter Melodieabschnitte. Tropen sind also Zusätze und Erweiterungen (Bearbeitungen) der bereits komponierten gregorianischen Gesänge. Sie ergänzen die Vorlage ohne sie aber in ihrer Konsistenz zu verändern. Tropen können als Textdichtungen auf bestehende Melismen oder als Zusatztexte mit eigenen Melodien bezeichnet werden, die dem zugrunde liegenden Gesang vorangestellt, eingeschoben oder angehängt werden.

Sequenzen

Mit der Textierung des Allelujajubilus entstand ab dem 9. Jahrhundert die Komposition der Sequenz, die sich bis zum 12. Jahrhundert, als vom Alleluja unabhängige Form herausbildete. Ihr Merkmal sind gereimte und rhythmisch angeglichene Verse. Sie führte zu den groß angelegten Strophensequenzen. Sie sind mehrstrophig, metrisch geordnete und gereimte Hymnen, die sich im späten Mittelalter einer großen Beliebtheit erfreuten. Bekannt sind etwa 5000 von ihnen.

Das Konzil von Trient (1545–1563) reglementierte ihren Gebrauch. So wurden von den Sequenzen des späten Mittelalters nur noch vier in der offiziellen römischen Messliturgie zugelassen: Victimae paschali laudes, Veni Sancte Spiritus, Lauda Sion Salvatorem, Dies Irae, Stabat Mater dolorosa.<ref>Bernhard Gröbler: Einführung in den Gregorianischen Choral. Jena 2006.</ref>

Gregorianischer Gesang und frühe Mehrstimmigkeit

Organum 9. Jh. (Musica enchiriadis)

Die frühe Mehrstimmigkeit und der Gregorianische Choral stehen im engen Wechselverhältnis zueinander. Der Beginn und die Entwicklung der Mehrstimmigkeit im Abendland im ausgehenden 9. Jahrhundert war bis in das 15. Jahrhundert hinein inspiriert von den gregorianischen Melodien.

Ein schriftliches Zeugniss über die mehrstimmige Musik im Gottesdienst der Klöster und Kathedralen, die Musica enchiriadis, berichtet von improvisierten zweistimmigen Organa zu gregorianischen Melodien. Die ersten namentlich bekannten Komponisten geistlicher Mehrstimmigkeit waren Leonin („optimus organista“) und Perotin („optimus discantor“). Sie wirkten im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert an der Kathedrale von Notre-Dame in Paris.

Ab 1320 bezeichnete man zwei aufeinander folgende musikalische Epochen als Ars antiqua und Ars nova. Die Komponisten der Ars nova wie etwa Guillaume de Machaut bezogen den Gregorianischen Choral in ihre Werke zwar ein, indem sie beispielsweise den Abschnitt einer gregorianischen Vertonung als Cantus firmus (Grundmelodie) in isorhythmische Teile zerlegten, und damit ihrer Komposition ein Gerüst gaben, entfernten sich jedoch vom ursprünglichen Charakter des Gregorianischen Chorals. Papst Johannes XXII. kritisierte den neuen Stil in seiner Bulle von 1325 und verlangte unter Androhung von Kirchenstrafen die Wiederherstellung des einstimmigen Gesanges. Die Verkopplung von gleichzeitig erklingenden geistlichen und weltlichen Texten innerhalb derselben Komposition machten das Textverständis beim Zuhören unmöglich und behindeten den Verkündigungscharakter der geistlichen Musik. Seit dem Konzil von Trient wurde der mehrstimmige Musikstil Giovanni Pierluigi da Palestrinas als vorbildlich angesehen.

Neuzeit

Reformation und Choral

Die evangelische Kirchenmusik, die am Schnittpunkt von Mittelalter und Neuzeit ihr Wirken entfaltet, bedeutet einen Paradigmenwechsel. Durch Kontrafaszierung wurden über Jahrhunderte bewährten Choralmelodien bearbeitet und mit deutschen Texten versehen.

Während Zwingli im Gottesdienst nur den unbegleiteten Psalmengesang zulassen wollte, setzte Martin Luther Musik als wesentliches Mittel der Verkündigung und Katechese ein. Die Musikauffassung Luthers basiert in ihrem Kern auf der Theologie des Kirchenvaters Augustinus, der die Musik als Donum Dei (Geschenk Gottes) betrachtet. Ebenso betrachtet er die Musik als Transportmittel für die Inhalte der neuen Lehre in die Köpfe und Herzen der Menschen. Luther beklagt zunächst den Mangel an geeigneten Komponisten, zur Schaffung neuer Melodien.

Einer von den Musikschaffenden der ersten Stunde ist der Hofer Nikolaus Decius. Zunächst Franziskanermönch schließt er sich um 1520 der Lehre Luthers an. Seine 1522 entstandenen Gesänge sind Kontrafakte gregorianischer Gesänge, die auch heute noch gebräuchlich sind: Allein Gott in der Höh sei Ehr GL 457 (aus: Missa Lux et origo), Heilig ist Gott (aus: Missa Cunctipotens genitor Deus) und O Lamm Gottes unschulig GL 470 (aus: Missa Adventus et Quadragesima). Damit befindet sich Decius auf einer Linie mit der Forderung Luthers nach gesanglich tauglichen Übersetzung.<ref>Ludger Stühlmeyer: Die neue Konzeption evangelischer Kirchenmusik In: Curia sonans. Bayerische Verlagsanstalt Bamberg 2010, S. 76 - 138.</ref>

Die 1931 von 22 Brüdern am Fest des Erzengels Michael in der Kreuzkapelle der Universitätskirche Marburg geründete Michaelsbruderschaft, eine verbindliche Gemeinschaft von Männern (Pfarrern und Laien), pflegt heute die Tradition des Gregorianischen Chorals in der evangelischen Kircke.

Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert

Ein prägnantes Beispiel einer spätgregorianischen Messe ist die aus dem 15./16. Jahrhundert stammende Missa de angelis im Gotteslob unter der Nummern 405 bis 408. Das Credo (GL 423) entstand sogar erst im 18. Jahrhundert.

Das Konzil von Trient machte Mitte des 16. Jahrhunderts die Vorgabe, die überlieferten Choralmelodien zu überarbeiten, was 1614 zur Herausgabe der Editio Medicaea führte. Sie verwendete als Notenschrift die Quadratnotation und wurde im Wesentlichen von den italienischen Komponisten Felice Anerio und Francesco Soriano erarbeitet, enthielt jedoch Fehler.

Intensive Studien der alten Handschriften im 19. Jahrhundert führten zu Rekonstruktionen. Im deutschen Sprachraum waren dazu Choralforschungen von Michael Hermesdorff (Trier), Raymund Schlecht, Anselm Schubiger und Peter Joseph Wagner (Freiburg) maßgebend. In Frankreich leisteten vor allem Dom Paul Jausions und Dom Joseph Pothier aus der Abtei Saint-Pierre de Solesmes Grundlagenarbeit. Dort wurde 1883 zunächst der Liber Gradualis von Dom Joseph Pothier und 1889 die Paléographie Musicale mit dem Codex Sangallensis 359 sowie 1896 der erste Liber Usualis von Dom André Mocquereau herausgegeben.

Durch das 1903 veröffentlichte Motu Proprio Tra le sollecitudini von Papst Pius X., konnten mit der Editio Vaticana diese Ergebnisse nun veröffentlicht werden. 1908 erschien dann das Graduale Romanum und 1912 das Antiphonale Romanum der Editio Vaticana in Rom. 1910 wurde das Pontificio Istituto di Musica Sacra (Päpstliches Institut für Kirchenmusik) gegründet. 1934 gab die Abtei Solesmes das Antiphonale Monasticum heraus, das die Gesänge für das Stundengebet den Klöstern enthält.

Choral im 20. und 21. Jahrhundert

St. Pierre Solesmes

Mitte des 20. Jahrhunderts erforschten und erprobten Eugène Cardine, Luigi Agustoni (Mailand), Godehard Joppich (Münsterschwarzach), Rupert Fischer (Metten), Johannes Berchmans Göschl (St. Ottilien), Nino Albarosa (Cremona) und Stefan Klöckner (Essen) die Gregorianische Semiologie. Durch vergleichende Studien fand man heraus, wie der Gregorianische Gesang rhythmisch zu deuten ist. Eine andere Gruppe von Forschern bestand aus den Mensuralisten, die den Neumen proportionale Tondauern in natürlichen Zahlenverhältnissen zuordneten (Neumen in Zweier- und Dreiergruppen einteilten). Eine dritte Gruppe waren die Äqualisten, die davon ausgingen, dass alle Töne gleich lang seien. Zwischenzeitlich zeigte sich durch das Studium der alten Handschriften, dass die rhythmische und artikulatorische Differenzierung der Neumen wesentlich vielfältiger ist. Daher sind im Graduel Neumé, erschienen 1966 und im Graduale Triplex, erschienen 1979 von der Abtei St. Pierre Solesmes in Frankreich herausgegeben, neben der Quadratnotation auch die Notationen der Codices aus Laon und Einsiedeln oder St. Gallen ediert. Ebenso wurden die Ergebnisse der Analyse des Codex Bamberg hinzugezogen.

1975 wurde die Associazione Internazionale Studi di Canti Gregoriano (AISCGre) zur Erforschung und Verbreitung des Gregorianischen Chorals in Rom gegründet. Seit 1979 hat sie ihren Sitz in Cremona. 2011 erschien das Graduale Novum in Regensburg, das die bisherigen Forschungsarbeiten vereint.<ref>GRADUALE NOVUM EDITIO MAGIS CRITICA IUXTA SC 117 – TOMUS I DE DOMINICIS ET FESTIS. ConBrio Verlagsgesellschaft, Regensburg 2011.</ref>.

Zitate

  • ...Eine Kirchenkomposition ist um so mehr kirchlich und liturgisch, je mehr sie sich in ihrer Anlage, ihrem Geist und ihrer Stimmung dem Gregorianischen Gesang nähert... (Papst Pius X.)
  • ...Die Kirchenmusik muss in höchstem Maße die besonderen Eigenschaften der Liturgie besitzen, nämlich die Heiligkeit und die Güte der Form; daraus erwächst von selbst ein weiteres Merkmal, die Allgemeinheit... (Papst Pius XII.)
  • ...Die Kirche betrachtet den Gregorianischen Choral als den der römischen Liturgie eigenen Gesang; demgemäß soll er in ihren liturgischen Handlungen, wenn im übrigen die gleichen Voraussetzungen gegeben sind, den ersten Platz einnehmen... (Konstitution über die heilige Liturgie, Sacrosanctum concilium, Kapitel VI: Die Kirchenmusik, Artikel 116.
  • ...Der Gregorianische Gesang ist darum bis heute ein Element der Einheit in der römischen Liturgie... (Papst Johannes Paul II.)
  • ...Schließlich möchte ich, obwohl ich die verschiedenen Orientierungen und die sehr lobenswerten unterschiedlichen Traditionen berücksichtige, dass entsprechend der Bitte der Synodenväter der Gregorianische Choral angemessen zur Geltung gebracht wird, da dies der eigentliche Gesang der römischen Liturgie ist... (Papst Benedikt XVI.)

Musiktheoretische Aspekte

Intonationsformeln zum Erlernen der Modi

Form

Der Gregorianische Choral ist ein einstimmiger Gesang, der solistisch und/oder als Chorgesang vorgetragen wird, mit rhythmischer und dynamischer Differenzierung und mit formaler Gliederung in Phrasen und Perioden, gemäß der Struktur des jeweiligen Textes. Ein festes Metrum und eine absolute Tonhöhe sind nicht vorgegeben.

Grundlage der gregorianischen Gesänge ist die Psalmodie beziehungsweise das liturgische Rezitativ. Die wichtigsten Formen sind die Antiphon und das Responsorium. Die Texte der gregorianischen Gesänge sind fast ausschließlich der Heiligen Schrift entnommen. Lediglich die melismatischen Alleluja-Vertonungen lösen sich mit dem Jubilus auf dem Schlussvokal des Alleluia von der sonst üblichen Gebundenheit an den Text und bilden melodiae longissimae (überlange Melodien).<ref>Heinrich Rumphorst: Gesangstext und Textquelle im Gregorianischen Choral. In: Beiträge zur Gregorianik 13/14. Cantando praedicare. Godehard Joppich zum 60. Geburtstag. S. 181–209.</ref>

Tonsystheme

Die Melodien des Gregorianischen Chorals basieren im Wesentlichen auf diatonischen Tonskalen, die im Mittelalter pythagoreisch definiert wurden. Eine Beschreibung des Tonsystems legte der Benediktinermönch Guido von Arezzo in seinem um 1025 verfassten musiktheoretischen Werk Micrologus dar. Der Micrologus de disciplina artis musicae (Kurze Abhandlung über die Regeln der musikalischen Kunst) ist eines der bedeutendsten musiktheroretischen Werke des Mittelalters. Es ist Bischof Teobaldo von Arezzo gewidmet und behandelt in 20 Kapiteln das Singen und Lehren des Gregorianischen Chorals. In ihm diskutiert Guido Möglichkeiten polyphone (mehrstimmige) Musik zu komponieren. 1028 wurde Guido nach Rom zu Papst Johannes XIX. gerufen, der sich über Guidos Arbeit informieren ließ.

Modalität

Die Kirchentonarten, auch Modi genannt, bilden das tonale Ordnungsprinzip der abendländischen Musik des Mittelalters. Die Grundlage dieses Systems ist eine von den Griechen der Antike übernommene Tonreihe. Sie beginnt beim A und endet bei a1. Dieses Tonmaterial ist zwar wie eine Tonleiter angeordnet, hat aber nicht den Charakter unserer heutigen diatonischen Tonleiter. Die Modi sind ebensfalls keine Tonleitern sondern Skalen. Diese Modelle sind von bestimmten, in den Melodien immer wiederkehrende Formeln gekennzeichnet, etwa durch die Wendung, mit der die Melodien desselben Modus die Finalis, den Zielton, erreichen, den Hauptton (Repercussa, Ténor) und den Umfang (Ambitus) einer Melodie. Nachfolgend die Modi vom Ton A aufsteigend:

Äolisch [natürliches Moll] – Lokrisch – Ionisch [Dur] – Dorisch – Phrygisch – Lydisch – Mixolydisch

Das um 800 verfasste Tonar von Centula/Saint-Riquier ist das älteste erhaltene Zeugnis für die Verwendung des Systems der Modi. Es ist maßgeblich für die tonartliche Ordnung der Gregorianischen Melodien. Seit dem 9. Jahrhundert wurde das Tonmaterial des Gregorianischen Chorals auch theoretisch untersucht und in dem Alkuin zugeschriebenen Traktat De Musica dargestellt. Die mittelalterlichen Meister der Ars Musica vermuteten in ihm eine göttliche Ordnung. In den Untersuchungen, die zwischen dem 10. und dem 12. Jahrhundert durchgeführt wurden, wurde die Monochordlehre des Boethius auf die Modalitätslehre, die Oktoechoslehre, angewandt. Dabei verwendete man zwei Systeme von Tonbuchstaben:

a b c d e f g h i j k l m n o p
A B C D E F G a b h c d e f g a

Jede gregorianische Melodie kann einem der diatonischen Modi zugeordnet werden. Ausgenommen sind jene alten Gregorianischen Gesänge, die in den sogenannten Urmodi (Melodie umkreist nur eine Tonstufe: Tenor, Finalis) komponiert worden sind und deren Tonalität häufig changiert. In jedem Modus gibt es Strukturtöne, die als herausragend gehört werden und die bei der Melodiebildung wichtige Rollen spielen. Darüber hinaus gibt es Psalmtonformeln, auf die dieses Schema nicht anwendbar ist, wie zum Beispiel den Tonus peregrinus. Aufgrund ihres allgemein bekannten Ausdrucksgehaltes, hatten die Modi für die Musiker und Zuhörer einen Wiedererkennungswert. Die einzelnen Tonart konnten identifiziert werden, ohne dass hierfür die schriftliche Vorlage zu Rate gezogen werden musste.

Semiologie

Die Semiologie (griech. σημεΐον = Zeichen) ist die Lehre von der Bedeutung der Neumenzeichen. Sie gibt Aufschluss über ihre rhythmische Qualität und teilweise über ihre Tonhöhe. Sie greift auf die Erkenntnisse der Paläographie (Die Lehre von den alten Habdschriften) zurück um auf ihrer Grundlage zu einer im Hinblick auf die Bedeutung der Neumenzeichen korrekten Wiedergabe zu gelangen. Sie bezieht auch Fragen der Ästhetik mit ein und sucht ein Verständnis der Bedeutung der Neumenzeichen aus dem Text und der Melodie sowie der Beziehung beider zueinander zu gewinnen. Das methodisches Vorgehen der Semiologie ist durch ein vergleichendes Formelstudium, vergleichendes Handschriftenstudium und die Analyse des Kontextes bestimmt. Sie basiert vorwiegend auf den ältesten Handschriften mit adiastematischen Neumen, die den größten Aufschluss über Rhythmus und Artikulation geben.

Ordnung der gregorianischen Gesänge bei der Messe

Die Gesänge zur Messfeier bilden zwei Gruppen: Zum Proprium-Missae gehören die Gesänge, die der jeweiligen Verkündigungsbotschaft der Messe zugeeignet (lat. proprius = eigen) sind. Zum Ordinarium Missae gehören die Gesänge, deren Wortlaut unverändert bleibt und die regelmäßig wiederkehren (lat. ordo = Ordnung).

  • Introitus (Proprium) Begleitgesang zur Einzugsprozession
  • Kyrie (Ordinarium) Herr erbarme dich...
  • Gloria (Ordinarium) Ehre sei Gott...
  • Credo (Ordinarium) Ich glaube an Gott...
  • Offertorium (Proprium) Begleitgesang zur Gabenbereitung
  • Communio (Ordinarium) Gesang während der Kommunion
  • Ite Missa est (Ordinarium) Entlassungsruf

Päpstliches und Bücher des Chorals

Der Heilige Stuhl behält sich bezüglich aller gregorianischen Gesänge, die in den von ihm approbierten liturgischen Büchern der römischen Kirche enthalten sind, alle Rechte des Eigentums und der Verwendung vor. <ref> vgl. Instruktion vom 3. September 1958 Nr. 57</ref>

Pius X.

Pius XI.

Pius XII.

Paul VI.

Johannes Paul II.

  • 1979 erschien das Graduale Triplex, von der Abtei St. Pierre Solesmes in Frankreich herausgegeben.

Benedikt XVI.

  • 2011 erscheinen des Graduale Novum in Regensburg.

Siehe auch

Literatur

  • Luigi Agustoni: Gregorianischer Choral. Elemente und Vortragslehre mit besonderer Berücksichtigung der Neumenkunde. Freiburg im Breisgau 1963.
  • Bruno Stäblein: Schriftbild der einstimmigen Musik. Musik des Mittelalters und der Renaissance. Musikgeschichte in Bildern. Bd. 3. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1975.
  • Beiträge zur Gregorianik. ConBrio Verlagsgesellschaft, Regensburg. Seit 1985 Periodikum der deutschsprachigen Sektion der AISCGre, ISSN 0935-9044.
  • Thomas Kohlhase, Günther Michael Paucker: Bibliographie Gregorianischer Choral. Beiträge zur Gregorianik 9/10. Bosse, Regensburg 1990, ISBN 3-7649-1810-1.
  • Luigi Agustoni, Johannes Berchmans Göschl: Einführung in die Interpretation des Gregorianischen Chorals. Bosse-Musik-Paperback 31. 3 Bände. Bosse, Regensburg. Band 1: Grundlagen. 1987, ISBN 3-7649-2343-1. Band 2, Teilband 1: Ästhetik. 1991, ISBN 3-7649-2430-6. Band 2, Teilband 2: Ästhetik. 1991, ISBN 3-7649-2431-4.
  • Hartmut Möller, Rudolph Stephan (Hrsg.): Die Musik des Mittelalters. Carl Dahlhaus, Hermann Danuser (Hrsg.): Neues Handbuch der Musikwissenschaft. Bd. 2. Laaber-Verlag, Laaber 1991, ISBN 3-89007-032-9.
  • Thomas Kohlhase, Günther Michael Paucker: Bibliographie Gregorianischer Choral. Beiträge zur Gregorianik 15/16. Band 1. Bosse, Regensburg 1993, ISBN 3-930079-23-2.
  • Luigi Agustoni: Gregorianischer Choral. In: Hans Musch (Hrsg.): Musik im Gottesdienst. Ein Handbuch zur Grundausbildung in der katholischen Kirchenmusik. Band 1: Historische Grundlagen, Liturgik, Liturgiegesang. ConBrio Verlags-Gesellschaft, Regensburg 1994, ISBN 3-930079-21-6, S. 199–356.
  • Godehard Joppich: Ein Beitrag zum Verhältnis Text und Ton im Gregorianischen Choral. In: Peter Becker (Hrsg.): Zwischen Wissenschaft und Kunst. Festgabe für Richard Jakoby. Edition Schott 8349. Schott, Mainz 1995, ISBN 3-7957-0288-7, S. 155–184.
  • David Hiley: Western Plainchant. A Handbook. Clarendon Press, Oxford 1997, ISBN 0-19-816572-2.
  • Kenneth Levy: Gregorian chant and the Carolingians. Princeton University Press, Princeton NJ 1998, ISBN 0-691-01733-6.
  • Michel Huglo, Charles M. Atkinson, Christian Meyer, Karlheinz Schlager, Nancy Philips: Die Lehre vom einstimmigen liturgischen Gesang. Thomas Ertelt, Frieder Zaminer (Hrsg.): Geschichte der Musiktheorie. Bd. 4). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-01204-6.
  • Emmanuela Kohlhaas: Musik und Sprache im Gregorianischen Gesang. Archiv für Musikwissenschaft. Beihefte 49. Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07876-2.
  • Andreas Pfisterer: Cantilena Romana. Untersuchung zur Überlieferung des gregorianischen Chorals. Beiträge zur Geschichte der Kirchenmusik 11. Schöningh, Paderborn u. a. 2002, ISBN 3-506-70631-4.
  • Eugene Cardine: Gregorianische Semiologie. La Froidfontaine, Solesmes 2003, ISBN 2-85274-049-4.
  • Johannes Laas: Vom Verstehen sakraler Musik – Der Gregorianische Choral als universelle Sprache. In: Una-Voce-Korrespondenz. 33. Jg., H. 6, 2003, ISSN 0724-2778, S. 339–366.
  • Barbara Stühlmeyer: Die Gesänge der Hildegard von Bingen. Eine musikologische, theologische und kulturhistorische Untersuchung. Olms, Hildesheim 2003, ISBN 3-487-11845-9.
  • Simeon Wester, Karl Wallner, Martin Krutzler: Die Mystik des Gregorianischen Chorals. Bernardus-Verlag, Aachen u. a. 2007, ISBN 978-3-8107-9273-0.
  • Bernhard K. Gröbler: Einführung in den Gregorianischen Choral. IKS Garamond, Jena 2005, ISBN 3-938203-09-9.
  • Stefan Klöckner: Handbuch Gregorianik. Einführung in Geschichte, Theorie und Praxis des gregorianischen Chorals. ConBrio, Regensburg 2009, ISBN 3-940768-04-9.
  • Christian Dostal: Der Gregorianische Choral. In: Basiswissen Kirchenmusik 1. Carus, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-89948-122-8, S. 67 - 92.
  • Benjamin Bagby: Klang-Raum Gotik - Die Musik. In: Musica sacra (Zeitschrift) 132. Jahrgang, Heft 6, Regenburg 2012, S. 382f.

Weblinks

Anmerkungen

<references />