Kardinalstaatssekretär
Der Kardinalstaatssekretär ist seit der Kurienreform von 1967 der zentrale Amtsträger der Römischen Kurie, bestätigt durch die Apostolische Konstitution Pastor Bonus von 1988, Nr. 39. Auch zuvor war der Kardinalstaatssekretär der engste Mitarbeiter des Papstes, jedoch noch nicht Vorgesetzter der Kardinalskongregationen. Bis zum Verlust des Kirchenstaates 1870 leitete er auch die Staatspolitik des Patrimonium Petri.
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Geschichte
Vorläufer des heutigen Amtes waren die Secretaria Apostolica, 1487 gegründet, unter deren Sekretären der Secretarius domesticus herausragte, und später der Secretarius intimus, seit Leo X. regelmäßig ein Verwandter des Papstes, der so gen. Kardinalnepot. Mit Innozenz X. wurden 1644 dessen Regierungsbefugnisse jedoch dem Staatssekretär zugewiesen. In der Folgezeit wurden zwei Mal Kardinalstaatssekretäre zum Papst gewählt (Alexander VII., Klemens IX.), was erst 1939 ein drittes Mal geschah (Pius XII.).
Die "außenpolitischen" Befugnisse des Staatssekretariats gehen zurück auf die Kongregation für die Angelegenheiten des französischen Königsreichs (1793 gegründet!), die Pius VII. 1814 zur Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten erweiterte. Diese ist 1908 und 1967 reformiert und 1988 in das Staatssekretariat als "Sektion für die Beziehungen mit den Staaten" integriert worden.
Die Kurienreform Pius X. von 1908 unterschied drei Sektionen innerhalb des Staatssekretariats, deren dritte, für die Apostolischen Breven, 1967 aufgehoben wurde (letzter "Abteilungsleiter" war Kardinal Antonio Bacci). Leiter der ersten Sektion, für die allgemein kirchlichen Angelegenheiten, ist traditionell der Substitut (bedeutende Sostituti waren Giacomo della Chiesa (1901-1907; Papst Benedikt XV.), Alfredo Ottaviani (1929-1937), Giovanni Battista Montini (1937-1952; Papst Paul VI.) und Giovanni Benelli (1969-1977)). Die zweite Sektion, für Beziehungen mit den Staaten, früher mit einer entsprechenden Kongregation verbunden, leitet der Segretario (vormals Sekretär der Kongregation bzw. des Rates f.d. öffentlichen Angelegenheiten der Kirche).
Zu den bedeutendsten Kardinalstaatsekretären seit 1800 gehören Ercole Consalvi, Giacomo Antonelli, Mariano Rampolla, Rafael Merry del Val, Pietro Gasparri und Eugenio Pacelli (siehe: Liste). Eher geringe kirchenpolitische Bedeutung hatten die Kardinalstaatssekretäre unter Pius XII. und Paul VI., die als langjährige Kenner der Kurie sehr stark persönlich regierten.
Staatssekretäre seit 1800
- Ercole Consalvi (1757-1824), Markgraf, im Amt 1800-1806, 1814-1823
- Giulio della Somaglia (1744-1830), Graf, im Amt 1823-1829
- Tommaso Bernetti (1779-1852), Graf, im Amt 1829, 1831-1836
- Giuseppe Albani (1750-1834), Fürst, im Amt 1829-1830
- Luigi Lambruschini (1776-1854), im Amt 1836-1846
- Giacomo Antonelli (1806-1876), im Amt 1848-1876
- Giovanni Simeoni (1816-1892), im Amt 1876-1878
- Lorenzo Nina (1812-1885), im Amt 1878-1880
- Lodovico Jacobini (1832-1892), im Amt 1880-1887
- Mariano Rampolla del Tindaro (1843-1913), im Amt 1887-1903
- Rafael Merry del Val (Spanier, 1865-1930), im Amt 1903-1914
- Domenico Ferrata (1847-1914), im Amt Sept./Okt. 1914
- Pietro Gasparri (1852-1934), im Amt 1914-1930
- Eugenio Pacelli (1876-1958), im Amt 1930-1939
- Luigi Maglione (1877-1944), im Amt 1939-1944
- Domenico Tardini (1888-1961), im Amt 1958-1961, zuvor seit 1952 Pro-Staatssekretär (ohne Kardinalat; 1952-1954 neben G.B. Montini)
- Amleto Cicognani (1883-1973), im Amt 1961-1969
- Jean Villot (Franzose, 1905-1979), im Amt 1969-1979
- Agostino Casaroli (1914-1998), im Amt 1979-1990
- Angelo Sodano geb. 1927, im Amt 1990-2006
- Tarcisio Bertone geb. 1934, im Amt seit 2006
- Pietro Parolin geb. 1955, im Amt seit 2013
Anmerkung
Damit haben, entgegen früheren Gepflogenheiten, Pius XI., Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. jeweils den letzten (Pro-) Staatssekretär des Vorgängers (zeitweilig) weiter "beschäftigt"; Pius XII. war es selbst. Die letzten mit ihrem "Herrn" gestürzten Staatssekretäre waren also Rampolla (1903) und Merry del Val (1914), die beide ein jeweils klares programmatisches Profil hatten, aber auch beide als Sekretäre des Hl. Offiziums weiter in wichtiger Position verwendet wurden (funktionsgleich mit dem Präfekten der Glaubenskongregation).
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