Katholizismus

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Version vom 14. August 2008, 06:17 Uhr von Otterbeck (Diskussion | Beiträge) (Die drei Charakteristika des Katholischen)
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Begriff

Um das zentrale Stichwort, dem sämtliche Beiträge zur Kathpedia zuzuordnen sind, in angemessen kurzer Form zu erläutern, nämlich den Katholizismus als Begriff, sei es gestattet, auf einige Gedanken zu verweisen, die Jean Guitton auf dem Höhepunkt der nachkonziliaren Krise 1972 formulierte.

Wir können den Katholizismus verstehen als geistlichen Raum, der sich durch dreierlei Dimensionen auszeichnet: Zuerst ist derselbe als eine Lehre aufzufassen, diesbezüglich erinnert der Katholizismus an sämtliche Philosophien und Ideensysteme. Zum andern ist der Katholizismus aber auch ein Gott verehrender Kult. Insofern erinnert er an alle anderen Religionen. Schließlich ist der Katholizismus auch eine sichtbare, in der Geschichte greifbare Organisation, ein durch die Hierarchie gegliedertes Volk. Also erinnert er auch überdies an andere Gewalten.

Die katholische Kirche ist somit zugleich eine Schule, ein Tempel und eine Herde, sie vereinigt mithin Lehre, Kult und Volk zu einer "ethnischen Entität sui generis" (so Papst Paul VI., 23. Juli 1975). Sie ist ein wirkliches Volk eigener Art. Die in ihr zuverlässig verfasste geistliche Anleitung (Hierarchie) wirkt folglich zugleich lehrhaft, priesterlich und pastoral. Der Katholizismus ist als Wahrheit, geistliches Leben und verantworteter Weg in der Zeit zu charakterisieren.

"Celui qui ne peut pas suivre en esprit cette triple histoire à la fois et maintenir ces trois aspects sous un même regard ne comprendra jamais pleinement la réalité catholique." (Guitton)

Um die katholische Wirklichkeit vollends zu erfassen, ist es unabdingbar, diese dreifache Geschichte stets unter dem gemeinsamen Aspekt der Nachfolge Christi gleichermaßen zu betrachten.

Herkunft

Die Geschichte der Glaubensspaltungen der Christenheit ist von daher auch als die Geschichte der unterschiedlichen Wertung dieser drei Aspekte zu erklären. Während die Orthodoxie die Einheit der Kirche als supranationale "Herde" verlor, hat die Reformation überdies die priesterliche Dimension des Katholizismus abgeschwächt, so dass (in den diversen protestantischen Konfessionen) die christliche Lehre ganz stark in den Vordergrund tritt. Diese kann aber als ausdifferenzierte Gelehrsamkeit keine kultische Einheit mehr bewahren. (Das erklärt die relativ unproblematische Integration des fortan subjektiv vollzogenen protestantischen Bekenntnisses in das Gefüge moderner Monarchien.)

Der Katholizismus der Gegenwart hält daran fest, dass die Autorität des Evangeliums für die Lebenswirklichkeit der Menschen nur dann erkennbar, erfahrbar und wirksam ist, wenn das kirchliche Leben sich in dieser dreifachen Dimension vollzieht, die das II. Vatikanum auf die Ämter Christi bezog. Doktrinär, liturgisch und organisatorisch ruht der Absolutheitsanspruch des Glaubenslebens, in der Nachfolge der Apostel, mithin auf dem supranationalen und weltweit präsenten Kollegium der Bischöfe, die diese universale Realität jedoch nur ins Werk setzen können, wenn und soweit sie die Einheit mit dem Papst als Nachfolger Petri wahren (vgl. Lumen Gentium, insb. Nr. 23). Nur so ist der "katholische Internationalismus" möglich und wirksam. Nur eine Verständigung über den Episkopat wird sich so auch als Schlüssel zur sichtbaren Ökumene erweisen können.

Zukunft

Bereits in seiner ersten Enzyklika Ecclesiam Suam hat Konzilspapst Paul VI. 1964 dazu aufgefordert, das Selbstbewusstsein der Kirche zu vertiefen. Dies aber nicht als Selbstzweck: Die erste Frucht der Vertiefung des Bewusstseins der Kirche von sich selber ist die erneute Entdeckung ihrer lebendigen Beziehung zu Christus.

Aus diesem Grund ist der Katholizismus wesentlich als sakramentale Tradition zu begreifen, da die Kirche aus ihrer Beziehung zur realen Gegenwart Christi zu allen Zeiten lebt. Die Kirche ist tatsächlich Kontinuität des Gotteswortes; und in dieser dürfen die Konzilien der letzten beiden Jahrhunderte ebensowenig fehlen wie wesentliche Aussagen des päpstlichen Lehramts, etwa von Leo XIII. die Enzyklika Satis cognitum von 1896 oder Mystici corporis von Pius XII. (1943). Die Bischofssynode von 1985 prägte daher im Rückblick auf das II. Vatikanum zur Identität des Katholizismus die kurze Formel: "Die Kirche unter dem Wort Gottes feiert die Geheimnisse Christi zum Heil der Welt."

Mehr denn je zuvor in der Kulturgeschichte der Menschheit hat das Werk des großen Papstes Johannes Paul II. das Wesen des Katholizismus weltweit präsent gemacht. Nicht obwohl, sondern weil "Papstkirche" ist die katholische auch volksfähige Kirche, also die vermutlich einzige Form wahrer Religion, die der Vielfalt der Lebenswelten den Weg in die Einheit eröffnen kann. Vielleicht wurde der Christ in der Gegenwart zum Zeugen einer Aussaat, deren Früchte der Zivilisation nach und nach immer mehr zugute kommen werden. Denn die Welt von heute ist einerseits zwar gekennzeichnet durch die erstmalige Fähigkeit der Menschen, die Schöpfung zu zerstören, aber auch andererseits ausgezeichnet durch die nie dagewesene Chance, das gemeinsame Leben unter das Wort Christi zu stellen. Um es zu vervollkommnen, ruft die Kirche die Katholiken im Namen des Herrn dazu auf, ihren Glauben im Dialog zu bewähren.

Die drei Charakteristika des Katholischen

Es gibt Merkmale, die einen katholischen Christen gegenüber anderen christlichen Konfessionen auszeichnen. Darunter sind stets:

  1. Papsttreue: Sie bedeutet, dem Lehramt des Papstes und der mit ihm verbundenen Bischöfe geistlichen Gehorsam entgegen zu bringen. Der Katholik folgt also der wahren Lehre.
  2. Eucharistie: Die rechte Feier der Sakramente, insbesondere der Heiligsten Eucharistie in Theorie und Praxis auszuüben. Die Katholiken praktizieren mithin den wahren Kult.
  3. Marienverehrung: Auch in der Verehrung der Mutter Jesu lebt der Katholizismus als ein wahres Volk in der Nachfolge Christi, "der Dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat".

Literatur

Jean Guitton, Le catholicisme hier, aujourd'hui et demain, Paris 1972.