Kreuzweg am Kolosseum 2019: Unterschied zwischen den Versionen

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* [http://www.vatican.va/news_services/liturgy/2019/documents/ns_lit_doc_20190419_via-crucis-meditazioni_ge.html Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite]  
 
* {{Kathtube|Papst Franzikus - Kreuzweg beim Kolosseum - Karfreitag 2019|47821|Autor=|Datum=19. Apill 2018|size=1:16:27 Std.}}
 
* {{Kathtube|Papst Franzikus - Kreuzweg beim Kolosseum - Karfreitag 2019|47821|Autor=|Datum=19. Apill 2018|size=1:16:27 Std.}}
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Version vom 20. April 2019, 12:26 Uhr

Das Blut aus der Seite Christi wird von Engeln in einem Kelch aufgefangen (Ikone "Kreuzigung" von Theophanes dem Kreter, 16. Jahrhundert)

Der Kreuzweg am Kolosseum unter Vorsitz des Papstes Franziskus, wurde am Karfreitag dem 19. April 2019 meditiert bzw. gebetet.

Betrachtungen und Gebete wurden verfasst von Sr. Eugenia Bonetti<ref>https://www.kna-bild.de/marsKna/de/instance/picture/Eugenia-Bonetti.xhtml?oid=1792360 </ref> (Consolata-Missionsschwester), die Prostituierten und anderen Opfern von Menschenhandel hilft.

Thema: Mit Christus und den Frauen auf dem Kreuzweg

Einführung

Inzwischen sind vierzig Tage vergangen, seit wir mit der Auflegung der Asche unseren Weg der Fastenzeit begonnen haben. Heute haben wir die letzten Stunden des irdischen Lebens unseres Herrn Jesus Christus neu miterlebt, bis hin zu seinem Ausruf am Kreuz: „Consummatum est“, „Es ist vollbracht“. An diesem Ort, an dem in der Vergangenheit tausende Menschen wegen ihrer Treue zu Christus das Martyrium erlitten haben, wollen wir nun diese „Via dolorosa“ gehen – gemeinsam mit allen Armen, mit den aus der Gesellschaft Ausgeschlossenen und den neuen Gekreuzigten unserer Tage, mit den Opfern unserer Verschlossenheit, mit den Opfern der Mächte und der Rechtssysteme, der Blindheit und des Egoismus, vor allem aber mit den Opfern unserer durch die Gleichgültigkeit verhärteten Herzen. Letztere ist eine Krankheit, unter der auch wir Christen leiden. Möge das Kreuz Christi, das Werkzeug des Todes, aber auch des neuen Lebens ist und das Erde und Himmel, Nord und Süd, Ost und West in einer Umarmung vereint, das Gewissen der Gesellschaft, der Kirche, der Gesetzgeber und all jener, die sich als Jünger Christi bezeichnen, erleuchten, damit die Frohe Botschaft der Erlösung alle erreichen kann.

Erste Station: Jesus wird zum Tode verurteilt

I. Kreuzwegstation.jpg

„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“ (Mt 7,21)

Meditation: Herr, wer war mehr Jüngerin als Maria, deine Mutter? Sie nahm den Willen des Vaters auch im dunkelsten Moment ihres Lebens an und war dir mit ihrem zerbrochenen Herzen nahe. Diejenige, die dich geboren hat, die dich in ihrem Schoß getragen hat, die dich in ihren Armen gehalten hat, die dich liebevoll genährt und während deines irdischen Lebens begleitet hat, konnte nicht anders, als denselben Weg nach Golgota zu gehen und mit dir den dramatischsten und leidvollsten Moment deines und ihres eigenen Lebens zu teilen.

Gebet: Herr, wie viele Mütter erleben auch heute, was deine Mutter erlebt hat, und weinen um das Schicksal ihrer Töchter und Söhne? Wie viele Mütter sehen sie nach Zeugung und Geburt aufgrund von Krankheiten oder einem Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischer Versorgung, wie auch wegen fehlender Lebens- und Zukunftsmöglichkeiten leiden und sterben? Wir bitten dich für die Verantwortlichen, dass sie den Schrei der Armen hören, der aus allen Teilen der Welt zu dir aufsteigt. Den Schrei all der jungen Menschen, die auf unterschiedliche Weise zum Tode verurteilt sind, durch jene Gleichgültigkeit, die durch ausgrenzende und egoistische Politik hervorgerufen wird. Keines deiner Kinder soll auf einen Arbeitsplatz und die anderen Dinge verzichten müssen, die zu einem rechtschaffenen und würdevollen Leben notwendig sind.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns, deinen Willen zu tun.“

- In schwierigen und trostlosen Zeiten - In Momenten körperlicher und seelischer Leiden - In Zeiten der Dunkelheit und Einsamkeit

Zweite Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

II. Kreuzwegstation.jpg

„Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Lk 9,23)

Betrachtung: Herr Jesus, es ist einfach, ein Kreuz am Hals zu tragen oder es als Zierrat an den Wänden unserer schönen Kathedralen oder unserer Häuser aufzuhängen, aber es ist nicht so einfach, den neuen Gekreuzigten von heute zu begegnen und sie zu erkennen: die Obdachlosen, die jungen Menschen ohne Hoffnung, ohne Arbeit und ohne Perspektive, die Einwanderer, die gezwungen sind, in Baracken am Rande unserer Gesellschaft zu leben, nachdem sie zuvor Unglaubliches erlitten haben. Leider werden diese ungeschützten Lager niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht, zusammen mit den Träumen und Hoffnungen tausender ausgegrenzter, ausgebeuteter und vergessener Frauen und Männer. Wie viele Kinder werden wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer sozialen Stellung diskriminiert! Wie viele Mütter leiden unter der Erniedrigung, wenn sie mitansehen müssen, wie ihre Kinder verspottet und von den Möglichkeiten ihrer Altersgenossen und Schulkameraden ausgeschlossen werden.

Gebet: Wir danken dir, Herr, weil du uns mit deinem eigenen Leben ein Beispiel dafür gegeben hast, wie wahre und uneigennützige Nächstenliebe aussieht, in besonderer Weise auch die Liebe dem Feind oder einfach denjenigen gegenüber, die nicht so sind wie wir. Herr Jesus, wie oft haben auch wir uns als deine Jünger offen zu deinen Anhängern erklärt, in Augenblicken, in denen du Heilungen und Wunder gewirkt hast, als du den Hunger der Menge gestillt und Sünden vergeben hast. Aber es war nicht so einfach, dich zu verstehen, als du vom Dienen und Vergeben, von Verzicht und Leiden gesprochen hast. Hilf uns, unser Leben in den Dienst der Anderen zu stellen.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns zu hoffen.“

- Wenn wir uns verlassen und allein fühlen - Wenn es schwer ist, dir nachzufolgen - Wenn der Dienst am Nächsten schwierig wird

Dritte Station: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz

III. Kreuzwegstation.jpg

„Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich genommen“ (Jes 53,4)

Betrachtung: Herr Jesus, es war dein Wille, auf dem steilen Weg nach Golgota die menschliche Gebrechlichkeit und Schwäche zu erfahren. Was wäre die Kirche heute ohne die Anwesenheit und Großherzigkeit so vieler Freiwilliger, der neuen Samariter des dritten Jahrtausends? In einer kalten Januarnacht wärmten an einer Straße am Stadtrand Roms drei Afrikanerinnen, die fast noch Kinder waren, auf dem Boden kauernd ihren jungen, halbnackten Körper an einem Feuer. Einige Jugendliche, die im Auto vorbeifuhren, warfen aus Spaß brennbares Material auf das Feuer und fügten ihnen dadurch schwere Verbrennungen zu. In diesem Moment kam eine der vielen ehrenamtlichen Streetworker-Gruppen vorbei und eilte ihnen zur Hilfe, brachte sie in ein Krankenhaus und nahm sie dann in ein familiäres Zuhause auf. Wie lange dauerte es und wird es dauern, bis sich diese Mädchen nicht nur von den Verbrennungen ihrer Gliedmaßen erholen, sondern auch von dem Schmerz und der Demütigung, für immer einen verstümmelten und entstellten Körper zu haben?

Gebet: Herr, wir danken dir für die vielen neuen Samariter des dritten Jahrtausends, die sich auch heute auf unseren Straßen mit Liebe und Mitgefühl über die vielen physischen und psychischen Wunden derer beugen, die Nacht für Nacht die Angst und den Schrecken der Dunkelheit, der Einsamkeit und der Gleichgültigkeit erleben. Herr, leider sind wir heute oft nicht mehr fähig, diejenigen wahrzunehmen, die in Not sind, und diejenigen zu sehen, die verletzt und gedemütigt sind. Häufig verteidigen wir unsere eigenen Rechte und Interessen, aber wir vergessen die der Armen und derer in der letzten Reihe. Herr, gib uns die Gnade, ihrem Weinen, ihrem Leiden, ihrem Schmerzensschrei gegenüber nicht gleichgültig zu bleiben, damit wir durch sie dir begegnen können.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns zu lieben.“

- Wenn es anstrengend ist, ein Samariter zu sein - Wenn es uns schwerfällt zu vergeben - Wenn wir die Leiden anderer nicht sehen wollen

Vierte Station: Jesus begegnet seiner Mutter

IV. Kreuzwegstation.jpg

„Ein Schwert wird deine Seele durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden.“ (vgl. Lk 2,35)

Betrachtung: Maria, als du das Jesuskind zum Reinigungsritual in den Tempel gebracht hast, prophezeite dir der greise Simeon, ein Schwert werde dein Herz durchdringen. Nun ist die Stunde gekommen, dein Fiat zu erneuern, deine Treue zum Willen des Vaters, auch wenn es entsetzlich schmerzt, das eigene Kind, das behandelt wird wie ein Verbrecher, zur Hinrichtungsstätte zu begleiten. Herr, erbarme dich der vielen, allzu vielen Mütter, die ihre jungen Töchter nach Europa gehen ließen, in der Hoffnung, ihren Familien in extremer Armut zu helfen, die dabei jedoch Demütigung, Verachtung und manchmal sogar den Tod erlitten haben. Wie die junge Tina, die im Alter von nur zwanzig Jahren auf der Straße barbarisch getötet wurde und ein nur wenige Monate altes Kind hinterließ.

Gebet: Maria, in diesem Moment erlebst du das gleiche Drama wie so viele Mütter, die wegen ihrer Kinder leiden. Diese sind in andere Länder aufgebrochen, in der Hoffnung, eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien finden zu können. Dort widerfährt ihnen aber leider Demütigung, Verachtung, Gewalt, Gleichgültigkeit, Einsamkeit und manchmal sogar Tod. Gib ihnen Kraft und Mut.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, gewähre es, dass wir immer Stütze und Trost geben können, dass wir zur Stelle sind, um unsere Hilfe anzubieten.“

- Um Mütter zu trösten, die das Schicksal ihrer Kinder beweinen - Für diejenigen, die alle Hoffnung im Leben verloren haben - Für alle, die täglich unter Gewalt und Verachtung leiden

Fünfte Station: Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

V. Kreuzwegstation.jpg

„Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Gal 6,2)

Betrachtung: Herr Jesus, auf dem Weg nach Golgota hast du schwer und mühevoll an der Last dieses rauen Holzkreuzes getragen. Vergeblich hofftest du auf die hilfsbereite Geste eines Freundes, eines deiner Jünger, eines der vielen Menschen, deren Leiden du gelindert hast. Leider kam dir nur ein Fremder, Simon von Zyrene, gezwungenermaßen zur Hilfe. Wo sind heute die neuen Simons des dritten Jahrtausends? Wo finden wir sie? Ich möchte an die Erfahrungen einer Gruppe von Ordensfrauen unterschiedlicher Nationalität, Herkunft und Ordenszugehörigkeit erinnern, mit denen wir seit über siebzehn Jahren jeden Samstag ein römisches Zentrum für Migrantinnen besuchen, die keine Papiere haben. Diese Frauen, die meist jung sind, warten darauf zu erfahren, wie es in ihrem Leben weitergeht, ob sie abgeschoben werden oder bleiben können. Wie viel Leid begegnen wir da. Welche Freude ist es aber auch für diese Frauen, wenn da Ordensfrauen vor ihnen stehen, die aus ihren Ländern kommen, die ihre Sprachen sprechen, die ihre Tränen trocknen, die mit ihnen beten und feiern und die langen Monate zwischen Gitterstäben und Beton etwas erträglicher machen!

Gebet: Für alle Simons von Zyrene unserer Tage. Möge in ihnen der Wunsch nie nachlassen, dich in der Gestalt der Geringsten dieser Welt anzunehmen, denn wir wissen, dass wir dich aufnehmen, wenn wir die Geringsten unserer Gesellschaft aufnehmen. Lass diese Samariter denen eine Stimme verleihen, die keine Stimme haben.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns, unser Kreuz zu tragen.“

- Wenn wir müde und niedergeschlagen sind - Wenn wir die Last unserer Schwächen spüren - Wenn du uns bittest, Anteil zu nehmen an den Leiden der anderen

Sechste Station:: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

VI. Kreuzwegstation.jpg

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)

Betrachtung: Denken wir an die Kinder in verschiedenen Teilen der Welt, die nicht zur Schule gehen können und stattdessen in Bergwerken, auf den Feldern oder in der Fischerei ausgebeutet werden, die von Menschenhändlern für Organtransplantationen gekauft und verkauft werden, aber auch auf unseren Straßen von vielen ausgebeutet und missbraucht werden, auch von Christen, die jedes Gespür für ihre eigene Würde und die anderer verloren haben. Wie etwa im Fall einer Minderjährigen mit einem zierlichen kleinen Körper, die ich eines Nachts in Rom traf, wo Männer in luxuriösen Wagen Schlange standen, um diese Mädchen auszubeuten. Dabei könnte sie das Alter ihrer Töchter haben... Welch seelisches Leid solche Gewalt im Leben vieler junger Menschen hervorruft, die nur die Übergriffe, die Arroganz und Gleichgültigkeit jener erfahren, die sie bei Tag und Nacht aufsuchen, benutzen, ausbeuten und dann wieder auf die Straße zurückstoßen, wo der nächste, der mit dem Leben anderer seine Geschäfte macht, bereits wartet!

Gebet: Herr Jesus, gib uns einen klaren Blick, damit wir in unseren Brüdern und Schwestern dein Antlitz entdecken können, besonders in all den Kindern, die in vielen Teilen der Welt im Elend und in der Gosse leben, Kindern, die ihres Rechts auf eine glückliche Kindheit, auf Schulbildung und auf Wahrung ihrer Unschuld beraubt wurden. Geschöpfe, die man als billige Ware behandelt und die man nach Belieben kauft und verkauft. Herr, wir bitten dich, hab Erbarmen und Mitleid mit dieser kranken Welt und hilf uns, die Schönheit unserer eigenen und der Würde anderer wiederzuentdecken, die uns als Menschen zukommt, weil wir nach deinem Bild und Gleichnis geschaffen sind.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns sehen.“

- Das Gesicht der unschuldigen Kinder, die um Hilfe bitten - Die Ungerechtigkeiten im sozialen Bereich - Die Würde, die jeder Mensch in sich trägt und die mit Füßen getreten wird

Siebte Station: Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz

VII. Kreuzwegstation.jpg

„Als er geschmäht wurde, schmähte er nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter.“ (vgl. 1Petr 2,23)

Betrachtung: Wie viel Rachsucht gibt es in unserer Zeit! Die heutige Gesellschaft hat den Sinn für den hohen Wert der Vergebung verloren, dieses einzigartige Geschenk, dieses Wundheilmittel, diese Grundlage für den Frieden und das menschliche Zusammenleben. In einer Gesellschaft, in der Vergebung als Ausdruck von Schwäche gesehen wird, willst du von uns, Herr, dass wir uns nicht mit dem Äußeren begnügen. Und du tust das nicht mit Worten, sondern durch dein Beispiel. Dem, der dich foltert, antwortest du: „Warum verfolgst du mich?“, wohlwissend, dass wahre Gerechtigkeit niemals auf Hass und Rache basieren kann. Mach uns fähig, um Vergebung zu bitten und Vergebung zu gewähren.

Gebet: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34). Herr, auch du hast die Last der Verurteilung, der Ablehnung, der Verlassenheit und des Leidens gespürt, das dir von Menschen angetan wurde, die dir begegnet waren, dich aufgenommen hatten und dir gefolgt sind. In der Gewissheit, dass der Vater dich nicht verlassen hat, hast du die Kraft gefunden, seinen Willen anzunehmen, indem du vergeben und geliebt hast. Damit hast du denen Hoffnung geschenkt, die, wie du, heute auf gleiche Weise verhöhnt, verachtet, verspottet, verlassen, verraten und der Einsamkeit überlassen werden.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns, Trost zu spenden.“

- Denen, die beleidigt und gekränkt sind - Denen, die sich verraten und erniedrigt fühlen - Denen, die sich falsch eingeschätzt und verurteilt fühlen

Achte Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen von Jerusalem

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„Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder!“ (Lk 23,28)

Betrachtung: Die soziale, wirtschaftliche und politische Situation der Migranten und Opfer von Menschenhandel gibt uns zu denken und rüttelt uns auf. Wie Papst Franziskus deutlich macht, müssen wir den Mut haben, den Menschenhandel als Verbrechen gegen die Menschheit öffentlich anzuklagen. Wir alle, insbesondere die Christen, müssen in dem Bewusstsein wachsen, dass wir alle für dieses Problem verantwortlich sind und dass wir alle Teil der Lösung sein können und müssen. Wir alle, vor allem aber wir Frauen, sind aufgerufen, uns mutig herausfordern zu lassen. Mut zum Sehen und zum Handeln, als einzelne und als Gemeinschaft. Nur in gegenseitiger Verbundenheit können unsere Nöte zu einem großen Reichtum werden, der die Mentalität verändern und die Leiden der Menschheit lindern kann. Der Arme, der Ausländer, der, der anders ist, darf nicht als Feind angesehen werden, der abgelehnt oder bekämpft werden muss, sondern als Bruder oder Schwester, die aufzunehmen und zu unterstützen sind. Sie sind nicht ein Problem, sondern eine wertvolle Ressource für unsere abgeschotteten Festungen, wo Wohlbefinden und Konsum die wachsende Müdigkeit und Qual nicht lindern.

Gebet: Herr, lehre uns deinen Blick, jenen barmherzigen Blick, der uns annimmt und mit dem du unsere Grenzen und unsere Ängste siehst. Hilf uns, die Verschiedenheit von Ideen, Gewohnheiten und Ansichten auf diese Weise zu betrachten. Hilf uns dabei, uns als Teil der einen Menschheit zu erkennen und Förderer mutiger und neuer Wege zu werden, die offen sind für das Fremde, damit alle miteinander Gemeinschaften, Familien, Pfarreien und Zivilgesellschaften aufbauen können.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Hilf uns, das Leid der anderen zu teilen.“

- Mit denen, die unter dem Tod ihrer Lieben leiden - Mit denen, die sich schwertun, um Hilfe und Beistand zu bitten - Mit denen, die Übergriffe und Gewalt erlitten haben

Neunte Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz

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„Er wurde bedrängt und misshandelt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt“. (Jes 53, 7)

Betrachtung: Herr, zum dritten Mal bist du gefallen, erschöpft und gedemütigt, unter dem Gewicht des Kreuzes. Genau wie viele Mädchen, die von Sklavenhändler-Gruppen auf die Straße gezwungen werden, die die Qual und Demütigung nicht ertragen können, den eigenen jungen Körper manipuliert, missbraucht, und – gemeinsam mit ihren Träumen – zerstört zu sehen. Diese jungen Frauen fühlen eine innere Spaltung: Auf der einen Seite werden sie aufgesucht und benutzt, auf der anderen Seite werden sie abgelehnt und verurteilt von einer Gesellschaft, die sich weigert, diese Art der Ausbeutung zu sehen, welche durch die Akzeptanz der Wegwerfkultur verursacht wird. In einer der vielen Nächte auf den Straßen Roms suchte ich nach einer jungen Frau, die erst vor kurzem nach Italien gekommen war. Da ich sie nicht bei ihrer Gruppe sah, rief ich sie eindringlich bei ihrem Namen „Mercy!“. Im Dunkeln bemerkte ich sie, wie sie am Straßenrand hockte und schlief. Durch mein Rufen wachte sie auf und sagte mir, sie könne nicht mehr. „Ich bin am Ende“, wiederholte sie... Ich dachte an ihre Mutter: Wenn sie wüsste, was mit ihrer Tochter geschah, würde sie in Tränen ausbrechen.

Gebet: Herr, wie oft hast du uns diese unbequeme Frage gestellt: „Wo ist dein Bruder? Wo ist deine Schwester?“ Wie oft hast du uns daran erinnert, dass ihr herzzerreißender Schrei zu dir gedrungen ist? Hilf uns, am Leid und der Erniedrigung der vielen Menschen Anteil zunehmen, die wie Abfall behandelt werden. Es ist zu einfach, Menschen und unbehagliche Situationen zu verurteilen, die in uns eine falsche Scham wecken, aber es ist nicht einfach, unserer Verantwortung gerecht zu werden, die wir als Einzelne, als Regierungen und auch als christliche Gemeinschaften haben.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, gib uns Kraft und Mut das Unrecht anzuprangern.“

- Angesichts der Ausbeutung und der Erniedrigung, die so viele junge Menschen erleben - Angesichts der Gleichgültigkeit und des Schweigens vieler Christen - Angesichts ungerechter Gesetze ohne Menschlichkeit und Solidarität

Zehnte Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt

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„Bekleidet euch also mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld!“ (vgl. Kol 3,12)

Betrachtung: Geld, Wohlbefinden, Macht. Dies sind die Götzen aller Zeiten. Auch und vor allem unserer Zeit, die sich der enormen Fortschritte bei der Anerkennung der Menschenrechte rühmt. Alles kann käuflich erworben werden, auch der Körper von Minderjährigen, der seiner Würde und seiner Zukunft beraubt wird. Wir haben vergessen, dass der Mensch die Mitte ist, dass er eine Würde hat, eine Schönheit und Kraft. Während sich in der Welt zusehends Mauern und Barrieren erheben, wollen wir an die denken und denen danken, die in den letzten Monaten in verschiedenen Funktionen ihr eigenes Leben riskiert haben, insbesondere auf dem Mittelmeer, um das Leben so vieler Familien zu retten, die auf der Suche nach Sicherheit und neuen Perspektiven sind. Menschen auf der Flucht vor Armut, Diktaturen, Korruption und Sklaverei.

Gebet: Hilf uns, Herr, die Schönheit und den Reichtum wiederzuentdecken, die jeder Mensch und jedes Volk als dein einzigartiges und unwiederholbares Geschenk in sich tragen und die der ganzen Gesellschaft zugutekommen und nicht nur der Verfolgung persönlicher Interessen dienen sollen. Wir bitten dich, dass dein Beispiel und deine Lehre von Barmherzigkeit und Vergebung, von Demut und Geduld uns ein wenig menschlicher und damit christlicher machen.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, gib uns ein Herz voller Erbarmen.“

- Angesichts der Gier nach Vergnügen, nach Macht und nach Geld - Angesichts der Ungerechtigkeiten, die den Armen und den Schwächsten auferlegt sind - Angesichts der Trugbilder persönlicher Interessen

Elfte Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt

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„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk 23,34)

Betrachtung: Unsere Gesellschaft proklamiert die Gleichheit der Rechte und der Würde aller Menschen. Aber sie praktiziert und toleriert Ungleichheit und akzeptiert dabei selbst die extremsten Formen. Männer, Frauen und Kinder werden von neuen Menschenhändlern als Sklaven gekauft und verkauft. Diese Opfer des Menschenhandels werden dann von anderen ausgebeutet und schließlich weggeworfen wie wertlose Ware. Wie viele Menschen werden dadurch reich, dass sie vom Fleisch und Blut der Armen leben!

Gebet: Herr, wie viele Menschen wurden auch heute an ein Kreuz genagelt als Opfer unmenschlicher Ausbeutung und dabei ihrer Würde, Freiheit und Zukunft beraubt. Ihr Hilfeschrei fordert uns als Männer und Frauen, als Regierungen, als Gesellschaft und als Kirche heraus. Wie ist es möglich, dass wir dich weiterhin kreuzigen, indem wir uns zu Komplizen des Menschenhandels machen? Gib uns Augen zum Sehen und ein Herz, das die Leiden der vielen Menschen mitempfindet, die auch heute noch von unserem Lebensstil und unserem Konsumverhalten ans Kreuz geschlagen werden.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr erbarme dich.“

- Derer, die heute überall auf der Welt „gekreuzigt“ werden - Der Mächtigen und der Gesetzgeber unserer Gesellschaft - Derer, die nicht vergeben können und nicht wissen, wie man liebt

Zwölfte Station: Jesus stirbt am Kreuz

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„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15.34)

Betrachtung: Auch du, Herr, hast die Bürde von Spott und Hohn, von Beleidigungen und Gewalt, Verlassenheit und Gleichgültigkeit am Kreuz erfahren. Nur Maria, deine Mutter, und einige andere Jüngerinnen sind dortgeblieben und wurden Zeugen deines Leidens und deines Todes. Ihr Beispiel leite auch uns an, die Einsamkeit derer zu lindern, die heute auf den Golgotas der ganzen Welt leiden, etwa in den lagerähnlichen Sammelstellen der Transitländer, auf Schiffen, denen ein sicherer Hafen verweigert wird, an langen bürokratischen Verhandlungen bezüglich ihres endgültigen Bestimmungsortes, in Aufenthaltszentren, Hot Spots und Lagern für Saisonarbeiter.

Gebet: Herr, wir bitten dich: Hilf uns, den neuen Gekreuzigten und allen verzweifelten Menschen unsere Tage nahe zu sein. Lehre uns, ihre Tränen zu trocknen und sie zu trösten, so wie Maria und die anderen Frauen es unter deinem Kreuz getan haben.

Lasset uns beten und gemeinsam sprechen: „Herr, hilf uns, unser Leben hinzugeben.“

- Für alle, die Ungerechtigkeit, Hass und Rache erlitten haben - Für alle, die zu Unrecht verleumdet und verurteilt wurden - Für diejenigen, die sich allein, verlassen und gedemütigt fühlen

Dreizehnte Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen

XIII. Kreuzwegstation.jpg

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Joh 12,24)

Betrachtung: Wer erinnert sich in dieser Zeit der kurzlebigen Nachrichten noch an die sechsundzwanzig jungen Nigerianerinnen, die von den Wellen verschlungen wurden und die dann in Salerno beigesetzt wurden? Ihr Kreuzweg war lang und hart. Zuerst die Durchquerung der Sahara, eingepfercht in klapprigen Bussen. Dann der Zwangsstopp in den schrecklichen libyschen Sammellagern. Schließlich der Sprung ins Meer, wo sie vor den Toren des „verheißenen Landes“ den Tod fanden. Zwei von ihnen trugen in sich das Geschenk eines neuen Lebens, Kinder, die nie das Licht der Welt erblickten. Aber ihr Tod war nicht umsonst, wie auch der Tod Jesu, der vom Kreuz abgenommen wurde, nicht umsonst war. All diese Leben vertrauen wir der Barmherzigkeit unseres Vaters an, der der Vater aller, aber besonders der Vater der Armen, Verzweifelten und Erniedrigten ist.

Gebet: Herr, in dieser Stunde hören wir innerlich noch einmal den lauten Ruf von Papst Franziskus in Lampedusa, dem Ziel seiner ersten apostolischen Reise: „Wer hat geweint?“ Und jetzt, nach unzähligen Schiffbrüchen, rufen wir weiterhin: „Wer hat geweint?“ Wer hat geweint, fragen wir uns angesichts dieser 26 aufgereihten Särge, auf denen weiße Rosen lagen? Nur fünf von ihnen wurden identifiziert. Mit oder ohne Namen sind sie alle dennoch unsere Töchter und Schwestern. Alle verdienen Respekt und Erinnerung. Sie alle appellieren an unser Verantwortungsgefühl: an die Institutionen und Behörden und auch an uns selbst, mit unserem Schweigen und unserer Gleichgültigkeit.

Lasset uns gemeinsam beten: „Herr, hilf uns, gemeinsam zu trauern.“

- Im Blick auf die Leiden unserer Mitmenschen - Im Blick auf all die namenlosen Särge - Im Blick auf so viele leidende Mütter

Vierzehnte Station: Jesus wird in das Grab gelegt

XIV. Kreuzwegstation.jpg

„Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30)

Betrachtung: Die Wüste und das Meer sind heute zu Friedhöfen geworden. Angesichts dieser Todesfälle gibt es keine Antworten. Es gibt jedoch Verantwortlichkeiten. Brüder, die andere Brüder sterben lassen. Männer, Frauen und Kinder, die wir nicht retten konnten oder wollten. Während die Regierungen debattieren, eingeschlossen in den Palästen der Macht, füllt sich die Sahara mit Skeletten von Menschen, die der Müdigkeit, dem Hunger und dem Durst erlegen sind. Wie viel Leid kostet ein ums andere Mal dieser neue Exodus! Wie viel Grausamkeit ergießt sich über denen, die fliehen: Verzweifeltes Unterwegssein, Erpressung und Folter, das Meer, das sich in ein Wasser-Grab verwandelt hat.

Gebet: Herr, lass uns verstehen, dass wir alle Kinder desselben Vaters sind. Der Tod deines Sohnes Jesus schenke den Regierenden der Völker und den für die Gesetzgebung Verantwortlichen ein Bewusstsein für ihre Aufgabe bei der Verteidigung aller Menschen, die nach deinem Ebenbild und Gleichnis erschaffen wurden.

Abschluss

Wir möchten an die Geschichte der kleinen 9 Monate alten Favour erinnern, die Nigeria mit ihren jungen Eltern auf der Suche nach einer besseren Zukunft in Europa verlassen hatte. Auf der langen und gefährlichen Reise über das Mittelmeer starben ihre Mutter und ihr Vater zusammen mit Hunderten anderen Menschen, die sich auf skrupellose Menschenhändler eingelassen hatten, um das „gelobte Land“ zu erreichen. Nur Favour überlebte: auch sie wurde, wie Mose, aus den Wassern gerettet. Möge ihr Leben ein Hoffnungsschimmer auf dem Weg zu einer brüderlicheren Menschheit werden.

Gebet: Am Ende deines Kreuzweges bitten wir dich, Herr: Lehre uns wach zu bleiben, zusammen mit deiner Mutter und den Frauen, die dich nach Golgota begleitet und auf deine Auferstehung gewartet haben. Deine Auferstehung sei ein Leuchtfeuer der Hoffnung, der Freude, des neuen Lebens, der Brüderlichkeit, der Annahme und der Gemeinschaft zwischen Völkern, Religionen und Gesetzen. Jeder Mensch werde anerkannt in seiner Würde, die ihm als Gottes Sohn und Gottes Tochter zukommt und keiner von ihnen werde mehr als Sklave behandelt.

Weblinks

Anmerkungen

<references />