Laizismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Mit '''Laizismus''' (von griech. ''laos'', das Volk) wird im allgemeinen das moderne Phänomen bezeichnet, dass die öffentliche Ordnung des Zusammenlebens der Menschen frei von jeder religiösen Orientierung der Rechtsordnung gestaltet werden soll. Der Gebrauch des Wortes ist in seiner Bedeutung jedoch oft unbestimmt.
 
Mit '''Laizismus''' (von griech. ''laos'', das Volk) wird im allgemeinen das moderne Phänomen bezeichnet, dass die öffentliche Ordnung des Zusammenlebens der Menschen frei von jeder religiösen Orientierung der Rechtsordnung gestaltet werden soll. Der Gebrauch des Wortes ist in seiner Bedeutung jedoch oft unbestimmt.
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== Staatslehre ==
  
 
Einem notwendigen, in heutiger Zeit nicht mehr aufhebbaren ''Laizismus der Staatsordnung'' steht noch immer ein radikal ''ideologischer Laizismus'' gegenüber, der die Religionsfreiheit auf ein Minimum persönlicher [[Frömmigkeit]] (in dem vom allein zuständigen Staat gesetzten Rahmen) herabsetzt, eigentlich aber die Verwirklichung nur ''negativer [[Religionsfreiheit]]'' im öffentlichen Leben fordert: Religion habe keine Bedeutung für Staat und Gesellschaft zu haben.
 
Einem notwendigen, in heutiger Zeit nicht mehr aufhebbaren ''Laizismus der Staatsordnung'' steht noch immer ein radikal ''ideologischer Laizismus'' gegenüber, der die Religionsfreiheit auf ein Minimum persönlicher [[Frömmigkeit]] (in dem vom allein zuständigen Staat gesetzten Rahmen) herabsetzt, eigentlich aber die Verwirklichung nur ''negativer [[Religionsfreiheit]]'' im öffentlichen Leben fordert: Religion habe keine Bedeutung für Staat und Gesellschaft zu haben.

Version vom 22. Juni 2008, 19:14 Uhr

Mit Laizismus (von griech. laos, das Volk) wird im allgemeinen das moderne Phänomen bezeichnet, dass die öffentliche Ordnung des Zusammenlebens der Menschen frei von jeder religiösen Orientierung der Rechtsordnung gestaltet werden soll. Der Gebrauch des Wortes ist in seiner Bedeutung jedoch oft unbestimmt.

Staatslehre

Einem notwendigen, in heutiger Zeit nicht mehr aufhebbaren Laizismus der Staatsordnung steht noch immer ein radikal ideologischer Laizismus gegenüber, der die Religionsfreiheit auf ein Minimum persönlicher Frömmigkeit (in dem vom allein zuständigen Staat gesetzten Rahmen) herabsetzt, eigentlich aber die Verwirklichung nur negativer Religionsfreiheit im öffentlichen Leben fordert: Religion habe keine Bedeutung für Staat und Gesellschaft zu haben.

Die deutlichste Negation religiöser Gehalte im öffentlichen Leben Westeuropas finden sich auch heute noch in der französischen Staatsordnung, die seit der Trennungsgesetzgebung von 1905 insbesondere die katholische Kirche, aber auch alle anderen Konfessionen und Religionen, auf den Charakter rein privatrechtlicher Gesellschaften zur Ausübung persönlicher Überzeugungen beschränkte. Diese Trennung ist in mehreren Phasen zwar aufgelockert worden (u.a. Wiederanknüpfung diplomatischer Beziehungen zwischen dem Papsttum und der frz. Republik 1920 unter Papst Benedikt XV.). Jedoch stellt sich das Problem einer zweifelhaften Legitimation der strikt laizistischen Staatsverfassung, vor dem Hintergrund der europäischen Identität, heute neu; wie auch von Präsident Nicolas Sarkozy andeutungsweise anlässlich seiner Papstaudienz am 20. Dezember 2007 eingeräumt wurde. Auch in Frankreich stimmen wachsende Teile der Öffentlichkeit der Einsicht zu, dass es zur Gleichheit der Religionsausübung im öffentlichen Leben auch gehört, "Ungleiches ungleich" zu behandeln ("suum cuique tribue"), eine teilweise Höherachtung der christlichen und jüdischen Bekenntnisse gegenüber anderen Religionen also akzeptabel erscheinen kann.

"positive Laizität"

Diese jüngere Entwicklung zieht Konsequenzen aus der Selbstkorrektur der katholischen Gesellschaftslehre, wie sie in Dokumenten des II. Vatikanums zum Ausdruck kam. Demnach besteht für den einzelnen Menschen zwar kein moralischer Anspruch auf "jedwede Religiosität" (Indifferentismus), aber das Zusammenleben im Staat muss von solchen Privilegien öffentlich-rechtlicher Natur zugunsten der Kirche freibleiben, die das persönliche, frei gewählte Glaubensleben eher beschweren als ermöglichen. In diesem gesellschaftspolitischen Sinn unterstützt der Katholizismus heute eine Laizität des öffentlichen Lebens und billigt dem Volk der Gläubigen (und jedem einzelnen Christen) in weltlichen Sachbereichen eine relative Autonomie seiner Zuständigkeit zu. Der Gehorsamsanspruch der Kirche gegenüber der Öffentlichkeit nimmt heute mithin weder Ideale klösterlicher Ordung (des Mittelalters) zum Vorbild noch staatskirchliche Konzepte des Ancien regime, sondern vertraut auf die Überzeugungskraft der Wahrheit selber (vgl. Dignitatis humanae). Andererseits kann die Kirche mithin auch nicht mehr zugunsten des Staates als "Abteilung der Polizei" (so der österreichische Kaiser Joseph II. im so gen. Josephinismus) oder auch bloß des Erziehungswesens oder tradierter Sozialmodelle benutzt werden.

Grenzen dieser Autonomie ergeben sich aber weiterhin aus dem Vorrang des kirchlichen Absolutheitsanspruchs, hergeleitet aus dem Wahrheitsanspruch des Evangeliums, vorrangig vor Staat, Politik und Gesellschaft. In diesem Sinne nimmt der Katholizismus die doppelte Funktion wahr, mittels seiner Glaubensverkündigung in Wort und Sakrament die Menschen zu Gott zu führen; mit Hilfe seiner Soziallehre, zu Gerechtigkeit und Caritas, aber der Öffentlichkeit ein Angebot für die Lösung der Probleme der zeitlichen Ordnung zu unterbreiten. Dieses Angebot will die Kirche nicht unter Benutzung der Staatsgewalt durchsetzen noch könnte sie es.

In Deutschland, der Schweiz und Österreich ergeben sich im Spannungsfeld zwischen Kirche und Politik jedoch etliche Probleme daraus, dass in vergangenen Epochen -- auf unterschiedliche Weise (vgl. Josephinismus, Staatskirchenverfassung) -- eine sehr große Nähe zwischen Kirche und Staat bestand, die von Vertretern christdemokratischer Konzepte (z.B. Hans Maier, Karl Lehmann) unter bestimmten Aspekten weiterhin für eine vorzügliche Synthese aus der Idee repräsentativer, parlamentarischer Demokratie und aufgeklärtem Christentum erachtet werden.

La Sapienza und die Folgen

Im Vorfeld des für den 17. Januar 2008 geplanten Besuchs von Papst Benedikt XVI. kam es zu derart massiven Protesten intoleranter Laizisten, dass der Besuch abgesagt werden musste.

Dazu Kardinal Camillo Ruini, laut Il giornale: Domenica tutti a San Pietro

"Filiale e totale vicinanza al proprio vescovo, il Papa", è stata espressa dal cardinale Camillo Ruini a nome della diocesi di Roma "in questa circostanza, che colpisce tanto dolorosamente tutta la nostra città". La nota diffusa oggi "dà voce a quell’amore, a quella fiducia, a quell’ammirazione e gratitudine per Benedetto XVI che è nel cuore del popolo di Roma", e invita "tutti i fedeli ma anche tutti i romani a manifestare questi sentimenti» partecipando domencia prossima in Piazza San Pietro alla recita dell’Angelus [20.01.2008]. "Sarà - spiega Ruini - un gesto di affetto e di serenità, sarà espressione della gioia che proviamo nell’avere Benedetto XVI come nostro Vescovo e nostro Papa".

(Übersetzung folgt.)

Bemerkenswert dazu auch die (ungehaltene) Sapienza-Rede des Papstes, die publizistisch große Beachtung findet.

Ausblick

Unter dem Eindruck der Erstrezeption des II. Vatikanum treten jedoch Fragen in Erscheinung, die nahelegen, dass selbst von strukturell (teilweise) kirchennahen Organisationen oder Parteien dominierte Parlamente nicht den Idealzustand des Laizismus darstellen können. Anstelle voreiliger Synthesen im Wege des Kompromisses muss in einer europaweit immer noch überwiegend religionslosen Zeit das unterscheidend Christliche mit hinreichender Deutlichkeit, und inmitten sämtlicher Gesellschaftsordnungen, vertreten werden. Somit darf vermutet werden, dass auf eine erste Phase relativ euphorischer Zustimmung zur partiellen Laizität seitens der Kirche, dennoch die Besinnung darauf, in welchen Erscheinungsformen diese doch nur einen Rückfall in einen inakzeptablen Laizismus verdeckt, erst begonnen hat.

Der Fall La sapienza (oben) scheint diese Wertung vorerst zu bestätigen.

Literatur

  • Hans Maier, Revolution und Kirche, Freiburg i. Br. 1988.
  • 11.12.1925 Pius XI. Enzyklika "Quas primas" zur Einsetzung des Christkönigfestes. Es soll den Irrtum des Laizismus bekämpfen. Das Datum erinnert an das 1. Ökumenische Konzil von Nicäa 325 (AAS XVII [1925] 593-610) [1]

Zitat: (ebd. Nr. 29) Wenn wir nun anordnen, Christus solle von den ganzen katholischen Welt als König verehrt werden, so wollen Wir damit auch dem Bedürfnis unserer Zeit entgegenkommen und ein wirksames Heilmittel jener Pest entgegenstellen, welche die menschliche Gesellschaft befallen hat. Die Pest unserer Zeit ist der so genannte Laizismus mit seinen Irrtümern und gottlosen Absichten.