Leitgedanken für die Erziehung zum priesterlichen Zölibat

Aus kathPedia
Zur Navigation springenZur Suche springen
Leitgedanken

Kongregation für das Katholische Unterrichtswesen
von Papst
Paul VI.
für die Erziehung zum priesterlichen Zölibat

11. April 1974

(Quelle: Nachkonziliare Dokumentation – im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Band 50, S. 40-140, Deutsche Textfassung von der Kongregation für das katholische Unterrichtswesen, Paulinus Verlag Trier 1976; Imprimatur N. 8/1976, Treveris die 9.6.1976 Vicarius Generalis d. m. Israel.).

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Inhaltsverzeichnis

GELEITWORT

Der Heilige Vater Papst Paul VI. beabsichtigte, mit der Enzyklika "Sacerdotalis caelibatus" "die berechtigten und ernsten Gründe für die Beobachtung des Zölibats in einer Weise zu erläutern, die der Geisteshaltung der Menschen unserer Zeit entspricht" (Nr. 16). Zugleich war er aber auch darum besorgt, dass diejenigen, die sich zur priesterlichen Lebensform entschließen, auch in der rechten Weise dazu herangebildet werden. Deshalb wünschte er, dass "baldmöglichst entsprechende Richtlinien herausgegeben werden, in denen dieses Thema unter Heranziehung von Fachleuten in angemessener Ausführlichkeit behandelt werde, um denen, die in der Kirche die schwere Aufgabe übernommen haben, die Priesterkandidaten heranzubilden, alsbald eine geeignete Hilfe zu bieten" (Nr. 61).

Das vorliegende Dokument möchte diesem Wunsch des Heiligen Vaters entsprechen.

Die Verzögerung, mit der es erscheint, erklärt sich vor allem aus dem Bemühen, gemäß der Anweisung der Enzyklika zahlreiche Fachleute zu Rate zu ziehen, und darüber hinaus aus der Schwierigkeit des Themas selber, die mehrere Redaktionen des Textes erforderlich machte. Diese erwiesen sich auch als notwendig, um an den nützlichen Anregungen Rechnung zu tragen, die zu uns gelangt sind. Schließlich erklärt sich die Verzögerung auch aus dem Bestreben, den Textentwurf dem Urteil der Bischofskonferenzen zu unterbreiten und ihn auf Grund ihrer Anregungen nochmals zu bearbeiten.

An Aktualität und dringender Notwendigkeit hat dadurch diese Schrift - die ihrer Natur nach nicht auf theoretische Streitfragen über den Zölibat eingeht - keineswegs verloren.

Der Geist dieser "Richtlinien" erhellt zur Genüge aus ihrem Text selbst, aus dem Titel und der Einleitung. Die Erziehung zum Zölibat begründet und bestimmt sich zu allererst von der Liebe zu Christus, der die Grundlage dieser Verpflichtung bildet: ohne eine tiefe Liebe zu Christus verliert der Zölibat seine ganze Bedeutung.

Gleichwohl sind Sinn und Vollzug des Zölibats auch von menschlichen Faktoren mitbedingt, die es in aller Klarheit herauszustellen gilt und denen, heute mehr als je Rechnung getragen werden muss.

Die Kongregation für das katholische Unterrichtswesen, die auf Grund ihrer Zuständigkeit die Ausarbeitung dieses Dokuments besorgt hat, ist glücklich, es den Bischöfen und allen für die Heranbildung der Priesterkandidaten Verantwortlichen in die Hand geben zu können, und hofft, ihr Beitrag zu dieser schwierigen Aufgabe, noch dazu auf diesem delikaten und grundlegenden Gebiet, möge freundlich aufgenommen, verantwortungsbewusst überdacht und, mit der Gnade Gottes, erfolgreich in die Tat umgesetzt werden zum Segen für die Kirche.

Rom, am Gründonnerstag, 11. April 1974.

G. M. Kard. Garrone,
Präfekt
+ Joseph Schröffer,

Sekretär

EINLEITUNG

Anlass und Natur dieser Leitgedanken

1 Die hier angebotene Handreichung bringt keine festen Normen, sondern Orientierungshilfen oder allgemeine "Leitgedanken" über die Erziehung zum priesterlichen Zölibat; Hinweise, die in ihrem Kern für alle sozialen Verhältnisse gelten, aber doch pädagogisches Geschick verlangen, um in den einzelnen Fällen verwirklicht zu werden. Sie entspricht einer klaren Anweisung der Enzyklika "Sacerdotalis caelibatus", die das Erscheinen näherer Instruktionen wünscht, um allen denen eine angemessene Hilfe zu bieten, die in der Kirche mit der schweren Aufgabe betraut sind, die zukünftigen Priester vorzubereiten, den priesterlichen Zölibat zu leben (1).

Das Dokument fügt sich in das derzeitige Leben der Kirche ein und hat zum Ziel die Heranbildung zum Zölibat, verstanden als Gabe des Heiligen Geistes, die in Freiheit angenommen wird; in keiner Weise will es den Wert von Lebensformen und erzieherischen Anleitungen herabsetzen, die in den Ostkirchen im Gebrauch sind.

Der Zölibat ist ein "kostbares Geschenk", das Gott aus Freigebigkeit denen macht, die er ruft; gleichwohl haben diese die Pflicht, die günstigen menschlichen Bedingungen zu setzen, damit dieses Geschenk fruchtbar werden kann (2). Desgleichen wird es Aufgabe der Erzieher sein, bei den Alumnen die Wertschätzung der Gabe des Zölibats zu fördern, die Bereitschaft, ihn anzunehmen, das Erkennen seines Vorhandenseins und seine Verwirklichung im eigenen Leben.

Besondere Absicht dieser Leitgedanken

2 Die Erziehung der Geschlechtlichkeit - gleichgültig, welchen Stand der junge Mensch anstreben mag, den ehelichen oder ehelosen - ist ein schwieriges und delikates Problem, vor allem in der heutigen sozialen und kulturellen Umwelt. Dieses Problem gewinnt eine besondere Bedeutung in der ganzheitlichen Heranbildung der Kandidaten zu einem gottgeweihten Leben.

Wie die Bischofssynode von 1971 betont, "ist in der Welt von heute der Zölibat von allen Seiten durch besondere Schwierigkeiten bedroht, die im übrigen die Priester schon öfters im Laufe der Jahrhunderte erlebt haben (3)". In der Tat „muss man zugeben, dass der Zölibat als Gabe Gottes nicht beobachtet werden kann, wenn der Kandidat nicht in angemessener Weise darauf vorbereitet worden ist." (4)

Die Heranbildung zum gottgeweihten Zölibat stellt eine unabweisbare Pflicht für die Erzieher dar, sei es in der Gemeinschaft der Familie und der Pfarrei, sei es in der Gemeinschaft des Seminars, denn ihnen obliegt zum großen Teil die Verantwortung für die Erziehung der Kandidaten zum kirchlichen Leben.

Das Problem der Zölibatserziehung wird hier hauptsächlich unter seinem menschlichen Aspekt im Licht der Erziehungswissenschaft betrachtet; dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass dieses Problem nicht einfach auf der natürlichen Ebene gelöst werden kann. Auch bei den besten Anlagen seitens des Kandidaten und den größten Anstrengungen seitens der Erzieher ist es unbestreitbar, dass der göttlichen Gnade eine grundlegende und unersetzliche Rolle zukommt, wie die einschlägigen und eindeutigen biblischen Aussagen bekunden (Ps 126, Mk 4, 26-29; 10, 27; Lk 1, 37; Joh 15, 5; 1 Kor 3, 6; Gal 5, 22-23; Phil 4, 13); ebenso unverzichtbar bleibt die treue Beobachtung "jener asketischen Regeln, die durch die Erfahrung der Kirche verbürgt sind und unter den heutigen Verhältnissen nicht weniger notwendig sind (5)".

Die jungen Männer müssen davon überzeugt sein, dass sie ihren schwierigen Weg nicht durchhalten können ohne eine besondere Aszese, die höher stehen muss als die den anderen Gläubigen abverlangte, eine eigene Aszese für die Anwärter auf das Priestertum (6).

Schon in den Jahren des Seminars sollen sie mit allen Opfern und aller Liebe, die ihnen die Gnade eingibt, darauf bedacht sein, die vertraute Freundschaft mit Christus zu pflegen und sein unerschöpfliches und beglückendes Geheimnis zu erforschen; sie werden sich einen immer tieferen Sinn für das Geheimnis der Kirche erwerben, ohne den ihre Lebensform Gefahr liefe, haltlos und sinnlos zu erscheinen (7).

Gründe für eine ständige Neubesinnung

3 Das Problem hat immer existiert, aber es hat in unseren Tagen eine besondere Zuspitzung und erhöhte Aktualität gewonnen auf Grund einer Vielzahl von Faktoren und Motiven, von denen folgende hervorgehoben seien:

- Der priesterliche Zölibat ist im Laufe der geschichtlichen Entwicklung in unterschiedlichen Formen gelebt worden. Er muss also als Heilszeugnis den Menschen verschiedener Epochen nach ihren jeweiligen geistlichen Bedürfnissen dargeboten werden.

- Die Wissenschaften vom Menschen, näherhin die Pädagogik, Psychologie und Soziologie, befinden sich in einem Stadium ständiger Vertiefung und auf der Suche nach neuen methodischen Formen, sei es in der Theorie oder in der Praxis (8).

- Die Priesterkandidaten selber bekunden neuerdings eine wachsende seelische Sensibilität: immer mehr lehnen sie die herkömmlichen konventionellen Fesseln ab, um sich in die allgemeine Linie des Menschseins einzureihen; sie verlangen ein Maximum an freier Entscheidung und Verpflichtung, wenn sie sich den Idealen des Evangeliums zuwenden.

Angesichts dieser Tatsachen muss sich der Erzieher bemühen, den heutigen Verhältnissen gerecht zu werden und die Zeichen der Zeit in der menschlichen und christlichen Gesellschaft von heute zu verstehen.

Eine ständige periodische Erneuerung ist eine Notwendigkeit für alle menschlichen Institutionen, die ewige Werte vertreten und nicht der Ausdruck einer bloß relativen Wahrheit sind. Die Werte des Priestertums müssen, gerade weil sie ewig und unvergänglich sind, in den zeitlichen Zusammenhang einer Kirche aufgenommen werden, die zum auferstandenen Herrn auf dem Wege ist; sie erfordern neue Ausdrucksformen, die der heutigen Zeit angemessen sind. Daher muss die Erziehung die jungen Leute anleiten, die gleichen priesterlichen Werte zu leben, aber in zeitgemäßen Formen.

Abstimmung auf die örtlichen Verhältnisse der kirchlichen Regionen

4 Die Erziehung zum Zölibat kennt nicht nur Anpassung an die verschiedenen Kulturen und Epochen, sondern auch an die besonderen Bedingungen der örtlichen Kirchen. Das verschiedene kirchliche Milieu zwingt zu einem eigenem Lebensstil in ganz neuen psychologisch-anthropologischen Perspektiven und auch zu einem entsprechenden Stil der Verkündigung. Die Seminarerziehung muss deshalb in ernster Überlegung und in verantwortbarer Weise die erzieherischen Richtlinien suchen, die dem örtlichen Milieu am meisten entsprechen, nach Normen, die von den Bischofskonferenzen ausgearbeitet werden. Analog dem Priestertum selbst ist ja auch der priesterliche Zölibat eine Weihe an Gott zum Besten des Volkes, zu dessen Dienst der Priester gesandt ist (9).

Diese Leitgedanken für die heutige Zeit sollen daher keineswegs die erzieherische Verantwortung der Ortskirchen mindern; sie sollen im Gegenteil daran erinnern, dass es Sache dieser kirchlichen Gemeinschaften ist, sich Rechenschaft zu geben über die eigenen geistlichen Bedürfnisse, über den für unsere Zeit sinnvollen kirchlichen Lebensstil und die hierfür nötigen erzieherischen Maßnahmen der örtlichen Seminaren. Jedes einzelne Presbyterium muss durch Betrachtung der Worte des Herrn den Plan Gottes erforschen und die Folgerungen ziehen, die auf die eigenen konkreten Verhältnisse abgestimmt sind (10).

Beachtung der individuellen Eigenart der Priesterkandidaten

5 Die vorliegende Schrift legt ihre erzieherischen Anregungen in schrittweiser Entfaltung in verschiedenen Teilen vor. Der Erzieher möge sie in einer globalen Zusammenschau aufnehmen; zugleich möge er bedenken, dass trotz der großen bio-psychologischen und sozio-kulturellen Unterschiede bei den einzelnen Priesterkandidaten das Problem der Geschlechtlichkeit sich der Substanz nach für alle identisch darstellt, unabhängig von den speziellen Lebensverhältnissen.

Dieser allgemeine Charakter des Problems legt generelle Richtlinien für seine Lösung nahe, macht es aber gleichzeitig notwendig, für deren Anwendung nach Methoden zu suchen, die auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestimmt sind, und die Schwierigkeiten der Zielsetzung und Auswahl zu lösen, wenn individuelle Abweichungen vom Normaltyp vorliegen, ganz besonders bei den eigentlichen atypischen Fällen oder echten Fehlentwicklungen der Persönlichkeit.

Diese Orientierungshilfen sind für die Erziehung normaler Personen gedacht, wie es die Priesterkandidaten sein sollen. Bei größeren oder geringeren Abweichungen werden spezielle Maßnahmen und besondere Lösungen notwendig sein; aber in solchen Fällen ist es Pflicht, den Kandidaten ganz klar zu sagen, dass der kirchliche Stand für sie nicht das Richtige ist.

I. TEIL: DER ZÖLIBAT IM HEUTIGEN PRIESTERLEBEN: Zwei authentische Formen christlichen Lebens

6 Ehe und Zölibat sind zwei Formen authentischen Christselns. Beide verwirklichen auf ihre spezifische Weise die Berufung des Christen (11).

Das ehelose Leben für das Himmelreich (Mt 19, 12) ist ein Geschenk, das Jesus Christus seiner Kirche gemacht hat. Es ist nicht ein Charisma, das wesentlich und ausschließlich zum Priestertum gehört; es ist also nicht das notwendige und einzige Berufungsmerkmal des Priesters. Es kann im Rahmen der Kirche von Personengruppen gelebt werden, die in verschiedenen Formen zur Verwirklichung der evangelischen Tugenden berufen sind.

Der Zölibat bildet also ein Zeichen, das unter die anderen vom Evangelium empfohlenen Werte einzuordnen ist. Gewählt und gelebt um des Himmelreichs willen, ist er aufs engste mit den anderen evangelischen Räten verbunden, der Armut und dem Gehorsam; tatsächlich sind diese Tugenden, zusammen betrachtet, eng miteinander verknüpft und ergänzen sich gegenseitig und drücken so eine Lebensform aus, die ganz im Evangelium verwurzelt ist.

1. DER ZÖLIBAT IM LEBEN DER KIRCHE

Sinn des Weihesakramentes

7 Die Sakramente Taufe und Priesterweihe geben, durch das österliche Geheimnis des Herrn, Anteil am Priestertum Christi.

Das Weihesakrament ist Teilnahme an der Funktion des „Hauptes“, die Christus als Hohenpriester eigen ist, verleiht also das Amtspriestertum, das sich wesentlich, nicht nur dem Grade nach, vom allgemeinen Priestertum unterscheidet, das in der Taufe verliehen wird (12); es macht die Priester zu "Amtsträgern" d. h. Stellvertretern Jesu Christi als Haupt der Kirche, und gibt ihnen Anteil an der Autorität, mit der er selbst seinen mystischen Leib zum Wachsen bringt, heiligt und leitet (13).

Die Priester sind "kraft der Salbung des Heiligen Geistes mit einem besonderen Prägemal gezeichnet, das sie dem Priester Christus gleichförmig macht (14) ". Sie sind, wie Christus auf Grund seiner Liebe, für das Heil des Gottesvolkes gesandt, sind gerufen, die Menschen mittels der kirchlichen Gemeinschaft, die sich auf das Wort Gottes und die Eucharistie gründet, zu einem immer reicheren und tieferen Leben im Geiste Christi zu führen, um immer klarer seine Auferstehung zu bezeugen.

Priestertum und Leben nach dem Evangelium

8 Die sittlichen Haltungen des Evangeliums zeichnen sich gleichzeitig als Imperative und als Gnadengeschenk in die Weihe des Priesters ein. Der Weihekandidat, der sich Christus dem Priester weiht, nimmt die evangelischen Verpflichtungen auf sich, verlängert gleichsam die Sendung Christi und bezeugt ihn durch ein Leben nach dem Evangelium.

Das Priestertum als Dienstamt verlangt jene Form von liebender Hingabe, die man die pastorale Liebe, die Liebe des Guten Hirten nennt: von ihr beseelt strebt der Priester danach, sein ganzes Leben für das Seelenheil der anderen hinzugeben. Das Priesteramt verlangt diese Liebe und vermittelt sie zugleich. Die evangelischen Tugenden stehen geradezu im Dienst dieser pastoralen Liebe.

Wenn es wahr ist, dass jeder Christ in Christus Gott geweiht und zum Dienst an den Brüdern verpflichtet ist, dann ist es nicht weniger wahr, dass die Weihe an Gott im Priestertum eine großmütigere und umfassendere Hingabe verlangt: gerade die Übung der evangelischen Tugenden ist die Antwort, die dem Ideal der priesterlichen Vollkommenheit am besten entspricht.

Das Wesen des Zölibats

9 Der Zölibat hat einen evident positiven Wert als totale Verfügbarkeit für den priesterlichen Dienst und als ungeteilte Ganzhingabe an Gott; er hat einen Zeichenwert als Bezeugung einer ganz besonderen Liebe zum Reiche Gottes.

Zur Begründung des Zölibats sagt das eben erwähnte Schlussdokument der Bischofssynode: „Der Zölibat der Priester steht in voller Übereinstimmung mit dem Ruf zur apostolischen Nachfolge Christi und auch mit dem bedingungslosen Ja des Gerufenen, der sich dem pastoralen Dienst widmet (15) ”. Desgleichen wird betont: Wenn der Zölibat im Geist des Evangeliums gelebt wird, in Ge- bet und Wachsamkeit, in Armut, Freude, Verachtung irdischer Ehren und in brüderlicher Liebe, ist er ein Zeichen, das nicht lange verborgen bleiben kann, sondern in wirksamer Weise auch den Menschen unserer Zeit Christus ins Bewusstsein ruft” (16).

Der Zölibat geht über die gewöhnlichen Wege hinaus und verlangt einen totalen Einsatz der Person. Man kann ihn nur durchhalten im Zusammenwirken mit der Gnade Gottes; er ist nicht so sehr zu verstehen als Kirchengesetz denn als eine ”Qualifikation”, die den Rang einer öffentlichen Selbsthingabe vor dem Angesicht der Kirche erhält.

Der Zölibat ist also eine Darbringung, eine Hingabe, ein wahres und eigentliches Opfer nicht nur persönlicher, sondern auch öffentlicher Natur; er ist nicht einfach nur ein Verzicht auf ein Sakrament, nämlich die Ehe, um des Himmelreichs willen. „Der Kandidat muss diese Lebensform verstehen nicht als eine Auflage von außen her, sondern vielmehr als den Ausdruck seiner eigenen freien Hingabe, die von der Kirche durch den Bischof angenommen und bestätigt wird (17)."

Der Zölibat in apostolischer Sicht

10 Jesus Christus hat ohne Zweifel allen seinen Jüngern die höchsten Anforderungen für seine Nachfolge vor Augen gestellt. In diesem Zusammenhang hat er eine noch größere Bereitschaft von denen verlangt, die er zum apostolischen Dienst berufen hat. Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes verließen alles, um Christus zu folgen (Mk 1, 16-20), der selbst das ehelose Leben um des Himmelreichs willen hoch erhoben hat (Mt 19, 12). Der Apostel Paulus lebte diesen Radikalismus des Evangeliums und betrachtete ihn als göttliches Geschenk, das es erlaubt, sich leichter dem Herrn mit ungeteiltem Herzen zu weihen.

Auf diese Weise erhöht sich bei den Dienern der Kirche die Verfügbarkeit für den Dienst am Evangelium, steigert sich ihre Zeugniskraft und bleibt die bleibt die Freiheit gewahrt, gegen jede Art von Unterdrückung aufzutreten. Der Zölibat ermöglicht die Teilnahme an der Kenose, der Selbstentäußerung Christi, seiner Liebe bis zum äußersten, wie sie im österlichen Geheimnis sichtbar wird.

Eingefügt in das Leben des Priesters ist der Zölibat zwar keine absolute Bedingung, weder für die Existenz noch für die Ausübung des Priestertums, ihm wohl aber höchst angemessen da er das Wesen des Priesters klarer zum Ausdruck bringt und sein Wirken erleichtert und intensiviert. Er verwirklicht die ganze Tiefe der Weihe an Gott, der Gleichförmigkeit mit Christus, der Hingabe an die Kirche, alles typische Kennzeichen der priesterlichen Lebensform; er verkörpert das Ideal, auf das das besondere priesterliche Prägemal hinweist.

Der Zölibat in eschatologischer Sicht

11 Der Zölibat ist geeignet, die Liebe des Priesters anzuregen und zu vermehren: er entfaltet und nimmt in etwa schon das zukünftige Leben in Christus nach der Auferstehung voraus, das eigentliche Endziel des Priestertums (18) .

Im Zölibat, den der Priester um des Himmelreichs willen bejaht und lebt, antwortet er dem Aufruf, Christus gleichförmig zu werden, und antizipiert bereits die zukünftige Welt, die durch den Glauben und die Liebe schon gegenwärtig ist. So ist diese Ganzhingabe ein Zeichen der eschatologischen Hoffnung, ein prophetisches Zeichen der künftigen Wirklichkeit, wo alle Menschen, geeint in Christus durch den Heiligen Geist, nur noch zur Ehre des himmlischen Vaters leben.

Übrigens hat jeder Christ die Pflicht, in der Welt für die Liebe Christi Zeugnis abzulegen, und das ganze christliche Leben, vom Martyrium bis zum Ordensleben, vom Priestertum bis zur Ehe, ist eschatologisch geprägt.

Genau genommen verleiht nicht der Zölibat dem Priestertum seinen eschatologischen Sinn. Diesen besitzt es schon von sich aus, wie ihn auch die anderen Stände und Berufe des christlichen Lebens von sich aus und in sich ergänzender Weise besitzen. Auf jeden Fall fügt sich der Zölibat gut in den eschatologischen Sinn des Priestertums und verleiht ihm, unter bestimmten Gesichtspunkten, eine einzigartige Steigerung und Erhöhung (19) ; er bietet dem Priester die Möglichkeit, sich in reicherem Maße mit der vollkommenen Liebe des auferstandenen Christus zu identifizieren (20) .

2. DER ZÖLIBAT DES PRIESTERS HEUTE

Problematik des priesterlichen Zölibats

12 Heute wird oft gefragt, ob man nicht ein guter Priester bleiben könne, ohne im Zölibat zu leben. Man muss zugeben, dass der Zölibat eine Wahl und Entscheidung ganz besonderer Art in das menschliche und christliche Leben einführt und den Verzicht auf eine Reihe von Werten einschließt. Es ist durchaus denkbar, dass der Stand der Ehe in bestimmten Verhältnissen den Zugang zum Priesterberuf in etwa erleichtern könnte und sogar bei manchem Priester eine größere Ausgeglichenheit in seinem Gefühls- und Gemütsleben begünstigen könnte. Das ändert jedoch nichts an dem Sachverhalt, dass der Zölibat in sich betrachtet der Sendung des Priesters mehr angemessen und dass der damit verbundene Verzicht sich in die erlösende Liebe des Guten Hirten umwandeln lässt.

Es gibt keinen Stand oder Beruf, der nicht den Verzicht auf gewisse Werte mit sich bringt, nicht nur, weil er von Menschen mit all ihren Begrenztheiten gelebt wird, sondern auch, weil sich in ihm die Gnade des österlichen Erlösungsgeheimnisses des Herrn auswirken und darstellen lassen muss.

Ob es vorteilhaft ist, den Zölibat mit dem Amt des Priesters zu verbinden oder bis zu einem gewissen Grad eine Trennung der beiden vorzunehmen, ist nicht nur eine disziplinäre Entscheidung: vielmehr handelt es sich um eine pastorale Entscheidung der Kirchenleitung die sich weder ausschließlich auf das Licht des Glaubens noch allein auf soziologische Untersuchungen gründet, sondern die sich aus der harmonischen Zusammenschau beider Faktoren ergeben muss (21). Mitentscheidend ist sowohl die Vertiefung der priesterlichen Werte, die aus einem lebendigen Glaubensleben fließen, als auch die aufmerksame Beobachtung aller konkreten Erfahrungen im Priesterleben.

Beweggründe für den Zölibat

13 Für ihre Zölibatsforderung hat die Kirche sehr tiefe Begründungen. Solche sind: die Nachahmung Christi, die Darstellung Christi in seiner Funktion als Haupt der Gemeinschaft, die volle Verfügbarkeit für den kirchlichen Dienst als unerlässliches Mittel für den ständigen Aufbau der Kirche (22). Nicht zu ihren Gründen gehören die Idee der "rituellen Reinheit" oder der Gedanke, man könne nur auf dem Wege des Zölibats zur Selbstheiligung gelangen.

Unter den geschichtlichen Motivationen des priesterlichen Zölibats können auch solche sein, die sich im Laufe der Zeit als hinfällig erwiesen haben; aber das darf kein Anlass sein, die Zusammengehörigkeit von Zölibat und Priestertum zu leugnen. Denn hier handelt es sich um eine lebensvolle Erfahrung der Kirche, die nicht mit dieser oder jener Begründung verknüpft ist, sondern mit der grundlegenden Wirklichkeit des Christentums: mit der Person Jesu Christi selbst, der gleichzeitig Priester und ehelos war (23) .

So wie ihn die Kirche versteht, ist der Zölibat nicht ein äußerliches, unpersönliches Element, sondern eine unerlässliche Komponente des priesterlichen Lebens und Dienstes. Seinem Ursprung nach ist er immer ein Geschenk, das von oben verliehen wird; ein Geschenk jedoch, das den ganzen Priesterberuf durchdringt und einen Wesensbestandteil und eine grundlegende Qualifikation der priesterlichen Existenzform darstellt.

Verhältnis von Zölibat und Priestertum

14 Die Zusammengehörigkeit von Zölibat und Priestertum gewinnt an Überzeugungskraft, je mehr man den christologischen, ekklesiologischen und eschatologischen Aspekt des Zölibats ins Auge fasst. Deswegen spricht das II. Vatikanische Konzil von „vielfacher Übereinstimmung", unter Verweis auf die Weihe und Sendung des Priesters im Rahmen des Mysteriums Christi und der Kirche (24). Die oben erwähnte Bischofssynode bestätigt das geltende Zölibatsgesetz „auf Grund der innigen und vielfachen Übereinstimmung zwischen dem Hirtenamt und dem ehelosen Leben (25)".

Der Priester ist Vertreter der Person Christi, auf Grund seiner Weihe dazu abgeordnet, nicht nur das Volk Gottes aufzubauen durch die Verwaltung des Wortes Gottes und der Eucharistie, sondern auch in einzigartiger und sakramentaler Weise die Bruderliebe zu offenbaren und dadurch gleichzeitig dem Aufbau des Gottesreiches zu dienen.

Die Einladung Jesu an die Apostel, alles zu verlassen, schloss neben der freien Verfügbarkeit für das Reich Gottes auch die Perspektive ein, in die Gemeinschaft der Apostel einzutreten, die die Möglichkeit bot, tiefe und heilsame personale Erfahrungen untereinander zu machen.

Der priesterliche Zölibat ist ein Eingehen in den Zölibat Christi. Der neuartige Charakter des christlichen Priestertums besteht in der engen Teilnahme an der „Neuheit Christi (26)"; nur in einer solchen vom Glauben getragenen Schau entfalten die Gründe für den Zölibat aus der christologischen, ekklesiologischen und eschatologischen Sicht ihre volle Kraft (27).

Der Priester, der wahrhaft und wirklich am einzigen Priestertum des Erlösers teilnimmt, hat in ihm auch „das unmittelbare und höchste Ideal" seines Lebens, das, gerade als Hochziel, offen ist für alle Formen des Heroismus, für die schwersten persönlichen Leistungen (28). Ihm entspringt der Ansporn und das Verlangen, im Vollzug des eigenen Priestertums den jungfräulichen Stand des Herrn und seine Lebensform in möglichst vollkommener Gleichförmigkeit darzustellen und nachzuleben (29) .

Heutige Einwände gegen den Zölibat

15 Wie es scheint, wird der priesterliche Zölibat von der heutigen soziologischen Umwelt nicht begünstigt (30). Die Ideen befinden sich in einem radikalen Wandlungsprozess und die Gesellschaft wirkt nicht zugunsten einer Dauerhaftigkeit des Berufes, sondern eher im entgegengesetzten Sinn. Das alles bewirkt, dass der Zölibat in besonderer Weise der Krise ausgesetzt ist. Er scheint heute, wie einige meinen, den Auftrag des Priesters an die Armen und Benachteiligten in etwa zu behindern. Der Priester möchte eher in die allgemeine Lebensweise der Menschen eingereiht werden ohne Privilegien, Ausnahmen und Einschränkungen; er möchte die grundlegenden menschlichen Lebenserfahrungen teilen (Arbeit, Unsicherheit, Wohnen, Liebe, Kultur, Freizeit usw.); besonders fühlbar macht sich das Verlangen nach menschlicher Liebe.

Der priesterliche Zölibat, an sich schon für viele nicht leicht verständlich, erweist sich als besonders schwierig, wenn er von Personen gelebt wird, die sich in ihrer freien Selbstbestimmung eingeschränkt und in ihren Ansprüchen verkannt glauben. In solchen Situationen suchen die Betreffenden instinktiv, als Kompensation durch andere gefühlsmäßige Bindungen, auch verbotene, sich zu entschädigen.

Die Suche nach affektiven Ersatzformen kann auch durch die einfache Tatsache begünstigt werden, dass die Frauen, mit denen der Priester kraft seines Amtes zu tun hat, dazu neigen, sich ihm anzuvertrauen, auch deshalb, weil ihnen sein eheloser Stand Vertrauen erweckt; unbewusst suchen sie manchmal bei ihm männlichen Rückhalt. Außerdem ist bei dem freien Verkehr der Geschlechter untereinander die Lage noch schwieriger geworden angesichts der Gefahren, denen besonders in der heutigen Gesellschaft die sittliche Haltung der Priesterkandidaten ausgesetzt ist (31) .

Voraussetzungen für die Erziehung zum Zölibat

16 Der Zölibat in heutiger Sicht schließt offenbar zweierlei ein: das Recht, seine affektive Reife als Mensch zu erlangen, und zugleich den Willen zur Enthaltsamkeit als Ausdruck apostolischen Liebe (32). Eine Enthaltsamkeit, die nicht innerlich von der apostolischen Liebe beherrscht ist, entspricht in keiner Weise dem Geist des Evangeliums und auch nicht der eigentlichen Absicht der geweihten Person, die doch den Zölibat gewählt hat, um auf die intensivste und ursprünglichste Weise die ekklesiale Liebe zu leben und anderen mitzuteilen.

Der Zölibatär, der in seinem emotionalen und geistlichen Leben gereift ist, fühlt sich keineswegs einer äußeren Zwangsverpflichtung durch das kanonische Gesetz unterworfen und hält auch die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen nicht für Vorschriften, die ihm von außen her auferlegt sind.

Die zölibatäre Keuschheit ist nicht so sehr eine Pflicht, die man dem Herrn ableistet, als vielmehr ein Geschenk, das man von seiner erbarmenden Güte entgegennimmt. Wer in diesen Stand eintritt, muss sich bewusst sein, dass er nicht nur eine Last auf sich nimmt, sondern vor allem eine Gnade empfängt, die ihn erlöst und freimacht.

Das Ziel der Seminarerziehung muss sein, einen reifen, gewissenhaften, verantwortlichen Mann heranzubilden, einen sittlich gefestigten und treuen Priester. Aber die heutigen Verhältnisse in der Welt erleichtern nicht gerade eine solche Reifung und Vervollkommnung; dieser negative soziale Umweltfaktor legt den Priesterkandidaten eine höhere persönliche Verantwortung auf. Die Aufgabe, ihre Berufung voll zu verwirklichen, fällt im Grunde ihnen selber zu.

II. TEIL: ZIELE DER SEMINARERZIEHUNG: Die dreifache Aufgabe der Seminarerziehung

17 Eine sinnvolle Erziehung zum Zölibat wird die Ziele vor Augen haben, zu denen die ganze Erziehung des Seminars hinführen soll. In diesen Rahmenplan sind die besonderen Forderungen und Grundzüge der Heranbildung zum priesterlichen Zölibat einzubauen. Sie zu umreißen und mit den entsprechenden erzieherischen Anregungen zu wegweisenden Leitgedanken zusammenzufassen, ist der Sinn dieser Handreichung.

Die Erziehung im Seminar hat die Aufgabe, Seelenhirten heranzubilden nach dem Vorbild unseres Herrn Jesus Christus, des Lehrers, Priesters und Hirten (33). Dieses breitgefächerte Erziehungsziel verlangt, dass auch bei den Alumnen gleichzeitig die Heranbildung zum Menschen, Christen und Priester gefördert wird (34). Die programmatischen Erziehungsziele für die Priesterkandidaten sind daher drei und entsprechen der Notwendigkeit, Persönlichkeiten heranzubilden, die zugleich ganze Menschen, Christen und Priester sind.

Die Erziehungsbemühungen müssen daher immer darauf achten, dass zwischen diesen drei Bildungsebenen ein ausgewogenes Gleichgewicht herrscht, ohne Überbetonung der einen auf Kosten der anderen beiden, und keine Entfremdung eintritt zwischen der Ebene des Christen und der des Menschen und ebenso wenig zwischen der Ebene des Priesters und der des Christen.

Bei diesen drei Komponenten einer menschlich-christlich-priesterlichen Erziehung, die zu einer Einheit zusammengefügt werden sollen, müssen unbedingt deren Wesensunterschiede herausgehoben werden sowie auch ihre gegenseitige Ergänzung und Wechselwirkung. Wenn in der Tat die Bildung zum Menschen Bedingung und Postulat für das Leben als Christ ist, dann ist die Gnade die dynamische Kraft zur Verwirklichung des vollen Menschseins.

1. HERANBILDUNG ZUR MENSCHLICHEN REIFE

Der Begriff „menschliche Reife"

18 Das spezielle Problem des priesterlichen Zölibats muss eingefügt werden in das fundamentale Problem der affektiven Reife des jungen Menschen, ja in das noch umfassendere und wesentlichere der seelischen und sittlichen Reife oder, noch einfacher, der menschlichen Reife, als Ausdruck der reifen Persönlichkeit, gekennzeichnet durch die Harmonie all ihrer Anlagen und die Integration ihrer Strebungen und ihrer Werte.

Wie von den heutigen Psychologen betont wird, ist die Reife nicht eine einfache Qualität; sie birgt viele Aspekte in sich, die recht unterschiedlich entwickelt sein können und daher im einzelnen beobachtet werden müssen, wenn es darauf ankommt, die Kriterien zu bestimmen, an denen man die Reife messen will. Die Reife erscheint also eher als eine globale Verfassung, die sich in einer typischen Verhaltensweise bemerkbar macht, in einem eigenen Stil, der sich zum Teil objektiven Maßstäben entzieht, aber sich doch auf charakteristische Weise auswirkt.

Die Reife ist eine komplexe Realität und nicht leicht in ihrem vollem Wesen zu beschreiben. Immerhin ist man sich einig, im allgemeinen jemanden als reif zu beurteilen, der seine Berufung als Mensch verwirklicht hat: in anderen Worten, einen Menschen, der sich die ausdauernde Fähigkeit erworben hat, sich in freier Entscheidung zu betätigen; der seine voll entfalteten menschlichen Anlagen mit guten sittlichen Gewohnheiten verbunden hat; der sich eine leichte und bleibende Selbstkontrolle seines Gefühlslebens angeeignet hat, mit der Integration seiner emotionalen Kräfte, die im Dienst der rationalen Verfügbarkeit stehen müssen; der es liebt in der Gemeinschaft zu leben, weil er offen ist für die Hingabe seiner selbst an die anderen; der sich mit Ausdauer und klarem Sinn für die Arbeit in seinem Beruf einsetzt; der zeigt, dass er sein Verhalten nach der freien Entscheidung seines persönlichen Gewissens bestimmt; der die Freiheit besitzt, eine Erfahrung auszukundschaften, zu erforschen und auszuwerten d. h. die Vorgänge so umzuwandeln, dass sie Erfolg für die Zukunft versprechen; der bewährte Mensch, der seine Kräfte und Anlagen, besonders die rein menschlichen, zu einer Entwicklungsstufe geführt hat, wie man sie erwarten darf.

Menschliche Reife als Erziehungsziel

19 Die Erziehung zielt auf das "Wachsen" des jungen Menschen in den verschiedenen grundlegenden Dimensionen (körperliche, geistige, sittliche, soziale, religiöse Erziehung) und in den darauf aufbauenden (künstlerische Erziehung, berufliche Erziehung sowohl im Sinn der speziellen beruflichen Ausbildung als auch der Erziehung zu einer bestimmten sozialen Rolle), aber immer in der Weise, dass der ganze Komplex der erzieherischen Arbeit koordiniert wird auf das Ganze der bio-psycho-sozialen Persönlichkeit des Jugendlichen in seiner einmaligen unverwechselbaren Individualität.

Das "Erzogen-sein" des Menschen besteht im freien, bewussten und verantwortlichen Wollen des Guten unter vollem Einsatz der eigenen psychologischen und geistig-sittlichen Persönlichkeit. Diese menschliche Reife wird vom Konzil als Ziel der Erziehung vor Augen gestellt; auf sie hin herangebildet zu werden ist das unveräußerliche Recht aller Menschen (35). Noch mehr gilt das von den Priesterkandidaten im Seminar; denn Gott beruft den wirklichen, leibhaftigen Menschen, und wo kein Mensch ist, gibt es auch keinen Berufenen! (36)

Die Erziehung gibt also dem Kandidaten die Möglichkeit, sich voll und ganz als Mensch zu entfalten; die religiöse Zielsetzung soll den Menschen nicht ersetzen, sondern ihn allmählich durchdringen und läutern.

Die affektive Reife des Menschen

20 Die Reife muss unter all ihren Aspekten erreicht sein, mit Einschluss und besonderer Beachtung des emotionalen Lebens. Die Rolle des Gefühlslebens wird in der Tat als grundlegendes Element im Aufbau der Persönlichkeit betrachtet, weil es in besonderer Weise zu ihrer Integration beiträgt durch die Entfaltung der affektiven und sexuellen Beziehung zum Mitmenschen, durch die verantwortliche Übernahme einer Arbeit oder eines Berufes, durch die Pflege freundschaftlicher sozialer Beziehungen. Gerade weil das emotionale Leben einen Grundpfeiler der Person bildet, muss die affektive Reife als unerlässliche Bedingung für das Optimum an Persönlichkeitsbestätigung gelten.

Als Komponente des Seelenlebens wird das Gefühlsleben verschieden verstanden: als der ganze Komplex der äußeren und inneren Reaktionen auf das Bedürfnis nach Befriedigung, als Fähigkeit, Gefühle und Gemütsaufwallungen zu verspüren, als Fähigkeit zu lieben, oder als die Anlage, interpersonale Beziehungen herzustellen.

Eine gut integrierte Persönlichkeit lässt der geistigen Natur die Oberhand über die impulsive Natur behalten; je weniger dagegen eine Person integriert innerlich ausgeglichen ist, desto größer ist die Kraft des Antriebs, die die Macht der Vernunft überwältigt. Eine Erziehung, die den Integrationsprozess einer Persönlichkeit fördern will, muss daher in dieser vor allem die Fähigkeit heranbilden, das emotionale Gleichgewicht zu bewahren.

Auf das engste mit dem emotionalen Faktor verbunden ist das Problem der Anpassung, das darin besteht, mit heiterer Gelassenheit die eigenen Probleme anzugehen, die Verantwortung dafür zu übernehmen, Lösungen für auftretende Schwierigkeiten auszuarbeiten; die Unfähigkeit zur Anpassung hingegen bringt das Vorherrschen negativer Gefühlserlebnisse mit sich: Gefühle der Feindseligkeit, der Abhängigkeit, sozialer Ungleichheit und gleichzeitig das Vorherrschen nicht bewältigter Probleme.

Die sexuelle Reife des Menschen

21 Im Zusammenhang mit dem affektiven Leben gewinnt die „sexuelle Dimension" eine besondere Bedeutung. Auch wenn man es nicht im gleichen Sinn versteht, kann man doch das enge Band zwischen Gefühlsleben und Sexualität nicht leugnen, ebenso wenig wie ihre gegenseitigen Beziehungen bei der Integration der Persönlichkeit. Wenn man von einer reifen Person spricht, muss der Geschlechtstrieb zwei typische Formen der Unreife überwunden haben: die autoerotische Fixierung auf sich selbst und die homoerotische Neigung zum gleichen Geschlecht, und muss zur Heterosexualität gelangt sein. Das ist ein erstes Stadium der geschlechtlichen Entwicklung, aber ebenso notwendig ist ein zweites Stadium: die Liebe muss ein gegenseitiges Geschenk werden, nicht ein einseitiges Sich-selbst-Suchen.

Das Ergebnis einer solchen Entwicklung ist ein sexuelles Verhalten auf der eigentlich „menschlichen" Ebene, wodurch der einzelne sich selber besser versteht und einschätzt und eine höhere Auffassung von sich bekommt.

Die Sexualität ist als ein entscheidender Faktor der Persönlichkeitsreifung anzusehen. Die sexuelle Reife ist eine notwendige Durchgangsstufe, um auf die Ebene des psychologischen Erwachsenseins zu gelangen. Von daher ergibt sich die Notwendigkeit, die Sexualität richtig in das Gesamtbild der werdenden Persönlichkeit einzufügen.

Eine reife Sexualität mit den eben angeführten Grundzügen kann nicht ohne Kampf, ohne Verzicht und ohne Schwierigkeiten erreicht werden. Der junge Mensch, der sich der Reife entgegenstreckt, muss immer kämpfen, weil er jeden Augenblick eine Wahl zu treffen hat, eben zwischen der Befriedigung gewisser einander oft widerstrebender Triebe.

Das Problem der integrierten Sexualität

22 Das schwierigste Problem ist die adäquate Wertung der „integrierten Sexualität". Es kommt darauf an, die Sexualität als einen der menschlichen Werte zu betrachten und nicht als etwas Negatives oder als Hindernis für die Entfaltung der Person. Der innere Wert der Sexualität muss an ihrem rechten Ort in der Wertskala erfasst und angenommen werden; hier nimmt sie einen wichtigen Platz ein als „Ausdruckswert" und als "Integrationsfaktor".

Die reife Sexualität beinhaltet nicht nur die Annahme des integrierten Sexualwertes im Panorama der Werte, sondern auch die „Hingabefähigkeit" d. h. die Fähigkeit sich zu schenken, die Kraft zu altruistischer Liebe. Wenn sich diese Fähigkeit im rechten Maße entfaltet, wird die Person imstande sein, spontan Kontakte herzustellen, sich emotional zu beherrschen und sich ernsthaft einzusetzen.

Der Hingabefaktor der Sexualität äußert sich im lebendigen Bewusstsein des „einer für den andern dazusein". Daher ist die Fähigkeit sich hinzugeben nicht getrennt von der Fähigkeit aufzunehmen und zu empfangen; die Sexualität führt zu einem Leben gegenseitiger Beziehung, verlangt also die Fähigkeit sowohl zu geben als auch zu empfangen, die Neigung, angebotene Liebe in voller Antwortbereitschaft anzunehmen.

Selbstkontrolle und Selbstbestimmung des Menschen

23 Damit eine Person ihre Haltungen nutzbringend einsetzen kann, muss sie der Selbstkontrolle fähig sein. Was unter Kontrolle zu nehmen ist, ist der ständige Wechsel, wie er sich in jedem vollzieht in Gestalt von Sehnsüchten, Antrieben, Gedanken und Verhaltensgewohnheiten. In diesem Sinn bedeutet Selbstkontrolle soviel wie Selbstzucht, d. h. seine geistige Tätigkeit und sein Verhalten so zu ordnen, dass sie einem Freude, Glück und Wohlbefinden verschaffen.

Die dynamische Struktur der Persönlichkeit ist bestimmt von inneren Konflikten und Spannungen. Die Persönlichkeit erreicht ihre Reifung durch schrittweise und ständig voranschreitende Vereinigung gegensätzlicher Kräfte. Zwischen den Idealen einer Person und ihren Strebungen besteht eine Konfliktsituation; und gerade hier ist Selbstkontrolle notwendig, wenn man sich Festigkeit, Anpassung und Erfolg sichern will.

Selbstkontrolle besagt nicht farblosen Stillstand oder ein Fixiertsein in seinem persönlichen und sozialen Verhalten. Man kann in der psychischen Struktur des Menschen einen Antrieb zu einer gewissen Selbstüberschreitung feststellen, eine Kraft, die darauf hinzielt, durch bewussten Einsatz und persönliche Anstrengung den rein spontanen Entwicklungsgang oder den biologischen Wachstumsprozess zu überbieten.

Der Mensch wächst nicht nur und entwickelt sich nicht nur, sondern schreitet als selbstbewusstes und freies Wesen auch selber voran. Diese Kraft aber, die den Fortschritt erzeugt, ist nichts anderes als die ständige Aktuierung oder Ingangsetzung immer neuer Möglichkeiten, die im Menschen grundgelegt sind.

Der Prozess der Persönlichkeitsintegration realisiert sich durch den wiederholten Entschluss, gewisse Neigungen zu befriedigen und gewisse andere nicht zu befriedigen. Anders ausgedrückt, es handelt sich um eine Kanalisierung der Strebungen und aktiven Anlagen des Individuums. In der dynamischen Struktur des Menschen ist also schon ein „asketisches Verhalten" eingeschlossen, das einen eminent positiven Charakter hat.

2. HERANBILDUNG ZUR CHRISTLICHEN REIFE

Die christliche Dimension in der Erziehung

24 Die christliche Erziehung, auf die der Christ als Kind Gottes durch die Taufe ein Recht hat, muss den inneren Reifungsprozess der Person nicht nur in der menschlichen Dimension unterstützen helfen, sondern in erster Linie auch in der christlichen. Die christliche Reife vollzieht sich im schrittweisen Wachstum des Glaubens, in der Anbetung Gottes als Vater, besonders durch die Teilnahme am liturgischen Leben, durch immer größere Vervollkommnung des Lebens in Christus, im Einklang mit dem Wachstum seines Mystischen Leibes.

Auch wenn der Christ schon ein Leben in Christus führt, fühlt er sich doch nie geistig hinreichend umgewandelt: er muss das Geschehen der Schöpfung und Erlösung noch weiterführen in sich selbst, im Mitmenschen und in der irdischen Wirklichkeit. Jedenfalls nimmt man allgemein die Möglichkeit an, das Vorhandensein einer christlichen Reife zu bekunden und festzustellen.

Die Erziehung im Seminar muss die christliche Persönlichkeit des Kandidaten zur Reife bringen (37). Die Pädagogik in den Seminaren ist zunächst auf den Gesichtspunkt der Einheit ausgerichtet, auf das, was allen gemeinsam ist, und dann weiter auf den Gesichtspunkt der Verschiedenheit und Differenzierung (38) . In diesem Sinn darf die Seminarerziehung nicht gleichsam losgerissen und abgetrennt werden von der allgemeinen Erziehung des Christen; es gibt in der Tat nicht zwei Formen der Erziehung, sondern eine einzige und grundlegende, jene des Christen, auf der sich dann die Differenzierung zwischen der besonderen Berufung des Laien und der des Priesters vollzieht.

Reife, eine Forderung des Christseins

25 Menschliche Reife ist nicht erst eine Voraussetzung des Priesterstandes, sondern schon eine elementare Forderung christlichen Lebens. Die Geschichte gescheiterter Priester ist oft die Geschichte gescheiterter Menschen von Persönlichkeiten, die innerlich zerrissen sind statt integriert, bei denen man vergeblich nach dem reifen und ausgeglichenen Menschen suchen würde.

Das Christentum muss gewiss nach seiner transzendenten Dimension verstanden werden, aber auch nach der Dimension angehobener menschlicher Qualität, gerade heute, wo man besonders empfänglich ist für alles, was in der Linie der Entfaltung des vollen Menschseins liegt.

Die affektive Reife muss als das Ziel der persönlichen und sozialen Bemühungen um die ganzheitliche Entwicklung des Menschen gelten, zugleich als Vorzeichen und Verheißung einer reichen übernatürlichen Entwicklung, als Erlangung jener Reife christlichen Lebens, zu der der heilige Paulus die Epheser aufruft, sie sollen „zur vollen Mannesreife, zur voll verwirklichten Gestalt Christi gelangen" (Eph 4, 13).

Der Aufruf zur vollen Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit war schon immer in den Verlautbarungen des kirchlichen Lehramtes enthalten, ist aber neuerdings mit besonderem Nachdruck erhoben worden, im Einklang mit den Ergebnissen der Humanwissenschaften (39).

Die affektive Reife des Christen

26 Die affektive Reifung erfährt durch die christliche Erziehung eine starke Förderung, denn bei den Bedingungen, die anregend auf die Entfaltung des Gefühlslebens wirken, sind nicht nur die natürlichen Faktoren in Betracht zu ziehen, sondern auch die affektiven Rückwirkungen der übernatürlichen Tatbestände, wie das Eingesenktsein in das Leben Christi durch die Taufe, das Stehen unter dem Einfluss der Gaben des Heiligen Geistes, das Leben unter dem Anruf des Wortes Gottes.

Der Christ lebt in der Kirche, die ihrem Wesen nach eine brüderliche Gemeinschaft, ein Liebesbund ist, „eine Gemeinschaft des Lebens, der Liebe und der Wahrheit (40)". Hineingestellt in diese allseits aufgeschlossene Gemeinschaft der Kirche findet er reiche Möglichkeiten für die Ausweitung seiner Liebe in der Begegnung mit Gott und den Brüdern.

In der Lebensgemeinschaft mit Gott und dem Nächsten findet der Christ einen Frieden und eine Sicherheit, die bleibenden Bestand hat trotz aller möglichen Störungen, die von den Leidenschaften herkommen können. In der Tat zerstört ja das christliche Leben nicht die spontanen Reaktionen unserer Natur auf Gefahren noch die seelischen Fehlentwicklungen, die in der Kindheit erworben wurden oder von einer irrigen oder schlecht integrierten religiösen Erziehung herrühren.

Bei dieser Gelegenheit sei vermerkt, wie die christliche Pädagogik den einzelnen mächtig fördern kann in der positiven Annahme der eigenen seelischen Wirklichkeit mit dem ganzen Komplex von Faktoren, Anlagen, Mängeln und auch Unfähigkeiten. Die Annahme seiner selbst ist eine wesentliche Voraussetzung für den Prozess der personalen Reifung auf allen Ebenen; wenn man dagegen diese Annahme nicht positiv vollzieht, können sich Phänomene der Regression einstellen, die sich oft zu anormalen Verhaltensweisen und Ersatzhandlungen ausweiten können.

Die sexuelle Reife des Christen

27 Die christliche Pädagogik hat eine eigene Schau und Wertung der Sexualität, im Einklang mit der göttlichen Offenbarung. Sie betrachtet die Sexualität als Werk Gottes, als eine Wirklichkeit, die sich nicht im körperlichen Bereich erschöpft, sondern das ganze menschliche Wesen in Anspruch nimmt, eine Realität, die eine entscheidende Rolle spielt in der Reifung des Menschen von der physischen zur moralischen Person, und damit in der Entfaltung des Ebenbildes Gottes; eine Realität, die sich in personaler Begegnung verwirklicht. Es ist gerade dieses wechselseitige Verhalten einer Person zu einer anderen, wodurch die sexuelle Beziehung beim Menschen sich grundlegend unterscheidet von jener beim Tier.

Für die christliche Pädagogik ist die Liebe die Fähigkeit, sich dem Nächsten in hilfsbereiter Liebe zu öffnen, ist Liebe die Überwindung jeglicher Form von Selbstsucht, ist Liebe die Hingabe an den anderen zum Wohl des anderen, ist Liebe das aktive sich einreihen in das Gemeinschaftsleben. Die christliche Erziehungskunst weiß auch dass diese echte Liebe, zu der der Mensch berufen ist, sowohl in der Ehe als auch im Stand der Ehelosigkeit gelebt werden kann.

Die sexuelle Ergänzung in der Ehe ist unabdingbar notwendig für die affektive Entfaltung der Persönlichkeit, noch verwirklicht die Ehe aus sich selbst die harmonische Entwicklung des Gefühlslebens. Auf der anderen Seite ist der Mensch fähig, seine Sexualität zu sublimieren und seine Persönlichkeit zu ergänzen durch vielfache Formen nichtsexueller Freundschaftsbeziehungen.

Die Tugend, die das sexuelle Leben regelt, ist die Keuschheit, die an sich der natürlichen Ordnung angehört, aber im Christen sich zu einer übernatürlichen Tugend erhebt. Die Keuschheit hat heiligende Kraft, soweit sie an der übernatürlichen Ordnung teilnimmt. Die theologische Dynamik gibt der Tugend der Keuschheit einen neuen und höheren Sinn und verändert ihre Natur (41): sie ist ein Geschenk Gottes, kraft dessen der Wille fähig wird, nicht so sehr die geschlechtlichen Begierden zu unterdrücken als vielmehr den Geschlechtstrieb in die Harmonie der christlichen Gesamtpersönlichkeit zu integrieren.

Die volle Selbstkontrolle des Christen

28 Die Beherrschung des sexuellen Begehrens ist eine Forderung des geistlichen Lebens in Christus (1 Kor 1, 23). Mit Christus leiden heißt die eigenen Leidenschaften abtöten, um sich mystisch dem Gekreuzigten gleichförmig zu machen. Es erscheint unmöglich, zugleich der Begierde zu willfahren und das Leben im Heiligen Geist zu führen (Röm 8,13; Kor 6, 9; Eph 5,5).

Das österliche Geheimnis, das in der Taufe an der Wurzel des christlichen Lebens steht, drückt in lebendiger Form den grundlegenden Dynamismus der christlichen Existenz aus; in ihm werden auf harmonische und fruchtbare Weise die Wesensbedürfnisse der menschlichen und christlichen Person vereinigt: die Selbstbehauptung in der Selbsthingabe an Gott und den Nächsten.

In der gegenwärtigen Heilsordnung bietet nur das österliche Geheimnis das theologische und auch psychologische Fundament für eine Aszese, die allein imstande ist, uns näher an die ursprüngliche Harmonie des Menschen heranzuführen. Der Lebensplan, der uns im Ostergeheimnis eröffnet wird, verbindet den „Verzicht" auf gewisse Formen des Verhaltens und die echte Hingabe seiner selbst in einer unzertrennlichen Einheit, wie auch, theologisch gesehen, der Tod unzertrennlich verbunden erscheint mit der Auferstehung Christi.

Gedrängt von der Liebe, die ständig im Wachsen begriffen ist und in ihrem Aufschwung nicht erlahmt, lebt der Christ den asketischen Einsatz, die asketische Haltung, ohne an sie zu denken; er leistet Verzicht, ohne sich des Verzichts bewusst zu werden, weil ein höheres Ideal seine Anziehungskraft ausübt und ihn durch seinen Zauber gefangen nimmt.

3. HERANBILDUNG ZUR PRIESTERLICHEN REIFE

Die pastorale Ausrichtung der Priesterbildung

29 Der Grundzug der priesterlichen Persönlichkeit ist nach dem II. Vatikanischen Konzil der des Seelenhirten nach dem Vorbild Christi des Lehrers, Priesters und Hirten (42). Der Priester als Hirte muss die Fähigkeit besitzen, die christlichen Gemeinschaften zu fördern und zu leiten; er leistet einen Dienst für den Aufbau der Kirche.

Das Hauptziel der Seminarerziehung muss es sein, wahre Hirten vorzubereiten und heranzubilden (43); unter pastoraler Ausbildung versteht man nicht nur einen erzieherischen Gesichtspunkt oder Teilbereich unter anderen, sondern auch den charakteristischen Wesenszug der Vorbereitung auf das Priestertum, der alle anderen Gesichtspunkte der Ausbildung der Priesterkandidaten durchdringen und beherrschen muss.

Die Persönlichkeit des priesterlichen Hirten ist , also das Hochziel, auf das die Seminarerziehung einheitlich und harmonisch hinarbeiten muss (44) . Das besagt, dass alle Elemente, die die Struktur und Funktion des Seminars bestimmen, auf die praktische Effizienz zur Erreichung dieses Ziels hin bedacht und abgewogen sein müssen und dass die Erzieher bei all ihren Bemühungen auf Teilgebieten immer die pastorale Ausbildung vor Augen haben und verfolgen müssen.

Die Reife des Priesters als Mensch und Christ

30 Der Priesterberuf erfordert die menschliche und christliche Reife, damit die Antwort auf den göttlichen Ruf fest auf den Glauben gegründet sei und zugleich den Sinn dieser Berufung und ihre Forderungen besser erfassen könne.

Der besondere Charakter der priesterlichen Reife ist in dem Bereich zu suchen, durch den sich der Priester vom gewöhnlichen Christen unterscheidet, nämlich in seiner besonderen und einzigartigen Beziehung zum Leib Christi, wie er in der Eucharistie gegenwärtig ist, als Prinzip und Quelle der das Heil vermittelnden Kirche, und in seinem Heilsauftrag. Der Priester ist ein „Mann Gottes, aus den Menschen genommen"; seine Spiritualität schwingt zwischen den zwei Polen: Gott und den Menschen. Das Verhältnis zwischen diesen zwei Gliedern ist nicht das einer Alternative: entweder Gott oder die Menschen, sondern das der Einheit: Gott und die Menschen. Um mit den Menschen enger vereint zu sein, muss der Priester in einer tieferen Vereinigung mit Gott leben.

Während seiner Ausbildungszeit muss der Priesterkandidat von der vorjugendlichen Unreife zur Reife des Erwachsenen übergehen; vom allgemeinen christlichen Leben zur christlichen Reife oder zur Tiefe und Dichte eines Lebens aus Glaube, Hoffnung und Liebe in Christus; schließlich muss er zur priesterlichen Reife gelangen, das heißt zur innigsten vertrauten Teilnahme an der prophetischen, heiligenden und pastoralen Sendung des Hohenpriesters Christus. Die priesterliche Reife schließt die menschlich-christliche Reife ein und überbietet sie zugleich; sie will hineinstrahlen in das ganze menschlich-christliche Ich und daher auch in das affektive, sexuelle und tätige Leben.

Die affektive Reife des Priesters

31 Die Wahl des priesterlichen Zölibats behindert nicht, sondern setzt vielmehr die normale Entwicklung des Gefühllebens voraus: der ehelose Mensch ist dazu berufen, auf eine ganz besondere Weise die Liebesfähigkeit des Menschen zum Ausdruck zu bringen: Hineingereift In die menschliche und göttliche Liebe, weiß der Priester sich verantwortlich zu entscheiden über die Art und Weise, wie er seine Affektivität, die emotionale Seite seines Wesens leben will, und zwar für das ganze Leben.

Der Zölibat, erwählt „um des Himmelreiches willen“ - wie es doch der priesterliche Zölibat ist-, ist ein Stand der Liebe. Er ist nur jenem möglich, der ihn in sein geistliches Leben integriert hat. Es handelt sich um die ausschließliche, dauernde und umfassende, radikale Wahl der einzigen und höchsten Liebe zu Christus, zu dem Zweck, die innigste Teilnahme an seiner Lebensweise zu verwirklichen, in der klar erfassten und heroischen Logik der einzigartigen und grenzenlosen Liebe zu Christus, unserem Herrn und seiner Kirche (45).

Kraft seines Zölibats kann der Priester in vollerem Ausmaß der Mann Gottes sein, einer, der sich ganz von Christus gefangen nehmen ließ und nur für ihn lebt. Die jungfräuliche Liebe treibt ihn an, von Gott möglichst umfassend Besitz zu ergreifen und ihn dann in seiner ganzen Fülle auszustrahlen und an andere zu schenken.

Die Liebe des Priesters zum Nächsten muss durch eine pastorale Zielsetzung gekennzeichnet sein; der Priester muss sich nach außen mitteilen durch das Medium einer großen Herzlichkeit, die unentbehrlich ist, um die Menschen für den geistlichen Zuspruch und Beistand zugänglich zu machen, den ihnen der Priester anbietet.

Der Priester ist echter und tiefer Freundschaften fähig, die seiner affektiven Entfaltung besonders förderlich sind, wenn sie sich im Kreise priesterlicher Brüderlichkeit verwirklichen (46).

Die sexuelle Reife des Priesters

32 Wenn die ehelose Lebensform als persönliche Entscheidung zugunsten eines wichtigen Gutes oder Wertes, auch schon der natürlichen Ordnung, imstande ist, die volle Reife und Integration der menschlichen Persönlichkeit zu fördern, dann kann man das mit um so größerem Recht vom ehelosen Leben um des Himmelreiches willen sagen; ein Beispiel dafür ist das Leben so vieler Heiligen und auch zahlreicher Gläubigen, die ehelos lebend sich ganz Gott und den Menschen weihen und so dem menschlichen und christlichen Fortschritt dienen (47).

Die exklusive Form, mit der ein Kandidat den priesterlichen Zölibat wählt und sich aufs engste an Gott bindet, bestimmt auch seine Pflichten und ruft ihn zu einer besonderen Hingabe in der Liebe zu Gott in Christus. Wer die Jungfräulichkeit gewählt hat, hat kraft seiner totalen Weihe für die Teilnahme am Priestertum Christi als Lebensgrundsatz die Entfaltung der Liebe zu Gott und den Mitmenschen. Wenn er in der Liebe nicht vorankommt; entspricht er nicht seiner Berufung.

Die Kräfte, die die natürliche Vaterschaft im Herzen eines Mannes freimacht, sind etwas Großes und Erhabenes: Sinn und Offenheit für die Mitmenschen, Übernahme schwerer verantwortungsvoller Aufgaben, Liebesfähigkeit und Bereitschaft zu jedem Opfer, konkrete und tatkräftige Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten des Lebens, Ansporn für die Zukunft usw.: das alles gilt ebenso für die geistige Vaterschaft.

Deswegen ist der Zölibat nicht für alle da; er setzt einen besonderen Anruf des Herrn voraus und hört das ganze Leben hindurch nicht auf, ein Risiko und eine Gefahr zu sein, falls die umfassende väterliche Hirtensorge und die ausschließliche Hingabe an Christus nachlassen sollten.

Die volle Selbstkontrolle des Priesters

33 Die volle Selbstkontrolle, die einen Dauereinsatz für die Verwirklichung höherer Werte in sich schließt, ist nicht nur notwendig, um zur affektiven Reife zu gelangen, sondern auch, um darin zu verharren und mögliche Regressionen oder Rückfälle zu vermeiden, wenn man einmal die affektive Reife erlangt hat. Sie ist eine unersetzliche Komponente der menschlich-christlichen und priesterlichen Keuschheit, die immer darauf gefasst sein muss, über neu auftretende und unvorhergesehene Schwierigkeiten und Versuchungen Herr zu werden (48).

In der christlichen Perspektive einer ständigen vollen Selbstkontrolle stellt sich der priesterliche Zölibat dar als Hingabe an den Herrn auf Lebenszeit. Das Ja dazu erschöpft sich nicht im isolierten Vorgang der sakramentalen Weihe, sondern erneuert sich unablässig in der nötigen Wachsamkeit gegenüber Sympathien, sinnlichen Liebesempfindungen und Erregungen der Leidenschaften.

Ähnlich wie die menschliche Liebe verlangt auch die Fülle der Liebe, wie sie der Zölibat mit sich bringt, die tägliche Erneuerung des freudigen Verzichts auf sich selbst. Nur so können die Schwierigkeiten überwunden werden, die im Verlauf der Zeit und bei einer gewissen Eintönigkeit des eigenen Lebens entstehen mögen, wie auch die Widerstände der eigenen Natur.

Ein Ansporn für den Priester wird immer der Gedanke sein, dass das vom Zölibat verlangte persönliche Opfer eine ekklesiale Funktion hat; dieses Opfer unterstreicht die geistige Dimension jeder Liebe, die dieses Namens würdig ist, und verdient den christlichen Familien die Gnade echter innerer Einigkeit und Verbundenheit (49).

III. TEIL: LEITGEDANKEN FÜR DIE AUSBILDUNG IM SEMINAR: Schwierigkeiten der erzieherischen Einwirkung

34 Die Erziehung zur Keuschheit berührt unmittelbar die Sensibilität und das Gefühlsleben der jungen Menschen und setzt eine Reihe seelischer Prozesse in Bewegung, noch dazu sehr lebhafte und noch nicht gut koordinierte, angesichts des Ausbildungsalters, so dass man die unbedachtesten Reaktionen befürchten muss. So könnte z. B. der Versuch, einer möglichen Verirrung vorzubeugen, dazu führen, sie hervorzurufen; oder, würde man die Bedeutung gewisser Fehlhaltungen der Entwicklungszeit übertreiben, könnte das zur Folge haben, dass man ihr Verschwinden in Frage stellt und Komplexe von zwanghaftem Charakter begünstigt.

Auf der anderen Seite geht es darum, einen Trieb zu erziehen, der mehr als jeder andere fehlerhaften Entwicklungen unterworfen ist, weil er sich durch das Hinzutreten seelischer Fakten kompliziert. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich aus seiner großen Differenzierung innerhalb des gleichen Geschlechts. Wenn schon die geschlechtliche Erziehung in ihrer normalen Entwicklung und die Vorbereitung auf die Ehe schwierig sind, ist es leicht verständlich, um wie viel schwerer die Erziehung zum priesterlichen Zölibat ist.

Niemand kann eine adäquate und definitive Lösung für eine Problematik anbieten, die immer offen ist und sich schwer auf feste Schemata zurückführen lässt, weil sie abhängt von der jeweiligen Entwicklung der ganzen psycho-physischen Existenz des einzelnen, vom Milieu mit seinen Verlockungen und soziologischen Einflüssen, von oft unvorhersehbaren Gelegenheiten und Umständen, sowie auch von übernatürlichen Hilfen, mit denen man nicht immer mit Sicherheit rechnen kann und die an die Freigebigkeit Gottes gebunden sind.

1. HINWEISE FÜR DEN ERZIEHER

Wissen um die Vielschichtigkeit des Problems

35 Der Erzieher muss sich bewusst sein, dass von seiner Auffassung des Problems der Keuschheitserziehung, von seiner Art, es zu deuten, zu behandeln und zu lösen, weitgehend das seelische, sittliche und religiöse Leben des heranwachsenden Menschen und Priesters abhängt. Er muss sich daher mit feinstem Takt in die sexuellen und affektiven Probleme des Entwicklungsalters einschalten.

Der Erzieher muss sich der physiologischen, psychologischen, pädagogischen, moralischen und asketischen Vielschichtigkeit des Problems bewusst sein. Das Ideal des priesterlichen Zölibats besteht in einer Keuschheit, die mit Hochschätzung und Liebe bejaht und sorgsam gehütet wird, die durch längere Bewährung fester Besitz geworden ist; einer Keuschheit, die nicht nur dem Ansturm sich ständig mehrender Gefahren widersteht, sondern positiv die freudige Selbsthingabe und den apostolischen Eifer lebendig erhält.

Daher soll die Erziehung zur Keuschheit lichtvoll sein, gegründet auf Klarheit und nicht auf Verschweigen oder Unaufrichtigkeit; sie soll positiv sein, orientiert am Ziel, nämlich die Sexualität zu einer geordneten und freudigen Liebesfähigkeit reifen zu lassen, und nicht nur darauf bedacht, Verfehlungen zu vermeiden. Sie muss gleichzeitig vollständig, organisch und personalisiert sein, d. h. konkret angepasst an den einzelnen und seinen besonderen Entwicklungsgang (50).

Die Priesterkandidaten können die dem Zölibat eigentümlichen Schwierigkeiten überwinden, wenn man die nötigen Voraussetzungen schafft, nämlich das seelische Gleichgewicht durch sinnvolle Einfügung in das Netz der menschlichen Beziehungen; die Festigung des inneren Lebens durch Gebet, Abtötung und innige Liebe zu Gott und dem Nächsten, und die übrigen Hilfen des geistlichen Lebens; durch brüderliche Gemeinschaft mit den anderen Priestern und dem Bischof, indem man die pastoralen Strukturen besser diesem Ziel anpasst und ebenso auf die Hilfe der kirchlichen Gemeinschaft baut (51).

Normale und pathologische Zustände

36 Im allgemeinen muss sich die Behandlung sexueller Probleme auf Einfachheit, Natürlichkeit und Positivität stützen. Die Aufmerksamkeit muss sich auf das allgemeine Verhalten einer Person richten und nicht nur auf die einzelnen Akte, die gerade in Erscheinung treten. Repressive Methoden haben auf diesem und auf anderen Gebieten eher die Wirkung, schlechte sexuelle Gewohnheiten oder Fehlhaltungen zu verstärken als abzuschwächen.

Der Erzieher möge sich vor Augen halten, dass der gute Weg sexueller Erziehung darin besteht, an die edelsten Gefühle der jungen Menschen zu appellieren und ihnen verständlich zu machen, dass man, um reif zu werden, sich einen festen Charakter erwerben muss, eine gut integrierte Persönlichkeit und das Vermögen sich selbst zu beherrschen. Es ist auch nützlich, sich an das Selbstwertgefühl zu wenden und zu zeigen, dass gewisse sexuelle Fehlhaltungen Zeichen einer unterentwickelten, Persönlichkeit sind. Reste von Infantilismus; Verhaltensweisen, die unstatthaft sind, wenn man im Einklang mit den eigenen Idealen und der eigenen menschlichen Würde leben will.

Der Erzieher kann gegenüber dem sexuellen Fehlverhalten im Entwicklungsalter nicht gleichgültig bleiben, sondern muss in positiver Form zur Lösung des Problems mithelfen, dabei jedoch vermeiden, es als isoliertes Faktum zu betrachten. Er muss der Gesamtpersönlichkeit helfen, ein höheres Integrationsniveau zu erreichen unter Auswertung der Hinweise, die die Natur selbst ihm bietet.

Heute gibt es zahlreiche Personen mit echten Sexualneurosen, die zwar in einer konstitutionellen Veranlagung begründet sind, aber gleichwohl einen mächtigen, aufpeitschenden Anreiz in den modernen Lebensverhältnissen finden. Das Milieu liefert in der Tat reichliches Material für phantasiemäßiges Weiterwirken. Das Problem erscheint besonders wichtig in der Zeit der Pubertät. Die Erfahrung beweist, dass eine umsichtige Wegweisung die Überwindung der Krise erheblich erleichtert und mit einiger Sicherheit die integrale Entfaltung der jugendlichen Persönlichkeit verbürgen kann.

Menschliches Geleit und geistliche Führung in der Entwicklung

37 Der junge Mensch kann in der schwierigen Zeit, wo er sich dem Leben öffnet, nicht sich selbst überlassen bleiben; er braucht Führung, Sicherheit im Urteil, Festigkeit des Willens. Die Schwierigkeit des Problems liegt gerade hier, in dieser noch unsicheren und gleichzeitig widerspenstigen Persönlichkeit, deren moralisches Gewissen ebenfalls von diesem Zwiespalt betroffen ist.

Der Berater muss in höchstem Maße umsichtig und diskret sein; denn jede Anregung, die nicht einem inneren Bedürfnis entspricht, würde als unberechtigte Einmischung, ja als Verletzung der Intimsphäre der Persönlichkeit empfunden werden. Er muss wie ein Freund sein, der bereitsteht, um in schwierigen Stunden zu trösten, in Zweifeln und Unsicherheiten Rat zu geben, in Augenblicken sittlicher Gefährdung Stütze und Rückhalt zu bieten, ohne jemals sein Wort und seine Gegenwart als drückend empfinden zu lassen.

Der junge Mensch will die Probleme des sexuellen Lebens kennen lernen, weil es ihm als wesentlicher Teil seines Lebens erscheint. Unangebrachte Verbote treiben den Betroffenen, statt ihn zurückzuhalten, eher zum Verbotenen hin. Man muss den jungen Menschen dazu bringen, die sexuellen Fragen als Fragen von größtem Ernst zu betrachten und die Person und ihren unvergleichlichen Wert zu achten, sowohl bei sich selbst als auch bei den anderen.

Bei der Behandlung sexueller Schwierigkeiten oder Verirrungen wird der Erzieher gut daran tun, folgende Vorsichtsmaßnahmen zu beachten: vor allem niemals dem jungen Menschen Furcht einjagen, um bei ihm nicht Ängstlichkeit hervorzurufen; ihm keine Auflagen machen, um ihn nicht in eine künstliche oder anormale Lage zu versetzen; nicht ironisch über Dinge sprechen, die er ihm anvertraut hat, um ihn nicht zu veranlassen, sich abzuschließen und in sich selbst zu verkapseln; die Situation nicht dramatisieren, um bei ihm nicht die Kraft zum Neuanfang zu lähmen.

Prüfung der Echtheit des Berufes

38 Eine weitere erzieherische Wegweisung, die für das Problem der Zölibatserziehung von Bedeutung ist, besteht darin, dem jungen Menschen zu einer klaren Erkenntnis seiner persönlichen Neigungen und zur rechten Einschätzung seiner eigenen Kräfte zu verhelfen, um möglichen Schwierigkeiten Herr zu werden, die mit dem zölibatären Stand verbunden sind. Und wo er sich klar wird, nicht die nötige Eignung zu besitzen, soll man es ihm ermöglichen, die eigene Berufswahl mit Mut und Verantwortungsbewusstsein zu treffen (52).

Irrtümer bei der Entscheidung über die Echtheit des Berufes sind nicht selten, und manche psychischen Mängel oft mehr oder wenig pathologischer Natur, die für den Priesterberuf ungeeignet machen, treten nach der Priesterweihe in Erscheinung. Sie zur rechten Zeit erkennen könnte manche dramatische Schicksale vermeiden helfen.

Die Auswahl der Kandidaten ist eine schwierige und delikate Angelegenheit zugleich und verlangt in ihrer Vorbereitung und ihrem Vollzug einen ernsten Einsatz seitens aller Erzieher (53). Sie muss nach den Kriterien einer genauen diagnostischen Untersuchung vorgenommen werden, wie sie uns die heutige psychologische Wissenschaft zur Hand gibt, und muss neben dem übernatürlichen Faktor auch den vielfältigen menschlichen Voraussetzungen Rechnung tragen.

Man kann als sicher annehmen, dass gut ausgebildete Erzieher bei normalen Bewerbern mit den gewöhnlichen Auswahlkriterien die Echtheit der Berufung feststellen können. In besonderen Fällen oder wo immer es den verantwortlichen Erziehern des Seminars angemessen erscheint, wird es, um den einzelnen Kandidaten bei der Feststellung ihres Berufes besser helfen zu können, sinnvoll und manchmal auch notwendig sein, zu besonderen Hilfsmitteln zu greifen wie da sind: die psychologische Prüfung des Kandidaten vor dem Eintritt in den theologischen Studiengang; eine Beratung, auch psychotherapeutischer Art, mit Spezialisten; die Unterbrechung der kirchlichen Studien, um Erfahrungen in der Berufsarbeit zu machen.

Die Sexualerziehung, ein Testfall für die Erzieher

39 Die Sexualerziehung hat die Aufgabe, die menschliche Sexualität nach ihrer Bedeutung abzuwägen und den anderen erzieherischen Komponenten zuzuordnen im Rahmen des Gesamtbildes der menschlichen Erziehung. Angesichts einer Form von Sexualität, die man falsch einschätzte oder die man ignorierte, muss man sich vor dem gegenteiligen Irrtum hüten, sie überzubewerten und daraus die einzige oder doch wichtigste Dimension in der Dynamik der Persönlichkeit zu machen.

Die erzieherische Bemühung muss sich dem ganzen Bogen der Entwicklungskurve anpassen unter Berücksichtigung des Alters, der Person, des Geschlechts und des Milieus in Gestalt „einer umsichtigen und positiven geschlechtlichen Erziehung (54)".

Unter den verschiedenen Bereichen der Erziehung erscheint heute der der sexuellen Erziehung als der problemreichste, nicht nur wegen der Unsicherheiten und Schwierigkeiten seiner Methoden, sondern auch wegen des Dazwischentretens der Persönlichkeit und eigenen emotionalen Vorgeschichte des Erziehers. Es geht um die sachgerechte Bewertung der dynamischen Aspekte der Sexualität, die oft aus dem Unbewussten heraus wirksam wird, ohne deswegen das ganze Innenleben des Erziehers auf ein Spiel irrationaler Antriebe zurückführen zu wollen.

Eine entsprechende Vorbereitung der Erzieher auf diesem Gebiete, einem der schwierigsten der menschlichen Erziehung überhaupt, ist unerlässliche Voraussetzung, um positive Ergebnisse ihrer Bemühungen zu verbürgen. Sie setzt die genaue Kenntnis des jugendlichen Werdegangs voraus, die Existenz besonderer Beziehungen in der Familiengruppe, eine Sprache, die dem besonderen sozialen Verhalten gemäß ist, und eine entschiedene Bejahung fester sittlicher Werte.

Vor allem müssen diejenigen, die sich mit der geschlechtlichen Erziehung der Jugendlichen zu befassen haben, selber sexuell gereifte Persönlichkeiten sein und sich in einem ausgewogenen sexuellen Gleichgewicht befinden. Mehr noch als das Wissen um Methode und Inhalt vermag der Persönlichkeitstyp, den der Erzieher vorstellt, die Ausrichtung, in welcher die geschlechtliche Erziehung gelebt wird, noch bevor sie erteilt wird, der Lebensstil, den der Erzieher verkörpert. Die Kenntnisse, Ratschläge und sorgsamen Bemühungen des Erziehers sind wichtig, aber noch wirksamer ist sein eigenes Verhalten.

2. HINWEISE FÜR DIE SEXUELLE ERZIEHUNG

Die sexuelle Erziehung im Rahmen des jugendlichen Werdegangs

40 Der Erzieher halte sich vor Augen, dass die sexuelle Erziehung nicht absehen kann von einer umfassenden sittlichen Formung; es muss eine Erziehung sein, die aktiv und individuell ist, umhegt und gefördert von einem bildenden Milieu, gegründet auf das volle und wechselseitige Vertrauen zwischen Erzieher und Jugendlichem.

Von der Verantwortlichkeit des Erziehers her gesehen, ist es ebenso ein Fehler die Sexualität zu ignorieren, wie sie aus dem erzieherischen Zusammenhang herauslösen zu wollen. Die menschliche Geschlechtlichkeit ist eine Tatsache, deren man sich bewusst sein muss und die man im Verhältnis zu den übrigen Bedürfnissen des jungen Menschen richtig bewerten muss. Die geschlechtliche Erziehung will in kontinuierlichem Fortgang in engem Anschluss an die Entfaltung der Gesamtpersönlichkeit vollzogen werden.

Die geschlechtliche Erziehung muss in die Gesamterziehung des Kandidaten eingebaut und integriert werden; denn die Verwirklichung eines solchen Kunstwerkes, wie es das Leben in Keuschheit ist, verlangt eine angestrengte Arbeit am Gesamtgefüge der Person. Das Problem der Reinheit löst man nicht damit, dass man aus der Reinheit eine fixe Idee eigener Prägung macht, sondern indem man sie im Rahmen der höheren und umfassenderen Gedankenbereiche der Gerechtigkeit und Liebe betrachtet und lebt, die absolut notwendig sind, um dem Leben Bedeutung und Wert zu verleihen, also im Rahmen eines ganzheitlichen Menschenbildes.

= Der Persönlichkeitsfaktor in der sexuellen Erziehung

41 Der Erzieher bringe die Kandidaten mit aller Sorgfalt dazu, die grundlegende Wahl ihres Lebens gleichsam selber zu „entdecken", sie als ein Gut, ja als ihr großes Gut zu empfinden und sie infolgedessen bewusst und gewollt zu verwirklichen und mit solcher Ausdauer durchzuführen, dass ihr Vollzug erleichtert und ihre ganze Existenz davon durchtränkt und geprägt wird.

Um die Persönlichkeit der Priesterkandidaten in ihrem Gefühls- und Willensbereich kraftvoll zu aktivieren, muss ihnen der Erzieher mehr das Gute als das Schlechte, mehr die Tugend als das Laster vor Augen halten, er muss ihnen wichtige Motive und Werte darbieten, die ihnen in allen nur möglichen Fällen hilfreich sein können. Auch über die sittlich-religiöse Betrachtungsweise hinaus tut man gut, darauf hinzuweisen, dass das Geschlecht eine Quelle und Reserve männlicher Eigenschaften des Leibes, des Geistes und des Herzens bedeutet.

Damit die geschlechtliche Erziehung ihre wesentlich sittlichen Ziele erreiche, die aufs engste mit der Persönlichkeit verbunden sind, muss sie in Einzelberatung vorgenommen werden, um jeden in den Stand zu setzen, für sich seine eigensten Probleme zu lösen. Um eine solche Erziehung von Person zu Person erfolgreich zu gestalten, muss man es verstehen, an gewissen Anzeichen die Nöte und Kräfte des einzelnen zu erfassen; man muss in der Lage sein, je nach Aufnahmefähigkeit und Bedürfnis des einzelnen die natürlichen und übernatürlichen Hilfen im rechten Verhältnis anzuwenden.

Der Umweltfaktor in der sexuellen Erziehung

42 Das persönliche Verhältnis des Erziehers zum Priesterkandidaten und seine individuelle Betreuung genügen noch nicht. Man muss auch das ganze Milieu, in dem er lebt, sinnvoll auf die Ziele der Erziehung hin organisieren. Das verlangt einerseits die Beseitigung aller schädlichen Einflüsse, soweit es möglich ist, andererseits die Erziehung des Jugendlichen zur richtigen Reaktion auf ungute Einwirkungen aus der Umgebung (55).

Das Milieu sollte reich sein an lebendigen Anregungen und Betätigungsmöglichkeiten und den Geist der Fröhlichkeit, sittlicher Höhe und gesunder Freundschaft atmen. Es sollte so angelegt sein, dass es dem jungen Menschen leicht gemacht wird, seine affektiven Energien und Interessen auf gute Ziele zu übertragen, um sie von der Konzentration auf gefährliche Dinge fernzuhalten.

Ein wichtiges Element für die Schaffung eines guten Milieus ist der Gemeinschaftsgeist, der unter den Studierenden herrscht. Ein ideales Klima für ein reines Leben ist nicht möglich ohne Förderung und Anhebung des Gemeinschaftsgeistes, der sich auf gegenseitige Hochachtung und bewusste Pflege sittlicher Ideale gründen muss.

Der Aufenthalt im Seminar ist notwendigerweise vorübergehend; die jungen Theologen sollen deshalb angeleitet werden, mit Treue und innerer Befriedigung die Lebensform einzuüben, die sie außerhalb des Seminars entfalten sollen „in einer Welt, die darauf hintendiert, den Menschen sich selbst zu entfremden und zugleich mit seiner geistigen Einheit auch seine Vereinigung mit Gott in Gefahr zu bringen (56) ".

Der Dialog in der Sexualerziehung

43 Die Jugendlichen fühlen das Bedürfnis nach einem Freund, dem sie glauben können und sich anvertrauen dürfen. Ohne die Hilfe eines verständigen und gütigen Beraters vermehren und komplizieren sich die Zustände der Angst, der Entmutigung und des Versagens. Der beratende Freund seinerseits kann nicht das nötige Geleit geben, wenn er den zu Betreuenden nicht gründlich kennt; das besagt, dass dieser sich ihm in aller Offenheit anvertraut. Aber dieses wechselseitige Vertrauensverhältnis kann sich nur bilden, wenn der Erzieher fähig und bereit ist, sich mit seiner ganzen Person auf das Zuhören einzustellen und mit Zuversicht die Stunde des guten Willens und der Gnade zu erwarten.

Bei aller Freiheit, die man im Bereich der Seelenführung immer lassen muss, wird der Erzieher die jungen Leute überzeugen und anhalten, einen geistlichen Berater zu haben, dem sie sich voll Vertrauen und aller Offenheit erschließen, vor allem wird er selbst darauf bedacht sein, sich soweit zu vervollkommnen, dass er ihre Achtung und ihr Vertrauen sich verdient und erwirbt.

Wenn der Erzieher eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens geschaffen hat, kann er darangehen, in persönlicher und diskreter Form schrittweise die nötige Aufklärung zu geben, die ein wichtiger Teil der Erziehung zur Keuschheit ist und, wenn sie richtig gegeben wird, auch das Vertrauen und die Zuneigung des Jugendlichen zum Erzieher zu stärken vermag.

Die persönliche und schrittweise Weiterführung der Sexualerziehung

44 Die geschlechtliche Erziehung, verstanden nicht nur als wissensmäßige Aufklärung, sondern auch als moralische Heranbildung, ist notwendig und unerlässlich, einmal, weil sie zu einer Lösung sexueller Schwierigkeiten führen kann, dann aber auch, weil ohne sie der Jugendliche in keiner Weise gerüstet ist, weder im Hinblick auf schon vorliegendes Fehlverhalten noch auf schädliche Erfahrungen in der Zukunft, denen man vorbeugen soll (57).

Die Aufgabe des Erziehers besteht nicht nur in der Belehrung, sondern vor allem in der Förderung der Gewissensbildung. Er soll in den Studenten die Fähigkeit entwickeln, in Freiheit die rechte Entscheidung zu treffen; denn sie allein macht sie fähig, den Dynamismus ihres Gefühlslebens zu beherrschen.

Daher muss die geschlechtliche Erziehung abgestuft sein. Sie ist zu bemessen nach dem Alter der Person, nach dem Grad der notwendigen positiven Einwirkung, nach dem Charakter des einzelnen und seinen Lebensverhältnissen. Das erste und natürlichste Milieu für diese Erziehung ist die Familie und in ihr besonders die Eltern, die jedoch nicht immer dieser Aufgabe gewachsen sind. Daraus ergibt sich für die Erzieher die Notwendigkeit, die Erziehungsversäumnisse des Elternhauses nachzuholen (58).

Die Rolle des Schamgefühls in der Sexualerziehung

45 Die Scham ist ein Wesenselement des menschlichen Gefühlslebens in seinen verschiedensten Formen. Sie ist ein unbewusster Widerstand gegen alles, was in uns den tiefsten Grund unserer Triebhaftigkeit enthüllen würde. Wenn sie bewusst wird, zielt sie darauf ab, unerwünschte Umstände zu vermeiden und Phantasien und Verhaltensweisen zu zügeln, welche die geistige Würde des Ichs beflecken könnten; sie ist ein wirksames Mittel, um im Geschlechtsbereich die echte Liebe aufblühen zu lassen und zu bewirken, dass der Sexus das von der Keuschheit getragene Gleichgewicht des Charakters nicht stört.

Scham ist aufs engste mit dem höheren sittlichen Leben verbunden; sie ist Ausdruck des Gewissens im sexuellen Bereich, eine innere Reaktion auf alle Abweichungen von der natürlichen Ordnung. So gesehen dient das Schamgefühl dem Schutz der Persönlichkeit und ist daher ein Wert von höchster pädagogischer Bedeutung. Man kann nicht zur Keuschheit erziehen, ohne das Schamgefühl zu entwickeln und zu pflegen.

Auf der anderen Seite kann eine zu enge Erziehung auf diesem Gebiet die Schwierigkeiten vermehren und die Unruhe und das Unbehagen der Jugendlichen verstärken. Es ist daher gut, sie dazu zu erziehen, sich von unbegründeten Ängsten und Prüderien freizuhalten, um nicht unnötig das Feld der Versuchungen auszuweiten zum Schaden einer gelösten normalen Lebensstimmung.

Die Erziehung des Schamgefühls geschehe auf indirekte und möglichst positive Weise. Hier kann man sich den Nachahmungsdrang der Jugendlichen nutzbar machen; sie neigen dazu, sich für Idealgestalten zu begeistern; man zeige ihnen konkrete und anziehende sittliche Vorbilder. Man pflege ihren ästhetischen Sinn und lasse sie das Schöne empfinden und kosten, wie es sich uns in der Natur, in der Kunst und im sittlichen Leben darbietet. Man rege sie an, in ihrem Innern sich ein System, gleichsam einen Kodex geistiger Werte aufzubauen und sie mit Hingabe und Schwung zu verwirklichen.

Die Bedeutung der Liebe in der Sexualerziehung

46 Die sexuelle Reife muss sich im Gleichschritt mit der affektiven Reife vollziehen. Die Erziehung zur Keuschheit ist zu einem großen Teil eine Erziehung des Herzens und eine Frage der Liebe.

Die menschliche Liebe ist nicht von Anfang an vollkommen. Sie entfaltet und vervollkommnet sich in einem langen Entwicklungs- und Reinigungsprozess. Von der sinnlichen, egoistischen und hedonistischen Liebe, wie sie im Kind vorherrscht, muss sie beim Erwachsenen dahin gelangen, dass sie geistig, altruistisch, opferfreudig wird, nach dem Bild der Liebe Gottes zum Menschen. Man muss den Jugendlichen helfen, unablässig auf dieser Bahn voranzuschreiten, ohne Halt zu machen, aber auch ohne im Übereifer die einzelnen Stufen überspringen zu wollen.

Hier sei besonders auf die großen affektiven Reserven des jungen Menschen hingewiesen: sie warten auf ihre Erweckung und Herausforderung durch ständige Appelle an die Ideale der Wahrheit, der Schönheit, der Gerechtigkeit, der Güte, der Reinheit, der Hochherzigkeit, der Opferbereitschaft, des Heroismus. Sie ermöglichen auch echte Freundschaften, die anregen und höherführen.

Den Jugendlichen sollten nicht so sehr gewisse dunkle und fragliche Komponenten bewusst werden, die sich in ihre Freundschaften einmischen können, sondern noch mehr die Pflicht, zu zeigen, dass diese Freundschaften ein Widerschein und Abglanz jener echten Liebe sind, die sie nicht nur gegen ihre Freunde, sondern gegen jedermann hegen. Das Aufbrechen des noch gegenstandslosen und unklaren jugendlichen Liebesdranges bedarf noch der Klärung, Reinigung und Ordnung in der Zielsetzung. Man muss darauf hinweisen, dass er in der Vernunft und im Glauben eine klare Fundierung finden kann, so dass der Jugendliche in vollem Bewusstsein seine Liebe in der rechten Ordnung entfaltet und sie auf die Verwirklichung der natürlichen und übernatürlichen Ziele ausrichtet (59).

3. HINWEISE FÜR DIE ERZIEHUNG ZUM ZÖLIBAT

Das eigentliche Wesen des Zölibats

47 Der Zölibat ist ein Wert, eine Gnade, ein Charisma, das im rechten Licht dargestellt werden muss, wenn er um seinetwillen hochgeschätzt, gewählt und gelebt werden soll. Seine Darstellung muss von freudiger Überzeugung und Zuversicht getragen sein und soll zugleich die Vorurteile und Einwände zerstreuen, die man gegen ihn ins Feld führt. Das ist eine erste Aufgabe des Erziehers.

Die Ausbildung im Seminar soll ferner Klarheit verschaffen über die Rolle der Sexualität in der Ehe: sich dem zölibatären Leben weihen setzt voraus, dass man sich über Sinn und Auftrag der ehelichen Liebe im klaren ist. Auf jeden Fall hat die Ausbildung im Seminar die Aufgabe, dem Studenten zu helfen, den Sinn und die Rolle der Sexualität im gottgeweihten Zölibat um Christi willen zu entdecken (60). Es kann sich also nicht darum handeln, Liebe und Sexualität zu unterdrücken, sondern sie tiefer zu verstehen, zu sublimieren und zu überhöhen. Hier ist mehr als Unterweisung nötig, es bedarf einer lebendigen Einübung in die geistige Gestalt der Liebe, die sich auf alle Menschen ausweitet und sie umfasst mit der hingebenden Liebe Christi.

Der priesterliche Zölibat ist mehr als bloße Reinheit, er ist mehr als Nichtverheiratetsein oder sexuelle Enthaltsamkeit; er ist der Verzicht auf ein dreifaches natürliches Verlangen: auf geschlechtliche Betätigung, auf eheliche Liebe, auf menschliche Vaterschaft; zwar ein Verzicht, aber geleistet „um des Himmelsreiches willen". Um echt zu sein und seinen religiösen Gehalt zu bezeugen, darf er nicht Verneinung der Sexualität oder Flucht vor ihr sein, sondern muss sie in einer höheren Form der Liebe überbieten und vergeistigen.

Dynamik in der Zölibatsmotivation

48 Die Motive für die Wahl des Zölibats können sich bei den einzelnen Kandidaten unterscheiden und sehr persönlich geprägt sein, müssen aber nicht gleich bleiben. Denn es vollzieht sich im Leben des geweihten Zölibatärs eine ständige Entwicklung durch die Einübung seiner Beziehungen zu Gott und den Mitmenschen. Hier stellt sich das eigentliche Problem, viel mehr als in der Wertung der anfänglichen Motivationen.

Man darf nicht vergessen, dass es auch ein Hineinwachsen in die rechte seelische Haltung zum Zölibat beim jungen Theologiestudenten gibt (61). Das Ideal des psychologischen Gleichgewichtes lässt sich nicht ein für allemal vollkommen verwirklichen, weder im Zölibat noch in der Ehe (62).

Auch eine starke Zuneigung des jungen Menschen zur Ehe oder zum Familienleben, die den Verzicht darauf schmerzlich machen kann, muss nicht als Gegensatz oder Hindernis für die Berufung zum Zölibat angesehen werden. Dieser Schmerz über den Verzicht, auch wenn er ein ganzes Leben lang fühlbar wäre, bildet kein Präjudiz gegen den jungfräulichen Stand, wenn nur die ausschließliche Hingabe an Gott mit voller Zustimmung des Willens gelebt wird. Der Zölibat ist ein Anruf von seiten Gottes, der sehr wohl das ständige Opfer einer starken Neigung zur Ehe einschließen kann.

Mitmenschliche Beziehungen und persönliche Einsamkeit

49 Der freiwillige Zölibat wird sinnvoll verwirklicht im Rahmen bestimmter mitmenschlicher Beziehungen: er wird gelebt im Kreise einer brüderlichen Gemeinschaft, die gegenseitigen Austausch ermöglicht und fördert, und es gestattet, die anderen zu erreichen, ohne sie „haben" zu wollen, sozusagen eine Einübung im „Nichtbesitzenwollen". Ein Zeichen dafür, dass man den Zölibat in der rechten Weise verstanden und auf sich genommen hat, ist die Fähigkeit, dauerhafte personale Beziehungen zu schaffen und zu unterhalten; das Gegenwärtigsein der Freunde, auch wenn sie abwesend sind; das Vermeiden, sich ihnen aufzudrängen; der Erweis, dass man ihrer nicht zu sehr bedarf. Daher bedeutet der Zölibat auch die Annahme und Bejahung der „Einsamkeit (63)"

Es gibt eine geheimnisvolle Art von Einsamkeit, die ein konstitutives Element der menschlichen Existenz ist. Es geschieht immer in Stunden der Einsamkeit, dass man am besten seine eigene Identität und seine Möglichkeiten erkennt und die großen Entscheidungen des Lebens heranreifen. Die Einsamkeit des priesterlichen Zölibats ist angefüllt mit solchen Werten.

Es ist der Auftrag des Priesters, die Menschen durch Christus zu Gott zu führen. Er wird diesem Ziel um so besser dienen, je mehr er in seiner Person die Güte und Liebe Gottes zum Aufleuchten bringt. Im Einklang mit seiner Berufung muss er immer bereit sein, seine eigenen Interessen an die zweite Stelle zu setzen und die Erfüllung seiner eigenen Wünsche der Liebe zum Nächsten unterzuordnen, der er sich durch sein Priestertum verschrieben hat.

Voraussetzungen für eine Erziehung zum Zölibat

50 Auf Grund des schon genannten Prinzips, dass die Sexualerziehung in die Gesamterziehung der Person zu integrieren ist, ist es eine wesentliche Aufgabe der Seminarerziehung, den künftigen Priestern Anregungen zu bieten, wie sie immer besser die natürlichen und übernatürlichen Tugenden üben und entfalten können (64). Sie sollen sich der organischen Verbindung aller Tugenden in der Liebe bewusst werden, die Wurzel und Wesensform jeglichen sittlich guten Handelns ist. Sie müssen von der Notwendigkeit überzeugt werden, sich ständig und mit ganzer Kraft dem Fortschreiten in der Liebe zu widmen, die „das Band der Vollkommenheit ist" (Kol 3, 14).

Nach dem Wachsen ihrer Überzeugungen und ihres Verantwortungsgefühls für die Berufswahl müssen die Theologiestudenten zu einer aktiven Liebe und Freude am Ideal aufgemuntert werden und zum festen Willen, ein keusches Leben ohne lässige Konzessionen und Kompromisse führen zu wollen, gestärkt durch das Bewusstsein, dass sie auch in der Entfaltung ihres Menschseins anderen keineswegs unterlegen sind.

Jeder Priesterkandidat muss sich selbst gründlich kennen, seine eigenen physischen, psychischen, moralischen, religiösen und affektiven Voraussetzungen und Neigungen prüfen und klar seine Fähigkeit abschätzen können, dem Rufe Gottes mit einer wohlüberlegten, reifen und verantwortlichen Entscheidung zu antworten (65). Er muss den vollen freien Willen haben, sich ganz und ständig Christus, dem Ewigen Hohenpriester, und seiner Kirche zu weihen (66). Er muss fähig und bereit sein, die Gebote Gottes und die Anordnungen der Kirche zu beachten (67) .

Erziehung zur wahren Liebe im Zölibat

51 Die Integrierung des Verzichts auf die Ehe schließt nicht nur ein Beiseiteschieben der Sexualität aus, sondern verlangt im Gegenteil, dass die jungen Leute dazu angeleitet werden, sich ihrer bewusst zu sein und sie in ihrem ganzen Gewicht im Verhältnis zu den übrigen Werten der Persönlichkeit abzuwägen. Das schließt eine Erziehung des Herzens, der Affekte und emotionalen Regungen ein, es besagt ein Sich-öffnen für die anderen, kurz, eine fortschreitende und unter Selbstkontrolle vollzogene Entfaltung der eigenen Sexualität und Gefühlswelt.

Es genügt nicht, einen nur äußerlich korrekten Zölibat zu leben, man muss ihn auch priesterlich lieben. Es wäre ein bedenkliches Gegenkriterium für eine kirchliche Berufung, wenn ein junger Mann ein Egoist wäre, der sich der Liebe verschließt und sich nur mit sich selbst und seinen persönlichen Interessen befasst. Aber es ist ebenso wahr: ein junger Mann mit einem allzu affektiven Temperament und leicht zugänglich für Sympathien und krankhafte Anhänglichkeiten wäre für das zölibatäre Leben nicht sehr geeignet.

Der Zölibat ist eine Berufung zu einer besonderen Form der Liebe. Er muss in einem Klima der Freundschaft gelebt werden, vor allem der Freundschaft mit Gott in Christus (68). Der Priester muss aus der Kraft jener hohen Liebe leben, deren tiefster Quell nur in Gott zu finden ist; er muss sie leben in der Nachfolge Christi, indem er sie auf alle ohne Ausnahme ausweitet und jenen hohen Sinn für Verantwortlichkeit entwickelt, der ein Kennzeichen der reifen Persönlichkeit ist.

Keuschheit und religiöser Eifer

52 Bei der Berufswahl selbst und um ihr treu zu bleiben - sie muss ja Tag für Tag erneuert werden - sind die Priesterkandidaten anzuleiten, sich auf tiefverankerte Motive zu stützen. Sie müssen den festen Willen haben, ein Leben echter Keuschheit zu führen, wenn sie nicht in einen Zustand der Mittelmäßigkeit hineingleiten wollen, in eine Art „Niemandsland", wo sie weder an den menschlichen Freuden teilhaben noch an der Freude, die von Gott kommt.

Bei dem engen Zusammenhang zwischen Religiosität und Keuschheit und beim spezifisch sakralen und christlichen Sinngehalt des Zölibats muss die religiöse Ausbildung der Priesterkandidaten ständig verbessert und vertieft werden und sozusagen den Tiefengrund der Seele erfassen (69). Sie müssen Kontakt bekommen mit den Quellen eines echten geistlichen Lebens, das allein imstande ist, der jungfräulichen Lebensform eine feste Fundierung zu geben (70).

Der Zölibat als lebenslängliche Selbsthingabe bietet immer wieder Anlass, die neuen Situationen, die das Leben mit sich bringt, dem Herrn darzubringen, und bereichert das eigene Leben mit der Erfahrung immer neuer ekklesialer Dimensionen; er fordert immer wieder die Lauterkeit und Hochherzigkeit der ersten Hingabe und die allmähliche Identifizierung mit Jesus Christus in der Tiefe des eigenen Ich; er ist ein fortgesetztes vertrauensvolles Sich-verlassen auf den Beistand des Heiligen Geistes und versinnbildet und bezeugt zeichenhaft vor dem Volk Gottes das „ewige Priestertum" Jesu Christi.

4. ERZIEHUNG ZUR PRIESTERLICHEN ASZESE

Unerlässlichkeit asketischen Bemühens

53 Die Ausbildung zum Priestertum und insbesondere zum priesterlichen Zölibat verlangt eine Aszese nicht nur allgemeiner Art, sondern „besonderer Prägung, höher jedenfalls als die von allen Christen geforderte, und zugeschnitten auf die besondere Situation der Bewerber um das Priestertum; eine strenge, aber nicht niederdrückende Aszese, die in der überlegten und beharrlichen Übung jener Tugenden besteht, die aus dem Menschen einen Priester machen (71) ". Das Priesterleben verlangt „eine wahrhaft männliche äußere und innere Aszese (72)", welche die treue Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen verbürgt (73) und guten Erfolg erhoffen lässt (74).

Das Bemühen um christliche Vollkommenheit verlangt eine Aszese der Selbstverleugnung, die gleichzeitig eine Aszese der Befreiung ist. Die Abtötung ist nach dem II. Vatikanischen Konzil Ausübung einer königlichen Macht und unerlässlich, um die Herrschaft der Liebe zu verwirklichen (75). Liebe und Abtötung ergänzen sich wechselseitig: die Abtötung macht den Menschen frei und schafft Raum für die Liebe, die Liebe ihrerseits erleichtert die Abtötung.

Der Priesterkandidat ist ein Mensch, der von der „Gnade der Berufung" getroffen wurde, die ihm das kostbare Geschenk des keuschen Lebens macht (76). Je mehr er sich dessen bewusst wird, um so mehr sollte er sich angespornt fühlen, dieses große Geschenk mit Dankbarkeit entgegenzunehmen und mit voller Freiheit großmütig zu beantworten (77). Die Aszese ist die entschiedene Antwort, die der Kandidat mit seinem ganzen Leben geben will.

Die Eigenart der priesterlichen Aszese

54 Diese positiv aufgefasste Abtötung, die zu jedem menschlichen und christlichen Leben gehört, hat eine besondere Funktion im Leben des Priesters. Denn die priesterliche Tätigkeit Christi wird nicht in ihrem vollen biblischen Sinn erfasst, wenn man sich nicht vor Augen hält, dass Christus zugleich „Priester und Opfergabe" ist und sich selbst auf dem Altar des Kreuzes für das Heil der Menschheit darbringt, eine Selbsthingabe, die er unblutig auf den Altären erneuert.

Wenn das der Angelpunkt der priesterlichen Sendung Christi ist, kann man vom Leben derer, die zur Teilnahme an dieser Mission berufen sind, nicht anders denken. In der Person Christi handelnd, setzen sie sein Werk fort. Folglich muss auch das ganze sittliche und geistliche Leben des Priesters auf das Ziel zentriert sein, selber zugleich Priester und Opfergabe zu sein, in engster Vereinigung mit Christus, dem Hohenpriester und der makellosen Opfergabe.

Diese Wahrheit stellt die Notwendigkeit einer gediegenen Aszese ins rechte Licht, die darauf abzielt, alles zu vermeiden, was den priesterlichen Dienst beeinträchtigen könnte. Zugleich ist sie eine positive Einladung, den königlichen Weg des Kreuzes zu gehen und immer die Abtötung Christi an unserem Leibe zu tragen, damit auch das Leben Christi in uns offenbar werde (2 Kor 4, 10). Sie ist eine positive Einladung, aus ganzem Herzen die Verpflichtungen zu übernehmen, die einschlussweise in der Tatsache der „Weihe zum Priester" gegeben sind (78).

Das ist der Sinn jenes auch vom Konzil betonten Zusammenhangs zwischen der Hauptaufgabe des Priesters und dem Auftrag, das nachzuahmen, was sie tun (79). Diese Herausstellung des besonderen Charakters der priesterlichen Aszese will nicht vergessen machen, dass auch die Ehe eine „sakrifikaIe Lebensform" ist, ein Stand, der Opfer verlangt und viel Selbstverleugnung und auch mannigfachen Verzicht auf weltliche Freuden einschließt.

Einübung in die Aszese im Priesterseminar

55 Bedenkt man, dass in der heutigen Welt ein aszesefeindliches Klima herrscht, das jegliche Abtötung ablehnt, so erscheint es als dringende Erziehungsaufgabe des Seminars, in den Theologiestudenten die Überzeugung zu wecken, dass die Pflicht zur Aszese unabdingbar ist, um zur menschlichen, christlichen und priesterlichen Reife zu gelangen, und dass man ohne sie nicht in das österliche Geheimnis Christi hineinwachsen kann.

Wer die volle geistliche Reife erlangt hat, wird auch in Treue zu der einmal getroffenen Wahl stehen. Er hat zugleich die höchste Form von Freiheit erreicht. Aber zu einer solchen Reife und Freiheit gelangt man nur durch eine lange Einübung der Selbstkontrolle und Selbsthingabe in den Jahren der Ausbildung und durch spätere Weiterführung. „Auf diesem Wege wird sich der Priesterkandidat mit der Gnade Gottes zu einer ausgeglichenen, starken und reifen Persönlichkeit entwickeln; seine natürlichen Kräfte werden mit den erworbenen Tugenden bereichert, und alle Fähigkeiten werden sich harmonisch verbinden im Lichte des Glaubens und in der Einheit mit Christus, der ihn für sich und den Dienst für das Heil des Menschengeschlechtes erwählt hat (80)."

Die Grundentscheidung auf der Ebene des Glaubens

56 Nicht ohne Grund hebt das kirchliche Lehramt die prophetische Funktion derjenigen hervor, die in die unmittelbare Nachfolge Christi berufen sind; denn Prophet ist nicht nur, wer Zukünftiges vorhersagt, sondern auch, wer die Wirklichkeit und Nähe Gottes bezeugt (81).

Der von Liebe getragene Aufschwung zum Unsichtbaren kann sich nur auf den übernatürlichen Aufblick stützen, auf eine Erkenntnis, welche die der Sinne übersteigt. Der Zölibat der Priester und Ordensleute ist ein Angebot an den Herrn. Er geht über alle menschliche Berechnung hinsichtlich seiner Fruchtbarkeit oder Wirksamkeit hinaus und enthüllt sich als Opfer, das seine Rechtfertigung nur aus dem Glauben empfängt.

Wer so nach der Vereinigung mit Gott strebt, kann das nicht ohne eine tiefgreifende Aszese, zumal er, wie jedes menschliche Wesen, die Grenzen, die sich ihm in der Tiefe des eigenen Ich auftun, entdecken und akzeptieren muss. Nichts ist möglich ohne die hochherzige Annahme dieser Grenzen. Es ist wie beim Kampf Jakobs mit dem Engel (vgl. Gen 32, 24-32). In diesem Kampf geht es vor allem um die Enttäuschungen, die der Mensch in seinen teuersten Idealen und liebsten Hoffnungen erfahren muss.

5. INTEGRATION DES GEFÜHLSLEBENS IN DIE GESAMTPERSÖNLICHKEIT

Gegensätzliche Meinungen über ein delikates Problem

57 Der Theologiestudent verspürt, wie jeder andere junge Mensch, das Bedürfnis nach affektiver Integration, das heißt, er empfindet die Notwendigkeit einer ausgewogenen und abgeklärten Haltung gegenüber der Sexualität im allgemeinen und gegenüber dem anderen Geschlecht im besonderen. Es geht darum, das rechte Gleichgewicht zu erreichen, die Herrschaft über sich selbst, oder wie man oft sagt, den Zustand der Reife, in dem das Gefühlsleben in die Gesamtpersönlichkeit des jungen Menschen derart eingeordnet wird, dass ihm ein normales, den verschiedenen Situationen des Lebens angemessenes Verhalten möglich wird.

Natürlich kann sich die genannte Reifung in der erwünschten Weise nur vollziehen durch Kontakte mit anderen Personen; durch Freundschaften, Gespräche und, ganz allgemein, durch Gemeinschaft bei der Arbeit, in der Erholung und anderen Interessen. Diese Dinge haben eine große Bedeutung im Leben des jungen Menschen. Er erlebt dabei sehr deutlich die eigenen Grenzen und sieht, dass er sich nicht selbst genügt, sondern auf Geben und Empfangen angewiesen ist. Das ist eine grundlegende menschliche Erfahrung und kann auch den Weg zu reichen Erfahrungen im geistlichen Leben öffnen.

Im Leben ist es nicht immer leicht, diese Beziehungen so zu gestalten, dass sie den Prozess der Reife fördern, besonders wenn es sich um Personen verschiedenen Geschlechts handelt. Dazu braucht es die Fähigkeit und das Verantwortungsbewusstsein, die oft zwiespältigen und zweifelhaften Regungen, die sich in diese Beziehungen einschleichen können, und deren Eigengesetzlichkeit zu erkennen. Es bedarf auch einer klugen „Unterscheidung der Geister", eines feinen Gespürs für die Regungen der Natur und der Gnade.

Beim Problem der Beziehungen zum anderen Geschlecht konnte man in den letzten Jahren einen beachtlichen Wandel feststellen. Während bis dahin eine vorsichtige und reservierte Haltung empfohlen wurde, die in extremen Fällen zu einer übertriebenen Isolierung der Priesterkandidaten führte, nimmt heute umgekehrt ein weitgehender Optimismus überhand, eine Haltung nahezu unbekümmerten Vertrauens: man begnügt sich nicht mehr mit den gewöhnlichen Kontakten, wie sie das Leben mit sich bringt, sondern wünscht bewusst die Pflege häufiger Begegnungen mit Mädchen, um, wie man sagt, es dem jungen Mann leichter zu machen, die affektive Reife zu erlangen.

Theologische Motivationen

58 Die Priesterkandidaten sollen angeleitet werden, die theologischen Aspekte der Keuschheit zu entdecken. Man öffne ihnen den Blick für die engen Beziehungen zwischen der Pflege dieser Tugend und den großen Wahrheiten des Christentums. Man zeige ihnen die apostolische Fruchtbarkeit der gottgeweihten Jungfräulichkeit und mache sie darauf aufmerksam, wie jede Erfahrung von Gut oder Böse sich fördernd oder schädigend auf unser innerstes Wesen und unsere Persönlichkeit auswirkt und folglich auch auf unser apostolisches Wirken.

Unsere Religion legt ein großes Gewicht auf die Pflege der Keuschheit. Sie gibt uns Mittel an, wie wir sie bewahren und schützen können: gewissenhafte Sorgfalt, Reserviertheit und Distanz, innere Kontrolle unserer Phantasien und Begierden, Beherrschung der äußeren Sinne.

Die Einübung in die Keuschheit wäre nicht vollständig ohne Unterweisung über die Natur der Versuchungen, ihre Quellen und Ursachen, über ihre verschiedenen Formen und Gegenmittel und über die geistige Strategie, die man bei ihrer Bekämpfung einschlagen muss.

Wege zu einer positiven Lösung des Problems

59 Wie bei allen mitmenschlichen Beziehungen ist auch bei den Beziehungen des Priesterkandidaten zum anderen Geschlecht der rechte Weg, der einzuschlagen ist, der Weg der Wahrheit und der Aufrichtigkeit. Ein gesundes, echtes Benehmen schließt seiner Natur nach alles aus, was nach Geziertem und Gekünsteltem aussieht. Es ist selbstverständlich, dass ein solcher Weg alle Beziehungen ausschließt, die nur um eines einseitigen persönlichen Vorteils willen gesucht werden, um die Person des anderen sozusagen zu seinen persönlichen Zwecken „auszunützen".

Sieht man von derartigen Beziehungen ab, die sich für einen zukünftigen Priester von selbst verbieten, bleiben noch die normalen, gewöhnlichen Kontakte, die sich bei den verschiedenen Gelegenheiten des Alltags bieten. Es handelt sich um Beziehungen, die sich nach den Regeln eines gesunden, menschlichen Verhaltens entwickeln und die von Höflichkeit und Achtung getragen sind und vor allem von der Liebe, die man jeder Person schuldet.

Die Beziehungen auf dieser Ebene bieten dem jungen Priesterkandidaten genügend Gelegenheiten für seine persönliche Entfaltung: für eine bessere Selbsterkenntnis, für eine Verfeinerung seines Charakters durch erfahrungsmäßiges Innewerden seiner starken und schwachen Punkte und der Anlagen, die der Pflege oder Korrektur bedürfen. Der junge Theologe muss bei solchen Beziehungen unbedingt zur vollen Herrschaft über sich selbst gelangen und wissen, welche er abbrechen oder auf welche er verzichten muss, ohne deswegen innerlich beunruhigt zu werden. Das setzt eine gesunde Aszese voraus, eine wachsame Abtötung und ständige Selbstkontrolle.

Bei dieser Notwendigkeit der Selbstkontrolle sollen die jungen Theologen zu einer klugen Unterscheidung ihrer Gefühlsregungen angehalten werden: „Sie sollen diese Liebe unterscheiden und beurteilen lernen und sich darüber in aller Offenheit vor dem Herrn mit ihren geistlichen Führern und Oberen aussprechen; umgekehrt sollen sie alle Sonderfreundschaften vermeiden, vor allem jene ausschließlichen und sich in die Länge ziehenden mit Personen des anderen Geschlechtes; vielmehr sollen sie sich um jene echte Liebe bemühen, die sich allen Menschen aufschließt und darum wahrhaft keusch ist, und sie von Gott als kostbare Gabe erflehen (82)."

Die Bedeutung, die in diesem Bereich der geistlichen Leitung und Beratung zukommt, setzt natürlich auch die entsprechenden Fähigkeiten beim Spiritual oder geistlichen Führer voraus. Die Schwierigkeiten, die hier auftreten, wird er nicht nach einem allgemeingültigen Schema lösen können, sondern muss sie in jedem Einzelfall unter Beachtung der individuellen Unterschiede gründlich überdenken und jedem persönlich helfen, die möglichen Krisen zu überwinden, die ihn in seiner Berufung unsicher machen oder von ihr wegführen könnten.

Vorbereitung auf pastorale Begegnungen mit Frauen

60 Das Problem der Beziehungen zum anderen Geschlecht berührt den Theologiestudenten nicht nur in seiner jetzigen personalen Sphäre, sondern auch im Hinblick auf seine zukünftige pastorale Tätigkeit, gerade wegen der Seelsorge von morgen „muss man der Vorbereitung der Alumnen auf die richtigen und gesunden Beziehungen zu den Frauen besondere Aufmerksamkeit widmen, damit sie über die Eigenart der weiblichen Psyche nach den verschiedenen Altersstufen und Ständen im Leben gut unterrichtet sind und im pastoralen Dienst den Frauen eine wirksame geistliche Hilfe leisten können, sich dabei aber mit jener Nüchternheit und Klugheit zu benehmen wissen, wie es sich für Diener Christi geziemt (83)".

Das gesunde und korrekte Verhalten zur Frau erwirbt man sich, wie schon oben angedeutet, nicht durch Improvisation, sondern durch allmähliche und taktvolle Erziehung. Es ist deshalb Aufgabe der Seminaren, die Alumnen auf persönliche Kontakte mit Frauen vorzubereiten: Sie sollen nicht nur die Herrschaft über ihre eigenen Gefühlsregungen in ihrer Gegenwart erlernen und bewahren, sondern auch erkennen, welche Werte die Frau in der geistigen Ordnung verkörpert. Eine solche Vorbereitung ist für die Priesterkandidaten auch notwendig, um ihr menschliches Empfinden und Taktgefühl zu vertiefen, das ihr ganzes pastorales Verhalten prägen soll.

Ein Wort über Freundschaften mit Frauen

61 Angesichts der heutigen Situation muss auch ein Wort über die Möglichkeit einer Freundschaft zwischen Priesterkandidat (oder Priester) und Frau gesagt werden. Dieses Problem verlangt natürlich eine wache Aufmerksamkeit und ein charakterliches Gleichgewicht, wie es nicht alltäglich ist.

Ohne Zweifel können die normalen Beziehungen im Rahmen des täglichen Lebens unter bestimmten Bedingungen zur menschlichen und geistlichen Reife des Priesterkandidaten beitragen. Doch muss man auf der Hut sein vor Sonderfreundschaften, die sich sehr leicht als gefährlich und unvereinbar mit der Berufung zum Priester erweisen, weil sie ein Hindernis für die Freiheit des Herzens und die Universalität der Liebe bedeuten. Die Natur der Sendung, auf die sich der junge Theologe vorbereitet, verlangt von ihm eine Aufgeschlossenheit des Geistes für alle: eine alle umfassende Liebe, die „aufrichtig, menschlich, brüderlich, persönlich und opferbereit ist und sich nach dem Beispiel Christi an alle und jeden wendet, in besonderer Weise an die Armen, Bedrängten und sonst wie Notleidenden (84)".

Es müssen also die Oberen und geistlichen Berater wissen, welche positive Hilfe sie den jungen Leuten geben können, die ihrer Sorge anvertraut sind. Oft ist am Anfang schwer zu erkennen, was diese Beziehungen wirklich sind und wie sie sich entwickeln werden. Man kann versucht sein, etwas als „geistig" anzusehen, obwohl es das gar nicht ist. Selbst beim Vorliegen bester Absichten muss man mit der idealisierenden Kraft solcher gefühlsmäßigen Bindungen rechnen, die dazu verleitet, die darin enthaltenen realen Gefahren zu unterschätzen oder zu verkennen. Sinnliche Liebe ist ja schon ihrer Natur nach ambivalent und wird leicht zur begehrlichen Liebe, mit der Folge, die volle Entfaltung der Persönlichkeit zu gefährden, statt sie zu fördern. Während somit der geistliche Nutzen, den sich jemand von einer derartigen Freundschaft versprechen möchte, sehr fragwürdig und unsicher ist, sind die Gefahren und Schwierigkeiten, die daraus entstehen, oft erheblich und ernsthafter Natur.

Auf diesem Gebiet heißt es realistisch sein und sich der Tatsache bewusst bleiben, dass die menschliche Natur sich leicht darüber täuscht, warum sie gewisse Beziehungen für notwendig hält, und dass sie mit übernatürlichen Motiven etwas tarnt, was nur eine Neigung unserer gefallenen Natur ist (85).

6. SCHWIERIGKEITEN IM ERZIEHUNGSPROZESS

Erziehungsaufgaben im Reifealter

62 Der Erzieher muss Einblick in den Wachstumsverlauf der jugendlichen Persönlichkeit in den verschiedenen Phasen des Entwicklungsalters haben. Was speziell das Reifealter betrifft, so vollzieht sich in ihm die physiologische Reifung, das Aufbrechen des Geschlechtstriebes und das Kreisen der Phantasietätigkeit um die Tatsache des Geschlechtslebens.

Der junge Mensch braucht Hilfe, um sich eine gesunde Vorstellung vom Sinn der Geschlechtlichkeit zu bilden, sich ihres Platzes in der Rangordnung der Werte bewusst zu werden, das rechte Verhalten im Fall unreiner Versuchungen zu lernen oder angesichts von Situationen, die sexuelle Elemente einschließen; er muss versuchen, seine Triebe zu beherrschen, nicht in einem Zustand der Aufregung oder des Erschreckens, sondern jener Ruhe, die allein das Wissen um die Wahrheit verleiht.

Die Erziehung muss das alles gegenwärtig haben, muss im Leben der Gruppe oder der Gemeinschaft sein affektives Potential entwickeln und ihm helfen, sein sexuelles Streben zu objektivieren im Sinne einer Bereitschaft zur vollen Selbsthingabe. Es ist keine leichte Aufgabe, diesen Antrieb auf klare Weise zu integrieren. Man sollte sich daher nicht wundern, wenn sich ein junger Mensch auf sich selbst zurückzieht und sich von jedermann in seiner Umgebung völlig missverstanden fühlt. Es ist auch verständlich, dass er in dieser Situation dazu kommt, den ganzen sexuellen Drang auf sich selbst zu zentrieren und so die sexuelle Integration noch schwieriger zu gestalten.

Die Überwindung egozentrischen Sexualverhaltens

63 Eine der für das Phänomen der Selbstbefriedigung verantwortlichen Ursachen ist das Fehlen der Ausgeglichenheit und des Gleichgewichts im sexuellen Bereich. Andere Ursachen oder Anlässe sind nur sekundärer Natur, auch wenn sie ihr Auftreten erleichtern oder zu ihrer Fortsetzung beitragen. Das pädagogische Bemühen muss sich mehr auf diese Ursachen richten als auf die direkte Bekämpfung oder Unterdrückung dieses Phänomens. Nur so kann man beim Jugendlichen die Entwicklung des Triebes wirksam unterstützen, nämlich jenes innere Heranreifen, das ihn zu einer fortschreitenden Beherrschung seiner Triebwelt führt, einem Fortschritt, den gerade die eben erwähnten Ursachen mehr oder weniger zu verhindern suchen.

Furcht, Drohungen oder Einschüchterungen physischer oder geistiger Art helfen hier nicht weiter. Sie begünstigen vielmehr Zwangszustände, die das sexuelle Gleichgewicht in Gefahr bringen und den jungen Menschen auf sich selbst fixieren, statt ihn für die Mitmenschen aufzuschließen. Der Erfolg wird hier, wie auch in anderen Fällen, davon abhängen, wie weit man sich der wirklichen Ursache der Störung bewusst wird. In dieser Richtung sollte sich die erzieherische Bemühung bewegen.

Egozentrisches Sexualverhalten bleibt ein Hindernis für die Erstellung jener Lebensordnung, welche die Hauptaufgabe der Erziehung ist. Gegen die Verengung des seelischen Horizontes, die sie hervorruft, kann der Erzieher nicht gleichgültig bleiben. Er sollte jedoch das Faktum selbst nicht dramatisieren und dem betroffenen jungen Mann in keiner Weise seine Achtung und sein Wohlwollen versagen oder verringern. Wenn dieser mit der übernatürlichen hingebenden Liebe des Erziehers in Kontakt kommt, wird er spüren, dass er in eine von Liebe getragene Gemeinschaft aufgenommen ist und aus der Verkapselung des eigenen Ichs befreit wird.

Bei der Behandlung der einzelnen Fälle empfiehlt es sich nicht, eine fertige Lösung anzubieten, die der Betreffende nur anzunehmen hätte. Viel wirksamer im Interesse einer wahren inneren Reifung ist es, ihn selber einen Weg oder ein Mittel zur Überwindung der Schwierigkeit finden zu lassen. Dann löst er nicht nur dieses eine Problem, sondern erwirbt sich die Fähigkeit, auch andere Probleme zu lösen, die sich ihm einmal darbieten werden.

Die Seminarerziehung im Reifealter

64 Das Gesamtziel der Seminarerziehung bleibt immer die natürliche, christliche und priesterliche Ausbildung der Alumnen. Die schwierigste Erziehungsaufgabe während der Entwicklungsjahre besteht darin, im richtigen Verhältnis, in der rechten „Dosierung" die Heranbildung zum Christen und zum Priester zu vermitteln. Diese letztere soll schrittweise eingeleitet und im Reifealter mit großer Umsicht weitergeführt werden.

Für die Mehrzahl der Kandidaten sind die Motive für den Beruf am Anfang noch sehr unbestimmt. Sie wollen sich zum Dienst für die Menschen, für die Kirche und für Christus zur Verfügung stellen, haben aber oft noch recht unklare Vorstellungen über die Kirche und über Christus. Ihre Haltung ist eher eine Verfügbarkeit im humanitären Sinn, ohne ausgeprägte Beziehung zu Gott, Christus und Kirche. Die Welt- und Lebensanschauung vieler junger Leute ist noch sehr allgemein und global. Humanitäre und religiöse Bezüge heben sich noch wenig voneinander ab.

Das ist der Grund, warum sich anfänglich viele junge Leute zum Priesterberuf hingezogen fühlen. Aber sobald die weltlichen, humanitären Interessen festere Gestalt annehmen, geben sie den Gedanken an den Beruf auf und verlassen das Seminar, wenn ihre Haltung nicht mit religiösen Motiven aufgefangen und unterbaut wird. Man muss sie also zur rechten Zeit den Sinn des gottgeweihten Lebens entdecken lassen und ihnen nicht schon von Anfang an eine bereits priesterliche Lebensform auferlegen.

Erziehungsaufgaben im Jugendalter

65 In der reifen Jugend sucht sich die Liebe in sehr verschiedenen Formen von Sexualität auszudrücken, wobei sich der sexuelle Faktor mit dem psychisch-affektiven Faktor vereinigt. Trotz gegenteiligen Augenscheins und trotz aller Freizügigkeit, mit der die Geschlechter heute untereinander verkehren, kennen viele junge Männer die echte weibliche Psychologie nicht. Die Frau bezaubert sie, aber sie bleibt für sie ein verwirrendes Geheimnis. Sie geben sich daher sehr leicht falschen Formen der Liebe hin, während sie doch entdecken müssten, dass Keuschheit und Liebe im Grunde nur eine einzige Tugend sind, die ihrem Wesen nach aktiv, fruchtbar und hochgesinnt ist.

Der Erzieher wird ganz besonders der Tatsache Rechnung tragen müssen, dass die Jugend die Zeit der entscheidenden und endgültigen Standeswahl für das ganze Leben ist. Die jungen Menschen müssen eine klare Übersicht bekommen über alle Möglichkeiten, die sich ihnen auftun, um dann zu einer freien Entscheidung fähig zu sein. Das ist der Augenblick, ihnen die wahre Theologie der Ehe und des gottgeweihten Zölibats zur Kenntnis zu bringen (86). Zugleich ist es der Augenblick, wo alle Vorurteile zerstreut werden müssen und die „falschen Theorien, die besagen, dass volle Enthaltsamkeit unmöglich oder doch der vollen Entfaltung des Menschen schädlich sei (87)".

Das Problem der Berufstreue

66 Das wahre Problem ist heute nicht nur, dass junge Menschen kaum noch auf den Priesterberuf ansprechbar sind. Das eigentliche Problem liegt auch in der Berufstreue, im Ausharren im erwählten Beruf und in der Bejahung der Forderungen, die dieser Beruf an sie stellt. Zu den vielen Ursachen des Nichtausharrens gehören sicher jene objektiven Faktoren, die mit den Umweltbedingungen und kulturellen Strömungen gegeben sind, in denen die jungen Menschen leben. Aber ohne Zweifel liegt auch eine subjektive Ursache von erheblichem Gewicht vor, welche die Aufmerksamkeit der Erzieher verdient: die ungerechtfertigte Abwertung und Geringschätzung des gottgeweihten Lebens im Priestertum.

Die jungen Menschen von heute sind sicher nicht weniger idealgesinnt als die von gestern, aber sie benötigen eine besondere Führung auf den Weg der Pflicht, sie müssen herausgefordert werden zum Heroismus, sie brauchen hohe Ideale. Es ist ein großer Irrtum, die Berufung zum Priestertum auf die Dimensionen des gewöhnlichen Lebens zurückzuführen, auf ein Leben ohne Opfer und ohne strenge Verpflichtungen. Die Jugendlichen können nicht mit einer hochherzigen Gesinnung antworten, wenn man nicht an die Qualitäten appelliert, die dem jugendlichen Gemüt eigen sind: die Vorliebe für das Schwere, das Bedürfnis nach voller Hingabe, die Freude am Opfer.

Sie müssen zur tiefen Überzeugung gelangen, „wie dankbar sie diesen Stand entgegennehmen sollen, nicht etwa bloß als eine Vorschrift kirchlicher Gesetzgebung, sondern als ein kostbares Geschenk Gottes, das sie in Demut erbitten und dem sie mit der erweckenden und helfenden Gnade des Heiligen Geistes frei und großherzig zu entsprechen suchen sollen (88)".

Besondere Schwierigkeiten im Erwachsenenalter

67 Durchaus realistisch ist die Annahme, dass der Priester, wie jeder andere Mensch, den allgemeinen Krisen der menschlichen Entwicklung und den besonderen Schwierigkeiten seines Standes unterworfen ist, wie da sind: Krisen und Schwierigkeiten des emotionalen Lebens, der Sexualität, des Verhältnisses zur Autorität, der Suche nach einem festen Standort in der Welt und in der Kirche, Krisen des geistlichen Lebens. Priesterkandidaten müssen daher darauf vorbereitet werden, solchen Krisen mit dem Geist der Opferbereitschaft, mit Mut und Festigkeit zu begegnen.

Im Ablauf des menschlichen Lebens ist die Überschreitung jener Schwelle, die man „die Mitte unseres Lebensweges" zu nennen pflegt, eine wichtige Etappe. Die grundsätzlichen Entscheidungen sind bereits in der Zeit zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr gefallen mit der Lösung der wichtigsten Lebensprobleme wie Berufswahl, Wahl des beruflichen Arbeitsfeldes, Orientierung des ganzen Lebens. Die Möglichkeiten einer Umkehr sind nur noch gering.

In diesem Alter entschwindet die Jugendzeit mit ihren Aussichten und Vorrechten: Begeisterung, Pläne, Hoffnungen, Träume von Heiligkeit und großen Werken zum Fortschritt der Kirche. Nun setzt ein Leben größerer Bewusstheit, größerer Ruhe und Ausgeglichenheit, aber auch größerer Verwundbarkeit ein. Vielleicht hat man sich schon Anerkennungen errungen, verantwortungsvolle Posten und Erfolge. Es kann aber auch sein, dass man auf der menschlichen und apostolischen Linie versagt hat. Man kann sich auch in einem Zustand von Enttäuschung und Resignation befinden.

Diese Umstände können bei einigen zu einem gequälten und innerlich unruhigen Leben führen, zu einer „Krise der inneren Leere", d. h. des Unbefriedigtseins und der Frustrierung durch Nichtverwirklichung der angestrebten Ideale. In einer solchen Lage kann das Bedürfnis nach menschlicher Freundschaft sehr fühlbar werden.

Gründe für Krisen im Priesterleben

68 Unter dem Gesichtspunkt familiären Lebens befindet sich der Priester allein. Er lebt nicht mehr in der Familie, in der er aufgewachsen ist, und eine eigene Familie besitzt er nicht. Der apostolische Eifer, der ihn in der Jugend beflügelt hat, hat eine merkliche Abkühlung erfahren. Er kann den Eindruck bekommen, von der jüngeren Generation gemieden oder beiseitegeschoben zu werden. So erwartet ihn, meist um die Vierzig herum, eine innere und äußere Vereinsamung. Dann kann es geschehen, dass er die Last des Zölibats und die Tragweite des damit verbundenen Verzichts schwerer empfindet.

Dazu kommt eine gewisse Monotonie im priesterlichen Dienst, der sich immer gleich bleibt, vielfach durch zeitbedingte Umstände noch erschwert wird. In eins damit geht oft ein Gefühl des Misstrauens gegenüber der Umgebung und der kirchlichen Hierarchie. Weil die Dinge immer so weiterlaufen ohne Hoffnung auf Veränderung, kann sich das Gefühl des Unbefriedigtseins noch steigern.

So entstehen schmerzliche Rückzüge, Gereiztheiten und Missstimmungen. Es besteht die Gefahr der Neuentdeckung und Überschätzung der sinnlichen Wirklichkeiten, von denen man sich durch die Weihe an Gott gelöst hatte. Oft stellt sich auch eine Krise des geistlichen Lebens ein in Form eines routinemäßigen Ablaufs des priesterlichen Dienstes und der geistlichen Übungen. Man wird skeptisch gegenüber Fortschritten im innerlichen Leben und hält diesbezügliche Bemühungen für unnütz.

Wege zur Verhütung oder Lösung von Krisen

69 In einer solchen Lage muss der Priester mit sich selbst Geduld haben und sich annehmen, wie er ist, ohne sich durch das Aufbrechen solcher Schwierigkeiten in Unruhe versetzen zu lassen. Solche Impulse sind ein Stück unserer menschlichen Natur, und der Priesterberuf unterdrückt die Natur nicht. Ungeduld angesichts solcher Schwierigkeiten und mangelndes Verständnis für ihr Auftreten gehören zu den Ursachen, die zum Aufgeben des Priesterberufs oder zum Überdruss an ihm führen.

Aber die geduldige und ruhige Annahme alles dessen, was die Jahre mit sich bringen, genügt nicht und ist vielleicht auch nicht möglich ohne einen lebendigen Glauben und eine demütige und aktive Vereinigung mit Gott, im Anschluss an das Pauluswort: „Ich weiß, auf wen ich mein Vertrauen gesetzt habe" (2 Tim 1, 12). Diese lebendige und demütige Verbindung mit Gott, die aus Selbsterkenntnis, Vertrauen, Ergebung in Gottes Willen und einem treu weitergeführten Gebetsleben entspringt, wird jene Frische des geistlichen Lebens wieder aufblühen lassen, die jung erhält, auch wenn die Jahre fortschreiten. Gottverbundenheit und gläubige Sicht des Lebens helfen mit, die erwähnten Schwierigkeiten gerecht und objektiv einzuschätzen und, selbst wenn sie nicht verschwinden, ihnen doch etwas von ihrer lastenden Schwere zu nehmen, ja sogar die Erfahrung der Leere und Einsamkeit in ein wertvolles Opfer zu verwandeln, das wir Gott anbieten.

Sollte die Krise sich derart vertiefen, dass der Priester um Enthebung von seinen kirchlichen Verpflichtungen nachsucht, um versuchsweise eine Zeitlang als Laie zu leben, so wäre es doch ratsam, ihn in den Kreis einer Gemeinschaft einzuführen, wo er menschliche, christliche und mitbrüderliche Liebe erfährt und durch Wiederaufnahme geistlicher Übungen und Seelsorgearbeiten zu einer religiösen Neubesinnung angeregt wird.

IV. TEIL: DIE ERZIEHERISCHE FUNKTION DES SEMINARS: Günstige Faktoren für eine erfolgreiche Seminarerziehung

70 Weit davon entfernt, eine isolierte Komponente in der geistigen Struktur der Priesterpersönlichkeit zu sein, bildet die Keuschheit vielmehr den Höhepunkt eines gesunden geistlichen Lebens, das von einem starken Glauben und einer entfalteten Liebe getragen wird.

Daher kann nichts im Leben und Klima des Seminars bedeutungslos sein für die Pflege dieser Tugend. Gerade die Atmosphäre, die im Seminar herrscht, ist ein grundlegender Faktor im Rahmen dieser Erziehung. Daher ist es nicht überflüssig, auf die wesentlichen Züge des Seminarlebens hinzuweisen, die einen direkten oder indirekten Bezug zur Keuschheitserziehung haben.

Jedes Seminar muss geeignet und imstande sein, „in den Alumnen die Freude an der eigenen Berufung zu nähren (89)". Der um des Gottesreiches willen gelebte Zölibat muss als eine besondere Gnadengabe Gottes aufscheinen im Blick auf die Frohbotschaft von der Auferstehung Christi.

Um diese freudige Gesinnung zu erzielen, sollte den jungen Theologen Geschmack an jener apostolischen und kirchlichen Liebe vermittelt werden, die zugleich Liebe zu Christus ist und freundschaftliche Verbundenheit mit den Vorgesetzten und Kameraden, Bereitschaft für das Evangelium und Wille zur Zusammenarbeit. Dieses Programm soll nicht so sehr gelehrt als vielmehr im konkreten Leben des Seminars erlebt und bezeugt werden.

Hier sollen einige hilfreiche Anregungen folgen, um im Seminar eine Atmosphäre von hoher erzieherischer Wirksamkeit zu schaffen, vor allem durch die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen, eines intensiven geistlichen Lebens und einer großen Liebe zur kirchlichen Gemeinschaft, wie auch durch angemessenen Kontakt mit der äußeren Welt und vernünftigen Gebrauch der sozialen Kommunikationsmedien.

1. DIE ERZIEHERISCHE ATMOSPHÄRE DES SEMINARS

Das Seminar als brüderliche Gemeinschaft

71 Das Klima, in dem sich die menschlichen Beziehungen im Seminar entfalten, ist ein wichtiger Faktor für die pastorale Ausbildung. Bevor der Priesterkandidat die hohen Werte, die ihm das Seminar bietet, hinausträgt in die Welt, hat er selbst etwas zu leisten: er soll sich dem Kreis von Menschen, der ihn umgibt, öffnen im Geiste gegenseitiger Dienstbereitschaft. Diese muss sich darin bewähren, dass jeder seinen Teil für die Schaffung von Verhältnissen beiträgt, die die Entwicklung seiner Kameraden fördert.

Es sind einige Züge, die die Seminarerziehung kennzeichnen. Als erstes ist zu wünschen, dass in der Seminargemeinschaft jeder in voller Freiheit seinen Beruf überprüft und ihn nicht schon deshalb als gegeben ansieht, weil er sich in einem Seminar befindet (90). Man muss einer Vielfalt von Dispositionen der Studenten gegenüber dem Priesterberuf Rechnung tragen und ebenso dem häufigen Sinneswandel der Jugendlichen. Die Erzieher sollen jedem einzelnen mit Achtung begegnen und nicht eine Skala der „Würdigkeit" aufstellen. Sie sollen in keiner Weise dem Gedanken Raum geben, dass einer, der im Seminar den Beruf wechselt, ein „Verräter" sei. Alle Studierenden sollten regelmäßig daran erinnert werden, dass sie persönlich das Recht und die Pflicht haben, ihre Berufsauffassung ständig zu vertiefen und sich in voller Freiheit zu entscheiden.

Des weiteren hängen die guten Wirkungen, die eine jugendliche Seminargemeinschaft hervorbringen kann, von den gegenseitigen persönlichen Beziehungen ab. Sie sollen sich in einer Atmosphäre familiären Vertrauens und brüderlicher Freundschaft entfalten (91). Vertrauen kann man nicht durch bloße Autorität erreichen, man muss es erst erwecken und sich verdienen. Und auch die brüderliche Freundschaft kann durch gewisse Faktoren genährt, durch andere zerstört werden. Genährt und gefördert wird sie, wenn das Seminar selber eine Schule der Freundschaft ist, wo brüderlicher Geist auch auf der rein menschlichen Ebene gepflegt und ermutigt wird. Zerstörend dagegen wirken Mangel an Vertrauen, Argwohn und Verdächtigungen. Eine echte Zölibatserziehung muss fest im Geist der Brüderlichkeit verwurzelt sein (92).

Ein aktives brüderliches Gemeinschaftsleben, reich an menschlicher und übernatürlicher Wärme, erzeugt bei allen, die daran teilnehmen, ein Gefühl der Entspannung, Ausgeglichenheit und tiefer Befriedigung. Es macht sozusagen immun gegen die Versuchung, sich auswärts affektive Kompensationen zu verschaffen, und verhindert oder macht es doch viel schwerer, dass ein Zustand der Selbstbemitleidung eintritt wegen der Verzichte, die man durch die Wahl des Zölibats auf sich genommen hat.

Das Seminar als erzieherische Gemeinschaft

72 In ihrem letzten Grund besagt Reife liebende Bejahung der Wirklichkeit, der eigenen Wirklichkeit und der der anderen und der Wirklichkeit Gottes. Das wirksamste Erziehungsmittel ist daher ein Klima der Wahrhaftigkeit, das durchdrungen und geprägt ist von einem Geist der Offenheit und Loyalität, des Wohlwollens, der Achtung und des Dialogs. Auf diese Weise entwickelt sich die Entdeckung des Berufs eher als schrittweise Aneignung und Resultat einer freien Wahl denn als bloßes Ergebnis äußerer Umstände. Die Atmosphäre des Seminarlebens wird in dem Maße zur inneren Reife der Kandidaten beitragen, als sie reich ist an warmen menschlichen Begegnungen, fähig, die persönliche Initiative und Verantwortlichkeit anzuspornen, und allmählich zu einem Gehorsam zu führen, der der Kinder Gottes würdig ist, weil er von Überzeugung und Einsicht getragen ist.

Das Leben im Seminar kann nur dann seine volle Wirkung entfalten, wenn zwischen dem Leitungsteam und den Alumnen enge Zusammenarbeit besteht, in der die Persönlichkeit, die Fähigkeiten und Neigungen jedes einzelnen richtig bewertet werden können. Solidarität und Sozialität, Gemeinschaftsgeist und gegenseitige brüderliche Aufgeschlossenheit sollen für das ganze Seminar Programmpunkte und methodische Leitgedanken sein. „Unter Leitung des Regens sollen Vorgesetzte und Professoren eine enge Gemeinschaft in Gesinnung und Tat eingehen. Sie sollen untereinander und mit den Alumnen eine Familie bilden, die dem Gebot des Herrn entspricht: ,Auf dass sie eins seien' (Joh 17,11) und in den Alumnen die Freude am eigenen Beruf nährt (93)."

Gruppenarbeit in der Seminarerziehung

73 Um die personale Ausbildung der Alumnen zu fördern, muss man sie in ein Milieu bringen, das der Entfaltung all ihrer Qualitäten und Begabungen günstig ist. Zu diesem Zweck ist unter bestimmten Verhältnissen eine Aufteilung in Gruppen ratsam, bei der freilich die Einheit des Seminars nicht Schaden leiden darf (94). Auf diese Weise können Gemeinschaftsbande geknüpft werden, lassen sich Erfahrungen in der Aufgabenteilung unter den Mitgliedern einer Gruppe machen und werden die Kräfte und Fähigkeiten des einzelnen sinnvoll für ein gemeinsames Ziel eingesetzt. Schon hier lässt sich die Eignung des einzelnen für besondere Aufgaben in der Zukunft erkennen.

Die Gruppen können nach den faktischen Bedürfnissen der verschiedenen Diözesen organisiert und auf die zukünftigen Tätigkeitsbereiche ausgerichtet werden. Sie erhalten so eine dynamische und pastorale Funktion. Im Anschluss daran lassen sich andere Zirkel mit apostolischer und auch rein humaner Zielsetzung bilden, die wiederum Bande der Freundschaft und aktiver Zusammenarbeit festigen. All das verleiht der Ausbildung im Seminar reiche Mannigfaltigkeit und Lebendigkeit.

Während also das Gemeinschaftsleben im Seminar zu einem Leben aus dem Glauben erzieht, bereitet es die jungen Theologen zur schrittweisen Eingliederung in den Diözesanklerus vor, nicht nur von Rechts wegen, sondern auch dem Geist und Herzen nach. Dazu muss das Seminar selber eine echte Gemeinschaft sein und in den Geist und die Arbeitsweise einführen, wie sie einer so großen pastoralen Körperschaft eigen ist, die zwar in sich einheitlich, aber in ihren Gliedern doch recht mannigfaltig ist. So entsteht eine rege Verbindung mit dem Leben der Diözese und umgekehrt wird auch das Interesse der Diözese an der Ausbildung der künftigen Priester geweckt und wachgehalten.

Freiheit verbunden mit Ordnung

74 Das Klima der Freiheit, die Achtung vor der Person und Wertschätzung der persönlichen Initiative dürfen nicht als völlige Ungebundenheit, als Freiheit von jeder Art von Ordnung ausgelegt werden. Der Priesterkandidat, der frei seinen Stand wählt, muss auch freiwillig dessen Bedingungen annehmen und achten. Ordnung ist ein Stück der geistigen Struktur unseres ganzen Lebens, sei es im Seminar, sei es draußen als Priester. „Diese Lebensordnung darf nicht wie eine von außen auferlegte Last getragen werden, sondern muss als notwendiger Bestandteil des geistlichen Lebens in die innere Haltung aufgenommen und eingefügt werden (95)." Was nicht bedeuten soll, dass sie rein innerlich ist, sondern es handelt sich um „die persönliche und gemeinschaftliche (96)" und damit auch äußere Lebensordnung (97).

Aber wenn auch die in den Statuten des Seminars vorgelegte Lebensordnung immer wichtig bleibt, das Herz der Erziehung ist doch stets die menschliche und christliche Verbundenheit zwischen Erzieher und Priesterkandidat. Das besagt, dass die Studenten nicht völlig sich selbst überlassen bleiben sollen und dass die Erzieher sich nicht von der Pflicht dispensieren dürfen, für die Studenten dazusein, ja ihnen sogar in besonderer Weise nahe zu sein. Eiserne Disziplin, eine peinlich genaue Regeltreue und strenge Aufsicht können nicht den Erzieher selber ersetzen, der die Studenten durch freundschaftlichen Kontakt und vertrauensvolles Gespräch führen und festigen soll, unter Beachtung der besonderen Situation jedes einzelnen (98).

Die allgemeinen Erziehungsgrundsätze müssen jedem Einzelfall angepasst werden. Es gibt kein allgemeines Erziehungsrezept für alle. Manchmal kann der Vorgesetzte einen Untergebenen aus persönlicher Kenntnis heraus einen riskanten Weg einschlagen lassen, statt ihm strenge Richtlinien aufzuerlegen, weil ihm eine innere Gewissheit sagt, dass dieser selbst schließlich begreifen wird, was ihm förderlich oder schädlich ist. In anderen Fällen wird er mit einer festen Entscheidung dazwischentreten müssen, um einen zu retten, der zu großes Selbstvertrauen hat und sich ohne Grund in schwere Gefahr begibt.

2. SEMINAR UND GEISTLICHES LEBEN

Gebetsleben als Erziehungsfaktor

75 Die Wahl des Zölibats soll von Hochherzigkeit getragen sein. Sie soll aus der Überzeugung erfolgen, das ganze Leben einer großen Liebe zu weihen, die zugleich Gott, Christus und die Seelen umfasst. Sie soll mit dem vollen Bewusstsein geschehen, dass der Zölibat ein kostbares Geschenk des Herrn, das man demütig erflehen muss (99), dass er aber auch zugleich ein Geschenk des Menschen an Gott ist. Diese großmütige Gesinnung wird das Herz des Priesterkandidaten immer mehr dem Gebet öffnen, der Anbetung und Betrachtung desjenigen, der das Ziel der eigenen Hingabe ist und ein Quell ständiger Freude und Jugendlichkeit sein wird (100).

Das Seminar muss daher die Alumnen zur regelmäßigen und spontanen Übung der Begegnung und Zwiesprache mit Gott in Christus führen, und das in den verschiedenen Formen des Gebetes, des liturgischen Tuns, der Betrachtung des Wortes Gottes und des Studiums der Person Christi als Mittelpunkt aller Reflexion im Glaubensleben und in der Theologie.

Ein Leben, das durch das Gebet ganz in Gott verankert ist, ist ein kategorischer Imperativ für jeden, der sich zur totalen Hingabe an Gott im Zölibat entschließt. Die Theologiestudenten und Priester müssen daher in hohem Grade die Gabe der Frömmigkeit besitzen, die im Grunde in einer großen Liebe zum Herrn besteht; dann werden sie immer bevorzugte Zeugen der Schönheit und Freude jenes Glückes sein, das aus der vertrauten Freundschaft mit dem Gott der Offenbarung entspringt.

Wer den Zölibat gelobt hat und das Gebet aufgibt, lässt sein persönliches Verhältnis zu Gott austrocknen und steht am Rand des Ruins seines Zölibats. Das Fundament seines Lebens besteht im vertrauten Umgang mit Gott, der sich nährt an den Quellen des Gebetes der Kirche selbst und im eigenen Beten zu einer tiefen persönlichen Haltung wird. Ohne Gebet ist der Priester nicht in der Verfassung, Seelenführer zu sein. Ohne Gebet und reiches geistliches Leben ist er nicht imstande, den Gläubigen wirksam zu helfen.

Erneuerung der Frömmigkeitsformen

76 Bei der Überprüfung der Frömmigkeitsformen muss man sich erst fragen, was ihr eigentlicher Sinn ist. Formen entsprechen gewissen Bedürfnissen. Die psychologischen und pastoralen Bedürfnisse von heute weisen die Richtung, in der die herkömmlichen Frömmigkeitsformen der Erneuerung bedürfen. Heute empfiehlt sich bei den religiösen Übungen eine gewisse Spontaneität, die Fähigkeit, sein Herz der freundschaftlichen Liebe Christi zu erschließen in der vertrauten Begegnung mit dem himmlischen Vater (101). Eine persönliche Frömmigkeit, die um das Geheimnis unserer Erlösung kreist, ist nicht nur eine Zugabe zu unserem täglichen Leben, sondern soll die Seele sein, die unser ganzes Leben durchdringt und erneuert.

Das spontane persönliche Gebet hat also seinen berechtigten Platz. Es wäre aber eine Illusion und ein fundamentaler psychologischer und asketischer Irrtum, zu glauben, dass das Gebet, das man nach persönlicher Neigung und Lust verrichtet, schon deswegen fruchtbarer sei und dass umgekehrt das von der Haus- und Tagesordnung vorgeschriebene Gebet nicht nur weniger fruchtbar sei, sondern eher Widerwillen und Überdruss hervorrufe. Das spontane Gebet pflegen ist gut, aber noch besser ist es, sich um die Verinnerlichung aller unserer Gebete zu bemühen.

Es wird eine besondere Aufgabe der religiösen Erziehung sein, die geistlichen Übungen zu Ausdrucksformen eines Lebens nach dem Evangelium werden zu lassen, in dem wir mit dem Vater durch Christus im Heiligen Geist Zwiesprache pflegen (102).

Liturgische Ausbildung der Alumnen

77 Die Priesterkandidaten sollen dazu erzogen werden, in aktiver Teilnahme das liturgische und sakramentale Leben mitzuvollziehen, und nicht nur diesen Funktionen beizuwohnen. Einem jungen Mann, dem es mit der Nachfolge Christi nicht Ernst ist, könnte die Liturgie vielleicht als langweiliges äußerliches Tun erscheinen. Man muss daher alle Kraft daransetzen, die religiösen Übungen und liturgischen Funktionen so zu planen und zu gestalten, dass die jungen Leute davon angesprochen werden und sie freudig und bereiten Herzens daran teilnehmen (103). Es soll in ihnen der Sinn für die Liturgie als eine Gemeinschaftsform des Lebens in Gott geweckt werden.

Der Dienst des Priesters ist nicht in erster Linie das Werk eines Menschen, sondern das Werk Christi in eigener Person. Deshalb muss ihn der Priester im Geiste Christi verrichten, in der Gesinnung des Ewigen Hohenpriesters und Hirten. Von hier aus wird verständlich, wie innig und tief die Freundschaft zwischen Christus und dem Priester sein muss. Die ganze Erziehungsarbeit des Seminars richtet sich auf dieses Ziel: innerlich das Leben des Herrn zu leben und sich dafür zu rüsten, den priesterlichen Dienst in seinem Geist zu verrichten (104).

Die Betrachtung des Wortes Gottes

78 Die Alumnen sollen gerne, allein oder in Gruppen, in der Gegenwart Gottes in Christus das geoffenbarte Wort der Heiligen Schrift betrachten und es auf die Situationen ihres täglichen Lebens anwenden (105). Sie sollen es sich zur Gewohnheit machen, das ganze christliche Leben (Gebräuche, Einrichtungen, Personen und Lehre) im Licht des Evangeliums zu betrachten in der Überzeugung: es ist das Wort Gottes, das die Kirche richtet und erneuert. Von diesem Leitgedanken soll ihr ganzes persönliches und apostolisches Wirken beseelt sein.

Die Gemeinschaft mit Christus besteht nicht nur in der Angleichung an sein Denken. Sie ist vor allem Gemeinschaft mit seinem vom Geist der Liebe erfüllten Leben, dessen Mittelpunkt und überzeugendster Ausdruck das Ostergeheimnis ist (Röm 6,2-11). Nach der Taufe darf kein Christ und erst recht kein Priester bloßer Zuschauer dieses Geheimnisses sein, sondern muss sich persönlich daran beteiligen, indem er Christus gleichförmig wird, der für die Sünden gestorben und zur Ehre seines Vaters auferstanden ist, und so Christus der Welt offenbart (PhiI 3, 8-11; 2 Kor 4,10; 3, 18).

Diese Verähnlichung des Getauften und des Priesters mit Christus vollzieht sich nur unter Mitwirkung des Heiligen Geistes; denn das Ostergeheimnis kann uns nur durch den zugeeignet werden, der sein eigentlicher Urheber ist: der Heilige Geist. Ein geistliches Leben unter diesem Vorzeichen muss von innen heraus das Leben derjenigen durchdringen und leiten, die zum priesterlichen Dienst berufen sind.

Glaubensfördernde Kräfte im Theologiestudium

79 Was dem Priesterkandidaten von heute besonders nottut, ist eine „lebensvolle Gesamtschau des Glaubens", die er sich persönlich erarbeitet und die imstande ist, sein konkretes Leben zu erhellen. Ein solcher Glaube beschränkt sich nicht auf die Zustimmung zu bestimmten Glaubensinhalten, sondern umfasst auch die praktische Lebensentscheidung des Christen und begründet sein Vertrauen auf Christus und seine Kirche. Eine schwere affektive Krise des Priesters kündigt sich immer in einer Schwächung oder Verdunkelung des Glaubens an.

Das Theologiestudium soll den Glaubensgeist der Studenten festigen und vertiefen. Man trage daher Sorge für eine „Einführung in das Geheimnis Christi" und in die „Heilsgeschichte", die den Priesterkandidaten neben reichen geistlichen Anregungen auch eine organische Gesamtschau der theologischen Studien vermitteln soll (106).

Der Studiengang soll so angelegt sein, dass dem Priesterkandidaten mittels einer systematischen Darbietung ein organisches theologisches Wissen vermittelt wird, aber zugleich auch eine Einführung in die (biblische, patristische, geschichtliche, soziologische) Forschung, so dass er sich ein kritisches Urteil über Strömungen des modernen Denkens erwirbt. Das Ganze soll der Pflege eines lebendigen und tiefen Glaubens dienen, der sich den Nöten der heutigen Zeit öffnet und sich ständig von der Liebe zu Christus nährt, der in seiner Kirche weiterwirkt (107).

Diese Hinweise auf das allgemeine geistige Klima des Seminars bewegen sich nicht außerhalb unserer eigentlichen Zielsetzung, der Erziehung zum Zölibat. Wenn es dem Seminar nicht gelingt, ein solches Klima zu schaffen, und wenn der künftige Priester davon nicht gleichsam imprägniert wird, wird die Keuschheit ihrer Lebensader beraubt und hat keine günstige Aussicht auf ein Überleben.

3. DAS SEMINAR ALS LEBENDIGE KIRCHLICHE LIEBESGEMEINDE

Freundschaften zwischen Vorgesetzten und Alumnen

80 Der Priesterkandidat muss in eine Umgebung eingeführt, ja gleichsam „eingetaucht" werden, die von der warmen Atmosphäre apostolischer Liebe beherrscht ist. Es ist Aufgabe des Seminars, ihn die Erfahrung machen zu lassen, dass die Substanz priesterlichen Lebens im Zölibat und christlichen Lebens im Geiste Christi sich auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen lässt: die ekklesiale Liebe im Herrn zu üben und zu bezeugen. Lebendige Liebe, eine Gabe des Heiligen Geistes, ist der wirksamste Weg zur Erziehung, zur Weckung und zur Heiligung seiner selbst und der anderen (108).

Die Leiter des Seminars dürfen vor die Priesterkandidaten nicht so sehr als solche hintreten, die Befehle, Anweisungen, Warnungen und Strafen erteilen, sondern müssen vielmehr diejenigen sein, die in den Alumnen die Liebe als einigendes Band und gemeinschaftsbildende Kraft wachrufen und sie durch ihr eigenes Leben bezeugen. Je höher ihre Autorität ist, desto mehr sind sie verpflichtet, selber Quelle dieser einigenden Liebe zu sein (109). Gerade durch die Liebe, die von einem Vorgesetzten ausgeht, wird der junge Mensch angespornt, sich in ähnlicher Liebe Gott zuzuwenden.

Wenn ein Theologiestudent die Liebe des Herrn in der Person des priesterlichen Erziehers erfahren hat, wird er sie morgen auch im Kreise der Mitbrüder, die um den Bischof geschart sind, auszudrücken wissen und sich bemühen, sie auch seinen Gläubigen mitzuteilen (110). Die Liebe, die der Priester im Seminar und in der Diözese erlebt hat, wird ihm helfen, mit Freude sein Leben im Zölibat zu führen, ohne sich mit dem Verlangen nach einem Leben im Laienstand abquälen zu müssen (111).

Weckung der apostolischen Liebe

81 Die geistliche Formung der Priesterkandidaten muss an der pastoralen Zielsetzung orientiert sein und mit dem Blick auf das zukünftige priesterliche Leben entworfen werden. Die Priester sind die amtlichen Bauleute der kirchlichen Gemeinschaft: für diesen Dienst ist ihnen nicht nur geistliche Gewalt verliehen (2 Kor 10, 8; 13, 10), sondern man erwartet von ihnen auch, dass sie „allen nach dem Beispiel des Herrn mit echter Menschlichkeit begegnen (112) ".

Das Gemeinschaftsleben im Seminar, das von aufrichtiger christlicher Liebe getragen ist und große apostolische Kraft ausstrahlt, muss eine Vorbereitung, gleichsam ein Vorspiel für die brüderliche Zusammenarbeit des Klerus in der Seelsorge sein (113). Aus diesem Grund sollen sich die Alumnen ihrer Diözese besonders verbunden fühlen, sich für deren Seelsorgeprobleme interessieren und so eine auf die Diözese abgestimmte geistliche Ausrichtung erhalten, die ihre Wurzeln im künftigen Tätigkeitsbereich hat (114).

Gottverbundenheit im Gebet, Liebe zur Stille und zu den geistlichen Dingen stehen dem apostolischen Eifer nicht im Wege, sondern wecken geradezu das pastorale Interesse an den Veränderungen in der menschlichen Gesellschaft und an den Zeichen der Zeit, die den künftigen Priester zu seelsorgerischer Verantwortung und treuem selbstlosen Dienst herausfordern (115).

Der Priesterkandidat möge sich den engen Zusammenhang bewusst machen, der zwischen dem freiwilligen Zölibat und der apostolischen Liebe besteht. Der frei gewählte Zölibat ist tatsächlich ein Zeugnis der Liebe, „eine Antwort der Liebe auf die Liebe" Christi. Dabei erhält die Fähigkeit zur Hingabe, wie sie allein dem Menschen eigen ist, durch die Gnade eine neue unvergleichliche Steigerung und Kraft (116).

Zum zölibatären Leben entschließt sich der Priester „nicht etwa aus Geringschätzung für die göttliche Gabe des Lebens, sondern aus übernatürlicher Liebe zu dem neuen Leben, das aus dem Pascha-Mysterium Christi strömt". Das Opfern (117) der menschlichen Liebe geschieht in diesem Fall für den Herrn und daher für die Kirche, ja für die ganze Menschheit, für die der Priester auch noch anderen Freundschaftsbanden und sogar erlaubten Anhänglichkeiten entsagt (118).

Zunehmende Verähnlichung mit Christus

82 Das Vorbild des Guten Hirten zeigt mit aller Klarheit, wie übermenschlich groß der Heilsauftrag ist, zu dessen Verwirklichung sich der Priester zur Verfügung stellt. Die letzte Wurzel pastoraler Gesinnung und ihrer Betätigung in Wort und Tat ist die lebendige Totalhingabe an Christus, den der Vater in die Welt gesandt hat (119). Das Sakrament, das Menschen zu Hirten bestellt, macht aus einem Getauften einen „Erwählten Christi" für das Heil seiner Brüder, einen „Sklaven Jesu Christi" im Dienst der brüderlichen Liebe (Phil 3, 12; Gal 1, 10; 5, 13). Ein Leben der vollen Unterwerfung unter die Forderungen der Liebe des Herrn, der totalen Verfügbarkeit für das Wirken der Gnade, eine Haltung, in der man immer weniger für sich lebt und immer mehr für ihn, lässt das pastorale Wirken fruchtbar werden (2 Kor 5, 14-15).

Die Seelenhirten müssen sich ständig zu dieser vollen Verfügbarkeit und kraftvollen Selbsthingabe weiterbilden, die ihrer Natur nach total und ausschließlich ist. Sie müssen wissen, dass das „Ja", das man zum Bischof bei der Handauflegung sagt, die Zustimmung zur dauernden und totalen Verpflichtung auf die Liebe des Erlösers ist. Im Hohepriesterlichen Gebet Jesu (Joh 17,19) ist es unmöglich, das „für sie" vom „ich heilige mich selbst" zu trennen. Daher darf auch bei der Heranbildung der Priester die Weihe an Gott nicht vom Dienst an den Brüdern getrennt werden, sondern dieser muss unmittelbar aus jener hervorfließen.

4. SEMINAR UND KONTAKT MIT DER WELT

Neue Aufgaben der Seminarerziehung

83 Die Seminare haben sich immer bemüht, die Alumnen vor einem Zuviel weltlichen Einflusses zu bewahren, um ein Klima der Sammlung zu fördern, das dem inneren Leben zugute kommt. Neben dieser Sorge, die zu jeder Zeit berechtigt ist und Beachtung verlangt, empfindet man auch die Notwendigkeit, die Theologiestudenten im Seminar mit der Welt in Kontakt zu bringen im Rahmen all jener Wirklichkeiten, in denen die menschliche Familie lebt. Tatsächlich ist es heute ein Grunderfordernis der Seminarerziehung, nicht Trennungsmauern aufrechterhalten zu wollen, die schon schimärisch geworden sind.

Man kann nicht von der bedenklichen, ja manchmal schon kritischen Situation Abstand nehmen, in der sich der christliche Glaube in der heutigen Welt befindet. Die jungen Menschen können nicht die Augen verschließen vor der Wirklichkeit der Welt, in der sie als Priester arbeiten sollen, ja sie dürfen darüber nicht in Unkenntnis bleiben, weil die Darbietung des Glaubensgutes die Lebensverhältnisse der Menschen berücksichtigen muss, an die sie sich wenden sollen. Daher muss die Heranbildung der Priester heute mit weltoffenen Augen erfolgen, mit Mut, Freiheit und Aufgeschlossenheit und auf Wegen, die in der Vergangenheit vielleicht nicht nötig waren (120).

Der Theologiestudent braucht hier freilich auch Beratung und Hilfe, um mögliche Gefahren, Irrwege und Unklarheiten durch eine positive, theologisch fundierte Erziehung zu überwinden im Hinblick auf die Entscheidungen, auf die er sich vorbereitet und in der Priesterweihe endgültig festlegen wird. Was ihn zur grundlegenden Entscheidung für das Priestertum bewegen soll, darf nicht die Angst vor oder Unkenntnis über die Welt oder die Verkennung der Wirklichkeiten des Lebens sein, sondern die klare Erkenntnis seines Standortes in der Welt und seiner Beziehungen zu den Mitmenschen.

Bedeutung der mitmenschlichen Beziehungen

84 Eine weitgehende Isolierung im Seminar hindert die Alumnen, sich mit den Problemen der eigenen Generation vertraut zu machen, und kann eine gewisse unpersönliche, mehr konventionelle Form gegenseitiger Beziehungen nach vorgegebenen Verhaltensmustern begünstigen. Sie nimmt ihnen die Möglichkeit, ihren Beruf in selbstverantworteter Auseinandersetzung mit der äußeren Umwelt reifen zu lassen, und erschwert ihnen die konkrete Bekanntschaft mit den Lebensverhältnissen und Menschen, unter denen sie ihr Apostolat entfalten sollen (121). Sie können sich kaum in die Versuchungen hineindenken, denen die Menschen in der Welt ausgesetzt sind, und haben dann als Priester oft keine Ahnung und kein Gespür für die Probleme anderer. Es besteht die Gefahr, dass sich eine Art Kastengeist bildet, das Bewusstsein, einem privilegierten Stand anzugehören.

Die mitmenschlichen Beziehungen sind nicht nur ein wichtiges Seelsorgemittel, sie haben auch, theologisch gesehen, eine eigenständige Bedeutung. Der Christ, in Christus ein Abbild Gottes, ist aufgerufen, in der Welt ein sichtbarer Ausdruck der Liebe Christi zu den Menschen zu sein; in der Liebe zu den Mitmenschen zeigt und verwirklicht der Christ augenscheinlich, dass er ein neues Geschöpf in Christus ist. Der Priesterstand hat in besonderer Weise den Auftrag, durch karitativen Kontakt mit den Mitmenschen in herzlicher und freundschaftlicher Verbundenheit, in brüderlicher, ja familiärer Gemeinschaft zu leben.

Um eine Ausbildung im Kontakt mit den heutigen Menschen zu erreichen, empfiehlt das kirchliche Lehramt die Einübung der Alumnen in soziales Verhalten; es legt nahe, die sozialen Tugenden zu pflegen wie Freundschaft, Loyalität, Treue zum gegebenen Wort, die Fähigkeit, sich für andere einzusetzen und ihnen mit Achtung und Hochherzigkeit zu dienen (122).

Das Verhältnis der Alumnen zu ihrer eigenen Familie

85 Die Familie spielt für den Priesterkandidaten eine wichtige Rolle und bietet ihm entscheidende Möglichkeiten, Lebenserfahrungen zu machen. Sie gibt ihm zum Beispiel Gelegenheit, den Sinn und die Bedeutung und auch die Schwierigkeiten der menschlichen Liebe kennen zu lernen. In ihr erlebt er das Entstehen und Wachsen gefühlshafter Bindungen. In ihr lernt er auch die psychologischen Eigenschaften der Frau und ihre besondere Eigenart kennen.

Die Zeit, die er in der Familie verbringt, nicht nur während der Ferien, sondern auch während des akademischen Jahres, ist für ihn sehr bedeutsam. Es ist die Zeit leichter und mannigfacher sozialer Begegnungen, in denen er sich in Freizeitbeschäftigung oder Arbeit und Apostolat betätigt und dabei auch den Wert und Nutzen der Anweisungen erfährt, die er im Seminar empfangen hat. Diese Seite der Priestererziehung kann, wenn sie ernstgenommen wird, dem Verantwortungsbewusstsein und dem geistlichen Leben der Familienangehörigen und der Priester in der Pfarrei heilsame Impulse geben.

Die Familie sollte der „Garten" sein, in dem die geistlichen Berufe aufkeimen und wachsen, gleichsam „ein erstes Seminar"; sie sollte auch der beste Mitarbeiter des Seminars sein (123). Doch muss man auch die vielen und schweren erzieherischen Mängel der heutigen Familien sehen: oft ist es gerade die Familie, die zerstört, was das Seminar aufzubauen versucht.

Damit die Familie ihre ergänzende und stützende Funktion für die Heranbildung und Durchhaltekraft der künftigen Priester entfalten kann, ist eine entsprechende Familienpastoral zu entwickeln. Eines der Hauptziele der Werke für die Weckung geistlicher Berufe besteht gerade darin, die Mitarbeit der Familien anzuregen und vor allem in den Eltern das Bewusstsein zu wecken, welch wichtigen Beitrag sie für die Förderung kirchlicher Berufe leisten könnten und müssten.

Die Aufgaben der Eltern in dieser Hinsicht sind sehr vielfältig. Sie sind dazu bestellt, die Berufe, die Gott in ihrer Familie erweckt, vorzubereiten, zu pflegen und zu behüten. Sie müssen sich selbst und ihre Familie mit bedeutenden geistigen, moralischen und pädagogischen Werten bereichern: mit einer überzeugten und tiefen Frömmigkeit, einem vorbildlichen sittlichen Verhalten, mit einem apostolischen und kirchlichen Bewusstsein, mit einer guten Kindererziehung und einer klaren Auffassung und Wertschätzung vom Wesen des geistlichen Berufes.

Beziehungen zur Pfarrgemeinde

86 Der Christ lebt seine Glaubenserfahrung in einer kirchlichen Gemeinschaft und vernimmt auch dort die Einladung zur Zusammenarbeit, um die Wohltaten der Erlösung an andere weiterzutragen. Eine solche Gemeinschaft, in der die verschiedenen Rollen, sei es der Priester, sei es der Laien, in der rechten Weise gelebt und ausgefüllt werden und in der die Gegenwart des Herrn den Mittelpunkt jeder Aktivität bildet, verhilft einem jeden zum Verständnis der ekklesialen Dimension seiner Berufung.

Auch die Pfarrgemeinde muss daher alles tun, was in ihren Kräften steht, um Priesterberufe zu wecken, die jungen Menschen in ihrem Beruf zu bestärken und sie in die apostolischen Aktionen der Gemeinschaft einzuschalten (124).

Dieses Ziel kann mit Erfolg erreicht werden, wenn die Pfarrei eine echte Gemeinschaft bildet, die von Glaubensgeist beseelt ist und auf die Verwirklichung des Reiches Gottes hinarbeitet; wenn die Priester der Pfarrei durch das Beispiel eines heiligen Lebens und durch ihren pastoralen Einsatz das Herz der Jugend gewinnen und wirksam beeinflussen können; wenn die Gläubigen selbst an der Förderung der Priesterberufe interessiert sind und um Berufe sowie um die Heiligung der Priester beten; wenn die Laien bei der Durchführung der pastoralen Aufgaben der kirchlichen Gemeinschaft aktiv mitarbeiten.

Menschlicher und priesterlicher Kontakt mit der Welt

87 Das Seminar muss eine Gemeinschaft sein, die sich dem heutigen Leben aufschließt, das heißt, es muss Kontakte und Verbindungen in vielen Richtungen aufnehmen und unterhalten: mit den Familien der Alumnen, mit der Welt der Jugend, mit dem kirchlichen Leben, sei es der Ortskirche, sei es der Weltkirche, mit den aktuellen Problemen der Menschheit (125).

Mit der Forderung, das Seminar soll nicht eine „geschlossene", sondern eine „offene" Einrichtung sein, ist nicht eine unkritische Öffnung gemeint, sondern eine wohlbedachte und gut überlegte. Das bedeutet vor allem, dass die Alumnen selbst so geformt werden, dass sie zu einem echten menschlichen und priesterlichen Kontakt mit anderen fähig sind, also eine geistige Aufgeschlossenheit für die Probleme der Mitmenschen und die Fähigkeit zum Dialog mit ihnen entwickeln (126).

Der Priester ist berufen, in der Welt zu arbeiten, sie zu verstehen, sie aufzunehmen, aber zugleich in ihr eine Sendung zu erfüllen, die ihn von ihr unterscheidet. Er kann nicht in allem sein „wie die anderen". Verantwortungsbewusst in der Welt lebend, fühlt er sich mit der Welt solidarisch verbunden und gleichzeitig als Einsamer von ihr abgehoben. In seiner Tätigkeit öffnet er sich gleichzeitig der menschlichen Gemeinschaft und der Gemeinschaft der Heiligen: er lebt unter den Menschen, aber behält immer Gott im Auge (127).

Der Theologiestudent muss dazu erzogen werden, in einer weltlichen Umgebung mit der Seele eines Priesters zu leben. Er muss lernen, eine eigene Haltung anzunehmen und zu bewahren, auch wenn er unter anderen lebt, und ihnen persönliche Antworten zu geben, die ihm von seinem inneren geistigen Ich nahegelegt werden. Mit anderen Worten, Ziel des ganzen Erziehungsprozesses im Seminar muss es sein, die Fähigkeit zu geistiger Autonomie zu entwickeln, zu persönlicher Selbständigkeit inmitten andersartiger Pressionen aus der Umwelt.

Erziehung zu apostolischer Präsenz in der Welt

88 Die Alumnen sollen schon in ihrer Seminarzeit lernen, ihre Außenkontakte mit Blickrichtung auf das Apostolat zu betätigen. Aus diesem Grunde hat das Zweite Vatikanische Konzil den Wunsch nach einer praktischen Einführung der Alumnen ins Apostolat ausgesprochen, weniger um die in der Pfarrseelsorge tätigen Kräfte zu verstärken, als um in den Priesterkandidaten selbst eine pastorale Einstellung im Umgang mit anderen zu wecken, um sie am Apostolat der Liebe als Seele ihrer täglichen Pflichterfüllung Geschmack finden zu lassen und um sie anzuspornen, nach Seelsorgemethoden zu suchen, die den neuen Bedürfnissen besser entsprechen (128).

Um diese Ziele zu erreichen, muss sichergestellt sein, dass die für die pastoralen Praktika ausgewählten Pfarreien auch geeignet sind, in den jungen Theologen den missionarischen Geist und die apostolische Liebe zu wecken und sie mit modernen Seelsorgemethoden vertraut zu machen, die kritisch überdacht und auf den neuesten Stand gebracht sind (129). Auch ihr zölibatäres Leben soll eng mit ihrem persönlichen Seelsorgeauftrag verbunden sein.

Zur Verwirklichung eines so hohen Zieles, wie es die pastorale Ausbildung der Priester ist, ist im Seminar ein qualifizierter Stab von Erziehern nötig, welche die Alumnen inspirieren können und für die Leitung des pastoralen Einsatzes und die anschließende erforderliche pastorale Reflexion und Auswertung verantwortlich sind. Alles Reden über neue Seminarstatuten und die Öffnung zur Welt hin bleibt unfruchtbar, wenn das Seminar nicht unter der Leitung von Priestern steht, die das Talent und die Fähigkeit wahrer Erzieher besitzen (130) .

Bedeutung der sozialen Kommunikationsmittel

89 Die sozialen Kommunikationsmittel oder Massenmedien spielen eine wichtige Rolle in der Formung des heutigen Menschen, auch des Priesters. Sie sind auch nicht ohne Bedeutung für das Problem der Keuschheitserziehung; stehen sie doch heute in breiter Front auch im Dienst der Sexualität. Das Problem berührt daher den persönlichen Bereich des Priesters, der, ob er will oder nicht, von diesen Medien Gebrauch macht und sich ihrem Einfluss aussetzt. Es berührt auch die pastorale Funktion des Priesters, der als Seelsorger weiß, welchen erheblichen Beitrag diese modernen Medien für die Information, soziale Bildung und Reife seiner Gläubigen leisten. Er muss daher in der Lage sein, ihnen zu helfen, sei es aus diesen neuen Bildungsquellen Nutzen zu ziehen, sei es sich vor den schädlichen Einflüssen zu bewahren, die von ihnen ausgehen können (131).

Nicht nur für ihre eigene Ausbildung, sondern auch zur Vorbereitung auf ihr Wirken in der Seelsorge müssen die Priesterkandidaten in den rechten Gebrauch der Massenmedien eingeführt werden. Überhaupt sollen sie in die Kunst eingeübt werden, ihre Gedanken mündlich und schriftlich in einer der modernen Mentalität entsprechenden Weise den Menschen unserer Zeit darzubieten.

Offenbar handelt es sich hier um ein Problem von einer ungeheuren Tragweite, wenn man die tatsächliche Macht der heutigen Presse und die Breitenwirkung und faszinierende Kraft von Rundfunk und Fernsehen berücksichtigt. Die äußere und innere Umwelt einer Seminargemeinschaft stehen in engem Zusammenhang mit dem Gebrauch dieser Medien, die auf die Priesterkandidaten einen starken bildenden und auch verbildenden Einfluss ausüben können.

Das Erziehungsproblem, das mit den Massenmedien gegeben ist, ist noch nicht damit gelöst, dass man bestimmte Zeiten für deren Gebrauch festsetzt. Notwendig ist hier eine positive Erziehung, eine Reflexion auf die sozialen Probleme, in die wir hineingestellt sind. Es ist auch ein Problem der leitenden Personen des Seminars, die fachlich hinreichend ausgebildet sein sollen, um auch diesen Bereich der Erziehung in der rechten Weise zu ordnen. Es geht nicht nur darum, mögliche Schäden einzudämmen, die von diesen nicht harmlosen Instrumenten der Meinungsbildung ausgehen können, sondern noch mehr darum, die Priesterkandidaten zu Menschen zu erziehen, die zu einem verantwortungsbewussten Leben in der harten Welt der Wirklichkeit fähig sind.

SCHLUSS: Erziehung als gemeinsames Werk von Natur und Gnade

90 Die hier dargebotenen Leitgedanken und Hinweise werden, so hoffen wir, den Erziehern im Seminar hilfreich und nützlich sein. Sie entspringen einer klaren Abwägung der Gegebenheiten von Natur und Gnade, die beide in die Seminarerziehung und Priesterausbildung eingehen und zusammenwirken. Im Bewusstsein der Größe und Verantwortlichkeit ihres Auftrags sollten die Erzieher darauf bedacht sein, die Hilfen, die ihnen Natur und Gnade bieten, harmonisch zu verbinden.

Wenn die Erziehung zum priesterlichen Zölibat erfolgreich sein soll, muss sie bestrebt sein, die Einzelperson in ihrer konkreten und individuellen Ganzheit ernst zu nehmen und ihre Weiter- und Höherentwicklung zu fördern. Zunächst muss sie in sich selbst verstanden und begriffen werden. Das erzieherische Bemühen muss sich den konkreten Voraussetzungen anpassen, die der einzelne mitbringt, Voraussetzungen, die im Rahmen seiner ganzen persönlichen Geschichte nach der individuellen und sozialen Seite hin bedacht werden müssen.

Die menschlichen Voraussetzungen, die das geistliche Leben begünstigen, kann man mit dem Begriff Reife zusammenfassen. Sich um die Reife der eigenen Persönlichkeit mühen und anderen zu ihrer Reife verhelfen, heißt mit dem Wirken der Gnade Gottes zusammenarbeiten, um das geistige Gebäude aufzurichten, das der Mensch und erst recht der Priester ist.

Es ist wahr, dass das geistliche Leben in seinem geheimnisvollen Sein und Werdegang wesentlich von der göttlichen Gnade abhängt und daher alle psychischen Mechanismen des Menschen übersteigt. Aber es ist nicht minder wahr, dass diese die Voraussetzungen für ihr Wirken sind. Daher ist es wichtig, dass die Persönlichkeit des einzelnen immer reicher an menschlichen Qualitäten werde, um auf die bestmögliche Weise dem Rufe des Heiligen Geistes als Zeichen und Werkzeug dienen zu können.

Die erzieherischen Bemühungen verfolgen genau dieses Ziel: die natürlichen Anlagen des einzelnen zu pflegen, zu entwickeln und zu vervollkommnen, um das Wirken der Gnade reicher und fruchtbarer zu machen. Die Erziehungsarbeit ihrerseits wird um so wirksamer sein, je mehr sie auf die persönlichen Eigenschaften und Anlagen des Kandidaten, die normalen pathologischen, achtet. Nur so lassen sich die Voraussetzungen verwirklichen, die die menschliche Persönlichkeit zu einem brauchbaren Werkzeug für das Wirken der göttlichen Gnade machen.

Anmerkungen

(1) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus vom 24. Juni 1967, A.A.S., 59 (1967), S. 682, Nr. 61.

(2) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10; Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16; Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12; Paul VI., Apostolische Ansprache Evangelica testificatio vom 29. Juni 1971, A.A.S. 63 (1971), S. 505, Nr. 15; Dokumente der Bischofssynode vom 30. Nov. 1971 De sacerdotio ministeriali, pars a., I, Nr. 4, d, A.A.S. 63 (1971), S. 917.

(3) Dokumente der Bischofssynode, a.a.O., S. 917.

(4) Dokumente der Bischofssynode, a.a.O., S. 917.

(5) II Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16.

(6) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 70.

(7) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 75.

(8) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, Nr. 1; Erklärung über die christliche Erziehung, Nr. 1; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 61.

(9) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 1.

(10) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16.

(11) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 20.

(12) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 10.

(13) Vgl. II. Vatikanisches Konzil; Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 2.

(14) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 2; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 28; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 19 ff.

(15) Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971. De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 915.

(16) Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971, De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 915.

(17) Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971, De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 917.

(18) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10; Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16.

(19) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 17.

(20) Vgl, II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 33-34.

(21) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 29; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 42.

(22) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16; Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971, De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 915.

(23) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 43 und 46.

(24) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16.

(25) Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971, De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 916.

(26) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 19.

(27) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 17-34.

(28) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 19 und 24.

(29) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 21.

(30) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 1.

(31)Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10.

(32) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10-11.

(33) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 4; Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 28.

(34) Paul VI. betonte im Apostolischen Schreiben Summi Dei Verbum vom 4. Nov. 1963: A.A.S., 55 (1963), S. 984 ff., "die Notwendigkeit einer Ausbildung, die zugleich menschlich, christlich und priesterlich ist", und wies darauf hin, dass "die Heranbildung zum Menschen sich im Gleichschritt vollziehen müsse mit der Heranbildung zum Christen und künftigen Priester".

(35) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung, Nr. 1.

(36) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 11.

(37) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 3, 8, 11; Kongregation für das Katholische Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis, Rom 1970, Nr. 48-58.

(38) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Kap. II, III und IV.

(39) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung, Nr. 1-2; Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10-11; Dekret über das Apostolat der Laien, Nr. 29; Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12; Paul VI., Rundschreiben Populorum progressio, 26. März 1967: A.A.S., 59 (1967), S. 265, Nr. 16; Kongregation für das Katholische Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 51.

(40) II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 9.

(41) Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae, I-li, q. 63, a. 4.

(42) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 28; Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 4-9.

(43) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 4.

(44) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 8-20; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 44-49.

(45) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 24-25.

(46) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 8 und 14; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 79-81.

(47) Vgl. Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971, De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 915.

(48) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 73 und 77.

(49) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 57.

(50) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 48.

(51) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12; Dokumente der Bischofssynode, 30. Nov. 1971, De sacerdotio ministeriali, a.a.O., S. 917.

(52) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 6; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 39-41.

(53) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 64; II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 6. I

(54) II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung, Nr. 1.

(55) Vgl. Pius XII., Rundschreiben Sacra virginitas vom 25. März 1954: A.A.S., 46 (1954), S. 183-186.

(56) Paul VI., Apostolisches Lehrschreiben Evangelica testificatio, 29. Juni 1971: A.A.S., 63 (1971), S. 515, Nr. 33

(57) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung Nr. 1; Pius XII., Ansprache Magis quam an den Karmeliterorden, 23. Sept. 1951: Discorsi e radiomessaggi, XIII, S. 256; Rundschreiben Sacra virginitas a.a.O., S. 183-186.

(58) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung, Nr. 3 und 8; Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, Nr. 49.

(59) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10; Pius XII., Enzyklika Menti nostrae, 23. Sept. 1950: A.A.S., 42 (1950), S. 687.

(60) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 48.

(61) VgI. Paul VI. Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 63; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 48.

(62) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 73.

(63) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 58-59; II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 3.

(64) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 11; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 48, 51 und 54.

(65) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 67.

(66) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 69 und 72.

(67) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 70.

(68) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 19-34.

(69) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 18.

(70) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 75.

(71) Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr.70.

(72) Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr.78.

(73) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 86.

(74) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 90.

(75) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 36.

(76) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10.

(77) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10.

(78) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 70 und 78; II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 16.

(79) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 13 und 14; Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 78.

(80) Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr.70.

(81) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 44.

(82) Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 48.

(83) Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 95.

(84) Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 48.

(85) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 77.

(86) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10.

(87) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12.

(88) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10.

(89) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 5.

(90) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 13.

(91) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 13, 14, 46 und 48.

(92) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12.

(93) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 5.

(94) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 7; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 23.

(95) Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr.66.

(96) Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr.66.

(97) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 78.

(98) Vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 68; II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 11.

(99) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 10.

(100) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 54.

(101) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 4 und 16; Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 13.

(102) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 8; Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 18.

(103) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 14.

(104) VgI. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 44-45.

(105) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 8.

(106) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Nr. 14; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 62.

(107) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 16-17; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 76-80.

(108) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 11; Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12.

(109) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 11; Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 24.

(110) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 8.

(111) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, Nr. 12; vgl. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 79-80.

(112) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 6.

(113) VgI. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 46.

(114) VgI. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 47.

(115) VgI. Kongr. f. d. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 47.

(116) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 24.

(117) Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr.13.

(118) VgI. Paul VI., Rundschreiben Sacerdotalis caelibatus, Nr. 13-20; 26-30.

(119) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 14.

(120) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen. Ratio fundamentalis, Nr. 69.

(121) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 3 und 19.

(122) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 11; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis. Nr. 51 und 69.

(123) Vgl. Pius XI., Rundschreiben Ad catholici sacerdotii, 20. Dez. 1935: A.A.S., 28 (1936), S. 5 ff.; II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 2.

(124) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 2; Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 11; II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 11; Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche, Nr. 19.

(125) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 12.

(126) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr. 12, 20, 47, 51, 58, 69, 95.

(127) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester, Nr. 17.

(128) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 12 und 19.

(129) VgI. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Nr. 19-21.

(130) Vgl. Kongr. f. d. Kath. Unterrichtswesen, Ratio fundamentalis, Nr.30-31.

(131) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel, passim; Päpstliche Kommission für die sozialen Kommunikationsmittel, Pastoralinstruktion Communio et progressio, 23. Mai 1971: A.A.S., 63 (1971), S. 593-656, passim.