Liturgische Bewegung: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Liturgische Bewegung''' werden zusammenfassend alle Bestrebungen bezeichnet, die vom Ende des [[19. Jahrhundert]]s bis zum [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzil]] vornehmlich in [[Deutschland]], [[Frankreich]] und [[Belgien]] das Ziel verfolgten, die Bedeutung der [[Liturgie]] der katholischen Kirche tiefer zu erschließen und das Verständnis für sie zu fördern, um geistlich aus ihr zu leben. Ihr liegt die Einsicht zugrunde, dass "die Liturgie weder privater noch klerikaler Natur sein kann, sondern wesensgemäß Feier der [[Kirche]] ist".<ref>Theodor Maas-Ewerd, Art. ''Liturgische Bewegung'' in [[LThK]], 3. Auflage, Bd. 6, Sp. 992.</ref>  
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Als '''Liturgische Bewegung''' werden in der katholischen Liturgiegeschichte Bestrebungen bezeichnet, die vom Ende des [[19. Jahrhundert]]s bis zum [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzil]] vornehmlich in [[Deutschland]], [[Österreich]], [[Frankreich]] und [[Belgien]] das Ziel verfolgten, die Bedeutung der [[Liturgie]] der katholischen Kirche tiefer zu erschließen und das Verständnis für sie zu fördern, um geistlich aus ihr zu leben. Ihr liegt die Einsicht zugrunde, dass "die Liturgie weder privater noch klerikaler Natur sein kann, sondern wesensgemäß Feier der [[Kirche]] ist".<ref>[[Theodor Maas-Ewerd]], Art. ''Liturgische Bewegung'' in [[LThK]], 3. Auflage, Bd. 6, Sp. 992.</ref>  
  
==Die Liturgische Bewegung an sich==
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==Etappen der liturgischen Erneuerung im 20. Jahrhundert==
 
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=== Ausgangspunkte===
Die “Liturgische Bewegung” begann als Privatinitiative von einzelnen Pionieren oder von Ordensgenossenschaften, die oft Auslagen und Opfer nicht scheuten, um die Kenntnis und das Studium der Liturgie in Veröffentlichungen, liturgischen Wochen und anderen Unternehmen zu fördern.<ref> [[Brief vom 30. Juni 1965|Brief]] von Kardinal [[Giacomo Lercaro]], Vorsitzender des "[[Consilium (Rat zur Ausführung der Liturgiekonstitution)‎|Consilium]]" an die Vorsitzenden der [[Bischofskonferenz]]en über die Förderung der liturgischen Erneuerung, Nr. 12.</ref> Sie entstand und wuchs, gefördert von herausragenden Gestalten in [[Wissenschaft]], [[Frömmigkeit]] und [[Liebe]] zur [[Kirche]]. Sie nimmt einen bedeutenden Platz im Leben der Kirche des [[20. Jahrhundert]]s ein, zumal die Päpste in ihr das Wirken des [[Heiligen Geist]]es erkannt haben.<ref> 23. September 1956 Ansprache [[Vous Nous avez]] an die Teilnehmer am internationalen pastoral-liturgischen Kongress von Assisi.</ref> Das oberste Ziel der führenden Köpfe der Liturgischen Bewegung<ref>Anmerkung 39 im [[Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie ]]: Unter ihnen [[Lambert Beauduin]] († 1960), [[Odo Casel]] († 1948), [[Pius Parsch]] († 1954), [[Bernard Botte]] († 1960), [[Romano Guardini]] († 1968), [[Josef Andreas Jungmann]] († 1975), [[Cyprian Vagaggini]] († 1999), [[Aimé-Georges Martimort]] († 2000)</ref> war pastoraler Natur: in den Gläubigen das Verstehen und die Liebe zur Feier der göttlichen Geheimnisse zu entflammen, in ihnen das Bewusstsein wach zu rufen, dass sie zum priesterlichen Volk Gottes gehören (vgl. 1 Petr 2,5).
 
 
 
Von daher ist es verständlich, dass strenge Vertreter der Liturgischen Bewegung die Auswüchse der [[Volksfrömmigkeit]] mit Argwohn beobachteten und in ihnen einen Grund für den Verfall der [[Liturgie]] sahen. Ihrer Meinung nach hatten die Missbräuche, die durch Überordnung der Andachtsübungen über die [[Liturgie]] entstanden waren, dazu geführt, die Liturgie durch volksnahe gottesdienstliche Ausdrucksweisen zu ersetzen. Darüber hinaus wollten sie die Reinheit des göttlichen Kultes wiederherstellen, indem sie die Liturgie der ersten Jahrhunderte der Kirche als ideales Vorbild und Maßstab ansahen. Dies hatte zur Folge, dass sie mittelalterliche Formen der Volksfrömmigkeit und solche, die in der nachtridentischen Epoche entstanden waren, oft radikal ablehnten.
 
 
 
Diese ablehnende Haltung trug jedoch nicht hinreichend der Tatsache Rechnung, dass volksfromme Ausdrucksformen – oftmals von der Kirche anerkannt und approbiert – dem geistlichen Leben vieler Gläubiger festen Halt gegeben und nicht abzuleugnende Früchte der [[Heiligkeit]] hervorgerufen hatten. Zudem hatten sie auf weiten Strecken zur Bewahrung des Glaubens und zur Verbreitung der christlichen Botschaft beigetragen. Deshalb hat sich Pius XII. in der Enzyklika [[Mediator dei]] des Jahres 1947, jenem programmatischen Dokument, durch das er die Führung der Liturgischen Bewegung selbst in die Hand nahm, mit der katholischen [[Frömmigkeit]] der letzten Jahrhunderte gewissermaßen identifiziert. Auf diese Weise hat er sich gegen jene extreme ablehnende Haltung gewandt und die volksfrommen Andachtsübungen verteidigt.
 
 
 
Schließlich hat das Zweite Vatikanische Konzil in der Konstitution [[Sacrosanctum Concilium]] die Beziehung zwischen [[Liturgie]] und [[Volksfrömmigkeit]] treffend beschrieben. Es hat den nicht zur Diskussion stehenden Vorrang der heiligen Liturgie und die Unterordnung der Andachtsübungen proklamiert, dabei aber dennoch deren bleibenden Wert betont (Vgl. [[SC]] 7, 10, 13.).
 
 
 
==Etappen der liturgischen Erneuerung==
 
 
Das Leitmotiv gab Papst [[Pius X.]] in seinem [[Motu Proprio]] ''[[Tra le sollecitudini]]''  vom 22. November 1903 [[lehramt]]lich vor: Er sprach zum ersten Mal von der „actuosa communicatio“ bzw. [[Participatio actuosa]], der "tätigen Teilnahme [der Gläubigen] an den heiligen Mysterien und am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche" als erster, unentbehrlicher Quelle, aus der die Gläubigen "wahrhaft christlichen Geist" schöpfen können.<ref>[[Albert Gerhards]], [[Benedikt Kranemann]]: ''Einführung in die Liturgiewissenschaft." Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. Aufl.,Darmstadt 2008, S. 102f.</ref> Dieser Terminus fand 60 Jahre später Eingang in die Konstitution [[Sacrosanctum Concilium]] des [[Zweites Vatikanisches Konzil|2. Vatikanums]].  
 
Das Leitmotiv gab Papst [[Pius X.]] in seinem [[Motu Proprio]] ''[[Tra le sollecitudini]]''  vom 22. November 1903 [[lehramt]]lich vor: Er sprach zum ersten Mal von der „actuosa communicatio“ bzw. [[Participatio actuosa]], der "tätigen Teilnahme [der Gläubigen] an den heiligen Mysterien und am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche" als erster, unentbehrlicher Quelle, aus der die Gläubigen "wahrhaft christlichen Geist" schöpfen können.<ref>[[Albert Gerhards]], [[Benedikt Kranemann]]: ''Einführung in die Liturgiewissenschaft." Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. Aufl.,Darmstadt 2008, S. 102f.</ref> Dieser Terminus fand 60 Jahre später Eingang in die Konstitution [[Sacrosanctum Concilium]] des [[Zweites Vatikanisches Konzil|2. Vatikanums]].  
  
Die liturgische Bewegung nahm ihren Ausgang in mehreren [[Benediktiner]]abteien: Solesmes in Frankreich und [[Erzabtei Beuron|Beuron]] und [[Maria Laach]] in Deutschland sowie Mont César und Maredsous in Belgien. Durch deren Wirken erlangte der [[Gregorianischer Choral|gregorianische Choral]] eine neue Blüte, es wurden Volksmessbücher – wie zum Beispiel der „[[Schott (Messbuch)|Schott]]“ – herausgegeben. Der Papst würdigte diese Bemühungen, indem er in ''[[Tra le sollecitudini]]'' die Kirchenmusik als eigenständigen Wesensbestandteil der Liturgie mit spiritueller, gesamtreligiöser Bedeutung anerkannte.
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Die liturgische Bewegung nahm ihren Ausgang in mehreren [[Benediktiner]]abteien: Solesmes in Frankreich und [[Erzabtei Beuron|Beuron]] und [[Maria Laach]] in Deutschland sowie Mont César und Maredsous in Belgien. Durch deren Wirken erlangte der [[Gregorianischer Choral|gregorianische Choral]] eine neue Blüte, es wurden Volksmessbücher – wie zum Beispiel der „[[Schott-Messbuch|Schott]]“ – herausgegeben. Der Papst würdigte diese Bemühungen, indem er in ''[[Tra le sollecitudini]]'' die Kirchenmusik als eigenständigen Wesensbestandteil der Liturgie mit spiritueller, gesamtreligiöser Bedeutung anerkannte.
  
 
Der belgische Benediktinermönch [[Lambert Beauduin]] (1873–1960) machte durch seine Rede beim belgischen Katholikentag am 23. September 1909 in [[Mecheln]] die Bewegung in [[Belgien]] und [[Holland]] bekannt. Auch In Frankreich und Italien gewann die Bewegung einige Zustimmung ([[Aimé-Georges Martimort]], [[Cyprian Vagaggini]], [[Giulio Bevilacqua]]); sie erstarkte jedoch besonders im deutschsprachigen Raum.
 
Der belgische Benediktinermönch [[Lambert Beauduin]] (1873–1960) machte durch seine Rede beim belgischen Katholikentag am 23. September 1909 in [[Mecheln]] die Bewegung in [[Belgien]] und [[Holland]] bekannt. Auch In Frankreich und Italien gewann die Bewegung einige Zustimmung ([[Aimé-Georges Martimort]], [[Cyprian Vagaggini]], [[Giulio Bevilacqua]]); sie erstarkte jedoch besonders im deutschsprachigen Raum.
  
Die Wahl [[Ildefons Herwegen]]s zum Abt von [[Abtei Maria Laach|Maria Laach]] 1913 markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der liturgischen Bewegung in [[Deutschland]]. In seinem Umfeld entwickelten [[Romano Guardini]], [[Odo Casel]] und [[Johannes Pinsk]] ihre Gedanken. Guardini schuf mit seinem 1918 erschienenen Werk ''Vom Geist der Liturgie'' eine programmatische Zusammenfassung der Bewegung. Sein zentrales Anliegen war die „Weltzuwendung aus der Mitte des Glaubens“, und er sah „die eigentliche Würde des Menschen im Vollzug der Liturgie“. Dabei stand nach wie vor die tätige Teilnahme an der Liturgie im Vordergrund. Wichtiges Instrument war die Verwendung der Volkssprache für gemeindliche Elemente zusätzlich zum  [[Latein]] der priesterlichen Liturgie, etwa in der [[Betsingmesse]]. Auch die Feier der [[Osternacht]] und die Verwendung des [[Volksaltar]]s waren wichtigen Elemente.
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=== Die Flügel der Bewegung ===
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Die Wahl [[Ildefons Herwegen]]s zum Abt von [[Abtei Maria Laach|Maria Laach]] 1913 markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der liturgischen Bewegung in [[Deutschland]]. In seinem Umfeld entwickelten [[Romano Guardini]], [[Odo Casel]] und [[Johannes Pinsk]] ihre Gedanken. Guardini schuf mit seinem 1918 erschienenen Werk ''Vom Geist der Liturgie'' eine programmatische Zusammenfassung der Bewegung. Sein zentrales Anliegen war die „Weltzuwendung aus der Mitte des Glaubens“, und er sah „die eigentliche Würde des Menschen im Vollzug der Liturgie“. Dabei stand nach wie vor die [[Participatio actuosa|tätige Teilnahme]] an der [[Liturgie]] im Vordergrund. Wichtiges Instrument war die Verwendung der Volkssprache für gemeindliche Elemente zusätzlich zum  [[Latein]] der priesterlichen Liturgie, etwa in der [[Betsingmesse]]. Auch die Feier der [[Osternacht]] und die Verwendung des [[Volksaltar]]s waren wichtigen Elemente.
  
Ein zweiter Flügel der Bewegung bestand in der [[Katholische Jugendbewegung|Katholischen Jugendbewegung]] und den katholischen Jugendverbänden, vor allem [[Quickborn-Arbeitskreis|Quickborn]], [[Bund Neudeutschland]] und [[Katholischer Jungmännerverband]] mit ihren Zentren [[Burg Rothenfels (Rothenfels)|Burg Rothenfels]] und [[Haus Altenberg]]; bestimmende Persönlichkeiten waren auch hier Romano Guardini und der Generalsekretär des Katholischen Jungmännerverbandes, [[Ludwig Wolker]]. Wegen der deutschlandweiten Verbreitung der Jugendverbände und dem planvollen Vorgehen Ludwig Wolkers fanden die Ideen im deutschen Klerus rasch weite Verbreitung.  
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Ein zweiter Flügel der Bewegung bestand in der [[Katholische Jugendbewegung|Katholischen Jugendbewegung]] und den katholischen Jugendverbänden, vor allem [[Quickborn-Arbeitskreis|Quickborn]], [[Bund Neudeutschland]] und [[Katholischer Jungmännerverband]] mit ihren Zentren [[Burg Rothenfels (Rothenfels)|Burg Rothenfels]] und [[Haus Altenberg]]; bestimmende Persönlichkeiten waren auch hier Romano Guardini und der Generalsekretär des Katholischen Jungmännerverbandes, [[Ludwig Wolker]]. Wegen der deutschlandweiten Verbreitung der Jugendverbände und des planvollen Vorgehens Ludwig Wolkers fanden die Ideen im deutschen Klerus rasch weite Verbreitung.  
  
 
In [[Österreich]] waren es der [[Augustiner-Chorherren|Augustinerchorherr]] [[Pius Parsch]], der die Ideen ab 1922 im [[Stift Klosterneuburg]] pfarrlich zentriert verwirklichte und sie durch volkstümliche Schriften bekanntmachte, ähnlich das stark von Romano Guardini geprägte [[Oratorium (Kongregation)|Oratorium]] in Leipzig mit den Seelsorgern [[Heinrich Kahlefeld]]. [[Josef Gülden]], [[Klemens Tilmann]] und dem späteren Meißener Bischof [[Otto Spülbeck]]. In [[Innsbruck]] setzte sich der Liturgiewissenschaftler [[Josef Andreas Jungmann]] S.J. für eine liturgische Erneuerung und Reform ([[Liturgiereform]]) ein. Otto Spülbeck beispielsweise feierte in Leipzig bereits in den 1930er-Jahren Jugendmessen an einem freistehenden Tisch und weitgehend in deutscher Sprache.
 
In [[Österreich]] waren es der [[Augustiner-Chorherren|Augustinerchorherr]] [[Pius Parsch]], der die Ideen ab 1922 im [[Stift Klosterneuburg]] pfarrlich zentriert verwirklichte und sie durch volkstümliche Schriften bekanntmachte, ähnlich das stark von Romano Guardini geprägte [[Oratorium (Kongregation)|Oratorium]] in Leipzig mit den Seelsorgern [[Heinrich Kahlefeld]]. [[Josef Gülden]], [[Klemens Tilmann]] und dem späteren Meißener Bischof [[Otto Spülbeck]]. In [[Innsbruck]] setzte sich der Liturgiewissenschaftler [[Josef Andreas Jungmann]] S.J. für eine liturgische Erneuerung und Reform ([[Liturgiereform]]) ein. Otto Spülbeck beispielsweise feierte in Leipzig bereits in den 1930er-Jahren Jugendmessen an einem freistehenden Tisch und weitgehend in deutscher Sprache.
  
Die von [[Johannes Pinsk]] herausgegebenen Zeitschriften ''Liturgische Zeitschrift'' (1928–1933) und ''Liturgisches Leben'' (1934–1939) waren für die liturgische Bewegung einflussreich. Auch die Laien-Messbücher wie der ''„Volks-Schott“'' der [[Erzabtei Beuron|Benediktinerabtei Beuron]] und das „Volksmessbuch“ des [[Abtei Maria Laach|Maria Laacher]] Benediktiners [[Urbanus Bomm]] spielten eine große Rolle. Für Breitenwirkung sorgte das Heft [[Kirchengebet|Kirchengebet für den Gemeinschaftsgottesdienst]], 1928 erstmals herausgegeben von Ludwig Wolker, das eine Auflage von 9 242 000 Exemplaren erreichte und die Form der [[Gemeinschaftsmesse]] über die Jugendverbände hinaus verbreitete.<ref>Thomas Labonté: Die Sammlung "Kirchenlied" (1938). Entstehung, Korpusanalyse, Rezeption. Francke Verlag, Tübingen 2008, ISBN 978-3-7720-8251-1, S. 7.</ref> Die Ausgabe von 1930 bot erstmals den 1928 in einer privaten Initiative in Köln erarbeiteten [[Gemeinschaftsmesse#Deutscher Einheitstext|Einheitstext]] des [[Ordinarium|Mess-Ordinariums]], wie er ab dann in alle Messbücher und Diözesangebetbücher übernommen wurde. Alle diese Schriften erhielten das bischöfliche [[Imprimatur]].  
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=== Schrifttum ===
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Die von [[Johannes Pinsk]] herausgegebenen Zeitschriften ''Liturgische Zeitschrift'' (1928–1933) und ''Liturgisches Leben'' (1934–1939) waren für die liturgische Bewegung einflussreich. Auch die Laien-Messbücher wie der ''„[[Schott-Messbuch|Volks-Schott]]“'' der [[Erzabtei Beuron|Benediktinerabtei Beuron]] und das „Volksmessbuch“ des [[Abtei Maria Laach|Maria Laacher]] Benediktiners [[Urbanus Bomm]] spielten eine große Rolle. Für Breitenwirkung sorgte das Heft [[Kirchengebet|Kirchengebet für den Gemeinschaftsgottesdienst]], 1928 erstmals herausgegeben von Ludwig Wolker, das eine Auflage von 9 242 000 Exemplaren erreichte und die Form der [[Gemeinschaftsmesse]] über die Jugendverbände hinaus verbreitete.<ref>Thomas Labonté: Die Sammlung "Kirchenlied" (1938). Entstehung, Korpusanalyse, Rezeption. Francke Verlag, Tübingen 2008, ISBN 978-3-7720-8251-1, S. 7.</ref> Die Ausgabe von 1930 bot erstmals den 1928 in einer privaten Initiative in Köln erarbeiteten [[Gemeinschaftsmesse#Deutscher Einheitstext|Einheitstext]] des [[Ordinarium|Mess-Ordinariums]], wie er ab dann in alle Messbücher und Diözesangebetbücher übernommen wurde. Alle diese Schriften erhielten das bischöfliche [[Imprimatur]].  
  
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=== Kritik ===
 
Doch es regte sich auch Kritik. Auf der einen Seite war es vielen nicht recht, dass liturgische Bestimmungen missachtet wurden, auf der anderen Seite wurde auch inhaltliche Kritik geübt. 1939 erschien [[Max Kassiepe]]s Schrift ''Irrwege und Umwege im Frömmigkeitsleben der Gegenwart'', die die Ziele der Bewegung scharf angriff. Der [[Oblaten (OMI)|Oblatenmissionar]] Kassiepe war der Ansicht, dass eine Erneuerung des Glaubenslebens nicht dadurch erreicht werden könne, dass man sein Hauptaugenmerk auf liturgische Detailfragen lenke; dadurch verliere man den Blick für Wesentliches. Einen gewissen Ausgleich in den Auseinandersetzungen erreichte die von der [[Deutsche Bischofskonferenz|Bischofskonferenz]] eingesetzte [[liturgische Kommission]] sowie die [[Enzyklika]] [[Mystici Corporis]] von Papst [[Pius XII.]] vom 29. Juni 1943.
 
Doch es regte sich auch Kritik. Auf der einen Seite war es vielen nicht recht, dass liturgische Bestimmungen missachtet wurden, auf der anderen Seite wurde auch inhaltliche Kritik geübt. 1939 erschien [[Max Kassiepe]]s Schrift ''Irrwege und Umwege im Frömmigkeitsleben der Gegenwart'', die die Ziele der Bewegung scharf angriff. Der [[Oblaten (OMI)|Oblatenmissionar]] Kassiepe war der Ansicht, dass eine Erneuerung des Glaubenslebens nicht dadurch erreicht werden könne, dass man sein Hauptaugenmerk auf liturgische Detailfragen lenke; dadurch verliere man den Blick für Wesentliches. Einen gewissen Ausgleich in den Auseinandersetzungen erreichte die von der [[Deutsche Bischofskonferenz|Bischofskonferenz]] eingesetzte [[liturgische Kommission]] sowie die [[Enzyklika]] [[Mystici Corporis]] von Papst [[Pius XII.]] vom 29. Juni 1943.
  
Die Enzyklika [[Mediator Dei]] vom 20. November 1947 war die Antwort des Lehramtes auf die liturgische Bewegung. Dabei wurde – in versöhnlichem Ton – manchen [[Liturgiemissbräuche|Missbräuchen]] ein Riegel vorgeschoben, auf der anderen Seite jedoch wurden zahlreiche Inhalte und Formen bestätigt. Das Wesen der [[Liturgie]], die [[Eucharistiefeier]], das [[Stundengebet]] und das [[Kirchenjahr]], auch die außerliturgische [[Frömmigkeit]] werden behandelt. Insbesondere wird die aktive und passive Teilnahme der Gläubigen am heiligen Opfer ausdrücklich gelehrt, ihre Teilnahme aber ebenso klar von der Konsekrations- und Opfermacht des geweihten [[Priester]]s abgehoben. - Schon vorher hatte der Heilige Vater sich autoritativ über das Wesen, die Materie und die Form des Ordo geäußert und die Spendung der hl. [[Firmung]] im Notfalle einem weiteren Kreis von Seelsorgern zuerkannt.
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=== Päpstliche und konziliare Anerkennung ===
  
Das Motu proprio von Papst [[Johannes XXIII.]] vom 25. Juli 1960 leitete eine vorläufige Reform der [[Rubrik]]en im römischen Brevier und Missale ein. Sie ist nicht nur eine Kodifizierung der Dekrete früherer Päpste, sondern auch eine Verkürzung des Breviers und in etwa eine Vereinfachung, die aber keine grundlegenden Änderungen brachte (vgl. [[Die Rubriken für das Römische Brevier und Missale im Pontifikat Johannes XXIII.]], [[Pontifikat Johannes' XXIII.#Das dogmatische Lehramt|Pontifikat Johannes' XXIII, Nr. 2]]).
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Unter dem Einfluss der liturgischen Bewegung wurde eine unmittelbare Beteiligung bei der Messfeier angestrebt. So haben die Gläubigen bereits bei den [[Eucharistischer Kongress|Eucharistischen Kongressen]] von 1922 in Rom und 1924 in Amsterdam mit der Erlaubnis von [[Papst]] [[Pius XI.]] begonnen, dem zelebrierenden Geistlichen zu antworten und den [[Friedensgruß]] auszutauschen.<ref>aus: PÄPSTLICHES KOMITEE FÜR DIE EUCHARISTISCHEN WELTKONGRESSE, DIE EUCHARISTISCHEN WELTKONGRESSE für eine Neu- Evangelisierung, VATIKANISCHE VERLANGSBUCHHANDLUNG VATIKANSTADT 1991, S. 17.</ref>
  
Es sollte noch zwei Jahrzehnte dauern, bis mit der Konstitution [[Sacrosanctum Concilium]] des [[II. Vatikanum]]s und der nachfolgenden [[Liturgiereform]] von 1969 die formalen Forderungen der Bewegung umgesetzt waren.  
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In der [[Enzyklika]] ''[[Mediator Dei]]'' vom 20. November 1947 nahm Papst [[Pius XII.]] die Entwicklungen im Gottesdienst der Kirche, die von der liturgischen Bewegung bewirkt und bereits von einigen [[Bischofskonferenz]]en approbiert worden waren, ausdrücklich auf und bestätigte sie. In versöhnlichem Ton wurden einige neue Formen korrigiert. Insbesondere wird die aktive und passive Teilnahme der Gläubigen am [[Messopfer|heiligen Opfer]] ausdrücklich betont und gleichzeitig von der Konsekrationsvollmacht des geweihten [[Priester]]s abgehoben.  
  
==Früchte der Liturgischen Erneuerung==
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Auch die [[Liturgiereformen im 20. Jahrhundert#Die Reform der Karwochenliturgie durch Papst Pius XII.|Reform]] der Liturgie der [[Karwoche]], die Papst [[Pius XII.]] zwischen 1951 (Reform der [[Osternacht]] ''"ad experimentum"'') und 1955 vornahm, wurde durch die liturgische Bewegung angeregt und vorbereitet.
"Die liturgische Erneuerung ist die sichtbarste Frucht der ganzen Arbeit des Konzils. Wiewohl einige Schwierigkeiten auftauchten, wurde sie doch von den Gläubigen im allgemeinen froh und fruchtbringend angenommen. Liturgische Erneuerung kann nicht auf die Zeremonien, Riten, Texte usw. beschränkt werden; und auch die aktive Teilnahme der Gläubigen, die nach dem Konzil so glücklich anwuchs, besteht nicht nur in äußerlicher Aktivität, sondern vor allem in innerer und geistlicher Teilnahme, in einer lebendigen und fruchtbringenden Teilhabe am österlichen Geheimnis Jesu Christi (vgl. SC 11). Die Liturgie muss sehr klar den Sinn für das Heilige fördern und ihn aufleuchten lassen. Sie muss vom Geiste der Ehrfurcht vor Gott, der Anbetung und seiner Verherrlichung durchtränkt sein." ([[Exeunte coetu secundo]], [[Exeunte coetu secundo (Wortlaut)#b) Die heilige Liturgie|1. Innere Erneuerung der Liturgie]]).
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Das Motu proprio von Papst [[Johannes XXIII.]] vom 25. Juli 1960 reformierte die [[Rubrik]]en im römischen [[Brevier]] und [[Missale]]. Sie ist nicht nur eine Kodifizierung der Dekrete früherer Päpste, sondern auch eine Verkürzung und Vereinfachung des Breviers, die aber keine grundlegenden Änderungen brachte (vgl. [[Die Rubriken für das Römische Brevier und Missale im Pontifikat Johannes XXIII.]], [[Pontifikat Johannes' XXIII.#Das dogmatische Lehramt|Pontifikat Johannes' XXIII, Nr. 2]]).
  
===Jungfrau Maria===
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Die Konstitution [[Sacrosanctum Concilium]] des [[II. Vatikanum]]s und die nachfolgenden [[Liturgiereform]] von 1969 (sel. Papst [[Paul VI.]]) setzten dann die formalen Forderungen der Liturgischen Bewegung grundlegend um, mit der Absicht, nicht mit der liturgischen Tradition der Kirche zu brechen.
Die nachkonziliare Erneuerung hat die seligste [[Jungfrau Maria]], wie es schon Wunsch der liturgischen Bewegung war, in entsprechender Sicht im Zusammenhang mit dem Geheimnis Christi betrachtet und ihr im Einklang mit der Überlieferung die einzigartige Stellung zuerkannt, die ihr als heilige Gottesgebärerin und erhabene Gefährtin des Erlösers zukommt ([[Marialis cultus]], [[Marialis cultus (Wortlaut)#Erster Abschnitt: Maria in der erneuerten römischen Liturgie|Nr. 15]]).
 
  
==Neue liturgische Bewegung==
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"Die liturgische Erneuerung ist die sichtbarste Frucht der ganzen Arbeit des Konzils. Wiewohl einige Schwierigkeiten auftauchten, wurde sie doch von den Gläubigen im allgemeinen froh und fruchtbringend angenommen. Liturgische Erneuerung kann nicht auf die Zeremonien, Riten, Texte usw. beschränkt werden; und auch die aktive Teilnahme der Gläubigen, die nach dem Konzil so glücklich anwuchs, besteht nicht nur in äußerlicher Aktivität, sondern vor allem in innerer und geistlicher Teilnahme, in einer lebendigen und fruchtbringenden Teilhabe am österlichen Geheimnis Jesu Christi (vgl. [[SC]] 11). Die Liturgie muss sehr klar den Sinn für das Heilige fördern und ihn aufleuchten lassen. Sie muss vom Geiste der Ehrfurcht vor Gott, der [[Anbetung]] und seiner Verherrlichung durchtränkt sein." ([[Exeunte coetu secundo]], [[Exeunte coetu secundo (Wortlaut)#b) Die heilige Liturgie|1. Innere Erneuerung der Liturgie]]).
  
[[Joseph Kardinal Ratzinger]] wirbt für eine „Reform der Reform".<ref>vgl. [http://www.kath.net/news/1546 Ratzinger fordert 'Reform der Reform']</ref> Damit meint er eine ''neue'' liturgische Bewegung.<ref>so Kardinal [[Kurt Koch]] [http://www.kath.net/detail.php?id=31453 Das Motu proprio ‚Summorum Pontificum’ als ökumenische Brücke] [[Kath.net]] am 16. Mai 2011 von [[Armin Schwibach]]</ref>Er wirbt für eine "eine Wiederentdeckung des Wesentlichen in der [[Liturgie]]. Liturgie sei allgemein ein Überschreiten des alltäglichen Lebens. Selbstüberschreitung sei in den Kern christlicher [[Liturgie]] eingeschrieben (Von mir weg zu einem Höheren). Es geht darum, die Ehrfurcht und das Übernatürliche wieder aufleuchten zu lassen - die Liturgie nicht zu banalisieren und zu profanieren, und das geht auch in der [[Liturgiesprache|Volkssprache]]."<ref>[http://www.theologisches.info/sauer1.htm 40 Jahre] Liturgiereform-Festakt in Trier mit [[Joseph Kardinal Ratzinger]], [[Die Tagespost]] 6. Dez. 2003; [http://www.ratzinger-papst-benedikt-stiftung.de/downloads/Michael%20Schneider.pdf Michael Schneider, Zur Grundlegung und Erneuerung der Liturgie nach der Theologie] Joseph Ratzingers - Papst [[Benedikts XVI.]]</ref>
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[[Franziskus (Papst)|Papst Franziskus]] sieht in den Beschlüssen des Konzils und in der anschließenden Reform der Liturgie eine "Phase der Reife" der liturgischen Bewegung. Sie seien "nicht plötzlich vom Himmel gefallen", sondern "Frucht eines langen Weges", der von den Päpsten gefördert worden sei. Er nannte [[Pius X.]], der Änderungen in der sakralen Musik und der Messordnung für den Sonntag einführte, und die Liturgie-Enzyklika [[Mediator Dei]] von [[Pius XII.]] und dessen Reform der [[Karwoche]] und [[osternacht|Ostervigil]]. Zwar gelte es heute, Oberflächlichkeiten und entstellende Praktiken zu beenden und "die Disziplin und die Regeln zu beachten". Dies heiße jedoch nicht, die Entscheidungen der Reform generell zu überdenken, sondern deren zugrundeliegende Gründe ins Bewusstsein zu heben. Es gebe kein Zurück zur "Alten Messe": "Wir können mit Sicherheit und Lehrautorität sagen, dass die liturgische Reform unumkehrbar ist", erklärte der Papst bei einer liturgiewissenschaftlichen Tagung im Vatikan im August 2017. Die Liturgie sei von ihrer Natur Liturgie des Volkes und nicht des Klerus, betonte er. "Es ist das Handeln Gottes selbst für sein Volk, aber auch das Handeln des Volkes, das Gott, der spricht, hört und mit Lob antwortet", so Franziskus.<ref>[http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/papst-liturgiereform-ist-unumkehrbar katholisch.de: Papst: Liturgiereform ist unumkehrbar], 24. August 2017.- [https://www.domradio.de/themen/glaube/2017-08-24/papst-franziskus-liturgiereform-unumkehrbar domradio.de: Papst Franziskus: Liturgiereform unumkehrbar], 24. August 2017.</ref>
 
 
Verschiedene Initiativen zu einer neuen Liturgischen Bewegung:  
 
* [[Kölner Liturgische Tagung]].
 
* Tagung zum Motu proprio [[Summorum pontificum]].<ref>[http://giovanietradizione.org/MaterialeIIIED/Depliant_III_Ed_GeT.pdf 3. Tagung] vom 13. -15. Mai 2011</ref>
 
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
 
* Ferdinand Kolbe: [[Der Christ in der Welt#IX. Die Liturgie der Kirche|Der Christ in der Welt]]. Eine [[Enzyklopädie]] IX. Reihe Die Liturgie der Kirche Band 4 : Die liturgische Bewegung [[Paul Pattloch Verlag]] Aschaffenburg  1964 (170 Seiten).
 
* Ferdinand Kolbe: [[Der Christ in der Welt#IX. Die Liturgie der Kirche|Der Christ in der Welt]]. Eine [[Enzyklopädie]] IX. Reihe Die Liturgie der Kirche Band 4 : Die liturgische Bewegung [[Paul Pattloch Verlag]] Aschaffenburg  1964 (170 Seiten).
* [[Franz Breid]]: "Die heilige [[Liturgie]]". Referate der "[[Internationale Theologische Sommerakademie Aigen|Internationalen Theologischen Sommerakademie]]" des [[Linzer Priesterkreis]]es. Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co. KG 1997 (375 Seiten; ISBN 3850685330).
 
  
 
==Päpstliche Schreiben==
 
==Päpstliche Schreiben==
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'''[[Pius X.]]'''
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* 22. November 1903 [[Motu Proprio]] ''[[Tra le sollecitudini]]'' Anweisung über die [[Kirchenmusik]].
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* 23. Oktober 1913 [[Motu proprio]] ''[[Abhinc duos annos]]'' über die teilweise Neuordnung des [[Stundengebet|Göttlichen Offiziums]]. Es gab der Liturgischen Bewegung einen entscheidenden Anstoß (vgl. ''[[Vous Nous avez]]'').
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'''[[Pius XII.]]''' (siehe: [[Pontifikat Pius' XII.#Das Lehramt|Pontifikat Pius' XII., Nr. 6]])
 
'''[[Pius XII.]]''' (siehe: [[Pontifikat Pius' XII.#Das Lehramt|Pontifikat Pius' XII., Nr. 6]])
* 20. November 1947 Enzyklika [[Mediator dei]] über über die heilige [[Liturgie]], [[Mediator dei (Wortlaut)#3. Die liturgische Bewegung der Gegenwart|Die liturgische Bewegung der Gegenwart, Nr. 3]]; [[Mediator dei (Wortlaut)#2. Die liturgische Bewegung|Nr. 186-204]].
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* 20. November 1947: Enzyklika ''[[Mediator Dei]]'' über über die heilige [[Liturgie]], [[Mediator Dei (Wortlaut)#3. Die liturgische Bewegung der Gegenwart|Die liturgische Bewegung der Gegenwart, Nr. 3]]; [[Mediator Dei (Wortlaut)#2. Die liturgische Bewegung|Nr. 186-204]].
* 23. September 1956 Ansprache [[Vous Nous avez]] an die Teilnehmer am internationalen pastoral-liturgischen Kongress von Assisi.
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* 2. November 1954: Ansprache ''[[Magnificate dominum mecum#Forderungen an die Liturgische Bewegung|"Magnificate dominum mecum"]]'' an die Kardinäle und Bischöfe.
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* 23. September 1956: Ansprache ''[[Vous Nous avez]]'' an die Teilnehmer am internationalen pastoral-liturgischen Kongress von Assisi.
  
 
'''[[Paul VI.]]'''
 
'''[[Paul VI.]]'''
* 30. Juni 1965 [[Brief vom 30. Juni 1965|Brief]] von Kardinal [[Giacomo Lercaro]], Vorsitzender des "[[Consilium (Rat zur Ausführung der Liturgiekonstitution)‎|Consilium]]" an die Vorsitzenden der [[Bischofskonferenz]]en über die Förderung der liturgischen Erneuerung, Nr. 12.
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* 4. Dezember 1963 [[Zweites Vatikanisches Konzil]]: Konstitution ''[[Sacrosanctum concilium]]'', [[Sacrosanctum concilium (Wortlaut)#V. Förderung der pastoralliturgischen Bewegung|Nr. 43-46]].
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* 30. Juni 1965: ''[[Brief vom 30. Juni 1965|Brief]]'' von Kardinal [[Giacomo Lercaro]], Vorsitzender des "[[Consilium (Rat zur Ausführung der Liturgiekonstitution)‎|Consilium]]" an die Vorsitzenden der [[Bischofskonferenz]]en über die Förderung der liturgischen Erneuerung, Nr. 12.
  
 
'''[[Johannes Paul II.]]'''
 
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* [[17. Dezember]] [[2001]] [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]]: ''[[Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie]]. Grundsätze und Orientierungen'', [[Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie (Wortlaut)#In der heutigen Zeit|Nr. 44-46]].
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* [[17. Dezember]] [[2001]]: [[Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung]]: ''[[Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie]]. Grundsätze und Orientierungen'', [[Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie (Wortlaut)#In der heutigen Zeit|Nr. 44-46]].
  
'''[[Benedikt XVI.]]'''
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'''siehe auch:''' [[Neue liturgische Bewegung]]
* [[7. Juli]] [[2007]] ''[[Summorum pontificum (Begleitbrief)|Begleitbrief]]'' zum [[Motu proprio]] [[Summorum pontificum]] an die [[Bischöfe]].
 
  
 
==Weblinks==
 
==Weblinks==
* Papst [[Benedikt XVI.]] möchte eine ''neue'' liturgische Bewegung. [[Kath.net]] am 16. Mai 2011<ref>so Kardinal [[Kurt Koch]] [http://www.kath.net/detail.php?id=31453 Das Motu proprio ‚Summorum Pontificum’ als ökumenische Brücke] [[Kath.net]] am 16. Mai 2011 von [[Armin Schwibach]]</ref>
 
 
*[http://www.summorum-pontificum.de/themen/liturgiereform/494-iesuita-non-cantat.html Iesuita non cantat] bei www.summorum-pontificum.de am 5. Juli 2014
 
*[http://www.summorum-pontificum.de/themen/liturgiereform/494-iesuita-non-cantat.html Iesuita non cantat] bei www.summorum-pontificum.de am 5. Juli 2014
  

Version vom 4. April 2018, 11:02 Uhr

Als Liturgische Bewegung werden in der katholischen Liturgiegeschichte Bestrebungen bezeichnet, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil vornehmlich in Deutschland, Österreich, Frankreich und Belgien das Ziel verfolgten, die Bedeutung der Liturgie der katholischen Kirche tiefer zu erschließen und das Verständnis für sie zu fördern, um geistlich aus ihr zu leben. Ihr liegt die Einsicht zugrunde, dass "die Liturgie weder privater noch klerikaler Natur sein kann, sondern wesensgemäß Feier der Kirche ist".<ref>Theodor Maas-Ewerd, Art. Liturgische Bewegung in LThK, 3. Auflage, Bd. 6, Sp. 992.</ref>

Etappen der liturgischen Erneuerung im 20. Jahrhundert

Ausgangspunkte

Das Leitmotiv gab Papst Pius X. in seinem Motu Proprio Tra le sollecitudini vom 22. November 1903 lehramtlich vor: Er sprach zum ersten Mal von der „actuosa communicatio“ bzw. Participatio actuosa, der "tätigen Teilnahme [der Gläubigen] an den heiligen Mysterien und am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche" als erster, unentbehrlicher Quelle, aus der die Gläubigen "wahrhaft christlichen Geist" schöpfen können.<ref>Albert Gerhards, Benedikt Kranemann: Einführung in die Liturgiewissenschaft." Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. Aufl.,Darmstadt 2008, S. 102f.</ref> Dieser Terminus fand 60 Jahre später Eingang in die Konstitution Sacrosanctum Concilium des 2. Vatikanums.

Die liturgische Bewegung nahm ihren Ausgang in mehreren Benediktinerabteien: Solesmes in Frankreich und Beuron und Maria Laach in Deutschland sowie Mont César und Maredsous in Belgien. Durch deren Wirken erlangte der gregorianische Choral eine neue Blüte, es wurden Volksmessbücher – wie zum Beispiel der „Schott“ – herausgegeben. Der Papst würdigte diese Bemühungen, indem er in Tra le sollecitudini die Kirchenmusik als eigenständigen Wesensbestandteil der Liturgie mit spiritueller, gesamtreligiöser Bedeutung anerkannte.

Der belgische Benediktinermönch Lambert Beauduin (1873–1960) machte durch seine Rede beim belgischen Katholikentag am 23. September 1909 in Mecheln die Bewegung in Belgien und Holland bekannt. Auch In Frankreich und Italien gewann die Bewegung einige Zustimmung (Aimé-Georges Martimort, Cyprian Vagaggini, Giulio Bevilacqua); sie erstarkte jedoch besonders im deutschsprachigen Raum.

Die Flügel der Bewegung

Die Wahl Ildefons Herwegens zum Abt von Maria Laach 1913 markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der liturgischen Bewegung in Deutschland. In seinem Umfeld entwickelten Romano Guardini, Odo Casel und Johannes Pinsk ihre Gedanken. Guardini schuf mit seinem 1918 erschienenen Werk Vom Geist der Liturgie eine programmatische Zusammenfassung der Bewegung. Sein zentrales Anliegen war die „Weltzuwendung aus der Mitte des Glaubens“, und er sah „die eigentliche Würde des Menschen im Vollzug der Liturgie“. Dabei stand nach wie vor die tätige Teilnahme an der Liturgie im Vordergrund. Wichtiges Instrument war die Verwendung der Volkssprache für gemeindliche Elemente zusätzlich zum Latein der priesterlichen Liturgie, etwa in der Betsingmesse. Auch die Feier der Osternacht und die Verwendung des Volksaltars waren wichtigen Elemente.

Ein zweiter Flügel der Bewegung bestand in der Katholischen Jugendbewegung und den katholischen Jugendverbänden, vor allem Quickborn, Bund Neudeutschland und Katholischer Jungmännerverband mit ihren Zentren Burg Rothenfels und Haus Altenberg; bestimmende Persönlichkeiten waren auch hier Romano Guardini und der Generalsekretär des Katholischen Jungmännerverbandes, Ludwig Wolker. Wegen der deutschlandweiten Verbreitung der Jugendverbände und des planvollen Vorgehens Ludwig Wolkers fanden die Ideen im deutschen Klerus rasch weite Verbreitung.

In Österreich waren es der Augustinerchorherr Pius Parsch, der die Ideen ab 1922 im Stift Klosterneuburg pfarrlich zentriert verwirklichte und sie durch volkstümliche Schriften bekanntmachte, ähnlich das stark von Romano Guardini geprägte Oratorium in Leipzig mit den Seelsorgern Heinrich Kahlefeld. Josef Gülden, Klemens Tilmann und dem späteren Meißener Bischof Otto Spülbeck. In Innsbruck setzte sich der Liturgiewissenschaftler Josef Andreas Jungmann S.J. für eine liturgische Erneuerung und Reform (Liturgiereform) ein. Otto Spülbeck beispielsweise feierte in Leipzig bereits in den 1930er-Jahren Jugendmessen an einem freistehenden Tisch und weitgehend in deutscher Sprache.

Schrifttum

Die von Johannes Pinsk herausgegebenen Zeitschriften Liturgische Zeitschrift (1928–1933) und Liturgisches Leben (1934–1939) waren für die liturgische Bewegung einflussreich. Auch die Laien-Messbücher wie der Volks-Schott der Benediktinerabtei Beuron und das „Volksmessbuch“ des Maria Laacher Benediktiners Urbanus Bomm spielten eine große Rolle. Für Breitenwirkung sorgte das Heft Kirchengebet für den Gemeinschaftsgottesdienst, 1928 erstmals herausgegeben von Ludwig Wolker, das eine Auflage von 9 242 000 Exemplaren erreichte und die Form der Gemeinschaftsmesse über die Jugendverbände hinaus verbreitete.<ref>Thomas Labonté: Die Sammlung "Kirchenlied" (1938). Entstehung, Korpusanalyse, Rezeption. Francke Verlag, Tübingen 2008, ISBN 978-3-7720-8251-1, S. 7.</ref> Die Ausgabe von 1930 bot erstmals den 1928 in einer privaten Initiative in Köln erarbeiteten Einheitstext des Mess-Ordinariums, wie er ab dann in alle Messbücher und Diözesangebetbücher übernommen wurde. Alle diese Schriften erhielten das bischöfliche Imprimatur.

Kritik

Doch es regte sich auch Kritik. Auf der einen Seite war es vielen nicht recht, dass liturgische Bestimmungen missachtet wurden, auf der anderen Seite wurde auch inhaltliche Kritik geübt. 1939 erschien Max Kassiepes Schrift Irrwege und Umwege im Frömmigkeitsleben der Gegenwart, die die Ziele der Bewegung scharf angriff. Der Oblatenmissionar Kassiepe war der Ansicht, dass eine Erneuerung des Glaubenslebens nicht dadurch erreicht werden könne, dass man sein Hauptaugenmerk auf liturgische Detailfragen lenke; dadurch verliere man den Blick für Wesentliches. Einen gewissen Ausgleich in den Auseinandersetzungen erreichte die von der Bischofskonferenz eingesetzte liturgische Kommission sowie die Enzyklika Mystici Corporis von Papst Pius XII. vom 29. Juni 1943.

Päpstliche und konziliare Anerkennung

Unter dem Einfluss der liturgischen Bewegung wurde eine unmittelbare Beteiligung bei der Messfeier angestrebt. So haben die Gläubigen bereits bei den Eucharistischen Kongressen von 1922 in Rom und 1924 in Amsterdam mit der Erlaubnis von Papst Pius XI. begonnen, dem zelebrierenden Geistlichen zu antworten und den Friedensgruß auszutauschen.<ref>aus: PÄPSTLICHES KOMITEE FÜR DIE EUCHARISTISCHEN WELTKONGRESSE, DIE EUCHARISTISCHEN WELTKONGRESSE für eine Neu- Evangelisierung, VATIKANISCHE VERLANGSBUCHHANDLUNG VATIKANSTADT 1991, S. 17.</ref>

In der Enzyklika Mediator Dei vom 20. November 1947 nahm Papst Pius XII. die Entwicklungen im Gottesdienst der Kirche, die von der liturgischen Bewegung bewirkt und bereits von einigen Bischofskonferenzen approbiert worden waren, ausdrücklich auf und bestätigte sie. In versöhnlichem Ton wurden einige neue Formen korrigiert. Insbesondere wird die aktive und passive Teilnahme der Gläubigen am heiligen Opfer ausdrücklich betont und gleichzeitig von der Konsekrationsvollmacht des geweihten Priesters abgehoben.

Auch die Reform der Liturgie der Karwoche, die Papst Pius XII. zwischen 1951 (Reform der Osternacht "ad experimentum") und 1955 vornahm, wurde durch die liturgische Bewegung angeregt und vorbereitet.

Das Motu proprio von Papst Johannes XXIII. vom 25. Juli 1960 reformierte die Rubriken im römischen Brevier und Missale. Sie ist nicht nur eine Kodifizierung der Dekrete früherer Päpste, sondern auch eine Verkürzung und Vereinfachung des Breviers, die aber keine grundlegenden Änderungen brachte (vgl. Die Rubriken für das Römische Brevier und Missale im Pontifikat Johannes XXIII., Pontifikat Johannes' XXIII, Nr. 2).

Die Konstitution Sacrosanctum Concilium des II. Vatikanums und die nachfolgenden Liturgiereform von 1969 (sel. Papst Paul VI.) setzten dann die formalen Forderungen der Liturgischen Bewegung grundlegend um, mit der Absicht, nicht mit der liturgischen Tradition der Kirche zu brechen.

"Die liturgische Erneuerung ist die sichtbarste Frucht der ganzen Arbeit des Konzils. Wiewohl einige Schwierigkeiten auftauchten, wurde sie doch von den Gläubigen im allgemeinen froh und fruchtbringend angenommen. Liturgische Erneuerung kann nicht auf die Zeremonien, Riten, Texte usw. beschränkt werden; und auch die aktive Teilnahme der Gläubigen, die nach dem Konzil so glücklich anwuchs, besteht nicht nur in äußerlicher Aktivität, sondern vor allem in innerer und geistlicher Teilnahme, in einer lebendigen und fruchtbringenden Teilhabe am österlichen Geheimnis Jesu Christi (vgl. SC 11). Die Liturgie muss sehr klar den Sinn für das Heilige fördern und ihn aufleuchten lassen. Sie muss vom Geiste der Ehrfurcht vor Gott, der Anbetung und seiner Verherrlichung durchtränkt sein." (Exeunte coetu secundo, 1. Innere Erneuerung der Liturgie).

Papst Franziskus sieht in den Beschlüssen des Konzils und in der anschließenden Reform der Liturgie eine "Phase der Reife" der liturgischen Bewegung. Sie seien "nicht plötzlich vom Himmel gefallen", sondern "Frucht eines langen Weges", der von den Päpsten gefördert worden sei. Er nannte Pius X., der Änderungen in der sakralen Musik und der Messordnung für den Sonntag einführte, und die Liturgie-Enzyklika Mediator Dei von Pius XII. und dessen Reform der Karwoche und Ostervigil. Zwar gelte es heute, Oberflächlichkeiten und entstellende Praktiken zu beenden und "die Disziplin und die Regeln zu beachten". Dies heiße jedoch nicht, die Entscheidungen der Reform generell zu überdenken, sondern deren zugrundeliegende Gründe ins Bewusstsein zu heben. Es gebe kein Zurück zur "Alten Messe": "Wir können mit Sicherheit und Lehrautorität sagen, dass die liturgische Reform unumkehrbar ist", erklärte der Papst bei einer liturgiewissenschaftlichen Tagung im Vatikan im August 2017. Die Liturgie sei von ihrer Natur Liturgie des Volkes und nicht des Klerus, betonte er. "Es ist das Handeln Gottes selbst für sein Volk, aber auch das Handeln des Volkes, das Gott, der spricht, hört und mit Lob antwortet", so Franziskus.<ref>katholisch.de: Papst: Liturgiereform ist unumkehrbar, 24. August 2017.- domradio.de: Papst Franziskus: Liturgiereform unumkehrbar, 24. August 2017.</ref>

Literatur

Päpstliche Schreiben

Pius X.

Pius XII. (siehe: Pontifikat Pius' XII., Nr. 6)

Paul VI.

Johannes Paul II.

siehe auch: Neue liturgische Bewegung

Weblinks

Anmerkungen

<references />