Papst Franziskus reist zum 100. Jahrestag der Marienerscheinungen von 1917 nach Fatima: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Papst Franziskus'''
 
'''Papst Franziskus'''
  
Richtig. Marie Collins hat mir die Sache genau geschildert. Ich habe mit ihr gesprochen: Sie ist eine tüchtige Frau. Sie arbeitet weiter in der Ausbildung der Priester auf diesem Gebiet. Sie ist eine engagierte Frau, die arbeiten möchte. Sie hat diese Anklage vorgebracht, und ein bisschen hat sie Recht. Warum? Weil man mit vielen Fällen im Verzug ist, weil sie sich anhäufen … Dann musste man in dieser Zeit eine Gesetzgebung dafür erarbeiten: Was müssen die Diözesanbischöfe tun? Heute gibt es in fast allen Diözesen eine Prozedur, der man in diesen Fällen folgen muss. Das ist ein großer Fortschritt! So werden die Berichte gut verfasst. Das ist ein Schritt. Ein weiterer Schritt besteht darin: Es gibt wenig Personal; es wäre mehr dafür geeignetes Personal nötig. Der Kardinalstaatssekretär und ebenso Kardinal Müller sind auf der Suche, um neue Leute zu präsentieren. Vor ein paar Tagen sind zwei oder drei zusätzlich eingestellt worden. Man hat den Leiter der Disziplinarabteilung abgelöst. Er war gut, sehr gut, aber etwas müde: Er ist in seine Heimat zurückgekehrt, um dort die gleiche Arbeit mit seinem Episkopat zu machen. Und der Neue – er ist Ire, Monsignore Kennedy – ist ein sehr tüchtiger Mitarbeiter, sehr effizient und flink. Das hilft sehr. Dann ist da noch eine andere Sache. Manchmal, wenn die Bischöfe etwas schicken, wenn das Protokoll in Ordnung ist, geht es sofort zur „feria quarta“. Die „feria quarta“ studiert es dann und entscheidet. Wenn das Protokoll nicht in Ordnung ist, muss es zurückgeschickt werden und man muss es neu machen. Deshalb denkt man an Hilfestellungen in den Kontinenten, zwei pro Kontinent: zum Beispiel für Lateinamerika eine in Kolumbien und eine andere in Brasilien. Sie wären so etwas wie Vor-Instanzen oder kontinentale Instanzen. Aber das ist in Planung. Und dann passt es gut: Die „feria quarta“ untersucht es, und man entlässt den Priester aus dem Klerikerstand. Der kehrt in die Diözese zurück und macht einen Rekurs. Früher wurde dieser Rekurs ebenfalls von der „feria quarta“ geprüft, die ja das Urteil gesprochen hatte. Aber das ist nicht rechtens. Also habe ich eine andere Instanz eingerichtet, an deren Spitze ich eine unanfechtbare Gestalt gesetzt habe: Erzbischof Scicluna von Malta. Er ist einer der stärksten Kämpfer gegen die Missbräuche. Und um der Gerechtigkeit willen hat in dieser zweiten Instanz der, welcher den Rekurs macht, das Recht, einen Verteidiger zu bekommen. Wenn diese Instanz das erste [Urteil] bestätigt, ist der Fall abgeschlossen. Es bleibt nur [die Möglichkeit,] ein Gnadengesuch an den Papst zu richten. Ich habe noch keine Begnadigung unterschrieben. So wie die Dinge stehen, sind wir dabei voranzugehen. Marie Collins hatte in diesem Punkt Recht. Aber auch wir waren nicht untätig. Allerdings gibt es zweitausend liegen gebliebene Fälle! Danke.
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Richtig. Marie Collins hat mir die Sache genau geschildert. Ich habe mit ihr gesprochen: Sie ist eine tüchtige Frau. Sie arbeitet weiter in der Ausbildung der Priester auf diesem Gebiet. Sie ist eine engagierte Frau, die arbeiten möchte. Sie hat diese Anklage vorgebracht, und ein bisschen hat sie Recht. Warum? Weil man mit vielen Fällen im Verzug ist, weil sie sich anhäufen … Dann musste man in dieser Zeit eine Gesetzgebung dafür erarbeiten: Was müssen die Diözesanbischöfe tun? Heute gibt es in fast allen Diözesen eine Prozedur, der man in diesen Fällen folgen muss. Das ist ein großer Fortschritt! So werden die Berichte gut verfasst. Das ist ein Schritt. Ein weiterer Schritt besteht darin: Es gibt wenig Personal; es wäre mehr dafür geeignetes Personal nötig. Der Kardinalstaatssekretär und ebenso Kardinal Müller sind auf der Suche, um neue Leute zu präsentieren. Vor ein paar Tagen sind zwei oder drei zusätzlich eingestellt worden. Man hat den Leiter der Disziplinarabteilung abgelöst. Er war gut, sehr gut, aber etwas müde: Er ist in seine Heimat zurückgekehrt, um dort die gleiche Arbeit mit seinem Episkopat zu machen. Und der Neue – er ist Ire, Monsignore Kennedy – ist ein sehr tüchtiger Mitarbeiter, sehr effizient und flink. Das hilft sehr. Dann ist da noch eine andere Sache. Manchmal, wenn die Bischöfe etwas schicken, wenn das Protokoll in Ordnung ist, geht es sofort zur „feria quarta“. Die „feria quarta“ studiert es dann und entscheidet. Wenn das Protokoll nicht in Ordnung ist, muss es zurückgeschickt werden und man muss es neu machen. Deshalb denkt man an Hilfestellungen in den Kontinenten, zwei pro Kontinent: zum Beispiel für Lateinamerika eine in Kolumbien und eine andere in Brasilien. Sie wären so etwas wie Vor-Instanzen oder kontinentale Instanzen. Aber das ist in Planung. Und dann passt es gut: Die „feria quarta“ untersucht es, und man entlässt den Priester aus dem Klerikerstand. Der kehrt in die Diözese zurück und macht einen Rekurs. Früher wurde dieser Rekurs ebenfalls von der „feria quarta“ geprüft, die ja das Urteil gesprochen hatte. Aber das ist nicht rechtens. Also habe ich eine andere Instanz eingerichtet, an deren Spitze ich eine unanfechtbare Gestalt gesetzt habe: Erzbischof [[Charles Scicluna|Scicluna]] von Malta. Er ist einer der stärksten Kämpfer gegen die Missbräuche. Und um der Gerechtigkeit willen hat in dieser zweiten Instanz der, welcher den Rekurs macht, das Recht, einen Verteidiger zu bekommen. Wenn diese Instanz das erste [Urteil] bestätigt, ist der Fall abgeschlossen. Es bleibt nur [die Möglichkeit,] ein Gnadengesuch an den Papst zu richten. Ich habe noch keine Begnadigung unterschrieben. So wie die Dinge stehen, sind wir dabei voranzugehen. Marie Collins hatte in diesem Punkt Recht. Aber auch wir waren nicht untätig. Allerdings gibt es zweitausend liegen gebliebene Fälle! Danke.
  
 
'''Greg Burke'''
 
'''Greg Burke'''

Aktuelle Version vom 17. September 2018, 18:27 Uhr

Worte bei der
Pilgerreise zum Heiligtum Unserer Lieben Frau von Fatima

von Papst
Franziskus
12. bis 13. Mai 2017
zum 100. Jahrestag der Erscheinung der Jungfrau Maria in der Höhle Cova da Iria
Der Papst sprach am 13. Mai 2017 die Geschwister Francisco Marto und Jacinta Marto heilig.

(Quelle: Die deutschen Fassungen auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Überreichung einer Goldenen Rose an Unsere liebe Frau von Fatima in der Erscheinungskapelle des Wallfahrtsortes durch Papst Franziskus am 12. Mai 2017

Freitag, den 12. Mai 2017

Abflug am 12. Mai 2017 vom Flughafen Rom-Fiumicino nach Monte Real um 14.00 Uhr. Grussworte an die Journalisten auf dem Flug nach Portugal, 16.20 Landung auf dem Militärflugplatz Monte Real mit Willkommenszeremonie. 16.35 Private Begegnung mit dem Staatspräsidenten auf dem Militärflugplatz Monte Real . 16.55 Besuch der Kapelle des Militärflugplatzes. 17.15 Weiterflug im Hubschrauber zum Stadion von Fatima. 17.35 Landung im Stadion von Fatima und Weiterfahrt zum Heiligtum im offenen Wagen.

Besuch der Erscheinungskapelle um 18.15 Uhr

Der Heilige Vater:

Sei gegrüßt, o Königin, selige Jungfrau von Fatima, du Frau des Unbefleckten Herzens, Zuflucht und Weg, der zu Gott führt! Als Pilger des Lichtes, das durch deine Hände zu uns kommt, sage ich Gott Vater Dank, der zu jeder Zeit und an jedem Ort in der Geschichte der Menschen am Werk ist; als Pilger des Friedens, den du an diesem Ort verkündest, lobpreise ich Christus, unseren Frieden, und bitte für die Welt um Eintracht unter den Völkern; als Pilger der Hoffnung, die der Heilige Geist beseelt, komme ich als ein Prophet und Bote, um allen die Füße zu waschen an demselben Tisch, der uns vereint.

Kehrvers der Gemeinde:

Ave o clemens, ave o pia! Salve Regina Rosarii Fatimæ. Ave o clemens, ave o pia! Ave o dulcis Virgo Maria.

[Gegrüßet seist du, o Gütige, gegrüßet seist du, o Milde! Sei gegrüßt, du Königin des Rosenkranzes von Fatima. Gegrüßet seist du, o Gütige, gegrüßet seist du, o Milde! Gegrüßet seist du, o süße Jungfrau Maria.]

Der Heilige Vater:

Sei gegrüßt, Mutter der Barmherzigkeit, du Frau im weißen Gewand! An diesem Ort, von dem aus du vor einhundert Jahren allen die Pläne der Barmherzigkeit Gottes kundgetan hast, schaue ich auf dein Lichtgewand und als in Weiß gekleideter Bischof gedenke ich all jener, die mit den reinen Gewändern der Taufe in Gott leben wollen und die Geheimnisse Christi betend betrachten, um den Frieden zu erlangen.

Kehrvers …

Der Heilige Vater:

Sei gegrüßt, unser Leben und unsre Wonne, sei gegrüßt, unsre Hoffnung, o pilgernde Jungfrau, o Königin des Alls! Im Innersten deines Seins, in deinem Unbefleckten Herzen, blicke da auf die Freuden des Menschen, der unterwegs ist zur himmlischen Heimat. Im Innersten deines Seins, in deinem Unbefleckten Herzen blicke da auf die Schmerzen der Menschheitsfamilie, die trauert und weint in diesem Tal der Tränen. Im Innersten deines Seins, in deinem Unbefleckten Herzen schmücke da uns mit dem Glanz der Juwelen deiner Krone und mache uns zu Pilgern, so wie du Pilgerin warst. Mit deinem jungfräulichen Lächeln vermehrst du die Freude der Kirche Christi. Mit deinem gütigen Blick stärkst du die Hoffnung der Kinder Gottes. Mit den betenden Händen, die du zum Herrn erhebst, vereinst du alle in einer einzigen Menschheitsfamilie.

Kehrvers ...

Der Heilige Vater:

O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria, Königin des Rosenkranzes von Fatima! Gib, dass wir dem Beispiel der seligen Francisco und Jacinta folgen und aller, die sich der Verkündigung des Evangeliums weihen. So werden wir jeden Pfad beschreiten, auf allen Wegen pilgern, alle Mauern niederreißen und jede Grenze überwinden, wenn wir zu den Peripherien hinausgehen und die Gerechtigkeit und den Frieden Gottes kundtun. In der Freude des Evangeliums werden wir die in Weiß gekleidete Kirche sein mit den Gewändern, die im Blut des Lammes rein gewaschenen wurden, das auch heute vergossen wird in den Kriegen, welche unsere Welt zerstören. Und so werden wir wie du Abbild der Lichtsäule sein, welche die Wege der Welt erleuchtet, die allen kundtut, dass Gott existiert, dass er da ist, dass Gott inmitten seines Volkes wohnt, gestern, heute und in alle Ewigkeit.

Kehrvers …

Der Heilige Vater gemeinsam mit den Gläubigen:

Sei gegrüßt, Mutter des Herrn, Jungfrau Maria, Königin des Rosenkranzes von Fatima! Gesegnet unter allen Frauen, bist du das Bild der in österliches Licht gekleideten Kirche, bist du der Stolz unseres Volkes, bist du der Triumph über die Anstürme des Bösen.

Verheißung der erbarmenden Liebe des Vaters, Lehrerin in der Verkündigung der Frohen Botschaft des Sohnes, Zeichen des brennenden Feuers des Heiligen Geistes, lehre uns in diesem Tal der Freuden und Schmerzen die ewigen Wahrheiten, die der Vater den Kleinen offenbart.

Zeige uns die Kraft deines Schutzmantels. In deinem Unbefleckten Herzen sei die Zuflucht der Sünder und der Weg, der zu Gott führt.

Vereint mit meinen Brüdern und Schwestern in Glaube, Hoffnung und Liebe, vertraue ich mich dir an. Vereint mit meinen Brüdern und Schwestern weihe ich mich Gott durch dich, o Jungfrau des Rosenkranzes von Fatima.

Vom Licht umhüllt, das aus deinen Händen zu uns strahlt, werde ich schließlich den Herrn in alle Ewigkeit verherrlichen. Amen.

Kehrvers …

Segnung der Kerzen in der Erscheinungskapelle und Rosenkranzgebet um 21.30 Uhr

Liebe Pilger und Pilgerinnen zu Maria und mit Maria,

danke, dass ihr mich bei euch aufgenommen habt und euch mit mir vereint habt auf dieser Pilgerreise, die ich in der Hoffnung und im Frieden mache. Zunächst möchte ich euch allen, die ihr jetzt hier oder anderswo mit mir verbunden seid, bekräftigen, dass ihr alle mir am Herzen liegt. Ich spüre, dass Jesus euch mir anvertraut hat (vgl. Joh 21,15-17). Daher umarme ich euch alle und empfehle euch Jesus, „besonders jene, die seiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen“ – wie die Mutter Gottes uns zu beten gelehrt hat (Erscheinung am 13. Juli 1917). Sie, die sanfte und fürsorgliche Mutter aller Bedürftigen, möge ihnen den Segen des Herrn erwirken! Auf jeden der Entrechteten und Unglücklichen, denen die Gegenwart geraubt wurde, wie auf jeden der Ausgeschlossenen und der Verlassenen, denen die Zukunft verwehrt wird, und auf jeden der Waisen und der Opfer der Ungerechtigkeit, denen eine eigene Vergangenheit nicht zugestanden wird, komme der Segen Gottes herab, der in Jesus Christus menschliche Gestalt angenommen hat: »Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden« (Num 6,24-26).

Dieser Segen hat sich in der Jungfrau Maria vollkommen erfüllt. Denn kein anderes Geschöpf hat über sich das Antlitz Gottes aufstrahlen sehen wie sie, die dem Sohn des ewigen Vaters ein menschliches Gesicht gegeben hat. Wir können es nun in einer Reihe von freudenreichen, lichtreichen, schmerzhaften und glorreichen Momenten ihres Lebens betrachten, die wir beim Beten des Rosenkranzes durchgehen. Mit Christus und Maria bleiben wir in Gott. In der Tat, »wenn wir Christen sein wollen, müssen wir auch marianisch sein. Das heißt, wir müssen die wesentliche, lebendige und von der Vorsehung bestimmte Beziehung anerkennen, die Maria mit Jesus verbindet und die uns den Weg eröffnet, auf dem sie uns zu ihm führt« (Paul VI., Ansprache während des Besuchs des Heiligtums der Muttergottes von Bonaria, Cagliari, 24. April 1970). So nimmt das Evangelium, jedes Mal wenn wir den Rosenkranz an dieser segensreichen Stätte oder an jedem anderen Ort beten, seinen Weg im Leben eines jeden Einzelnen, der Familien, der Völker und der ganzen Welt auf.

Pilger und Pilgerinnen mit Maria … Welcher Maria? Ist sie eine Lehrerin des geistlichen Lebens, die erste, die Christus auf dem „schmalen Weg“ des Kreuzes gefolgt und so unser Vorbild geworden ist – oder ist sie vielmehr eine „unnahbare“ Herrin, die wir nicht nachahmen können? Ist sie „selig“, weil sie immer und in jeder Lage an die göttlichen Worte „geglaubt hat“ (vgl. Lk 1,42.45) oder ist sie vielmehr ein Heiligenbild, an das man sich wendet, um schnell und billig eine Gunst zu erhalten? Ist sie die Jungfrau Maria des Evangeliums, die von der betenden Kirche verehrt wird, oder ist sie eine Maria, wie sie von subjektiven Empfindungen gezeichnet wurde, nach denen sie den Richterarm Gottes zurückhält, der zur Bestrafung ausholt? Als wäre sie eine Maria, die gütiger als Christus ist, der als grausamer Richter erscheint; als hätte sie mehr Erbarmen als das Lamm, das für uns geopfert wird?

Man tut Gott und seiner Gnade Unrecht, wenn man an erster Stelle sagt, dass die Sünden durch sein Gericht bestraft werden, ohne voranzustellen – wie es das Evangelium deutlich macht –, dass er sie in seiner Barmherzigkeit vergibt! Wir müssen die Barmherzigkeit dem Gericht überordnen. Jedenfalls geschieht das Gericht Gottes immer im Licht seines Erbarmens. Natürlich leugnet die Barmherzigkeit Gottes die Gerechtigkeit nicht; denn Jesus hat die Folgen unserer Sünde mit der gerechten Strafe auf sich genommen. Er leugnet die Sünde nicht, er hat sie vielmehr am Kreuz für uns bezahlt. Und so sind wir im Glauben, der uns mit dem Kreuz Christi verbindet, von unseren Sünden frei. Legen wir jede Form von Angst und Furcht ab, denn das ziemt sich nicht für jemanden, der geliebt wird (vgl.1 Joh 4,18). »Jedes Mal, wenn wir auf Maria schauen, glauben wir wieder an das Revolutionäre der Zärtlichkeit und der Liebe. An ihr sehen wir, dass die Demut und die Zärtlichkeit nicht Tugenden der Schwachen, sondern der Starken sind, die nicht andere schlecht zu behandeln brauchen, um sich wichtig zu fühlen. […] Diese Dynamik der Gerechtigkeit und der Zärtlichkeit, des Betrachtens und des Hingehens zu den anderen macht Maria zu einem kirchlichen Vorbild für die Evangelisierung« (Evan­gelii gaudium, 288). Möge jeder von uns mit Maria zu einem Zeichen und Sakrament der Barmherzigkeit Gottes werden, des Gottes, der immer vergibt und alles vergibt.

Von Maria an der Hand genommen und unter ihren Augen können wir mit Freuden das Erbarmen des Herrn besingen. Wir können sagen: Meine Seele singt für dich, mein Herr! Die Barmherzigkeit, die du allen deinen Heiligen und dem ganzen gläubigen Volk erwiesen hast, ist auch zu mir gelangt. Aufgrund meines stolzen Herzens verrannte ich mich in meinem Ehrgeiz und meinem Eigenwillen, ohne jedoch irgendeinen Rang zu erlangen, mein Herr! Die einzige Möglichkeit erhöht zu werden, ist diese: dass deine Mutter mich auf den Arm nimmt, mich mit ihrem Mantel bedeckt und mich an dein Herz legt. So sei es!

Homilie von Kardinal Parolin in der Eucharistiefeier am Vorabend

Liebe Fatima-Pilger,

froh und dankbar haben wir uns an diesem Heiligtum versammelt, das die Erinnerung an die Erscheinungen der Gottesmutter vor den drei Hirtenkindern bewahrt. Wir vereinen uns mit der Schar der Pilger, die im Lauf dieser hundert Jahre hierher geströmt ist, um das Vertrauen auf die himmlische Mutter zu bezeugen. Zu Ehren ihres Unbefleckten Herzens feiern wir diese Eucharistie. In der ersten Lesung haben wir gehört, wie das Volk ausruft: »Du hast entschlossen unseren Untergang von uns abgewehrt, du bist vor unserem Gott auf geradem Weg gegangen« (Jdt 13,20). Es sind Worte des Lobes und der Dankbarkeit der Stadt Betulia an Judit, ihre Heldin: Durch die Hilfe des »Herrn, unser[es] Gott[es], der Himmel und Erde erschaffen hat«, ist es ihr »gelungen, dem Anführer unserer Feinde den Kopf abzuschlagen« (Jdt 13,18). Dennoch erlangen diese Worte ihre volle Bedeutung in der Unbefleckten Jungfrau Maria, die dank ihres Nachkommen – Christus des Herrn – die »alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt« (Offb 12,9), »am Kopf trifft« (vgl. Gen 3,15). Und »da geriet der Drache in Zorn über die Frau und ging fort, um Krieg zu führen mit ihren übrigen Nachkommen, die die Gebote Gottes bewahren und an dem Zeugnis für Jesus festhalten« (Offb 12,17).

Als eine um die Nöte ihrer Kinder besorgte Mutter ist Maria hier mit einer Botschaft des Trostes und der Hoffnung für die sich im Krieg befindende Menschheit und die leidende Kirche erschienen: »Am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren« (Erscheinung am 13. Juli 1917). Mit anderen Worten: „Seid zuversichtlich! Am Ende werden die Liebe und der Frieden siegen, denn die Barmherzigkeit Gottes ist stärker als die Macht des Bösen. Was nicht möglich scheint für die Menschen, ist möglich für Gott.“ Und die Gottesmutter lädt uns ein, sich für den Kampf ihres göttlichen Sohnes in den Dienst nehmen zu lassen, insbesondere durch das tägliche Gebet des Rosenkranzes für den Frieden in der Welt. Denn auch wenn alles von Gott und seiner Gnade abhängt, müssen wir so handeln, als hinge alles von uns ab, und die Jungfrau Maria darum bitten, dass das Herz der Menschen, die Heime der Familien, der Weg der Völker und die Seele der Brüder und Schwestern der ganzen Menschheitsfamilie ihr geweiht und unter ihren Schutz und ihre Führung gestellt werden. Sie möchte Menschen, die sich ihr anvertrauen. »Wenn man das tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet werden und es wird Friede sein« (Erscheinung am 13. Juli 1917). Was am Ende den Krieg gewinnen wird, ist ein Herz: Das Herz der Mutter wird den Sieg erringen, an der Spitze von Tausenden ihrer Söhne und Töchter.

Heute Abend sagen wir der Allerheiligsten Dreifaltigkeit Lob und Dank dafür, dass so viele Männer und Frauen an dieser Friedensmission, die der Jungfrau Maria anvertraut ist, mitmachen. Von Ost bis West hat die Liebe des Unbefleckten Herzens Mariens einen Platz im Herzen der Völker als Quell der Hoffnung und des Trostes errungen. Das Zweite Ökumenische Vatikanische Konzil ist zusammengetreten, um das Gesicht der Kirche zu erneuern, und hat sich wesentlich als Konzil der Liebe dargestellt. Die Menschen, die Bischöfe und der Papst waren nicht taub gegenüber den Bitten der Gottesmutter und der Menschen: ihr wurde die ganze Welt geweiht. Überall bilden sich Gruppen und Gemeinschaften von Gläubigen, die aus der früheren Teilnahmslosigkeit erwacht sind und sich nun dafür engagieren, der Welt das wahre Gesicht des Christentums zu zeigen.

»Wenn man das tut, was ich euch sage, wird Friede sein.« Es stimmt hundert Jahre nach den Erscheinungen: »Wenn heute« - wie Papst Franziskus sagt – »für viele der Friede in gewisser Weise als ein selbstverständliches Gut erscheint, gleichsam als ein erworbenes Recht, dem man nicht mehr viel Aufmerksamkeit schenkt, ist er für zu viele noch immer nur ein fernes Wunschbild. Millionen von Menschen leben immer noch im Zentrum sinnloser Konflikte. Auch an Orten, die einmal als sicher galten, spürt man ein allgemeines Gefühl der Angst. Wir sind oft übermannt von Bildern des Todes, vom Leid der Unschuldigen, die um Hilfe und Trost bitten, von der Trauer derer, die wegen Hass und Gewalt um einen geliebten Menschen weinen, vom Drama der Flüchtlinge, die vor dem Krieg fliehen, oder der Migranten, die tragisch ums Leben kommen« (Ansprache an das Diplomatische Korps, 9. Januar 2017). Worum bittet uns Fatima inmitten all dieser Besorgnis und Ungewissheit hinsichtlich der Zukunft? Dass wir in der Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens ausharren, die jeden Tag mit dem Rosenkranzgebet gelebt wird. Und wenn trotz der Gebete die Kriege weiter fortbestehen werden? Auch wenn man nicht unmittelbare Ergebnisse sehen wird, bleiben wir standhaft im Gebet; dieses ist niemals unnütz. Früher oder später wird es seine Früchte bringen. Das Gebet ist ein Kapital, das sich in den Händen Gottes befindet und das er gemäß seinen Zeiten und seinen Plänen, die sich von den unseren sehr unterscheiden, Frucht tragen lässt.

Als Antwortpsalm hatten wir den Lobgesang des Magnificat. Darin sticht der Gegensatz zwischen der „großen“ Geschichte der Nationen und ihrer Konflikte, der Geschichte der Großen und Mächtigen mit ihrer eigenen Chronologie und Geographie der Macht, und der „kleinen“ Geschichte der Armen, der Demütigen und Schwachen hervor. Diese sind gerufen, für den Frieden einzutreten mit einer anderen Kraft, mit anderen scheinbar unnützen oder unwirksamen Mitteln wie Bekehrung, Sühnegebet und Weiheakt. Es ist eine Einladung, das Voranschreiten des Bösen dadurch aufzuhalten, dass man sich in den Ozean der göttlichen Liebe als Form des Widerstandes – nicht der Kapitulation – gegenüber der Banalität und dem Verhängnis des Bösen hineingibt.

Was ist zu tun? Erlaubt mir, es euch anhand eines Beispiels zu erklären (vgl. Eloy bueno da la Fuente, A Mensagem de Fátima. A misericórdia de Deus: o triunfo do amor nos drama da historía, 22014, S. 235-237): Wenn wir eine gefälschte Banknote erhalten, so wäre eine spontane, ja sogar eine als schlüssig erachtete Reaktion darauf, diese an jemand anderen weiterzugeben. Daran sieht man, wie wir alle dazu neigen, einer verdorbenen Logik zu verfallen, die uns beherrscht und uns dazu drängt, das Böse zu verbreiten. Wenn ich mich gemäß dieser Logik verhalte, verändert sich meine Situation: Ich war unschuldiges Opfer, als ich das Falschgeld erhielt; das Böse der anderen hat mich getroffen. In dem Augenblick aber, in dem ich den gefälschten Geldschein wissentlich einem anderen weitergebe, bin ich nicht mehr unschuldig: Ich bin von der Kraft und Verlockung des Bösen überwältigt worden, indem ich ein neues Opfer hervorgebracht habe; ich bin zum Überträger des Bösen geworden, ich bin dafür verantwortlich und schuldig geworden. Die Alternative ist, das Voranschreiten des Bösen aufzuhalten; dies ist aber nur möglich, wenn man einen Preis bezahlt, also selbst die gefälschte Banknote behält und so den anderen vom Voranschreiten des Bösen befreit.

Diese Reaktion ist die einzige, welche das Böse aufhalten und überwinden kann. Die Menschen erringen diesen Sieg, wenn sie eines Opfers fähig sind, das zur Wiedergutmachung wird; Christus tut sie, indem er zeigt, dass seine Art zu lieben die Barmherzigkeit ist. Ein derartiges Übermaß an Liebe können wir im Kreuz Jesu erblicken: Er nimmt die Last des Hasses und der Gewalt, die sich gegen ihn richten, auf sich, ohne zu beleidigen oder mit Rache zu drohen, sondern vielmehr in der Haltung des Verzeihens. So zeigt er, dass es eine größere Liebe gibt. Nur er kann dies tun, indem er sozusagen den „gefälschten Geldschein“ auf sich nimmt. Sein Tod errang den Sieg über die von seinen Peinigern entfesselte Bosheit, die wir alle sind: Der gekreuzigte und auferstandene Jesus ist unser Friede und unsere Versöhnung (vgl. Eph 2,14; 2 Kor 5,18).

»Du hast entschlossen unseren Untergang von uns abgewehrt, du bist vor unserem Gott auf geradem Weg gegangen« (Jdt 13,20), so beten wir in dieser Gebetsvigil wie ein riesiges Volk, das auf den Spuren des auferstandenen Jesus Christus unterwegs ist. Dabei schenken wir uns gegenseitig Licht, der eine zieht den anderen mit, und wir stützen uns auf den Glauben an Christus Jesus. In Bezug auf Maria haben die heiligen Väter geschrieben, dass sie Jesus zuerst im Glauben empfing und danach im Fleisch, als sie „ja“ sagte zur Einladung, die Gott durch den Engel an sie richtete. Aber was auf einzigartige Weise in der Jungfrau Maria geschehen ist, geschieht geistlich in uns jedes Mal, wenn wir das Wort Gottes hören und es in die Tat umsetzen, wie es das heutige Evangelium von uns verlangt hat (vgl. Lk 11,28). Mit der Großherzigkeit und dem Mut Mariens bieten wir Jesus unseren Leib an, damit er weiterhin unter den Menschen wohnen kann; bieten wir ihm unsere Hände an, um die Kleinen und Armen zu streicheln; unsere Füße, um den Brüdern und Schwestern entgegenzugehen; unsere Arme, um diejenigen zu stützen, die schwach sind, und um im Weinberg des Herrn zu arbeiten; unseren Geist, um im Licht des Evangeliums Pläne zu entwerfen und Projekte zu machen; und vor allem unser Herz, um zu lieben und Entscheidungen gemäß dem Willen Gottes zu treffen.

So möge uns die Jungfrau Maria formen und uns an ihr Unbeflecktes Herz drücken, wie sie es mit Lucia und den Seligen Francisco und Jacinta Marto getan hat. Bei dieser Hundertjahrfeier der Erscheinungen stimmen wir dankbar für das Geschenk, welches das Ereignis, die Botschaft und das Heiligtum von Fatima im Lauf dieser hundert Jahre gebildet haben, in den Lobgesang der Heiligen Jungfrau ein: »Meine Seele preist die Größe des Herrn, […] denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. […] Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten« (Lk 1,46.47.50).

Samstag, den 13. Mai 2017

9.10 Begegnung mit dem Ministerpräsidenten im Exerzitienhaus “N.S. do Carmo” . 9.40 Besuch der Basilika "Nossa Senhora do Rosário de Fátima"

Eucharistiefeier auf dem Platz vor dem Heiligtum um 10.00 Uhr

Es »erschien […] am Himmel eine Frau, mit der Sonne bekleidet«, bezeugt der Seher von Patmos in der Offenbarung (12,1) und merkt dabei auch an, dass sie im Begriff war, ein Kind zur Welt zu bringen. Im Evangelium haben wir dann gehört, wie Jesus zum Jünger sagt: »Siehe, deine Mutter« (Joh 19,27). Wir haben eine Mutter! Eine „sehr schöne Frau“, so äußerten sich die Seher von Fatima untereinander auf dem Heimweg an jenem gesegneten Tag des 13. Mai vor einhundert Jahren. Und am Abend gelang es Jacinta nicht, sich zurückzuhalten, und sie enthüllte ihrer Mutter das Geheimnis: „Heute habe ich die Gottesmutter gesehen.“ Sie hatten die Mutter des Himmels gesehen. In die Richtung, der ihre Augen folgten, wandten sich die Blicke vieler, doch … diese haben sie nicht gesehen. Die jungfräuliche Mutter ist nicht hierher gekommen, damit wir sie sehen: dafür werden wir die ganze Ewigkeit haben, wohlgemerkt wenn wir in den Himmel kommen.

Obschon sie uns im Vorausblick vor der Gefahr der Hölle warnt, zu der ein – oftmals gängiges und vorgezeichnetes – Leben ohne Gott führt, das Gott in seinen Geschöpfen entehrt, ist Maria aber gekommen, um uns an das Licht Gottes zu erinnern, das in uns wohnt und uns umhüllt. Denn »ihr Kind wurde zu Gott […] entrückt« (Offb 12,5), wie wir in der ersten Lesung gehört haben. Und gemäß den Worten Lucias befanden sich die drei auserwählten Kinder im Licht Gottes, das von der Gottesmutter ausstrahlte. Sie hüllt sie in den Mantel des Lichtes, das Gott ihr gegeben hatte. Gemäß dem gläubigen Empfinden vieler, wenn nicht sogar aller Pilger ist Fatima vor allem dieser Lichtmantel. Er bedeckt uns hier wie an jedem anderen Ort der Erde, wenn wir unter dem Schutz der Jungfrau Maria Zuflucht nehmen, um sie zu bitten, wie es das Salve Regina lehrt: „Zeige uns Jesus“.

Liebe Pilger, wir haben eine Mutter, wir haben eine Mutter! Wenn wir uns wie Kinder an sie klammern, leben wir in der Hoffnung, die sich auf Jesus stützt, da – wie wir es in der zweiten Lesung gehört haben – alle, »denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteilwurde, im Leben herrschen durch den einen, Jesus Christus« (Röm 5,17). Als Jesus in den Himmel hinaufstieg, brachte er die Menschheit mit an die Seite des himmlischen Vaters – unsere Menschheit, die er im Schoß der Jungfrau Maria angenommen hatte und nie mehr aufgeben wird. Wie einen Anker machen wir unsere Hoffnung in jener Menschheit fest, die im Himmel zur Rechten des Vaters ihren Platz genommen hat (Eph 2,6). Diese Hoffnung möge der Antrieb für unser aller Leben sein! Eine Hoffnung, die uns immer trägt, bis zum letzten Atemzug.

In dieser Hoffnung haben wir uns hier versammelt, um für die unzähligen Gnaden zu danken, die der Himmel in diesen hundert Jahren gewährt hat. Diese Zeit ist unter jenem Lichtmantel vergangen, den die Gottesmutter vom hoffnungsvollen Portugal aus über die vier Himmelsrichtungen der Erde ausgebreitet hat. Als Vorbilder haben wir die Heiligen Francesco Marto und Jacinta vor Augen. Die Jungfrau Maria ließ sie in das unermessliche Meer des Lichtes Gottes eintreten und führte sie so zur Anbetung Gottes. Von daher kam ihnen die Kraft, die Widrigkeiten und die Leiden zu überwinden. Die göttliche Gegenwart wurde zu einem festen Bestandteil in ihrem Leben, wie es klar im beharrlichen Gebet für die Sünder und im bleibenden Wunsch, beim im Tabernakel „verborgenen Jesus“ zu verweilen, zum Ausdruck kommt.

In ihren Erinnerungen (III, Nr. 6) lässt Schwester Lucia Jacinta, der eben eine Vision gewährt wurde, zu Wort kommen: »Siehst du nicht die vielen Straßen, die Wege und Felder voller Menschen, die vor Hunger weinen, weil sie nichts zu essen haben, und den Heiligen Vater in einer Kirche vor dem Unbefleckten Herzen Mariens im Gebet? Und so viele Leute, die mit ihm beten?«. Danke, Brüder und Schwestern, dass ihr mich begleitet habt! Ich konnte nicht umhin, hierher zu kommen, um die Jungfrau und Mutter Maria zu verehren und ihr ihre Söhne und Töchter anzuvertrauen. Unter ihrem Schutzmantel gehen sie nicht verloren; aus ihren Armen werden sie die Hoffnung und den Frieden bekommen, deren sie bedürfen; und darum bitte ich für alle meine Brüder und Schwestern, für die Getauften und die ganze Menschheit, insbesondere für die Kranken und Behinderten, die Gefangenen und Arbeitslosen, die Armen und Verlassenen. Liebe Brüder und Schwestern, beten wir zu Gott in der Hoffnung, dass uns die Menschen anhören werden; und wenden wir uns an die Menschen in der Gewissheit, dass uns Gott zu Hilfe kommt.

Er hat uns ja erschaffen gleichsam als Hoffnung für die anderen, eine reale und erfüllbare Hoffnung gemäß dem Lebensstand eines jeden. Wenn der Himmel von jedem von uns die Erfüllung der Standespflichten „verlangt“ und „einfordert“ (Brief von Schwester Lucia, 28. Februar 1943), so setzt er damit eine regelrechte allgemeine Mobilisierung gegen diese Gleichgültigkeit in Gang, die unser Herz erstarren lässt und unsere Kurzsichtigkeit verschlimmert. Wir wollen keine gescheiterte Hoffnung sein! Das Leben kann nur dank der Großzügigkeit eines anderen Lebens überleben. »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht« (Joh 12,24): Der Herr, der uns immer vorausgeht, hat dies gesagt und getan. Wenn wir ein Kreuz zu tragen haben, dann hat er es schon vorher getragen. So steigen nicht wir auf das Kreuz hinauf, um Jesus zu finden; vielmehr ist er es gewesen, der sich erniedrigt hat und bis zum Kreuz hinabgestiegen ist, um uns zu finden und in uns die Finsternis des Bösen zu besiegen und uns zum Licht zurückzubringen.

Unter dem Schutz Mariens sind wir in der Welt Wächter, die den Morgen erwarten, die das wahre Antlitz Jesu, des Heilands, im österlichen Glanz betrachten können und das junge und schöne Gesicht der Kirche wiederentdecken können, das strahlt, wenn sie missionarisch, einladend, frei, treu, arm an Mitteln und reich an Liebe ist.

Grußadresse des Heiligen Vaters an die Kranken am Ende der Messfeier

Liebe Brüder und Schwestern,

wie ich in der Predigt gesagt habe, geht uns der Herr immer voran: wenn wir ein Kreuz tragen, hat er es schon vor uns getragen. In seiner Passion hat er all unsere Leiden auf sich genommen. Jesus weiß, was Schmerz bedeutet, er versteht uns, er tröstet uns und er gibt uns Kraft. Das hat er auch dem heiligen Francisco und der heiligen Jacinta, ja den Heiligen aller Zeiten und Orte erwiesen. Ich denke da an den Apostel Petrus, der in Ketten im Gefängnis von Jerusalem lag, während die ganze Kirche für ihn betete. Und der Herr hat den Petrus getröstet. Das ist das Geheimnis der Kirche: Die Kirche bittet den Herrn, die Bedrängten wie euch zu trösten, und er tröstet euch, auch im Verborgenen; er tröstet euch in der Vertrautheit des Herzens und er tröstet euch mit Kraft.

Liebe Pilger, vor unseren Augen haben wir Jesus, verborgen, aber gegenwärtig in der Eucharistie, so wie Jesus in den Wunden unserer kranken und leidenden Brüder und Schwestern verborgen, aber gegenwärtig ist. Auf dem Altar beten wir Jesu Leib an; in diesen Brüdern und Schwestern finden wir die Wunden Jesu. Der Christ betet Jesus an, der Christ sucht Jesus, der Christ vermag die Wunden Jesu zu erkennen. Heute richtet die Jungfrau Maria erneut an uns die Frage, die sie vor hundert Jahren an die Hirtenkinder richtete: „Wollt ihr euch Gott als Opfer anbieten?“ Die Antwort – „Ja, wir wollen es!“ – gibt uns die Möglichkeit, ihr Leben zu verstehen und nachzuahmen. Sie haben diese Zusage gelebt mit allem, was sie an Freud und Leid mit sich brachte, in einer Haltung der Hingabe an den Herrn.

Liebe Kranke, lebt euer Leben als ein Geschenk und sagt der Jungfrau Maria wie die Hirtenkinder, dass ihr es mit ganzem Herzen Gott anbietet. Haltet euch nicht nur für Empfänger einer wohltätigen Solidarität, sondern fühlt euch als vollberechtigte Teilnehmer am Leben und an der Mission der Kirche. Eure stille Gegenwart ist beredter als viele Worte. Euer Gebet, das tägliche Opfer eurer Leiden in Gemeinschaft mit jenen des gekreuzigten Jesus für das Heil der Welt, das geduldige und sogar frohe Annehmen eurer Situation ist eine geistliche Ressource, ein Kapital für jede christliche Gemeinschaft. Schämt euch nicht, ein wertvoller Schatz der Kirche zu sein.

Jesus zieht im Allerheiligsten Sakrament nah an euch vorüber, um euch seine Nähe und seine Liebe zu zeigen. Vertraut ihm eure Schmerzen an, eure Leiden, eure Kraftlosigkeit. Zählt auf das Gebet der Kirche, das sich aus jedem Teil für euch und mit euch zum Himmel hin erhebt. Gott ist Vater, und er wird euch nie vergessen.

weiteres Programmm

12.30 Uhr Mittagessen mit den Bischöfen Portugals im Exerzitienhaus “N.S. do Carmo”. 14.45 Uhr Abschiedszeremonie auf dem Militärflugplatz Monte Real. 15.00 Uhr Abflug nach Rom vom Militärflugplatz Monte Real.

Pressekonferenz mit dem Heiligen Vater auf dem Rückflug nach Rom

Greg Burke

Danke, Eure Heiligkeit. Es waren sehr intensive 24 Stunden. 24 der Gottesmutter gewidmete Stunden. Die Portugiesen waren sehr berührt, als Sie gesagt haben: „Wir haben eine Mutter.“ Sie spüren dies auf besondere Weise. Vor hundert Jahren ist die Gottesmutter nicht drei wichtigen Journalisten erschienen, sie ist drei Hirtenkindern erschienen. Aber wir haben gesehen, wie es diesen mit ihrer Einfachheit und Heiligkeit gelungen ist, diese Botschaft in die ganze Welt gelangen zu lassen. Auch die Journalisten vermitteln eine Botschaft und man sieht dies an der Anzahl der Länder, aus denen sie kommen: sie interessieren sich für diese Reise sehr. Wenn Sie vorher etwas sagen wollen …

Papst Franziskus

Zunächst, guten Abend. Danke. Und ich möchte gerne auf die größtmögliche Anzahl von Fragen antworten, deshalb beeilen wir uns etwas. Mir tut es leid, wenn wir erst bei der Hälfte sind und man mir sagt, dass es Zeit für den Imbiss ist…; aber wir machen beides zusammen. Danke.

Greg Burke

Gut. Fangen wir mit der portugiesischen Gruppe an, mit Fátima Campos Ferreira vom portugiesischen Fernsehen.

Fátima Campos Ferreira

Ich weiß nicht, ob ich vor dem Heiligen Vater sitzen bleiben darf. Also, an erster Stelle vielen Dank für Ihre Reise. Heiliger Vater, Sie sind als Pilger nach Fatima gekommen, um Francisco und Jacinta in dem Jahr heiligzusprechen, in dem sich die Erscheinungen zum hundertsten Mal jähren. Was bleibt von diesem historischen Gesichtspunkt aus jetzt für die Kirche und die ganze Welt? Dann beinhaltet Fatima eine Friedensbotschaft und Sie, Heiliger Vater, werden in den kommenden Tagen, am 24. Mai, den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump im Vatikan empfangen. Was kann sich die Welt von dieser Begegnung erhoffen und was erhoffen Sie sich, Heiliger Vater, von dieser Begegnung? Vielen Dank.

Papst Franziskus

Fatima beinhaltet gewiss eine Friedensbotschaft. Und diese ist der Menschheit durch drei große „Reporter“ zur Kenntnis gebracht worden, die unter 13 Jahre alt waren. Das ist interessant. Ich kam als Pilger, ja. Die Heiligsprechung war eine Sache, die anfänglich nicht geplant war, weil der Prozess [zur Untersuchung] des Wunders noch nicht abgeschlossen war, aber auf einmal fielen die Gutachten alle positiv aus und er wurde beschleunigt …, so dass sich die Dinge zusammenfügten. Für mich war das eine große Freude. Was kann sich die Welt erhoffen? Frieden. Und worüber werde ich von jetzt an mit wem auch immer sprechen? Über den Frieden.

Fátima Ferreira

Und was bleibt jetzt von diesem historischen Augenblick für die Kirche und für die Welt?

Papst Franziskus

Eine Botschaft des Friedens. Und ich möchte etwas sagen, was mein Herz berührt hat. Vor meinem Abflug habe ich einige Wissenschaftler verschiedener Religionen empfangen, die in der vatikanischen Sternwarte in Castel Gandolfo Studien nachgehen. Es waren auch Agnostiker und Atheisten dabei. Und ein Atheist sagte zur mir: „Ich bin Atheist“; er sagte mir nicht, welchem Volk er angehörte oder woher er kam. Er sprach Englisch, so dass ich es nicht wissen konnte, und ich fragte ihn nicht. „Ich bitte Sie um einen Gefallen: Sagen Sie den Christen, dass sie die Muslime mehr lieben sollen“. Dies ist eine Botschaft des Friedens.

Fátima Ferreira

Werden Sie das Trump sagen?

Papst Franziskus

[lächelt]

Greg Burke

Und jetzt Aura Miguel.

Miguel Aura

Darf ich die Frage auf Portugiesisch oder Italienisch stellen?

Papst Franziskus

Lieber auf Italienisch.

Miguel Aura

Also, Heiligkeit, in Fatima haben Sie sich als „in Weiß gekleideter Bischof“ dargestellt. Bis jetzt hat man diesen Ausdruck eher auf die Vision des dritten Teils des Geheimnisses angewandt, auf den heiligen Johannes Paul II. und auf die Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Was bedeutet es jetzt, wenn Sie sich mit diesem Ausdruck identifizieren?

Papst Franziskus

Ja, im Gebet. Das habe nicht ich vorbereitet, sondern das Heiligtum. Aber auch ich habe mich gefragt, wieso haben sie das gesagt? Und es gibt einen Zusammenhang mit der Farbe Weiß: der in Weiß gekleidete Bischof, die in Weiß gekleidete Gottesmutter, der weiße Schimmer der Unschuld der Kinder nach der Taufe … Es gibt in diesem Gebet einen Zusammenhang hinsichtlich der Farbe Weiß. Ich meine– weil nicht ich es vorbereitet habe – ich meine, dass man versucht hat, mit der Farbe Weiß jenen Wunsch nach Unschuld und Frieden wörtlich zum Ausdruck bringen wollte: Unschuld, dem anderen nichts Böses tun, keinen Krieg führen …

Miguel Aura

Gibt es eine revidierte Interpretation der Botschaft?

Papst Franziskus

Nein. Jene Vision … ich glaube, dass der damalige Kardinal Ratzinger, zu jener Zeit Präfekt der Glaubenskongregation, dies alles klar dargelegt hat. Danke.

Greg Burke

Die nächste Frage ist von Claudio Lavagna von NBC, hier rechts.

Claudio Lavagna (NBC)

Heiliger Vater, ich grüße Sie. Gestern haben Sie die Gläubigen gebeten, alle Mauern niederzureißen. Und doch treffen Sie am 24. Mai mit einem Staatsoberhaupt zusammen, das mit dem Bau von Mauern droht: Das steht etwas im Gegensatz zu dem, was Sie sagen, aber es scheint, dass er auch hinsichtlich anderer Themen zu Ihnen unterschiedliche Meinungen und Entscheidungen hat, beispielsweise im Hinblick auf die Notwendigkeit, angesichts der globalen Erwärmung zu handeln, oder im Hinblick auf die Aufnahme der Flüchtlinge. Welche Meinung über die Politik, die Präsident Trump bisher zu diesen Themen angewandt hat, haben Sie sich im Vorfeld dieser Begegnung gebildet und was erwarten Sie sich von dem Treffen mit einem Staatsoberhaupt, das gegensätzlich zu Ihnen zu denken und zu handeln scheint?

Papst Franziskus

Also, die erste Frage ist … – aber ich kann auf beide antworten – ich beurteile eine Person nie, ohne ihr zuzuhören. Ich glaube, dass ich das nicht machen darf. Im gegenseitigen Gespräch werden die Dinge zutage kommen: Ich werde sagen, was ich denke, er wird sagen, was er denkt. Aber ich wollte niemals, niemals mir ein Urteil bilden, ohne die Person zu hören. Und die zweite [Frage] ist, was ich denke …

Claudio Lavagna

… und was denken Sie insbesondere über Themen wie die Aufnahme der Flüchtlinge…

Papst Franziskus

Aber das wissen Sie genau!

Claudio Lavagna

Die zweite Frage hingegen lautet: Was erwarten Sie sich von einem Treffen mit einem Staatsoberhaupt, das diesbezüglich eine gegenteilige Auffassung zu Ihnen hat.

Papst Franziskus

Es gibt immer Türen, die nicht verschlossen sind. Man muss die Türen suchen, die wenigstens etwas offen sind, um einzutreten und über die gemeinsamen Dinge zu sprechen und voranzugehen. Schritt für Schritt. Der Friede ist ein Handwerk: Man macht ihn jeden Tag. Auch die Freundschaft unter Personen, das gegenseitige Kennenlernen, die Wertschätzung ist ein Handwerk: Man macht es jeden Tag. Die Achtung vor dem anderen, sagen, was man denkt, aber mit Respekt, gemeinsam gehen … Jemand denkt über eine Sache auf eine gewisse Weise: es sagen, sehr ehrlich sein in dem, was jeder denkt.

Claudio Lavagna

Sie hoffen, dass er danach seine Entscheidungen mildern wird …

Papst Franziskus

Das ist ein politisches Kalkül, das ich mir nicht erlaube. Auch auf religiöser Ebene bin ich kein Proselytenmacher. Danke.

Greg Burke

Danke, Heiligkeit. Jetzt kommt Elisabetta Piqué.

Elisabetta Piqué („La Nación“)

An erster Stelle danke für diese kurze und sehr intensive Reise. Wir wollten Sie fragen: Heute sind es hundert Jahre seit den Erscheinungen der Jungfrau Maria in Fatima, aber es ist auch der Jahrestag einer wichtigen Begebenheit in Ihrem Leben, die sich vor 25 Jahren ereignet hat, als Nuntius Calabresi Ihnen sagte, dass Sie Weihbischof von Buenos Aires werden sollten: Dies stellte das Ende Ihres Exils in Cordoba und eine große Veränderung in Ihrem Leben dar. Die Frage ist: Haben Sie jemals diese Begebenheit, die Ihr Leben verändert hat, mit Unserer Lieben Frau von Fatima in Verbindung gebracht? Und wenn Sie in diesen Tagen vor ihr gebetet haben, haben Sie daran gedacht und was können Sie uns darüber erzählen? Danke.

Papst Franziskus

Die Frauen wissen alles! [lacht] Ich habe an das Zusammentreffen [der Daten] nicht gedacht; erst gestern, als ich vor der Gottesmutter betete, ist mir aufgefallen, dass ich an einem 13. Mai den Telefonanruf des Nuntius vor 25 Jahren erhalten habe. Ich weiß nicht … ich habe gesagt: „Na, sieh mal an!“ … Und ich habe etwas mit der Gottesmutter darüber gesprochen, ich habe Sie um Verzeihung für alle meine Fehler gebeten, auch ein wenig für den schlechten Geschmack in der Auswahl der Leute … [lacht]. Aber gestern ist es mir aufgefallen.

Greg Burke

Nicholas Senèze von „La Croix“.

Nicholas Senèze („La Croix“)

Danke, Heiliger Vater. Wir kehren aus Fatima zurück, das von der Bruderschaft des heiligen Pius X. sehr verehrt wird. Man spricht viel über eine Übereinkunft, die der Bruderschaft in der Kirche einen offiziellen Status verleihen würde. Einige haben sogar gemutmaßt, dass diese Ankündigung heute hätte stattfinden können. Denken Sie, Heiligkeit, dass diese Übereinkunft in Kürze möglich sein wird? Und welche Hindernisse gibt es noch? Und welcher ist für Sie der Sinn dieser Versöhnung? Wird es die triumphierende Rückkehr von Gläubigen sein, die zeigen, was es bedeutet, wahrhaft katholisch zu sein, oder etwas anderes?

Papst Franziskus

Also, ich würde jede Form von Triumphalismus ablehnen, nicht? Vor einigen Tagen hat die „feria quarta“ der Glaubenskongregation – sie nennen ihre Sitzung „feria quarta“, weil sie mittwochs stattfindet – ein Dokument studiert und das Dokument ist bei mir noch nicht angekommen, also die Untersuchung des Dokuments. Das ist das Erste. Zweitens: Die gegenwärtigen Beziehungen sind brüderlich. Vergangenes Jahr habe ich ihnen allen die Beichtvollmacht gegeben, auch eine Form der Jurisdiktion für die Eheschließungen. Aber vorher auch die Probleme, die Fälle, die sie zum Beispiel hatten, die von der Glaubenskongregation gelöst werden mussten, dieselbe Kongregation brachte sie voran. Zum Beispiel Missbräuche: Die Missbrauchsfälle brachten sie zu uns; auch für die Apostolische Pönitentiarie, auch für die Rückversetzung eines Priesters in den Laienstand wenden sie sich an uns … Es gibt brüderliche Beziehungen. Mit Bischof Fellay habe ich eine gute Beziehung, wir haben einige Male gesprochen … Mir gefällt es nicht, die Dinge zu überstürzen. Gehen, gehen, gehen und dann wird man sehen. Für mich ist es nicht ein Problem von Siegern und Besiegten, nein! Es ist ein Problem von Brüdern, die gemeinsam gehen müssen und dabei einen Modus suchen müssen, um voranzuschreiten.

Greg Burke

Danke, Heiligkeit. Jetzt Tassilo Forchheimer von der ARD:

Tassilo Forchheimer

Können evangelische und katholische Christen anlässlich des Reformationsgedenkens eine weitere Wegstrecke gemeinsam gehen? Wird es die Möglichkeit geben, an demselben eucharistischen Tisch teilzuhaben? Vor einigen Monaten hat Kardinal Kasper gesagt, dass man schon in diesem Jahr einen Schritt vorwärts gehen könnte…

Papst Franziskus

Es wurden große Schritte vorwärts gemacht! Denken wir an die Erklärung über die Rechtfertigung: Von diesem Augenblick an ist man auf dem Weg nicht stehengeblieben. Die Reise nach Schweden war sehr bedeutungsvoll, weil sie gerade der Auftakt [der Feiern] und das Gedenken zusammen mit Schweden war. Auch war sie wichtig für die Ökumene des Unterwegsseins, also das gemeinsame Gehen im Gebet, im Martyrium und in den Werken der Liebe, den Werken der Barmherzigkeit. Und da haben die evangelische Diakonie und die katholische Caritas eine Übereinkunft geschlossen, gemeinsam zu arbeiten: Das ist ein großer Schritt! Aber man wartet auf Schritte, immer. Sie wissen, dass Gott der Gott der Überraschungen ist. Wir dürfen nie anhalten, müssen immer vorangehen. Gemeinsam beten, gemeinsam Zeugnis ablegen, gemeinsam die Werke der Barmherzigkeit tun, was bedeutet, die Liebe Jesu Christi zu verkünden, zu verkünden, dass Jesus Christus der Herr ist, der einzige Retter und dass die Gnade nur von ihm kommt … und auf diesem Weg werden die Theologen fortfahren zu studieren, aber man muss unterwegs sein. Mit einem für die Überraschungen offenen Herzen …

Greg Burke

Danke, Heiligkeit. Jetzt kommt Mimmo Muolo von „Avvenire“.

Mimmo Muolo

Guten Abend, Heiligkeit. Ich stelle Ihnen im Namen der italienischen Gruppe eine Frage. Gestern und heute haben wir in Fatima ein großes Zeugnis der Volksfrömmigkeit zusammen mit Ihnen gesehen; dieselbe, die man auch beispielsweise in anderen Marienheiligtümern wie Medjugorje antrifft. Was denken Sie über diese Erscheinungen – wenn es Erscheinungen waren – und über den religiösen Eifer, den sie erweckt haben, in Anbetracht Ihrer Entscheidung, einen Bischof als Delegaten für die pastoralen Aspekte zu ernennen? Und wenn ich mir eine zweite Frage erlauben darf, von der ich weiß, dass sie nicht nur uns Italienern, sondern auch Ihnen sehr am Herzen liegt: Die NGOs wurden der Zusammenarbeit mit den Schleusern beschuldigt, die Menschenhandel betreiben. Ich würde gerne wissen: Was denken Sie darüber? Danke.

Papst Franziskus

Ich beginne mit der zweiten Frage. Ich habe in der Zeitung, die ich morgens durchblättere, gelesen, dass es dieses Problem gegeben hat, aber ich kenne noch nicht die Details. Und deswegen kann ich keine Meinung aussprechen. Ich weiß, dass es ein Problem gibt und die Untersuchungen weitergehen. Ich wünsche mir, dass sie fortgesetzt werden und die ganze Wahrheit ans Licht komme. Die erste Frage? – Medjugorje. Alle Erscheinungen oder angeblichen Erscheinungen gehören zum privaten Bereich, sie sind nicht Teil des öffentlichen ordentlichen Lehramtes der Kirche. Medjugorje: Es wurde eine Kommission unter dem Vorsitz von Kardinal Ruini gebildet. Benedikt XVI. hat sie eingesetzt. Ich habe Ende 2013 oder Anfang 2014 das Ergebnis von Kardinal Ruini erhalten. Eine Kommission fähiger Theologen, Bischöfe, Kardinäle. Fähige, fähige, fähige Leute. Der Ruini-Bericht ist sehr, sehr gut. Dann gab es einige Zweifel in der Glaubenskongregation und die Kongregation hat es für angemessen befunden, allen Mitgliedern des Kongresses, dieser „feria quarta“, die ganze Dokumentation zukommen zu lassen, auch die Dinge, die gegen den Ruini-Bericht zu sein schienen. Ich habe die Benachrichtigung erhalten: Ich erinnere mich, dass es ein Samstag Abend war, später Abend. Es schien mir nicht richtig: Es war wie – entschuldigen Sie den Ausdruck – den Ruini-Bericht zur Versteigerung anzubieten, der sehr gut gemacht war. Und am Sonntag Morgen hat der Präfekt der Glaubenskongregation einen Brief von mir erhalten, in dem ich ihn bat, die Anweisung zu erteilen, dass man diese Meinungen anstatt der „feria quarta“ mir persönlich zustellen soll. Diese Meinungen wurden studiert und alle unterstreichen die Dichte des Ruini-Berichts. Ja, grundsätzlich muss man drei Dinge unterscheiden. Über die ersten Erscheinungen, als sie [„die Seher“] Jugendliche waren, sagt der Bericht mehr oder weniger, dass man mit der Untersuchung fortfahren muss. Bezüglich der vermeintlichen gegenwärtigen Erscheinungen hat der Bericht seine Zweifel. Ich persönlich bin ein wenig „gemeiner“: Ich bevorzuge die Gottesmutter als Mutter, unsere Mutter, und nicht die Gottesmutter als Leiterin eines Telegrafenamtes, das jeden Tag eine Nachricht zu der und der Stunde versendet … Das ist nicht die Mutter Jesu. Und diese angeblichen Erscheinungen haben keinen großen Stellenwert. Und das äußere ich als persönliche Meinung. Aber wer denkt, dass die Gottesmutter sagt: „Kommt, denn morgen zu dieser Stunde werde ich jenem Seher eine Botschaft übermitteln“; nein. [Im Ruini-Bericht] unterscheidet man die zwei Erscheinungen. Und der dritte Punkt, der eigentliche Kern des Ruini-Berichts: die geistliche Tatsache, die pastorale Tatsache, Menschen gehen dorthin und bekehren sich, Menschen, die Gott begegnen und die ihr Leben ändern … Dafür gibt es keinen Zauberstab und diese geistlich-pastorale Tatsache kann man nicht leugnen. Um diese Dinge mit all diesen Angaben zusammen mit den Antworten, die mir die Theologen zugeschickt haben, zu bewerten, wurde jetzt dieser Bischof ernannt – der fähig ist, fähig, weil er Erfahrung hat – um zu untersuchen, wie die pastorale Seite läuft. Und am Ende wird man sich dazu äußern.

Mimmo Muolo

Heiligkeit, danke auch für den Segen für meine Mitbürger, die Ihnen danken; sie haben ihn gesehen und sind sehr froh. ´´

Papst Franziskus

Danke.

Greg Burke

Heiligkeit, wenn ich jetzt „gemein“ sein darf, wir haben alle Sprachgruppen durch und es ist sechs Uhr …

Papst Franziskus

Ah, es ist noch Zeit …

Greg Burke

Gibt es eine Frage …

Papst Franziskus

Eine oder zwei …

Greg Burke

Joshua McElwee vom „National Catholic Reporter“

Joshua McElwee

Danke, Heiliger Vater. Meine Frage: Das letzte Mitglied der Kommission für den Schutz der Minderjährigen, das von einem Priester missbraucht wurde, ist im März zurückgetreten. Frau Marie Collins hat gesagt, dass sie zurücktreten musste, weil die Beamten im Vatikan die Ratschläge der Kommission nicht umsetzten, die Sie, Heiliger Vater, gutgeheißen haben. Ich habe zwei Fragen. Wer trägt die Verantwortung? Und was tun Sie, Heiliger Vater, um sicherzustellen, dass die Priester und Bischöfe im Vatikan Ihre Empfehlungen umsetzen, die von Ihrer Kommission angeraten wurden?

Papst Franziskus

Richtig. Marie Collins hat mir die Sache genau geschildert. Ich habe mit ihr gesprochen: Sie ist eine tüchtige Frau. Sie arbeitet weiter in der Ausbildung der Priester auf diesem Gebiet. Sie ist eine engagierte Frau, die arbeiten möchte. Sie hat diese Anklage vorgebracht, und ein bisschen hat sie Recht. Warum? Weil man mit vielen Fällen im Verzug ist, weil sie sich anhäufen … Dann musste man in dieser Zeit eine Gesetzgebung dafür erarbeiten: Was müssen die Diözesanbischöfe tun? Heute gibt es in fast allen Diözesen eine Prozedur, der man in diesen Fällen folgen muss. Das ist ein großer Fortschritt! So werden die Berichte gut verfasst. Das ist ein Schritt. Ein weiterer Schritt besteht darin: Es gibt wenig Personal; es wäre mehr dafür geeignetes Personal nötig. Der Kardinalstaatssekretär und ebenso Kardinal Müller sind auf der Suche, um neue Leute zu präsentieren. Vor ein paar Tagen sind zwei oder drei zusätzlich eingestellt worden. Man hat den Leiter der Disziplinarabteilung abgelöst. Er war gut, sehr gut, aber etwas müde: Er ist in seine Heimat zurückgekehrt, um dort die gleiche Arbeit mit seinem Episkopat zu machen. Und der Neue – er ist Ire, Monsignore Kennedy – ist ein sehr tüchtiger Mitarbeiter, sehr effizient und flink. Das hilft sehr. Dann ist da noch eine andere Sache. Manchmal, wenn die Bischöfe etwas schicken, wenn das Protokoll in Ordnung ist, geht es sofort zur „feria quarta“. Die „feria quarta“ studiert es dann und entscheidet. Wenn das Protokoll nicht in Ordnung ist, muss es zurückgeschickt werden und man muss es neu machen. Deshalb denkt man an Hilfestellungen in den Kontinenten, zwei pro Kontinent: zum Beispiel für Lateinamerika eine in Kolumbien und eine andere in Brasilien. Sie wären so etwas wie Vor-Instanzen oder kontinentale Instanzen. Aber das ist in Planung. Und dann passt es gut: Die „feria quarta“ untersucht es, und man entlässt den Priester aus dem Klerikerstand. Der kehrt in die Diözese zurück und macht einen Rekurs. Früher wurde dieser Rekurs ebenfalls von der „feria quarta“ geprüft, die ja das Urteil gesprochen hatte. Aber das ist nicht rechtens. Also habe ich eine andere Instanz eingerichtet, an deren Spitze ich eine unanfechtbare Gestalt gesetzt habe: Erzbischof Scicluna von Malta. Er ist einer der stärksten Kämpfer gegen die Missbräuche. Und um der Gerechtigkeit willen hat in dieser zweiten Instanz der, welcher den Rekurs macht, das Recht, einen Verteidiger zu bekommen. Wenn diese Instanz das erste [Urteil] bestätigt, ist der Fall abgeschlossen. Es bleibt nur [die Möglichkeit,] ein Gnadengesuch an den Papst zu richten. Ich habe noch keine Begnadigung unterschrieben. So wie die Dinge stehen, sind wir dabei voranzugehen. Marie Collins hatte in diesem Punkt Recht. Aber auch wir waren nicht untätig. Allerdings gibt es zweitausend liegen gebliebene Fälle! Danke.

Greg Burke

Heiligkeit, jetzt müssen wir aber gehen …

Papst Franziskus

Wer war das, der noch wartete?

Greg Burke

Eine Portugiesin …

Papst Franziskus

Oh! Die Arme …

Greg Burke

Also gut …

Joana Haderer („Agencia portoghese Lusa“)

Danke, Heiliger Vater. Ich darf auf Spanisch sprechen, das fällt mir sehr viel leichter. Ich möchte Ihnen eine Frage zur Situation in Portugal stellen; doch ich glaube, sie gilt für viele unserer westlichen Gesellschaften. In Portugal bezeichnen sich fast alle Einwohner, quasi 90 %, als katholisch. Aber die Weise, wie die Gesellschaft sich organisiert, und die Entscheidungen, die getroffen werden, stehen oft konträr zu den Weisungen der Kirche. Ich nenne hier die „Ehe“ von homosexuellen Partnern und die Straffreiheit für Abtreibung. Soeben haben wir begonnen, über die Euthanasie zu diskutieren. Wie sehen Sie das?

Papst Franziskus

Ich glaube, das ist ein politisches Problem. Zugleich bedeutet eine katholische Einstellung bisweilen nicht unbedingt eine völlige Übereinstimmung mit der Kirche. Dahinter steht nicht eine differenzierte Katechese, eine Katechese für den Menschen … Also, der Katechismus der katholischen Kirche ist ein Beispiel für eine seriöse und differenzierte Arbeit. Ich glaube, es ist ein Mangel an Ausbildung und auch an Kultur. Es ist doch komisch, in einigen Gegenden – etwa in Italien, einige auch in Lateinamerika – gibt es viele Katholiken, aber sie sind antiklerikal. Sie sind „Priesterfresser“ (lacht). Es ist ein Phänomen, dem man begegnet. Zuweilen, und …

Joanna Haderer

Besorgt Sie das?

Papst Franziskus

Sicher besorgt mich das. Deswegen sage ich den Priestern – Sie werden es gelesen haben – „Bloß kein Klerikalismus“, denn der Klerikalismus treibt von den Menschen fort. „Bloß kein Klerikalismus“ und noch etwas: Das ist eine Pest in der Kirche. Aber darüber hinaus ist viel zu tun: Katechese, Gewissensbildung, Dialog, auch über menschliche Werte. Danke.

Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Arbeit und für Ihre pointierten Fragen. Danke.

Greg Burke

Wir danken Ihnen, Heiliger Vater.

Papa Francesco

Und beten Sie für mich.


Der Papst landete um 19.05 Uhr auf dem Flughafen Rom-Ciampino.

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