Protestantismus

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Der Protestantismus (von lat. pro testanto, für die Schrift, d.h. die Bibel) bezeichnet eine ganze Reihe liturgisch und doktrinär heterogener Gruppen, die alle gemeinsame historische Wurzeln in der Reformation haben. Die Ablehnung des Papsttums, Kritik an der Soteriologie, Ekklesiologie und Bibelauslegung der Katholischen Kirche bilden die Basis des Protestantismus.

Überblick:

Der Protestantismus bezeichnet nicht einfach eine kleine Gruppe von Kirchen, sondern eine gigantische Vielfalt an Gruppierungen, mit unterschiedlichsten Ansichten und Einzelmeinungen. Generell kann man aber mehre Großgruppen unterscheiden: Lutheraner, Reformierte, Anglikaner und Täufer. Letztere bestehen heute wiederum aus dutzenden Gruppen, z.B. Baptisten, Mennoniten oder Amisch. Aus dem Anglikanismus hat sich der Methodismus herausentwickelt. Dazu kommen noch andere Gruppen wie Adenvisten oder Pfingstler. Bis in die Moderne waren die meisten protestantischen Kirche in Europas Staatskirche. Die Kirche von England (nicht die Gesamtheit der Anglikaner) und die lutherischen Kirchen von Skandinaviens bilden ein Überbleibsel. Daneben gab und gibt es Freikirchen. Sie legen besonderen Wert auf die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft und die Unabhängigkeit des Staates. Sie treten vor allem in den USA auf, wo zwar die Katholiken die größte Einzelkirche sind, aber die Protestanten in ihrer Gesamtheit die Mehrheit bilden, da sich dort Dank einer liberalen und säkularen Verfassung keine Staatskirche herausbildete. Dies lag auch daran, dass bereits vor der Gründung der USA verschiedene Gruppen vor der Verfolgung in Europa flohen, z.B. englische Calvinisten (Puritaner) und Täufer. In der angelsächsischen Welt bildeten sich weitere Kirchen heraus und Gruppen heraus, u.a. der Evangelikalismus. Die Evangelikalen sind eine Antwort auf die liberale Theologie in vielen protestantischen Kirchen (z.B. Frauenordination in den nordischen und deutschen Kirchen oder Historisch-Kritische Exegese). Auch hier muss zwischen fundamentalistischen Gruppen (z.B. Westboro Baptist Church) und relativ gemäßigten Evangelikalen unterschieden werden.

Lehre

Auf Grund der Heterogenität und dem Fehlen eines Lehramtes kann man nur einen kleine Basis gemeinsamer Glaubensinhalte ausfindig machen. In vielen Fragen (z.B. Prädestination oder Sakramentologie) bestehen grundlegende Differenzen. Gemeinsam ist jedoch allen die „Vier Soli“, die auf Martin Luther zurückgehen:

  • Sola fide – Allein der Glaube rechtfertigt den Menschen
  • Sola gratia – Allein die Gnade Gottes erlöst den Menschen; Erlösung ist immer ein Geschenkt der Gnade
  • Sola scriptura – Allein die Bibel und nicht Tradition und Lehramt sind Norm und Richtschnur des Glaubens. Bekenntnisse sind immer nur Auslegung der biblischen Lehre
  • Solus Christus – Allein Jesus Christus ist das Haupt der Kirche und nicht der Papst. Allein in ihm ist das Heil

Daneben gibt es den Grundsatz des Priestertums aller Getauften, wobei die Interpretation dieses Prinzips heterogen ist.

Geschichte des Protestantismus

Die Geschichte des Protestantismus beginnt im 14. Jahrhundert mit dem englischen Theologen John Wyclif († 1384) und dem Tschechen [[Jan Hus] (†1415). Ihre Thesen glichen weitgehend denen der Reformation, wobei Hus weder die Transsubstantiation noch das Fegefeuer leugnete. Beide konnten sich nicht durchsetzen. Die Lehren von Hus wurden auf dem Konzil von Konstanz verurteilt und er selbst wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Circa 100 Jahre nach dem Tod von Hus nagelte der Augustiner-Mönch Martin Luther 95 Thesen an das Tor der Schlosskirche von Wittenberg, so er als Doktor der Theologe arbeite. Darin kritisierte er die katholische Ablasspraxis. Im Laufe seines Schaffen entwickelte er die Vier Soli, die [[Konsubstantiation], wobei er sich dabei auf Vorgänger stütze, das Priestertum aller Getauften, die Ansicht es gäbe nur zwei Sakramente (Taufe und Abendmahl) und übersetze, wie viele andere Reformatoren nach ihm, die Bibel in die Volkssprache. Er verwarf das Messopfer, das Papsttum (er bezeichnete Rom als die „Hure Babylon“, was einige Protestanten noch heute tun) und den Zölibat. Nach seinem Tod führte sein Schüler Philipp Melanchton die Wege des Luthertums weiter, dass sich vor allem in Norddeutschland und Skandinavien verbreitete. Dort wurde es Staatskirche und der Landesherr wurde Oberhaupt der jeweiligen Kirche (Landesherrliches Regime). Die Vereinigung von Staat und Kirche wurde zudem durch den Augsburger Religionsfrieden zementiert, da – gemäß dem Grundsatz „cuius regio, eius religio – der Landesherr die Religion der Untertanten festlegte, wobei die Möglichkeit der Auswanderung bestand.

Auf Luther berief sich der radikalere Schweizer Ulrich Zwingli. Er verwarf jegliche Bilder in der Kirche, lehrte die doppelte Prädestination und das Bischofsamt, sowie die Realpräsenz. Letzteres führte dazu dass zwischen Reformierten und Lutheraner Trennung herrschte. Nach dem Zwingli 1531 im Krieg zwischen den protestantischen und den katholischen Kantonen den Tod gefunden hatte, übernahm Heinrich Bullinger die Führung über die Kirche. Später entwickelte Johannes Calvin in Genf eine eigene Variante der Reformation, den Calvinismus. 1549 vereinten sich die zwinglianischen und calvinistischen Gläubigen zur Reformierten Kirche. Sie lehrte die doppelte Prädestination und verwarf das Bischofsamt. Ihre Organisation war presbyterial. Darum werden im angelsächsischen Raum reformierte Christen auch „Presbyterianer“ genannt. In England entwickelte der Reformator Thomas Cranmer eine eigene Richtung im Protestantismus. Sie bildete einen Mittelweg zwischen Protestantismus kontinentaler Prägung und dem Katholizismus. Die Bedeutung der beiden Flügel variierte von Zeit zu Zeit. Dies führte dazu, dass englische Calvinisten (Puritaner) den Anglikanern den Vorwurf machen sich nicht vom Katholizismus entfernt zu haben. Die Staatskirche nahm sich dem nicht an, sondern diskriminierte sowohl Reformierte als auch Katholiken. Später bildete sich unter John Wesley der Methodismus heraus, der mit dem [[Arminianismus] verwandt ist. Er kritisierte die Starrheit und Staatsnähe der Kirche und predigte die Erweckung der Christen. Zudem entstanden in ganz Europa Täufer. Sie schlossen sich weitgehend den reformierten Grundüberzeugungen an, verwarfen sie jedoch die Kindertaufe und forderten radikale Gemeindeautonomie. Die Täufer, die sich bewusst als Freikirche verstanden, sahen sich von allen anderen Konfessionen verfolgt. Wie die englischen Puritaner suchten sie die Flucht in die Neue Welt. Dorthin zogen auch die Quäker. In den USA bildeten sich dann, im Zuge der Erweckungsbewegung die Pfingstler, die die direkte Wirkung des Heiligen Geistes lehrten und einen organisierten Gottesdienst ablehnten. Dazu kamen die Adventisten. Sie gehen auf den Prediger William Miller zurück, der für 1830 das Ende der Welt ankündigte. Als dies nicht eintraf, spaltete sich die Adventistische Bewegung. Die größte Gruppe sind die Sieben-Tages-Adentivsten, die von Ellen G. White begründet wurde. Diese Frau behauptete Visionen gehabt zu haben. Bezeichnend für diese Gruppe ist die Ablehnung des Sonntags und die Lehre der Zustand zwischen Tod und Auferstehung sei eine Art Schlaf. Zudem gäbe es keine ewige Verdammnis. Die Sünder würden nach der Auferstehung und dem Gericht zerstört. Aus der adventistischen Bewegung heraus entstanden auch Zeugen Jehovas, die zwar kein Protestanten im eigentliche Sinne sind, aber ihre Wurzeln in dieser Bewegung haben. Für den heutigen Protestantismus stellt die modernistische Theologie die größte Herausforderung dar. Einige Theologen stellen die Inspiration der Schrift, Trinität, Wunder, die Gottheit und Auferstehung Jesu in Frage. Das reicht soweit, dass eine rein „symbolische Auslegung“ an die Stelle der traditionellen Exegese tritt und auch herkömmliche Lehren wie das Sühnopfer Christi und der Anspruch des Christentum die wahre Lehre zu sein verworfen werden. Diese modernistische Variante des Protestantismus, die in Skandinavien und in der EKD vorherrschend ist, weiht Frauen, segnet Homosexuelle und gibt Bibelübersetzungen heraus, die den Text an die eigenen Ansichten anpassen. So findet man in der Bibel in gerechter Sprache statt „Vater unser“, die „Übersetzung“ „Vater-Mutter“. Zudem gibt es Strömungen die sozialistische, ökologische und feministische Elemente mit dem Protestantismus zu verbinden suchen. Als Antwort auf den Relativismus im Protestantismus bildeten sich die Evangelikalen heraus, die einerseits die modernistische Lehre scharf angriffen und an traditionellen Glaubensinhalten festhielten und andererseits die Betonung der bewussten Bekehrung und Hingabe an Christus.

Verbreitung

Der Protestantismus ist, nach dem Katholizismus (ca. 1 Mrd. Mitglieder), die größte Gruppe im Christentum. Die größten Denominationen sind Anglikaner (80 mio.), Lutheraner (74 mio.), Reformierte (75 mio.), Methodisten (75 mio.) und Baptisten (Getaufte und Ungetaufte ca. 100 mio.). Geographisch ist der Protestantismus vor allem in der angelsächsischen Welt, in Norddeutschland, dem Baltikum und Skandinavien vor zufinden.

Katholische Antwort

Vor allem das Konzil von Trient widmete sich der Abwehr des protestantischen Glaubens. Ziel des Konzils war es Missbräuche (Simonie, Nichteinhaltung des Zölibats etc.) zu bekämpfen und den Kern des katholischen Glaubens herauszustellen.

Kirche und Tradition

Der Katholizismus lehrt, dass die Tradition ebenfalls eine Quelle für die rechte Lehre ist und dass die Kirche die Autorität hat, die Schrift verbindlich auszulegen. Die Kirche ist doktrinär unfehlbar. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit einer Unfehlbarkeit im täglichen Leben. Denn obwohl die Kirche die rechte Lehre hat, so besteht sie doch aus Sündern. Protestanten können nicht verstehen warum es ein Lehramt und die Tradition braucht. Sie verstehen es als Angriff auf die Autorität der Bibel. Dabei akzeptiert die katholische Kirche die Schrift. Nur ist es so, dass die Schrift nur in der Kirche verstanden werden kann; sie ist „ in und aus dem lebendigen Subjekt des wandernden Gottes Volkes gewachsen und lebt in ihm. [...] Der Zusammenhang mit dem Subjekt 'Volk Gottes' ist für die Schrift vital. Einerseits ist dieses Buch - die Schrift - der von Gott herkommende Maßstab und die weisende Kraft für das Volk, aber andererseits lebt die Schrift doch nur eben in diesem Volk“ (Benedikt XVI., Jesus von Nazareth) Die Frage ist warum die Kirche diese Autorität hat? Es liegt daran ,dass „derselbe Geist, der die Schrift als Buch der Kirche inspiriert hat, führt auch die Kirche in den Sinn der Schrift ein“ (Michael Friedrowizc, Theologie der Kirchenväter) Zudem verdankt die Kirche ihr Dasein nicht der Schrift, sondern existierte schon, bevor die neutestamentlichen Schriften überhaupt entstanden. Das Wissen um deren Inhalt entstammt die Kirche nicht primär der Schrift, sondern ihrem eigenen Glaubensbewusstsein, wie es sich in der lebendigen Überlieferung manifestiert." (ebenda) Daher kann die Kirche auch bestimmen welche Schriften kanonisch sind. Da sich die Lehre der Apostel in der Kirche erhalten kann, weiß die Kirche was richtig und was falsch ist. Daher sagt Augustinus: „Ich würde nicht einmal dem Evangelium trauen, wenn mich die Autorität der katholischen Kirche nicht dazu bewegen würde.“ Außerdem würde Jesus lügen, wenn die Kirche vom Glauben abgefallen wäre. Partielle Abfälle und persönliche Irrtümer sind zwar möglich (vgl. Räubersynode), aber nicht für die ganze Kirche. Denn Jesus sagt, der Heilige Geist werde die Apostel (und ihre Nachfolger, die Bischöfe), in der Wahrheit halten (Joh.16:13).

Messopfer

Protestanten lehnen dass Messopfer als unzulässige Wiederholung ab. Abgesehen davon, dass die Kirche keine Wiederholung, sondern eine Vergegenwärtigung lehrt, zeigt die apostolische Tradition deutlich den Glauben der Kirche an den Opfercharakter des Messe. Zudem führt schon die Vernunft uns zu dieser Lehre. Wenn nämlich Jesus sich ewig opfern, denn sein Opfer ist nicht zeitlich, sondern ewig. Christus opfert sich ewig und immerwährend im Heiligtum dem Vater (Hebr.9:12). Wenn wir aber glauben, dass Jesus real in der Eucharistie gegenwärtig ist, was Schrift (Joh.6:55) und die Tradition ausdrücklich lehren, dann hört Jesus ja nicht auf sich zu opfern, wenn er auf dem Altar gegenwärtig wird.

Papsttum

Das Papsttum ist verwurzelt in Schrift (z.B. Joh.21:15; Mt.16:18 + Jer.22:22) und Tradition. Immer schon wurde dem Bischof von Rom ein Vorrang zugebilligt. Auch die ökumenischen Konzilien bestätigt dies. Siehe dazu Papst

Würdigung

Wie schon zu Beginn des Protestantismus, so besteht dort auch heute (und vermutlich in Zukunft) der einzige Konsens darin, die Ablehnung des im Kollegium der Bischöfe verbindlich und supranational handelnden Petrusnachfolgers als "vom Evangelium" gefordert zu behaupten.

"Was" das Evangelium positiv fordert, darüber gibt uns dann fast jeder leitende protestantische Kirchenpolitiker eine andere (subjektive) Auslegung; im Zweifel argumentiert man "christlich" zugunsten der Staatsraison. (Die Freikirchen verzichten jedoch weitestgehend auf eine öffentlich wirksame Funktion der Religion.) Seitdem der Katholizismus seine Position zur Religionsfreiheit (vgl. Dignitatis humanae, 1965) neu akzentuiert hat, ergeben sich mehr und mehr ökumenische Kooperationsmöglichkeiten auch zwischen frommen Katholiken und frommen "Freikirchlern". Zwischen diesen beiden "Flügeln" des Christentums verlieren die protestanischen Großorganisationen zunehmend an Bedeutung, insbesondere in Europa.

Wegen dieser eklatanten Notlage der ehem. lutherischen bzw. reformierten Staatskirchen, die z.B. durch das deutsche Kirchensteuersystem noch einigermaßen verschleiert wird, muss dem Katholizismus (der zur "Schadenfreude" ja angesichts eigener Sorgen keinerlei Veranlassung hat!) darin liegen, die weithin ruinierten protestantischen Groß-Konfessionen mit Milde, Demut und Geduld zu behandeln; die dort vorzufindende geistige Leere und dadurch verursachte, fast permanente Flucht in Ersatz"kompetenzen", wie die Politikbeeinflussung oder das Engagement in so gen. sozialen Bewegungen, ist aber nicht nachzuahmen.

Literatur

  • Eduard Josef Huber: Petrus. der Fels. Der katholische Standpunkt (Unterschied zwischen Katholizismus und Protestantismus) Mediatrix Verlag 2010.
  • Franz Hettinger: Die "Krisis des Christenthums", Protestantismus und Katholische Kirche Herder Verlag 1881 (149 S.).
  • Dr. Hans Rost: Der Protestantismus. nach protestantistischen Zeugnissen. Bonifatius-Druckerei Paderborn 1920 (319 Seiten).
  • Dr. Hans Rost: Der Protestantismus und die Kultur. Bonifatius-Druckerei Paderborn 1930 (122 Seiten; 1. Auflage).
  • Sergio Ronchi: Der Protestantismus. Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg 1983 (96 Seiten; ISBN 3-557-91251-5).
  • Sergio Ronchi: Der Protestantismus (Reihe: Die Weltreligionen). Pattloch Verlag Aschaffenburg 1987 (96 Seiten; ISBN 3557912515).
  • Georg May: Die Stellung des deutschen Protestantismus zu Ehescheidung, Wiederverheiratung und kirchlicher Trauung Geschiedener. Schöningh Verlag Paderborn 1965 (116 Seiten; Imprimatur: Paderbornae, d. 31. m. Decembris 1964 Vicarius Generalis: Dr. Droste).
  • Georg May: "Der Ökumenismus als Hebel der Protestantisierung der katholischen Kirche": Heft 5, 1975, 249-270. - Als Sonderdruck: Verax-Verlag Müstair 2000 [24 Seiten; ISBN 3-909065-18-X]. Mediatrix Verlag Wien 1976 ... 1991 erschienen. (Eine französische Fassung, L 'oecumenisme, levier de La protestantation de l'égLise, erschien 1979 in Paris.)

Weblinks