Sacramentum caritatis (Wortlaut): Unterschied zwischen den Versionen

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====Die Beachtung der liturgischen Bücher und des Reichtums der Zeichen====
 
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'''40''' Mit der Betonung der Wichtigkeit der ars celebrandi wird folglich auch die Bedeutung der liturgischen Vorschriften deutlich.<ref>Vgl. Propositio 25.</ref> Die ars celebrandi muss das Gespür für das Heilige fördern und sich äußerer Formen bedienen, die zu diesem Gespür erziehen, zum Beispiel der Harmonie des Ritus, der liturgischen Gewänder, der Ausstattung und des heiligen Ortes. Dort, wo die Priester und die für die liturgische Pastoral Verantwortlichen sich bemühen, die gültigen liturgischen Bücher und die entsprechenden Vorschriften bekannt zu machen und den großen Reichtum der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch und der Leseordnung für die Feier der heiligen Messe hervorheben, gereicht das der Eucharistiefeier sehr zum Vorteil. In den kirchlichen Gemeinschaften setzt man deren Kenntnis und rechte Wertschätzung wahrscheinlich voraus, doch oft zu Unrecht. In Wirklichkeit sind es Texte, welche Schätze enthalten, die den Glauben und den Weg des Gottesvolkes in den zweitausend Jahren seiner Geschichte bewahren und darstellen. Ebenso wichtig für eine rechte ars celebrandi ist die Beachtung aller von der Liturgie vorgesehenen Ausdrucksformen: Wort und Gesang, Gesten und Schweigen, Körperbewegung, liturgische Farben der Paramente. Die Liturgie besitzt tatsächlich von Natur aus eine Vielfalt von Registern zur Mitteilung, die es ihr ermöglichen, die Einbeziehung des ganzen Menschen anzustreben. Die Einfachheit der Gesten und die Nüchternheit der in der vorgesehenen Reihenfolge und im gegebenen Moment gesetzten Zeichen vermitteln mehr und beteiligen stärker als die Künstlichkeit unangebrachter Hinzufügungen. Achtung und Folgsamkeit gegenüber der Eigenstruktur des Ritus drücken die Anerkennung des Geschenk-Charakters der Eucharistie aus und offenbaren zugleich den Willen des Priesters, in Demut und Dankbarkeit die unbeschreibliche Gabe anzunehmen.
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'''40''' Mit der Betonung der Wichtigkeit der [[ars celebrandi]] wird folglich auch die Bedeutung der liturgischen Vorschriften deutlich.<ref>Vgl. Propositio 25.</ref> Die ars celebrandi muss das Gespür für das Heilige fördern und sich äußerer Formen bedienen, die zu diesem Gespür erziehen, zum Beispiel der Harmonie des Ritus, der liturgischen Gewänder, der Ausstattung und des heiligen Ortes. Dort, wo die Priester und die für die liturgische Pastoral Verantwortlichen sich bemühen, die gültigen liturgischen Bücher und die entsprechenden Vorschriften bekannt zu machen und den großen Reichtum der [[Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch|Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch]] und der Leseordnung für die Feier der heiligen Messe hervorheben, gereicht das der Eucharistiefeier sehr zum Vorteil. In den kirchlichen Gemeinschaften setzt man deren Kenntnis und rechte Wertschätzung wahrscheinlich voraus, doch oft zu Unrecht. In Wirklichkeit sind es Texte, welche Schätze enthalten, die den Glauben und den Weg des Gottesvolkes in den zweitausend Jahren seiner Geschichte bewahren und darstellen. Ebenso wichtig für eine rechte ars celebrandi ist die Beachtung aller von der Liturgie vorgesehenen Ausdrucksformen: Wort und Gesang, Gesten und Schweigen, Körperbewegung, liturgische Farben der Paramente. Die Liturgie besitzt tatsächlich von Natur aus eine Vielfalt von Registern zur Mitteilung, die es ihr ermöglichen, die Einbeziehung des ganzen Menschen anzustreben. Die Einfachheit der Gesten und die Nüchternheit der in der vorgesehenen Reihenfolge und im gegebenen Moment gesetzten Zeichen vermitteln mehr und beteiligen stärker als die Künstlichkeit unangebrachter Hinzufügungen. Achtung und Folgsamkeit gegenüber der Eigenstruktur des Ritus drücken die Anerkennung des Geschenk-Charakters der Eucharistie aus und offenbaren zugleich den Willen des Priesters, in Demut und Dankbarkeit die unbeschreibliche Gabe anzunehmen.
  
 
====Kunst im Dienst der Zelebration====
 
====Kunst im Dienst der Zelebration====

Version vom 11. August 2014, 11:22 Uhr

Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum caritatis

unseres Heiligen Vaters
Benedikt XVI.
An die Bischöfe, den Klerus, die Personen gottgeweihten Lebens und die christgläubigen Laien
über die Eucharistie - Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche
22. Februar 2007

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Inhaltsverzeichnis

EINFÜHRUNG

1 Sakrament der Liebe:<ref> Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae III, q. 73, a. 3.</ref> Die Heilige Eucharistie ist das Geschenk der Selbsthingabe Jesu Christi, mit dem er uns die unendliche Liebe Gottes zu jedem Menschen offenbart. In diesem wunderbaren Sakrament zeigt sich die »größte« Liebe, die dazu drängt, »das eigene Leben für die Freunde hinzugeben« (vgl. Joh 15,13). Ja, Jesus liebte die Seinen »bis zur Vollendung« (Joh 13,1). Mit dieser Formulierung führt der Evangelist auf die Geste unendlicher Demut hin, die Jesus vollbracht hat: Bevor er am Kreuz für uns starb, wusch er, umgürtet mit einem Leintuch, seinen Jüngern die Füße. In gleicher Weise liebt Jesus uns im eucharistischen Sakrament immer noch »bis zur Vollendung«, bis zur Hingabe seines Leibes und seines Blutes. Welch ein Staunen muss die Herzen der Apostel ergriffen haben angesichts der Gesten und Worte des Herrn während jenes Abendmahles! Welch eine Verwunderung muss das eucharistische Geheimnis auch in unserem Herzen auslösen!

Die Speise der Wahrheit

2 Im Altarssakrament kommt der Herr dem als Abbild Gottes (vgl. Gen 1,27) geschaffenen Menschen entgegen und wird sein Weggefährte. In diesem Sakrament macht sich der Herr nämlich zur Speise für den Menschen, der nach Wahrheit und Freiheit hungert. Da allein die Wahrheit uns wirklich frei machen kann (vgl. Joh 8,36), macht sich Christus für uns zur Speise der Wahrheit. In scharfsinniger Kenntnis der menschlichen Wirklichkeit hat der hl. Augustinus verdeutlicht, wie der Mensch sich freiwillig, und nicht unter Zwang, regt, wenn er auf etwas bezogen ist, das ihn anzieht und in ihm ein Verlangen erweckt. Als der heilige Bischof sich dann fragt, was den Menschen wohl letztlich im Innersten bewegen könne, ruft er aus: »Wonach verlangt die Seele denn brennender als nach der Wahrheit?«<ref>Augustinus, In Iohannis Evangelium Tractatus, 26.5: PL 35, 1609.</ref> Tatsächlich trägt jeder Mensch das unstillbare Verlangen nach der letzten und endgültigen Wahrheit in sich. Darum wendet sich Jesus, der Herr, »der Weg, die Wahrheit und das Leben« (Joh 14,6) dem schmachtenden Herzen des Menschen zu, der sich als dürstender Pilger fühlt, dem Herzen, das sich nach der Quelle des Lebens sehnt, dem Herzen, das um die Wahrheit ringt. Jesus Christus ist ja die Person gewordene Wahrheit, die die Welt an sich zieht. »Jesus ist der Polarstern der menschlichen Freiheit; ohne ihn verliert sie ihre Ausrichtung, denn ohne die Erkenntnis der Wahrheit entartet die Freiheit, sie isoliert sich und wird zu steriler Willkür. Mit Jesus findet sich die Wahrheit wieder«.<ref>Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre (10. Februar 2006): AAS 98 (2006), 255.</ref> Im Sakrament der Eucharistie zeigt Jesus uns im besonderen die Wahrheit der Liebe, die das Wesen Gottes selbst ist. Diese im Evangelium begründete Wahrheit geht jeden Menschen und den ganzen Menschen an. Die Kirche, die in der Eucharistie ihre lebensnotwendige Mitte findet, bemüht sich darum unablässig, allen zu verkündigen, dass Gott Liebe ist, ob man es hören will oder nicht (vgl. 2 Tim 4,2).<ref>Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer der dritten Versammlung des XI. Ordentlichen Rates des Generalsekretariats der Bischofssynode (1. Juni 2006): L'Osservatore Romano (dt.) 36. Jg. Nr. 26, S. 9.</ref> Gerade weil Christus für uns zur Speise der Wahrheit geworden ist, wendet sich die Kirche an den Menschen und lädt ihn ein, das Geschenk Gottes frei anzunehmen.

Die Entwicklung des eucharistischen Ritus

3 Wenn wir auf die zweitausendjährige Geschichte der Kirche Gottes blicken, die durch das weise Handeln des Heiligen Geistes geleitet wurde, bewundern wir voller Dankbarkeit die über die Zeit hin geordnete Entwicklung der rituellen Formen, in denen wir des Ereignisses unseres Heiles gedenken. Von den vielfältigen Formen der ersten Jahrhunderte, die noch in den Riten der Alten Ostkirchen aufleuchten, bis zur Verbreitung des römischen Ritus; von den klaren Anweisungen des Konzils von Trient und des Missale des hl. Pius' V. bis zur vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregten Liturgiereform: In jeder Epoche der Kirchengeschichte erstrahlt die Eucharistiefeier als Quelle und Höhepunkt ihres Lebens und ihrer Sendung im liturgischen Ritus in all ihrem vielfältigen Reichtum. Die Elfte Ordentliche Vollversammlung der Bischofssynode, die vom 2. bis zum 23. Oktober 2005 im Vatikan stattfand, hat angesichts dieser Geschichte ihren tiefen Dank Gott gegenüber zum Ausdruck gebracht und bekannt, dass in ihr die Führung des Heiligen Geistes wirksam war. Im besonderen haben die Synodenväter den segensreichen Einfluss festgestellt und bestätigt, den die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil verwirklichte Liturgiereform auf das Leben der Kirche ausgeübt hat.<ref>Vgl. Propositio 2.</ref> Die Bischofssynode hatte die Möglichkeit, ihre Rezeption nach der Konzilsversammlung zu beurteilen. Es gab außerordentlich viele Würdigungen. Wie bekräftigt wurde, können die Schwierigkeiten und auch einige erwähnte Missbräuche den Wert und die Wirksamkeit der Liturgiereform, die noch bisher nicht völlig erkundete Schätze in sich birgt, nicht verdunkeln. Konkret geht es darum, die vom Konzil beabsichtigten Änderungen innerhalb der Einheit zu verstehen, die die geschichtliche Entwicklung des Ritus selbst kennzeichnet, ohne unnatürliche Brüche einzuführen.<ref>Ich verweise hier auf die Notwendigkeit einer Hermeneutik der Kontinuität auch in Bezug auf die rechte Deutung der liturgischen Entwicklung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil: Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2005): AAS 98 (2006), 44-45.</ref>

Die Bischofssynode und das Jahr der Eucharistie

4 Im übrigen ist es notwendig, die Beziehung zwischen der jüngsten Bischofssynode über die Eucharistie und dem, was in den letzten Jahren im Leben der Kirche geschehen ist, hervorzuheben. Zunächst müssen wir uns im Geiste in das Große Jubiläum des Jahres 2000 zurückversetzen, mit dem mein lieber Vorgänger, der Diener Gottes Johannes Paul II., die Kirche in das dritte christliche Jahrtausend geführt hat. Das Jubiläumsjahr war zweifellos stark eucharistisch geprägt. Zudem darf man nicht vergessen, dass der Bischofssynode das von Johannes Paul II. in großem Weitblick für die gesamte Kirche gewollte Jahr der Eucharistie vorausging und sie in gewisser Weise auch vorbereitet hat. Dieser Zeitraum, der mit dem Internationalen Eucharistischen Kongress in Guadalajara im Oktober 2004 begonnen hatte, fand seinen Abschluss am Ende der 11. Synodalversammlung mit der Heiligsprechung von fünf Seligen, die sich durch ihre eucharistische Frömmigkeit besonders ausgezeichnet hatten: des Bischofs Józef Bilczewski, der Priester Gaetano Catanoso, Zygmunt Gorazdowski und Alberto Hurtado Cruchaga und des Kapuziners Felice da Nicosia. Aufgrund der von Johannes Paul II. in dem Apostolischen Schreiben Mane nobiscum domine<ref>Vgl. AAS 97 (2005), 337-352.</ref> dargelegten Lehren und dank der wertvollen Vorschläge der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung<ref>Vgl. Das Jahr der Eucharistie - Empfehlungen und Vorschläge (15 Oktober 2004): L'Osservatore Romano (dt.) 34. Jg. Nr. 47, S. 9-12 und Nr. 48, S. 9-12.</ref> haben die Diözesen und verschiedene kirchliche Organisationen zahlreiche Initiativen ergriffen, um bei den Gläubigen den eucharistischen Glauben wiederzuerwecken und zu erweitern, um die Sorgfalt bei den Zelebrationen zu erhöhen und die eucharistische Anbetung zu fördern, um zu einer tätigen Solidarität zu ermutigen, die von der Eucharistie ausgehend die Bedürftigen erreicht. Schließlich muss noch die letzte Enzyklika Ecclesia de eucharistia<ref>Vgl. AAS 95 (2003), 433-475. Außerdem sei an die Instruktion der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Redemptionis sacramentum (25. März 2004) erinnert, die auf ausdrücklichen Wunsch von Johannes Paul II. entstanden ist: AAS 96 (2004), 549-601.</ref> meines Verehrten Vorgängers erwähnt werden, mit der er uns einen sicheren lehramtlichen Anhaltspunkt über die eucharistische Lehre hinterlassen hat und ein letztes Zeugnis dafür, welch zentrale Rolle dieses göttliche Sakrament in seinem Leben spielte.

Der Zweck des vorliegenden Schreibens

5 Dieses nachsynodale Schreiben verfolgt den Zweck, den mannigfaltigen Reichtum der Reflexionen und Vorschläge aufzugreifen, die in der letzten Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode aufgekommen sind - von den Lineamenta über das Instrumentum laboris, die Relationes ante et post disceptationem, die Beiträge der Synodenväter, der Auditores und der Delegierten der Schwesterkirchen bis zu den Propositiones -, in der Absicht, einige grundlegende Orientierungslinien zu formulieren, die darauf ausgerichtet sind, in der Kirche neuen eucharistischen Impuls und Eifer zu erwecken. Im Bewusstsein des umfassenden doktrinellen und disziplinären Erbes, das sich im Laufe der Jahrhunderte in bezug auf dieses Sakrament angesammelt hat,<ref>Um nur die wichtigsten Schriften zu nennen: Ökum. Konzil von Trient, Doctrina et canones de ss. Missae sacrificio, DS 1738-1759; Leo XIII., Enzyklika Mirae caritatis (28. Mai 1902): ASS (1903), 115-136; Pius XII., Enzyklika Mediator dei (20. November 1947): AAS 39 (1947), 521-595; Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei (3. September 1965): AAS 57 (1965), 753-774; Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de eucharistia (17. April 2003): AAS 95 (2003), 433-475; Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Instr. Eucharisticum mysterium (25. Mai 1967): AAS 59 (1967), 539-573; Instr. Liturgiam authenticam (28. März 2001): AAS 93 (2001), 685-726.</ref> möchte ich im vorliegenden Dokument den Wunsch der Synodenväter<ref>Vgl. Propositio 1.</ref> aufgreifen und vor allem das christliche Volk zu einer gedanklichen Vertiefung der Verbindung zwischen eucharistischem Geheimnis, liturgischer Handlung und dem aus der Eucharistie entspringenden neuen geistlichen Dienst als dem Sakrament der Nächstenliebe aufrufen. Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich das vorliegende Schreiben mit meiner ersten Enzyklika Deus caritas est in Zusammenhang bringen, in der ich wiederholt über das Sakrament der Eucharistie gesprochen habe, um seine Beziehung zur christlichen Gottes- und Nächstenliebe zu verdeutlichen: »Der fleischgewordene Gott zieht uns alle an sich. Von da versteht es sich, dass Agape nun auch eine Bezeichnung der Eucharistie wird: In ihr kommt die Agape Gottes leibhaft zu uns, um in uns und durch uns weiterzuwirken«.<ref>Nr. 14: AAS 98 (2006), 229.</ref>

ERSTER TEIL: EUCHARISTIE, EIN GEHEIMNIS, AN DAS MAN GLAUBT

»Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat« (Joh 6,29)

Der eucharistische Glaube der Kirche

6 »Geheimnis des Glaubens!« - Mit diesem Ausruf unmittelbar nach den Konsekrationsworten verkündet der Priester das gefeierte Mysterium und drückt sein Staunen angesichts der Wesensverwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi aus - einer Wirklichkeit, die alles menschliche Verstehen übersteigt. In der Tat, die Eucharistie ist das »Geheimnis des Glaubens« schlechthin: Sie ist »der Inbegriff und die Summe unseres Glaubens«.<ref>Katechismus der Katholischen Kirche, 1327.</ref> Der Glaube der Kirche ist im wesentlichen ein eucharistischer Glaube und erhält seine Nahrung in besonderer Weise beim Mahl der Eucharistie. Glaube und Sakramente sind zwei sich gegenseitig ergänzende Aspekte des kirchlichen Lebens. Durch die Verkündigung des Wortes Gottes erweckt, nährt sich der Glaube und wächst in der gnadenreichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, die sich in den Sakramenten verwirklicht: »Der Glaube drückt sich im Ritus aus, und der Ritus stärkt und festigt den Glauben«.<ref>Propositio 16.</ref> Darum steht das Altarssakrament immer im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens; »dank der Eucharistie wird die Kirche immer wieder neu geboren!«<ref>Benedikt XVI., Homilie anlässlich der feierlichen Inbesitznahme der Kathedra des Bischofs von Rom (7. Mai 2005): AAS 97 (2005), 752.</ref> Je lebendiger der eucharistische Glaube im Gottesvolk ist, um so tiefer ist dessen Teilnahme am kirchlichen Leben durch eine überzeugte Unterstützung der Sendung, die Christus seinen Jüngern aufgetragen hat. Das bezeugt die Geschichte der Kirche selbst. Jede große Reform ist in irgendeiner Weise verbunden mit der Wiederentdeckung des Glaubens an die eucharistische Gegenwart des Herrn inmitten seines Volkes.

Die Heiligste Dreifaltigkeit und die Eucharistie

Das Brot vom Himmel

7 Der Hauptinhalt des eucharistischen Glaubens ist das Mysterium Gottes selbst, der trinitarische Liebe ist. In dem Gespräch Jesu mit Nikodemus finden wir diesbezüglich eine erhellende Aussage: »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird« (Joh 3,16-17). Diese Worte zeigen die tiefste Wurzel der Gabe Gottes. Jesus schenkt in der Eucharistie nicht »etwas«, sondern sich selbst; er bringt seinen Leib als Opfer dar und vergießt sein Blut. Auf diese Weise verschenkt er sich in der Ganzheit seiner Existenz und offenbart die ursprüngliche Quelle dieser Liebe. Er ist der ewige Sohn, der vom Vater für uns hingegeben wurde. Im Evangelium hören wir dazu noch einmal die Worte Jesu. Nach der Speisung der Menschenmenge durch die Vermehrung der Brote und der Fische sagt er zu seinen Gesprächspartnern, die ihm bis in die Synagoge von Kafarnaum gefolgt sind: »Mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben« (Joh 6,32-33). Und er geht so weit, sich selbst, sein Fleisch und sein Blut, mit diesem Brot zu identifizieren: »Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt« (Joh 6,51). Auf diese Weise offenbart sich Jesus als das Brot des Lebens, das der ewige Vater den Menschen schenkt.

Ungeschuldete Gabe der Heiligsten Dreifaltigkeit

8 In der Eucharistie offenbart sich der Plan der Liebe, der die gesamte Heilsgeschichte bestimmt (vgl. Eph 1,10; 3,8-11). In ihr gibt der Deus Trinitas, der in sich selbst die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,78), sich gänzlich in unsere menschliche Befindlichkeit hinein. Im Brot und im Wein, unter deren Gestalten Christus sich uns im österlichen Mahl schenkt (vgl. Lk 22,14-20; 1 Kor 11, 2326), kommt in Form des Sakraments das ganze göttliche Leben zu uns und teilt sich uns mit. Gott ist das vollkommene Mit- und Ineinander gegenseitiger Liebe zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Schon in der Schöpfung empfängt der Mensch die Berufung, in einem gewissen Maß am Lebensatem Gottes teilzuhaben (vgl. Gen 2,7). Doch im gestorbenen und auferstandenen Christus und in der Aussendung des Heiligen Geistes, der unbegrenzt gegeben wird (vgl. Joh 3,34), werden wir der innersten Tiefen Gottes anteilig.<ref>Vgl. Propositio 4.</ref> Jesus Christus, »der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat« (Hebr 9,14), teilt uns in der eucharistischen Gabe also das eigene göttliche Leben mit. Es handelt sich um eine absolut vorleistungsfreie Gabe, die allein den Verheißungen Gottes nachkommt und diese über alle Maßen erfüllt. In treuem Gehorsam nimmt die Kirche diese Gabe an, feiert sie und betet sie an. Das »Geheimnis des Glaubens« ist ein Geheimnis der trinitarischen Liebe, an der teilzuhaben wir aus Gnade berufen sind. Auch wir müssen daher mit Augustinus rufen: »Wenn du die Liebe siehst, siehst du die Trinität«.<ref>De Trinitate, VIII, 8, 12: CCL 50, 287.</ref>

Eucharistie: Jesus, das wahre Opferlamm

Der neue und ewige Bund im Blut des Lammes

9 Die Sendung, deretwegen Jesus zu uns gekommen ist, erreicht ihre Erfüllung im Pascha-Mysterium. Bevor er »seinen Geist aufgibt«, sagt er von der Höhe des Kreuzes aus, von der er alle an sich zieht (vgl. Joh 12,32): »Es ist vollbracht!« (Joh 19,30). In dem Geheimnis seines Gehorsams bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2,8) wurde der neue und ewige Bund verwirklicht. In seinem gekreuzigten Leib haben sich die Freiheit Gottes und die Freiheit des Menschen in einem unauflöslichen, immerwährenden Bündnis endgültig zusammengefunden. Auch die Sünde des Menschen ist durch den Sohn Gottes ein für allemal gesühnt worden (vgl. Hebr 7,27; 1 Joh 2,2; 4,10;). »In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich« - wie ich an anderer Stelle bereits betonte - »jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten - Liebe in ihrer radikalsten Form«.<ref>Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 12: AAS 98 (2006), 228.</ref> Im Pascha-Mysterium ist unsere Befreiung vom Bösen und vom Tod tatsächlich Wirklichkeit geworden. Bei der Einsetzung des Altarssakramentes hatte Jesus selbst vom »neuen und ewigen Bund« gesprochen, der in dem von ihm vergossenen Blut geschlossen wurde (vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20). Dieses letzte Ziel seiner Sendung war bereits zu Beginn seines öffentlichen Lebens sehr deutlich. Als nämlich Johannes der Täufer am Ufer des Jordans Jesus auf sich zukommen sieht, ruft er aus: »Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!« (Joh 1,29). Es ist bezeichnend, dass ebendieses Wort in jeder Messfeier in dem Augenblick wiederkehrt, da der Priester zum Empfang der Kommunion einlädt: »Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt! Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind!« Jesus ist das wahre Osterlamm, das sich selbst freiwillig als Opfer für uns dargebracht und so den neuen und ewigen Bund verwirklicht hat. Die Eucharistie enthält in sich diese radikale Neuheit, die uns in jeder Messfeier neu dargeboten wird.<ref>Vgl. Propositio 3.</ref>

Die Einsetzung der Eucharistie

10 In dieser Weise werden wir zum Nachdenken über die Einsetzung der Eucharistie während des Letzten Abendmahles geführt. Sie geschah im Rahmen eines rituellen Mahles, das die Gedenkfeier des Gründungsereignisses des Volkes Israel darstellte, der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens. Dieses mit der Opferung der Lämmer verbundene rituelle Mahl (vgl. Ex 12,1-28.43-51) war Erinnerung an die Vergangenheit, doch zugleich auch ein prophetisches Gedenken, das heißt die Verkündigung einer zukünftigen Befreiung. Das Volk hatte nämlich erfahren, dass jene Befreiung noch keine endgültige gewesen war, denn seine Geschichte stand noch zu sehr unter dem Zeichen der Knechtschaft und der Sünde. So öffnete sich das Gedenken der alten Befreiung der Bitte und Erwartung eines tiefergreifenden Heiles, das grundlegend, umfassend und endgültig sein würde. In diesen Zusammenhang fügt Jesus die Neuheit seiner Gabe ein. Im Lobpreis, der Berakah, dankt er dem Vater nicht nur für die großen Ereignisse der Vergangenheit, sondern auch für seine eigene »Erhöhung«. Indem er das Sakrament der Eucharistie einsetzt, nimmt Jesus das Kreuzesopfer und den Sieg der Auferstehung vorweg und schließt beides in das Sakrament ein. Zugleich offenbart er sich als das wahre Opferlamm, das im Plan des Vaters von Anbeginn der Welt vorgesehen war, wie der Erste Petrusbrief betont (vgl. 1,18-20). Indem Jesus seine Gabe in diesen Zusammenhang stellt, tut er die heilbringende Bedeutung seines Todes und seiner Auferstehung kund, dieses Geheimnisses, das somit zu einer Gegebenheit wird, welche die Geschichte und den gesamten Kosmos erneuert. Tatsächlich zeigt die Einsetzung der Eucharistie, wie dieser an sich gewaltsame und sinnlose Tod in Jesus zum erhabensten Akt der Liebe und zur endgültigen Befreiung der Menschheit vom Bösen geworden ist.

Figura transit in veritatem

11 Auf diese Weise fügt Jesus sein tiefgreifendes novum ins Innere des alten jüdischen Opfermahles ein. Jenes Mahl bedarf für uns Christen keiner Wiederholung. Zu Recht sagten die Väter, dass »figura transit in veritatem«: Was die kommenden Wirklichkeiten vorausverkündete, hat nun der Wahrheit selbst Platz gemacht. Der alte Ritus hat sich erfüllt und ist durch die Liebesgabe des fleischgewordenen Gottessohnes endgültig überholt. Die Speise der Wahrheit, der für uns geopferte Christus, dat figuris terminum.<ref>Römisches Brevier, Hymnus zur Lesehore am Hochfest des Leibes und Blutes Christi.</ref> Mit dem Auftrag: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« (Lk 22,19; 1 Kor 11,25), fordert er uns auf, seiner Gabe zu entsprechen und sie sakramental darzustellen. Mit diesen Worten bringt der Herr sozusagen die Erwartung zum Ausdruck, dass seine Kirche, die aus seinem Opfer hervorgegangen ist, diese Gabe annimmt und unter der Führung des Heiligen Geistes die liturgische Form des Sakramentes entwickelt. Die Gedenkfeier seiner vollkommenen Gabe besteht ja nicht in der einfachen Wiederholung des Letzten Abendmahles, sondern eigens in der Eucharistie, das heißt in der radikalen Neuheit des christlichen Kultes. So hat Jesus uns die Aufgabe hinterlassen, in seine »Stunde« einzutreten: »Die Eucharistie zieht uns in den Hingabeakt Jesu hinein. Wir empfangen nicht nur statisch den inkarnierten Logos, sondern werden in die Dynamik seiner Hingabe hineingenommen«.<ref>Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 13: AAS 98 (2006), 228.</ref> Er »zieht uns in sich hinein«.<ref>Vgl. Benedikt XVI., Homilie auf dem Marienfeld (21. August 2005): AAS 97 (2005), 891-892.</ref> Die Wesensverwandlung von Brot und Wein in seinen Leib und sein Blut bringt in die Schöpfung das Prinzip einer tiefgreifenden Veränderung ein, wie eine Art »Kernspaltung« - um ein uns heute wohlbekanntes Bild zu benutzen -, die ins Innerste des Seins getragen worden ist, eine Veränderung, die dazu bestimmt ist, einen Prozess der Verwandlung der Wirklichkeit auszulösen, dessen letztes Ziel die Verklärung der gesamten Welt ist bis zu jenem Zustand, in dem Gott alles in allem sein wird (vgl. 1 Kor 15,28).

Der Heilige Geist und die Eucharistie

Jesus und der Heilige Geist

12 Mit seinem Wort und mit Brot und Wein hat der Herr selbst uns die wesentlichen Elemente des neuen Kultes geschenkt. Die Kirche, seine Braut, ist berufen, das eucharistische Mahl Tag für Tag zu seinem Gedächtnis zu feiern. Sie schreibt auf diese Weise das erlösende Opfer ihres Bräutigams in die Geschichte der Menschen ein und lässt es in allen Kulturen sakramental gegenwärtig werden. Dieses große Geheimnis wird in den liturgischen Formen gefeiert, die die Kirche, vom Heiligen Geist geführt, in Zeit und Raum entwickelt. In diesem Zusammenhang ist es nötig, dass wir in uns das Bewusstsein der entscheidenden Rolle wachrufen, die der Heilige Geist für die Entwicklung der liturgischen Form und für das Vertiefen der göttlichen Geheimnisse spielt. Der Paraklet, die erste Gabe an die Gläubigen,<ref>Vgl. Römisches Messbuch, Viertes Eucharistisches Hochgebet.</ref> der schon in der Schöpfung am Werk war (vgl. Gen 1,2), ist vollends gegenwärtig im gesamten Leben des fleischgewordenen Wortes: Jesus Christus wurde ja durch das Wirken des Heiligen Geistes von der Jungfrau Maria empfangen (vgl. Mt 1,18; Lk 1,35); zu Beginn seiner öffentlichen Sendung sieht er ihn am Jordanufer in Form einer Taube auf sich herabkommen (vgl. Mt 3,16 und Par.); in ebendiesem Geist handelt, redet und frohlockt er (vgl. Lk 10,21); und in ihm kann er sich selbst als Opfer darbringen (vgl. Hebr 9,14). In den sogenannten, von Johannes aufgezeichneten »Abschiedsreden« stellt Jesus eine deutliche Beziehung her zwischen der Hingabe seines Lebens im Pascha-Mysterium und der Gabe des Geistes an die Seinen (vgl. Joh 16,7). Als Auferstandener, der die Zeichen der Passion an seinem Leib trägt, kann er mit seinem Hauch den Geist ausströmen (vgl. Joh 20,22) und so die Seinen an der eigenen Sendung beteiligen (vgl. Joh 20,21). Der Geist wird dann die Jünger alles lehren und sie an alles erinnern, was Christus ihnen gesagt hat (vgl. Joh 14,26), denn als Geist der Wahrheit (vgl. Joh 15,26) kommt es ihm zu, die Jünger in die ganze Wahrheit zu führen (vgl. Joh 16,13). In der Apostelgeschichte wird berichtet, dass der Geist am Pfingsttag auf die mit Maria im Gebet versammelten Apostel herabkommt (vgl. 2,1-4) und sie zu der Aufgabe anfeuert, allen Völkern die Frohe Botschaft zu verkünden. Deswegen geschieht es kraft des Geistes, dass Christus selbst in seiner Kirche von ihrer Lebensmitte, der Eucharistie, aus gegenwärtig und wirkend bleibt.

Heiliger Geist und Eucharistiefeier

13 Vor diesem Hintergrund wird die entscheidende Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistiefeier und speziell in bezug auf die Transsubstantiation verständlich. Ein entsprechendes Bewusstsein ist bei den Kirchenvätern deutlich nachweisbar. Der hl. Cyrill von Jerusalem erinnert in seinen Katechesen daran, dass wir »den barmherzigen Gott anrufen, seinen Heiligen Geist auf die vor uns liegenden Opfergaben herabzusenden, damit er das Brot in den Leib Christi und den Wein in das Blut Christi verwandle. Was der Heilige Geist berührt, ist geheiligt und völlig verwandelt«.<ref>Katechese XXIII, 7: PG 33, 1114f.</ref> Auch der hl. Johannes Chrysostomus weist darauf hin, dass der Priester den Heiligen Geist anruft, wenn er das Opfer feiert:<ref>Vgl. Über das Priestertum, VI, 4: PG 48, 681.</ref> Wie Elias, der Diener Gottes, so ruft er den Heiligen Geist herbei - sagt er -, damit »wenn die Gnade auf das Opfer herabkommt, die Seelen aller durch sie entzündet werden«.<ref>Ebd., III, 4: PG 48, 642.</ref> Von größter Wichtigkeit für das geistliche Leben der Gläubigen ist eine klarere Kenntnis des Reichtums der Anaphora: Neben den von Christus beim Letzten Abendmahl gesprochenen Worten enthält sie die Epiklese als Bitte an den Vater, die Gabe des Heiligen Geistes herabzusenden, damit Brot und Wein zum Leib und zum Blut Jesu Christi werden und »die ganze Gemeinde immer mehr Leib Christi werde«.<ref>Propositio 22.</ref> Der Geist, der vom Zelebranten auf die auf den Altar gelegten Gaben von Brot und Wein herabgerufen wird, ist derselbe, der die Gläubigen in »einem Leib« vereint und sie zu einem geistigen Opfer macht, das dem Vater wohlgefällt.<ref>Vgl. Propositio 42: »Diese eucharistische Begegnung verwirklicht sich im Heiligen Geist, der uns verwandelt und heiligt. Er erweckt im Jünger den entschiedenen Willen, den anderen mutig alles zu verkünden, was er gehört und erlebt hat, um auch sie zu derselben Begegnung mit Christus zu führen. Auf diese Weise öffnet sich der von der Kirche ausgesandte Jünger einer grenzenlosen Sendung.«</ref>

Eucharistie und Kirche

Eucharistie - Kausalprinzip der Kirche

14 Durch das eucharistische Sakrament nimmt Jesus die Gläubigen in seine »Stunde« hinein; auf diese Weise zeigt er uns die Bindung, die er zwischen sich und uns, zwischen seiner Person und der Kirche beabsichtigte. Tatsächlich hat Christus selbst im Kreuzesopfer die Kirche gezeugt als seine Braut und seinen Leib. Die Kirchenväter haben ausgiebig meditiert über die Beziehung zwischen dem Ursprung Evas aus der Seite des schlafenden Adam (vgl. Gen 2,21-23) und dem der neuen Eva, der Kirche, aus der geöffneten Seite Christi, der im Schlaf des Todes versunken war: Aus der durchbohrten Seite - erzählt Johannes - floss Blut und Wasser heraus (vgl. Joh 19,34), ein Symbol der Sakramente.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm., Konst. über die Kirche Lumen gentium, 3; vgl. z. B. Johannes Chrysostomus, Katechese 3, 13-19; SC 50, 174-177.</ref> Ein kontemplativer Blick »auf den ... den sie durchbohrt haben« (Joh 19,37) bringt uns zum Nachdenken über die kausale Verbindung zwischen dem Opfer Christi, der Eucharistie und der Kirche. In der Tat: »Die Kirche lebt von der Eucharistie«.<ref>Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de eucharistia (17. April 2003), 1: AAS 95 (2003), 433.</ref> Da in ihr das erlösende Opfer Christi gegenwärtig wird, muss man vor allem erkennen, dass sich »ein ursächlicher Einfluss der Eucharistie ... an den direkten Ursprüngen der Kirche« zeigt.<ref>Ebd., 21: AAS 95 (2003), 447.</ref> Die Eucharistie ist Christus, der sich uns schenkt und uns so fortwährend als seinen Leib aufbaut. Darum ist in der eindrucksvollen Wechselwirkung von Eucharistie, welche die Kirche aufbaut, und der Kirche selbst, welche die Eucharistie realisiert,<ref>Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis (4. März 1979), 20: AAS 71 (1979), 309-316; Brief an die Priester zum Gründonnerstag Dominicae cenae (24. Februar 1980), 4: AAS 72 (1980), 119-121.</ref> die Erstursache jene, die in der ersten Formulierung ausgedrückt ist: Die Kirche kann das Mysterium des in der Eucharistie gegenwärtigen Christus eben deshalb feiern und anbeten, weil zuerst Christus selbst sich ihr im Kreuzesopfer geschenkt hat. Die Möglichkeit der Kirche, die Eucharistie zu »verwirklichen«, ist ganz und gar verwurzelt in der Selbsthingabe Christi an sie. Auch hier entdecken wir einen überzeugenden Aspekt der Formulierung des Johannes: »Er hat uns zuerst geliebt« (vgl. 1 Joh 4,19). So bekennen auch wir in jeder Feier den Vorrang der Gabe Christi. Der kausale Einfluss der Eucharistie auf den Ursprung der Kirche verdeutlicht schließlich das nicht nur chronologische, sondern auch ontologische Zuvorkommen seiner Liebe, mit der er uns »zuerst geliebt« hat. Er ist in Ewigkeit derjenige, welcher uns zuerst liebt.

Eucharistie und kirchliche Communio

15 Die Eucharistie ist also grundlegend für das Sein und Handeln der Kirche. Deshalb bezeichnete das christliche Altertum den von der Jungfrau Maria geborenen Leib, den eucharistischen Leib und den kirchlichen Leib Christi mit ein und demselben Begriff als Corpus Christi.<ref>Vgl. Propositio 5.</ref> Dieses in der Überlieferung stark vertretene Faktum verhilft uns zu einem vermehrten Bewusstsein der Untrennbarkeit von Christus und der Kirche. Indem unser Herr Jesus sich selbst als Opfer für uns hingegeben hat, hat er in seiner Gabe wirkungsvoll auf das Geheimnis der Kirche hingedeutet. Es ist bezeichnend, dass das zweite Eucharistische Hochgebet mit der Epiklese nach der Konsekration die Bitte um die Einheit der Kirche in folgenden Worten verbindet: »Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut und lass uns eins werden durch den Heiligen Geist.« Diese Formulierung lässt deutlich werden, dass die res des eucharistischen Sakramentes die Einheit der Gläubigen in der kirchlichen Gemeinschaft ist. So zeigt sich die Eucharistie an der Wurzel der Kirche als Geheimnis der Communio.<ref>Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, III, q. 80, a. 4.</ref>

Auf die Beziehung zwischen Eucharistie und Communio hatte schon der Diener Gottes Johannes Paul II. in seiner Enzyklika Ecclesia de eucharistia aufmerksam gemacht. Er bezeichnete die Gedenkfeier Christi als »die höchste sakramentale Darstellung der Gemeinschaft in der Kirche«.<ref>Nr. 38: AAS 95 (2003), 458.</ref> Die Einheit der kirchlichen Gemeinschaft zeigt sich konkret in den christlichen Gemeinden und erneuert sich im eucharistischen Akt, der sie vereint und in Teilkirchen unterscheidet, »in quibus et ex quibus una et unica Ecclesia catholica exsistit«.<ref>Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 23.</ref> Gerade die Realität der einen Eucharistie, die in jeder Diözese um den jeweils eigenen Bischof gefeiert wird, macht uns verständlich, wie die Teilkirchen selbst in und ex Ecclesia bestehen. »Die Einzigkeit und Unteilbarkeit des eucharistischen Herrenleibes schließt die Einzigkeit seines mystischen Leibes, der einen und unteilbaren Kirche, ein. Aus der eucharistischen Mitte ergibt sich die notwendige Offenheit jeder feiernden Gemeinde, jeder Teilkirche: Angezogen von den offenen Armen des Herrn, wird sie in seinen einzigen und unteilbaren Leib eingegliedert«.<ref>Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), 11: AAS 85 (1993), 844-845.</ref> Aus diesem Grund befindet sich bei der Eucharistiefeier jeder Gläubige in seiner Kirche, das heißt in der Kirche Christi. Aus dieser recht verstandenen eucharistischen Sicht erweist sich die kirchliche Communio als eine von Natur aus katholische Wirklichkeit.<ref>Propositio 5: »Der Begriff ,katholisch’ drückt die Universalität aus, die aus der Einheit herrührt, welche die in jeder Kirche gefeierte Eucharistie fördert und aufbaut. Die Teilkirchen in der Weltkirche haben so in der Eucharistie die Aufgabe, ihre jeweilige Einheit und ihre Verschiedenheit sichtbar zu machen. Dieses Band der Bruderliebe lässt die trinitarische Gemeinschaft durchscheinen. Die Konzilien und die Synoden bringen in der Geschichte diesen brüderlichen Aspekt der Kirche zum Ausdruck.«</ref> Diese eucharistische Wurzel der kirchlichen Gemeinschaft hervorzuheben, kann auch ein wirksamer Beitrag sein zum ökumenischen Dialog mit den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit dem Sitz Petri stehen. Die Eucharistie knüpft nämlich objektiv ein starkes Band der Einheit zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen, die das unverfälschte und vollständige Wesen des Mysteriums der Eucharistie bewahrt haben. Zugleich kann die Betonung des ekklesialen Charakters der Eucharistie ein bevorzugtes Element im Dialog auch mit den aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften werden.<ref>Vgl. Ebd..</ref>

Eucharistie und Sakramente

Die Sakramentalität der Kirche

16 Das Zweite Vatikanische Konzil hat daran erinnert, dass »mit der Eucharistie die übrigen Sakramente im Zusammenhang [stehen]; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch für die anderen kirchlichen Dienste und für die Apostolatswerke. Die Heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben; so werden sie ermuntert und angeleitet, sich selbst, ihre Arbeiten und die ganze Schöpfung mit ihm darzubringen«.<ref>Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 5.</ref> Diese innerste Verbindung der Eucharistie mit allen anderen Sakramenten und mit dem christlichen Leben wird in ihrer Wurzel verstanden, wenn man das Geheimnis der Kirche selbst als Sakrament betrachtet.<ref>Vgl. Propositio 14.</ref> Das Konzil hat in diesem Zusammenhang bekräftigt: »Die Kirche ist ... in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit«.<ref>Dogm. Konst. Lumen gentium, 1.</ref> Als das - wie der hl. Cyprian sagt - »von der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk«<ref>De Orat. Dom., 23: PL 4, 553 .</ref> ist sie Sakrament der trinitarischen Communio.

Die Tatsache, dass die Kirche »allumfassendes Heilssakrament«<ref>Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, 48; vgl. auch ebd., 9.</ref> ist, zeigt, wie die sakramentale »Ökonomie« letztlich die Art bestimmt, in der Christus, der einzige Retter, durch den Geist unser Leben in der Besonderheit seiner Umstände erreicht. Die Kirche empfängt sich und drückt sich zugleich aus in den sieben Sakramenten, durch die die Gnade Gottes konkret auf das Sein der Gläubigen einwirkt, damit das ganze, von Christus erlöste Leben ein Gott wohlgefälliger Kult werde. In dieser Sicht möchte ich einige von den Synodenvätern hervorgehobene Elemente unterstreichen, die hilfreich sein können, um die Beziehung aller Sakramente zum eucharistischen Mysterium zu verstehen.

I. Eucharistie und christliche Initiation

Eucharistie, Fülle der christlichen Initiation

17 Wenn die Eucharistie wirklich Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche ist, folgt daraus vor allem, dass der Weg christlicher Initiation darauf ausgerichtet ist, die Möglichkeit des Zugangs zu diesem Sakrament zu verschaffen. Wie die Synodenväter sagten, müssen wir uns in diesem Zusammenhang fragen, ob in unseren christlichen Gemeinden die enge Verbindung von Taufe, Firmung und Eucharistie ausreichend wahrgenommen wird.<ref>Vgl. Propositio 13.</ref> Man darf nämlich nie vergessen, dass wir im Hinblick auf die Eucharistie getauft und gefirmt werden. Das bringt die Verpflichtung mit sich, in der pastoralen Praxis ein Verständnis zu fördern, das mehr die Einheit des gesamten christlichen Initiationsweges im Auge hat. Das Sakrament der Taufe, mit dem wir Christus gleichgestaltet,<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, 7.</ref> in die Kirche aufgenommen und Kinder Gottes werden, ist die Eingangstür zu allen Sakramenten. Mit ihm werden wir in den einen Leib Christi (vgl. 1 Kor 12,13), in das priesterliche Volk, eingegliedert. Dennoch ist es die Teilnahme am eucharistischen Opfer, die in uns vervollkommnet, was uns in der Taufe geschenkt wurde. Auch die Gaben des Geistes werden zum Aufbau des Leibes Christi (vgl. 1 Kor 12) und zum größeren evangelischen Zeugnis in der Welt verliehen.<ref>Vgl. Ebd., 11; Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, 9. 13.</ref> Darum führt die Heiligste Eucharistie die christliche Initiation zu ihrer Fülle und stellt die Mitte und das Ziel des gesamten sakramentalen Lebens dar.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Brief an die Priester zum Gründonnerstag Dominicae cenae (24. Februar 1980), 7: AAS 72 (1980), 124-127; Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 5.</ref>

Die Reihenfolge der Initiations-Sakramente

18 In diesem Zusammenhang ist es nötig, die Aufmerksamkeit dem Thema der Reihenfolge der Initiations-Sakramente zuzuwenden. Es gibt in der Kirche diesbezüglich unterschiedliche Traditionen. Diese Verschiedenheit tritt offen zutage in den kirchlichen Bräuchen des Ostens<ref>Vgl. Rechtskodex der Ostkirchen, can. 710.</ref> und selbst in der westlichen Praxis, was die Initiation Erwachsener<ref>Vgl. Ritus der christlichen Initiation Erwachsener, Allgemeine Einführung, Nr. 34-36.</ref> im Vergleich zu der von Kindern<ref>Vgl. Ritus der Kindertaufe, Einführung Nr. 18-19.</ref> angeht. Solche Differenzierungen haben jedoch keinen eigentlich dogmatischen Stellenwert, sondern sind pastoraler Art. Konkret muss geklärt werden, welche Praxis den Gläubigen tatsächlich am besten helfen kann, das Sakrament der Eucharistie als die Wirklichkeit, auf die die gesamte Initiation zustrebt, in den Mittelpunkt zu stellen. Die Bischofskonferenzen mögen in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie die Wirksamkeit der aktuellen Initiationswege überprüfen, damit der bzw. dem Gläubigen durch die erzieherische Tätigkeit unserer Gemeinden geholfen werde, in einem fortschreitenden Reifungsprozess zu einer authentisch eucharistischen Lebenseinstellung zu gelangen, um so fähig zu sein, in einer unserer Zeit angemessenen Weise jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15).

Initiation, kirchliche Gemeinschaft und Familie

19 Immer sollte man sich vergegenwärtigen, dass die gesamte christliche Initiation ein Weg der Umkehr ist, der mit der Hilfe Gottes und in ständiger Bezugnahme auf die kirchliche Gemeinschaft zu vollziehen ist, sei es, wenn Erwachsene um Aufnahme in die Kirche bitten, wie es an Orten der Erstevangelisierung oder in vielen säkularisierten Regionen geschieht, sei es, wenn Eltern die Sakramente für ihre Kinder erbitten. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem auf die Beziehung zwischen christlicher Initiation und Familie aufmerksam machen. Im pastoralen Wirken muss man die christliche Familie immer am Weg der Initiation beteiligen. Der Empfang der Taufe, der Firmung und der ersten Heiligen Kommunion sind entscheidende Momente nicht nur für die Person, welche das Sakrament empfängt, sondern auch für die ganze Familie, die in ihrer Erziehungsaufgabe von der kirchlichen Gemeinschaft in ihren verschiedenen Komponenten unterstützt werden muss.<ref>Vgl. Propositio 15.</ref> Hier möchte ich die Wichtigkeit der Erstkommunion hervorheben. Sehr vielen Gläubigen bleibt dieser Tag zu Recht tief in der Erinnerung haften als der erste Augenblick, in dem sie, wenn auch nur anfänglich, die Bedeutung der persönlichen Begegnung mit Jesus wahrgenommen haben. Die Seelsorge in der Pfarrei muss diese so bedeutsame Gelegenheit in angemessener Weise nutzen.

II. Eucharistie und Sakrament der Versöhnung

Ihre innere Verbindung

20 Zu Recht haben die Synodenväter erklärt, dass die Liebe zur Eucharistie dazu führt, auch das Sakrament der Versöhnung immer mehr zu schätzen.<ref>Vgl. Propositio 7; Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de eucharistia (17. April 2003), 36: AAS 95 (2003), 457-458.</ref> Aufgrund der Verbindung zwischen diesen Sakramenten kann eine authentische Katechese über den Sinn der Eucharistie nicht losgelöst sein von der Ermunterung zu einem Weg der Buße (vgl. 1 Kor 11,27-29). Sicher, wir stellen fest, dass die Gläubigen in unserer Zeit in eine Kultur eingetaucht sind, die dazu neigt, das Empfinden für die Sünde auszulöschen,<ref>Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 18: AAS 77 (1985), 224-228.</ref> indem sie eine oberflächliche Haltung fördert, die die Notwendigkeit, in Gottes Gnade zu stehen, um die Kommunion würdig empfangen zu können, vergessen lässt.<ref>Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1385.</ref> In Wirklichkeit bringt der Verlust des Sündenbewusstseins immer auch eine gewisse Oberflächlichkeit in der Wahrnehmung der Liebe Gottes mit sich. Es ist den Gläubigen von großem Nutzen, sich die Elemente ins Gedächtnis zu rufen, die innerhalb des Ritus der Heiligen Messe das Bewusstsein der eigenen Sünde und zugleich das der Barmherzigkeit Gottes eindeutig zum Ausdruck bringen.<ref>Man denke hier an das Confiteor oder an die Worte des Priesters und der Gemeinde vor dem Empfang der Kommunion: »Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.« Es ist nicht bedeutungslos, dass die Liturgie auch für den Priester einige sehr schöne, uns von der Tradition übergebene Gebete vorsieht, die an die Notwendigkeit der Vergebung erinnern, wie zum Beispiel jenes, das er leise spricht, bevor er die Gläubigen zur Kommunion einlädt: »Erlöse mich durch deinen Leib und dein Blut von allen Sünden und allem Bösen. Hilf mir, dass ich deine Gebote treu erfülle, und lass nicht zu, dass ich jemals von dir getrennt werde.«</ref> Außerdem erinnert uns die Beziehung zwischen Eucharistie und Versöhnung daran, dass die Sünde niemals eine ausschließlich individuelle Angelegenheit ist; sie bringt immer auch eine Verletzung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft mit sich, in die wir dank der Taufe eingegliedert sind. Darum ist die Versöhnung, wie die Väter sagten, laboriosus quidam baptismus,<ref>Vgl. Johannes Damascenus, Über den rechten Glauben, IV, 9: PG 94, 1124C; Gregor von Nazianz, Rede 39, 17: PG 36, 356A; Ökum. Konzil von Trient, Doctrina de sacramento paenitentiae, cap. 2: DS 1672.</ref> womit sie unterstrichen, dass das Ergebnis des Weges der Umkehr auch die Wiederherstellung der vollen kirchlichen Gemeinschaft ist, die im erneuten Empfang der Eucharistie zum Ausdruck kommt.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 11; Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 30: AAS 77 (1985), 256-257.</ref>

Einige pastorale Anweisungen

21 Die Synode hat daran erinnert, dass es die pastorale Aufgabe des Bischofs ist, in seiner Diözese eine entschiedene Wiederbelebung der Erziehung zur Umkehr anzuregen, die sich aus der Eucharistie ergibt, und unter den Gläubigen die häufige Beichte zu fördern. Alle Priester sollen sich großzügig mit Engagement und Kompetenz der Spendung des Sakramentes der Versöhnung widmen.<ref>Vgl. Propositio 7.</ref> In diesem Zusammenhang muss darauf geachtet werden, dass die Beichtstühle in unseren Kirchen gut sichtbar sind und die Bedeutung dieses Sakramentes zum Ausdruck bringen. Ich bitte die Hirten, die Art des Vollzugs des Sakramentes der Versöhnung aufmerksam zu überwachen und die Praxis der allgemeinen Absolution ausschließlich auf die eigens vorgesehenen Fälle zu beschränken,<ref>Vgl. Johannes Paul II., Motu proprio Misericordia dei (7. April 2002): AAS 94 (2002), 452-459.</ref> da nur die persönliche Beichte die ordnungsgemäße Form darstellt.<ref>Gemeinsam mit den Synodenvätern möchte ich daran erinnern, dass die nicht sakramentalen Bußfeiern, die im Ritualbuch für das Sakrament der Versöhnung erwähnt werden, nützlich sein können, um in den christlichen Gemeinden den Geist der Umkehr zu fördern und so die Herzen auf die Feier des Sakramentes vorzubereiten: vgl. Propositio 7.</ref> Angesichts der Notwendigkeit der Wiederentdeckung der sakramentalen Vergebung sollte es in allen Diözesen immer den Pönitentiar geben.<ref>Vgl. Kodex des kanonischen Rechts, can. 508.</ref> Schließlich kann eine wertvolle Hilfe für die erneute Bewusstmachung der Beziehung zwischen Eucharistie und Versöhnung eine ausgeglichene und vertiefte Praxis der für sich selbst oder für die Verstorbenen gewonnenen Indulgenz sein. Mit ihr erhält man »vor Gott den Nachlass der zeitlichen Strafe für die Sünden, die - was die Schuld betrifft - schon vergeben sind«.<ref>Paul VI., Apost. Konst. Indulgentiarum doctrina (1. Januar 1967), Normae, Nr. 1: AAS 59 (1967), 21.</ref> Die Inanspruchnahme der Ablässe hilft uns verstehen, dass wir allein mit unseren Kräften niemals imstande wären, das begangene Böse wiedergutzumachen, und dass die Sünden jedes Einzelnen der ganzen Gemeinschaft Schaden zufügen. Darüber hinaus verdeutlicht uns die Praxis der Indulgenz, da sie außer der Lehre von den unendlichen Verdiensten Christi auch die von der Gemeinschaft der Heiligen einschließt, »wie eng wir in Christus miteinander vereint sind und wie sehr das übernatürliche Leben jedes Einzelnen den anderen nützen kann«.<ref>Ebd., 9: AAS 59 (1967), 18-19.</ref> Da ihre Form unter den Bedingungen den Empfang des Beichtsakramentes und der Kommunion vorsieht, kann ihre Übung die Gläubigen auf dem Weg der Umkehr und bei der Entdeckung der Zentralität der Eucharistie im christlichen Leben wirkungsvoll unterstützen.

III. Eucharistie und Krankensalbung

22 Jesus hat seine Jünger nicht nur ausgesandt, die Kranken zu heilen (vgl. Mt 10,8; Lk 9,2; 10,9), sondern er hat für sie auch ein spezifisches Sakrament eingesetzt: die Krankensalbung.<ref>Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1499-1531.</ref> Der Jakobusbrief bezeugt uns das Vorhandensein dieser sakramentalen Handlung bereits in der ersten christlichen Gemeinde (vgl. 5,14-16). Wenn die Eucharistie zeigt, wie Leiden und Tod Christi in Liebe verwandelt worden sind, so vereint die Krankensalbung den Leidenden mit der Selbsthingabe Christi zum Heil aller, so dass auch er im Mysterium der Gemeinschaft der Heiligen sich an der Erlösung der Welt beteiligen kann. Die Verbindung dieser Sakramente wird außerdem angesichts der Verschlimmerung der Krankheit offenbar: »Die Kirche bietet den Sterbenden neben der Krankensalbung die Eucharistie als Wegzehrung an«.<ref>Ebd., 1524.</ref> Im Heimgang zum Vater erweist sich die Kommunion mit dem Leib und dem Blut Christi als Same des ewigen Lebens und Kraft zur Auferstehung: »Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag« (Joh 6,54). Da die Heilige Wegzehrung dem Kranken die Fülle des Pascha-Mysteriums erschließt, muss ihre Darreichung sichergestellt werden.<ref>Vgl. Propositio 44.</ref> Die Zuwendung und die pastorale Sorge, die den Kranken entgegengebracht werden, bringen sicher einen geistlichen Gewinn für die ganze Gemeinde mit sich. Bekanntlich haben wir ja alles, was wir für den Geringsten getan haben, für Jesus selbst getan (vgl. Mt 25,40).

IV. Eucharistie und Priesterweihe

In persona Christi capitis

23 Die innere Verbindung zwischen Eucharistie und Priesterweihe geht aus Jesu eigenen Worten im Abendmahlssaal hervor: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« (Lk 22,19). Jesus hat ja am Vorabend seines Todes die Eucharistie eingesetzt und zugleich das Priestertum des neuen Bundes gegründet. Er ist Priester, Opfer und Altar: Mittler zwischen Gott Vater und dem Volk (vgl. Hebr 5,5-10), Sühnopfer (vgl. 1 Joh 2,2; 4,10), das sich selbst auf dem Altar des Kreuzes darbringt. Niemand kann sagen: »Das ist mein Leib« und: »Das ist der Kelch des Neuen Bundes, mein Blut...«, außer im Namen und in der Person Christi, des einzigen Hohenpriesters des neuen und ewigen Bundes (vgl. Hebr 8-9). Die Bischofssynode hat schon in anderen Versammlungen das Thema des Amtspriestertums behandelt, sei es in bezug auf die Identität des Dienstes,<ref>Vgl. Bischofssynode, Zweite Vollversammlung, Dokument über das Amtspriestertum Ultimis temporibus (30. November 1971): AAS 63 (1971), 898-942.</ref> sei es bezüglich der Ausbildung der Kandidaten.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992), 42-69: AAS 84 (1992), 729-778.</ref> Bei dieser Gelegenheit und im Licht des Dialogs innerhalb der letzten Synodenversammlung drängt es mich, an einige wichtige Punkte zu erinnern, die die Beziehung zwischen eucharistischem Sakrament und Priesterweihe betreffen. Zunächst ist es notwendig zu bekräftigen, dass die Verbindung zwischen Priesterweihe und Eucharistie gerade in der Messe sichtbar wird, deren Zelebration der Bischof oder der Priester in der Person Christi als des Hauptes vorsteht.

Nach der Lehre der Kirche ist die Priesterweihe die unumgängliche Bedingung für die gültige Feier der Eucharistie.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 10; Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Fragen bezüglich des Dieners der Eucharistie Sacerdotium ministeriale (6. August 1983): AAS 75 (1983), 1001-1009.</ref> Denn »Christus selbst ist im kirchlichen Dienst des geweihten Priesters in seiner Kirche zugegen als Haupt seines Leibes, Hirt seiner Herde, Hoherpriester des Erlösungsopfers«.<ref>Katechismus der Katholischen Kirche, 1548.</ref> Natürlich »handelt der geweihte Priester auch im Namen der ganzen Kirche, wenn er das Gebet der Kirche an Gott richtet, vor allem, wenn er das eucharistische Opfer darbringt«.<ref>Vgl. ebd., 1552.</ref> Darum müssen die Priester sich bewusst sein, dass ihr gesamter Dienst niemals sie selbst oder ihre Meinung in den Mittelpunkt setzen darf, sondern Jesus Christus. Jeder Versuch, sich selbst zum Protagonisten der liturgischen Handlung zu machen, widerspricht dem Wesen des Priestertums. Der Priester ist in erster Linie Diener und muss sich ständig darum bemühen, ein Zeichen zu sein, das als gefügiges Werkzeug in Christi Händen auf ihn verweist. Das kommt besonders in der Demut zum Ausdruck, mit der er in treuer Befolgung des Ritus die liturgische Handlung führt, ihr im Herzen und im Geist entspricht und alles vermeidet, was den Eindruck einer unangebrachten Geltungssucht erwecken könnte. Darum empfehle ich dem Klerus, sich immer tiefer bewusst zu machen, dass der eigene eucharistische Dienst ein demütiger Dienst für Christus und für seine Kirche ist. Das Priestertum ist - wie der hl. Augustinus sagte - amoris officium,<ref>Vgl. In Iohannis Evangelium Tractatus 123,5: PL 35, 1967.</ref> es ist der Dienst des guten Hirten, der das Leben hingibt für die Schafe (vgl. Joh 10,14-15).

Eucharistie und priesterlicher Zölibat

24 Die Synodenväter haben hervorgehoben, dass das Amtspriestertum durch die Weihe eine vollkommene Gleichgestaltung mit Christus erfordert. Bei aller Achtung gegenüber der abweichenden ostkirchlichen Handhabung und Tradition ist es doch notwendig, den tiefen Sinn des priesterlichen Zölibats zu bekräftigen, der zu Recht als ein unschätzbarer Reichtum betrachtet wird; in der Ostkirche findet er seine Bestätigung darin, dass die Auswahl der Kandidaten zum Bischofsamt nur unter zölibatär lebenden Priestern vorgenommen wird und der von vielen Priestern freiwillig gelebte Zölibat hohes Ansehen genießt. In dieser Wahl des Priesters kommen nämlich in ganz eigener Weise seine Hingabe, die ihn Christus gleichgestaltet, und seine Selbstaufopferung ausschließlich für das Reich Gottes zum Ausdruck.<ref>Vgl. Propositio 11.</ref> Die Tatsache, dass Christus, der ewige Hohepriester, selber seine Sendung bis zum Kreuzesopfer im Stand der Jungfräulichkeit gelebt hat, bietet einen sicheren Anhaltspunkt, um den Sinn der Tradition der lateinischen Kirche in dieser Sache zu erfassen. Deshalb reicht es nicht aus, den priesterlichen Zölibat unter rein funktionalen Gesichtspunkten zu verstehen. In Wirklichkeit stellt er eine besondere Angleichung an den Lebensstil Christi selbst dar. Eine solche Wahl hat vor allem hochzeitlichen Charakter; sie ist ein Sicheinfühlen in das Herz Christi als des Bräutigams, der sein Leben für die Braut hingibt. In Einheit mit der großen kirchlichen Tradition, mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil<ref>Vgl. Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 16.</ref><ref>Vgl. Johannes XXIII., Enzyklika Sacerdotii nostri primordia (1. August 1959): AAS 51 (1959), 545-579; Paul VI., Enzyklika Sacerdotalis coelibatus (24. Juni 1967): AAS 59 (1967), 657697; Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992), 29: AAS 84 (1992), 703705; Benedikt XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2006): L'Osservatore Romano (dt.) 37. Jg. (2007) Nr. 1, S. 6-8.</ref> und meinen Vorgängern im Petrusamt<ref>Vgl. Johannes XXIII., Enzyklika Sacerdotii nostri primordia (1. August 1959): AAS 51 (1959), 545-579; Paul VI., Enzyklika Sacerdotalis coelibatus (24. Juni 1967): AAS 59 (1967), 657697; Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992), 29: AAS 84 (1992), 703705; Benedikt XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2006): L'Osservatore Romano (dt.) 37. Jg. (2007) Nr. 1, S. 6-8.</ref> bekräftige ich die Schönheit und die Bedeutung eines im Zölibat gelebten Priesterlebens als ausdrucksvolles Zeichen der völligen und ausschließlichen Hingabe an Christus, an die Kirche und an das Reich Gottes und bestätige folglich seinen obligatorischen Charakter für die lateinische Tradition. Der in Reife, Freude und Hingabe gelebte priesterliche Zölibat ist ein sehr großer Segen für die Kirche und für die Gesellschaft selbst.

Priestermangel und Berufungspastoral

25 Im Zusammenhang mit der Verbindung zwischen Weihe und Eucharistie ist die Synode näher auf die Verlegenheit eingegangen, in die einige Diözesen geraten, wenn es darum geht, sich mit dem Priestermangel auseinander zusetzen. Das geschieht nicht nur in einigen Gebieten der Erstevangelisierung, sondern auch in vielen Ländern mit langer christlicher Tradition. Sicher ist zur Lösung des Problems eine gerechtere Verteilung des Klerus hilfreich. Darum bedarf es einer Arbeit umfassender Sensibilisierung. Die Bischöfe sollten auf dem Gebiet des seelsorglichen Bedarfs die Institute gottgeweihten Lebens und die neuen kirchlichen Gruppierungen unter Berücksichtigung ihres je eigenen Charismas einbeziehen und alle Mitglieder des Klerus zu einer größeren Bereitschaft ermahnen, der Kirche dort zu dienen, wo es notwendig ist, auch wenn das Opfer verlangt.<ref>Vgl. Propositio 11.</ref> Außerdem wurde in der Synode über die pastoralen Maßnahmen diskutiert, die getroffen werden müssen, um vor allem bei den Jugendlichen die innere Offenheit gegenüber der Priesterberufung zu begünstigen. Diese Situation kann nicht durch bloße pragmatische Kunstgriffe gelöst werden. Es ist zu vermeiden, dass die Bischöfe unter dem Druck durchaus verständlicher funktionaler Sorgen aufgrund des Priestermangels keine angemessene Berufungsklärung vornehmen und Kandidaten, die nicht die für den priesterlichen Dienst notwendigen Eigenschaften besitzen, zur spezifischen Ausbildung und zur Weihe zulassen.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 6; Kodex des kanonischen Rechts, can. 241, §1 und can. 1029; Rechtskodex der Orstkirchen, can. 342, §1 und can. 758; Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992) 11.34.50: AAS 84 (1992), 673-675; 712-714; 746-748; Kongregation für den Klerus, Direktorium für Dienst und Leben der Priester Dives ecclesiae (31. März 1994), 58: LEV, 1994, S. 56-58; Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung zum Seminar und zu den heiligen Weihen (4. November 2005): AAS 97 (2005), 10071013.</ref> Ein mangelhaft ausgebildeter Klerus, der ohne die gebotene Prüfung zur Weihe zugelassen worden ist, wird kaum ein Zeugnis bieten können, das geeignet ist, in anderen den Wunsch zu wecken, dem Ruf Christi großherzig zu folgen. Die Berufungspastoral muss wirklich die ganze christliche Gemeinschaft in all ihren Bereichen einbeziehen.<ref>Vgl. Propositio 12; Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992) 41: AAS 84 (1992), 726-729.</ref> Natürlich schließt diese flächendeckende pastorale Arbeit auch die Sensibilisierung der Familien ein, die einer vermutlichen Priesterberufung oft gleichgültig, wenn nicht sogar ablehnend gegenüberstehen. Sie sollen sich großherzig dem Geschenk des Lebens öffnen und die Kinder zur Verfügbarkeit gegenüber dem Willen Gottes erziehen. In wenigen Worten: Es bedarf vor allem des Mutes, den Jugendlichen die Radikalität der Nachfolge Christi nahezubringen, indem man ihnen zeigt, welche Faszination darin liegt.

Dankbarkeit und Hoffnung

26 Schließlich ist es nötig, mit mehr Glauben und Hoffnung auf die Initiative Gottes zu vertrauen. Auch wenn in einigen Gebieten Priestermangel zu verzeichnen ist, sollte man niemals die Zuversicht verlieren, dass Christus weiterhin Männer erwecken wird, die alles andere hinter sich lassen und sich völlig der Feier der heiligen Mysterien, der Predigt des Evangeliums und dem pastoralen Dienst widmen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Dankbarkeit der ganzen Kirche gegenüber allen Bischöfen und Priestern zum Ausdruck bringen, die mit treuer Hingabe und voller Engagement ihre Sendung erfüllen. Natürlich geht der Dank der Kirche auch an die Diakone, welche die Handauflegung »nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung«<ref>Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 29.</ref> empfangen haben. Auf Empfehlung der Synodenversammlung richte ich einen speziellen Dank an die Fidei-donum-Priester, die im Dienst der Mission der Kirche mit Kompetenz und großherziger Hingabe die Gemeinde aufbauen, indem sie ihr das Wort Gottes verkünden und das Brot des Lebens brechen, ohne ihre Kräfte zu schonen.<ref>Vgl. Propositio 38.</ref> Man muss Gott danken für die vielen Priester, die Leiden bis zum Opfer des eigenen Lebens ertragen haben, um Christus zu dienen. An ihnen offenbart sich durch die Sprache der Tatsachen, was es bedeutet, ganz und gar Priester zu sein. Es handelt sich um erschütternde Zeugnisse, die viele junge Menschen anregen können, ihrerseits Christus nachzufolgen, ihr Leben für die anderen hinzugeben und gerade so das wahre Leben zu finden.

V. Eucharistie und Ehe

Die Eucharistie, ein bräutliches Sakrament

27 Die Eucharistie, das Sakrament der Liebe, steht in besonderer Beziehung zur Liebe zwischen Mann und Frau, die in der Ehe vereint sind. Diese Verbindung zu vertiefen, ist eine Notwendigkeit gerade unserer Zeit.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Familiaris consortio (22. November 1981), 57: AAS 74 (1982), 149-150.</ref> Papst Johannes Paul II. hatte mehrmals die Gelegenheit, den bräutlichen Charakter der Eucharistie und ihre besondere Beziehung zum Ehesakrament zu bekräftigen: »Die Eucharistie ist das Sakrament unserer Erlösung. Sie ist das Sakrament des Bräutigams und der Braut«.<ref>Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988), 26: AAS 80 (1988), 1715-1716.</ref> Im übrigen trägt »das ganze christliche Leben ... die Handschrift der bräutlichen Liebe Christi und der Kirche. Schon die Taufe, der Eintritt in das Volk Gottes, ist ein bräutliches Mysterium; sie ist sozusagen das ,Hochzeitsbad’, das dem Hochzeitsmahl, der Eucharistie, vorausgeht«.<ref>Katechismus der Katholischen Kirche, 1617.</ref> Die Eucharistie stärkt in unerschöpflicher Weise die unauflösliche Einheit und Liebe jeder christlichen Ehe. In ihr ist die eheliche Bindung kraft des Sakraments innerlich verknüpft mit der eucharistischen Einheit zwischen dem Bräutigam Christus und seiner Braut, der Kirche (vgl. Eph 5,31-32). Die gegenseitige Zustimmung, die Bräutigam und Braut in Christus einander geben und die ihre Lebens- und Liebesgemeinschaft gründet, hat ebenfalls eine eucharistische Dimension. Tatsächlich ist in der paulinischen Theologie die eheliche Liebe ein sakramentales Zeichen der Liebe Christi zu seiner Kirche - einer Liebe, die ihren Höhepunkt im Kreuz erreicht, das der Ausdruck seiner »Hochzeit« mit der Menschheit und zugleich der Ursprung und das Zentrum der Eucharistie ist. Darum tut die Kirche all denen, die ihre Familie auf das Sakrament der Ehe gegründet haben, eine besondere geistliche Nähe kund.<ref>Vgl. Propositio 8.</ref> Die Familie - eine Hauskirche<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 11.</ref> - ist ein vorrangiger Bereich des kirchlichen Lebens, speziell wegen der entscheidenden Rolle in bezug auf die christliche Erziehung der Kinder.<ref>Vgl. Propositio 8.</ref> In diesem Zusammenhang hat die Synode auch empfohlen, die einzigartige Aufgabe der Frau in der Familie und in der Gesellschaft anzuerkennen - eine Aufgabe, die verteidigt, bewahrt und gefördert werden muss.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988): AAS 80 (1988), 1653-1729; Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt (31. Mai 2004): AAS 96 (2004), 671-687.</ref> Ihr Dasein als Ehefrau und Mutter stellt eine unumgängliche Realität dar, die niemals abgewertet werden darf.

Eucharistie und Einzigkeit der Ehe

28 Gerade im Licht dieser inneren Beziehung von Ehe, Familie und Eucharistie kann man einige pastorale Probleme betrachten. Die treue, unauflösliche und ausschließliche Bindung, die Christus und die Kirche miteinander vereint und die ihren sakramentalen Ausdruck in der Eucharistie findet, entspricht einer ursprünglichen anthropologischen Gegebenheit, nach der der Mann sich definitiv an eine einzige Frau binden soll und umgekehrt (vgl. Gen 2,24; Mt 19,5). In diesem gedanklichen Zusammenhang hat sich die Synode auseinandergesetzt mit dem Thema der pastoralen Praxis gegenüber denjenigen, die aus Kulturen stammen, in denen die Polygamie praktiziert wird, und die dann der Verkündigung des Evangeliums begegnen. Solchen Personen muss, wenn sie sich dem christlichen Glauben öffnen, geholfen werden, ihr menschliches Vorhaben in die radikale Neuheit Christi zu integrieren. Während des Katechumenats holt Christus sie in ihrer spezifischen Lage ab und ruft sie im Hinblick auf die vollkommene kirchliche Gemeinschaft über den Weg der notwendigen Verzichte zur vollen Wahrheit der Liebe. Die Kirche begleitet sie mit einer liebevoll-milden und zugleich kompromisslosen Seelsorge,<ref>Vgl. Propositio 9.</ref> vor allem, indem sie ihnen zeigt, in welchem Licht die christlichen Mysterien die menschliche Natur und die menschlichen Gefühle erstrahlen lassen.

Eucharistie und Unauflöslichkeit der Ehe

29 Wenn die Eucharistie die Unwiderruflichkeit der Liebe Gottes in Christus zu seiner Kirche ausdrückt, wird verständlich, warum sie in Beziehung zum Sakrament der Ehe jene Unauflöslichkeit einschließt, nach der sich jede wahre Liebe unweigerlich sehnt.<ref>Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1640.</ref> Darum ist die pastorale Aufmerksamkeit mehr als gerechtfertigt, die die Synode den schmerzlichen Situationen gewidmet hat, in denen sich nicht wenige Gläubige befinden, die sich nach einer sakramentalen Trauung haben scheiden lassen und eine neue Verbindung eingegangen sind. Es handelt sich um ein dornenreiches und kompliziertes pastorales Problem, eine wahre Plage des heutigen sozialen Umfelds, die in zunehmendem Maße auch auf katholische Kreise übergreift. Die Hirten sind aus Liebe zur Wahrheit verpflichtet, die verschiedenen Situationen genau zu unterscheiden, um den betroffenen Gläubigen in angemessener Weise geistlich zu helfen.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Familiaris consortio (22. November 1981), 84: AAS 74 (1982), 184-186; Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen Annus Internationalis familiae (14. September 1994): AAS 86 (1994), 974-979.</ref> Die Bischofssynode hat die auf die Heilige Schrift (vgl. Mk 10,2-12) gegründete Praxis der Kirche, wiederverheiratete Geschiedene nicht zu den Sakramenten zuzulassen, bestätigt, weil ihr Status und ihre Lebenslage objektiv jener Liebesvereinigung zwischen Christus und seiner Kirche widersprechen, die in der Eucharistie bedeutet und verwirklicht wird. Die wiederverheirateten Geschiedenen gehören jedoch trotz ihrer Situation weiter zur Kirche, die ihnen mit spezieller Aufmerksamkeit nachgeht, in dem Wunsch, dass sie so weit als möglich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an der heiligen Messe, wenn auch ohne Kommunionempfang, das Hören des Wortes Gottes, die eucharistische Anbetung, das Gebet, die Teilnahme am Gemeindeleben, das vertrauensvolle Gespräch mit einem Priester oder einem geistlichen Führer, hingebungsvoll geübte Nächstenliebe, Werke der Buße und den Einsatz in der Erziehung der Kinder.

Wo berechtigte Zweifel an der Gültigkeit der sakramental geschlossenen Ehe aufkommen, muss das Notwendige unternommen werden, um deren Fundierung zu überprüfen. Sodann ist es nötig, unter voller Beachtung des kanonischen Rechts<ref>Vgl. Päpstlicher Rat für die Interpretation von Gesetzestexten, Instruktion, die von den diözesanen und interdiözesanen Gerichten bei Ehenichtigkeitsverfahren zu beachten ist Dignitatis connubii (25. Januar 2005), Vatikanstadt 2005.</ref> das Vorhandensein kirchlicher Gerichte im jeweiligen Gebiet sowie ihren pastoralen Charakter und ihr korrektes und schnelles Handeln sicherzustellen.<ref>Vgl. Propositio 40.</ref> Für eine zügige Arbeitsweise der kirchlichen Gerichte bedarf es in jeder Diözese einer ausreichenden Anzahl entsprechend ausgebildeter Personen. Ich erinnere daran, dass es »eine dringende Pflicht ist, den Gläubigen das institutionelle Wirken der Kirche in den Gerichten immer näher zu bringen«.<ref>Benedikt XVI., Ansprache an die Mitglieder der Römischen Rota zur feierlichen Eröffnung des Gerichtsjahres (28. Januar 2006): AAS 98 (2006), 138.</ref> Es ist jedoch unbedingt zu vermeiden, dass die pastorale Sorge als Gegenposition zum Recht missdeutet wird. Man sollte vielmehr von der Voraussetzung ausgehen, dass der grundlegende Berührungspunkt zwischen Recht und Pastoral die Liebe zur Wahrheit ist: Diese ist nämlich niemals abstrakt, sondern »fügt sich in den menschlichen und christlichen Weg jedes Gläubigen ein«.<ref>Vgl. Propositio 40.</ref> Wo schließlich die Ehenichtigkeit nicht anerkannt wird und objektive Bedingungen gegeben sind, die das Zusammenleben tatsächlich irreversibel machen, ermutigt die Kirche jene Gläubigen, ihre Beziehung entsprechend den Anforderungen des Gesetzes Gottes als Freunde, wie Bruder und Schwester, zu leben; so können sie - unter Berücksichtigung der bewährten kirchlichen Praxis - wieder am eucharistischen Mahl teilnehmen. Damit ein solcher Weg möglich ist und fruchtbar wird, muss er durch die Hilfe der Seelsorger und durch geeignete kirchliche Initiativen unterstützt werden, wobei in jedem Fall zu vermeiden ist, diese Verbindungen zu segnen, damit unter den Gläubigen keine Verwirrungen in bezug auf den Wert der Ehe aufkommen.<ref>Vgl. Ebd.</ref>

Angesichts der Vielschichtigkeit des kulturellen Umfelds, in der die Kirche in vielen Ländern lebt, hat die Synode zudem empfohlen, in der Vorbereitung der Brautleute und in der vorausgehenden Prüfung ihrer Ansichten über die für die Gültigkeit des Ehesakraments unverzichtbaren Verpflichtungen größte pastorale Sorgfalt walten zu lassen. Durch eine ernsthafte Klärung in diesem Punkt kann vermieden werden, dass emotive Impulse oder oberflächliche Gründe die beiden jungen Leute dazu führen, Verantwortungen zu übernehmen, denen sie dann nicht gerecht werden können.<ref>Vgl. Ebd.</ref> Das Gute, das die Kirche und die ganze Gesellschaft von der Ehe und der auf sie gegründeten Familie erwarten, ist zu groß, um sich in diesem spezifischen pastoralen Bereich nicht bis zum Grunde einzusetzen. Ehe und Familie sind Einrichtungen, die gefördert und gegen jegliches Missverständnis bezüglich ihrer Grundwahrheit verteidigt werden müssen, denn jeder Schaden, der ihnen zugefügt wird, ist in der Tat eine Verletzung, die dem menschlichen Zusammenleben als solchem beigebracht wird.

Eucharistie und Eschatologie

Eucharistie: Geschenk an den Menschen unterwegs

30 Wenn es wahr ist, dass die Sakramente eine Wirklichkeit sind, die der in der Zeit pilgernden Kirche zugehört,<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 48.</ref> welche der vollen Offenbarung des Sieges des auferstandenen Christus entgegengeht, so ist es jedoch ebenso wahr, dass uns - speziell in der eucharistischen Liturgie - ein Vorgeschmack der eschatologischen Erfüllung gewährt wird, zu der jeder Mensch und die ganze Schöpfung unterwegs ist (vgl. Röm 8,19ff). Der Mensch ist für die wirkliche und ewige Glückseligkeit geschaffen, die allein die Liebe Gottes geben kann. Aber unsere angeschlagene Freiheit würde sich verlieren, wenn es nicht möglich wäre, schon jetzt etwas von der zukünftigen Vollendung zu erfahren. Im übrigen muss jeder Mensch, um in die rechte Richtung gehen zu können, auf das Endziel hin ausgerichtet werden. Diese letzte Bestimmung ist in Wirklichkeit Christus, der Herr, selbst, der Sieger über Sünde und Tod, der für uns in besonderer Weise gegenwärtig wird in der Eucharistiefeier. So haben wir, obwohl noch »Fremde und Gäste in dieser Welt« (1 Petr 2,11), im Glauben bereits Anteil an der Fülle des auferstandenen Lebens. Indem das eucharistische Mahl seine stark eschatologische Dimension offenbart, kommt es unserer Freiheit, die noch auf dem Wege ist, zu Hilfe.

Das eschatologische Mahl

31 Wenn wir über dieses Geheimnis nachdenken, können wir sagen, dass Jesus sich mit seinem Kommen in Beziehung zu der Erwartung gesetzt hat, die im Volk Israel, in der gesamten Menschheit und im Grunde sogar in der Schöpfung zugegen ist. Mit seiner Selbsthingabe hat er objektiv das eschatologische Zeitalter eröffnet. Christus ist gekommen, um das zerstreute Gottesvolk zusammenzurufen (vgl. Joh 11,52), und hat seine Absicht deutlich gemacht, die Gemeinde des Bundes zu versammeln, um die Verheißungen Gottes an die Väter zu erfüllen (vgl. Jer 23,3; 31,10; Lk 1,55.70). In der Berufung der Zwölf - eine Bezugnahme auf die zwölf Stämme Israels - und in der ihnen beim Letzten Abendmahl vor seinem erlösenden Leiden anvertrauten Aufgabe, sein Gedächtnis zu feiern, hat Jesus gezeigt, dass er den Auftrag, in der Geschichte Zeichen und Werkzeug der in ihm begonnenen eschatologischen Versammlung zu sein, auf die ganze von ihm gegründete Gemeinde übertragen wollte. Darum verwirklicht sich auf sakramentale Weise in jeder Eucharistiefeier die eschatologische Zusammenkunft des Gottesvolkes. Das eucharistische Mahl ist für uns eine reale Vorwegnahme des endgültigen Festmahles, das von den Propheten angekündigt (vgl. Jes 25,6-9) und im Neuen Testament als »Hochzeitsmahl des Lammes« (vgl. Offb 19,7-9) beschrieben wird; es soll in der Freude der Gemeinschaft der Heiligen gefeiert werden.<ref>Vgl. Propositio 3.</ref>

Das Gebet für die Verstorbenen

32 Die Eucharistiefeier, in der wir den Tod des Herrn verkünden, seine Auferstehung preisen und auf seine Wiederkunft warten, ist ein Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit, in der auch unser Leib verherrlicht sein wird. Indem wir das Gedächtnis unseres Heiles feiern, stärkt sich in uns die Hoffnung auf die Auferstehung des Fleisches und auf die Möglichkeit, denjenigen wieder von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, die uns im Zeichen des Glaubens vorangegangen sind. Aus dieser Sicht möchte ich gemeinsam mit den Synodenvätern alle Gläubigen an die Wichtigkeit des Fürbittgebetes - insbesondere der Messfeiern - für die Verstorbenen erinnern, damit sie geläutert zur seligen Schau Gottes gelangen können.<ref>Ich möchte hier an die Worte voller Hoffnung und Trost erinnern, die wir im Zweiten Eucharistischen Hochgebet finden: »Gedenke unserer Brüder und Schwestern, die entschlafen sind in der Hoffnung, dass sie auferstehen. Nimm sie und alle, die in deiner Gnade aus dieser Welt geschieden sind, in dein Reich auf, wo sie dich schauen von Angesicht zu Angesicht.«</ref> Wenn wir die eschatologische Dimension wiederentdecken, die der gefeierten und angebeteten Eucharistie innewohnt, werden wir unterstützt auf unserem Weg und getröstet in der Hoffnung auf die Herrlichkeit (vgl. Röm 5,2; Tit 2,13).

Die Eucharistie und die Jungfrau Maria

33 Aus der Beziehung zwischen der Eucharistie und den einzelnen Sakramenten und aus der eschatologischen Bedeutung der Mysterien geht das Profil der christlichen Existenz in seiner Ganzheit hervor - einer Existenz, die berufen ist, in jedem Augenblick Gottesdienst zu sein, ein Gott wohlgefälliges Opfer der Selbsthingabe. Und wenn wir auch alle noch unterwegs sind zur ganzen Erfüllung unserer Hoffnung, heißt das nicht, dass wir nicht schon jetzt dankbar anerkennen können, dass alles, was Gott uns geschenkt hat, in der Jungfrau Maria, der Mutter Gottes und unserer Mutter, seine vollkommene Verwirklichung gefunden hat: Ihre Aufnahme in den Himmel mit Leib und Seele ist für uns ein Zeichen sicherer Hoffnung, insofern es uns Pilgern in der Zeit jenes eschatologische Ziel anzeigt, von dem uns das Sakrament der Eucharistie schon jetzt einen Vorgeschmack gibt.

In der heiligen Jungfrau sehen wir auch die sakramentale Weise, mit der Gott das Geschöpf Mensch erreicht und in seine Heilsinitiative einbezieht, gänzlich erfüllt. Von der Verkündigung bis zum Pfingstereignis erscheint Maria von Nazaret als die Person, deren Freiheit sich ganz und gar dem Willen Gottes anpasst. Ihre unbefleckte Empfängnis offenbart sich im eigentlichen Sinn in der unbedingten Verfügbarkeit gegenüber dem göttlichen Wort. In jedem Augenblick ist ihr Leben geprägt von einem gehorsamen Glauben angesichts des Handelns Gottes. Als die hörende Jungfrau lebt sie in vollkommenem Einklang mit dem göttlichen Willen; die Worte, die ihr von Gott zukommen, bewahrt sie in ihrem Herzen, und indem sie sie wie zu einem Mosaik zusammensetzt, lernt sie sie tiefer verstehen (vgl. Lk 2,19.51); Maria ist die große Glaubende, die sich vertrauensvoll in die Hände Gottes gibt und sich seinem Willen überlässt.<ref>Vgl. Benedikt XVI., Homilie (8. Dezember 2005): AAS 98 (2006), 15-16.</ref> Dieses Geheimnis verdichtet sich bis zur vollen Einbeziehung in den Erlösungsauftrag Jesu. Wie das Zweite Vatikanische Konzil erklärt hat, ging »die selige Jungfrau Maria den Pilgerweg des Glaubens. Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz, wo sie nicht ohne göttliche Absicht stand (vgl. Joh 19,25), heftig mit ihrem Eingeborenen litt und sich mit seinem Opfer in mütterlichem Geist verband, indem sie der Opferung dessen, den sie geboren hatte, liebevoll zustimmte. Und schließlich wurde sie von Christus Jesus selbst, als er am Kreuz starb, dem Jünger zur Mutter gegeben mit den Worten: Frau, siehe da dein Sohn«.<ref>Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, 58.</ref> Von der Verkündigung bis zum Kreuz ist Maria diejenige, die das Wort aufnimmt - das Wort, das in ihr Fleisch annimmt und am Ende verstummt im Schweigen des Todes. Sie ist es schließlich, die in ihre Arme den bereits leblosen hingegebenen Leib dessen aufnimmt, der die Seinen wirklich »bis zu Vollendung« (Joh 13,1) geliebt hat.

Darum wenden wir uns jedes Mal, wenn wir in der Eucharistiefeier den Leib und das Blut Christi empfangen, auch an sie, die in voller Zustimmung das Opfer Christi für die ganze Kirche angenommen hat. Zu Recht haben die Synodenväter bekräftigt, dass »Maria die Teilnahme der Kirche am Opfer des Erlösers eröffnet«.<ref>Propositio 4.</ref> Sie ist die Unbefleckte, die die Gabe Gottes bedingungslos annimmt und auf diese Weise am Heilswerk beteiligt wird. Maria von Nazaret, die Ikone der entstehenden Kirche, ist das Vorbild dafür, wie jeder von uns das Geschenk empfangen soll, zu dem Jesus in der Eucharistie sich selbst macht.

ZWEITER TEIL: EUCHARISTIE, EIN GEHEIMNIS, DAS MAN FEIERT

»Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel« (Joh 6,32)

Lex orandi und lex credendi

34 Die Bischofssynode hat viel über die innere Beziehung zwischen eucharistischem Glauben und liturgischer Feier nachgedacht. Sie hat dabei die Verknüpfung von lex orandi und lex credendi hervorgehoben und den Vorrang der liturgischen Handlung betont. Man muss die Eucharistie als authentisch gefeiertes Glaubensgeheimnis erleben, in dem klaren Bewusstsein, dass »der intellectus fidei immer ursprünglich in Beziehung steht zur liturgischen Handlung der Kirche«.<ref>Relatio post disceptationem, 4: L'Osservatore Romano (14. Oktober 2005), S. 5.</ref> In diesem Bereich kann die theologische Reflexion niemals von der sakramentalen Ordnung absehen, die von Christus selbst eingesetzt ist. Andererseits kann die liturgische Handlung niemals allgemein betrachtet werden, unabhängig vom Glaubensgeheimnis. Die Quelle unseres Glaubens und der eucharistischen Liturgie ist ja ein und dasselbe Ereignis: die Selbsthingabe Christi im Pascha-Mysterium.

Schönheit und Liturgie

35 Die Beziehung zwischen geglaubtem und gefeiertem Mysterium zeigt sich in besonderer Weise im theologischen und liturgischen Wert der Schönheit. Die Liturgie hat nämlich, wie übrigens auch die christliche Offenbarung, eine innere Verbindung zur Schönheit: Sie ist veritatis splendor. In der Liturgie leuchtet das Pascha-Mysterium auf, durch das Christus selbst uns zu sich hinzieht und uns zur Gemeinschaft ruft. In Jesus betrachten wir - wie der hl. Bonaventura zu sagen pflegte - die Schönheit und den Glanz des Ursprungs.<ref>Vgl. Serm. 1,7; 11,10; 22,7; 29,76: Sermones dominicales ad fidem codicum nunc denuo editi, Grottaferrata 1977, S. 135, 209f, 292f, 337; Benedikt XVI., Botschaft an die kirchlichen Bewegungen und an die neuen Gemeinschaften (22. Mai 2006): AAS 98 (2006), 463.</ref> Dieses Merkmal, auf das wir uns berufen, ist nicht nur bloßer Ästhetizismus, sondern eine Art und Weise, wie die Wahrheit der Liebe Gottes in Christus uns erreicht, uns fasziniert, uns begeistert und so bewirkt, dass wir aus uns herausgehen und zu unserer wahren Berufung hingezogen werden: zur Liebe.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Past. Konst. über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 22.</ref> Schon in der Schöpfung lässt Gott sich erahnen in der Schönheit und der Harmonie des Kosmos (vgl. Weish 13,5; Röm 1,19-20). Im Alten Testament finden wir dann eingehende Zeichen des Glanzes der Macht Gottes, der sich mit seiner Herrlichkeit durch die Wunder offenbart, die er im erwählten Volk geschehen lässt (vgl. Ex 14; 16,10; 24,12-18; Num 14,20-23). Im Neuen Testament findet diese Epiphanie der Schönheit ihre endgültige Erfüllung in der Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus:<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 2.4.</ref> Er ist die vollständige Offenbarung der göttlichen Herrlichkeit. In der Verherrlichung des Sohnes leuchtet die Herrlichkeit des Vaters auf und überträgt sich (vgl. Joh 1,14; 8,54; 12,28; 17,1). Diese Schönheit ist jedoch nicht eine bloße Harmonie der Formen; »der Schönste von allen Menschen« (Ps 45 [44],3) ist Geheimnisvollerweise auch derjenige, der »keine schöne und edle Gestalt« hatte, »so dass wir ihn anschauen mochten« (Jes 53,2). Jesus Christus zeigt uns, wie die Wahrheit der Liebe auch das dunkle Geheimnis des Todes in das strahlende Licht der Auferstehung zu verklären vermag. Hier überragt der Glanz der Herrlichkeit Gottes jede innerweltliche Schönheit. Die wahre Schönheit ist die Liebe Gottes, die sich uns endgültig im Pascha-Mysterium offenbart hat.

Die Schönheit der Liturgie ist Teil dieses Geheimnisses; sie ist höchster Ausdruck der Herrlichkeit Gottes und stellt in gewissem Sinne ein Sich-Herunterbeugen des Himmels auf die Erde dar. Die Gedenkfeier des Erlösungsopfers trägt die Züge jener Schönheit Jesu in sich, die Petrus, Jakobus und Johannes uns bezeugt haben, als der Meister sich auf dem Weg nach Jerusalem vor ihnen verklärte (vgl. Mk 9,2). Die Schönheit ist demnach nicht ein dekorativer Faktor der liturgischen Handlung; sie ist vielmehr ein für sie konstitutives Element, insofern sie eine Eigenschaft Gottes selbst und seiner Offenbarung ist. All das muss uns bewusst machen, mit welcher Sorgfalt darauf zu achten ist, dass die liturgische Handlung ihrem Wesen gemäß erstrahlt.

Die Eucharistiefeier, ein Werk des «Christus totus»

Christus totus in capite et in corpore

36 Das eigentliche Subjekt der inneren Schönheit der Liturgie ist der auferstandene und im Heiligen Geist verherrlichte Christus, der die Kirche in sein Handeln einschließt.<ref>Vgl. Propositio 33.</ref> In diesem Zusammenhang ist es recht eindrucksvoll, sich die Worte des hl. Augustinus ins Gedächtnis zu rufen, die in wirkungsvoller Weise diese der Eucharistie eigene Dynamik des Glaubens beschreiben. Der große Heilige von Hippo hebt gerade in bezug auf das eucharistische Mysterium hervor, wie Christus selbst uns in sich aufnimmt: »Das Brot, das ihr auf dem Altar seht, ist, geheiligt durch das Wort Gottes, der Leib Christi. Der Kelch, oder besser: das, was der Kelch enthält, ist, geheiligt durch das Wort Gottes, Blut Christi. Mit diesen [Zeichen] wollte Christus, der Herr, uns seinen Leib anvertrauen und sein Blut, das er für uns zur Vergebung der Sünden vergossen hat. Wenn ihr beides in rechter Weise empfangen habt, seid ihr selber das, was ihr empfangen habt«.<ref>Sermo 227,1: PL 38, 1099.</ref> Darum »sind wir nicht nur Christen geworden, sondern wir sind Christus selbst geworden«.<ref>Augustinus, In Iohannis Evangelium Tractatus, 21,8: PL 35, 1568.</ref> Von hier aus können wir das geheimnisvolle Handeln Gottes betrachten, das zur tiefen Einheit zwischen uns und Jesus, dem Herrn, führt: »Man muss nämlich nicht glauben, Christus sei im Haupt, ohne auch im Leib zu sein: Er ist ganz und gar im Haupt und im Leib«.<ref>Ebd., 28,1: PL 35, 1622.</ref>

Eucharistie und der auferstandene Christus

37 Da die eucharistische Liturgie wesentlich actio Dei ist, die uns durch den Heiligen Geist in Jesus hineinzieht, steht ihr Fundament nicht unserer Willkür zur Verfügung und darf nicht die Erpressung durch Modeströmungen des jeweiligen Augenblicks erfahren. Auch hier gilt die unumstößliche Aussage des hl. Paulus: »Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus« (1 Kor 3,11). Und wiederum ist es der Völkerapostel, der uns in Bezug auf die Eucharistie versichert, er überliefere uns nicht eine von ihm selbst entwickelte Lehre, sondern das, was er seinerseits empfangen habe (vgl. 1 Kor 11,23). Die Feier der Eucharistie schließt nämlich die lebendige Überlieferung ein. Die Kirche feiert das eucharistische Opfer im Gehorsam gegenüber dem Auftrag Christi, ausgehend von der Erfahrung des Auferstandenen und der Ausgießung des Heiligen Geistes. Aus diesem Grund versammelt sich die christliche Gemeinde zur fractio panis von Anfang an am Tag des Herrn. Der Tag, an dem Christus von den Toten auferstanden ist, der Sonntag, ist auch der erste Tag der Woche, derjenige, in dem die alttestamentliche Überlieferung den Beginn der Schöpfung sah. Der Tag der Schöpfung ist nun der Tag der »neuen Schöpfung« geworden, der Tag unserer Befreiung, an dem wir des gestorbenen und auferstandenen Christus gedenken.<ref>Vgl. Propositio 30. Auch die heilige Messe, die die Kirche während der Woche feiert und die Gläubigen zur Teilnahme einlädt, findet ihre eigentliche Form im Tag des Herrn, im Tag der Auferstehung Christi: Propositio 43.</ref>

Ars celebrandi

38 Während der Synodenarbeit ist mehrfach nachdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, jede mögliche Trennung zwischen der ars celebrandi, d. h. der Kunst des rechten Zelebrierens, und der vollen, aktiven und fruchtbaren Teilnahme aller Gläubigen zu überwinden. Tatsächlich ist die geeignetste Methode, die Teilnahme des Gottesvolkes am sakralen Ritus zu begünstigen, den Ritus selbst in angemessener Weise zu feiern. Die ars celebrandi ist die beste Bedingung für die actuosa participatio.<ref>Vgl. Propositio 2.</ref> Die ars celebrandi entspringt aus dem treuen Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen in ihrer Vollständigkeit, denn gerade diese Art zu zelebrieren ist es, die seit zweitausend Jahren das Glaubensleben aller Gläubigen sicherstellt, die dazu berufen sind, die Zelebration als Gottesvolk, als königliches Priestertum, als heiliger Stamm zu erleben (vgl. 1 Petr 2,4-5.9).<ref>Vgl. Propositio 25.</ref>

Der Bischof, Liturge schlechthin

39 Auch wenn das ganze Gottesvolk an der eucharistischen Liturgie teilnimmt, kommt jedoch in bezug auf die rechte ars celebrandi denen, die das Sakrament der Weihe empfangen haben, eine unumgängliche Aufgabe zu. Bischöfe, Priester und Diakone müssen - jeder seinem Grad entsprechend - die Zelebration als ihre Hauptpflicht betrachten.<ref>Vgl. Propositio 19. Die Propositio 25 sagt dazu genauer: »Eine authentische liturgische Handlung drückt die Heiligkeit des eucharistischen Mysteriums aus. Diese müsste in den Worten und in den Handlungen des zelebrierenden Priesters durchscheinen, während er sowohl mit den Gläubigen als auch für sie bei Gott Vater Fürbitte leistet.</ref> Das betrifft vor allem den Diözesanbischof: Er ist nämlich »der erste Spender der Geheimnisse Gottes in der ihm anvertrauten Teilkirche, ist der Leiter, Förderer und Hüter des gesamten liturgischen Lebens«.<ref>Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, 22; Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 41; Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Instruktion Redemptionis sacramentum (25. März 2004), 19-25: AAS 96 (2004), 555-557.</ref> All das ist für das Leben der Teilkirche entscheidend, nicht nur, weil die Gemeinschaft mit dem Bischof die Bedingung für die Gültigkeit jeder Zelebration auf seinem Gebiet ist, sondern auch, weil er selbst der Liturge seiner Kirche schlechthin ist.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die Hirtenaufgabe in der Kirche Christus dominus, 14; Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 41.</ref> Ihm obliegt es, die harmonische Einheit der Zelebrationen in seiner Diözese zu bewahren. Darum ist es »seine Sache, darauf zu achten, dass die Priester, die Diakone und die christgläubigen Laien den eigentlichen Sinn der liturgischen Riten und Texte immer tiefer verstehen und so zur tätigen und fruchtbaren Feier der Eucharistie geführt werden«.<ref>Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, 22.</ref> Im besonderen ermahne ich, das Nötige zu tun, damit die vom Bischof abgehaltenen liturgischen Feiern in der Kathedral-Kirche in voller Beachtung der ars celebrandi geschehen, so dass sie als Vorbild für alle über das Gebiet verstreuten Kirchen betrachtet werden können.<ref>Vgl. Ebd.</ref>

Die Beachtung der liturgischen Bücher und des Reichtums der Zeichen

40 Mit der Betonung der Wichtigkeit der ars celebrandi wird folglich auch die Bedeutung der liturgischen Vorschriften deutlich.<ref>Vgl. Propositio 25.</ref> Die ars celebrandi muss das Gespür für das Heilige fördern und sich äußerer Formen bedienen, die zu diesem Gespür erziehen, zum Beispiel der Harmonie des Ritus, der liturgischen Gewänder, der Ausstattung und des heiligen Ortes. Dort, wo die Priester und die für die liturgische Pastoral Verantwortlichen sich bemühen, die gültigen liturgischen Bücher und die entsprechenden Vorschriften bekannt zu machen und den großen Reichtum der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch und der Leseordnung für die Feier der heiligen Messe hervorheben, gereicht das der Eucharistiefeier sehr zum Vorteil. In den kirchlichen Gemeinschaften setzt man deren Kenntnis und rechte Wertschätzung wahrscheinlich voraus, doch oft zu Unrecht. In Wirklichkeit sind es Texte, welche Schätze enthalten, die den Glauben und den Weg des Gottesvolkes in den zweitausend Jahren seiner Geschichte bewahren und darstellen. Ebenso wichtig für eine rechte ars celebrandi ist die Beachtung aller von der Liturgie vorgesehenen Ausdrucksformen: Wort und Gesang, Gesten und Schweigen, Körperbewegung, liturgische Farben der Paramente. Die Liturgie besitzt tatsächlich von Natur aus eine Vielfalt von Registern zur Mitteilung, die es ihr ermöglichen, die Einbeziehung des ganzen Menschen anzustreben. Die Einfachheit der Gesten und die Nüchternheit der in der vorgesehenen Reihenfolge und im gegebenen Moment gesetzten Zeichen vermitteln mehr und beteiligen stärker als die Künstlichkeit unangebrachter Hinzufügungen. Achtung und Folgsamkeit gegenüber der Eigenstruktur des Ritus drücken die Anerkennung des Geschenk-Charakters der Eucharistie aus und offenbaren zugleich den Willen des Priesters, in Demut und Dankbarkeit die unbeschreibliche Gabe anzunehmen.

Kunst im Dienst der Zelebration

41 Die tiefe Verbindung von Schönheit und Liturgie muss uns zu einer aufmerksamen Betrachtung aller in den Dienst der Zelebration gestellten künstlerischen Ausdrucksmittel anregen.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium 112-130.</ref> Eine wichtige Komponente sakraler Kunst ist natürlich die Architektur der Kirchen,<ref>Vgl. Propositio 27.</ref> in denen die Einheit der besonderen Elemente des Presbyteriums - Altar, Kruzifix, Tabernakel, Ambo und Sitz - hervortreten muss. In diesem Zusammenhang muss man berücksichtigen, dass der Zweck der sakralen Architektur darin besteht, der Kirche, welche die Glaubensgeheimnisse - und speziell die Eucharistie - feiert, den am besten geeigneten Raum für den angemessenen Ablauf ihrer liturgischen Handlung zu bieten.<ref>Vgl. Ebd.</ref> Das Wesen des christlichen Gotteshauses ist nämlich durch die liturgische Handlung selbst definiert, die das Sich-Versammeln der Gläubigen (ecclesia) einschließt, welche die lebendigen Steine des Tempels sind (vgl. 1 Petr 2,5).

Das gleiche Prinzip gilt allgemein für alle sakrale Kunst, besonders für Malerei und Bildhauerei, in denen die religiöse Ikonographie sich an der sakramentalen Mystagogie orientieren muss. Eine vertiefte Kenntnis der Formen, welche die sakrale Kunst im Laufe der Jahrhunderte hervorgebracht hat, kann denen sehr hilfreich sein, die gegenüber Architekten und Künstlern die Verantwortung der Auftragsvergabe für Kunstwerke haben, die mit der liturgischen Handlung verbunden sind. Darum ist es unverzichtbar, dass zur Ausbildung der Seminaristen und der Priester als wichtige Disziplin die Kunstgeschichte gehört, mit einem besonderen Verweis auf die kultischen Bauten im Licht der liturgischen Vorschriften. Kurzum, es ist notwendig, dass in allem, was die Eucharistie betrifft, guter Geschmack für das Schöne herrsche. Achtung und Sorgfalt müssen auch den Paramenten, den Kirchengeräten und den heiligen Gefäßen gelten, damit sie, organisch miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt, das Staunen angesichts des Mysteriums Gottes lebendig halten, die Einheit des Glaubens verdeutlichen und die Frömmigkeit stärken.<ref>Für alles, was diese Aspekte betrifft, sollte man sich treu an die Hinweise in der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch halten, 319-351.</ref>

Der liturgische Gesang

42 Einen bedeutenden Platz in der ars celebrandi nimmt der liturgische Gesang ein.<ref>Vgl. Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, 39-41; Zweites Vatikanisches Konzil, Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 112-118.</ref> Zu Recht bekräftigt der hl. Augustinus in einer seiner berühmten Reden: »Der neue Mensch weiß, welches das neue Lied ist. Das Singen ist Ausdruck der Freude und - wenn wir ein wenig aufmerksamer darüber nachdenken - ist Ausdruck der Liebe«.<ref>Sermo 34,1: PL 38, 210.</ref> Das zur Feier versammelte Gottesvolk singt das Lob Gottes. Die Kirche hat in ihrer zweitausendjährigen Geschichte Instrumental- und Vokalmusik geschaffen - und schafft sie immer noch -, die ein Erbe an Glauben und Liebe darstellt, das nicht verloren gehen darf. In der Liturgie können wir wahrlich nicht sagen, dass alle Gesänge gleich gut sind. In diesem Zusammenhang muss die oberflächliche Improvisation oder die Einführung musikalischer Gattungen vermieden werden, die den Sinn der Liturgie nicht berücksichtigen. In seiner Eigenschaft als liturgisches Element hat sich der Gesang in die besondere Form der Zelebration einzufügen.<ref>Vgl. Propositio 25: »Wie alle künstlerischen Ausdrucksmittel, muss auch der Gesang zutiefst mit der Liturgie in Einklang gebracht werden, wirksam ihren Zweck verfolgen, das heißt er muss den Glauben, das Gebet, das Staunen und die Liebe zum in der Eucharistie gegenwärtigen Jesus ausdrücken.«</ref> Folglich muss alles - im Text, in der Melodie und in der Ausführung - dem Sinn des gefeierten Mysteriums, den Teilen des Ritus und den liturgischen Zeiten entsprechen.<ref>Vgl. Propositio 29.</ref> Schließlich möchte ich, obwohl ich die verschiedenen Orientierungen und die sehr lobenswerten unterschiedlichen Traditionen berücksichtige, dass entsprechend der Bitte der Synodenväter der gregorianische Choral angemessen zur Geltung gebracht wird,<ref>Vgl. Propositio 36.</ref> da dies der eigentliche Gesang der römischen Liturgie ist.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 116; Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, 41.</ref>

[Fortsetzung folgt]

Anmerkungen

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