Sacramentum caritatis (Wortlaut)

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Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum caritatis

unseres Heiligen Vaters
Benedikt XVI.
An die Bischöfe, den Klerus, die Personen gottgeweihten Lebens und die christgläubigen Laien
über die Eucharistie - Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche
22. Februar 2007

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


EINFÜHRUNG

1 Sakrament der Liebe:<ref> Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae III, q. 73, a. 3.</ref> Die Heilige Eucharistie ist das Geschenk der Selbsthingabe Jesu Christi, mit dem er uns die unendliche Liebe Gottes zu jedem Menschen offenbart. In diesem wunderbaren Sakrament zeigt sich die »größte« Liebe, die dazu drängt, »das eigene Leben für die Freunde hinzugeben« (vgl. Joh 15,13). Ja, Jesus liebte die Seinen »bis zur Vollendung« (Joh 13,1). Mit dieser Formulierung führt der Evangelist auf die Geste unendlicher Demut hin, die Jesus vollbracht hat: Bevor er am Kreuz für uns starb, wusch er, umgürtet mit einem Leintuch, seinen Jüngern die Füße. In gleicher Weise liebt Jesus uns im eucharistischen Sakrament immer noch »bis zur Vollendung«, bis zur Hingabe seines Leibes und seines Blutes. Welch ein Staunen muss die Herzen der Apostel ergriffen haben angesichts der Gesten und Worte des Herrn während jenes Abendmahles! Welch eine Verwunderung muss das eucharistische Geheimnis auch in unserem Herzen auslösen!

Die Speise der Wahrheit

2 Im Altarssakrament kommt der Herr dem als Abbild Gottes (vgl. Gen 1,27) geschaffenen Menschen entgegen und wird sein Weggefährte. In diesem Sakrament macht sich der Herr nämlich zur Speise für den Menschen, der nach Wahrheit und Freiheit hungert. Da allein die Wahrheit uns wirklich frei machen kann (vgl. Joh 8,36), macht sich Christus für uns zur Speise der Wahrheit. In scharfsinniger Kenntnis der menschlichen Wirklichkeit hat der hl. Augustinus verdeutlicht, wie der Mensch sich freiwillig, und nicht unter Zwang, regt, wenn er auf etwas bezogen ist, das ihn anzieht und in ihm ein Verlangen erweckt. Als der heilige Bischof sich dann fragt, was den Menschen wohl letztlich im Innersten bewegen könne, ruft er aus: »Wonach verlangt die Seele denn brennender als nach der Wahrheit?«<ref>Augustinus, In Iohannis Evangelium Tractatus, 26.5: PL 35, 1609.</ref> Tatsächlich trägt jeder Mensch das unstillbare Verlangen nach der letzten und endgültigen Wahrheit in sich. Darum wendet sich Jesus, der Herr, »der Weg, die Wahrheit und das Leben« (Joh 14,6) dem schmachtenden Herzen des Menschen zu, der sich als dürstender Pilger fühlt, dem Herzen, das sich nach der Quelle des Lebens sehnt, dem Herzen, das um die Wahrheit ringt. Jesus Christus ist ja die Person gewordene Wahrheit, die die Welt an sich zieht. »Jesus ist der Polarstern der menschlichen Freiheit; ohne ihn verliert sie ihre Ausrichtung, denn ohne die Erkenntnis der Wahrheit entartet die Freiheit, sie isoliert sich und wird zu steriler Willkür. Mit Jesus findet sich die Wahrheit wieder«.<ref>Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre (10. Februar 2006): AAS 98 (2006), 255.</ref> Im Sakrament der Eucharistie zeigt Jesus uns im besonderen die Wahrheit der Liebe, die das Wesen Gottes selbst ist. Diese im Evangelium begründete Wahrheit geht jeden Menschen und den ganzen Menschen an. Die Kirche, die in der Eucharistie ihre lebensnotwendige Mitte findet, bemüht sich darum unablässig, allen zu verkündigen, dass Gott Liebe ist, ob man es hören will oder nicht (vgl. 2 Tim 4,2).<ref>Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer der dritten Versammlung des XI. Ordentlichen Rates des Generalsekretariats der Bischofssynode (1. Juni 2006): L'Osservatore Romano (dt.) 36. Jg. Nr. 26, S. 9.</ref> Gerade weil Christus für uns zur Speise der Wahrheit geworden ist, wendet sich die Kirche an den Menschen und lädt ihn ein, das Geschenk Gottes frei anzunehmen.

Die Entwicklung des eucharistischen Ritus

3 Wenn wir auf die zweitausendjährige Geschichte der Kirche Gottes blicken, die durch das weise Handeln des Heiligen Geistes geleitet wurde, bewundern wir voller Dankbarkeit die über die Zeit hin geordnete Entwicklung der rituellen Formen, in denen wir des Ereignisses unseres Heiles gedenken. Von den vielfältigen Formen der ersten Jahrhunderte, die noch in den Riten der Alten Ostkirchen aufleuchten, bis zur Verbreitung des römischen Ritus; von den klaren Anweisungen des Konzils von Trient und des Missale des hl. Pius' V. bis zur vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregten Liturgiereform: In jeder Epoche der Kirchengeschichte erstrahlt die Eucharistiefeier als Quelle und Höhepunkt ihres Lebens und ihrer Sendung im liturgischen Ritus in all ihrem vielfältigen Reichtum. Die Elfte Ordentliche Vollversammlung der Bischofssynode, die vom 2. bis zum 23. Oktober 2005 im Vatikan stattfand, hat angesichts dieser Geschichte ihren tiefen Dank Gott gegenüber zum Ausdruck gebracht und bekannt, dass in ihr die Führung des Heiligen Geistes wirksam war. Im besonderen haben die Synodenväter den segensreichen Einfluss festgestellt und bestätigt, den die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil verwirklichte Liturgiereform auf das Leben der Kirche ausgeübt hat.<ref>Vgl. Propositio 2.</ref> Die Bischofssynode hatte die Möglichkeit, ihre Rezeption nach der Konzilsversammlung zu beurteilen. Es gab außerordentlich viele Würdigungen. Wie bekräftigt wurde, können die Schwierigkeiten und auch einige erwähnte Missbräuche den Wert und die Wirksamkeit der Liturgiereform, die noch bisher nicht völlig erkundete Schätze in sich birgt, nicht verdunkeln. Konkret geht es darum, die vom Konzil beabsichtigten Änderungen innerhalb der Einheit zu verstehen, die die geschichtliche Entwicklung des Ritus selbst kennzeichnet, ohne unnatürliche Brüche einzuführen.<ref>Ich verweise hier auf die Notwendigkeit einer Hermeneutik der Kontinuität auch in Bezug auf die rechte Deutung der liturgischen Entwicklung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil: Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2005): AAS 98 (2006), 44-45.</ref>

Die Bischofssynode und das Jahr der Eucharistie

4 Im übrigen ist es notwendig, die Beziehung zwischen der jüngsten Bischofssynode über die Eucharistie und dem, was in den letzten Jahren im Leben der Kirche geschehen ist, hervorzuheben. Zunächst müssen wir uns im Geiste in das Große Jubiläum des Jahres 2000 zurückversetzen, mit dem mein lieber Vorgänger, der Diener Gottes Johannes Paul II., die Kirche in das dritte christliche Jahrtausend geführt hat. Das Jubiläumsjahr war zweifellos stark eucharistisch geprägt. Zudem darf man nicht vergessen, dass der Bischofssynode das von Johannes Paul II. in großem Weitblick für die gesamte Kirche gewollte Jahr der Eucharistie vorausging und sie in gewisser Weise auch vorbereitet hat. Dieser Zeitraum, der mit dem Internationalen Eucharistischen Kongress in Guadalajara im Oktober 2004 begonnen hatte, fand seinen Abschluss am Ende der 11. Synodalversammlung mit der Heiligsprechung von fünf Seligen, die sich durch ihre eucharistische Frömmigkeit besonders ausgezeichnet hatten: des Bischofs Józef Bilczewski, der Priester Gaetano Catanoso, Zygmunt Gorazdowski und Alberto Hurtado Cruchaga und des Kapuziners Felice da Nicosia. Aufgrund der von Johannes Paul II. in dem Apostolischen Schreiben Mane nobiscum domine<ref>Vgl. AAS 97 (2005), 337-352.</ref> dargelegten Lehren und dank der wertvollen Vorschläge der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung<ref>Vgl. Das Jahr der Eucharistie - Empfehlungen und Vorschläge (15 Oktober 2004): L'Osservatore Romano (dt.) 34. Jg. Nr. 47, S. 9-12 und Nr. 48, S. 9-12.</ref> haben die Diözesen und verschiedene kirchliche Organisationen zahlreiche Initiativen ergriffen, um bei den Gläubigen den eucharistischen Glauben wiederzuerwecken und zu erweitern, um die Sorgfalt bei den Zelebrationen zu erhöhen und die eucharistische Anbetung zu fördern, um zu einer tätigen Solidarität zu ermutigen, die von der Eucharistie ausgehend die Bedürftigen erreicht. Schließlich muss noch die letzte Enzyklika Ecclesia de eucharistia<ref>Vgl. AAS 95 (2003), 433-475. Außerdem sei an die [[Instruktion der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Redemptionis sacramentum (25. März 2004) erinnert, die auf ausdrücklichen Wunsch von Johannes Paul II. entstanden ist: AAS 96 (2004), 549-601.</ref> meines Verehrten Vorgängers erwähnt werden, mit der er uns einen sicheren lehramtlichen Anhaltspunkt über die eucharistische Lehre hinterlassen hat und ein letztes Zeugnis dafür, welch zentrale Rolle dieses göttliche Sakrament in seinem Leben spielte.

Der Zweck des vorliegenden Schreibens

5 Dieses nachsynodale Schreiben verfolgt den Zweck, den mannigfaltigen Reichtum der Reflexionen und Vorschläge aufzugreifen, die in der letzten Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode aufgekommen sind - von den Lineamenta über das Instrumentum laboris, die Relationes ante et post disceptationem, die Beiträge der Synodenväter, der Auditores und der Delegierten der Schwesterkirchen bis zu den Propositiones -, in der Absicht, einige grundlegende Orientierungslinien zu formulieren, die darauf ausgerichtet sind, in der Kirche neuen eucharistischen Impuls und Eifer zu erwecken. Im Bewusstsein des umfassenden doktrinellen und disziplinären Erbes, das sich im Laufe der Jahrhunderte in bezug auf dieses Sakrament angesammelt hat,<ref>Um nur die wichtigsten Schriften zu nennen: Ökum. Konzil von Trient,]] Doctrina et canones de ss. Missae sacrificio, DS 1738-1759; Leo XIII., Enzyklika Mirae caritatis (28. Mai 1902): ASS (1903), 115-136; Pius XII., Enzyklika Mediator dei (20. November 1947): AAS 39 (1947), 521-595; Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei (3. September 1965): AAS 57 (1965), 753-774; Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de eucharistia (17. April 2003): AAS 95 (2003), 433-475; Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Instr. Eucharisticum mysterium (25. Mai 1967): AAS 59 (1967), 539-573; Instr. Liturgiam authenticam (28. März 2001): AAS 93 (2001), 685-726.</ref> möchte ich im vorliegenden Dokument den Wunsch der Synodenväter<ref>Vgl. Propositio 1.</ref> aufgreifen und vor allem das christliche Volk zu einer gedanklichen Vertiefung der Verbindung zwischen eucharistischem Geheimnis, liturgischer Handlung und dem aus der Eucharistie entspringenden neuen geistlichen Dienst als dem Sakrament der Nächstenliebe aufrufen. Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich das vorliegende Schreiben mit meiner ersten Enzyklika Deus caritas est in Zusammenhang bringen, in der ich wiederholt über das Sakrament der Eucharistie gesprochen habe, um seine Beziehung zur christlichen Gottes- und Nächstenliebe zu verdeutlichen: »Der fleischgewordene Gott zieht uns alle an sich. Von da versteht es sich, dass Agape nun auch eine Bezeichnung der Eucharistie wird: In ihr kommt die Agape Gottes leibhaft zu uns, um in uns und durch uns weiterzuwirken«.<ref>Nr. 14: AAS 98 (2006), 229.</ref>

ERSTER TEIL: EUCHARISTIE, EIN GEHEIMNIS, AN DAS MAN GLAUBT

»Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat« (Joh 6,29)

Der eucharistische Glaube der Kirche

6 »Geheimnis des Glaubens!« - Mit diesem Ausruf unmittelbar nach den Konsekrationsworten verkündet der Priester das gefeierte Mysterium und drückt sein Staunen angesichts der Wesensverwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi aus - einer Wirklichkeit, die alles menschliche Verstehen übersteigt. In der Tat, die Eucharistie ist das »Geheimnis des Glaubens« schlechthin: Sie ist »der Inbegriff und die Summe unseres Glaubens«.<ref>Katechismus der Katholischen Kirche, 1327.</ref> Der Glaube der Kirche ist im wesentlichen ein eucharistischer Glaube und erhält seine Nahrung in besonderer Weise beim Mahl der Eucharistie. Glaube und Sakramente sind zwei sich gegenseitig ergänzende Aspekte des kirchlichen Lebens. Durch die Verkündigung des Wortes Gottes erweckt, nährt sich der Glaube und wächst in der gnadenreichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, die sich in den Sakramenten verwirklicht: »Der Glaube drückt sich im Ritus aus, und der Ritus stärkt und festigt den Glauben«.<ref>Propositio 16.</ref> Darum steht das Altarssakrament immer im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens; »dank der Eucharistie wird die Kirche immer wieder neu geboren!«<ref>Benedikt XVI., Homilie anlässlich der feierlichen Inbesitznahme der Kathedra des Bischofs von Rom (7. Mai 2005): AAS 97 (2005), 752.</ref> Je lebendiger der eucharistische Glaube im Gottesvolk ist, um so tiefer ist dessen Teilnahme am kirchlichen Leben durch eine überzeugte Unterstützung der Sendung, die Christus seinen Jüngern aufgetragen hat. Das bezeugt die Geschichte der Kirche selbst. Jede große Reform ist in irgendeiner Weise verbunden mit der Wiederentdeckung des Glaubens an die eucharistische Gegenwart des Herrn inmitten seines Volkes.

Die Heiligste Dreifaltigkeit und die Eucharistie

Das Brot vom Himmel

7 Der Hauptinhalt des eucharistischen Glaubens ist das Mysterium Gottes selbst, der trinitarische Liebe ist. In dem Gespräch Jesu mit Nikodemus finden wir diesbezüglich eine erhellende Aussage: »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird« (Joh 3,16-17). Diese Worte zeigen die tiefste Wurzel der Gabe Gottes. Jesus schenkt in der Eucharistie nicht »etwas«, sondern sich selbst; er bringt seinen Leib als Opfer dar und vergießt sein Blut. Auf diese Weise verschenkt er sich in der Ganzheit seiner Existenz und offenbart die ursprüngliche Quelle dieser Liebe. Er ist der ewige Sohn, der vom Vater für uns hingegeben wurde. Im Evangelium hören wir dazu noch einmal die Worte Jesu. Nach der Speisung der Menschenmenge durch die Vermehrung der Brote und der Fische sagt er zu seinen Gesprächspartnern, die ihm bis in die Synagoge von Kafarnaum gefolgt sind: »Mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben« (Joh 6,32-33). Und er geht so weit, sich selbst, sein Fleisch und sein Blut, mit diesem Brot zu identifizieren: »Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt« (Joh 6,51). Auf diese Weise offenbart sich Jesus als das Brot des Lebens, das der ewige Vater den Menschen schenkt.

Ungeschuldete Gabe der Heiligsten Dreifaltigkeit

8 In der Eucharistie offenbart sich der Plan der Liebe, der die gesamte Heilsgeschichte bestimmt (vgl. Eph 1,10; 3,8-11). In ihr gibt der Deus Trinitas, der in sich selbst die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,78), sich gänzlich in unsere menschliche Befindlichkeit hinein. Im Brot und im Wein, unter deren Gestalten Christus sich uns im österlichen Mahl schenkt (vgl. Lk 22,14-20; 1 Kor 11, 2326), kommt in Form des Sakraments das ganze göttliche Leben zu uns und teilt sich uns mit. Gott ist das vollkommene Mit- und Ineinander gegenseitiger Liebe zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Schon in der Schöpfung empfängt der Mensch die Berufung, in einem gewissen Maß am Lebensatem Gottes teilzuhaben (vgl. Gen 2,7). Doch im gestorbenen und auferstandenen Christus und in der Aussendung des Heiligen Geistes, der unbegrenzt gegeben wird (vgl. Joh 3,34), werden wir der innersten Tiefen Gottes anteilig.<ref>Vgl. Propositio 4.</ref> Jesus Christus, »der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat« (Hebr 9,14), teilt uns in der eucharistischen Gabe also das eigene göttliche Leben mit. Es handelt sich um eine absolut vorleistungsfreie Gabe, die allein den Verheißungen Gottes nachkommt und diese über alle Maßen erfüllt. In treuem Gehorsam nimmt die Kirche diese Gabe an, feiert sie und betet sie an. Das »Geheimnis des Glaubens« ist ein Geheimnis der trinitarischen Liebe, an der teilzuhaben wir aus Gnade berufen sind. Auch wir müssen daher mit Augustinus rufen: »Wenn du die Liebe siehst, siehst du die Trinität«.<ref>De Trinitate, VIII, 8, 12: CCL 50, 287.</ref>

Eucharistie: Jesus, das wahre Opferlamm

Der neue und ewige Bund im Blut des Lammes

9 Die Sendung, deretwegen Jesus zu uns gekommen ist, erreicht ihre Erfüllung im Pascha-Mysterium. Bevor er »seinen Geist aufgibt«, sagt er von der Höhe des Kreuzes aus, von der er alle an sich zieht (vgl. Joh 12,32): »Es ist vollbracht!« (Joh 19,30). In dem Geheimnis seines Gehorsams bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2,8) wurde der neue und ewige Bund verwirklicht. In seinem gekreuzigten Leib haben sich die Freiheit Gottes und die Freiheit des Menschen in einem unauflöslichen, immerwährenden Bündnis endgültig zusammengefunden. Auch die Sünde des Menschen ist durch den Sohn Gottes ein für allemal gesühnt worden (vgl. Hebr 7,27; 1 Joh 2,2; 4,10;). »In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich« - wie ich an anderer Stelle bereits betonte - »jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten - Liebe in ihrer radikalsten Form«.<ref>Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 12: AAS 98 (2006), 228.</ref> Im Pascha-Mysterium ist unsere Befreiung vom Bösen und vom Tod tatsächlich Wirklichkeit geworden. Bei der Einsetzung des Altarssakramentes hatte Jesus selbst vom »neuen und ewigen Bund« gesprochen, der in dem von ihm vergossenen Blut geschlossen wurde (vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20). Dieses letzte Ziel seiner Sendung war bereits zu Beginn seines öffentlichen Lebens sehr deutlich. Als nämlich Johannes der Täufer am Ufer des Jordans Jesus auf sich zukommen sieht, ruft er aus: »Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!« (Joh 1,29). Es ist bezeichnend, dass ebendieses Wort in jeder Messfeier in dem Augenblick wiederkehrt, da der Priester zum Empfang der Kommunion einlädt: »Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt! Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind!« Jesus ist das wahre Osterlamm, das sich selbst freiwillig als Opfer für uns dargebracht und so den neuen und ewigen Bund verwirklicht hat. Die Eucharistie enthält in sich diese radikale Neuheit, die uns in jeder Messfeier neu dargeboten wird.<ref>Vgl. Propositio 3.</ref>

[Fortsetzung folgt]

Anmerkungen

<references />