Teodolfo Mertel

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Teodolfo Giovanni Antonio Mertel (* 6. Februar<ref>nach anderen Angaben am 9. Februar,</ref> 1806 in Allumiere bei Civitavecchia, Italien; † 11. Juli 1899 in Allumiere) war Diakon und Kardinal.

Biografie

Der Vater von Teodolfo Giovanni Antonio hieß Isidor. Er war gelernter Bäcker und 1802 aus Eglfing in Bayern nach Allumiere in Italien ausgewandert. Er heiratete eine Einheimische. Teodolfo besuchte das Seminar von Montefiascone, wo er mit Bravour die klassischen Studien abschloss. Zum Studium der Rechte begab er sich dann nach Rom. An der »Sapienza«-Universität promovierte er zweiundzwanzigjährig am 16. Juli des Jahres 1828 »in utroque iure«, im weltlichen und kirchlichen Recht. Aufgrund seiner Fähigkeiten und seines sozialen Engagements wurde er Präfekt der »Congregazione di S. Ivo«, eines römischen Institutes, das die unentgeltliche anwaltliche Vertretung und Verteidigung Mittelloser übernahm.

Monsignore Giacomo Antonelli, der damalige Unterstaatssekretär des Papstes und spätere Kardinalstaatssekretär, wurde auf den begabten Ju­risten aufmerksam und freundete sich sogar mit ihm an. Von Antonelli gefördert, schlug Teodolfo Mertel eine vielversprechende Karriere an der Römischen Kurie ein. Am 29. August 1843 wurde er zum Prälaten-Referendar der Apostolischen Signatur ernannt, ein Jahr später stieg er zum Votanten (stimmberechtigter Richter) der Signatur auf, 1847 erfolgte die Berufung zum Auditor (Richter) der Sacra Romana Rota.

In all diesen Ämtern bewies Monsignore Mertel soviel Gewandtheit und Klugheit, dass ihn Pius IX. in die Kommission für die politischen Reformen berief, die er zu Beginn seines Regierungsantrittes errichtet hatte. 1848 wurde ganz Europa durch Revolutionen erschüttert. Auch in Rom schien ein Umsturz unmittelbar bevorzustehen. Um dem entgegenzuwirken, sah sich Pius IX. gezwungen, dem immer lauter werdenden Ruf nach einer Verfassung zu entsprechen. Der Papst sah in Mertel den geeigneten Mann, ein für alle akzeptables »Statuto« zu schaffen. Zur Ausarbeitung der 69 Artikel wurden dem Prälaten nur 36 Stunden (!) zur Verfügung gestellt. Teodolfo Mertel gelang das Unmögliche. Obwohl sie für damalige Verhältnisse als liberal galt, konnte sie die Revolution im weltlichen Herrschaftsgebiet des Papstes und die dadurch erzwungene Flucht des Papstes in das Königreich Neapel nicht verhindern.

Als der Heilige Vater seine weltliche Herrschaft mit der Unterstützung eines französischen Expeditionskorps wiedergewann, ernannte er Monsignore Mertel zum Konsultor der Kommission, die er während seiner Abwesenheit mit der Regierung der Päpstlichen Staaten betraut hatte. Nach der Rückkehr des Papstes wurde der Prälat zunächst Minister ohne Portefeuille (Juni 1850 – März 1853), dann Minister des Innern und der Justiz (März 1853 – März 1858). Gemeinsam mit Monsignore François Xavier de Merode arbeitete er äußerst erfolgreich an der Verbesserung der Gerichtsverfahren und der Strafprozessordnung in den Päpstlichen Staaten.

Im Konsistorium vom 15. März 1858 berief ihn Papst Pius IX. in das Kardinalskollegium und übertrug ihm die Diakonie des heiligen Eustachius. Wie ein Großteil der Prälaten, die in der Verwaltung der Kirche und der Päpstlichen Staaten wirkten, so hatte auch Teodolfo Mertel nie die höheren Weihen eines Klerikers erhalten. Da die Erhebung zum Kardinal aber zumindest den Empfang der Weihe zum Diakon erforderte, wurde ihm diese am 16. Mai des Jahres in Castel Gandolfo, der Sommerresidenz der Päpste in den Albaner Bergen, von Pius IX. persönlich erteilt (die Weihe zum Subdiakon hatte er schon unmittelbar nach seiner Kreierung erhalten).

Noch im gleichen Jahr ernannte ihn der Papst wiederum zum Minister ohne Portefeuille und beauftragte ihn mit der Sorge um die Anstalten für Taubstumme und Behinderte – soziale Einrichtungen, die dem Heiligen Vater besonders am Herzen lagen und deren Errichtung in den Päpstlichen Staaten Pius IX. schon mit Beginn seines Pontifikates energisch betrieben hatte. 1861 wurde Kardinal Mertel zum Präfekten der Kongregation der Spolien ernannt; von 1863 bis 1871 war er zudem Präfekt des Staatsrates. Der Apostolischen Signatur stand er seit 1877 vor.

Zur Zeit der Sedisvakanz des Jahres 1878 war Teodolfo Mertel der ranghöchste der Kardinaldiakone, der Kardinalprotodiakon der Kirche. Ihm kam daher das alte Vorrecht und die ehrenvolle Aufgabe zu, den Gläubigen die Wahl und den Namen des neuen Papstes zu verkünden (20. Februar) und das Oberhaupt der Kirche mit der dreifachen Papstkrone, der Tiara, zu krönen (3. März).

Unter Papst Leo XIII. stieg Teodolfo Mertel in die einflussreiche und exklusive Klasse der Palatinkardinäle auf, zunächst als Sekretär der Memorialien (1878), dann ein Jahr später als Sekretär der Apostolischen Breven. Im Konsistorium von 1881 optierte er auf die Diakonie Santa Maria in Via Lata. Von 1884 bis zu seinem Tod im Jahre 1899 bekleidete er das Amt des Vizekanzlers der Heiligen Römischen Kirche. Seine Diakonie von Santa Maria in Via Lata tauschte er mit der Titelkirche S. Lorenzo in Damaso, die traditionsgemäß dem Vizekanzler zustand und »pro illa vice – für jenes eine Mal« –den Status einer Diakonie erhielt.

Im letzten Jahrzehnt seines Lebens verbrachte der Kardinal immer mehr Zeit in seiner Heimatstadt, der er sich stets eng verbunden gefühlt hatte – die dortige Armenfürsorge war von ihm großzügig unterstützt worden; vielen Pries­teramtskandidaten, die über keine eigenen finanziellen Mittel verfügten, hatte er das Studium ermöglicht. Teodolfo Mertel verstarb am 11. Juli des Jahres 1899, fast völlig erblindet, in Allumiere. Die sterblichen Überreste des bei der Bevölkerung hochgeachteten Purpurträgers wurden in der Pfarrkirche aufgebahrt und dann in der Familiengruft nahe der Wallfahrtskirche der »Madonna delle Grazie al Monte« beigesetzt.

Mit Teodolfo Mertel starb der letzte Purpurträger, der keine höhere Weihe empfangen hatte als die eines Diakons. Dass es im Kardinalskollegium Kleriker gab, die »nur« Diakone waren, empfand man in alten Zeiten nicht als Mangel oder Makel, zumal es unter diesen herausragende, die Kirche prägende Männer gab – für das 19. Jahrhundert seien vor allem die Kardinalstaatssekretäre Ercole Consalvi (1757-1824) und Giacomo Antonelli (1806-1876) genannt.


In einem Geheimbericht der preußischen Gesandtschaft beim Quirinal hieß es zu Kardinal Mertel: »Allgemein geachtet. Hat den Ruf eines gediegenen Rechtsgelehrten. Ist in weltlichen Dingen bewanderter als die Mehrzahl der übrigen Cardinäle. Soll im allgemeinen von gemäßigter Gesinnung sein.« Als einziger Kritikpunkt wurde angemerkt: »Stottert im Reden, seine Sprache ist nur schwer verständlich.« Freiherr Anton von Cetto, der bayerische Gesandte am Heiligen Stuhl, bezeichnete den Kardinal in seinem »Tableau des Cardinaux« als »für juristische Dinge sehr befähigt« und hielt ihn, wohl auf Grund seiner Urheberschaft der Verfassung von 1848, für »liberal« und von »modernen Anschauungen«. <ref>OR 20. November 2020, S. 5 von Ulrich Nersinger; leicht gekürzt.</ref>

Anmerkungen

<references />