Toleranz

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Unter Toleranz (Duldsamkeit, Duldung) ganz allgemein, versteht man das Nichtverhindern eines Übels, ohne es aber irgendwie zu billigen. Sie ist die den Mitmenschen gegenüber geschuldete Duldsamkeit. Religiöse Duldung besagt demnach das Nichtverhindern (Gewährenlassen, Bestehenlassen) von irrigen <ref>Vgl. Absolutheitsanspruch der Religion</ref> religiösen Überzeugungen (Bekenntnissen) und Praktiken, ohne sie zu billigen.

Da es in unserer Zeit in allen Staaten eine religiös gemischte Bevölkerung gibt, so fragt es sich, wie der Staat im allgemeinen<ref>und wie im besondern ein katholischer Staat</ref> sich gegenüber den verschiedenen Religionsbekenntnissen zu verhalten habe. Ist der Staat verpflichtet, nur die wahre<ref>Es ist nicht Sache des Staates, über die Wahrheit oder Falschheit religiöser Bekenntnisse zu entscheiden.</ref> Religion anzuerkennen und alle übrigen zu unterdrücken, oder darf und soll der Staat die verschiedenen Bekenntnisse dulden?

Arten der religiösen Duldung

Man pflegt drei Arten zu unterscheiden:

a) Die theoretische Duldung

Diese besteht darin, dass man irrige religiöse Meinungen zwar nicht annimmt, aber doch als gleichberechtigt gelten lässt.

Diese Art von Duldung ist innerlich unhaltbar, weil sie den Irrtum der Wahrheit, das Böse dem Guten gleichstellt (Indifferentismus). Nur die Wahrheit und das Gute haben jedoch das Recht auf Dasein; der Irrtum und das Fehlerhafte können nie ein Recht besitzen.

Die Erklärung Dignitatis humanae des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Religionsfreiheit als theoretische Duldung auszugelegen, wäre eine falsche Hermeneutik.

b) Die praktische private religiöse Duldung

Sie besteht darin, dass man einen Mitmenschen, der eine irrige religiöse Überzeugung vertritt, gleichwohl achtet und liebt, ohne aber seinen Irrtum zu billigen; man duldet den Irrtum am Mitmenschen.

Diese Art von Duldung ist erlaubt oder sogar Pflicht, soweit die Tugend der wahren Liebe und Klugheit es erheischen. Die nämlichen Tugenden können aber auch verpflichten, den religiösen Irrtum zu bekämpfen (natürlich ohne unwahr oder lieblos vorzugehen), wo das eigene oder fremde Wohl in Frage steht.

c) Die praktische staatliche Duldung

Diese besteht darin, dass die Staatsgewalt den ihr unterstehenden Andersgläubigen verfassungsmäßig oder vertraglich oder durch Gewohnheitsrecht ihre religiöse Überzeugung und Betätigung gestattet (belässt).

Anerkennt der Staat verschiedene religiöse Bekenntnisse in gleicher Weise und gewährt ihnen die gleiche Unterstützung und Förderung, so spricht man von Parität (Gleichheit).

Grundsätze hinsichtlich der staatlichen Duldung

a) Die politische Duldung gegenüber irrigen (als falsch erachteten) Religionen darf und soll vom Staat im allgemeinen geübt werden, so weit das Allgemeinwohl es erheischt. Denn obgleich nur der Wahrheit und Sittlichkeit Daseinsrecht zukommt, so darf doch die Staatsgewalt etwas dulden, was der Wahrheit oder Gerechtigkeit zuwiderläuft, sofern sie dadurch ein größeres Übel verhindern oder ein größeres Gut erlangen oder bewahren kann<ref> Leo XIII. Enzyklika Libertas praestantissimum Nr. 33</ref>. Auch Gott, obschon allmächtig und heilig, duldet in seiner weisen Vorsehung manches Übel in der Welt, damit nicht andere größere Übel entstehen, oder wertvollere Güter verhindert werden.<ref> (ebd.)</ref>

Bei der heutigen Durchmischung der Bevölkerung und der allgemeinen Freizügigkeit in der Auswanderung ist die staatliche Duldung (Gewährung der Religionsfreiheit) zu befürworten; denn durch die Duldung anderer Bekenntnisse wird der innere Friede nicht stark gefährdet, während die Verhinderung sich für das Allgemeinwohl gefährlich auswirkt. Darum darf und soll unter solchen Umständen der Staat Duldung üben. Denn die Verwirklichung des Gemeinwohles ist des Staates höchste Pflicht.

b) Die politische Duldung darf jedoch nicht angewendet werden, wo durch die Duldung größere Übel für das Gemeinwohl verursacht würden.

Das gilt vor allem gegenüber den Gottlosenverbänden (Kämpferischer Atheismus) und ähnlichen Bestrebungen; denn deren Anerkennung oder Duldung würde die Grundlagen des Staatslebens, die Religion, und damit die Autorität und die bürgerlichen Tugenden zerstören. Ein solcher Zustand würde auch sehr bald zur Intoleranz gegen die Religion und zur Verfolgung der wahren Kirche führen.

Der Liberalismus huldigt einer falschen Toleranz<ref> Leo XIII. Enzyklika Libertas praestantissimum vom 20. Juni 1888 Nr. 35</ref>

"Was aber die Toleranz betrifft, so weichen die Anhänger des Liberalismus himmelweit ab von dem gerechten und klugen Vorgehen der Kirche. Indem sie den Bürgern in all den Dingen, von denen wir geredet; unbegrenzte Zügellosigkeit gewähren, überschreiten sie alles Maß und gelangen schließlich dahin, dass sie der Sittlichkeit und Wahrheit nicht mehr Recht zuzuerkennen scheinen als dem Irrtum und der Unsittlichkeit. Die Kirche wird als unduldsam und hart geschmäht, sie die Säule und Grundfeste der Wahrheit und unfehlbare Lehrerin der Sitten, weil sie diese Art von zügelloser und schmachvoller Toleranz stets pflichtmäßig verwirft und für unerlaubt erklärt. Bei diesem Beginnen merken jene Liberalen nicht einmal, dass sie lästern, was sie loben sollten. Während sie sich mit der Toleranz brüsten, kommt es oft vor, dass sie zurückhaltend und karg sind, wo es sich um die katholische Sache handelt; und eben dieselben, die nach allen Seiten reichlich Freiheit gewähren, verweigern sie vielfach der Kirche.

Die Toleranzidee der Freimaurerei

Der Katholik versteht unter Toleranz die den Mitmenschen gegenüber geschuldete Duldsamkeit. Bei den Freimaurern jedoch herrscht scheinbar die Toleranz gegenüber Ideen, wie gegensätzlich zueinander sie auch sein mögen. Jedoch in Wahrheit ist die Freimaurerei nur scheinbar gegen Ideen tolerant, die sich mit ihrer Lehre nicht decken. Sie ist gegen alle ihr fremden Ideen teils indifferent und lässt diese Ideen nicht nur nicht in der Loge zur Geltung kommen, sondern sie versucht darüberhinaus mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln, diese Ideen auch im gesellschaftlichen Bereich nicht zur Wirkung kommen zu lassen. Man muss also sorgfältig unterscheiden zwischen Indifferenz und Toleranz.<ref>Vgl. 6. Die Toleranzidee der Freimaurer</ref>

Päpstliches

Leo XIII.

Pius XII.

Literatur und Quelle

  • Bernard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, Einführung in die Ethik, umgearbeitet von Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954, Nr. 486+487 (394 Seiten; 2. Auflage; mit Imprimatur).

Weblinks

Anmerkungen

<references />