Venerati fratres episcopi (Wortlaut)

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Apostolischer Brief
Venerati fratres episcopi

von Papst
Benedikt XVI.
an die Bischöfe, die Priester, die Personen des gottgeweihten Lebens
und an die Gläubigen Laien der Katholischen Kirche in der Volksrepublik China
27. Mai 2007
(Offizieller italienischer Text: AAS 99 [2007/7] 553-581)

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Gruß

1. Verehrte Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Priester, liebe gottgeweihte Männer und Frauen und alle Gläubige der katholischen Kirche in China, »wir danken Gott, dem Vater Jesu Christi, unseres Herrn, jedesmal, wenn wir für euch beten. Denn wir haben von eurem Glauben an Christus Jesus gehört und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, weil im Himmel die Erfüllung eurer Hoffnung für euch bereitliegt. (...) Wir hören nicht auf, inständig für euch zu beten, dass ihr in aller Weisheit und Einsicht, die der Geist schenkt, den Willen des Herrn ganz erkennt. Denn ihr sollt ein Leben führen, das des Herrn würdig ist und in allem sein Gefallen findet. Ihr sollt Frucht bringen in jeder Art von guten Werken und wachsen in der Erkenntnis Gottes. Er gebe euch in der Macht seiner Herrlichkeit viel Kraft, damit ihr in allem Geduld und Ausdauer habt« (Kol 1, 3-5.9-11).

Diese Worte des Apostels Paulus sind sehr geeignet, um dem Empfinden, das ich als Nachfolger Petri und oberster Hirte der universalen Kirche euch gegenüber hege, Ausdruck zu verleihen. Ihr wisst wohl, wie sehr ihr in meinem Herzen und in meinen täglichen Gebeten gegenwärtig seid und wie stark die Bande der Gemeinschaft sind, die uns geistlich vereinen.

Anliegen des Briefes

2. Ich möchte daher euch allen den Ausdruck meiner brüderlichen Nähe zukommen lassen. Groß ist die Freude über eure Treue zu Christus, dem Herrn, und zur Kirche, eure Treue, die ihr »manchmal sogar unter Inkaufnahme großen Leids«<ref>Benedikt XVI., Angelus am 26. Dezember 2006: »Mit besonderer geistlicher Nähe denke ich auch an jene Katholiken, die dem Stuhl Petri ohne Kompromisse treu bleiben und dafür manchmal sogar großes Leid in Kauf nehmen. Die ganze Kirche bewundert ihr Beispiel und betet dafür, dass sie die Kraft haben standzuhalten, in dem Wissen, dass ihre Bedrängnisse Quelle des Sieges sind, auch wenn sie im Augenblick als Niederlage erscheinen mögen«: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 5. Januar 2007, S. 12.</ref> gezeigt habt, »denn euch wurde die Gnade zuteil, für Christus dazusein, also nicht nur an ihn zu glauben, sondern auch seinetwegen zu leiden« (Phil 1, 29). Dennoch besteht auch Anlass zur Sorge hinsichtlich einiger wichtiger Aspekte des kirchlichen Lebens in eurem Land.

Ohne jedes Detail der komplexen Problemkreise, die euch gut bekannt sind, behandeln zu wollen, möchte ich mit diesem Brief einige Orientierungspunkte in bezug auf das Leben der Kirche und das Werk der Evangelisierung in China geben, um euch zu helfen, das zu entdecken, was der Herr und Meister Jesus Christus, »der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheitsgeschichte«<ref>Zweites Vatikanisches Konzil Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 10.</ref>, von euch will.

ERSTER TEIL: DIE LAGE DER KIRCHE - THEOLOGISCHE ASPEKTE

Globalisierung, Modernität und Atheismus

3. Bei einer aufmerksamen Betrachtung eures Volkes, das sich unter den anderen Völkern Asiens durch den Glanz seiner jahrtausendealten Kultur mit all ihrer Weisheit und philosophischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Erfahrung ausgezeichnet hat, freut es mich festzustellen, wie es sich besonders in jüngster Zeit angeschickt hat, bedeutende Ziele des wirtschaftlich-sozialen Fortschritts zu erreichen, und dabei das Interesse der ganzen Welt auf sich zieht.

Wie schon mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. betont hat, »(verfolgt) die katholische Kirche (...) ihrerseits mit Hochachtung diesen erstaunlichen Elan und die vorausblickende Planung von Initiativen und bietet diskret ihren Beitrag an bei der Förderung und Verteidigung der menschlichen Person, ihrer Werte, ihrer Spiritualität und ihrer transzendenten Berufung. Der Kirche liegen bestimmte Werte und Zielsetzungen, die auch für das moderne China von erstrangiger Bedeutung sind, besonders am Herzen: Solidarität, Friede, soziale Gerechtigkeit, ein intelligentes Umgehen mit dem Globalisierungsphänomen.« <ref>Botschaft an die Teilnehmer am Internationalen Kongreß »Matteo Ricci: für einen Dialog zwischen China und dem Westen« Con intima gioia (24. Oktober 2001), Nr. 4: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. November 2001, S. 7.</ref>

Das Streben nach der gewünschten und notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und die Suche nach Modernität werden von zwei verschiedenen, gegensätzlichen Phänomenen begleitet, die aber gleichermaßen mit Klugheit und positivem apostolischem Geist zu beurteilen sind. Auf der einen Seite merkt man, besonders unter den Jugendlichen, ein zunehmendes Interesse an der spirituellen und transzendenten Dimension der menschlichen Person mit einem daraus folgenden Interesse an Religion, insbesondere am Christentum. Auf der anderen Seite spürt man auch in China den Trend zum Materialismus und zum Hedonismus, die dabei sind, sich von den großen Städten aus auf das ganze Land auszubreiten.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in asia (6. November 1999), Nr. 7: AAS 92 (2000), 456.</ref>

In diesem Kontext, in dem zu arbeiten ihr gerufen seid, möchte ich euch daran erinnern, wie sehr Papst Johannes Paul II. mit lauter und kraftvoller Stimme betont hat: Die Neuevangelisierung verlangt nach der Verkündigung des Evangeliums<ref>Vgl. ebd., Nrn. 19 und 20: AAS 92 (2000), 477-482.</ref> an den modernen Menschen im Bewusstsein, dass so, wie das Kreuz während des ersten Jahrtausends in Europa und während des zweiten in Amerika und Afrika eingepflanzt wurde, während des dritten Jahrtausends eine große Ernte des Glaubens auf dem weiten und lebendigen asiatischen Kontinent eingebracht werden wird.<ref>Vgl. Ansprache an die Vertreter der Föderation der asiatischen Bischofskonferenzen (Manila, 15. Januar 1995), Nr. 11: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 10. Februar 1995, S. 8.</ref>

»,,Duc in altum’’ (Lk 5, 4). Dieses Wort erklingt heute für uns und lädt uns ein, dankbar der Vergangenheit zu gedenken, leidenschaftlich die Gegenwart zu leben und uns vertrauensvoll der Zukunft zu öffnen: ,,Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit’’ (Hebr 13, 8).« <ref>Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2001), Nr. 1: AAS 93 (2001), 266.</ref> Auch die Kirche in China ist dazu berufen, Zeugin Christi zu sein, mit Hoffnung nach vorn zu schauen und sich – in der Verkündigung des Evangeliums – mit den neuen Herausforderungen zu messen, die das chinesische Volk angehen muss.

Noch einmal hilft uns das Wort Gottes, den geheimnisvollen und tiefen Sinn des Weges der Kirche in der Welt zu entdecken. Denn »eine der Hauptvisionen der Offenbarung hat (das) Lamm zum Gegenstand: Es ist im Begriff, ein Buch zu öffnen, das zuvor mit sieben Siegeln verschlossen war, die niemand lösen konnte. Es wird sogar gesagt, dass Johannes weint, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch zu öffnen und es zu lesen (vgl. Offb 5, 4). Die Geschichte kann nicht entschlüsselt werden, sie bleibt unverständlich. Niemand kann sie lesen. Vielleicht ist dieses Weinen des Johannes vor dem dunklen Geheimnis der Geschichte Ausdruck der Erschütterung der Gemeinden Asiens aufgrund des Schweigens Gottes angesichts der Verfolgungen, denen sie in jener Zeit ausgesetzt waren. Es ist eine Erschütterung, in der sich auch unsere Bestürzung widerspiegelt angesichts der großen Schwierigkeiten, dem Unverständnis und der Feindseligkeit, die die Kirche auch heute in verschiedenen Teilen der Welt erleidet. Es sind Leiden, die die Kirche sicher nicht verdient hat, so wie Jesus selbst seine Hinrichtung nicht verdient hat. Sie enthüllen jedoch sowohl die Bosheit des Menschen, wenn er den Versuchungen des Bösen erliegt, als auch die höhere Führung der Ereignisse durch Gott.« <ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 23. August 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 1. September 2006, S. 2.</ref>

Heute wie gestern bedeutet das Evangelium verkünden, den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus, den neuen Menschen, den Sieger über Sünde und Tod, zu verkünden und zu bezeugen. Er erlaubt den Menschen, in eine neue Dimension einzutreten, wo die Barmherzigkeit und die Liebe, die auch dem Feind gelten, den Sieg des Kreuzes über alle menschliche Schwachheit und alles menschliche Elend bezeugen. Auch in eurem Land wird die Verkündigung des gekreuzigten und auferstandenen Christus in dem Maß möglich sein, in dem ihr in Treue zum Evangelium und in Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Apostels Petrus und mit der universalen Kirche die Zeichen der Liebe und der Einheit zu verwirklichen wisst (»Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. (...) Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast«: Joh 13, 34-35; 17, 21).

Bereitschaft zu einem respektvollen und konstruktiven Dialog

4. Als oberster Hirte der universalen Kirche möchte ich meinen innigen Dank an den Herrn für das Zeugnis der Treue zeigen, das die katholische Gemeinde in China unter wirklich schwierigen Umständen und im Leiden gegeben hat. Zugleich verspüre ich als meine innerste und unverzichtbare Pflicht und als Ausdruck meiner Vaterliebe die Dringlichkeit, die chinesischen Katholiken im Glauben zu bestärken und ihre Einheit mit den der Kirche eigenen Mitteln zu fördern.

Mit besonderem Interesse verfolge ich auch die Geschehnisse des ganzen chinesischen Volkes, dem gegenüber ich große Wertschätzung hege und für das ich Freundschaft empfinde, bis hin zu dem Wunsch, »dass bald konkrete Wege der Verständigung und der Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China geschaffen werden«, denn »Freundschaft nährt sich durch Kontakte, durch geteilte Empfindungen in freudigen und traurigen Situationen, durch Solidarität, durch gegenseitige Hilfe«<ref>Johannes Paul II., Botschaft an die Teilnehmer am Internationalen Kongreß »Matteo Ricci: für einen Dialog zwischen China und dem Westen« Con intima gioia (24. Oktober 2001), Nr. 6: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. November 2001, S. 8.</ref>. Und in dieser Blickrichtung hat mein verehrter Vorgänger hinzugefügt: »Es ist für niemanden ein Geheimnis, dass der Heilige Stuhl im Namen der ganzen katholischen Kirche und – so glaube ich – zum Vorteil der gesamten Menschheit die Eröffnung einer Möglichkeit zum Dialog mit den Behörden der Volksrepublik China anstrebt, um hierdurch die Missverständnisse der Vergangenheit zu überwinden und sich dann gemeinsam für das Wohl des chinesischen Volkes und für den Frieden in der Welt einzusetzen.« <ref>Ebd.</ref>

Ich bin mir bewusst, dass eine Normalisierung der Beziehungen mit der Volksrepublik China Zeit erfordert und guten Willen auf beiden Seiten voraussetzt. Der Heilige Stuhl bleibt seinerseits stets für Verhandlungen offen, die notwendig sind, um die gegenwärtige schwierige Zeit zu überwinden.

Diese drückende Situation von Missverständnissen und von Unverständnis nützt in der Tat weder den chinesischen Autoritäten noch der katholischen Kirche in China. Wie Papst Johannes Paul II., daran erinnernd, was Pater Matteo Ricci aus Beijing schrieb<ref>Vgl. Fonti Ricciane, hrsg. von Pasquale M. D'Elia SJ, Bd. 2, Rom 1949, Nr. 617, S. 152.</ref>, erklärte, »erwartet auch die heutige katholische Kirche von China und von seinen politisch Verantwortlichen keine Privilegien, sondern nur, den Dialog wiederaufnehmen zu können, um zu Beziehungen gegenseitiger Achtung und vertiefter Kenntnis zu gelangen« <ref>Botschaft an die Teilnehmer am Internationalen Kongreß »Matteo Ricci: für einen Dialog zwischen China und dem Westen« Con intima gioia (24. Oktober 2001), Nr. 4: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. November 2001, S. 7.</ref>. China möge wissen: Die katholische Kirche hat die feste Absicht, noch einmal einen bescheidenen und uneigennützigen Dienst in den ihr zukommenden Dingen zum Wohl der chinesischen Katholiken und aller Bewohner des Landes anzubieten.

Was die Beziehungen zwischen der politischen Gemeinschaft und der Kirche in China betrifft, ist es hilfreich, an die erhellende Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils zu erinnern, das erklärt hat: »Die Kirche, die in keiner Weise hinsichtlich ihrer Aufgabe und Zuständigkeit mit der politischen Gemeinschaft verwechselt werden darf noch auch an irgendein politisches System gebunden ist, ist zugleich Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person«. Und es fährt so fort: »Die politische Gemeinschaft und die Kirche sind auf je ihrem Gebiet voneinander unabhängig und autonom. Beide aber dienen, wenn auch in verschiedener Begründung, der persönlichen und der gesellschaftlichen Berufung der gleichen Menschen. Diesen Dienst können beide zum Wohl aller um so wirksamer leisten, je mehr und besser sie rechtes Zusammenwirken miteinander pflegen; dabei sind jeweils die Umstände von Ort und Zeit zu berücksichtigen.« <ref>Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 76.</ref>

Daher hat auch die katholische Kirche in China die Sendung, nicht die Struktur oder die Verwaltung des Staates zu ändern, sondern den Menschen Christus, den Retter der Welt, zu verkünden. Dabei stützt sie sich – in der Erfüllung ihres eigenen Apostolats – auf die Kraft Gottes. Wie ich in meiner Enzyklika Deus caritas est in Erinnerung gerufen habe, »kann nicht und darf nicht (die Kirche) den politischen Kampf an sich reißen, um die möglichst gerechte Gesellschaft zu verwirklichen. Sie kann und darf nicht sich an die Stelle des Staates setzen. Aber sie kann und darf im Ringen um Gerechtigkeit auch nicht abseits bleiben. Sie muss auf dem Weg der Argumentation in das Ringen der Vernunft eintreten, und sie muss die seelischen Kräfte wecken, ohne die Gerechtigkeit, die immer auch Verzichte verlangt, sich nicht durchsetzen und nicht gedeihen kann. Die gerechte Gesellschaft kann nicht das Werk der Kirche sein, sondern muss von der Politik geschaffen werden. Aber das Mühen um die Gerechtigkeit durch eine Öffnung von Erkenntnis und Willen für die Erfordernisse des Guten geht sie zutiefst an.« <ref>Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 28: AAS 98 (2006), 240. Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 76.</ref>

Im Lichte dieser unverzichtbaren Grundsätze kann die Lösung der bestehenden Probleme nicht durch einen andauernden Konflikt mit den legitimen zivilen Autoritäten angestrebt werden; zugleich ist aber eine Fügsamkeit gegenüber denselben nicht annehmbar, wenn diese sich unrechtmäßig in Angelegenheiten einmischen, die den Glauben und die Disziplin der Kirche betreffen. Die zivilen Autoritäten sind sich wohl bewusst, dass die Kirche in ihrer Lehre die Gläubigen dazu auffordert, gute Bürger, respektvolle und aktive Mitarbeiter des Gemeinwohls in ihrem Land zu sein. Aber es ist ebenso klar, dass sie vom Staat verlangt, diesen katholischen Bürgern die volle Ausübung ihres Glaubens unter der Achtung einer echten Religionsfreiheit zu gewährleisten.

Gemeinschaft unter den Teilkirchen in der Universalkirche

5. Katholische Kirche in China, du kleine Herde, die du lebst und tätig bist in der Weite eines riesigen Volkes, das in der Geschichte unterwegs ist, wie ermutigend und auffordernd klingen für dich die Worte Jesu: »Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben« (Lk 12, 32)! »Ihr seid das Salz der Erde, (...) das Licht der Welt«: Daher »soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen« (Mt 5, 13.14.16).

In der katholischen Kirche in China wird die Universalkirche gegenwärtig, die Kirche Christi, die wir im Credo als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen, das heißt die universale Gemeinschaft der Jünger des Herrn.

Wie ihr wisst, wurzelt die tiefe Einheit, die die in China bestehenden Teilkirchen untereinander verbindet und die sie auch in eine enge Gemeinschaft mit den anderen Teilkirchen in aller Welt stellt, außer in demselben Glauben und in der gemeinsamen Taufe vor allem in der Eucharistie und im Bischofsamt.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 26.</ref> Die Einheit des Episkopats, von der »der Bischof von Rom (...) als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament (ist)« <ref>Ebd., Nr. 23.</ref>, dauert durch die Jahrhunderte vermittels der apostolischen Nachfolge fort und ist auch das Fundament der Identität der Kirche einer jeden Zeit mit der Kirche, die Christus auf Petrus und auf die anderen Apostel gebaut hat.<ref>Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), Nrn. 11-14: AAS 85 (1993), 844-847.</ref>

Die katholische Lehre besagt, dass der Bischof sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in der seinem Hirtendienst anvertrauten Teilkirche ist.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 23.</ref> Aber damit jede Teilkirche im vollen Sinne Kirche ist, muss in ihr die höchste Autorität der Kirche, das heißt das Bischofskollegium gemeinsam mit seinem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne dieses Haupt, gegenwärtig sein. Daher gehört der Dienst des Nachfolgers Petri »von innen her«<ref>Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), Nr. 13: AAS 85 (1993), 846.</ref> zum Wesen jeder Teilkirche. Ferner sind die Gemeinschaft aller Teilkirchen in der einen katholischen Kirche und folglich die geordnete hierarchische Gemeinschaft aller Bischöfe, der Nachfolger der Apostel, mit dem Nachfolger Petri die Gewährleistung der Einheit des Glaubens und des Lebens aller Katholiken. Daher ist es für die Einheit der Kirche in den einzelnen Nationen unerläßlich, dass jeder Bischof mit den anderen Bischöfen in Gemeinschaft steht und dass alle Bischöfe mit dem Papst in sichtbarer und konkreter Gemeinschaft stehen.

Niemand in der Kirche ist ein Fremder, sondern alle sind Bürger desselben Volkes, Glieder desselben mystischen Leibes Christi. Das Band sakramentaler Einheit ist die Eucharistie, die durch den Dienst des Bischofs und der Priester gewährleistet ist.<ref>Vgl. Benedikt XVI.: Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis (22. Februar 2007), Nr. 6: »Der Glaube der Kirche ist im wesentlichen ein eucharistischer Glaube und erhält seine Nahrung in besonderer Weise beim Mahl der Eucharistie. Glaube und Sakramente sind zwei sich gegenseitig ergänzende Aspekte des kirchlichen Lebens. Durch die Verkündigung des Wortes Gottes erweckt, nährt sich der Glaube und wächst in der gnadenreichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, die sich in den Sakramenten verwirklicht: ,,Der Glaube drückt sich im Ritus aus, und der Ritus stärkt und festigt den Glauben’’. Darum steht das Altarssakrament immer im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens; ,,dank der Eucharistie wird die Kirche immer wieder neu geboren!’’ Je lebendiger der eucharistische Glaube im Gottesvolk ist, um so tiefer ist dessen Teilnahme am kirchlichen Leben durch eine überzeugte Unterstützung der Sendung, die Christus seinen Jüngern aufgetragen hat. Das bezeugt die Geschichte der Kirche selbst. Jede große Reform ist in irgendeiner Weise verbunden mit der Wiederentdeckung des Glaubens an die eucharistische Gegenwart des Herrn inmitten seines Volkes«: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 23. März 2007, Dokumentation, S. II.</ref>

Die ganze Kirche in China ist dazu berufen, diese Einheit in einer reicheren Spiritualität der Gemeinschaft zu leben und deutlich zu machen, die unter Berücksichtigung der konkreten komplexen Lage, in der sich die katholische Gemeinde befindet, auch in einer harmonischen hierarchischen Gemeinschaft wachsen möge. Daher sind Hirten und Gläubige gerufen, das, was zur Lehre und Tradition der Kirche gehört, zu verteidigen und zu schützen.

Spannungen und Spaltungen innerhalb der Kirche: Vergebung und Versöhnung

6. Als er sich mit dem Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte an die ganze Kirche wandte, sagte mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II.: Ein »andere(r) große(r) Bereich, wo sich ein entschlossenes Engagement für die Planung auf der Ebene der Gesamtkirche und der Teilkirchen ausdrücken muss, ist die Gemeinschaft (koinonía, communio), die das eigentliche Wesen des Geheimnisses der Kirche verkörpert und deutlich macht. Die Gemeinschaft ist Frucht und sichtbarer Ausdruck jener Liebe, die aus dem Herzen des ewigen Vaters entspringt und durch den Geist, den Jesus schenkt (vgl. Röm 5, 5), in uns ausgegossen wird, um aus uns allen ,,ein Herz und eine Seele’’ (Apg 4, 32) zu machen. Durch die Verwirklichung dieser Liebesgemeinschaft offenbart sich die Kirche als ,,Sakrament’’, das heißt als ,,Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit’’. Die Worte, die der Herr dafür findet, sind zu klar, als dass man ihre Bedeutung unterschätzen könnte. Wenn die Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit auch im neuen Jahrhundert viele Dinge braucht, ohne die Liebe (agape) wäre alles umsonst. Der Apostel Paulus selbst erinnert uns daran in seinem Hymnus an die Liebe: Auch wenn wir in den Sprachen der Menschen und Engel redeten und einen Glauben hätten, ,,um damit Berge zu versetzen’’, hätten aber die Liebe nicht, wäre alles ,,nichts’’ (vgl. 1 Kor 13, 2). Die Liebe ist wirklich das ,,Herz’’ der Kirche.« <ref>Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2001), Nr. 42: AAS 93 (2001), 296. Vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 12: »Dieses Handeln Gottes nimmt seine dramatische Form nun darin an, dass Gott in Jesus Christus selbst dem ,,verlorenen Schaf’’, der leidenden und verlorenen Menschheit, nachgeht. Wenn Jesus in seinen Gleichnissen von dem Hirten spricht, der dem verlorenen Schaf nachgeht, von der Frau, die die Drachme sucht, von dem Vater, der auf den verlorenen Sohn zugeht und ihn umarmt, dann sind dies alles nicht nur Worte, sondern Auslegungen seines eigenen Seins und Tuns. In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten – Liebe in ihrer radikalsten Form«: AAS 98 (2006), 228.</ref>

Diese Hinweise, die die Natur selbst der Universalkirche betreffen, haben eine besondere Bedeutung für die Kirche in China. In der Tat entgehen euch nicht die Probleme, mit denen sie sich momentan auseinandersetzt, um – in ihrem Inneren und in ihren Beziehungen mit der bürgerlichen Gesellschaft Chinas – Spannungen, Spaltungen und Schuldzuweisungen zu überwinden.

Was dieses Thema betrifft, hatte ich schon im Vorjahr bei einer Ansprache über die Anfänge der Kirche Gelegenheit, daran zu erinnern, dass »die Gemeinschaft der Jünger von Anfang an nicht nur die Freude des Heiligen Geistes, die Gnade der Wahrheit und der Liebe (kennt), sondern auch die Prüfung, die vor allem in Gegensätzen bezüglich der Glaubenswahrheiten und daraus entstehenden Spaltungen in der Gemeinschaft besteht. So wie es die Gemeinschaft der Liebe von Anfang an gab und bis ans Ende geben wird (vgl. 1 Joh 1, 1ff), so kommt es leider auch von Anfang an zur Spaltung. Wir dürfen uns nicht darüber wundern, dass es sie auch heute gibt. (...) Es besteht also in den Geschehnissen der Welt und auch in den Schwächen der Kirche immer die Gefahr, den Glauben und damit auch die Liebe und die Brüderlichkeit zu verlieren. Derjenige, der an die Kirche der Liebe glaubt und in ihr leben will, hat daher die Pflicht, auch diese Gefahr zu erkennen.« <ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 5. April 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. April 2007, S. 2.</ref>

Die Geschichte der Kirche lehrt uns außerdem, dass echte Gemeinschaft sich nicht ohne mühseliges Ringen um Versöhnung entfaltet.<ref>Für alle sollte die Erfahrung der alten Kirche in der Zeit der Verfolgungen erhellend sein sowie die Lehre, die diesbezüglich gerade die Kirche von Rom gegeben hat. Während sie die rigorosen Ansichten der Novatianer und Donatisten zurückwies, forderte sie zu Großherzigkeit in Vergebung und Versöhnung gegenüber denjenigen auf, die während der Verfolgungen dem Glauben abgeschworen hatten (die »lapsi«) und wünschten, wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen zu werden.</ref> Die Reinigung des Gedächtnisses, die Vergebung für den, der Böses getan hat, das Vergessen erlittenen Unrechts und die Aussöhnung der Herzen in der Liebe, die im Namen des gekreuzigten und auferstandenen Christus zu verwirklichen sind, können in der Tat die Überwindung von persönlichen Standpunkten und Ansichten, die schmerzlichen oder schwierigen Erfahrungen entspringen, erfordern; sie sind aber dringliche Schritte, die gesetzt werden müssen, um die Bande der Gemeinschaft zwischen den Gläubigen und den Hirten der Kirche in China zu vermehren und deutlich zu machen.

Daher hatte schon mein verehrter Vorgänger mehrmals eine eindringliche Einladung zur Vergebung und Versöhnung an euch gerichtet. Diesbezüglich möchte ich gern an einen Abschnitt der Botschaft erinnern, die er euch in zeitlicher Nähe zum Heiligen Jahr 2000 gesandt hat: »In eurer Vorbereitung auf die Abhaltung des Großen Jubiläumsjahres dürft ich nicht vergessen, dass in der biblischen Tradition eine solche Zeit immer die Verpflichtung zum gegenseitigen Schuldenerlaß, zur Wiedergutmachung von begangenem Unrecht und zur Versöhnung mit dem Nachbarn mit sich brachte. Auch euch wurde die ,,große Freude’’ verkündet, die ,,allen Völkern zuteil wurde’’: die Liebe und Barmherzigkeit des Vaters, die in Christus erwirkte Erlösung. In dem Maße, wie ihr selbst bereit seid, diese freudige Kunde anzunehmen, werdet ihr sie auch durch euer Leben allen Männern und Frauen an eurer Seite vermitteln können. Mein sehnlichster Wunsch ist, dass ihr den inneren Eingebungen des Heiligen Geistes nachkommt und euch gegenseitig all das vergebt, was zu vergeben ist, euch einander näherkommt, euch gegenseitig akzeptiert und alle Barrieren überwindet, um all das zu umgehen, was euch trennen kann. Vergeßt die Worte Jesu beim Letzten Abendmahl nicht: ,,Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt’’ (Joh 13, 35). Ich habe mit Freude vernommen, dass das wertvollste Geschenk, das ihr zur Feier des Großen Jubiläumsjahres anbieten wollt, die Einheit unter euch und mit dem Nachfolger Petri sein soll. Ein solches Vorhaben kann nur die Frucht des Geistes sein, der seine Kirche auf die nicht leichten Wege der Versöhnung und Einheit führt.« <ref>Johannes Paul II., Botschaft an die Katholiken in China Alla vigilia (8. Dezember 1999), Nr. 6: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. Januar 2000, S. 9.</ref>

Wir alle sind uns der Tatsache bewusst, dass dieser Weg sich nicht von heute auf morgen erfüllen können wird, aber seid gewiß, dass die ganze Kirche für euch in diesem Anliegen beharrlich betet.

Berücksichtigt ferner, dass euer Weg der Versöhnung vom Beispiel und vom Gebet vieler »Glaubenszeugen« getragen wird, die gelitten und vergeben haben, während sie ihr Leben für die Zukunft der Kirche in China hingegeben haben. Ihre Existenz selbst stellt einen ständigen Segen für euch beim himmlischen Vater dar und ihr Andenken wird es nicht an reichen Früchten fehlen lassen.


Kirchliche Gemeinschaften und staatliche Organe: in Wahrheit und Liebe zu lebende Beziehungen

7. Eine sorgfältige Analyse der schon erwähnten schmerzlichen Situation starker Gegensätze (vgl. Nr. 6), von der gläubige Laien und Hirten betroffen sind, stellt unter den verschiedenen Ursachen die wichtige Rolle heraus, die von jenen Organen und Einrichtungen wahrgenommen wird, die als Hauptverantwortliche des Lebens der katholischen Gemeinschaft durchgesetzt worden sind. In der Tat ist noch heute die Anerkennung durch diese Organe und Einrichtungen das Kriterium, um eine Gemeinde, eine Person oder einen religiösen Ort als legal und somit »offiziell« zu erklären. Das alles hat Spaltungen sowohl im Klerus als auch unter den Gläubigen verursacht. Dies ist eine Situation, die vor allem von Faktoren außerhalb der Kirche abhängt, die aber ernsthaft ihren Weg konditioniert hat, indem sie Anlass zu Verdächtigungen, zu gegenseitigen Beschuldigungen und Anzeigen gibt, und die weiterhin eine besorgniserregende Schwäche der Kirche darstellt.

Hinsichtlich der delikaten Frage nach den mit den Organen des Staates zu unterhaltenden Beziehungen ist besonders die Einladung des Zweiten Vatikanischen Konzils erhellend, dem Wort und der Handlungsweise Jesu Christi zu folgen. Denn »er lehnte es ab, ein politischer Messias zu sein, der äußere Machtmittel anwendet.<ref>Vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 4{{#if:8-10|,8-10}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}; {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 6{{#if:15|,15}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref> Statt dessen zog er es vor, sich den Menschensohn zu nennen, der gekommen ist, ,,um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für die vielen’’ (Mk 10, 45). Er erwies sich als der vollkommene Gottesknecht<ref>Vgl. {{#ifeq: Jesaja | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Jes|Jes|Jesaja}}|{{#if: Jes |Jes|Jesaja}}}} 42{{#if:1-4|,1-4}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>, der ,,das geknickte Rohr nicht zerbricht und den glimmenden Docht nicht auslöscht’’ (Mt 12, 20). Die staatliche Gewalt und ihre Rechte erkannte er an, als er befahl, dem Kaiser Steuer zu zahlen, mahnte aber deutlich, dass die höheren Rechte Gottes zu wahren seien: ,,Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist’’ (Mt 22, 21). Schließlich hat er durch das Erlösungswerk am Kreuz, um den Menschen das Heil und die wahre Freiheit zu erwerben, seine Offenbarung zur Vollendung gebracht. Er gab der Wahrheit Zeugnis<ref>Vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 18{{#if:37|,37}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>, und dennoch wollte er sie denen, die ihr widersprachen, nicht mit Gewalt aufdrängen. Sein Reich wird ja nicht mit dem Schwert beschützt<ref>Vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 26{{#if:51-53|,51-53}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}; {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 18{{#if:36|,36}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>, sondern wird gefestigt im Bezeugen und Hören der Wahrheit und wächst in der Kraft der Liebe, in der Christus, am Kreuz erhöht, die Menschen an sich zieht (vgl. Joh 12, 32).« <ref>Zweites Vatikanisches Konzil Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, Nr. 11.</ref>

Wahrheit und Liebe sind die zwei tragenden Säulen des Lebens der christlichen Gemeinschaft. Aus diesem Grund habe ich daran erinnert: »Die Kirche der Liebe ist auch die Kirche der Wahrheit, vor allem im Sinne der Treue zum Evangelium, das der Herr Jesus den Seinen anvertraut hat. (...) Um aber in Einheit und Frieden zu leben, braucht die Familie der Kinder Gottes jemanden, der sie in der Wahrheit bewahrt und sie mit weisem und maßgebendem Unterscheidungsvermögen führt: Dies zu tun, ist die Aufgabe, zu der das Apostelamt berufen ist. Und hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt. Die Kirche ist ganz aus dem Heiligen Geist; sie besitzt aber eine Struktur, die Apostolische Sukzession, der die Verantwortung obliegt, zu gewährleisten, dass die Kirche in der von Christus geschenkten Wahrheit bleibt, aus der auch die Fähigkeit zur Liebe kommt. (...) Die Apostel und ihre Nachfolger sind daher die Bewahrer und maßgeblichen Zeugen des der Kirche übergebenen Gutes der Wahrheit, so wie sie auch die Diener der Liebe sind: zwei Aspekte, die zusammengehören. (...) Die Wahrheit und die Liebe sind zwei Gesichter derselben Gabe, die von Gott kommt und die dank des apostolischen Dienstes in der Kirche bewahrt wird und uns bis in unsere Gegenwart hinein erreicht!.« <ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 5. April 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. April 2007, S. 2.</ref>

Das Zweite Vatikanische Konzil betont daher: »Achtung und Liebe sind auch denen zu gewähren, die in gesellschaftlichen, politischen oder auch religiösen Fragen anders denken oder handeln als wir. Je mehr wir in Menschlichkeit und Liebe inneres Verständnis für ihr Denken aufbringen, desto leichter wird es für uns, mit ihnen ins Gespräch zu kommen«. Dasselbe Konzil mahnt uns jedoch: »Diese Liebe und Güte dürfen uns aber keineswegs gegenüber der Wahrheit und dem Guten gleichgültig machen.« <ref>Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 28.</ref>

Wenn wir den »ursprünglichen Plan Jesu«<ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 5. April 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. April 2007, S. 2.</ref> betrachten, stellt sich klar heraus, dass der Anspruch einiger vom Staat gewollter und der Struktur der Kirche fremder Organe und Einrichtungen, der darin besteht, sich über die Bischöfe selbst zu stellen und das Leben der kirchlichen Gemeinde zu lenken, nicht der katholischen Lehre entspricht, nach der die Kirche »apostolisch« ist, wie es auch das Zweite Vatikanische Konzil bekräftigt hat. Die Kirche ist apostolisch »aufgrund ihres Ursprungs, da sie ,,auf das Fundament der Apostel’’ gebaut ist (Eph 2, 20); aufgrund ihrer Lehre, welche die Lehre der Apostel ist; und aufgrund ihrer Struktur, weil sie bis zur Wiederkunft Christi von den Aposteln belehrt, geheiligt und geleitet wird – und zwar durch ihre Nachfolger, die Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Petrus.« <ref>Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 174. Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nrn. 857 und 869.</ref> In jeder Teilkirche »weidet« daher nur »der Diözesanbischof (...) im Namen des Herrn die ihm als dem eigentlichen, ordentlichen und unmittelbaren Hirten anvertraute Herde«<ref>Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Apostolos suos (21. Mai 1998), Nr. 10: AAS 90 (1998), 648.</ref>, und auf nationaler Ebene kann nur eine rechtmäßige Bischofskonferenz pastorale Orientierungen aufstellen, die für die ganze katholische Gemeinschaft des betreffenden Landes Geltung besitzen.<ref>Vgl. Codex des kanonischen Rechtes, can. 447.</ref>

Auch das erklärte Ziel der oben genannten Stellen, das darin besteht, »die Prinzipien der Unabhängigkeit und Autonomie, der Selbstverwaltung und der demokratischen Administration«<ref>Satzungen der Patriotischen Vereinigung der chinesischen Katholiken (Chinese Catholic Patriotic Association, CCPA), 2004, Art. 3.</ref> zu verwirklichen, ist mit der katholischen Lehre unvereinbar, die beginnend mit den antiken Glaubensbekenntnissen die Kirche als »eine, heilige, katholische und apostolische« bekennt.

Im Lichte der oben dargelegten Prinzipien werden sich die Hirten und die gläubigen Laien daran erinnern, dass die Verkündigung des Evangeliums, die Katechese und das karitative Wirken, die Liturgie und der Kult sowie alle pastoralen Entscheidungen einzig den Bischöfen gemeinsam mit ihren Priestern in der bleibenden Kontinuität des Glaubens, der von den Aposteln in den Heiligen Schriften und durch die Tradition überliefert worden ist, zustehen und daher keiner Einmischung von außen unterliegen dürfen.

In Anbetracht dieser schwierigen Situation fragen sich nicht wenige Glieder der katholischen Gemeinschaft, ob nicht die Anerkennung seitens der zivilen Autoritäten – die für das öffentliche Wirken erforderlich ist – irgendwie die Gemeinschaft mit der Universalkirche kompromittiert. Ich weiß gut, dass diese Problematik die Herzen der Hirten und der Gläubigen schmerzlich beunruhigt. Diesbezüglich bin ich zunächst der Ansicht, dass die notwendige und entschiedene Bewahrung des Glaubensgutes und der sakramentalen und hierarchischen Gemeinschaft an und für sich dem Dialog mit den Autoritäten über jene Aspekte des kirchlichen Lebens, die in den zivilen Bereich fallen, nicht entgegensteht. Daher bestehen dann keine besonderen Schwierigkeiten für die Annahme der von den zivilen Autoritäten erlassenen Anerkennung, wenn die Bedingung erfüllt ist, dass eine solche staatliche Anerkennung nicht die Leugnung unverzichtbarer Prinzipien des Glaubens und der kirchlichen Gemeinschaft mit sich bringt. In nicht wenigen konkreten Fällen jedoch, wenn nicht sogar fast immer, greifen im Anerkennungsverfahren Organe und Einrichtungen ein, die die beteiligten Personen dazu verpflichten, Haltungen anzunehmen, Handlungen zu setzen und Aufgaben zu übernehmen, die dem, was das Gewissen eines Katholiken gebietet, entgegengesetzt sind. Ich verstehe daher, wie schwer es fällt, unter solch verschiedenen Bedingungen und Umständen die richtige Entscheidung zu treffen. Aus diesem Grund überläßt der Heilige Stuhl – nachdem er erneut die Prinzipien dargelegt hat – die Entscheidung dem einzelnen Bischof, der, nach Anhörung seines Presbyteriums, besser imstande ist, die örtliche Situation zu kennen, die konkreten Wahlmöglichkeiten abzuwägen und die eventuellen Folgen innerhalb der diözesanen Gemeinschaft einzuschätzen. Es könnte sein, dass am Ende seine Entscheidung nicht die Zustimmung aller Priester und Gläubigen findet. Ich wünsche mir jedoch, dass sie Annahme findet, auch wenn dies unter Leid geschieht, und dass die Einheit der diözesanen Gemeinschaft mit dem eigenen Hirten aufrecht erhalten wird.

Schließlich wird es gut sein, dass Bischöfe und Priester sich mit wahrem Hirtenherzen mit allen Mitteln darum bemühen, keinen Anlass zu anstoßerregenden Situationen zu geben, indem sie die Gelegenheiten nutzen, um das Gewissen der Gläubigen zu bilden, und dabei besondere Aufmerksamkeit gegenüber den schwächeren Gliedern walten lassen: All dies soll in der Gemeinschaft und in brüderlichem Verständnis sowie unter Vermeidung von Urteilen und gegenseitigen Verurteilungen gelebt werden. Auch in diesem Fall muss man berücksichtigen, dass es für die Beurteilung der Sittlichkeit einer Handlung – insbesondere beim Fehlen eines wahren Freiheitsraumes – notwendig ist, außer dem objektiven Fehler mit besonderer Sorgfalt die tatsächlichen Absichten der betroffenen Person zu kennen. Jeder Fall wird daher einzeln unter Berücksichtigung der Umstände eingehend geprüft werden müssen.

Der chinesische Episkopat

8. In der Kirche, dem Volk Gottes, steht allein den geweihten Amtsträgern, die nach einer angemessenen Ausbildung und Formung in rechter Weise die heilige Weihe empfangen haben, die Ausübung des Amtes »des Lehrens, des Heiligens und des Leitens« zu. Die gläubigen Laien können mit der kanonischen Beauftragung durch den Bischof einen nützlichen kirchlichen Dienst bei der Weitergabe des Glaubens leisten.

In den letzten Jahren seid ihr, liebe Brüder im Bischofsamt, aus verschiedenen Gründen auf Schwierigkeiten gestoßen, da im Namen verschiedener staatlicher Organe nicht »geweihte« – zuweilen auch nicht getaufte – Personen Entscheidungen in wichtigen kirchlichen Fragen kontrollieren und treffen, einschließlich der Ernennung von Bischöfen. Folglich ist es zu einer Abwertung des Petrus- und des Bischofsamtes aufgrund einer Sicht der Kirche gekommen, nach welcher der Papst, die Bischöfe und die Priester Gefahr laufen, de facto Personen ohne Amt und ohne Amtsgewalt zu werden. Hingegen sind das Petrus- und das Bischofsamt, wie schon gesagt wurde, wesentliche und integrale Bestandteile der katholischen Lehre über die sakramentale Struktur der Kirche. Diese Natur der Kirche ist eine Gabe des Herrn Jesus, denn »er gab den einen das Apostelamt, andere setzte er als Propheten ein, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi. So sollen wir alle zur Einheit im Glauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, damit wir zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen« (Eph 4, 11-13).

Die Gemeinschaft und die Einheit – es sei mir gestattet, dies hier zu wiederholen (vgl. Nr. 5) – sind wesentliche und integrale Bestandteile der Kirche. Daher ist der Plan einer – im religiösen Bereich – vom Heiligen Stuhl »unabhängigen« Kirche unvereinbar mit der katholischen Lehre.

Ich bin mir der großen Schwierigkeiten bewusst, denen ihr in der oben genannten Situation begegnen müsst, um Christus, seiner Kirche und dem Nachfolger Petri treu zu bleiben. Indem ich euch daran erinnere, dass – wie schon der heilige Paulus sagte (vgl. Röm 8, 35-39) – keine Schwierigkeit uns von der Liebe Christi scheiden kann, vertraue ich darauf, dass ihr im Vertrauen auf die Gnade des Herrn alles Mögliche zu tun wisst, um die Einheit und die kirchliche Gemeinschaft auch unter Inkaufnahme großer Opfer zu bewahren.

Viele Mitglieder des chinesischen Episkopats, die in den letzten Jahrzehnten die Kirche geleitet haben, gaben – und geben – den eigenen Gemeinden und der Universalkirche ein leuchtendes Zeugnis. Noch einmal komme aus dem Herzen ein Hymnus des Lobes und des Dankes an den »obersten Hirten« der Herde (1 Petr 5, 4): Man kann in der Tat nicht vergessen, dass viele von ihnen Verfolgung erlitten haben und in der Ausübung ihres Amtes behindert wurden und dass einige von ihnen die Kirche mit dem Vergießen des eigenen Blutes fruchtbar gemacht haben. Die neuen Zeiten und die sich daraus ergebende Herausforderung der Neuevangelisierung heben die Funktion des bischöflichen Dienstes hervor. Wie Papst Johannes Paul II. den Hirten, die aus allen Teilen der Welt zur Heiligjahrfeier nach Rom gekommen waren, sagte, »trägt (an erster Stelle) der Bischof die Verantwortung, und er belebt die kirchliche Gemeinschaft sowohl im Streben nach Gemeinschaft als auch in ihren missionarischen Vorhaben. Angesichts des Relativismus und Subjektivismus, die so weite Bereiche der gegenwärtigen Kultur verschmutzen, sind die Bischöfe dazu berufen, die Einheit ihrer Gläubigen in der Lehre zu verteidigen und zu fördern. Achtsam und bemüht gegenüber allen Situationen, in denen der Glaube verlorengeht oder unbeachtet bleibt, setzen sich die Bischöfe mit aller Kraft für die Evangelisation ein. Sie bereiten Priester, Ordensleute und Laien auf diese Aufgabe vor und stellen die hierfür nötigen Mittel zur Verfügung.« <ref>Homilie anläßlich der Heiligjahrfeier der Bischöfe (8. Oktober 2000), Nr. 5: AAS 93 (2001), 28. Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche Christus dominus, Nr. 6.</ref>

Bei demselben Anlass rief mein verehrter Vorgänger in Erinnerung, dass »der Bischof als Nachfolger der Apostel (jemand ist), für den Christus alles bedeutet. So kann er jeden Tag mit Paulus wiederholen: ,,Denn für mich ist Christus das Leben’’ (Phil 1,21). Hierfür muss er mit seinem ganzen Dasein Zeugnis ablegen. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt: ,,Ihrer apostolischen Aufgabe sollen sich die Bischöfe zuwenden als Zeugen Christi vor allen Menschen’’ (Dekret Christus Dominus, 11).« <ref>Johannes Paul II., Homilie anlässlich der Heiligjahrfeier der Bischöfe (8. Oktober 2000), Nr. 4: AAS 93 (2001), 27.</ref>

Hinsichtlich des bischöflichen Dienstes nehme ich die Gelegenheit wahr, um an das zu erinnern, was ich erst kürzlich gesagt habe: »Die Bischöfe (tragen) die erste Verantwortung dafür (...), dass die Kirche als Familie Gottes und als ein Ort der gegenseitigen Hilfe und der Dienstbereitschaft aufgebaut wird. Um diese Sendung erfüllen zu können, habt ihr mit der Bischofsweihe drei besondere Ämter erhalten: das munus docendi, das munus sanctificandi und das munus regendi, die zusammen das munus pascendi bilden. Insbesondere besteht die Zielsetzung des munus regendi im Wachstum der kirchlichen Gemeinschaft, das heißt im Aufbau einer Gemeinschaft, die einmütig festhält an der Lehre der Apostel, am Brechen des Brotes, an den Gebeten und an der Gemeinschaft. Das Leitungsamt – eben das munus regendi – ist eng mit den Ämtern des Lehrens und der Heiligung verbunden und bildet so für den Bischof einen wahren Akt der Liebe Gott und dem Nächsten gegenüber, der in der pastoralen Liebe zum Ausdruck kommt.« <ref>Benedikt XVI., Audienz für die neu ernannten Bischöfe (21. September 2006): AAS 98 (2006), 696.</ref>

Wie in der restlichen Welt, so wird auch in China die Kirche von Bischöfen geleitet, denen in der Bischofsweihe, die ihnen von anderen gültig geweihten Bischöfen erteilt wurde, zusammen mit dem Amt des Heiligens auch die Ämter des Lehrens und des Leitens des ihnen in den jeweiligen Teilkirchen anvertrauten Volkes übertragen wurden – mit der zugehörigen Amtsgewalt, die ihnen mittels der Gnade des Weihesakraments von Gott verliehen wurde. Die Ämter der Lehre und der Leitung »(können) jedoch ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des (Bischofs)Kollegiums ausgeübt werden« <ref>Zweites Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 21. Vgl. auch Codex des kanonischen Rechtes, can. 375 § 2.</ref>. Denn – so legt dasselbe Zweite Vatikanische Konzil präzise dar – »Glied der Körperschaft der Bischöfe wird man durch die sakramentale Weihe und die hierarchische Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums« <ref>Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 22. Vgl. auch »Erläuternde Vorbemerkung«, Nr. 2.</ref>.

Gegenwärtig sind alle Bischöfe der katholischen Kirche in China Söhne des chinesischen Volkes. Trotz vieler und großer Schwierigkeiten ist die katholische Kirche in China durch eine besondere Gnade des Heiligen Geistes nie des Dienstes rechtmäßiger Hirten beraubt worden, die die Apostolische Sukzession intakt bewahrt haben. Wir müssen dem Herrn für diese beständige und leidgeprüfte Anwesenheit von Bischöfen danken, die die Bischofsweihe in Übereinstimmung mit der katholischen Tradition empfangen haben, das heißt in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem Nachfolger Petri, und durch gültig und rechtmäßig geweihte Bischöfe unter Beachtung des Ritus des katholischen Kirche.

Einige von ihnen, die einer widerrechtlichen, über das Leben der Kirche ausgeübten Kontrolle nicht unterliegen wollten und wünschten, eine volle Treue zum Nachfolger Petri und zur katholischen Lehre zu bewahren, sahen sich gezwungen, sich im geheimen weihen zu lassen. Der Untergrund fällt nicht in die Normalität des Lebens der Kirche, und die Geschichte zeigt, dass Hirten und Gläubige dazu nur mit dem mit Leid verbundenen Wunsch greifen, den eigenen Glauben unversehrt zu bewahren und keine Einmischung von staatlichen Organen in Dingen zu dulden, die das Innerste des Lebens der Kirche berühren. Aus diesem Grund wünscht der Heilige Stuhl, dass diese rechtmäßigen Hirten als solche von den Regierungsautoritäten auch mit zivilrechtlichen Folgen anerkannt werden können – soweit diese erforderlich sind – und dass alle Gläubigen den eigenen Glauben im gesellschaftlichen Umfeld, in dem sie leben, frei zum Ausdruck bringen können.

Andere Hirten hingegen haben unter dem Druck besonderer Umstände eingewilligt, die Bischofsweihe ohne päpstlichen Auftrag zu empfangen, haben aber in der Folge darum gebeten, in die Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri und mit den anderen Brüdern im Bischofsamt aufgenommen werden zu dürfen. In Anbetracht der Aufrichtigkeit ihrer Gesinnung und der Vielschichtigkeit der Situation sowie unter Berücksichtigung der Meinung der Bischöfe in ihrer Nähe hat der Papst ihnen kraft der eigenen Verantwortung als oberster Hirte der universalen Kirche die volle und rechtmäßige Ausübung der bischöflichen Jurisdiktion gewährt. Diese Initiative des Papstes entsprang der Kenntnis der besonderen Umstände ihrer Weihe und seiner großen pastoralen Sorge, die Wiederherstellung der vollen Einheit zu fördern. Leider sind die Priester und die Gläubigen meistens nicht entsprechend über die erfolgte Legitimierung ihres Bischofs unterrichtet worden, und dies hat zu nicht wenigen und schweren Gewissensproblemen Anlass gegeben. Darüber hinaus haben einige legitimierte Bischöfe keine Gesten vollzogen, die die erfolgte Legitimierung deutlich unter Beweis gestellt hätten. Aus diesem Grund ist es unerläßlich, dass die erfolgte Legitimierung zum geistlichen Wohl der betroffenen diözesanen Gemeinschaft in kurzer Zeit in die Öffentlichkeit gebracht wird und dass die legitimierten Bischöfe immer mehr unzweideutige Zeichen der vollen Einheit mit dem Nachfolger Petri setzen.

Schließlich gibt es einige Bischöfe – in sehr beschränkter Zahl –, die ohne päpstlichen Auftrag geweiht wurden und die die notwendige Legitimierung nicht erbeten oder noch nicht erhalten haben. Gemäß der Lehre der katholischen Kirche sind sie als unrechtmäßige, aber gültig geweihte Bischöfe anzusehen, sofern die Gewißheit besteht, dass sie die Weihe von gültig geweihten Bischöfen empfangen haben und dass der katholische Ritus der Bischofsweihe eingehalten worden ist. Selbst wenn sie nicht in Gemeinschaft mit dem Papst stehen, üben sie daher ihren Dienst in der Spendung der Sakramente gültig aus, wenn auch in unrechtmäßiger Weise. Welch großer geistlicher Reichtum könnte der Kirche in China daraus erwachsen, wenn auch diese Hirten unter Einhaltung der notwendigen Bedingungen zur Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri und mit dem ganzen katholischen Episkopat gelangten! Nicht nur ihr bischöflicher Dienst würde legitimiert werden, sondern auch ihre Gemeinschaft mit den Priestern und Gläubigen, die die Kirche in China als Teil der katholischen Kirche in Einheit mit dem Bischof von Rom und mit allen anderen Teilkirchen in der Welt betrachten, würde sich als tiefer erweisen.

In den einzelnen Nationen bilden alle rechtmäßigen Bischöfe eine Bischofskonferenz, die nach einem eigenen Statut, das nach Vorgabe des kanonischen Rechts vom Apostolischen Stuhl approbiert werden muss, geleitet wird. Solch eine Bischofskonferenz bringt die brüderliche Gemeinschaft aller Bischöfe einer Nation zum Ausdruck und behandelt Fragen der Lehre und der Pastoral, die für die ganze katholische Gemeinschaft im Land von Bedeutung sind, ohne sich aber in die Ausübung der ordentlichen und unmittelbaren Gewalt jedes Bischofs in seiner eigenen Diözese einzumischen. Ferner unterhält jede Bischofskonferenz angemessene und nützliche Kontakte mit den örtlichen zivilen Autoritäten, auch um die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat zu fördern. Dabei ist jedoch klar, dass eine Bischofskonferenz in Fragen des Glaubens und des glaubensgemäßen Lebens (fides et mores, sakramentales Leben), die ausschließlich in die Zuständigkeit der Kirche fallen, keiner zivilen Autorität unterstellt sein kann.

Im Lichte der oben dargelegten Prinzipien kann das Kollegium der katholischen Bischöfe Chinas<ref> China Catholic Bishop's College (CCBC).</ref> in seiner gegenwärtigen Form vom Apostolischen Stuhl nicht als Bischofskonferenz anerkannt werden: Die »Untergrundbischöfe«, das heißt die von der Regierung nicht anerkannten Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem Papst stehen, gehören ihm nicht an; es schließt Bischöfe ein, die weiterhin unrechtmäßig sind, und es richtet sich nach Statuten, die Elemente enthalten, die mit der katholischen Lehre unvereinbar sind.

Bischofsernennungen

9. Wie euch allen bekannt ist, liegt eines der heikelsten Probleme in den Beziehungen des Heiligen Stuhls mit den Autoritäten eures Landes in der Frage der Bischofsernennungen. Einerseits kann man verstehen, dass die Regierungsautoritäten in Anbetracht der gesellschaftlichen Auswirkungen, die dieses Amt – in China wie in der restlichen Welt – auch im zivilen Bereich besitzt, bei der Auswahl derer aufmerken, die die wichtige Rolle der Leiter und Hirten der örtlichen katholischen Gemeinden ausüben werden. Andererseits verfolgt der Heilige Stuhl mit besonderer Sorgfalt die Ernennung der Bischöfe, weil diese das Herz des Lebens der Kirche selbst berührt, da die Ernennung der Bischöfe durch den Papst die Gewährleistung der Einheit der Kirche und der hierarchischen Gemeinschaft ist. Aus diesem Grund legt der Codex des kanonischen Rechtes (vgl. Canon 1382) schwere Strafen fest sowohl für den Bischof, der freiwillig die Bischofsweihe ohne apostolischen Auftrag spendet, als auch für den Empfänger: Eine solche Weihe stellt in der Tat eine schmerzhafte Wunde in der kirchlichen Gemeinschaft dar und ist eine schwere Verletzung der kanonischen Ordnung.

Wenn der Papst den apostolischen Auftrag zur Weihe eines Bischofs erteilt, übt er seine höchste geistliche Autorität aus – eine Autorität und ein Handeln, welche streng im religiösen Bereich angesiedelt bleiben. Es geht hier also nicht um eine politische Autorität, die sich unrechtmäßigerweise in die inneren Angelegenheiten eines Staates einmischen und seine Souveränität verletzen würde.

Die Ernennung von Hirten für eine bestimmte religiöse Gemeinschaft wird auch in internationalen Dokumenten als ein konstitutives Element für die volle Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit verstanden.<ref>Auf weltweiter Ebene sei zum Beispiel auf die Anordnungen des Artikels 18, Paragraph 1 des International Convenant on Civil and Political Rights vom 16. Dezember 1966 verwiesen (»Everyone shall have the right to freedom of thought, conscience and religion. This right shall include freedom to have or to adopt a religion or belief of his choice, and freedom, either individually or in community with others and in public or private, to manifest his religion or belief in worship, observance, practice and teaching«) und auf die verbindliche Interpretation für die Mitgliedsstaaten, die das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen in »General Comment, No. 22« (Nr. 4) vom 30. Juli 1993 dazu vorgelegt hat (»the practice and teaching of religion or belief includes acts integral to the conduct by religious groups of their basic affairs, such as the freedom to choose their religious leaders, priests and teachers, the freedom to establish seminaries or religious schools and the freedom to prepare and distribute religious texts or publications«). Auf regionaler Ebene sei dann zum Beispiel auf die folgenden Verpflichtungen verwiesen, die im Wiener Treffen der Vertreter der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) angenommen wurden: »Um die Freiheit des einzelnen zu gewährleisten, sich zu seiner Religion oder Überzeugung zu bekennen und diese auszuüben, werden die Teilnehmerstaaten unter anderem (...) das Recht dieser religiösen Gemeinschaften achten, (...) sich nach ihrer eigenen hierarchischen und institutionellen Struktur zu organisieren, ihr Personal in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Erfordernissen und Normen sowie mit etwaigen zwischen ihnen und ihrem Staat freiwillig vereinbarten Regelungen auszuwählen, zu ernennen und auszutauschen (...)« (Abschlußdokument 1989, Prinzip Nr. 16 des Abschnitts »Fragen der Sicherheit in Europa«). Vgl. auch Zweites Vatikanisches Konzil Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, Nr. 4.</ref> Der Heilige Stuhl möchte bei der Ernennung der Bischöfe ganz frei sein; <ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Erklärung über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche Christus dominus, Nr. 20.</ref> daher hoffe ich in Anbetracht des in jüngerer Zeit beschrittenen besonderen Weges der Kirche in China darauf, dass eine Vereinbarung mit der Regierung gefunden werde, um einige Fragen sowohl bezüglich der Auswahl der Kandidaten für das Bischofsamt zu lösen als auch bezüglich der Bekanntgabe der Bischofsernennungen sowie der Anerkennung – für die, soweit notwendigen, zivilrechtlichen Folgen – der neuen Bischöfe seitens der staatlichen Autoritäten.

Schließlich möchte ich hinsichtlich der Auswahl der Kandidaten für das Bischofsamt, auch wenn ich eure diesbezüglichen Schwierigkeiten kenne, an die Notwendigkeit erinnern, dass diese würdige, von den Gläubigen geachtete und geliebte Priester und Vorbilder eines Lebens aus dem Glauben sein mögen und dass sie eine gewisse Erfahrung im seelsorglichen Dienst besitzen und daher besser geeignet sind, um der schweren Verantwortung eines Hirten der Kirche gerecht zu werden.<ref>Diesbezüglich sei auf die entsprechenden Normen des Codex des kanonischen Rechtes (vgl. can. 378) verwiesen.</ref> Falls es in einer Diözese unmöglich sein sollte, passende Kandidaten für die Besetzung des bischöflichen Stuhls zu finden, kann die Zusammenarbeit mit den Bischöfen der benachbarten Diözesen helfen, geeignete Kandidaten zu ermitteln.

ZWEITER TEIL: ORIENTIERUNGEN FÜR DAS PASTORALE LEBEN

Sakramente, Leitung der Diözesen, Pfarreien

10. In letzter Zeit sind Schwierigkeiten aufgetreten im Zusammenhang mit Einzelinitiativen von Hirten, Priestern und gläubigen Laien, die, bewegt von einem großherzigen seelsorglichen Eifer, nicht immer die Aufgaben und Verantwortlichkeiten anderer beachtet haben.

Diesbezüglich erinnert uns das Zweite Vatikanische Konzil daran, dass die einzelnen Bischöfe, wenn sie einerseits »als Glieder des Bischofskollegiums und rechtmäßige Nachfolger der Apostel (...) aufgrund von Christi Stiftung und Vorschrift zur Sorge für die Gesamtkirche gehalten (sind)«, andererseits »ihr Hirtenamt über den ihnen anvertrauten Teil des Gottesvolkes, nicht über andere Kirchen und nicht über die Gesamtkirche aus(üben).« <ref>Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 23.</ref>

Angesichts gewisser Probleme, die in den letzten Jahren in verschiedenen diözesanen Gemeinschaften aufgetreten sind, scheint es mir ferner eine Pflicht zu sein, an die kanonische Vorschrift zu erinnern, nach der jeder Kleriker in einer Teilkirche oder in einem Institut des gottgeweihten Lebens inkardiniert sein muss und seinen Dienst in Gemeinschaft mit dem Diözesanbischof ausüben muss. Nur aus gerechten Gründen kann ein Kleriker Dienst in einer anderen Diözese tun, aber immer nach vorheriger Vereinbarung der beiden Diözesanbischöfe, das heißt des Diözesanbischofs der Teilkirche, in der er inkardiniert ist, und des Bischofs jener Teilkirche, für deren Dienst er bestimmt wurde.<ref>Vgl. Codex des kanonischen Rechtes, cann. 265-272.</ref>

Ihr habt euch sodann bei nicht wenigen Anlässen die Frage nach der Konzelebration der Eucharistie gestellt. Diesbezüglich erinnere ich daran, dass diese als Bedingungen das Bekenntnis desselben Glaubens und die hierarchische Gemeinschaft mit dem Papst und mit der Universalkirche voraussetzt. Es ist daher legitim, mit Bischöfen und Priestern zu konzelebrieren, die in Gemeinschaft mit dem Papst stehen, auch wenn diese von den zivilen Autoritäten anerkannt sind und Beziehungen mit vom Staat gewollten, nicht zur kirchlichen Struktur gehörenden Organen und Einrichtungen unterhalten, vorausgesetzt – wie oben gesagt wurde (vgl. Nr. 7, Absatz 8) –, dass die Anerkennung und die Beziehung nicht die Leugnung von unverzichtbaren Prinzipien des Glaubens und der kirchlichen Gemeinschaft mit sich bringen.

Auch die gläubigen Laien, die von einer aufrichtigen Liebe zu Christus und zur Kirche beseelt sind, sollen nicht zögern, an der Eucharistie teilzunehmen, die von Bischöfen und Priestern gefeiert wird, die in voller Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri stehen und von den staatlichen Autoritäten anerkannt sind. Dasselbe gilt für alle anderen Sakramente.

Immer im Licht der Prinzipien der katholischen Lehre müssen die Probleme gelöst werden, die mit jenen Bischöfen auftreten, die, wenn auch unter Einhaltung des katholischen Ritus der Bischofsweihe, jedoch ohne päpstlichen Auftrag geweiht worden sind. Ihre Weihe ist – wie ich schon gesagt habe (vgl. Nr. 8, Absatz 12) – unerlaubt, aber gültig, so wie die von ihnen erteilten Priesterweihen und auch die von solchen Bischöfen und Priestern gespendeten Sakramente gültig sind. Unter Berücksichtigung dessen müssen daher die Gläubigen für die Eucharistiefeier und die übrigen Sakramente nach Möglichkeit Bischöfe und Priester suchen, die in Gemeinschaft mit dem Papst stehen: Wenn dies nicht ohne schwere Unannehmlichkeiten für sie machbar sein sollte, können sie sich, wenn es ihr geistliches Wohl erfordert, auch an jene wenden, die nicht in Gemeinschaft mit dem Papst stehen.

Schließlich halte ich es für angebracht, eure Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was die kanonische Gesetzgebung vorsieht, um den Diözesanbischöfen bei der Erfüllung ihrer eigenen Hirtenaufgabe zu helfen. Jeder Diözesanbischof ist aufgefordert, von den unerläßlichen Mitteln der Gemeinschaft und der Zusammenarbeit innerhalb der diözesanen katholischen Gemeinschaft Gebrauch zu machen: die Diözesankurie, der Priesterrat, das Konsultorenkollegium, der Diözesanpastoralrat und der Diözesanvermögensverwaltungsrat. Diese Organe bringen die Gemeinschaft zum Ausdruck, sie fördern die Teilhabe an der gemeinsamen Verantwortung und sind von großer Hilfe für die Hirten, die sich in dieser Weise der brüderlichen Mitarbeit der Priester, der gottgeweihten Personen und der gläubigen Laien bedienen können.

Dasselbe gilt für die verschiedenen Räte, die das kanonische Recht für die Pfarreien vorsieht: pfarrlicher Pastoralrat und pfarrlicher Vermögensverwaltungsrat.

Sowohl für die Diözesen als auch für die Pfarreien heißt es, besonderes Augenmerk auf die zeitlichen – beweglichen und unbeweglichen – Güter der Kirche zu richten, die im zivilen Bereich auf den Namen der Diözese oder der Pfarrei und niemals auf den Namen einzelner Personen (das heißt des Bischofs, des Pfarrers oder einer Gruppe von Gläubigen) registriert werden müssen. Gleichzeitig behält die herkömmliche pastorale und missionarische Orientierung ihre volle Gültigkeit, die im Grundsatz »nihil sine Episcopo« zusammengefaßt ist.

Aus der Analyse der oben dargelegten Problemstellungen ergibt sich mit Deutlichkeit, dass eine wahre Lösung derselben in der Förderung der Gemeinschaft wurzelt, die von Christus, dem Abbild der Liebe des Vaters, der gleichsam ihre Quelle ist, Stärke und Schwung bezieht. Die Liebe, die immer über allem ist (vgl. 1 Kor 13, 1-12), wird die Kraft und der Maßstab in der seelsorglichen Arbeit zum Aufbau einer kirchlichen Gemeinschaft sein, die den auferstandenen Christus dem Menschen von heute gegenwärtig macht.

Die Kirchenprovinzen

11. Während der letzten fünfzig Jahre sind im zivilen Bereich zahlreiche verwaltungsmäßige Änderungen eingetreten. Dies hat auch verschiedene Kirchenbezirke betroffen, die aufgehoben oder zusammengelegt wurden oder die in ihrer territorialen Gestalt auf der Grundlage der zivilen Verwaltungsbezirke verändert wurden. Diesbezüglich möchte ich bekräftigen, dass der Heilige Stuhl bereit ist, die gesamte Frage der Kirchenbezirke und Kirchenprovinzen in einem offenen und konstruktiven Dialog mit dem chinesischen Episkopat und – soweit angebracht und nützlich – mit den Regierungsautoritäten anzugehen.

Die katholischen Gemeinschaften

12. Mir ist wohl bekannt, dass die auf dem weiten chinesischen Territorium verstreuten diözesanen und pfarrlichen Gemeinschaften eine besondere Lebendigkeit des christlichen Lebens, des Glaubenszeugnisses und seelsorglicher Initiativen erkennen lassen. Es ist für mich tröstlich festzustellen, dass die Bischöfe, die Priester, die gottgeweihten Personen und die gläubigen Laien trotz der vergangenen und gegenwärtigen Schwierigkeiten ein tiefes Bewusstsein bewahrt haben, in Glaubens- und Lebensgemeinschaft mit allen katholischen Gemeinden in der Welt lebendige Glieder der Universalkirche zu sein. In ihrem Herzen wissen sie, was es heißt, katholisch zu sein. Und genau diesem katholischen Herzen muss auch der Einsatz entspringen, um sowohl innerhalb der einzelnen Gemeinden als auch in den Beziehungen zu den anderen Gemeinden jenen Geist der Gemeinschaft, des Verständnisses und der Vergebung deutlich zu machen und wirksam werden zu lassen, der – wie oben gesagt wurde (vgl. Nr. 5, Absatz 4, und Nr. 6) – das sichtbare Siegel einer wahren christlichen Existenz ist. Ich bin mir sicher, dass der Geist Christi, so wie er den Gemeinden geholfen hat, den Glauben in Zeiten der Verfolgung lebendig zu erhalten, auch heute allen Katholiken helfen wird, in der Einheit zu wachsen.

Ich habe bereits darauf hingewiesen (vgl. Nr. 2, Absatz 1, und Nr. 4, Absatz 1), dass es den Mitgliedern der katholischen Gemeinschaft in eurem Land – insbesondere den Bischöfen, den Priestern und den gottgeweihten Personen – leider noch nicht gestattet ist, bestimmte Aspekte ihrer Zugehörigkeit zur Kirche und ihrer hierarchischen Gemeinschaft mit dem Papst voll und auch auf sichtbare Weise zu leben und zum Ausdruck zu bringen, insofern ihnen freie Kontakte mit dem Heiligen Stuhl und mit anderen katholischen Gemeinschaften in den verschiedenen Ländern in der Regel verwehrt sind. Es stimmt, dass gegenüber der Vergangenheit die Kirche in den letzten Jahren größere Religionsfreiheit genießt. Trotzdem kann man nicht leugnen, dass weiterhin schwere Einschränkungen bestehen bleiben, die den Kernbereich des Glaubens berühren und zu einem gewissen Maß die Seelsorge behindern. In diesem Zusammenhang erneuere ich den Wunsch (vgl. Nr. 4, Absatz 2-4), dass im Rahmen eines respektvollen und offenen Dialogs zwischen dem Heiligen Stuhl und den chinesischen Bischöfen auf der einen Seite und den Regierungsautoritäten auf der anderen Seite die genannten Schwierigkeiten überwunden werden können und man so zu einer gewinnbringenden Einigung gelangt, die der katholischen Gemeinschaft und dem gesellschaftlichen Zusammenleben zum Nutzen gereichen wird.

Die Priester

13. Sodann möchte ich mich besonders den Priestern zuwenden – vor allem den in den letzten Jahren geweihten Priestern – und eine Einladung an sie richten, die mit großer Hochherzigkeit den Weg des Seelsorgedienstes eingeschlagen haben. Mir scheint, dass die gegenwärtige kirchliche und gesellschaftspolitische Situation immer dringender erfordert, aus den Quellen der priesterlichen Spiritualität Licht und Kraft zu schöpfen. Es sind dies die Liebe zu Gott, die bedingungslose Nachfolge Christi, die Leidenschaft für die Verkündigung des Evangeliums, die Treue zur Kirche und der großherzige Dienst am Nächsten.<ref>Für eine Betrachtung über die Lehre und Spiritualität des Priestertums und über das Charisma des Zölibats verweise ich auf meine Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 5. Januar 2007, S. 7-8.</ref> Wie könnte man hier als allen geltende Ermutigung nicht an die leuchtenden Gestalten jener Bischöfe und Priester erinnern, die in den schwierigen Jahren der jüngeren Vergangenheit eine unerschütterliche Liebe zur Kirche bezeugt haben – auch mit der Hingabe des eigenen Lebens für die Kirche und für Christus!

Liebe Priester! Ihr, die ihr »den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze« (Mt 20, 12) ertragt, die ihr Hand an den Pflug gelegt habt und nicht zurückblickt (vgl. Lk 9, 62), denkt an die Orte, wo die Gläubigen sehnsuchtsvoll auf einen Priester warten, einen solchen seit vielen Jahren vermissen und nicht aufhören, seine Anwesenheit herbeizuwünschen. Ich weiß sehr wohl, dass es unter euch Mitbrüder gibt, die sich mit schwierigen Zeiten und Situationen auseinandersetzen mussten und Positionen eingenommen haben, die vom kirchlichen Gesichtspunkt aus nicht immer nachvollziehbar waren, und die trotz allem wünschen, in die volle Gemeinschaft der Kirche zurückzukehren. Im Geiste jener tiefen Versöhnung, zu der mein verehrter Vorgänger die Kirche in China wiederholt aufgerufen hat<ref>Vgl. Johannes Paul II., Botschaft an die Kirche in China zum 70. Jahrestag der Weihe der ersten Gruppe von chinesischen Bischöfen in Rom und zum 50. Jahrestag der Errichtung der kirchlichen Hierarchie in China La memoria liturgica (3. Dezember 1996), Nr. 4: AAS 89 (1997), 256.</ref>, wende ich mich an die Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri stehen, damit sie in väterlicher Gesinnung Fall für Fall prüfen und einem solchen Wunsch eine rechte Antwort geben – wenn notwendig unter Anrufung des Apostolischen Stuhls. Ich denke, als Zeichen dieser erhofften Versöhnung gibt es keine bedeutungsvollere Geste, als – anläßlich des Priestertages am Gründonnerstag, wie es in der Universalkirche der Fall ist, oder zu einem anderen Anlass, der dafür als besser geeignet erachtet wird – gemeinsam das Bekenntnis des Glaubens zu erneuern, zum Zeugnis der erlangten vollen Gemeinschaft, zur Erbauung des eurer Hirtensorge anvertrauten heiligen Volkes Gottes und zum Lob der Heiligsten Dreifaltigkeit.

Ich bin mir bewusst, dass auch in China, wie in der übrigen Kirche, Bedarf an einer angemessenen Fort- und Weiterbildung des Klerus besteht. Aus dieser Erkenntnis richte ich an euch Bischöfe die Einladung, in eurer Eigenschaft als Verantwortliche der kirchlichen Gemeinschaften besonders an den jungen Klerus zu denken, der in zunehmendem Maße neuen pastoralen Herausforderungen ausgesetzt ist, die in Verbindung mit den Erfordernissen des Auftrags zur Evangelisierung einer so vielschichtigen Gesellschaft wie der gegenwärtigen chinesischen stehen. Daran hat Papst Johannes Paul II. erinnert: Die Weiterbildung der Priester ist »ein Erfordernis, das dem Geschenk des sakramentalen Amtes selbst innewohnt und sich zu jeder Zeit als notwendig offenbart. Heute erweist sie sich aber als besonders dringlich, nicht nur aufgrund der rasanten gesellschaftlichen und kulturellen Veränderung der Menschen und der Völker, unter denen das Priesteramt vollzogen wird, sondern auch wegen der ,,Neuevangelisierung’’, die den wesentlichen und unaufschiebbaren Auftrag der Kirche am Ende des zweiten Jahrtausends darstellt.« <ref>Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992), Nr. 70: AAS 84 (1992), 782.</ref>

Die Berufungen und die religiöse Ausbildung

14. Während der letzten fünfzig Jahre hat es in der Kirche in China nie an einer reichen Blüte an Berufungen zum Priestertum und zum gottgeweihten Leben gefehlt. Dafür muss man dem Herrn Dank sagen, denn es handelt sich hier um ein Zeichen der Lebendigkeit und um einen Grund zur Hoffnung. Im Laufe der Jahre sind dann viele heimische Ordensgemeinschaften entstanden: Die Bischöfe und die Priester wissen aus Erfahrung, wie unersetzlich der Beitrag der Ordensfrauen in der Katechese und im pfarrlichen Leben in all seinen Formen ist. Darüber hinaus ist die Sorge gegenüber den Bedürftigen, die auch in Zusammenarbeit mit den zivilen Autoritäten geleistet wird, Ausdruck jener Liebe und jenes Dienstes am Nächsten, die das glaubwürdigste Zeugnis für die Kraft und die Lebendigkeit des Evangeliums Jesu sind.

Ich bin mir aber bewusst, dass diese Blüte heute von nicht wenigen Schwierigkeiten begleitet wird. Daher ergibt sich die Notwendigkeit sowohl einer sorgfältigeren Unterscheidung der Berufungen seitens der kirchlichen Verantwortlichen als auch einer gründlicheren Erziehung und Ausbildung der Anwärter für das Priestertum und für das Ordensleben. Trotz der Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Mittel muss man sich für die Zukunft der Kirche in China darum bemühen, dass einerseits eine besondere Sorgfalt in der Pflege der Berufungen und andererseits eine in menschlicher, spiritueller, philosophisch-theologischer und pastoraler Hinsicht solidere Ausbildung, die in den Seminaren und in den Ordensinstituten zu erfolgen hat, gewährleistet wird.

Diesbezüglich verdient die Erziehung der Priesteramtskandidaten zum zölibatären Leben eine besondere Erwähnung. Es ist wichtig, dass die Seminaristen lernen, den Zölibat als kostbares Geschenk Gottes und als eminent eschatologisches Zeichen zu leben und zu schätzen, der eine ungeteilte Liebe zu Gott und zu seinem Volk bezeugt und den Priester Jesus Christus, dem Haupt und Bräutigam der Kirche, gleichgestaltet. Dieses Geschenk ist in der Tat auf hervorragende Weise »Ausdruck des priesterlichen Dienstes an der Kirche in und mit dem Herrn«<ref>Ebd., Nr. 29: AAS 84 (1992), 704.</ref> und stellt einen prophetischen Wert für die Welt von heute dar.

Hinsichtlich der Ordensberufung ist es im gegenwärtigen Kontext der Kirche in China notwendig, dass ihre beiden Dimensionen immer leuchtender erscheinen: und zwar einerseits das Zeugnis des Charismas der gänzlichen Weihe an Christus durch die Gelübde der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams und andererseits die Antwort auf das Erfordernis, das Evangelium in den heutigen geschichtlich-gesellschaftlichen Bedingungen des Landes zu verkünden.

Die gläubigen Laien und die Familie

15. In den sehr schwierigen Zeiten der jüngeren Geschichte der katholischen Kirche in China haben die gläubigen Laien sowohl als einzelne und in der Familie wie auch als Mitglieder geistlicher und apostolischer Bewegungen völlige Treue zum Evangelium gezeigt, wobei sie für die eigene Treue zu Christus auch persönlich bezahlt haben. Ihr Laien seid auch heute dazu berufen, das Evangelium in eurem Leben Fleisch werden zu lassen und durch einen großherzigen und tatkräftigen Dienst für das Wohl des Volkes und die Entwicklung des Landes Zeugnis zu geben: und diesen Auftrag erfüllt ihr mit einem Leben als ehrliche Bürger und als aktive und mitverantwortliche Mitarbeiter bei der Verbreitung des Wortes Gottes in eurer ländlichen oder städtischen Umgebung. Ihr, die ihr in der jüngsten Vergangenheit mutige Glaubenszeugen gewesen seid, bleibt die Hoffnung der Kirche für die Zukunft! Dies erfordert eure immer besser motivierte Teilnahme in allen Bereichen des Lebens der Kirche in Gemeinschaft mit euren jeweiligen Hirten.

Da die Zukunft der Menschheit über die Familie geht, halte ich es für unverzichtbar und dringlich, dass die Christgläubigen die Werte der Familie fördern und die familiären Erfordernisse schützen. Die Laien kennen im Glauben ganz und gar den wunderbaren Plan Gottes mit der Familie. Sie haben daher einen Grund mehr, diesen konkreten und anspruchsvollen Auftrag zu übernehmen: Die Familie ist in der Tat »jene natürliche Umgebung, die den jungen Generationen ermöglicht, die personale und soziale Reife zu erlangen. Die Familie trägt das Erbe der Menschheit selbst in sich, denn durch sie wird das Leben von Generation zu Generation weitergegeben. In den asiatischen Kulturen nimmt die Familiengemeinschaft eine wichtige Stellung ein, und familiäre Werte wie die respektvolle Haltung der Kinder den Eltern gegenüber, liebevolle Fürsorge für die Alten und Kranken, die Liebe für die Kleinen und die Eintracht untereinander sind, wie die Synodenväter hervorheben, in allen Kulturen und Religionen Asiens hochgeschätzt.« <ref>Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in asia (6. November 1999), Nr. 46: AAS 92 (2000), 521. Vgl. Benedikt XVI., Fünftes Welttreffen der Familien in Spanien (Valencia, 8. Juli 2006): »Die Familie ist ein notwendiges Gut für die Völker, ein unverzichtbares Fundament für die Gesellschaft und ein großer Schatz für die Eheleute während ihres ganzen Lebens. Sie ist ein unersetzliches Gut für die Kinder, die Frucht der Liebe und der großherzigen Ganzhingabe der Eltern sein sollen. Die ganze Wahrheit der Familie zu verkünden, die auf die Ehe als ,,Hauskirche und Heiligtum des Lebens’’ gegründet ist, dafür tragen alle eine große Verantwortung. (...) Christus hat offenbart, was stets die höchste Quelle des Lebens für alle und daher auch für die Familie ist: ,,Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt’’ (Joh 15,12–13). Die Liebe Gottes hat sich in der Taufe über uns ergossen. Deshalb sind die Familien dazu berufen, diese Vollkommenheit der Liebe zu leben, denn der Herr macht sich zum Garanten dafür, dass uns das möglich ist durch die menschliche Liebe, feinfühlig, zärtlich, barmherzig wie die Liebe Christi«: AAS 98 (2006), 591-592.</ref>

Die oben erwähnten Werte sind Teil des bedeutenden chinesischen kulturellen Umfelds; dennoch fehlt es auch in eurem Land nicht an Kräften, die auf verschiedene Weise negativ auf die Familie einwirken. Daher muss die Kirche in China, die sich bewusst ist, dass das Wohl der Gesellschaft und ihr eigenes mit dem Wohl der Familie eng verbunden sind<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 47.</ref>, stärker und überzeugender ihre Sendung verspüren, allen den Plan Gottes hinsichtlich von Ehe und Familie zu verkünden, um deren volle Lebenskraft zu sichern.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Familiaris consortio (22. November 1981), Nr. 3: AAS 74 (1982), 84.</ref>

Die christliche Initiation der Erwachsenen

16. Die jüngste Geschichte der Kirche in China weist eine hohe Zahl von Erwachsenen auf, die auch dank des Zeugnisses der örtlichen christlichen Gemeinschaft zum Glauben gekommen sind. Ihr Hirten seid aufgerufen, in besonderer Weise für die christliche Initiation dieser Personen durch eine entsprechende und ernsthafte Zeit des Katechumenats Sorge zu tragen. Ein solches Katechumenat soll ihnen helfen und sie darauf vorbereiten, ein Leben als Jünger Christi zu führen.

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass Evangelisierung niemals nur bloße intellektuelle Weitergabe des Glaubens bedeutet, sondern auch Lebenserfahrung, Reinigung und Umwandlung der ganzen eigenen Existenz sowie ein gemeinschaftlich beschrittener Weg. Nur so kann eine rechte Beziehung zwischen Denken und Leben hergestellt werden.

Mit Blick auf die Vergangenheit muss man leider feststellen, dass viele Erwachsene nicht immer ausreichend in die vollständige Wahrheit des christlichen Lebens eingeführt wurden und auch den Reichtum der Erneuerung nicht kennen gelernt haben, die das Zweite Vatikanische Konzil mit sich gebracht hat. Daher scheint es dringend notwendig, ihnen eine solide und gründliche christliche Bildung und Formung anzubieten – auch in der Form eines Katechumenats nach der Taufe.<ref>Wie die Synodenväter der VII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode (1.-30. Oktober 1987) sagten, kann in der Ausbildung der Christen, »auch eine Katechese nach der Taufe, nach der Art eines Katechumenats von Hilfe sein. Sie soll einige wesentliche Elemente aus dem Ritus der christlichen Einführung für Erwachsene aufnehmen und so dazu beitragen, die immensen außerordentlichen Reichtümer und Verantwortungen der Taufe zu verstehen und zu verwirklichen«: Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), Nr. 61: AAS 81 (1989), 514. Vgl. Katechismus des Katholischen Kirche, Nrn. 1230-1231.</ref>

Die missionarische Berufung

17. Die Kirche ist immer und überall missionarisch und als solche berufen, das Evangelium zu verkünden und zu bezeugen. Auch die Kirche in China muss in ihrem Herzen den missionarischen Eifer ihres Gründers und Meisters spüren.

Als sich Johannes Paul II. im Heiligen Jahr 2000 an die jugendlichen Pilger auf dem Berg der Seligpreisungen wandte, sagte er: »Vor seiner Himmelfahrt gab Jesus seinen Jüngern einen Auftrag und eine Zusicherung: ,,Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern (...) Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt’’ (Mt 28,18-20). Zweitausend Jahre lang haben die Jünger Christi diesen Auftrag erfüllt. Jetzt, an der Schwelle des dritten Jahrtausends, seid ihr an der Reihe. Jetzt liegt es bei euch, in die Welt hinauszugehen und die Botschaft von den Zehn Geboten und den Seligpreisungen zu predigen. Wenn Gott spricht, dann spricht er von Dingen, die für jeden Menschen von größter Wichtigkeit sind, für die Menschen des 21. Jahrhunderts nicht weniger als für die des ersten Jahrhunderts. Die Zehn Gebote und die Seligpreisungen sprechen von Wahrheit und Güte, von Gnade und Freiheit: von allem, was zum Eintritt in Christi Reich nötig ist.« <ref>Homilie auf dem Berg der Seligpreisungen (Israel, 24. März 2000), Nr. 5: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 7. April 2000, S. 11.</ref>

Nun, liebe chinesische Jünger des Herrn, kommt euch die Aufgabe zu, mutige Apostel dieses Reiches zu sein. Ich bin gewiß, dass eure Antwort stark und großmütig sein wird.

SCHLUSS

Aufhebung von Befugnissen und pastoralen Weisungen

18. In Anbetracht von, erstens, einigen positiven Entwicklungen der Lage der Kirche in China und, zweitens, der besseren Möglichkeiten und der Erleichterungen im Bereich der Kommunikation und schließlich auch in Anbetracht der Bitten, die verschiedene Bischöfe und Priester an den Heiligen Stuhl gerichtet haben, hebe ich mit diesem Schreiben alle Befugnisse auf, die gewährt wurden, um den besonderen, in wahrhaft schweren Zeiten aufgetretenen pastoralen Erfordernissen zu begegnen.

Dasselbe gilt bezüglich der älteren und neueren Weisungen pastoraler Natur. Die Lehrgrundsätze, die sie angeregt hatten, finden nun Anwendung in den im vorliegenden Schreiben enthaltenen Vorgaben.

Gebetstag für die Kirche in China

19. Liebe Hirten und alle Gläubige, der 24. Mai, der liturgische Gedenktag der Allerseligsten Jungfrau Maria unter dem Titel Hilfe der Christen – die sich im Marienheiligtum von Sheshan in Shanghai so großer Verehrung erfreut –, könnte in Zukunft den Katholiken auf der ganzen Welt Gelegenheit bieten, sich im Gebet mit der Kirche in China zu vereinen.

Ich möchte, dass dieses Datum für euch ein Tag des Gebets für die Kirche in China werde. Ich ermuntere euch, ihn zur Erneuerung eurer Gemeinschaft des Glaubens an den Herrn Jesus Christus und der Treue zum Papst zu feiern. Dabei werdet ihr darum beten, dass die Einheit unter euch stets größer und sichtbarer werde. Ferner erinnere ich euch an das Gebot der Liebe, das Jesus uns gegeben hat, damit wir unsere Feinde lieben und für die beten, die uns verfolgen. Gleichfalls erinnere ich an die Aufforderung des heiligen Apostels Paulus: »Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen, für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben, damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können. Das ist recht und gefällt Gott, unserem Retter; er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen« (1 Tim 2, 1-4).

Am selben Tag werden die Katholiken auf der ganzen Welt – insbesondere jene chinesischer Herkunft – ihre brüderliche Solidarität und Sorge für euch bekunden, indem sie den Herrn der Geschichte um die Gabe der Beharrlichkeit im Zeugnis bitten, wohl wissend, dass eure vergangenen und gegenwärtigen Leiden für den heiligen Namen Jesu und eure furchtlose Treue zu Seinem Stellvertreter auf Erden belohnt werden, auch wenn es zuweilen scheinen mag, dass alles traurig scheitert.

Abschließender Gruß

20. Am Ende dieses Briefes wünsche ich euch, liebe Hirten der katholischen Kirche in China, euch Priestern, gottgeweihten Männern und Frauen und gläubigen Laien, dass ihr »voll Freude« seid, »obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren, und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist. So wird (eurem Glauben) Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil bei der Offenbarung Jesu Christi« (1 Petr 1, 6-7).

Die Allerseligste Jungfrau Maria, Mutter der Kirche und Königin Chinas, die in der Stunde des Kreuzes in der Stille der Hoffung auf den Morgen der Auferstehung zu warten verstand, begleite euch mit ihrer mütterlichen Sorge und halte gemeinsam mit dem heiligen Josef und den zahlreichen heiligen Märtyrern Chinas Fürbitte für euch alle.

Gerne versichere ich euch meines beständigen Gebetes und denke mit inniger Zuwendung auch an die betagten Menschen, an die Kranken, an die Kinder und Jugendlichen eures edlen Landes, und ich segne euch von Herzen.

Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 27. Mai 2007,

Pfingstsonntag, im dritten Jahr meines Pontifikats.

BENEDICTUS PP. XVI

Anmerkungen

<references />

Weblinks