Venerati fratres episcopi (Wortlaut)

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Apostolischer Brief
Venerati fratres episcopi

unseres Heiligen Vaters
Benedikt XVI.
an die Bischöfe, die Priester, die Personen des gottgeweihten Lebens
und an die Gläubigen Laien der Katholischen Kirche in der Volksrepublik China
27. Mai 2007
(Offizieller italienischer Text AAS 99 [2007/7] 553-581)

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Gruß

1. Verehrte Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Priester, liebe gottgeweihte Männer und Frauen und alle Gläubige der katholischen Kirche in China, »wir danken Gott, dem Vater Jesu Christi, unseres Herrn, jedesmal, wenn wir für euch beten. Denn wir haben von eurem Glauben an Christus Jesus gehört und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, weil im Himmel die Erfüllung eurer Hoffnung für euch bereitliegt. (...) Wir hören nicht auf, inständig für euch zu beten, dass ihr in aller Weisheit und Einsicht, die der Geist schenkt, den Willen des Herrn ganz erkennt. Denn ihr sollt ein Leben führen, das des Herrn würdig ist und in allem sein Gefallen findet. Ihr sollt Frucht bringen in jeder Art von guten Werken und wachsen in der Erkenntnis Gottes. Er gebe euch in der Macht seiner Herrlichkeit viel Kraft, damit ihr in allem Geduld und Ausdauer habt« (Kol 1, 3-5.9-11).

Diese Worte des Apostels Paulus sind sehr geeignet, um dem Empfinden, das ich als Nachfolger Petri und oberster Hirte der universalen Kirche euch gegenüber hege, Ausdruck zu verleihen. Ihr wisst wohl, wie sehr ihr in meinem Herzen und in meinen täglichen Gebeten gegenwärtig seid und wie stark die Bande der Gemeinschaft sind, die uns geistlich vereinen.

Anliegen des Briefes

2. Ich möchte daher euch allen den Ausdruck meiner brüderlichen Nähe zukommen lassen. Groß ist die Freude über eure Treue zu Christus, dem Herrn, und zur Kirche, eure Treue, die ihr »manchmal sogar unter Inkaufnahme großen Leids«<ref>Benedikt XVI., Angelus am 26. Dezember 2006: »Mit besonderer geistlicher Nähe denke ich auch an jene Katholiken, die dem Stuhl Petri ohne Kompromisse treu bleiben und dafür manchmal sogar großes Leid in Kauf nehmen. Die ganze Kirche bewundert ihr Beispiel und betet dafür, dass sie die Kraft haben standzuhalten, in dem Wissen, dass ihre Bedrängnisse Quelle des Sieges sind, auch wenn sie im Augenblick als Niederlage erscheinen mögen«: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 5. Januar 2007, S. 12.</ref> gezeigt habt, »denn euch wurde die Gnade zuteil, für Christus dazusein, also nicht nur an ihn zu glauben, sondern auch seinetwegen zu leiden« (Phil 1, 29). Dennoch besteht auch Anlass zur Sorge hinsichtlich einiger wichtiger Aspekte des kirchlichen Lebens in eurem Land.

Ohne jedes Detail der komplexen Problemkreise, die euch gut bekannt sind, behandeln zu wollen, möchte ich mit diesem Brief einige Orientierungspunkte in bezug auf das Leben der Kirche und das Werk der Evangelisierung in China geben, um euch zu helfen, das zu entdecken, was der Herr und Meister Jesus Christus, »der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheitsgeschichte«<ref>Zweites Vatikanisches Konzil Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 10.</ref>, von euch will.

ERSTER TEIL: DIE LAGE DER KIRCHE - THEOLOGISCHE ASPEKTE

Globalisierung, Modernität und Atheismus

3. Bei einer aufmerksamen Betrachtung eures Volkes, das sich unter den anderen Völkern Asiens durch den Glanz seiner jahrtausendealten Kultur mit all ihrer Weisheit und philosophischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Erfahrung ausgezeichnet hat, freut es mich festzustellen, wie es sich besonders in jüngster Zeit angeschickt hat, bedeutende Ziele des wirtschaftlich-sozialen Fortschritts zu erreichen, und dabei das Interesse der ganzen Welt auf sich zieht.

Wie schon mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. betont hat, »(verfolgt) die katholische Kirche (...) ihrerseits mit Hochachtung diesen erstaunlichen Elan und die vorausblickende Planung von Initiativen und bietet diskret ihren Beitrag an bei der Förderung und Verteidigung der menschlichen Person, ihrer Werte, ihrer Spiritualität und ihrer transzendenten Berufung. Der Kirche liegen bestimmte Werte und Zielsetzungen, die auch für das moderne China von erstrangiger Bedeutung sind, besonders am Herzen: Solidarität, Friede, soziale Gerechtigkeit, ein intelligentes Umgehen mit dem Globalisierungsphänomen.« <ref>Botschaft an die Teilnehmer am Internationalen Kongreß »Matteo Ricci: für einen Dialog zwischen China und dem Westen« Con intima gioia (24. Oktober 2001), Nr. 4: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. November 2001, S. 7.</ref>

Das Streben nach der gewünschten und notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und die Suche nach Modernität werden von zwei verschiedenen, gegensätzlichen Phänomenen begleitet, die aber gleichermaßen mit Klugheit und positivem apostolischem Geist zu beurteilen sind. Auf der einen Seite merkt man, besonders unter den Jugendlichen, ein zunehmendes Interesse an der spirituellen und transzendenten Dimension der menschlichen Person mit einem daraus folgenden Interesse an Religion, insbesondere am Christentum. Auf der anderen Seite spürt man auch in China den Trend zum Materialismus und zum Hedonismus, die dabei sind, sich von den großen Städten aus auf das ganze Land auszubreiten.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in asia (6. November 1999), Nr. 7: AAS 92 (2000), 456.</ref>

In diesem Kontext, in dem zu arbeiten ihr gerufen seid, möchte ich euch daran erinnern, wie sehr Papst Johannes Paul II. mit lauter und kraftvoller Stimme betont hat: Die Neuevangelisierung verlangt nach der Verkündigung des Evangeliums<ref>Vgl. ebd., Nrn. 19 und 20: AAS 92 (2000), 477-482.</ref> an den modernen Menschen im Bewusstsein, dass so, wie das Kreuz während des ersten Jahrtausends in Europa und während des zweiten in Amerika und Afrika eingepflanzt wurde, während des dritten Jahrtausends eine große Ernte des Glaubens auf dem weiten und lebendigen asiatischen Kontinent eingebracht werden wird.<ref>Vgl. Ansprache an die Vertreter der Föderation der asiatischen Bischofskonferenzen (Manila, 15. Januar 1995), Nr. 11: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 10. Februar 1995, S. 8.</ref>

»,,Duc in altum’’ (Lk 5, 4). Dieses Wort erklingt heute für uns und lädt uns ein, dankbar der Vergangenheit zu gedenken, leidenschaftlich die Gegenwart zu leben und uns vertrauensvoll der Zukunft zu öffnen: ,,Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit’’ (Hebr 13, 8).« <ref>Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2001), Nr. 1: AAS 93 (2001), 266.</ref> Auch die Kirche in China ist dazu berufen, Zeugin Christi zu sein, mit Hoffnung nach vorn zu schauen und sich – in der Verkündigung des Evangeliums – mit den neuen Herausforderungen zu messen, die das chinesische Volk angehen muss.

Noch einmal hilft uns das Wort Gottes, den geheimnisvollen und tiefen Sinn des Weges der Kirche in der Welt zu entdecken. Denn »eine der Hauptvisionen der Offenbarung hat (das) Lamm zum Gegenstand: Es ist im Begriff, ein Buch zu öffnen, das zuvor mit sieben Siegeln verschlossen war, die niemand lösen konnte. Es wird sogar gesagt, dass Johannes weint, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch zu öffnen und es zu lesen (vgl. Offb 5, 4). Die Geschichte kann nicht entschlüsselt werden, sie bleibt unverständlich. Niemand kann sie lesen. Vielleicht ist dieses Weinen des Johannes vor dem dunklen Geheimnis der Geschichte Ausdruck der Erschütterung der Gemeinden Asiens aufgrund des Schweigens Gottes angesichts der Verfolgungen, denen sie in jener Zeit ausgesetzt waren. Es ist eine Erschütterung, in der sich auch unsere Bestürzung widerspiegelt angesichts der großen Schwierigkeiten, dem Unverständnis und der Feindseligkeit, die die Kirche auch heute in verschiedenen Teilen der Welt erleidet. Es sind Leiden, die die Kirche sicher nicht verdient hat, so wie Jesus selbst seine Hinrichtung nicht verdient hat. Sie enthüllen jedoch sowohl die Bosheit des Menschen, wenn er den Versuchungen des Bösen erliegt, als auch die höhere Führung der Ereignisse durch Gott.« <ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 23. August 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 1. September 2006, S. 2.</ref>

Heute wie gestern bedeutet das Evangelium verkünden, den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus, den neuen Menschen, den Sieger über Sünde und Tod, zu verkünden und zu bezeugen. Er erlaubt den Menschen, in eine neue Dimension einzutreten, wo die Barmherzigkeit und die Liebe, die auch dem Feind gelten, den Sieg des Kreuzes über alle menschliche Schwachheit und alles menschliche Elend bezeugen. Auch in eurem Land wird die Verkündigung des gekreuzigten und auferstandenen Christus in dem Maß möglich sein, in dem ihr in Treue zum Evangelium und in Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Apostels Petrus und mit der universalen Kirche die Zeichen der Liebe und der Einheit zu verwirklichen wisst (»Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. (...) Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast«: Joh 13, 34-35; 17, 21).

Bereitschaft zu einem respektvollen und konstruktiven Dialog

4. Als oberster Hirte der universalen Kirche möchte ich meinen innigen Dank an den Herrn für das Zeugnis der Treue zeigen, das die katholische Gemeinde in China unter wirklich schwierigen Umständen und im Leiden gegeben hat. Zugleich verspüre ich als meine innerste und unverzichtbare Pflicht und als Ausdruck meiner Vaterliebe die Dringlichkeit, die chinesischen Katholiken im Glauben zu bestärken und ihre Einheit mit den der Kirche eigenen Mitteln zu fördern.

Mit besonderem Interesse verfolge ich auch die Geschehnisse des ganzen chinesischen Volkes, dem gegenüber ich große Wertschätzung hege und für das ich Freundschaft empfinde, bis hin zu dem Wunsch, »dass bald konkrete Wege der Verständigung und der Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China geschaffen werden«, denn »Freundschaft nährt sich durch Kontakte, durch geteilte Empfindungen in freudigen und traurigen Situationen, durch Solidarität, durch gegenseitige Hilfe«<ref>Johannes Paul II., Botschaft an die Teilnehmer am Internationalen Kongreß »Matteo Ricci: für einen Dialog zwischen China und dem Westen« Con intima gioia (24. Oktober 2001), Nr. 6: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. November 2001, S. 8.</ref>. Und in dieser Blickrichtung hat mein verehrter Vorgänger hinzugefügt: »Es ist für niemanden ein Geheimnis, dass der Heilige Stuhl im Namen der ganzen katholischen Kirche und – so glaube ich – zum Vorteil der gesamten Menschheit die Eröffnung einer Möglichkeit zum Dialog mit den Behörden der Volksrepublik China anstrebt, um hierdurch die Missverständnisse der Vergangenheit zu überwinden und sich dann gemeinsam für das Wohl des chinesischen Volkes und für den Frieden in der Welt einzusetzen.« <ref>Ebd.</ref>

Ich bin mir bewusst, dass eine Normalisierung der Beziehungen mit der Volksrepublik China Zeit erfordert und guten Willen auf beiden Seiten voraussetzt. Der Heilige Stuhl bleibt seinerseits stets für Verhandlungen offen, die notwendig sind, um die gegenwärtige schwierige Zeit zu überwinden.

Diese drückende Situation von Missverständnissen und von Unverständnis nützt in der Tat weder den chinesischen Autoritäten noch der katholischen Kirche in China. Wie Papst Johannes Paul II., daran erinnernd, was Pater Matteo Ricci aus Beijing schrieb<ref>Vgl. Fonti Ricciane, hrsg. von Pasquale M. D'Elia SJ, Bd. 2, Rom 1949, Nr. 617, S. 152.</ref>, erklärte, »erwartet auch die heutige katholische Kirche von China und von seinen politisch Verantwortlichen keine Privilegien, sondern nur, den Dialog wiederaufnehmen zu können, um zu Beziehungen gegenseitiger Achtung und vertiefter Kenntnis zu gelangen« <ref>Botschaft an die Teilnehmer am Internationalen Kongreß »Matteo Ricci: für einen Dialog zwischen China und dem Westen« Con intima gioia (24. Oktober 2001), Nr. 4: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. November 2001, S. 7.</ref>. China möge wissen: Die katholische Kirche hat die feste Absicht, noch einmal einen bescheidenen und uneigennützigen Dienst in den ihr zukommenden Dingen zum Wohl der chinesischen Katholiken und aller Bewohner des Landes anzubieten.

Was die Beziehungen zwischen der politischen Gemeinschaft und der Kirche in China betrifft, ist es hilfreich, an die erhellende Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils zu erinnern, das erklärt hat: »Die Kirche, die in keiner Weise hinsichtlich ihrer Aufgabe und Zuständigkeit mit der politischen Gemeinschaft verwechselt werden darf noch auch an irgendein politisches System gebunden ist, ist zugleich Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person«. Und es fährt so fort: »Die politische Gemeinschaft und die Kirche sind auf je ihrem Gebiet voneinander unabhängig und autonom. Beide aber dienen, wenn auch in verschiedener Begründung, der persönlichen und der gesellschaftlichen Berufung der gleichen Menschen. Diesen Dienst können beide zum Wohl aller um so wirksamer leisten, je mehr und besser sie rechtes Zusammenwirken miteinander pflegen; dabei sind jeweils die Umstände von Ort und Zeit zu berücksichtigen.« <ref>Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 76.</ref>

Daher hat auch die katholische Kirche in China die Sendung, nicht die Struktur oder die Verwaltung des Staates zu ändern, sondern den Menschen Christus, den Retter der Welt, zu verkünden. Dabei stützt sie sich – in der Erfüllung ihres eigenen Apostolats – auf die Kraft Gottes. Wie ich in meiner Enzyklika Deus caritas est in Erinnerung gerufen habe, »kann nicht und darf nicht (die Kirche) den politischen Kampf an sich reißen, um die möglichst gerechte Gesellschaft zu verwirklichen. Sie kann und darf nicht sich an die Stelle des Staates setzen. Aber sie kann und darf im Ringen um Gerechtigkeit auch nicht abseits bleiben. Sie muss auf dem Weg der Argumentation in das Ringen der Vernunft eintreten, und sie muss die seelischen Kräfte wecken, ohne die Gerechtigkeit, die immer auch Verzichte verlangt, sich nicht durchsetzen und nicht gedeihen kann. Die gerechte Gesellschaft kann nicht das Werk der Kirche sein, sondern muss von der Politik geschaffen werden. Aber das Mühen um die Gerechtigkeit durch eine Öffnung von Erkenntnis und Willen für die Erfordernisse des Guten geht sie zutiefst an.« <ref>Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 28: AAS 98 (2006), 240. Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 76.</ref>

Im Lichte dieser unverzichtbaren Grundsätze kann die Lösung der bestehenden Probleme nicht durch einen andauernden Konflikt mit den legitimen zivilen Autoritäten angestrebt werden; zugleich ist aber eine Fügsamkeit gegenüber denselben nicht annehmbar, wenn diese sich unrechtmäßig in Angelegenheiten einmischen, die den Glauben und die Disziplin der Kirche betreffen. Die zivilen Autoritäten sind sich wohl bewusst, dass die Kirche in ihrer Lehre die Gläubigen dazu auffordert, gute Bürger, respektvolle und aktive Mitarbeiter des Gemeinwohls in ihrem Land zu sein. Aber es ist ebenso klar, dass sie vom Staat verlangt, diesen katholischen Bürgern die volle Ausübung ihres Glaubens unter der Achtung einer echten Religionsfreiheit zu gewährleisten.

Gemeinschaft unter den Teilkirchen in der Universalkirche

5. Katholische Kirche in China, du kleine Herde, die du lebst und tätig bist in der Weite eines riesigen Volkes, das in der Geschichte unterwegs ist, wie ermutigend und auffordernd klingen für dich die Worte Jesu: »Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben« (Lk 12, 32)! »Ihr seid das Salz der Erde, (...) das Licht der Welt«: Daher »soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen« (Mt 5, 13.14.16).

In der katholischen Kirche in China wird die Universalkirche gegenwärtig, die Kirche Christi, die wir im Credo als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen, das heißt die universale Gemeinschaft der Jünger des Herrn.

Wie ihr wisst, wurzelt die tiefe Einheit, die die in China bestehenden Teilkirchen untereinander verbindet und die sie auch in eine enge Gemeinschaft mit den anderen Teilkirchen in aller Welt stellt, außer in demselben Glauben und in der gemeinsamen Taufe vor allem in der Eucharistie und im Bischofsamt.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 26.</ref> Die Einheit des Episkopats, von der »der Bischof von Rom (...) als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament (ist)« <ref>Ebd., Nr. 23.</ref>, dauert durch die Jahrhunderte vermittels der apostolischen Nachfolge fort und ist auch das Fundament der Identität der Kirche einer jeden Zeit mit der Kirche, die Christus auf Petrus und auf die anderen Apostel gebaut hat.<ref>Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), Nrn. 11-14: AAS 85 (1993), 844-847.</ref>

Die katholische Lehre besagt, dass der Bischof sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in der seinem Hirtendienst anvertrauten Teilkirche ist.<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 23.</ref> Aber damit jede Teilkirche im vollen Sinne Kirche ist, muss in ihr die höchste Autorität der Kirche, das heißt das Bischofskollegium gemeinsam mit seinem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne dieses Haupt, gegenwärtig sein. Daher gehört der Dienst des Nachfolgers Petri »von innen her«<ref>Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), Nr. 13: AAS 85 (1993), 846.</ref> zum Wesen jeder Teilkirche. Ferner sind die Gemeinschaft aller Teilkirchen in der einen katholischen Kirche und folglich die geordnete hierarchische Gemeinschaft aller Bischöfe, der Nachfolger der Apostel, mit dem Nachfolger Petri die Gewährleistung der Einheit des Glaubens und des Lebens aller Katholiken. Daher ist es für die Einheit der Kirche in den einzelnen Nationen unerläßlich, dass jeder Bischof mit den anderen Bischöfen in Gemeinschaft steht und dass alle Bischöfe mit dem Papst in sichtbarer und konkreter Gemeinschaft stehen.

Niemand in der Kirche ist ein Fremder, sondern alle sind Bürger desselben Volkes, Glieder desselben mystischen Leibes Christi. Das Band sakramentaler Einheit ist die Eucharistie, die durch den Dienst des Bischofs und der Priester gewährleistet ist.<ref>Vgl. Benedikt XVI.: Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis (22. Februar 2007), Nr. 6: »Der Glaube der Kirche ist im wesentlichen ein eucharistischer Glaube und erhält seine Nahrung in besonderer Weise beim Mahl der Eucharistie. Glaube und Sakramente sind zwei sich gegenseitig ergänzende Aspekte des kirchlichen Lebens. Durch die Verkündigung des Wortes Gottes erweckt, nährt sich der Glaube und wächst in der gnadenreichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, die sich in den Sakramenten verwirklicht: ,,Der Glaube drückt sich im Ritus aus, und der Ritus stärkt und festigt den Glauben’’. Darum steht das Altarssakrament immer im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens; ,,dank der Eucharistie wird die Kirche immer wieder neu geboren!’’ Je lebendiger der eucharistische Glaube im Gottesvolk ist, um so tiefer ist dessen Teilnahme am kirchlichen Leben durch eine überzeugte Unterstützung der Sendung, die Christus seinen Jüngern aufgetragen hat. Das bezeugt die Geschichte der Kirche selbst. Jede große Reform ist in irgendeiner Weise verbunden mit der Wiederentdeckung des Glaubens an die eucharistische Gegenwart des Herrn inmitten seines Volkes«: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 23. März 2007, Dokumentation, S. II.</ref>

Die ganze Kirche in China ist dazu berufen, diese Einheit in einer reicheren Spiritualität der Gemeinschaft zu leben und deutlich zu machen, die unter Berücksichtigung der konkreten komplexen Lage, in der sich die katholische Gemeinde befindet, auch in einer harmonischen hierarchischen Gemeinschaft wachsen möge. Daher sind Hirten und Gläubige gerufen, das, was zur Lehre und Tradition der Kirche gehört, zu verteidigen und zu schützen.

Spannungen und Spaltungen innerhalb der Kirche: Vergebung und Versöhnung

6. Als er sich mit dem Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte an die ganze Kirche wandte, sagte mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II.: Ein »andere(r) große(r) Bereich, wo sich ein entschlossenes Engagement für die Planung auf der Ebene der Gesamtkirche und der Teilkirchen ausdrücken muss, ist die Gemeinschaft (koinonía, communio), die das eigentliche Wesen des Geheimnisses der Kirche verkörpert und deutlich macht. Die Gemeinschaft ist Frucht und sichtbarer Ausdruck jener Liebe, die aus dem Herzen des ewigen Vaters entspringt und durch den Geist, den Jesus schenkt (vgl. Röm 5, 5), in uns ausgegossen wird, um aus uns allen ,,ein Herz und eine Seele’’ (Apg 4, 32) zu machen. Durch die Verwirklichung dieser Liebesgemeinschaft offenbart sich die Kirche als ,,Sakrament’’, das heißt als ,,Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit’’. Die Worte, die der Herr dafür findet, sind zu klar, als dass man ihre Bedeutung unterschätzen könnte. Wenn die Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit auch im neuen Jahrhundert viele Dinge braucht, ohne die Liebe (agape) wäre alles umsonst. Der Apostel Paulus selbst erinnert uns daran in seinem Hymnus an die Liebe: Auch wenn wir in den Sprachen der Menschen und Engel redeten und einen Glauben hätten, ,,um damit Berge zu versetzen’’, hätten aber die Liebe nicht, wäre alles ,,nichts’’ (vgl. 1 Kor 13, 2). Die Liebe ist wirklich das ,,Herz’’ der Kirche.« <ref>Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2001), Nr. 42: AAS 93 (2001), 296. Vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 12: »Dieses Handeln Gottes nimmt seine dramatische Form nun darin an, dass Gott in Jesus Christus selbst dem ,,verlorenen Schaf’’, der leidenden und verlorenen Menschheit, nachgeht. Wenn Jesus in seinen Gleichnissen von dem Hirten spricht, der dem verlorenen Schaf nachgeht, von der Frau, die die Drachme sucht, von dem Vater, der auf den verlorenen Sohn zugeht und ihn umarmt, dann sind dies alles nicht nur Worte, sondern Auslegungen seines eigenen Seins und Tuns. In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten – Liebe in ihrer radikalsten Form«: AAS 98 (2006), 228.</ref>

Diese Hinweise, die die Natur selbst der Universalkirche betreffen, haben eine besondere Bedeutung für die Kirche in China. In der Tat entgehen euch nicht die Probleme, mit denen sie sich momentan auseinandersetzt, um – in ihrem Inneren und in ihren Beziehungen mit der bürgerlichen Gesellschaft Chinas – Spannungen, Spaltungen und Schuldzuweisungen zu überwinden.

Was dieses Thema betrifft, hatte ich schon im Vorjahr bei einer Ansprache über die Anfänge der Kirche Gelegenheit, daran zu erinnern, dass »die Gemeinschaft der Jünger von Anfang an nicht nur die Freude des Heiligen Geistes, die Gnade der Wahrheit und der Liebe (kennt), sondern auch die Prüfung, die vor allem in Gegensätzen bezüglich der Glaubenswahrheiten und daraus entstehenden Spaltungen in der Gemeinschaft besteht. So wie es die Gemeinschaft der Liebe von Anfang an gab und bis ans Ende geben wird (vgl. 1 Joh 1, 1ff), so kommt es leider auch von Anfang an zur Spaltung. Wir dürfen uns nicht darüber wundern, dass es sie auch heute gibt. (...) Es besteht also in den Geschehnissen der Welt und auch in den Schwächen der Kirche immer die Gefahr, den Glauben und damit auch die Liebe und die Brüderlichkeit zu verlieren. Derjenige, der an die Kirche der Liebe glaubt und in ihr leben will, hat daher die Pflicht, auch diese Gefahr zu erkennen.« <ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 5. April 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. April 2007, S. 2.</ref>

Die Geschichte der Kirche lehrt uns außerdem, dass echte Gemeinschaft sich nicht ohne mühseliges Ringen um Versöhnung entfaltet.<ref>Für alle sollte die Erfahrung der alten Kirche in der Zeit der Verfolgungen erhellend sein sowie die Lehre, die diesbezüglich gerade die Kirche von Rom gegeben hat. Während sie die rigorosen Ansichten der Novatianer und Donatisten zurückwies, forderte sie zu Großherzigkeit in Vergebung und Versöhnung gegenüber denjenigen auf, die während der Verfolgungen dem Glauben abgeschworen hatten (die »lapsi«) und wünschten, wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen zu werden.</ref> Die Reinigung des Gedächtnisses, die Vergebung für den, der Böses getan hat, das Vergessen erlittenen Unrechts und die Aussöhnung der Herzen in der Liebe, die im Namen des gekreuzigten und auferstandenen Christus zu verwirklichen sind, können in der Tat die Überwindung von persönlichen Standpunkten und Ansichten, die schmerzlichen oder schwierigen Erfahrungen entspringen, erfordern; sie sind aber dringliche Schritte, die gesetzt werden müssen, um die Bande der Gemeinschaft zwischen den Gläubigen und den Hirten der Kirche in China zu vermehren und deutlich zu machen.

Daher hatte schon mein verehrter Vorgänger mehrmals eine eindringliche Einladung zur Vergebung und Versöhnung an euch gerichtet. Diesbezüglich möchte ich gern an einen Abschnitt der Botschaft erinnern, die er euch in zeitlicher Nähe zum Heiligen Jahr 2000 gesandt hat: »In eurer Vorbereitung auf die Abhaltung des Großen Jubiläumsjahres dürft ich nicht vergessen, dass in der biblischen Tradition eine solche Zeit immer die Verpflichtung zum gegenseitigen Schuldenerlaß, zur Wiedergutmachung von begangenem Unrecht und zur Versöhnung mit dem Nachbarn mit sich brachte. Auch euch wurde die ,,große Freude’’ verkündet, die ,,allen Völkern zuteil wurde’’: die Liebe und Barmherzigkeit des Vaters, die in Christus erwirkte Erlösung. In dem Maße, wie ihr selbst bereit seid, diese freudige Kunde anzunehmen, werdet ihr sie auch durch euer Leben allen Männern und Frauen an eurer Seite vermitteln können. Mein sehnlichster Wunsch ist, dass ihr den inneren Eingebungen des Heiligen Geistes nachkommt und euch gegenseitig all das vergebt, was zu vergeben ist, euch einander näherkommt, euch gegenseitig akzeptiert und alle Barrieren überwindet, um all das zu umgehen, was euch trennen kann. Vergeßt die Worte Jesu beim Letzten Abendmahl nicht: ,,Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt’’ (Joh 13, 35). Ich habe mit Freude vernommen, dass das wertvollste Geschenk, das ihr zur Feier des Großen Jubiläumsjahres anbieten wollt, die Einheit unter euch und mit dem Nachfolger Petri sein soll. Ein solches Vorhaben kann nur die Frucht des Geistes sein, der seine Kirche auf die nicht leichten Wege der Versöhnung und Einheit führt.« <ref>Johannes Paul II., Botschaft an die Katholiken in China Alla vigilia (8. Dezember 1999), Nr. 6: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. Januar 2000, S. 9.</ref>

Wir alle sind uns der Tatsache bewusst, dass dieser Weg sich nicht von heute auf morgen erfüllen können wird, aber seid gewiß, dass die ganze Kirche für euch in diesem Anliegen beharrlich betet.

Berücksichtigt ferner, dass euer Weg der Versöhnung vom Beispiel und vom Gebet vieler »Glaubenszeugen« getragen wird, die gelitten und vergeben haben, während sie ihr Leben für die Zukunft der Kirche in China hingegeben haben. Ihre Existenz selbst stellt einen ständigen Segen für euch beim himmlischen Vater dar und ihr Andenken wird es nicht an reichen Früchten fehlen lassen.


Kirchliche Gemeinschaften und staatliche Organe: in Wahrheit und Liebe zu lebende Beziehungen

7. Eine sorgfältige Analyse der schon erwähnten schmerzlichen Situation starker Gegensätze (vgl. Nr. 6), von der gläubige Laien und Hirten betroffen sind, stellt unter den verschiedenen Ursachen die wichtige Rolle heraus, die von jenen Organen und Einrichtungen wahrgenommen wird, die als Hauptverantwortliche des Lebens der katholischen Gemeinschaft durchgesetzt worden sind. In der Tat ist noch heute die Anerkennung durch diese Organe und Einrichtungen das Kriterium, um eine Gemeinde, eine Person oder einen religiösen Ort als legal und somit »offiziell« zu erklären. Das alles hat Spaltungen sowohl im Klerus als auch unter den Gläubigen verursacht. Dies ist eine Situation, die vor allem von Faktoren außerhalb der Kirche abhängt, die aber ernsthaft ihren Weg konditioniert hat, indem sie Anlass zu Verdächtigungen, zu gegenseitigen Beschuldigungen und Anzeigen gibt, und die weiterhin eine besorgniserregende Schwäche der Kirche darstellt.

Hinsichtlich der delikaten Frage nach den mit den Organen des Staates zu unterhaltenden Beziehungen ist besonders die Einladung des Zweiten Vatikanischen Konzils erhellend, dem Wort und der Handlungsweise Jesu Christi zu folgen. Denn »er lehnte es ab, ein politischer Messias zu sein, der äußere Machtmittel anwendet.<ref>Vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 4{{#if:8-10|,8-10}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}; {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 6{{#if:15|,15}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref> Statt dessen zog er es vor, sich den Menschensohn zu nennen, der gekommen ist, ,,um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für die vielen’’ (Mk 10, 45). Er erwies sich als der vollkommene Gottesknecht<ref>Vgl. {{#ifeq: Jesaja | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Jes|Jes|Jesaja}}|{{#if: Jes |Jes|Jesaja}}}} 42{{#if:1-4|,1-4}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>, der ,,das geknickte Rohr nicht zerbricht und den glimmenden Docht nicht auslöscht’’ (Mt 12, 20). Die staatliche Gewalt und ihre Rechte erkannte er an, als er befahl, dem Kaiser Steuer zu zahlen, mahnte aber deutlich, dass die höheren Rechte Gottes zu wahren seien: ,,Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist’’ (Mt 22, 21). Schließlich hat er durch das Erlösungswerk am Kreuz, um den Menschen das Heil und die wahre Freiheit zu erwerben, seine Offenbarung zur Vollendung gebracht. Er gab der Wahrheit Zeugnis<ref>Vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 18{{#if:37|,37}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>, und dennoch wollte er sie denen, die ihr widersprachen, nicht mit Gewalt aufdrängen. Sein Reich wird ja nicht mit dem Schwert beschützt<ref>Vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 26{{#if:51-53|,51-53}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}; {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Venerati fratres episcopi (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 18{{#if:36|,36}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>, sondern wird gefestigt im Bezeugen und Hören der Wahrheit und wächst in der Kraft der Liebe, in der Christus, am Kreuz erhöht, die Menschen an sich zieht (vgl. Joh 12, 32).« <ref>Zweites Vatikanisches Konzil Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, Nr. 11.</ref>

Wahrheit und Liebe sind die zwei tragenden Säulen des Lebens der christlichen Gemeinschaft. Aus diesem Grund habe ich daran erinnert: »Die Kirche der Liebe ist auch die Kirche der Wahrheit, vor allem im Sinne der Treue zum Evangelium, das der Herr Jesus den Seinen anvertraut hat. (...) Um aber in Einheit und Frieden zu leben, braucht die Familie der Kinder Gottes jemanden, der sie in der Wahrheit bewahrt und sie mit weisem und maßgebendem Unterscheidungsvermögen führt: Dies zu tun, ist die Aufgabe, zu der das Apostelamt berufen ist. Und hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt. Die Kirche ist ganz aus dem Heiligen Geist; sie besitzt aber eine Struktur, die Apostolische Sukzession, der die Verantwortung obliegt, zu gewährleisten, dass die Kirche in der von Christus geschenkten Wahrheit bleibt, aus der auch die Fähigkeit zur Liebe kommt. (...) Die Apostel und ihre Nachfolger sind daher die Bewahrer und maßgeblichen Zeugen des der Kirche übergebenen Gutes der Wahrheit, so wie sie auch die Diener der Liebe sind: zwei Aspekte, die zusammengehören. (...) Die Wahrheit und die Liebe sind zwei Gesichter derselben Gabe, die von Gott kommt und die dank des apostolischen Dienstes in der Kirche bewahrt wird und uns bis in unsere Gegenwart hinein erreicht!.« <ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 5. April 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. April 2007, S. 2.</ref>

Das Zweite Vatikanische Konzil betont daher: »Achtung und Liebe sind auch denen zu gewähren, die in gesellschaftlichen, politischen oder auch religiösen Fragen anders denken oder handeln als wir. Je mehr wir in Menschlichkeit und Liebe inneres Verständnis für ihr Denken aufbringen, desto leichter wird es für uns, mit ihnen ins Gespräch zu kommen«. Dasselbe Konzil mahnt uns jedoch: »Diese Liebe und Güte dürfen uns aber keineswegs gegenüber der Wahrheit und dem Guten gleichgültig machen.« <ref>Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 28.</ref>

Wenn wir den »ursprünglichen Plan Jesu«<ref>Benedikt XVI., Generalaudienz (Mittwoch, 5. April 2006): L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 14. April 2007, S. 2.</ref> betrachten, stellt sich klar heraus, dass der Anspruch einiger vom Staat gewollter und der Struktur der Kirche fremder Organe und Einrichtungen, der darin besteht, sich über die Bischöfe selbst zu stellen und das Leben der kirchlichen Gemeinde zu lenken, nicht der katholischen Lehre entspricht, nach der die Kirche »apostolisch« ist, wie es auch das Zweite Vatikanische Konzil bekräftigt hat. Die Kirche ist apostolisch »aufgrund ihres Ursprungs, da sie ,,auf das Fundament der Apostel’’ gebaut ist (Eph 2, 20); aufgrund ihrer Lehre, welche die Lehre der Apostel ist; und aufgrund ihrer Struktur, weil sie bis zur Wiederkunft Christi von den Aposteln belehrt, geheiligt und geleitet wird – und zwar durch ihre Nachfolger, die Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Petrus.« <ref>Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 174. Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nrn. 857 und 869.</ref> In jeder Teilkirche »weidet« daher nur »der Diözesanbischof (...) im Namen des Herrn die ihm als dem eigentlichen, ordentlichen und unmittelbaren Hirten anvertraute Herde«<ref>Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Apostolos suos (21. Mai 1998), Nr. 10: AAS 90 (1998), 648.</ref>, und auf nationaler Ebene kann nur eine rechtmäßige Bischofskonferenz pastorale Orientierungen aufstellen, die für die ganze katholische Gemeinschaft des betreffenden Landes Geltung besitzen.<ref>Vgl. Codex des kanonischen Rechtes, can. 447.</ref>

Auch das erklärte Ziel der oben genannten Stellen, das darin besteht, »die Prinzipien der Unabhängigkeit und Autonomie, der Selbstverwaltung und der demokratischen Administration«<ref>Satzungen der Patriotischen Vereinigung der chinesischen Katholiken (Chinese Catholic Patriotic Association, CCPA), 2004, Art. 3.</ref> zu verwirklichen, ist mit der katholischen Lehre unvereinbar, die beginnend mit den antiken Glaubensbekenntnissen die Kirche als »eine, heilige, katholische und apostolische« bekennt.

Im Lichte der oben dargelegten Prinzipien werden sich die Hirten und die gläubigen Laien daran erinnern, dass die Verkündigung des Evangeliums, die Katechese und das karitative Wirken, die Liturgie und der Kult sowie alle pastoralen Entscheidungen einzig den Bischöfen gemeinsam mit ihren Priestern in der bleibenden Kontinuität des Glaubens, der von den Aposteln in den Heiligen Schriften und durch die Tradition überliefert worden ist, zustehen und daher keiner Einmischung von außen unterliegen dürfen.

In Anbetracht dieser schwierigen Situation fragen sich nicht wenige Glieder der katholischen Gemeinschaft, ob nicht die Anerkennung seitens der zivilen Autoritäten – die für das öffentliche Wirken erforderlich ist – irgendwie die Gemeinschaft mit der Universalkirche kompromittiert. Ich weiß gut, dass diese Problematik die Herzen der Hirten und der Gläubigen schmerzlich beunruhigt. Diesbezüglich bin ich zunächst der Ansicht, dass die notwendige und entschiedene Bewahrung des Glaubensgutes und der sakramentalen und hierarchischen Gemeinschaft an und für sich dem Dialog mit den Autoritäten über jene Aspekte des kirchlichen Lebens, die in den zivilen Bereich fallen, nicht entgegensteht. Daher bestehen dann keine besonderen Schwierigkeiten für die Annahme der von den zivilen Autoritäten erlassenen Anerkennung, wenn die Bedingung erfüllt ist, dass eine solche staatliche Anerkennung nicht die Leugnung unverzichtbarer Prinzipien des Glaubens und der kirchlichen Gemeinschaft mit sich bringt. In nicht wenigen konkreten Fällen jedoch, wenn nicht sogar fast immer, greifen im Anerkennungsverfahren Organe und Einrichtungen ein, die die beteiligten Personen dazu verpflichten, Haltungen anzunehmen, Handlungen zu setzen und Aufgaben zu übernehmen, die dem, was das Gewissen eines Katholiken gebietet, entgegengesetzt sind. Ich verstehe daher, wie schwer es fällt, unter solch verschiedenen Bedingungen und Umständen die richtige Entscheidung zu treffen. Aus diesem Grund überläßt der Heilige Stuhl – nachdem er erneut die Prinzipien dargelegt hat – die Entscheidung dem einzelnen Bischof, der, nach Anhörung seines Presbyteriums, besser imstande ist, die örtliche Situation zu kennen, die konkreten Wahlmöglichkeiten abzuwägen und die eventuellen Folgen innerhalb der diözesanen Gemeinschaft einzuschätzen. Es könnte sein, dass am Ende seine Entscheidung nicht die Zustimmung aller Priester und Gläubigen findet. Ich wünsche mir jedoch, dass sie Annahme findet, auch wenn dies unter Leid geschieht, und dass die Einheit der diözesanen Gemeinschaft mit dem eigenen Hirten aufrecht erhalten wird.

Schließlich wird es gut sein, dass Bischöfe und Priester sich mit wahrem Hirtenherzen mit allen Mitteln darum bemühen, keinen Anlass zu anstoßerregenden Situationen zu geben, indem sie die Gelegenheiten nutzen, um das Gewissen der Gläubigen zu bilden, und dabei besondere Aufmerksamkeit gegenüber den schwächeren Gliedern walten lassen: All dies soll in der Gemeinschaft und in brüderlichem Verständnis sowie unter Vermeidung von Urteilen und gegenseitigen Verurteilungen gelebt werden. Auch in diesem Fall muss man berücksichtigen, dass es für die Beurteilung der Sittlichkeit einer Handlung – insbesondere beim Fehlen eines wahren Freiheitsraumes – notwendig ist, außer dem objektiven Fehler mit besonderer Sorgfalt die tatsächlichen Absichten der betroffenen Person zu kennen. Jeder Fall wird daher einzeln unter Berücksichtigung der Umstände eingehend geprüft werden müssen.

[Fortsetzung folgt]

Anmerkungen

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