Nikolaus von Kues: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. März 2018, 18:01 Uhr
Nikolaus von Kues (Nicolaus Cusanus; * 1401 in Kues; † 11. August 1464 in Ancona) war ein deutscher Theologe, Philosoph und Kardinal.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Jugend und Wirken bis zum Konzil von Basel
Nikolaus war der Sohn von Johan Cryfftz und seiner Frau Katharina. Er hatte zwei Schwestern (Margareta und Klara) und einen jüngeren Bruder (Johannes), der ebenfalls Priester wurde. Die Familie Cryfftz gehörte zu den wichtigen Familien der Stadt, Johan Cryfftz war Kaufmann. Man wohnte in einem stattlichen Haus unmittelbar an der Mosel. Auch wenn Nikolaus persönlich bescheiden war, behielt er stets ein aufgeschlossenes Verhältnis zu Geld, Geschäft und Gewinn.
Cusanus wurde im Geist der Devotio moderna groß, die damals besonders durch den Orden der Augustiner-Chorherren vertreten wurde Thomas von Kempen. Dieser Erneuerungsrichtung ging es an zentraler Stelle um den persönlich erfahrenen, gestalteten und gelebten Glauben, in dessen Mitte der Erlöser stand - ohne dass man die Bildung gering geachtet hätte.
Nikolaus studierte die Sieben Freien Künste (artes liberales) in Heidelberg und wurde dort mit dem Nominalismus vertraut. 1417 verließ er Heidelberg und studierte an der renommierten Universität von Padua Kirchenrecht. 1423 beendete er sein Studium als Doktor der Dekrete. 1425 tritt Nikolaus als Pfarrer in den Dienst des Erzbischofs von Trier und wird dessen Sekretär. Sein neuer Dienstherr stattet ihn nach und nach mit umfangreichen Pfründen aus.
Nikolaus war durchaus ehrgeizig und strebte eine kirchliche Karriere an, wobei ihn seine als wenig bedeutsam empfundene, bürgerliche Herkunft antrieb. Er kümmerte sich in wirtschaftlicher wie geistlicher Hinsicht um die ihm anvertrauten Insitutionen und trat schlichtend in weltlichen Streitigkeiten auf. Die Priesterweiehe empfing er erst 1436.
Ab 1425 hielt Nikolaus auch Vorlesungen über Rechtsgeschichte an der Universität zu Köln. Auf ihn geht der Nachweis der konstantinschen Schenkung als Fälschung zurück. Sein Ruf als Gelehrter und Quellenforscher wuchs rasch, dauerhaft Fachgelehrter bleiben wollte er jedoch nicht. Sein Eifer wandte sich der Theologie und Philosophie zu. Hier stellte er sich in die Nachfolge des Albertus Magnus und des Raimundus Lullus.
Als 1430 der Trierer Erzbischof stirbt findet sich Nikolaus bei den Nachfolgestreitigkeiten auf der Seite des noch jungen Ulrich von Manderscheid, dessen Interessen er 1432 auf dem Konzil von Basel wahrnehmen soll. Er verknüpfte die Nachfolgefrage in Trier geschickt mit seiner Theorie vom Laienkonsens und stellte in Frage, in wie weit Rom überhaupt bei der Besetzung des Trierer Bischofsstuhls eingreifen dürfe. Außerdem appelierte an die nationalen Gefühle der Konzilsväter, er konnte sein Anliegen aber letztlich gegen die Stimme des Papstes nicht durchsetzen.
Konzil von Basel und kirchliche Laufbahn
Nikolaus bedeutsamestes Wirken nimmt seinen Anfang 1432 mit seiner Teilnahme am Konzil von Basel, wo er Ulrich von Manderscheid, einen Prätendenten für den Bischofsstuhl von Trier vertritt (s.o.). Dort gewinnt Nikolaus selbst nach und nach an Bedeutung. Er legt einen beachteten Schlichtungsvorschlag für die Streitigkeiten mit den Hussiten vor (auf den diese sich allerdings nicht einlassen). Im Konzil arbeitet Nikolaus im Ausschuß für Glaubensfragen mit und stellt sich dort zunächst in der Frage des Verhältnisses von Konzil und Papst gegen die päpstliche Position, jedoch stets auf Versöhnung bedacht. Neben der Schlichtung diverser Rechtsstreitigkeiten weltlicher Art fiel ihm eine Gutachterstellung auch in vielen Belangen des Basler Konzils (ab 1436) zu.
Nikolaus mühte sich mit der Frage ab, ob die Superiorität in der Kirche dem Papst oder dem Konzil zukomme und hält seine Erkenntnisse in der "Concordantia catholica" fest, die eine ganze politische Theorie widerspiegelt. In komplizierter Triadik geht Nikolaus der hierarchischen Ordnung der Welt nach und zeigt sein Interesse für Zahl und Maß, Stufe und Rang. Cusanus vereinte hier die Ströme des konziliaristischen Rechtsdenkens mit dem mittelalterlichen Neuplatonismus zu einem Miteinander von Vielheit und Einheit. Als beste Regierungsform erschien Nikolaus die Wahlmonarchie, die sich für ihn aus der zwangsläufigen Vereinigung von Hierarchie- und Konsensgedanken ergibt. In der Frage des Zueinanders von Klerus und Laien übernimmt Cusanus das herkömmliche Bild von Leib und Seele. Zwischen beiden Ständen waltet das hierarchische Prinzip zu Gunsten des Klerus. Nikolaus anfänglich prokonziliaristische Haltung veränderte sich, als das Konzil sich eine Unfehlbarkeit zusprach, die ihm nach Meinung des Cusanus nicht zukam. Von da an weiß Cusanus vermehrt die Hierarchie zu schätzen und entfernt sich zunehmend von seinen früheren prokonziliaristischen Aussagen. 1436 hebt Eugen IV. die Exkommunikation des Nikolaus auf und belehnt ihn mit seinen tatsächlich schon vorhandenen Pfründen.
Eine der wichtigsten Episoden in Nikolaus bewegtem Leben dürfte seine Rolle als Gesandter des Papstes und einer Konzilsminorität sein, in der er mit zwei Bischöfen nach Konstantinopel reiste um die kirchliche Einheit mit den Griechen wieder herzustellen. Es zeigt sich die herausragende Stellung die Nikolaus von Kues zu diesem Zeitpunkt innehat. Schon in der Concordantia hatte er sich intensiv mit den ostkirchlichen Patriarchaten beschäftigt. Nikolaus gelingt es, die Griechen für die päpstliche Position (gegen die des Konzils von Basel) zu gewinnen. 1439 kommt es auch tatsächlich vorübergehend zu einer Union mit den Griechen. Danach nimmt die Auseinandersetzung zwischen dem Konzil und dem Papst wieder an Schärfe zu. Nikolaus, nun fest im päpstlichen Lager, wirbt unter den deutschen Fürsten für die Unterstützung des Bischofs von Rom. Dies brachte ihm auch Mißgunst ein, nicht zuletzt die von späteren protestantischen Reformatoren, doch rettet er die deutsche Nation für die ecclesia romana. Die päpstliche Position vertrat Cusanus auch auf dem Reichstag zu Nürnberg, allerdings trat der mit Cusanus verfeindete, neu ernannte Trierer Erzbischof auf die Gegenseite. In den folgenden Jahren war er unermüdlich im päpstlichen Auftrag in Deutschland unterwegs. Maßgebliches Ziel dabei war stets, die Einheit der Kirche zu wahren. Als er vor den Kurfürsten in Frankfurt sprach forderte das nun über den "Überläufer" erboste Konzil die Kurfürsten vergeblich auf, Cusanus zu verhaften. Erst 1447 erlangte die päpstliche Partei endgültig die Oberhand, 1448 wurde Nikolaus durch seinen Freund, Papst Nikolaus V., zum Kardinal erhoben, nachdem er vorher schon verschiedenste kirchliche Würden innegehabt hatte. Cusanus war beim Konklave, aus dem Nikolaus V. als Papst hervorging, selbst ein Kandidat gewesen, auf den sich Stimmen gesammelt hatten. Als Kardinal war seine Titelkirche war San Pietro in Vincoli.
Als päpstlicher Legat machte er sich in Deutschland besonders um das Ablasswesen verdient indem er es einerseits propagierte, andererseits aber Wildwuchs ausmerzte. Er hielt Bußredigten und nutze seine zahlreichen päpstlichen Vollmachten um die deutsche Kirche zu refromieren (1450-1453). Er ging dabei ohne Kompromiß gegen Widerstände, vor allem bei den Mendikantenorden, vor. Ein gegen die Juden gerichtetes Reformdekret des Cusanus wurde durch Nikolaus V. (allerdings aus pragmatischen Erwägungen) wieder aufgehoben. Die Versöhnung Böhmens mit der Kirche, die ihm von Papst Nikolaus aufgetragen wurde, gelang nicht. Auch dessen Nachfolger Calixt III. sendete Cusanus als Botschafter (etwa nach England).
Noch 1450 war Nikolaus aber zum Bischof von Brixen ernannt und geweiht worden. Allerdings hatte das dortige Domkapiteln für einen anderen Kandidaten gestimmt. Besonders Sigismund, Herzog von Österreich und Graf von Tirol, verwendete sich gegen den Cusaner. 1451/1452 kam es zu einer Einigung, so dass Nikolaus tatsächlich die Verwaltung des Bistums antrat. Bis zum Winter 1456/57 herrschte zwischen beiden Parteien wachsamer Friede, Nikolaus ersparte in dieser Zeit dem Adel allerdings keine Härten. Allerdings wich Nikolaus 1457 auf seine Burg am Rand der Diözese zurück, weil er um sein Leben fürchtete, nachdem sich Herzog Sigismund aggressiv gegen ihn gewendet hatte. 1458 ruft ihn Pius II. (ein weiterer Freund des Cusanus auf dem Stuhl Petri) zurück nach Rom. Erst 1464 kam es zu einer Einigung: Nikolaus blieb Bischof, ließ sich aber in der Ausübung der Amtsgeschäfte ersetzen. In seinem Bistum bleib er aufgrund seines ernsthaften Erneuerungswillen in guter Erinnerung. Nach seiner Rückkehr nach Rom wurde Nikolaus 1459 zeitweise Generalvikar des Kirchenstaates, eine Aufgabe, der er erfolgreich nachkam. Nach der Reform des römischen Klerus galt Cusanus zusammen mit Kardinal Torquemada als führender Theologe des Heiligen Stuhls. Außenpolitisch wurde die Lage des Kirchenstaates und der Kirche aber immer auswegloser. Cusanus selbst galt in Rom nach seiner 'Flucht' vor Herzog Sigismund als Märtyrer kirchlicher Freiheit und war hoch angesehen. Auch sein bescheidener Lebenswandel wurde ihm angerechnet. Er feierte - in der damaligen Zeit geistlichen Zerfalls selten - täglich die heilige Messe, was für einen Kardinal die Ausnahme war. Seine Pfründe waren größtenteils durch Herzog Sigismund besetzt. Seit 1461 verschlechtert sich die Gesundheit des Cusaners zunehmend. 1463 wird er allerdings nochmals Visitator von Stadt und Diözese Orvieto, kann seine Ziele allerdings nicht erreichen. Im Sommer 1464 bricht Nikolaus zusammen mit dem schwerkranken Pius II. zum Kreuzzug auf. Cusanus selbst ist gebrechlich und muss seine Reise Mitte Juli unterbrechen. Ende Juli ereilt ihn das Fieber woraufhin er sein Testament verfasst und am 11. August stirbt. Am 14.August sirbt Pius II. Er wurde in seiner Titelkirche in Rom beigesetzt. Seinem Wunsch gemäß wurde sein Herz allerdings nach Kues gebracht, wo aus seinem Nachlass ein Hospital gegründet wurde.
Theologisches und philosophisches Werk
Bekannt wurde sein Werk "Docta ignorantia", das nach dem letzten Grund aller Vielheit fragt und neuplatonisch durchdrungen ist. Cusanus treibt hier die Entwicklung der theologia negativa voran. Die höchstmögliche Form des Wissens, die uns erreichbar ist, ist die analoge Erkenntnis vom Wissen des Nichtwissens. Sie führt uns über die Grenze des Begreifbaren hinaus. Weiterhin beschäftigt sich Cusanus mit Meister Eckhart, wahrt aber gegen dessen monistische Tendenzen die Distanz zur metaphysischen Transzendenz ("De coniecturis"). Gott wohnt hinter der 'Mauer des Paradieses' (so in: "De visione Dei") und ist den Prinzipien der Welt und auch des Denkens entzogen. In De coniecturis entfaltet Nikolaus auch seine Anthropologie. Der Mensch steht zwischen Himmel und Erde, was in einzigartiger Weise der Mittler und Erlöser repräsentiert. Cusanus betreibt Anthropologie auf Grundlage der Christologie.
Des Cusanus metaphysische Spekulationen werden in "De principio" aufgewiesen. Schöpfer und Geschöpf werden streng unterschieden. Die Einheit umschließt letztlich stets (als Einheit von oben) die Vielheiten, die aber solche bleiben. Darauf aufbauend entfaltete auch 'De pace fidei' eine Theologie der Religionen, die besagt, dass allen Religionen die wahre Religion zugrundeliegt, jedoch nur im Christentum diese voll zum Zuge kommt. 1461 verfasste er ein Werk über den Koran. Sein Anliegen war es, sich mit der Wirklichkeit des Islam auseinanderzusetzen. Auch hinterließ er ein Werk über den Laien ("Idiota").
Seine Werke kennen bezüglich der Gottessuche sowohl den theologischen, als auch den philosophischen Ansatz. Auch in der Naturwissenschaft seiner Zeit war Cusanus unterrichtet und hatte am Diskurs teil. Alle Wissenschaft war ihm aber stets von der höheren Wirklichkeit des dreieinigen Gottes getragen.
Nikolaus von Kues hat 300 Predigten hinterlassen, die tief in die Geheimnisse des christlichen Glaubens eindringen und um das Thema des menschlichen Erlösers kreisen. Schon zu seinen Lebzeiten bildeten sich Kreise und Orte, die Cusanus besonders gewogen waren und eine gewisse Verehrung anzeigten, so etwa die Mönche von Tegernsee oder der Aachener Cusanuskreis des Arztes Johannes Scoblant.
Werke
- Concordantia catholica
- De coniecturis
- De quadratura circuli
- De ludo globi
- De communione sub utraque specie 1432.
- De deo abscondito vor 1445.
- De filiatione Dei 1445.
- De quaerendo Deum 1445.
- De dato patris luminum 1445/1446
- De Genesi 1447.
- Docta ignorantia und deren Apologie 1449.
- Idiota 1450.
- De pace fidei nach 1453.
- De visione Dei 1453.
- De mathematicis complementis 1453.
- Caesarea circuli quadratura 1457.
- De mathematica perfectione 158.
- De beryllo 1458.
- De principio 1459.
- In mathematicis aurea proposito 1459.
- De possest 1460.
- Cribratio Alcoran 1461.
- De non aliud 1460.
- De veneratione sapientiae 1462/63.
Literatur
unter anderem:
- Erich Meuthen: Nikolaus von Kues. 1401-1464.Skizze einer Biografie. Münster 1992
- Kreuzer, Johann: Gestalten mittelalterlicher Philosophie. München 2000.