Munificentissimus Deus
Mit den Anfangsworten Munificentissimus Deus wird die Apostolische Konstitution des Papstes Pius XII. zitiert, mit der dieser am 1. November 1950, im Heiligen Jahr, unter Inanspruchnahme päpstlicher Unfehlbarkeit das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel (Assumpta) definierte.
Der zentrale Satz lautet (DH 3903):
(...) auctoritate Domini Nostri Iesu Christi, Beatorum Apostolorum Petri et Pauli ac Nostra pronuntiamus, declaramus et definimus divinitus revelatum dogma esse: Immaculatam Deiparam semper Virginem Mariam, expleto terestris vitae cursu, fuisse corpore et anima ad caelestem gloriam assumptam.
In der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und auch kraft unserer eigenen verkündigen, erklären und definieren wir: Es ist ein von Gott geoffenbartes Dogma, dass die immerwährende Jungfrau Maria, die makellose Gottesgebärerin, als sie den Lauf des irdischen Lebens vollendete, mit Leib und Seele zur himmlischen Glorie aufgenommen wurde.
[Daran schließt die Mahnung an:]
Sollte daher, was Gott verhüte, einer wagen, das entweder zu leugnen oder absichtlich in Zweifel zu ziehen, was von Uns definiert wurde, so soll er wissen, dass er vom göttlichen und katholischen Glauben völlig abgefallen ist.
Würdigung
Der einzige Anwendungsfall einer mit päpstlichem Anspruch auf Unfehlbarkeit vorgetragenen Definition (seit dem I. Vatikanum) blieb in seiner Auswirkung ambivalent. In der Rückschau auf die jüngere Kirchengeschichte darf man einerseits froh sein, dass der Papst den Mut fand, die marianische Dogmatik gewissermaßen noch rechtzeitig zu komplettieren, bevor noch größere Zweifel an der Opportunität einen solchen Schritt unmöglich gemacht hätten. Auch gestattet das historische Faktum dieses sicherlich notwendigen Anwendungsfalls nicht mehr, dass sich die Theologie, etwa aus ökumenischen Motiven, am Primat und an der Unfehlbarkeit des Papstes vorbeimogelt. Jedoch hat die Schattenseite dieser päpstlichen Praxis bereits Joseph Ratzinger in einer Anmerkung zu seiner "Einführung in das Christentum" klar benannt: Die päpstliche Definition ist nur der letzte, unterste Anwendungsfall der kirchlichen Unfehlbarkeit. Dogmatik erschöpft sich nicht in einzelnen Sätzen, sondern die einzelnen Sätze haben stets eine dienende Funktion für den gesamten Zusammenhang der Verkündigung. Im Falle der Aufnahme Mariens in den Himmel war die päpstliche Deutlichkeit überfällig. Sie wurde in der Rezeption jedoch überlagert von großer Undeutlichkeit über das, was denn der Papst da "gemacht" hat. Das Missverständnis, er habe ein "neues Dogma" geschaffen, hat in weite Kreise des Katholizismus bereits der 1950er Jahre große Unruhe getragen, die sich zu Konzilszeiten (und danach) entlud.
Das II. Vatikanum hat die marianische Lehrentwicklung der Kirche bestätigt und die Aufnahme Marias in den Himmel noch stärker als bisher in den ekklesiologischen Zusammenhang gestellt: "Schließlich wurde die unbefleckte Jungfrau, von jedem Makel der Erbsünde unversehrt bewahrt, nach Vollendung des irdischen Lebenslaufs mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen und als Königin des Alls vom Herrn erhöht, um vollkommener ihrem Sohn gleichgestaltet zu sein, dem Herrn der Herren (vgl. Offb 19,16) und dem Sieger über Sünde und Tod" (Lumen gentium, Nr. 59).
Im Blick auf diese Feststellung des Konzils und die oben zitierte Mahnung Pius XII. wird man sagen dürfen, dass für Katechese und Pastoral noch manches zu tun bleibt, um die Wahrheit des Marienlebens stärker im katholischen Bewusstsein zu verankern.