Unvereinbarkeitserklaerung vom 12. Mai 1980
UNVEREINBAR |
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Deutsche Bischofskonferenz
zur Frage der Mitgliedschaft von Katholiken in der Freimaurerei
(Quelle: Hans Baum-Robert Prantner, Freimaurerei und Kirche sind unvereinbar, Christiana Verlag Stein am Rhein / Schweiz 1998, S. 50-58.)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitend
- 2 Ausgangslage
- 3 Verändertes Meinungsbild
- 4 Die Reaktion der Kirche
- 5 Gründe der Unvereinbarkeit
- 5.1 2. Der Wahrheitsbegriff der Freimaurerei
- 5.2 3. Der Religionsbegriff der Freimaurer
- 5.3 4. Der Gottesbegriff der Freimaurer
- 5.4 5. Freimaurerischer Gottesbegriff und Offenbarung
- 5.5 6. Die Toleranzidee der Freimaurer
- 5.6 7. Die Ritualhandlung der Freimaurer
- 5.7 8. Die Vervollkommnung des Menschen
- 5.8 9. Die Spiritualität der Freimaurer
- 5.9 10. Unterschiedliche Richtungen innerhalb der Freimaurerei
- 5.10 11. Freimaurerei und Katholische Kirche
- 5.11 12. Freimaurer und Evangelische Kirche
- 6 Abschließende Stellungnahme
Einleitend
Zwischen der Katholischen Kirche und der Freimaurerei von Deutschland fanden in den Jahren 1974 bis 1980 offizielle Gespräche im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz und der Vereinigten Großlogen von Deutschland statt. Dabei sollte von seiten der Katholischen Kirche untersucht werden, ob sich in der Freimaurerei ein Wandel vollzogen habe und die Mitgliedschaft von Katholiken in der Freimaurerei nunmehr möglich sei.
Die Gespräche verliefen in einer guten Atmosphäre, die von Offenheit und Sachlichkeit getragen war.
Dabei wurden instruktive Einblicke in die drei ersten Grade gewährt. Die Katholische Kirche musste bei der Überprüfung der ersten drei Grade grundlegende und unüberbrückbare Gegensätze feststellen.
Die Freimaurerei hat sich in ihrem Wesen nicht gewandelt. Eine Zugehörigkeit stellt die Grundlagen der christlichen Existenz in Frage: Die eingehenden Untersuchungen der freimaurerischen Ritualien und Grundüberlegungen, wie auch ihres heutigen unveränderten Selbstverständnisses machen deutlich: Die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur Freimaurerei ist unvereinbar.
Darstellung der Gespräche zwischen Vertretern der Katholischen Kirche und der Freimaurerei
Ausgangslage
1. Die Gespräche
Zwischen der Katholischen Kirche und der Freimaurerei in Deutschland fanden in den Jahren 1974 bis 1980 offizielle Gespräche im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz und der Vereinigten Großlogen von Deutschland statt.
2. Der Auftrag
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte der Gesprächsgruppe folgenden Auftrag gegeben:
a) Feststellung von Veränderungen innerhalb der Freimaurerei in Deutschland.
b) Prüfung der Vereinbarkeit von Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und gleichzeitig zur Freimaurerei.
c) Im Falle einer bejahenden Beantwortung der obigen Frage publizistische Vorbereitung der Öffentlichkeit auf die veränderte Situation.
3. Die Situation bei den Freimaurern
Die deutsche Freimaurerei ist aus der nationalsozialistischen Verfolgung ungefähr auf ein Viertel reduziert hervorgegangen; dadurch mögen Wandlungen im Hinblick auf eine gewisse Offenheit anderen gesellschaftlichen Gruppen gegenüber bewirkt worden sein.
Aufgrund dieser Situation hat sich dann auch das Interesse der Freimaurerei an einer Bereinigung ihres Verhältnisses zu den christlichen Kirchen ergeben.
4. Das Zweite Vatikanum und die Enzyklika Ecclesiam suam
Im Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich die Kirche aufgemacht zum Dialog mit allen Menschen «guten Willens», zum Gespräch mit jeder Gruppierung, die dazu Bereitschaft zeigt.
Diese Absicht, welche sich in verschiedenen Konzilstexten dokumentiert, hat dann Paul VI. in seine Antrittsenzyklika «Ecclesiam suam» weitergeführt, theoretisch umfassender unterbaut und praktische Richtlinien dazu gegeben. Vor allem hat er die verschiedenen Kreise genannt, mit denen der Dialog aufzunehmen ist: angefangen in der eigenen Gemeinschaft bis hin zu denen, die nicht an Gott glauben.
Schon während des Konzils und in zunehmendem Maße danach, wurde der Dialog mit der Freimaurerei für notwendig erkannt.
Verändertes Meinungsbild
1. Das humanitäre Anliegen
Die von der Kirche zumal im Zweiten Vatikanum geforderte richtig verstandene Freiheit des Menschen im privaten, religiösen und öffentlichen Leben ergab eine Gesprächsbasis mit der Freimaurerei, sofern sie sich in ihrer humanitären Haltung für die menschliche Freiheit verpflichtet fühlt. Ähnliches ist bezüglich des Eintretens für die Menschenrechte zu sagen.
2. Die Wohltätigkeit
Die deutsche Freimaurerei unterhält Anstalten bruderschaftlicher Hilfe und menschlicher Wohltätigkeit. Sie unternimmt Hilfsaktionen gegenüber leidenden Menschen.
Da die karitative Gesinnung und Tätigkeit wesentlich zur Kirche gehören, wurden auch hier gewisse Berührungspunkte gesehen.
3. Symbolverständnis
In unserer nüchternen Zeit suchen manche Menschen in den Symbolen und Riten der Freimaurerei eine gewisse Erfüllung sonst unbefriedigter Bedürfnisse. In der Katholischen Kirche haben Symbole und Riten ihren angestammten Platz. Von hieraus wird darum ein Berührungspunkt und eine Verständnisbasis vermutet.
4. Freimaurerische Einzelpersönlichkeiten
Die Integrität, Qualifikation, Haltung und persönliche Meinung von freimaurerischen Einzelpersönlichkeiten, die bei verschiedenen Anlässen in und außerhalb eines kirchlichen Rahmens auftraten, haben ebenfalls eine positive Meinungsbildung der Loge gegenüber begünstigt.
5. Gemeinsam gegen Materialismus
Von freimaurerischer Seite gab es immer wieder Bekundungen der Bereitschaft, den Kampf gegen die materialistische Ideologie und die sich daraus ergebenden menschenfeindlichen Konsequenzen auch gemeinsam mit den christlichen Kirchen zu führen.
6. Ein neues Verhältnis?
Vor allem die unter den obigen Nummern 1-5 angeführten Punkte ließen die Meinung aufkommen, die Freimaurerei habe sich so sehr gewandelt, dass die frühere Stellungnahme der Kirche überholt sei und jeder Katholik problemlos einer Freimaurerloge zugehören könne.
7. Öffentlichkeitsarbeit
Die genannte Meinung einer selbstverständlichen Vereinbarkeit der Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur Freimaurerei wurde durch eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit in Form von Akademietagungen, offenen Logensitzungen, Buchpublikationen, Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln verbreitet.
8. «Die kopernikanische Wende»
Der obengenannten Meinung kam ein gewisses, wenn auch durchaus falsches Verständnis des jüngsten Konzils entgegen, das infolge der erwähnten Öffentlichkeitsarbeit auftauchte. Nach dieser Ansicht hat das Konzil in einer wahrhaft kopernikanischen Wende den Leitbegriff einer objektiven Wahrheit in der Kirche beseitigt und durch den der menschlichen Würde ersetzt. Es besteht demzufolge ein Verhältnis der Nähe zwischen Katholischer Kirche und Freimaurerei.
Die Reaktion der Kirche
1. Das Prüfungsverfahren
All die oben angeführten Unternehmungen waren nicht geeignet, die anstehenden Fragen wirklich sachgerecht zu untersuchen und zu einer fundierten und tragfähigen Antwort zu kommen.
Entscheidend sind hier nicht die Integrität, Meinung und Haltung einzelner Freimaurer, denn diese sind völlig der Subjektivität überlassen.
Um zu einer wirklich sachgerechten Prüfung der anstehenden Fragen zu kommen, war es vielmehr notwendig, das Wesen der Freimaurerei, so wie es sich in den Vereinigten Großlogen von Deutschland vorfindet, zu untersuchen. Unabhängig von allen subjektiven Auffassungen manifestiert sich das objektive Wesen in den offiziellen Ritualien der Freimaurerei.
Deshalb wurden diese Dokumente einer sorgfältigen und langwierigen Prüfung (von 1974-1980) unterzogen, und zwar die Ritualien der ersten drei Grade, in deren Text die Freimaurer Einblick gewährten, wenngleich die Gespräche sich nicht nur auf die Ritualien bezogen.
2. Der unveränderte Standpunkt der Freimaurerei
Die fundamentale Infragestellung der Kirche durch die Freimaurerei hat sich nicht gewandelt. Diese Tatsache wird besonders deutlich, wenn wir zur Kenntnis nehmen, welch konkretes Selbstverständnis und welche geistige Grundlage, welche Gegenwartskonzeption und welche Zukunftsperspektive die Freimaurer sich selbst in dem erst nach Abschluss der Gespräche in diesem Jahr veröffentlichten Papier «Thesen bis zum Jahr 2000» als mutiges und kämpferisches Programm gegeben haben. Darin ist die objektive Geltung der geoffenbarten Wahrheit grundsätzlich verneint und durch diesen Indifferentismus eine Offenbarungsreligion vom Prinzip her ausgeschlossen. Schon die 1. und wohl wichtigste These besagt: «Systeme weltanschaulich-religiöser Art, die alleinige Verbindlichkeit beanspruchen können, gibt es nicht» (Das deutsche Freimaurer-Magazin «humanität» 1980, Nr. l, Einlage nach S. 20).
3. Atmosphärische Verbesserungen - praktische Zusammenarbeit
Verbessert und verändert gegenüber früheren Jahrhunderten haben sich der Ton, die Art und die Ebene der Austragung der Differenzen. Gab es früher Feindseligkeiten und Beschimpfungen, so ist die Diskussion heute auf eine sachliche Ebene gehoben.
Betont muss auch werden, dass die Gespräche in einer guten Atmosphäre der Offenheit und Objektivität verliefen.
Verschiedene unhaltbare Vorurteile konnten ausgeräumt werden. Die Katholische Kirche weiß sich heute zu gemeinsamem Handeln mit anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften verbunden, wenn es sich um die Verwirklichung humanitärer und karitativer Ziele handelt. Insoweit solche Ziele bei den Freimaurern im Vordergrund stehen, ist die Katholische Kirche zu gemeinsamem und unterstützendem Handeln bereit. Dadurch darf aber nicht der Eindruck entstehen, als habe die Kirche Grund, ihre warnende und ablehnende Haltung zur Freimaurerei für überholt zu halten.
4. Das Ergebnis der Gespräche
Hatten bei der schon vorausgegangenen Diskussion des ersten Grades durch die Evangelische Kirche ernste Bedenken nicht ausgeräumt werden können, so musste die Katholische Kirche bei der Überprüfung der ersten drei Grade grundlegende und unüberwindliche Gegensätze feststellen.
Die Freimaurerei hat sich in ihrem Wesen nicht gewandelt. Eine Zugehörigkeit stellt die Grundlagen der christlichen Existenz in Frage.
Die eingehenden Untersuchungen der freimaurerischen Ritualien und der freimaurerischen Wesensart, wie auch ihres heutigen unveränderten Selbstverständnisses machen deutlich:
Die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur Freimaurerei ist ausgeschlossen.
Im folgenden werden einige der vielen Diskussionsgegenstände und Argumente aufgeführt, welche zu dem Ergebnis geführt haben. Andere nicht minder wichtige wurden von der Kommission ebenfalls erörtert.
Gründe der Unvereinbarkeit
1. Die Weltanschauung der Freimaurer Die Weltanschauung der Freimaurer ist nicht verbindlich festgelegt. Es überwiegt die humanitäre und ethische Tendenz. Die textlich festgelegten Ritualbücher mit ihren Worten und Symbolhandlungen bieten einen Vorstellungsrahmen, den der einzelne Freimaurer mit seiner persönlichen Auffassung ausfüllen kann.
Eine gemeinsame verbindliche Ideologie ist hier nicht festzustellen. Dagegen gehört der Relativismus zur Grundüberzeugung der Freimaurer. Das als objektive Quelle anerkannte «Internationale Freimaurer Lexikon» erklärt zu dieser Frage: «Die Freimaurerei dürfte das einzige Gebilde sein, dem es auf die Dauer gelungen ist, Ideologie und Praxis weitgehend von Dogmen freizuhalten. Die Freimaurerei kann daher als eine Bewegung aufgefasst werden, die relativistisch eingestellte Menschen zur Förderung des Humanitätsideals zusammenzufassen trachtet» (Eugen Lennhoff - Oskar Posner, Internationales Freimaurer Lexikon, Wien 1975, Sp. 1300).
Ein Subjektivismus dieser Art lässt sich mit dem Glauben an das geoffenbarte und vom Lehramt der Kirche authentisch ausgelegte Gotteswort nicht in Einklang bringen. Außerdem erzeugt er eine Grundeinsteilung, welche die Haltung des Katholiken zu Wort und Handlungen im sakramentalen und sakralen Geschehen der Kirche gefährdet.
2. Der Wahrheitsbegriff der Freimaurerei
Von den Freimaurern wird die Möglichkeit objektiver Wahrheitserkenntnis verneint. Während der Verhandlungen wurde besonders an das bekannte Wort von G. E. Lessing erinnert:
«Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzig immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatz, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: <Wähle>, ich fiele ihm mit Demut in seine Linke und sagte: <Vater, gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für Dich alleine!»> (G. E. Lessing, Duplik, 1977, Ges. Werke, V, 100).
Dies wurde in den Gesprächen als für die Freimaurerei signifikant bezeichnet. Die Relativität jeder Wahrheit stellt die Basis der Freimaurerei dar. Da der Freimaurer jeden Dogmenglauben ablehnt, duldet er auch in seiner Loge kein Dogma (vgl. Dr. Th. Vogel in KNA vom 11.2.1960 S.6).
Vom Freimaurer wird daher verlangt, ein freier Mann zu sein, der «keine Unterwerfung unter Dogma und Leidenschaft kennt» (Lennhoff - Posner Sp. 524f.). Das bedingt die grundsätzliche Verwerfung aller dogmatischen Positionen, die in dem Satz des Freimaurer-Lexikons zum Ausdruck kommt: «Alle Institutionen auf dogmatischer Grundlage, als deren hervorstechendste die Katholische Kirche gelten kann, üben Glaubenszwang aus» (Lennhoff - Posner, Internationales Freimaurer Lexikon 1975, Sp. 374).
Ein darartiger Wahrheitsbegriff ist vom Standpunkt weder der natürlichen Theologie noch der Offenbarungstheologie mit dem katholischen Wahrheitsbegriff vereinbar.
3. Der Religionsbegriff der Freimaurer
Das Religionsverständnis der Freimaurer ist relativistisch: alle Religionen sind konkurrierende Versuche, die letztlich unerreichbare Gotteswahrheit auszusagen. Denn dieser Gotteswahrheit angemessen ist nur die vieldeutige, der Interpretationsfähigkeit des einzelnen Maurers überlassene Sprache der maurerischen Symbole. Nicht umsonst ist der religiöse Disput innerhalb der Loge den Angehörigen der Loge streng untersagt. In den Alten Pflichten von 1723 heißt es unter «Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger Gottesleugner noch ein bindungsloser Freigeist sein.
In alten Zeiten waren die Maurer in jedem Lande zwar verpflichtet, der Religion; anzugehören, die in ihrem Lande oder Volke galt, heute jedoch hält man es für ratsamer, sie nur zu der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine besonderen Überzeugungen selbst zu belassen> (Die Alten Pflichten von 1723, Hamburg 1972, S.IO).
Der Begriff der Religion, «in der alle Menschen übereinstimmen» , impliziert eine relativistische Religionsauffassung, die sich mit der Grundüberzeugung des Christentums nicht zur Deckung bringen lässt.
4. Der Gottesbegriff der Freimaurer
In den Ritualien findet sich der Begriff des «Großen Baumeisters aller Welten» an zentraler Stelle. Er ist, bei allem Willen zu religionsumgreifender Offenheit, eine deistisch geprägte Konzeption.
Danach gibt es keine objektive Erkenntnis von Gott im Sinne des personalen Gottesbegriffes des Theismus. Der «Große Baumeister aller Welten» ist ein neutrales «Es», undefiniert und offen für jedwedes Verständnis. Jeder kann hier seine Gottesvorstellung einbringen, der Christ wie der Moslem, der Konfuzianer wie der Animist oder der Angehörige irgendeiner Religion. Der Weltenbaumeister gilt den Freimaurern nicht als Wesen im Sinne eines personalen Gottes; deshalb genügt für sie ein beliebiges religiöses Empfinden für die Anerkenntnis des «Baumeisters aller Welten».
Diese Imagination eines im deistischen Abseits thronenden Weltenbaumeisters entzieht der Gottesvorstellung des Katholiken und seiner Antwort auf den ihn väterlich-herrscherlich ansprechenden Gott den Boden.
5. Freimaurerischer Gottesbegriff und Offenbarung
Die Gottesvorstellung der Freimaurerei lässt den Gedanken an eine Selbstoffenbarung Gottes, wie er von allen Christen geglaubt und festgehalten wird, nicht zu. Eher noch wird durch die Vorstellung des «Großen Weltenbaumeisters» das Gottesverhältnis auf eine vordeistische Position zurückgeworfen.
Ebenso steht die ausdrückliche Herleitung des Christentums von der astralen Urreligion der Babyionier und Sumerer in vollem Widerspruch zum Offenbarungsglauben (vgl. Ritual II, S. 47).
6. Die Toleranzidee der Freimaurer
Aus dem Wahrheitsbegriff leitet sich auch die spezifische Toleranzidee der Freimaurerei ab. Der Katholik versteht unter Toleranz die den Mitmenschen gegenüber geschuldete Duldsamkeit. Bei den Freimaurern jedoch herrscht die Toleranz gegenüber Ideen, wie gegensätzlich zueinander sie auch sein mögen. Wieder ist auf Lennhoff - Posner zu verweisen:
«Aus dem Relativismus lässt sich der Standpunkt der Freimaurer zu den Problemen der Welt und Menschheit ableiten ... Der Relativismus unterbaut die Toleranz mit Vernunftargumenten. Die Freimaurerei ist eine der Bewegungen, die vom Ausgang des Mittelalters an, als Reaktion gegen die Unbedingtheit der Kirchenlehre und den politischen Absolutismus, als Reaktion gegen den Fanatismus jeder Art entstanden sind. ..» (Sp. 1300).
Eine Toleranzidee dieser Art erschüttert die Haltung des Katholiken in der Glaubenstreue und in der Anerkennung des kirchlichen Lehramts.
7. Die Ritualhandlung der Freimaurer
In ausführlichen Gesprächen und Erklärungen wurden die drei Ritualien des Lehrlings-, des Gesellen- und des Meistergrades erörtert. Diese Ritualhandlungen zeigen in Wort und Symbol einen sakramentsähnlichen Charakter. Sie erwecken den Anschein, als würde hier unter Symbolhandlungen objektiv etwas den Menschen Verwandelndes bewirkt. Inhalt ist eine symbolhafte Initiation des Menschen, die ihrem ganzen Charakter nach in einer deutlichen Konkurrenz zu seiner sakramentalen Umwandlung steht.
8. Die Vervollkommnung des Menschen
Nach Ausweis der Ritualien geht es in der Freimaurerei letztlich um eine ethische und geistige Optimierung des Menschen.
Im Meisterritus heißt es: «Welche Tugenden muss ein wahrer Meister besitzen? Reinheit des Herzens, Wahrheit in Worten, Vorsicht in Handlungen, Unerschrockenheit bei unvermeidlichen Übeln und unermüdlichen Eifer, wenn es gilt, Gutes zu tun» (Ritual III, S. 66).
Hier konnte das Bedenken nicht ausgeräumt werden, dass die ethische Vervollkommnung verabsolutiert und so von der Gnade gelöst wird, dass kein Raum für die Rechtfertigung des Menschen im christlichen Verständnis bleibt. Was sollen sakramentale Heilsvermittlung in Taufe, Buße und Eucharistie noch bewirken, wenn bereits durch die drei grundlegenden Grade die in den Ritualien ausgesagte Erleuchtung und Todesüberwindung erzielt wird?
9. Die Spiritualität der Freimaurer
Die Freimaurerei stellt an ihre Mitglieder einen Totalitätsanspruch, der ihnen eine Zugehörigkeit auf Leben und Tod abfordert. Auch wenn man davon ausgeht, dass der in den drei Graden beschrittene Weg in erster Linie das Ziel einer Bewusstseins- und Charakterbildung verfolgt, bleibt doch die Frage, ob der Sendungsanspruch der Kirche es zulässt, dass Formung solcher Art von einer ihr fremden Institution übernommen wird.
In diesem Totalitätsanspruch aber wird die Unvereinbarkeit von Freimaurerei und Katholischer Kirche besonders deutlich.
10. Unterschiedliche Richtungen innerhalb der Freimaurerei
Es gibt innerhalb der Freimaurerei neben der überwiegenden Zahl der Logen mit humanitärer, «gottgläubiger» Grundtendenz Extreme, wie die atheistische Bruderschaft des «Grand Orient de France» auf der einen Seite, der auch einige Logen in Deutschland besitzt, und der in Deutschland bestehenden «Großen Landesloge» auf der anderen Seite. Letztere nennt sich auch «Christlicher Freimaurerorden» (vgl. Lennhoff - Posner, Sp. 1157).
Diese «christliche Freimaurerei» liegt aber keinesfalls außerhalb der freimaurerischen Grundordnung; hier wird nur eine größere Möglichkeit intendiert, Freimaurerei und subjektive christliche Gläubigkeit miteinander zu vereinen. Eine theologisch zulässige Verwirklichung muss jedoch verneint werden, weil die Grundtatsachen der Offenbarung des menschgewordenen Gottes und seine Gemeinschaft mit den Menschen nur als mögliche Variante der freimaurerischen Weltansicht verstanden und überdies nur von einem kleinen Teil der Maurer anerkannt werden.
11. Freimaurerei und Katholische Kirche
So wichtig die Unterscheidung zwischen kirchenfreundlicher, neutraler und kirchenfeindlicher Freimaurerei auch sein mag, ist sie im vorliegenden Zusammenhang doch irreführend, denn sie legt nahe, dass für Katholiken eine Mitgliedschaft lediglich bei der kirchenfeindlichen nicht in Frage käme. Nun hat sich die Untersuchung gerade auf jene Freimaurerei erstreckt, welche der Katholischen Kirche gegenüber wohlgesonnen ist; aber selbst hier mussten die unüberwindlichen Schwierigkeiten festgestellt werden.
12. Freimaurer und Evangelische Kirche
Gespräche haben 1973 auch auf dieser Ebene stattgefunden. Die evangelischen Gesprächsteilnehmer haben in ihrer Schlusserklärung vom 13.0ktober 1973 zwar die Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft dem «freien Ermessen des einzelnen überlassen».
Beachtlich aber ist, was hier in Ziff. 5 festgestellt ist: «Es war für die kirchlichen Gesprächspartner nicht möglich, sich über das Ritual in seiner Bedeutung und in seiner Erlebnisqualität eine abschließende Meinung zu bilden. Dabei bewegte sie die Frage, ob das Ritualerlebnis und die Arbeit des Maurers nicht die Rechtfertigung aus Gnaden in ihrer Bedeutung für den evangelischen Christen mindern könnten» (Information Nr. 58 der Evangelischen Zentral stelle für Weltanschauungsfragen 58/74, Seite 19).
Abschließende Stellungnahme
Mag auch die Freimaurerei aufgrund der in der nationalsozialistischen Ära erlittenen Verfolgung eine Wandlung im Sinn einer größeren Offenheit gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen durchgemacht haben, so ist sie doch in ihrer Mentalität, ihrer Grundüberzeugung und ihrer Tempelarbeit sich völlig gleich geblieben.
Die aufgezeigten Gegensätze rühren an die Grundlagen der christlichen Existenz. Die eingehenden Untersuchungen der freimaurerischen Ritualien und Geistigkeit machen deutlich: Die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur Freimaurerei ist ausgeschlossen.
Zu der von den Vereinigten Großlogen von Deutschland abgegebenen Stellungnahme zur Presseerklärung der Deutschen Bischofskonferenz, macht das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz folgende Anmerkung:
1. Die «Lichtenauer Erklärung» hat keinerlei kirchliche Autorisierung erhalten: Weder von einer Bischofskonferenz noch von einer römischen Behörde. Auch Kardinal König, dem das Dokument überreicht wurde, hat sich nicht bereit gefunden, es zu unterzeichnen.
2. Die Erwähnung der Stellungnahme der Evangelischen Kirche zur Freimaurerei ist insofern unvollständig, als verschwiegen wird, dass es in derselben Erklärung auch heißt: «Es war für die kirchlichen Gesprächspartner nicht möglich, sich über das Ritual in seiner Bedeutung und in seiner Erlebnisqualität eine abschließende Meinung zu bilden. Dabei bewegte sie die Frage, ob das Ritualerlebnis und die Arbeit des Maurers nicht die Rechtfertigung aus Gnaden in ihrer Bedeutung für jeden evangelischen Christen mindern könnten» (Information Nr. 58 der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 58/74, Seite 19).
Die Evangelische Kirche hat wohl nur den ersten Grad einsehen können und nicht in derselben Ausführlichkeit und unter anderen Voraussetzungen als die Katholische Kirche.
3. Die Feststellung, dass die Zugehörigkeit zur Freimaurerei die Grundlagen der christlichen Existenz in Frage stelle, ist keine Anmaßung, sondern geht aus der gewissenhaften Darstellung der Grundlagen des freimaurerischen Selbstverständnisses hervor.