Leo der Grosse: Lehrschreiben ueber die Menschwerdung Gottes
Leo der Große (um 400-461)
Quelle: Die Lehrschreiben des heiligen Papstes Leo des Großen über die Menschwerdung Christi. Aus dem Lateinischen übertragen und eingeleitet von Ludwig A. Winterswyl, Herder & Co. G.m.b.H. Verlagsbuchhandlung Freiburg im Breisgau 1938 (70 Seiten, Mit kirchlicher Druckerlaubnis). Der Übersetzung liegt zu Grunde der Text der Ausgabe von P. und H. Ballerini bei Migne. Patrologiae Latinae tomus LIV; Herausgeber der Reihe "Zeugen des Wortes" war Karlheinz Schmidthüs (Vorbemerkung im Quelltext).
Inhaltsverzeichnis
BISCHOF LEO SEINEM SEHR LIEBEN MITBRUDER FLAVIAN BISCHOF VON KONSTANTINOPEL
Wir haben den - zu Unserer Verwunderung sehr spät abgesandten - Brief Ew. Liebden gelesen und von dem beigefügten Synodalbericht Kenntnis genommen und können Uns so endlich ein Bild machen von dem Ärgernis, das sich bei Euch in Bezug auf die Unversehrtheit des Glaubens erhoben hat; zu dem, was Uns zuvor undurchsichtig war, haben Wir nun den Schlüssel bekommen. Demnach hat sich Eutyches, der wegen seines Priesternamens ehrwürdig erschien, als sehr unklug und unerfahren erwiesen, - so sehr, dass auch von ihm das Wort des Propheten gilt: "Er wollte nicht einsichtig sein, um gut zu handeln; auf Böses sann er in seinem Gemach" (Ps 36, 4). Denn was ist böser, als auf Unfrommes zu sinnen und sich den Weiseren und Gelehrteren nicht zu fügen? In solche Unfrommheit fallen diejenigen, die, wenn irgend ein Dunkel sie an der Erkenntnis der Wahrheit hindert, weder auf die Stimmen der Propheten zurückgreifen, noch auf die Briefe der Apostel, noch auf die Zeugnisse der Evangelien, sondern auf sich selbst, und die darum Lehrer des Irrtums sind, weil sie nicht Jünger der Wahrheit wurden. Welche Belehrung aber sollte der aus den Seiten des Neuen und Alten Testamentes schöpfen können, der nicht einmal die Anfangsgründe des Glaubensbekenntnisses erfasst hat? Und was über die ganze Welt hin die Taufschüler mit ihrem Munde bekennen, das hat das Herz jenes alten Mannes noch nicht aufgenommen.
Wenn er also nicht wusste, was er von der Menschwerdung des Wortes Gottes denken sollte, und wenn er nicht, um sich das Licht der Erkenntnis zu verdienen, die heiligen Schriften in ihrer ganzen Breite durcharbeiten wollte, so hätte er wenigstens wachen Ohres jenes allgemeine und unterschiedslose Bekenntnis aufnehmen sollen, mit dem die Gesamtheit der Gläubigen bekennt: dass sie glaube an Gott, den allmächtigen Vater, und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn, unsern Herrn, der geboren ist aus dem Heiligen Geiste und Maria, der Jungfrau. Durch diese drei Sätze werden die Umtriebe fast aller Irrlehrer zunichte gemacht. Wenn nämlich der Glaube an Gott auf den Allmächtigen und auf den Vater geht, so wird damit der Sohn als ihm ebenewig erwiesen, als in nichts vom Vater sich unterscheidend, da er als Gott von Gott, als Allmächtiger vom Allmächtigen, als Ebenewiger vom Ewigen geboren ist; nicht später der Zeit nach, nicht geringer an Macht, nicht unähnlich an Glorie, nicht geschieden im Wesen. Dieser selbe ewige Einziggeborene des ewigen Zeugers ist geboren worden aus dem Heiligen Geist und Maria, der Jungfrau. Diese seine zeitliche Geburt hat jener göttlichen und ewigen Geburt nichts genommen und nichts hinzugefügt, sondern ist einzig und allein auf die Erlösung des betrogenen Menschen bezogen, damit er den Tod besiege und den Teufel, des Todes Herrscher, aus eigener Kraft vernichte. Denn wir könnten den Urheber der Sünde und des Todes nicht überwinden, wenn nicht der unsere Natur annähme und zur seinigen machte, den weder die Sünde beflecken noch der Tod festhalten konnte. Und er ist empfangen worden vom Heiligen Geist im Schoße der Jungfrau Mutter, die ihn so unversehrter Jungfrauschaft gebar, wie sie ihn unversehrter Jungfrauschaft empfing.
Aber wenn Eutyches nicht aus diesem reinsten Bronn christlichen Glaubens lautere Einsicht schöpfen konnte, weil die eigene Verblendung den Glanz durchschaubarer Wahrheit verdunkelte, hätte er sich der Lehre des Evangeliums unterwerfen sollen. Und er würde nach der Aussage des Matthäus: "Buch der (menschlichen) Abstammung Jesu Christi, des Sohnes David, des Sohnes Abraham" (Mt 1,1), wohl auch die Unterweisung der apostolischen Predigt gesucht und im Brief an die Römer gelesen haben: "Paulus, Knecht Jesu Christi, berufener Apostel, erwählt für das Evangelium Gottes, welches durch seine Propheten in den heiligen Schriften vorherverkündet wurde und von seinem Sohn handelt, der dem Fleische nach aus dem Geschlecht Davids stammt" (Röm 1-3). Und Eutyches wurde seine fromme Sorgfalt den Prophetenschriften haben zuwenden müssen; und wenn er dabei auf die Verheißung Gottes an Abraham stieß: "In deinem Samen werden gesegnet werden alle Völker" (Gen 12, 3; 22, 18), hätte er, um nicht im Zweifel zu bleiben über die Besonderheit dieses Samens, sich an den Apostel halten müssen, der da sagt: "Dem Abraham wurden die Verheißungen gegeben und seinem Samen; er sagt nicht: und den Samen, als handle es sich um viele, sondern nur um einen: und deinem Samen. Der ist Christus" (Gal 3, 16). Und auch die Predigt des Isaias hätte Eutyches mit innerem Ohr aufgenommen, der da sagt: "Siehe, die Jungfrau wird im Schoß empfangen und einen Sohn gebären, und man wird seinen Namen Emanuel nennen, das heißt: Gott mit uns" (Jes 7, 14; Mt 1, 23). Er hätte gläubig des gleichen Propheten Worte gelesen: "Ein Knabe ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, auf dessen Schultern die Herrschaft ruht, und sein Name wird sein: Bote des großen Ratschlusses, Wunderbarer, Ratgeber, starker Gott, Fürst des Friedens, Vater der kommenden Weltzeit" (Jes 9, 6). Und so würde Eutyches nicht mit vergeblichem Reden sagen, das Wort sei solcherart Fleisch geworden, dass der aus dem Schoß der Jungfrau hervorgeborene Christus zwar Menschengestalt habe, aber nicht die Wirklichkeit des mütterlichen Leibes. Oder hat er vielleicht deswegen geglaubt, unser Herr Jesus Christus sei nicht unserer Natur, weil der zur seligen, allezeit jungfräulichen Maria gesandte Engel sagte: "Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten; darum auch wird das Heilige, das aus dir wird geboren werden, Sohn Gottes heißen" (Lk 1, 35) ? So dass, weil die Empfängnis der Jungfrau Gottes Werk war, das Fleisch des Empfangenen nicht von der Natur der Empfangenden gewesen wäre? Doch so ist jene einzigartig wunderbare und wunderbar einzigartige Geburt nicht zu verstehen, dass die neue Weise, auf die Gott hier schafft, die Eigenart des Menschlichen aufhöbe. Denn wohl gab der Heilige Geist der Jungfrau die Fruchtbarkeit, der wirkliche Leib aber ist vom Leib (der Mutter) genommen, und, indem die Weisheit sich ein Haus erbaute (Spr 9, 1), ist "das Wort Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt" (Joh 1, 14); das heißt: in dem Fleisch, welches er vom Menschen annahm und welches er mit dem Hauch vernunftbegabten Lebens beseelte.
Es blieb also die Eigentümlichkeit beider Naturen ohne Abstrich bestehen, sie gingen in eine Person zusammen, und so wurde von der Herrlichkeit die Niedrigkeit, von der Kraft die Schwäche, von der Ewigkeit die Sterblichkeit aufgenommen. Um die Schuld unseres Menschenstandes zu lösen, ist die unverletzbare Natur mit der leidensfähigen vereinigt, damit, wie es unsere Rettung erforderte, "ein" und derselbe "Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Jesus Christus" (1 Tim 2, 5), sowohl einerseits sterben wie anderseits nicht sterben konnte. In der unversehrten und vollkommenen Natur eines wahren Menschen ist also der wahre Gott geboren worden, vollkommen in dem Seinigen und ganz in dem Unsrigen. Unter dem Unsrigen verstehen Wir hier das, was der Schöpfer von Anbeginn an in uns begründet hat und was er wiederherzustellen auf sich genommen; denn von dem, was der Verführer einbrachte und was der getäuschte Mensch zuließ, ist an dem Heiland keinerlei Spur. Noch wurde er, weil er in die Gemeinschaft der menschlichen Schwachheiten eintrat, deshalb auch Teilhaber an unsern Sünden. Er nahm Knechtsgestalt an ohne den Schmutz der Sünde, erhöhte das Menschliche, ohne das Göttliche zu mindern. Denn jene Entäußerung, durch die der Unsichtbare sich als Sichtbarer zeigte und durch die der Herr und Schöpfer aller Dinge einer der Sterblichen sein wollte, war ein Sichherabneigen seines Erbarmens, nicht ein Versagen seiner Macht. Somit also ist derselbe, der, in Gottesgestalt bleibend, den Menschen erschaffen hat, in Knechtsgestalt Mensch geworden. Beide Naturen bewahren unversehrt ihre Eigenart, und wie die Gottesgestalt die Menschengestalt nicht auslöschte, so minderte die Knechtsgestalt nicht die Gottesgestalt. Denn da der Teufel sich rühmte, dass der durch ihn betrogene Mensch der göttlichen Gnadengaben entbehre und, der Gabe der Unsterblichkeit beraubt, dem harten Todesurteil unterliege, ja sogar in seinem schlimmen Zustand an der Gemeinschaft mit seinem Verführer einen gewissen Trost habe, und dass Gott, wie es die Gerechtigkeit verlangte, sein eigenes Urteil über den Menschen, den er in dem Stand so hoher Ehre geschaffen hatte, geändert habe, deshalb war es nach dem Heilsplan geheimen Ratschlusses nötig, dass der unwandelbare Gott, dessen Wille nicht von seiner Güte getrennt werden kann, den ursprünglichen Plan seiner Liebe zu uns durch ein noch verborgeneres Mysterium vollendete und so der durch die listige Bosheit des Teufels in Schuld gefallene Mensch nicht wider Gottes Ratschluss zu Grunde ging.
Es tritt also in diese Schwachheit der Welt Gottes Sohn ein; vom himmlischen Thron steigt er herab und verlässt doch nicht die Glorie des Vaters. So kommt er in einer neuen Ordnung, in einer neuartigen Geburt zur Welt. In einer neuen Ordnung, denn der in seiner Natur Unsichtbare wird sichtbar in der unsrigen; der Unerfassliche wollte umfasst werden. Er blieb der vor aller Zeit Seiende und hat einen Anfang genommen in der Zeit. Der Herr des Alls hat unter Verhüllung seiner Unermesslichkeit Knechtsgestalt angenommen; der leidensunfähige Gott hat es nicht verschmäht, ein leidensfähiger Mensch zu sein, und der Unsterbliche wollte den Gesetzen des Todes unterworfen sein. In einer neuartigen Geburt aber kam er zur Welt, weil die unverletzte Jungfrauschaft, die keine Begierde kannte, des Leibes Stoff ihm dienend bereitete. Angenommen hat das Wort von der Mutter des Herrn die Natur, nicht die Schuld, und in unserem Herrn Jesus Christus, dem aus der Jungfrau Schoß Geborenen, ist die Natur keineswegs deshalb der unsrigen unähnlich, weil die Geburt wunderbar ist. Denn derselbe, der wahrer Gott ist, ist zugleich auch wahrer Mensch. In dieser Einheit ist keine Lüge, denn die Niedrigkeit des Menschen und die Hoheit der Gottheit sind darin in einem wahren Miteinander. Wie Gott nicht verändert wird durch sein Erbarmen, so wird auch der Mensch nicht verschlungen durch diese Würde. Denn es wirkt jede der beiden Naturen in Gemeinschaft mit der andern das ihr Eigentümliche: das Wort wirkt, was des Wortes ist, das Fleisch verrichtet, was des Fleisches ist. Das eine von ihnen strahlt herrlich in Wundern, das andere unterliegt den Schmähungen. Und wie das Wort von der Gleichheit väterlicher Glorie nicht ablässt, so gibt das Fleisch die Natur unseres Geschlechtes nicht auf. Denn einer und derselbe ist, wie immer wieder betont werden muss, wahrhaft Gottessohn und wahrhaft Menschensohn. Gott darum, weil "im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort" (Joh 1,1); Mensch, weil "das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt" (Joh 1, 14). Gott, weil "alles durch das Wort geschaffen ist und ohne es nichts geschaffen wurde" (Joh 1, 3); Mensch, weil "Christus geworden ist aus der Frau und gestellt ward unter das Gesetz" (Gal 4,4)· Die leibliche Geburt ist Bezeugung der menschlichen Natur; die Jungfrauengeburt ist Merkmal göttlicher Macht. Die (wahre) Kindheit des Säuglings wird erwiesen durch die schlichten Windeln, die Erhabenheit des Allerhöchsten wird bezeugt durch die Stimmen der Engel. Den Kinderchen der Menschen ist der gleich, den Herodes grausam möchte töten lassen, aber Herr des Alls ist der, den die Magier in freudiger Demut anbeten. Und als er zur Taufe seines Vorläufers Johannes kam, da ertönte, um nicht im Verborgenen zu lassen die vom Fleisch verhüllte Gottheit, des Vaters Stimme vom Himmel: "Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe" (Mt 3, 17). Den als einen Menschen des Teufels List versucht, dem dienen die Engel mit ihren Diensten. Hungern und Dürsten, müde werden und schlafen, das ist ganz offensichtlich dem Menschen eigentümlich; aber mit fünf Broten fünftausend Menschen sättigen und der Samariterin lebendiges Wasser geben, nach dessen Genuss kein weiteres Dürsten bleibt; über den Rücken des Meeres schreiten, ohne dass der Fuß einsinkt, und dem Sturm gebieten, dass die Wogen sich glätten, das ist ohne Zweifel göttlich. Wie es also, um anderes unerwähnt zu lassen, nicht der gleichen Natur zukommt, mitleidig den verstorbenen Freund zu beweinen und denselben dann, nachdem der Stein vor dem bereits vier Tage lang Begrabenen weggenommen ist, mit gebietendem Wort wieder zum Leben zu erwecken; oder am Kreuz zu hängen und zugleich das Licht in Nacht zu wandeln und alle Elemente erzittern zu machen; oder von Nägeln durchbohrt zu sein und zugleich dem gläubigen Schächer das Paradies zu erschließen; - so ist es nicht auf die gleiche Natur bezogen, wenn er sagt: "Ich und der Vater sind eins" (Joh 10, 30), und wenn er sagt: "Der Vater ist größer als ich" (Joh 14, 28). Denn wiewohl in dem Herrn Jesus Christus Gott und Mensch eine einzige Person sind, so haben doch die gemeinsame Erniedrigung und die gemeinsame Herrlichkeit verschiedene Herkunft: von uns hat Christus die Menschheit, die geringer ist als der Vater, vom Vater hat er die gleiche Gottheit mit dem Vater.
Wegen dieser Einheit der Person, die als Einheit in zwei Naturen zu verstehen ist, heißt es sowohl einerseits, dass der Menschensohn vom Himmel herniederstieg, als der Gottessohn das Fleisch aus der Jungfrau annahm, von der er geboren ist, wie auch anderseits, dass der Gottessohn gekreuzigt und begraben wurde, obwohl er dies nicht in seiner Gottheit, durch die der Einziggeborene gleicher Ewigkeit und gleichen Wesens mit dem Vater ist, sondern in der Niedrigkeit der Menschennatur erlitten hat. Daher bekennen wir alle im Glaubensbekenntnis, dass der eingeborene Sohn Gottes gekreuzigt und begraben wurde, gemäß der Ausdrucksweise des Apostels:
"Wenn sie (die Dämonen) ihn erkannt hätten, würden sie den Herrn der Majestät nicht gekreuzigt haben" (1 Kor. 2, 8). Und als unser Herr und Heiland selbst durch Fragen seine Jünger im Glauben unterwies, da sagte er: "Für wen halten die Menschen mich, den Menschensohn?" Und als diese ihm die verschiedenen Meinungen der andern wiedergegeben hatten, fragte er sie: "Und ihr, als wen nennt ihr mich?" Mich, der ich Menschensohn bin und den ihr in Knechtsgestalt und in wirklichem Fleisch vor euch seht, - ja, für wen haltet ihr mich? Da antwortete der selige Petrus aus göttlicher Eingebung - und sein Bekenntnis sollte allen Geschlechtern zugute kommen - mit den Worten: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Mt 16, 16). Mit Recht wurde darum Petrus vom Herrn selig gepriesen und erhielt von dem Grundfelsen (Christus) die Felsenfeste in Kraft und Namen, er, der ihn vermöge der Offenbarung des Vaters als Gottessohn und als Christus bekannte; denn nur das eine oder nur das andere annehmen, nützte nichts zum Heil, und es war gleich gefährlich, den Herrn Jesus Christus nur als Gott ohne den Menschen, wie als bloßen Menschen ohne Gott im Glauben anzunehmen. Und nach der Auferstehung des Herrn - die eine Auferstehung in wirklichem Leib war, denn der Auferweckte ist kein anderer als der, der gekreuzigt und begraben war -, was ist also in jenen vierzig Tagen anderes geschehen, als dass die Reinheit unseres Glaubens von aller Verdunkelung gereinigt wurde? Er sprach mit seinen Jüngern, ging und aß mit ihnen, ließ sich mit sorgfältigem und neugierigem Tasten von denen berühren, die Zweifel hatten, und trat durch verschlossene Türen zu den Jüngern ein, gab ihnen durch seinen Anhauch den Heiligen Geist, schenkte ihnen das Licht der Einsicht und erschloss ihnen die Geheimnisse der Schrift; und wieder zeigte er ihnen die Seitenwunde und die Male der Nägel und alle Zeichen seines noch ganz frischen Leidens: "Seht meine Hände und Füße, - ich bin es. Tastet und schauet, denn ein Gespenst hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr mich haben seht" (Lk 24, 39); sie sollten erkennen, dass die Eigentümlichkeiten der göttlichen und der menschlichen Natur in ihm ungeschieden erhalten blieben, und wir sollten auf diese Weise wissen, dass das Wort und das Fleisch nicht ein und dasselbe seien, und zu dem Bekenntnis kommen, dass der eine Sohn Gottes Wort und Fleisch sei. Dieses Glaubensbekenntnis hat jener Eutyches nicht in sich aufgenommen, der unsere Natur weder in der Erniedrigung zur Sterblichkeit noch in der Herrlichkeit der Auferstehung anerkennt. Und er fürchtet auch nicht das Urteil des seligen Apostels und Evangelisten Johannes, der da sagt: "Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, ist aus Gott; und jeder Geist, der Jesus auflöst, ist nicht aus Gott, und das ist der Geist des Antichrists" (1 J oh 4, 2 3). Jesus auflösen - das bedeutet: die menschliche Natur von ihm trennen und das Geheimnis, durch das allein wir das Heil haben, mit schamlosen Phantasien entleeren. Wer blind ist in Bezug auf die Natur des Leibes Christi, muss notwendig auch in Bezug auf sein Leiden in gleicher Verblendung das Falsche denken. Denn wer das Kreuz des Herrn nicht für unwirklich hält und nicht daran zweifelt, dass das um des Heiles der Welt willen ertragene Todesleiden wirklich war, der soll auch das Fleisch dessen als wirklich anerkennen, an dessen Tod er glaubt, und er soll es nicht verweigern, den, wie er glaubt, Leidensfähigen als Menschen mit einem Leib wie der unsrige zu bekennen; die Leugnung der Wirklichkeit des Fleisches bei Christus ist gleichbedeutend mit der Leugnung seines körperlichen Leidens. Wenn Eutyches also den christlichen Glauben noch hält und sein Ohr nicht von der Predigt des Evangeliums abgewandt hat, so sehe er zu, welche Natur, von Nägeln durchbohrt, am Kreuzesholz hing, und er erkenne, von woher, nach der Öffnung der Seite des Gekreuzigten durch die Lanze des Soldaten, Blut und Wasser entfloss, damit die Kirche Gottes im Bad (der Taufe) und aus dem Kelch (der Eucharistie) benetzt würde; und er höre auch die Predigt des seligen Apostels Petrus, dass die Heiligung des Geistes durch die Besprengung mit dem Blut Christi geschieht. Und er lese auch nicht über die Worte desselben Apostels hinweg, welcher sagt: "Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, Silber oder Gold, aus eurem nichtigen, von den Vätern überkommenen Wandel losgekauft wurdet, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines fehler- und makellosen Lammes" (1 Petr 1, 18). Und er widerstehe auch nicht dem Zeugnis des seligen Apostels Johannes, welcher schreibt: "Und das Blut Jesu, des Sohnes Gottes, reinige uns von aller Sünde" (1 Joh 1, 7). Und wiederum: "Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube", und: "Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus des Sohn Gottes ist? Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut; nicht allein im Wasser sondern im Wasser und im Blut; und der Geist ist es, der Zeugnis gibt, weil der Geist die Wahrheit ist. Denn drei sind es, die Zeugnis geben: der Geist und das Wasser und das Blut, und diese drei sind eins" (I1 Joh 5, 4-8), - der Geist der Heiligung und das Blut der Erlösung und das Wasser der Taufe; welche drei eins sind und unzertrennlich, und deren keines sich aus seiner Verbindung lostrennen lässt. Die katholische Kirche aber lebt und wächst in dem Glauben, demzufolge in Christus Jesus weder die Menschheit ohne wahre Gottheit noch ohne wahre Menschheit die Gottheit geglaubt wird.
Bei der von Euch vorgenommenen richterlichen Befragung antwortete Eutyches: Ich bekenne, dass unser Herr aus zwei Naturen war vor der Vereinigung (der Naturen); nach der Vereinigung aber bekenne ich nur noch eine Natur. Ich wundere mich, dass keiner der Richter ein so ungereimtes und verderbtes Bekenntnis getadelt hat, und dass eine so unweise und geradezu gotteslästerliche Rede hinging, als ob nichts Anstößiges für das Ohr darin gewesen wäre, wo es doch ebenso unfromm ist, zu sagen, vor der Menschwerdung sei der Sohn Gottes zweier Naturen gewesen, wie es ruchlos ist, zu behaupten, dass, nachdem "das Wort Fleisch geworden", in ihm nur eine einzige Natur sei. Damit nun Eutyches nicht wähne, er habe sich deshalb richtig oder erträglich ausgedrückt, weil er nicht durch ein Urteil Eurerseits zurückgewiesen ward, ermahnen Wir Dich, teurer Mitbruder, zu größter Sorgfalt; wenn durch Gottes Erbarmung die Angelegenheit zu einem befriedigenden Ausgang kommt, dann muss auch die Unvernunft dieses unweisen Mannes von seiner geistigen Pest geheilt werden. Wie aus dem Synodalbericht hervorgeht, hatte er ja auch bereits gut angefangen, von seiner Überzeugung abzulassen, als er, durch Euern Spruch in die Enge getrieben, das bekannte, was er zuvor nicht gesagt hatte, und sich bei dem Glauben beruhigte, dem er zuvor fern stand. Als er aber der Verurteilung des unfrommen Lehrsatzes nicht zustimmen wollte, musstet Ihr, meine Brüder, erkennen, dass er in seinem falschen Glauben beharrte und deshalb Verurteilung verdiente. Wenn er darüber aufrichtige und ersprießliche Reue bezeigt und, wenn auch spät, anerkennt, wie richtig das verdammende Urteil ist; wenn er darüber hinaus, um die Genugtuung voll zu machen, mündlich und schriftlich alles von ihm falsch Gedachte verwirft, so wird jegliche gegen den Gebesserten angewandte Milde nichts weniger als tadelnswert sein. Denn unser Herr, der wahre und gute Hirte, der "sein Leben dahingab für seine Schafe" (Joh 10,11) und der gekommen ist, die Seelen der Menschen zu retten, und nicht sie zu vernichten, will, dass wir Nachahmer seiner Milde seien, - so nämlich, dass die Gerechtigkeit zwar die Sündigenden zurechtweist, die Barmherzigkeit aber die Bekehrten nicht zurückstößt. Dann erst wird der Glaube auf die fruchtbarste Weise verteidigt, wenn die falsche Meinung auch von ihren früheren Anhängern verurteilt wird. Um die ganze Angelegenheit gemäß der Liebe und dem Glauben zu Ende zu bringen, haben Wir Unsere Brüder, den Bischof Julius und den Priester Renatus von der St.-Klemens-Kirche sowie meinen Sohn, den Diakon Hilarus, an Unserer Stelle abgesandt; ihnen haben Wir Unsern Notar Dulcitius, dessen Glaube Uns bewährt ist, beigesellt. Wir vertrauen auf den Beistand Gottes, dass der Irrende seine schlimme Meinung selbst verwerfe und gerettet werde. Gott möge Dich heil bewahren, teuerster Mitbruder.
unter dem Konsulat der ausgezeichneten Männer Asturius und Protogenes.
BISCHOF LEO DEM GLORREICHEN UND MILDEN SOHN DEM KAISER LEO
Ich erinnere mich, verehrungswürdiger Kaiser, meines Versprechens, in der Angelegenheit des Glaubens, für den Du gütige und fromme Sorge trägst, ein ausführliches Schreiben zu übersenden; ich löse es nun bei günstiger Gelegenheit mit Gottes Hilfe ein, damit es dem heiligen Eifer Deiner Frömmigkeit an einer, wie ich glaube, nützlichen Unterweisung nicht mangle. Obwohl ich nämlich weiß, dass Du menschlicher Belehrung nicht bedarfst und reinste Lehre aus der Fülle Heiligen Geistes geschöpft hast, so ist es dennoch meine Pflicht, zu offenbaren, was Du weißt, und zu verkünden, was Du glaubst, damit jenes Feuer, welches der Herr bei seiner Ankunft auf die Erde brachte, durch die Anregung einer häufigeren Betrachtung angefacht und so erwärmt werde, dass es brennt, so entflammt werde, dass es leuchtet. Denn die Irrlehre des Eutyches suchte große Finsternis über dem Orient zu verbreiten und die Augen der Unwissenden von jenem Licht abzuwenden, welches, wie das Evangelium sagt, "in der Finsternis leuchtet, das die Finsternis aber nicht begriffen hat" (Joh 1, 5). Da diese Irrlehre nun ihrer eigenen Blindheit verfallen ist, so zeigt sich wieder an den Schülern, woran der Urheber litt.
Kurz nacheinander nämlich wurde der katholische Glaube - der einzige und wahre, dem nichts hinzugefügt, nichts genommen werden kann von zwei Feinden angegriffen, zuerst von Nestorius, dann von Eutyches. Sie wollen in die Kirche zwei einander entgegengesetzte Irrlehren hineinbringen, so dass beide von den Verkündigern der Wahrheit mit Recht verurteilt wurden, weil es allzu wahnsinnig und gotteslästerlich war, was beide zwar inhaltlich verschieden, aber gleich unwahr dachten. Deshalb treffe den Nestorius der Bann, welcher glaubte, die selige Jungfrau Maria habe nicht Gott geboren, sondern nur einen Menschen; er schrieb dem Fleisch eine selbständige Person und eine andere der Gottheit zu, und dementsprechend nahm er nicht den ein e n Christus im Worte Gottes und im Fleisch an, sondern verkündete getrennt und gesondert den einen als Gottessohn und den andern als Menschensohn, - wo es sich doch so verhält: Indem das unveränderliche Wort jene Wirklichkeit behält, welche es mit dem Vater und dem Heiligen Geiste zeitlos und gleichewig hat, ist dieses Wort so im Schoße der Jungfrau Fleisch geworden, dass dieselbe Jungfrau durch die eine Empfängnis und die eine Geburt, der wahrhaftigen Wirklichkeit beider Naturen gemäß, sowohl die Magd des Herrn war wie seine Mutter. Das erkannte auch, wie der Evangelist Lukas erklärt, Elisabeth, da sie sagte: "Woher mir diese Gnade, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?" (Lk 1, 43). Mit dem gleichen Bann (wie Nestorius) soll auch Eutyches belegt werden, welcher sich in den unfrommen Irrtümern der alten Irrlehrer bewegte und den dritten Lehrpunkt des Apollinaris hervorsuchte; dieser nämlich leugnete die Wahrheit des menschlichen Fleisches und der (menschlichen) Seele (in Christus) und behauptete, unser Herr habe nur eine Natur, als ob sich die Gottheit des Wortes selbst in Fleisch und Seele verwandelt hätte, und als ob empfangen und geboren werden, genährt werden und wachsen, gekreuzigt werden und sterben, begraben werden und wieder auferstehen, in den Himmel auffahren und zur Rechten des Vaters sitzen, von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten, - als ob dies alles allein der göttlichen Natur angehöre, die doch nichts von all diesem ohne das wahrhaftige Fleisch auf sich nimmt, weil die Natur des Einziggeborenen die Natur des Vaters, die Natur des Heiligen Geistes, gleich leidensunfähig, gleich unveränderlich, die unteilbare Einheit und wesensgemeinsame Gleichheit der ewigen Dreifaltigkeit ist. Wenn nun auch jeder Eutychianer etwas von der Verkehrtheit des Apollinaris abweicht, damit man ihm nicht nachweisen könne, dass er sich die Gottheit leidensfähig und sterblich denke, und wenn er dennoch die Natur des fleischgewordenen Wortes, d. h. des Wortes und Fleisches, für eine zu erklären wagt, so geht er ohne Zweifel zu dem Irrtum des Valentin und des Manes über und glaubt, dass der Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Jesus Christus, alles nur zum Scheine getan habe und in ihm kein menschlicher Leib gewesen sei, dass sich vielmehr nur der phantastische Schein eines Leibes den Augen gezeigt habe.
Da der katholische Glaube diese unfromme Unwahrheit von alters her verabscheut und solche gotteslästerlichen Behauptungen bereits durch die übereinstimmenden Erklärungen der seligen Väter über die ganze Welt hin verurteilt sind, ist es über jeden Zweifel erhaben, dass wir den Glauben verkünden und verteidigen, den das heilige Konzil von Nizäa bestätigt hat. Es sagt:
Wir glauben an den einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an unsern einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, geboren aus dem Vater als Einziggeborenen, d. h. aus dem Wesen des Vaters, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, geboren, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist. Er ist um uns und unseres Heiles willen herabgekommen, Fleisch geworden und Mensch geworden, hat gelitten und ist am dritten Tage wieder auferstanden. Er ist aufgefahren in den Himmel, wird kommen zu richten die Lebendigen und die Toten. Und an den Heiligen Geist.
In diesem Bekenntnis ist ganz offensichtlich das enthalten, was auch wir bezüglich der Fleischwerdung des Herrn bekennen und glauben, dass nämlich dieser, um das Heil des Menschengeschlechtes wieder herzustellen, das wirkliche Fleisch menschlicher Gebrechlichkeit nicht vom Himmel mit herniederbrachte, sondern es im Schoße der Jungfrau-Mutter annahm.
Wer immer also jene sind, die so verblendet, so fern vom Licht der Wahrheit sind, dass sie dem Worte Gottes von der Menschwerdung an den wirklichen menschlichen Leib absprechen, - sie sollen zeigen, mit welchem Recht sie sich den Christennamen zulegen und auf welche Weise sie mit dem wahren Evangelium übereinstimmen, wenn in der Jungfrauengeburt entweder das Fleisch ohne die Gottheit oder die Gottheit ohne das Fleisch geboren worden sein soll. Wie nämlich nicht geleugnet werden darf, dass, wie der Evangelist sagt, "das Wort Fleisch geworden ist und gewohnt hat unter uns" (Joh 1, 14), so darf auch nicht geleugnet werden, dass, wIe der selige Apostel Paulus es gepredigt hat, "Gott in Christus war, da er die Welt mit sich versöhnte" (2 Kor 5,19). Welche Wiederversöhnung Gottes mit dem Menschengeschlecht aber hätte statthaben können, wenn nicht der Mittler zwischen Gott und den Menschen die Schuldangelegenheit aller auf sich genommen hätte? Auf welch andere Weise aber hätte der Mittler die wirkliche Mittlerschaft erfüllen können, wenn nicht der in Gottesgestalt dem Vater Gleiche in der Knechtsgestalt Anteil an uns hätte? Auf dass dann die Fessel des Todes, durch die Schuld des einen Adam zugezogen, durch den Tod des einen (Christus), der allein dem Tod nichts schuldete, gelöst wurde. Das für die Ungerechten vergossene Blut Christi war so reich an Lösekraft, dass, wenn alle Gefesselten an ihren Erlöser glaubten, die Fessel des Teufels niemanden halten würde; denn, wie der Apostel sagt, "wo die Sünde übergroß war, da war noch überfließender die Gnade" (Röm 5, 20). Und da die unter dem Verdikt der Sünde Geborenen zur Gerechtigkeit wiedergeboren werden können, ist die Gabe der Freiheit mächtiger als die Schuld der Knechtschaft.
Welche Hoffnung aus diesem Sakrament der Wiedergeburt bleibt dann denen, die in unserem Heiland den wahren Menschenleib leugnen? Sie sollen sagen, durch welches Opfer sie versöhnt, durch welches Blut sie erlöst sind? "Wer ist es", sagt der Apostel, "der sich dahingab als Opfer und Gabe für Gott zu lieblichem Wohlgeruch?" (Eph 5, 2). Oder welches Opfer aller Zeiten war heiliger als jenes, welches der wahre und ewige Hohepriester auf dem Altare des Kreuzes durch die Hinopferung seines Fleisches darbrachte? Denn wenn auch der Tod vieler Heiliger kostbar war in den Augen des Herrn (Ps 116,15), so war doch die Tötung keines dieser Unschuldigen die Erlösung der Weit. Die Gerechten empfingen Kronen, aber sie geben sie nicht, und aus der Tapferkeit der Gläubigen haben wir Beispiele der Geduld, nicht aber die Gnaden der Gerechtigkeit. Der Tod der Einzelnen hatte nur für sie als Einzelne Bedeutung, und keiner löste mit seinem Tod die Schuld eines andern; denn unter den Kindern der Menschen gibt es nur den einen Herrn Jesus Christus, der wahrhaft das makellose Lamm ist, in dem alle gekreuzigt, alle gestorben, alle begraben, alle auch auferweckt sind. Von ihnen sagte der Herr selbst: "Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alles an mich ziehen" (Joh 12, 32). Denn der wahre Glaube, der die Gottlosen gerecht macht und Gerechte schafft, der in die Teilhabe an seiner (heiligen) Menschheit hineingezogen ist, der erwirbt in dem das Heil, in dem allein der Mensch sich als Schuldlosen wiederfindet, insofern es ihm durch Gottes Gnade freisteht, sich der Macht dessen zu rühmen, der zum Kampf gegen den Feind des Menschengeschlechtes in der Niedrigkeit unseres Fleisches antrat und denen seinen Sieg schenkte, in deren Leib er den Triumph errang.
Es ist also in dem einen Herrn Jesus Christus, dem wahren Gottessohn und Menschensohn, von Wort und Fleisch eine Person, deren Handlungen untrennbar und unscheidbar gemeinsame sind; dennoch muss man auf die jeweilige Eigenart der einzelnen Werke selbst achten, und der lautere Glaube wird betrachtend erkennen, zu welchen Werken sich die Niedrigkeit des Fleisches erhebt und zu welchen sich die Hoheit der Gottheit herabneigt, was also das Fleisch nicht ohne das Wort tut und was das Wort nicht ohne das Fleisch. Ohne die Macht des Wortes würde die Jungfrau weder empfangen noch geboren haben, und ohne einen wirklichen Leib hätte das Kind nicht in Windeln gelegen. Ohne die Macht des Wortes würden nicht die Magier den durch den Stern bezeichneten Knaben angebetet haben; und wenn kein wirklicher Leib war, dann hätte nicht der Befehl zu ergehen brauchen, dass der Knabe nach Ägypten gebracht und der Verfolgung des Herodes entzogen werde. Ohne die Macht des Wortes wäre nicht die Stimme des Vaters vom Himmel erschallt: "Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe" (Mt 3,17), und nur im Hinblick auf einen wirklichen Leib konnte Johannes verkünden: "Seht das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt hinwegnimmt" (Joh 1, 29). Ohne die Macht des Wortes würden die Schwachen nicht wieder stark und die Toten nicht wieder lebendig, und ohne einen wirklichen Leib bedürfte der Hungernde nicht der Speise, noch der Müde des Schlafes. Und schließlich: Ohne die Macht des Wortes würde der Herr sich nicht als dem Vater gleich bekannt haben, und ohne die wahre Menschheit würde er nicht gesagt haben, dass der Vater größer sei als er. Denn der katholische Glaube umfasst beides und verteidigt beides, indem er gemäß dem Bekenntnis des Petrus an den einen Christus, des lebendigen Gottes Sohn, Glaube an den Menschen und Glaube an das Wort ist. Wiewohl also von jenem Anfang an, da das Wort im Schoß der Jungfrau Fleisch geworden, keinen Augenblick lang die beiden Gestalten (die Gottes- und die Knechtsgestalt) getrennt waren und auf allen Stufen des leiblichen Wachstums alles Handeln von der einheitlichen Person ausging, so dürfen wir doch nicht das, was ohne Trennung (der Naturen) getan wurde, vermischen, sondern müssen, je nach der Art dieser Taten, erkennen, welcher Natur sie zukommen.
So mögen jene Heuchler, die blinden Geistes sich dem Licht der Wahrheit verschließen, nun sagen, in welcher Gestalt der Herr der Herrlichkeit Christus an das Kreuz geschlagen wurde, was im Grabe gelegen hat und was für ein Leib, nach Beseitigung des Grabsteines, am dritten Tage wieder auferstanden ist; weiter, in welchem Leib nach der Auferstehung Christus einige ungläubige Jünger gescholten und die Zaudernden zurechtgewiesen hat, als er sagte: "Tastet und schaut, denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr mich haben seht" (Lk 24, 39); und zu Thomas: "Lege deine Hand in meine Seite und sieh meine Hände und Füße und sei nicht ungläubig, sondern gläubig" (Joh 20, 27). Mit diesem Beweis seines Leibes vernichtete er bereits die Lügen der Häretiker, auf dass die ganze, in Christi Lehre zu unterweisende Kirche ohne Zweifel glauben könne, was die Apostel zu predigen unternahmen. Und wenn dennoch in so klarem Licht der Wahrheit die verhärteten Häretiker ihre Dunkelheit nicht verlassen wollen, dann mögen sie doch zeigen, von woher sie sich Hoffnung ewigen Lebens versprechen, zu dem man nur durch den Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Menschen Jesus Christus, gelangen kann. Wie nämlich der selige Apostel Petrus sagt: "Es ist den Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, in dem wir gerettet werden können" (Apg 4, 12); und es gibt keine Erlösung aus der menschlichen Gefangenschaft außer im Blut dessen, "der sich selbst dahingab als Lösegeld für alle" (1 Tim 2, 6), und der, wie es in der Predigt des seligen Apostels Paulus heißt, "als er in Gottesgestalt war, es nicht für Raub erachtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst erniedrigte, indem er Knechtsgestalt annahm, Menschen gleich wurde und in seinem Auftreten wie ein Mensch erfunden wurde. Er hat sich selbst erniedrigt und ist gehorsam geworden bis zum Tod, ja bis zum Tod des Kreuzes. Darum auch hat ihn Gott erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist: auf dass im Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen, der Irdischen und der Unterirdischen, und jegliche Zunge bekenne, dass Jesus Christus der Herr ist in der Glorie des Vaters" (Phil 2, 6-11).
Da also der Herr Jesus Christus einer ist und in ihm völlig ein und dieselbe Person wahrer Gottheit und wahrer Menschheit ist, so verstehen wir, dass jene Erhöhung, mit der Gott ihn, wie der Völkerlehrer sagt, erhöhte und ihm einen alles überragenden Namen gab, auf die Gestalt geht, die mit solcher Mehrung ihrer Herrlichkeit bereichert werden konnte. Denn in der Gottesgestalt war der Sohn dem Vater gleich, und zwischen dem Zeugenden und dem Einziggeborenen war keinerlei Wesensunterschied, kein Unterschied auch in der Herrlichkeit, und durch das Geheimnis der Menschwerdung ging nichts vom Wort weg, was der Vater ihm hätte wiederschenken müssen. Die Knechtsgestalt aber, durch die die leidensunfähige Gottheit das Sakrament der großen Liebe vollendete, ist die menschliche Niedrigkeit; diese ist in die Herrlichkeit göttlicher Macht aufgenommen, und vom Augenblick der jungfräulichen Empfängnis an, sind Gottheit und Menschheit so sehr zur Einheit verbunden, dass weder ohne den Menschen das Göttliche, noch ohne den Gott das Menschliche geschieht. Deshalb wird, gleichwie vom Herrn der Majestät die Kreuzigung ausgesagt wird, der, der von Ewigkeit her Gott gleich ist, als Erhöhter bezeichnet; denn untrennbar ist, weil die Einheit der Person bleibt, ein und derselbe ganz Menschensohn wegen des Fleisches und ganz Gottessohn wegen der mit dem Vater gemeinsamen Gottheit. Was immer also Christus in der Zeit empfing, das empfing er als der Mensch, dem das, was er nicht (von sich aus) hatte, übertragen wurde. Denn in Bezug auf die göttliche Macht hat, ohne jeden Unterschied alles, was der Vater hat, auch der Sohn, und alles das, was er in der Knechtsgestalt empfing, das hat er in der Gottesgestalt auch selbst gegeben. In Bezug auf die Gottesgestalt sind er und der Vater eins, in Bezug auf die Knechtsgestalt aber ist er nicht gekommen, seinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der ihn gesandt hat" (Joh 5, 30). Bezüglich der Gottesgestalt gilt: "Wie der Vater das Leben in sich selbst hat, so gab er es auch dem Sohn das Leben in sich selbst zu haben" (Joh 5, 26); bezüglich der Knechtsgestalt gilt: "Seine Seele ist betrübt bis in den Tod" (Mt 26, 38). Und ebenderselbe ist, wie der Apostel sagt, reich und arm; reich, weil, nach dem Evangelium, "im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort; dies war im Anfang bei Gott; alles ist durch es geschaffen worden, und ohne es ist nichts geschaffen worden" (Joh 1, 1-3). Arm war er, weil unsertwegen "das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat" (Joh I, 14). Was aber bedeutet seine Entäußerung, was seine Armut anderes als die Annahme der Knechtsgestalt? Durch sie ist die Majestät des Wortes verhüllt und die Heilsveranstaltung zur Erlösung der Menschen vollendet worden.
Die Erbbande unserer Gefangenschaft konnten nicht gelöst werden, wenn es nicht einen Menschen unseres Geschlechtes und unserer Natur gab, den die Rechtstitel der Sünde nicht hielten, und der mit seinem unschuldigen Blut das Todesurteil auslöschte; wie es vom Anbeginn an durch Gott zuvor angeordnet war, so ist es in der Fülle der vorherbestimmten Zeit geschehen. So sollte die vielfach angekündigte Verheißung zur lange erwarteten Erfüllung kommen, und es sollte das keinem Zweifel unterliegen können, was immerzu durch ständige Bezeugungen angemeldet war. In einem großen Sakrileg aber bewegt sich die Gottlosigkeit der Irrlehrer, die aus Ehrfurcht vor der Gottheit die Wirklichkeit des menschlichen Fleisches in Christus leugnen. Sie wähnen, einen frommen Glauben zu bekennen, wenn sie sagen, in unserem Heiland sei nicht wahrhaft das Menschliche, das er rettet, wo doch, gemäß der durch alle Jahrhunderte ergehenden Verheißung, die Welt solcherart mit Gott versöhnt wurde, dass, wenn das Wort nicht Fleisch werden wollte, das Fleisch nicht gerettet werden konnte. Das Mysterium des Glaubens verliert, wie es die Irrlehrer wollen, in einem großen Dunkel seinen farbigen Glanz, wenn man glaubt, das Licht der Wahrheit sei unter dem lügenhaften Schein nur (eines Leibes) verborgen gewesen. Kein Christ also meine, sich schämen zu müssen wegen der Wirklichkeit unseres Leibes in Christus, denn alle Apostel und Apostelschüler und die berühmten Lehrer der Kirche, die zur Krone des Blutzeugnisses oder des Bekenntnisses zu gelangen verdienten, haben in dem Licht dieses Glaubens geglänzt, allüberall einstimmig verkündend, dass in dem Herrn Jesus Christus die eine Person der Gottheit und des Fleisches zu bekennen sei. Auf welchen Scheingrund, auf welchen Teil der göttlichen Schriften will sich die Gottlosigkeit der Häretiker stützen, die den wirklichen Leib Christi leugnen, den unablässig das Gesetz bezeugt, die Prophetie verkündet, das Evangelium lehrt und Christus aufzeigt? Sie mögen die ganze Reihe der (heiligen) Schriften durchforschen, um ihren Dunkelheiten zu entkommen, aber nicht, um das wahre Licht zu verdunkeln. Und sie werden die durch alle Jahrhunderte leuchtende Wahrheit finden und sehen, dass dieses große und wunderbare Mysterium, das am Ende der Zeiten sich erfüllte, stets geglaubt wurde. Davon schweigt kein Teil der heiligen Schriften; darum genügt es, einige übereinstimmende Stellen zu bezeichnen, von denen aus ein sorgsamer Glaube in eine glänzende Weite geführt wird und in dem lauteren Licht der Einsicht es erfasst, dass kein Christ sich des Sohnes Gottes, der sich unaufhörlich als Menschen und als Menschensohn bekennt, zu schämen braucht, sondern sich seiner beständig rühmen darf.
Damit aber Du, frommer Kaiser, erkennst, dass Wir mit den Aussprüchen der ehrwürdigen Väter übereinstimmen, habe ich geglaubt, diesem Schreiben einige ihrer Sätze beifügen zu sollen. Wenn Du sie freundlich durchsiehst, wirst Du finden, dass Wir nichts anderes predigen, als was Unsere heiligen Väter auf der ganzen Welt gelehrt haben, und dass außer den gottlosen Häretikern niemand von ihnen abweicht. Nachdem ich diese, glorreicher und verehrungswürdiger Kaiser, in aller tunlichen Kürze überführt habe, wirst Du erkennen, dass auch Unsere Predigt mit dem Dir von Gott eingegebenen Glauben eins ist, und dass Wir in keinem Stücke von der evangelischen und apostolischen Wahrheit und vom katholischen Glaubensbekenntnis abweichen; denn, wie der selige Apostel Paulus lehrt, ist "groß das Mysterium der Frömmigkeit, das offenbart ist im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt unter den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit" (1 Tim 3, 16). Was ist also nützlicher Deinem Heile, angemessener Deiner Macht, als dass Du, Deiner Stellung entsprechend, für den Frieden der Kirche sorgst und allen Deinen Untertanen die Gaben Gottes sicherst? Und unter keinen Umständen dulde, dass durch den Neid des Teufels seine Diener auch nur einem einzigen zum Verderben wüten. Auf dass Du, der Du in dieser Welt durch irdische Herrschaft hervorragst, in Ewigkeit mit Christus zu herrschen verdienst.
Folgen die Zeugnisse für das oben Vorgetragene aus den Büchern der katholischen Väter, gesammelt vom Papste Leo
HILARIUS VON PORTIER
1. Einzig diese unerschütterliche Grundlage gibt es, nur diesen glückhaften Fels des Glaubens hat Petrus, der Felsenmann, bekannt: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Mt 16, 16); hier sind so viele Stützen der Wahrheit, als Fragen eines verkehrten Sinnes und Schmähungen des Unglaubens aufgeworfen werden können. In allem Übrigen schon zeigt sich der Wille des Vaters waltend: die Jungfrau, die Geburt, der Leib, und hernach das Kreuz, der Tod, die Unterwelt sind unsere Erlösung. Denn um des Menschengeschlechts willen ward Gottes Sohn aus der Jungfrau und dem Heiligen Geiste geboren; bei diesem Werk war er sein eigener Diener: Durch seine, also durch Gottes überschattende Kraft ließ er den Keim seines Leibes wachsen und schuf den Beginn seines körperlichen Wesens. Er wollte Mensch werden und aus der Jungfrau die Natur des Fleisches zu sich annehmen und durch diese verbindende Gemeinschaft sollte der Leib des ganzen Menschengeschlechtes in ihm ein geheiligtes Dasein gewinnen, damit, wie er alle durch seine Körperlichkeit in sich eingegliedert wissen wollte, so umgekehrt er zu allen gerade durch dasjenige Beziehung gewinne, was an ihm unsichtbar ist. Gottes unsichtbares Ebenbild verschmähte also die Beschämung eines menschlichen Lebensanfanges nicht und ging in Empfängnis und Geburt, in Wimmern und Wiege durch das ganze Ungemach unserer Natur hindurch. Was könnten wir wohl dem Erweis solcher Würdigung Würdiges vergelten? Der eine einziggeborene Gott, unsagbaren Ursprungs aus Gott, hat sich im Schoß der Jungfrau in die Gestalt eines winzigen Menschenleibes eingeschlossen und ist so herangewachsen. Der das All umfasst, in dem und durch den alles geschaffen ist, derselbe wird ganz wie jeder andere Mensch zur Welt gebracht; der, bei dessen Wort Erzengel und Engel erzittern, Himmel und Erde und alle Elemente dieser Welt vergehen, denselben hört man wimmern wie ein Kind. Der Unsichtbare und Unerfassliche ist nun dem Gesicht, Gefühl und Getast der Sterblichen wahrnehmbar, in Windeln eingehüllt. Wenn einer das als Gottes unwürdig ansieht, so wird er wegen einer um so größeren Wohltat sich verpflichtet bekennen, je weniger dies alles der Erhabenheit Gottes angemessen erscheint. Nicht der hatte es nötig, Mensch zu werden, durch den der Mensch erschaffen wurde, sondern für uns war es nötig, dass Gott Fleisch wurde und unter uns wohnte, d. h. durch Annahme eines Fleisches allem Fleisch insgesamt innewohnte. Seine Erniedrigung ist unser Adel, seine Schmach unsere Ehre. Was jener ist, der als Gott im Fleisch war, das hinwiederum wurden wir, aus dem Fleisch heraus zu Gott hin erneuert.
2. Der ist ganz unwissend, ja, er kennt sein Leben nicht, der nicht weiß, dass Christus Jesus wie wahrer Gott ebenso auch wahrer Mensch ist; und es ist gleich gefährlich, in Christus die geistige Gottesnatur wie das Fleisch unserer Körperlichkeit zu leugnen. "Jeden also", sagt Jesus, "der mich vor den Menschen bekennt, den werde auch ich vor meinem Vater bekennen, der im Himmel ist. Jeden aber, der mich vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater verleugnen, der im Himmel ist" (Lk 12, 8-9). So sprach das fleischgewordene Wort, so lehrte der Mensch Jesus Christus, der Herr der Majestät. Als Mittler zum Heil der Kirche ist er so in sich selbst eingesetzt worden, und eben durch diese geheimnisvolle Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen besteht dieses beide, Gottheit und Menschheit, als Einer, indem er vermöge der in eins verbundenen Naturen in beiden Naturen eines ist; so jedoch, dass er nicht in der einen der andern ledig ist: er hörte dadurch, dass er als Mensch geboren wurde, nicht auf, Gott zu sein, und umgekehrt, war er nicht deshalb, weil er Gott blieb, kein Mensch. Das also ist der wahre Glaube zum menschlichen Heil, Gott und den Menschen zu bekennen; weder nicht zu wissen, dass Gott Mensch sei, noch bezüglich des Fleisches zu verkennen, dass es das Wort sei.
3. Der Eingeborene Gottes wurde aus der Jungfrau als Mensch geboren; er wollte in der Fülle der Zeiten in sich selbst den Menschen zu Gott emporheben; und deswegen hat er bei seinen evangelischen Vorträgen gleichmäßig die Regel beobachtet, dass er den Glauben an seine Gottessohnschaft verkündete und zur Lehre seiner Menschensohnschaft mahnte; er sprach und tat als Mensch alles, was nur Gott zu eigen ist, er sprach und tat als Gott dann aber auch alles, was dem Menschen zukommt; so jedoch, dass er in jeder dieser beiden Sprechweisen nie anders als unter Hervorhebung seiner Gottheit und Menschheit gesprochen hat.
4. Von hier aus bietet sich den Irrlehrern der Anlass, die Schlichten und Unkundigen zu täuschen, indem sie fälschlich behaupten, mit dem, was doch von Christus gemäß seiner Menschheit ausgesagt ist, sei eine Schwäche seiner göttlichen Natur ausgesagt, oder indem sie behaupten, dies (Menschliche) alles habe Christus von sich als Gott ausgesagt, da es ja einer und derselbe sei, der das alles sage. Wir leugnen nun keineswegs, dass jedes Wort von ihm, das ihm zugehört, seinem einen Wesen zu eigen ist. Wenn aber Jesus Christus sowohl Gott als auch Mensch ist, genauer: wenn er nicht dann erst Gott war, als er Mensch wurde; wenn er ferner auch Gott war, als er Mensch war, und wenn er schließlich nach der Aufnahme seiner Menschheit in Gott (bei der Himmelfahrt) ganz Mensch und ganz Gott ist, dann kommt seinen Worten dasselbe Geheimnis zu wie seinem Wesen. Wenn du in ihm entsprechend den Zeiten (nämlich vor und nach der Menschwerdung, nach der Himmelfahrt) den Menschen und den Gott unterscheidest, dann wisse auch zu unterscheiden zwischen der auf den Menschen und der auf den Gott bezüglichen Rede. Und wenn du (Christus zugleich als) Gott und Mensch bekennst, dann wisse auch die Aussprüche Gottes und die des Menschen gemäß den Zeiten auseinander zu halten. So wenn du nach dem Zeitraum des Menschen und Gottes (dem Zeitraum des Erdenwandels Christi) wiederum die Zeiten meinst, wo der ganze Mensch schon ganz Gott war (die Zeiten der Verherrlichung nach Auferstehung und Himmelfahrt Christi), - so beziehe das, was zur Kennzeichnung der betreffenden Zeit gesagt wurde, auch auf diese Zeit. Wenn Gott ein anderes ist vor der Menschwerdung, ein anderes als Mensch und Gott (zur Zeit des Erdenwandels Christi) und wieder ein anderes in der Zeit, da, nachdem er Mensch und Gott war, der ganze Mensch ganz Gott ist -, wenn es sich so verhält, dann darfst du nicht das Geheimnis der göttlichen Heilsordnung in Betreff der Zeiten und Naturen verwechseln, weil je nach Daseinsart und Natur er (Christus) im Geheimnis des Menschseins anders gesprochen haben muss vor der Geburt, anders vor dem Tod, anders in der ewigen Herrlichkeit. Um unsertwillen bleibt Jesus Christus alles das und spricht, als Mensch unseres Leibes geboren, gemäß der Gewohnheit unserer Natur; dabei aber gibt er es nicht auf, in seiner göttlichen Natur zu sein. Denn wenn er auch in Geburt, Leiden und Tod Dinge unserer Natur getan hat, so hat er diese Dinge selbst doch (nicht kraft seiner göttlichen, sondern) kraft unserer Natur getan.
5. Siehst du, dass Christus so als Gott und Mensch gepredigt wird, dass der Tod dem Menschen, dem wahren Gott aber die Auferstehung des Fleisches zugeschrieben wird? Dass aber demnach nicht ein anderer sei, der gestorben ist, und ein anderer, durch den der Gestorbene auferstanden ist? Das geraubte Fleisch ist nämlich der gestorbene Christus; und anderseits: der den Christus von den Toten erweckt, ist derselbe Christus, der sich seines Fleisches beraubt.
6. Dies also oblag uns mit wenigen Worten nachzuweisen, damit wir uns dessen bewusst blieben, dass es sich bei dem Herrn Jesus Christus um eine Gestalt (Person) zweier Naturen handelt; denn derjenige, der in Gottesgestalt war, hat Knechtsgestalt angenommen.
ATHANASIUS VON ALEXANDRlEN
7. Wie aber konnten diejenigen, welche Christen heißen, daran auch nur zweifeln, ob der Herr, welcher aus Maria hervorging, zwar dem Wesen und der Natur nach Gottes Sohn, dem Fleisch nach aber aus dem Samen Davids, aus dem Fleisch der heiligen Maria sei?
AMBROSIUS VON MAILAND
8. Deshalb sollen wir die vorgelesene Stelle, nach der der Herr der Majestät gekreuzigt wurde (1 Kor 2, 8), nicht so verstehen, als ob er in seiner Majestät (d. i. in seiner Gottheit) gekreuzigt worden wäre, sondern weil derselbe Gott, derselbe auch Mensch war - Gott durch die göttliche Natur, Mensch durch die Annahme des Fleisches -, so sagt man, Christus, der Herr der Majestät, ist gekreuzigt worden, weil er, der beide Naturen, die menschliche und die göttliche (besitzt), sich in der menschlichen Natur dem Leiden unterzog, so dass er ohne Unterschied sowohl als der Herr der Majestät, der gelitten hat, bezeichnet wird, wie auch als der Menschensohn, der, nach dem Wort der Schrift, "vom Himmel herabkam" (Joh 3, 13).
9. Daher sollen die eitlen Fragen über Worte schweigen, weil, wie geschrieben steht, "das Reich Gottes nicht auf überredenden Worten, sondern auf der Erweisung der Kraft beruht" (1 Kor 2, 4). Beachten wir die Unterscheidung der Gottheit und des Fleisches ! In beiden redet der eine Sohn Gottes, weil er beide Naturen hat. Aber wenn es auch derselbe ist, der redet, so redet er doch nicht immer in derselben Weise. Betrachte an ihm bald die Herrlichkeit Gottes, bald die Leiden des Menschen! Als Gott redet er, was göttlich ist, weil er das Wort ist; als Mensch redet er, was menschlich ist, weil er in dieser Natur redete.
10. Allein während wir diese widerlegen, tauchen andere auf und behaupten, das Fleisch und die Gottheit des Herrn seien einer Natur. Welch höllischer Abgrund spie ein solches Sakrileg aus? Da sind ja fast erträglicher die Arianer, deren Unglaube durch jene sich kräftigt und verjüngt, so dass sie mit größerer Hartnäckigkeit behaupten, der Vater und Sohn und Heilige Geist seien nicht einer Wesenheit, weil jene zu behaupten wagten, die Gottheit und das Fleisch des Herrn seien einer Wesenheit.
11. Sie erwidern mir jedoch häufig, dass SIe an der Erklärung des Konzils von Nizäa festhalten. Allein in jener Erklärung behaupteten unsere Väter nicht, dass das Fleisch, sondern dass das Wort Gottes mit dem Vater einer Wesenheit sei. Sie bekannten ferner, dass das Wort zwar aus dem Wesen des Vaters hervorgegangen, das Fleisch aber von der Jungfrau sei. Wie also kann man das nizänische Konzil vorschützen und dabei etwas so Neues einführen, was unsere Vorfahren nie dachten?
12. Daher wiederholt der Apostel treffend das Wort "Gestalt", da er über den Herrn Jesus Christus sagt: "Als er in der Gottesgestalt war, erachtete er es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst, indem er die Knechtsgestalt annahm" (Phil 2, 6). Was heißt "in der Gottesgestalt", wenn nicht in der Fülle der Gottheit, in jenem Abbilde der göttlichen Vollkommenheit? Also da er in der Fülle der Gottheit war, entäußerte er sich und nahm die Fülle der menschlichen Natur und Vollkommenheit an. Wie (ihm als) Gott nichts mangelte, so auch nichts zu einem vollendeten Menschen, so dass er vollkommen war in bei den Gestalten. Deshalb sagt auch David: "Schön an Gestalt vor den Menschenkindern" (Ps 44, 3). Überführt wird der Apollinarist und kann sich nirgends hinwenden; ist in seinem eigenen Netz gefangen. Denn Paulus sagte: "Er nahm die Knechtsgestalt an"; nicht der Knecht sagt es. Ich frage also nochmals: Was heißt "in der Gottesgestalt" ? Antwort: "In der Natur Gottes." Denn es gibt, wie der Apostel sagt, "solche, die nicht von Natur aus (sondern nur aus Gnade) Gottessöhne sind" (Gal 4, 8). Ich frage weiter, was heißt: "indem er die Knechtsgestalt annahm"? Ohne Zweifel bedeutet das, wie ich sagte, die Vollständigkeit der Menschennatur und des Menschenstandes, "damit er den Menschen gleiche". Und treffend sagte er nicht: "dem Fleisch", sondern "den Menschen", weil er dasselbe Fleisch hat. Weil er jedoch allein ohne Sünde war, jeder Mensch aber in der Sünde ist, erschien er in der Gestalt des Menschen. Deshalb sagt auch der Prophet: "Und es ist ein Mensch, und wer ergründet ihn?" (Jer 17, 9). Ein Mensch dem Fleisch nach, aber erhaben über den Menschen der göttlichen Wirksamkeit nach. Da er den Aussätzigen berührte, zeigte er sich als Mensch, aber erhaben über den Menschen, da er ihn reinigte. Da er den toten Lazarus beweinte, weinte er über den Verstorbenen als Mensch; erhaben aber war er über den Menschen, da er befahl, der Verstorbene solle mit gebundenen Füßen herauskommen. Als Mensch zeigte er sich, da er am Kreuze hing, jedoch erhaben über den Menschen, da er die Toten aus den geöffneten Gräbern erweckte.
AUGUSTINUS VON HIPPOREGIUS
13. Wolle nicht zweifeln, dass der Mensch Christus nun dort sei, von dannen er kommen wird; in ehrerbietigem Gedenken halte treu fest an dem christlichen Bekenntnisse, dass "er auferstanden ist von den Toten, aufgefahren ist in den Himmel und sitzet zur Rechten des Vaters"; dass er von nirgend anderswoher als von da kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten; und zwar "wird er so kommen", nach dem Zeugnis der Engelsworte, "wie man ihn zum Himmel auffahren sah" (Apg 1, 11), das heißt: in derselben Gestalt und Wesenheit des Fleisches, welchem er wirklich die Unsterblichkeit verliehen hat, ohne ihm die Natur zu nehmen.
14. Nun aber erschien er als Mittler zwischen Gott und den Menschen so, dass er, indem er in der Einheit der Person beide Naturen vereinigte, sowohl das Gewöhnliche durch das Ungewöhnliche erhöhte, als auch das Ungewöhnliche durch das Gewöhnliche mäßigte.
15. Wie also, Häretiker? Da Christus Gott und Mensch ist, redet er als Mensch, und du schmähst Gott? Er zeichnet an sich die menschliche Natur aus, du aber wagst es, in ihm die göttliche zu verunglimpfen?
16. Anerkennen wir die zweifache Natur Christi, die göttliche, durch die er dem Vater gleich ist, die menschliche, nach welcher der Vater größer ist als er. Beide zusammen aber sind nicht zwei, sondern der eine Christus, damit Gott nicht eine Vierheit, sondern eine Dreifaltigkeit sei. Denn so wie ein Mensch vernünftige Seele und Fleisch ist, so ist der eine Christus Gott und Mensch, und sonach ist Christus Gott, vernünftige Seele und Fleisch. Wir bekennen Christus in allem diesem, wir bekennen Christus in jedem einzelnen hiervon. Wer also ist es, durch den die Welt erschaffen wurde? Christus Jesus, aber in der Gottesgestalt. Wer ist der unter Pontius Pilatus Gekreuzigte? Christus Jesus, aber in der Knechtsgestalt. Ähnliches gilt bezüglich der einzelnen Teile, aus welchen der Mensch besteht. Wer wurde nicht in der Hölle gelassen? Christus Jesus, aber bloß der Seele nach. Wer lag drei Tage im Grab, um wieder aufzuerstehen? Christus Jesus, aber dem Leib nach. So also redet man im einzelnen von Christus. Allein alles dieses ist nicht zwei oder drei, sondern ein Christus. Deshalb nun sagt er: "Wenn ihr mich liebtet, so würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe" (Joh 14, 28). Denn man musste der menschlichen Natur Glück wünschen deshalb, weil sie von dem einziggeborenen Wort angenommen wurde, so dass sie als unsterblich in den Himmel eingeführt wurde und die Erde so erhaben ward, dass sie als unverweslicher Staub zur Rechten des Vaters sitzt.
17. Uns nämlich steht es zu, zu glauben, ihm, zu wissen; so auch dieses, dass das göttliche Wort selbst, indem es das Ganze, was zum Menschen gehört, annahm, Mensch ist, und dass der angenommene Mensch durch die Annahme des Ganzen, was Gottes ist, nichts anderes als Gott sein kann. Deshalb aber, weil man sagt, er sei Fleisch geworden und (mit ihm) vermischt, darf man keine Schmälerung der Wesenheit vermuten. Denn Gott versteht es, sich ohne Verletzung seiner selbst und doch wirklich zu vermischen. Er versteht es, so in sich anzunehmen, dass er keinen Zuwachs erhält, wie er es auch weiß, so sich selbst ganz einzugießen, dass ihn kein Verlust trifft. Wir dürfen deshalb nicht mit unserem schwachen Verstand nach den sichtbaren Zeichen der Experimente von gleichförmig sich vereinigenden Dingen einen Schluss ziehen und meinen, Gott und Mensch seien (in Christus) vermischt, und durch eine solche Vermischung des Fleisches und Wortes sei gleichsam ein Körper entstanden. Fern sei es, so zu glauben, dass wir annehmen, es seien durch eine Art von Verschmelzung die zwei Naturen in eine Wesenheit zusammengeflossen. Eine derartige Vermischung würde beide Teile verderben. Gott nämlich, der alles erfasst, aber unerfasslich ist, alles durchdringt, aber undurchdringlich ist, alles erfüllt, aber unausfüllbar ist, der überall ganz und überall verbreitet ist, ist aus Barmherzigkeit in die menschliche Natur eingemischt, nicht aber ist die menschliche Natur eingemischt in die göttliche.
JOHANNES CHRYSOSTOMUS VON KONSTANTINOPEL
18. Sehen wir aber zu, weshalb Christus mit dem Kreuze (wieder-)kommt. Deshalb nämlich, damit die, welche ihn gekreuzigt haben, ihre wahnsinnige Blindheit erkennen, und deshalb wird das Zeichen ihrer Unverschämtheit getragen. Darum sagt der Prophet: "Dann werden alle Stämme der Erde wehklagen", wenn sie ihren Ankläger sehen und ihre Sünde erkennen werden. Warum sollte man sich auch wundern, dass er bei seinem Wiederkommen das Kreuz tragen wird, da er auch die Wunden seines Leibes vorzeigt? "Dann nämlich werden sie sehen", sagt der Prophet, "wen sie durchbohrt haben" (Sach 12, 10; loh. 19, 37). Und gleichwie Christus nach seiner Auferstehung das Misstrauen des Thomas widerlegen wollte und ihm die Wundmale zeigte und auf die Seitenwunde hinwies und sagte: Lege deine Hand hierher und schaue; ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie du mich haben siehst, - ebenso wird er auch dann seine Wunden zeigen und das Kreuz vorhalten, um zu beweisen, dass er es ist, der gekreuzigt worden.
19. So wie nämlich zwischen zwei durch einen Zank Geschiedene sich einer in die Mitte stellt und den Wortwechsel und die Zwietracht der Streitenden auflöst, so tat es auch Christus. Gott zürnte uns mit Recht, und wir verachteten den Erzürnten und flohen den gütigen Herrn; Christus aber stellte sich in die Mitte und vereinigte beide Naturen und nahm die Strafe, welche uns bevorstand, selbst auf sich.
20. Christus also brachte dem Vater die Erstlinge unserer Natur dar, und der Vater bewunderte das dargebrachte Geschenk, sowohl weil der, der es darbrachte, eine so hohe Würde besaß, als auch, weil das, was dargebracht wurde, von keiner Makel befleckt war. Denn er nahm den Geopferten mit seinen eigenen Händen auf und machte ihn zum Genossen seines Thrones; ja, was noch mehr ist, er setzte ihn zu seiner Rechten. Erkennen wir, was der ist, welcher die Worte hörte: "Sitz zu meiner Rechten" (Ps 110, 1), und zu welcher Natur der Vater sagte: "Habe Anteil an meinem Thron." Jene Natur ist es, welche auch die Worte hörte: "Du bist Erde und wirst zur Erde zurückkehren" (Gen 3, 19).
21. Ich kann keine Ausdrücke, keine Worte hierfür finden: Die gebrechliche Natur, die verachtete Natur und die als die schlechteste von allen erwiesene hat alles besiegt, alles überwunden und verdiente es heute (am Himmelfahrtsfeste), als über alles erhaben befunden zu werden. Heute wurden die Engel in ihrem lang gehegten Wunsche befriedigt, heute konnten die Erzengel sehen, wonach sie sich schon lange sehnten: sie erschauten unsere Natur auf dem Thron des Herrn in unsterblicher Herrlichkeit glänzen.
THEOPHILUS VON ALEXANDRIEN
22. Das bezeugt der Psalmist, welcher sagt: "Alle sind abgewichen, alle zusammen unnütz geworden" (Ps 14, 3), das bezeugen die Propheten, welche die Hilfe Christi anrufen: "Herr, neige deinen Himmel und steige hernieder!" (Ps 144, 5). Ohne dass der den Ort veränderte, in dem alles ist, sondern damit er um unseres Heiles willen das Fleisch der menschlichen Gebrechlichkeit annähme, ist, wie der Apostel es preisend sagt, "er, da er reich war, arm geworden, damit wir durch seine Armut reich seien" (2 Kor 8, 9). Er kam auf die Erde, ging aus dem jungfräulichen Schoß, welchen er heiligte, als Mensch hervor, er bestätigte die Bedeutung seines Namens Emanuel, das ist: "Gott mit uns", und fing auf wunderbare Weise an, das zu sein, was wir sind, hörte dabei aber nicht auf, das zu sein, was er war, indem er unsere Natur so annahm, dass er nicht verlor, was er war. Denn obgleich Johannes schreibt: "Das Wort ist Fleisch geworden", das ist mit andern Worten: Mensch, so wurde doch der nicht in Fleisch verwandelt, der niemals aufhörte, Gott zu sein. Ihn redet auch der hl. David also an: "Du aber bist derselbe" (Ps 102, 28). Auch der Vater vom Himmel bezeugt es mit den Worten: "Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe" (Mt 3, 17); damit, auch nachdem er Mensch geworden, durch unser Bekenntnis verkündet werde, dass er das blieb, was er war, bevor er Mensch wurde. Das lehrt mit uns auch Paulus: "Jesus Christus ist derselbe gestern und heute, derselbe auch in Ewigkeit" (Hebr 13, 8). Dadurch, dass er sagt: Derselbe, weist er darauf hin, dass jener seine bisherige Natur nicht geändert noch die Reichtümer seiner Gottheit geschmälert hat, weil er unsertwegen arm geworden war und die volle Ähnlichkeit unseres Menschenstandes angenommen hatte.
23. Der Eine, Sohn des Vaters und unser Mittler, verlor weder die Gleichheit mit jenem, noch wurde er von unserer Gemeinschaft getrennt; er war unsichtbarer Gott und sichtbarer Mensch, verborgen durch die Knechtsgestalt und als der Herr der Majestät durch das Bekenntnis der Gläubigen geoffenbart. Denn weder beraubte ihn der Vater des Namens seiner Natur, nachdem er für uns Mensch und arm geworden war, noch nannte er ihn, da er im Jordan getauft wurde, mit einem andern Namen, sondern seinen einziggeborenen Sohn: "Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe" (Mt 3, 17). Weder ist die Ähnlichkeit mit uns in die Natur der Gottheit verändert, noch die Gottheit in die uns ähnliche Natur verwandelt worden.
GREGORIUS VON NAZIANZ
24. Nachdem also Gott aus der Jungfrau in der angenommenen menschlichen Natur hervorgegangen war, ward er in den zwei entgegengesetzten (Naturen) eins, im Fleisch und im Geist; das eine wird in Gott aufgenommen, das andere ragt hervor durch die Macht der Gottheit.
25. Er wurde zwar gesandt, aber als Mensch. Denn in ihm war eine zweifache Natur. Deshalb ermüdete er auch vom Wege, deshalb hungerte und dürstete er, war betrübt und weinte nach dem Gesetze des menschlichen Körpers.
BASILIUS VON CÄSAREA
26. Da wir also an Christus einiges Menschliche bemerken, so dass es von der gemeinsamen Gebrechlichkeit der Sterblichen nicht abzuweichen scheint, einiges Göttliche, das nur jener unaussprechlichen Natur der Gottheit zukommt, so ist der beschränkte Menschenverstand in Verlegenheit und weiß, von solchem Staunen niedergebeugt, nicht, wohin er sich wenden soll. Hält er ihn für einen Menschen, so sieht er ihn, wie er nach Besiegung des Todesreiches mit seiner Beute von den Toten wiederkehrt. Deshalb muss man mit aller Scheu und Ehrfurcht betrachten, dass sich in einem und demselben die Wahrheit beider Naturen so offenbart, dass man weder etwas Unwürdiges und Ungeziemendes von jener göttlichen und unaussprechlichen Wesenheit annimmt, noch hinwieder das, was menschlich verrichtet wurde, als falsche Trugbilder erachte.
CYRILLUS VON ALEXANDRIEN
27. Er wurde Mensch genannt, obwohl er von Natur Gott, das Wort Gottes, des Vaters, ist, weil er gleich uns teilhatte an Fleisch und Blut. So nämlich erschien er auf Erden, ohne zu verlieren, was er war, aber annehmend die in ihrer Art vollkommene Natur der Menschheit.
28. Einer also ist der, welcher vor der Menschwerdung wahrer Gott (war), und der, welcher in der Menschheit das blieb, was er war, ist und sein wird. Man darf daher den einen Herrn Jesus Christus nicht in einen Menschen für sich und in einen Gott für sich trennen, sondern wir bekennen einen und denselben Jesus Christus, ohne den Unterschied der Naturen zu verleugnen, die wir vielmehr als miteinander unvermischt wahren.
29. Man erkennt es nämlich mit Sicherheit, dass eines gewissermaßen in dem andern innewohne, das ist: die göttliche Natur hat in der Menschheit keine Vermischung oder Verwechslung erlitten, so dass sie jetzt etwas wäre, was sie nicht war. Alles nämlich, von dem man sagt, dass es in etwas anderem wohne, wird dadurch nicht auch dasselbe wie das ist, worin es wohnt; man versteht vielmehr: ein anderes in einem andern. In der Natur des Wortes und der Menschheit aber bezeichnet uns die Verschiedenheit bloß den Unterschied der Naturen. Denn aus beiden wird der eine Christus erkannt. Ohne jede Vermischung also, wie ich vorhin erklärte, hat, sagt der Evangelist, das Wort in uns gewohnt. Er weiß ja, dass der einziggeborene Sohn einer ist, der Fleisch und Mensch geworden ist.
30. Demnach sagt das heilige und große Konzil, dass der, welcher aus Gott dem Vater der Natur nach geboren, der einziggeborene Sohn, der wahre Gott aus wahrem Gott, das Licht aus dem Licht, durch den und mit dem der Vater alles erschaffen hat, auf die Erde herabgestiegen, Fleisch und Mensch geworden sei, gelitten habe, am dritten Tag wieder auferstanden und wieder zum Himmel aufgefahren sei. Diesen Worten müssen wir folgen, diesen Lehren gehorchen, indem wir erwägen, was es bedeutet, das Wort Gottes ist Fleisch und Mensch geworden. Denn wir sagen nicht, dass die Natur Gottes verkehrt oder verändert Fleisch geworden sei, noch auch, dass sie in einen ganzen Menschen, welcher aus Seele und Leib besteht, umgewandelt wurde, vielmehr, dass das Wort das durch eine vernünftige Seele belebte Fleisch seiner Wesenheit nach mit sich vereinigt habe und auf eine unbegreifliche und unaussprechliche Weise Mensch geworden und auch Menschensohn genannt worden ist, (also) nicht bloß dem Willen nach, aber auch nicht durch die bloße Adoption einer (menschlichen) Person, sondern vielmehr so, dass die an sich zwar verschiedenen Naturen in eins verbunden wurden, aus bei den aber ein Christus und Sohn geworden sei, nicht als ob die Verschiedenheit der Naturen durch ihre Verbindung beseitigt oder aufgehoben worden wäre, sondern deshalb, weil sie zusammen den einen Herrn, den Christus und den. Sohn, ausmachen, durch die geheimnisvolle und unaussprechliche Verbindung der Gottheit und Menschheit zur Einheit. Darum heißt es von dem, der vor aller Zeit aus dem Vater geboren ist, auch, dass er dem Fleisch nach aus der Frau geboren sei; nicht weil seine göttliche Natur aus der heiligen Jungfrau ihren Anfang genommen hätte, noch weil sie es nötig gehabt hätte, ein zweites Mal geboren zu werden nach jener Geburt aus dem Vater - denn es wäre ungeschickt und töricht, zu behaupten, dass der, welcher vor aller Zeit mit dem Vater gleichewig ist, einer zweiten Geburt bedurft hätte, um sein Dasein zu beginnen -; vielmehr sagt man deshalb, er sei dem Fleisch nach geboren, weil er wegen unser und unseres Heiles die menschliche Natur mit sich vereinigte und aus der Frau hervorging. Es wurde auch nicht zuerst ein gewöhnlicher Mensch aus der heiligen Jungfrau geboren, in welchem dann erst das Wort seine Wohnung genommen, sondern dieses vereinigte sich im Mutterleib und Schoß der Jungfrau selbst mit dem Fleisch und unterzog sich der fleischlichen Geburt, indem es die Geburt seines Fleisches sich zu eigen machte. So sagen wir, er habe gelitten und sei wieder erstanden, nicht als ob das göttliche Wort seiner Natur nach die Geißelung, Durchbohrung mit den Nägeln oder die andern Verwundungen erlitten hätte - denn Gott steht als unkörperlich außerhalb des Leidens -; sondern weil jener Leib, welcher sein eigener geworden, gelitten hat, sagt man, er selbst habe alles dies für uns gelitten. Denn in jenem Körper, welcher litt, war Gott, welcher leidensunfähig war. In gleicher Weise fassen wir auch seinen Tod auf. Denn seiner Natur nach ist das Wort Gottes unsterblich, unverweslich, das Leben und lebenspendend. Weil jedoch sein eigener Leib nach dem Worte des Paulus "durch Gottes Gnade für alle den Tod gekostet hat" (Hebr 2, 9), deshalb sagt man, er selbst habe für uns den Tod erlitten. Nicht als ob er selbst den Tod empfunden hätte, insofern es seine eigene Natur betrifft; denn das zu denken oder zu sagen wäre Wahnsinn, sondern deshalb, weil, wie wir oben sagten, sein ihm eigenes Fleisch den Tod gekostet hat. Ebenso nennen wir auch die Auferstehung seines Fleisches seine eigene Auferstehung, nicht weil er der Verwesung anheimgefallen - das sei ferne! -, sondern weil sein Leib auferstanden ist. So bekennen wir einen Christus und Herrn, indem wir nicht zu dem Wort noch einen Menschen mit anbeten, um auch nicht den Schein einer Sonderung herbeizuführen, sondern wir beten einen und denselben an, weil dem Wort sein Leib nicht fremd ist, mit dem es auch zur Rechten des Vaters ist. Auch dies sagen wir nicht so, als ob zwei Söhne (bei dem Vater) säßen, sondern einer wegen der Vereinigung mit dem Fleisch; denn wollten wir diese dem Wesen nach geschehene Vereinigung entweder als unmöglich oder als wenig geziemend betrachten, so kommen wir so weit, dass wir zwei Söhne annehmen; denn dann müssen wir unterscheiden und gesondert von dem Menschen sagen, er sei nur ehrenhalber Sohn genannt worden, hingegen aber sei das Wort, welches aus Gott ist, dem Namen und der Wahrheit nach Sohn Gottes. Wir dürfen aber den einen Herrn Jesus Christus nicht in zwei Söhne trennen; denn das bringt dem rechten Glauben keinen Vorteil, wenn auch einige, ich weiß nicht was für eine Verbindung der Personen lehren. Die Schrift erklärte ja nicht, dass das Wort die Person eines Menschen angenommen habe, sondern dass es Fleisch geworden sei. Das aber bedeutet: das Wort Gottes hat gleich uns teil an Fleisch und Blut, es hat sich unsern Leib förmlich zu eigen gemacht und ist als Mensch aus der Frau hervorgegangen, ohne die Gottheit oder jene Geburt, welches es aus dem Vater hatte, weggeworfen oder abgelegt zu haben, dass es im Gegenteil auch bei der Annahme des Fleisches Gott geblieben, wie es war. Das bezeugt überall der rechte Glaube. So dachten, wie wir wissen, die heiligen Väter. Deshalb trugen diese kein Bedenken, die heilige Jungfrau Gottesgebärerin zu nennen; nicht etwa, weil die Natur des Wortes und die Gottheit in der heiligen Jungfrau ihren Anfang genommen, sondern weil aus ihr jener heilige, durch eine vernünftige Seele belebte Leib geboren wurde, mit welchem sich das Wort Gottes wesentlich vereinigte, sagt man, dass dieses fleischlich geboren worden sei .