Kirche: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Kirche''' (''Ekklesia'') ist nach neutestamentlichem Sprachgebrauch die Gemeinschaft derer, die von [[Jesus Christus]] durch das [[Evangelium]] aus der [[Welt]] herausgerufen wurden, an ihn glauben, sich um ihn versammeln im [[Gottesdienst]] (λειτουργία leiturgía) und von ihm zum Glaubenszeugnis (μαρτυρία martyría) und [[Diakonie|Dienst]] der [[Liebe]] (διακονία diakonía ‚Dienst‘, von διάκονος diákonos ‚Diener‘) gesandt werden. Das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]] sieht die Kirche als „das [[Sakrament]], das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ ([[Lumen gentium]] 1).
  
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Das griechische Wort ἐκκλησία ''ekklēsía'' bedeutete im profanen Sprachgebrauch eine Menschenansammlung und insbesondere eine Volksversammlung. Es wurde auch für die Versammlung des [[Israeliten|Gottesvolkes Israel]] benutzt und von der christlichen Gemeinde übernommen (so etwa Hebr 2,12, Apg 7,38). Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] ist es die sich zum Gottesdienst versammelnde Gemeinde, die Ortsgemeinde oder Kirche am Ort (1 Kor 1,2), aber auch die Gemeinschaft aller Ortsgemeinden als „Gesamtkirche“.
 
Das griechische Wort ἐκκλησία ''ekklēsía'' bedeutete im profanen Sprachgebrauch eine Menschenansammlung und insbesondere eine Volksversammlung. Es wurde auch für die Versammlung des [[Israeliten|Gottesvolkes Israel]] benutzt und von der christlichen Gemeinde übernommen (so etwa Hebr 2,12, Apg 7,38). Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] ist es die sich zum Gottesdienst versammelnde Gemeinde, die Ortsgemeinde oder Kirche am Ort (1 Kor 1,2), aber auch die Gemeinschaft aller Ortsgemeinden als „Gesamtkirche“.
'''[[Datei:Schutzherr der Kirche.jpg|thumb|right|Heiliger [[Josef von Nazareth|Josef]], [[Patron]] der Katholischen Kirche]]'''
 
  
 
== Zum Wesen der Kirche ==
 
== Zum Wesen der Kirche ==

Version vom 11. April 2023, 19:20 Uhr

Austeilung der göttlichen Gnaden durch die Kirche mittels der Sakramente: oben der gekreuzigte Jesus inmitten der Dreifaltigkeit und der "himmlischen Kirche" als Quelle der Gnade, in der Mitte die Personifikation der Ecclesia als Frau mit Tiara

Die Kirche (Ekklesia) ist nach neutestamentlichem Sprachgebrauch die Gemeinschaft derer, die von Jesus Christus durch das Evangelium aus der Welt herausgerufen wurden, an ihn glauben, sich um ihn versammeln im Gottesdienst (λειτουργία leiturgía) und von ihm zum Glaubenszeugnis (μαρτυρία martyría) und Dienst der Liebe (διακονία diakonía ‚Dienst‘, von διάκονος diákonos ‚Diener‘) gesandt werden. Das Zweite Vatikanische Konzil sieht die Kirche als „das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen gentium 1).

"Die Aufgabe, allen Menschen die Frohbotschaft zu verkündigen, ist die wesentliche Sendung der Kirche". "Evangelisieren ist die eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität" (vgl. Evangelii nuntiandi, Nr. 14).

Das griechische Wort ἐκκλησία ekklēsía bedeutete im profanen Sprachgebrauch eine Menschenansammlung und insbesondere eine Volksversammlung. Es wurde auch für die Versammlung des Gottesvolkes Israel benutzt und von der christlichen Gemeinde übernommen (so etwa Hebr 2,12, Apg 7,38). Im Neuen Testament ist es die sich zum Gottesdienst versammelnde Gemeinde, die Ortsgemeinde oder Kirche am Ort (1 Kor 1,2), aber auch die Gemeinschaft aller Ortsgemeinden als „Gesamtkirche“.

Zum Wesen der Kirche

Von Anfang an ist dieses Gottesvolk, der Leib Christi, organisch gegliedert. Konstitutiv ist (schon) für den (Früh-) Katholizität das Kollegium der Apostel mit Petrus als Oberhaupt der Kirche und Stellvertreter Jesu Christi auf Erden. Die Leiter der überall entstehenden Orts-Ekklesíai sind von den Aposteln unmittelbar oder mittelbar durch Handauflegung bevollmächtigt (Weiheakt). Bereits um die Wende zum zweiten Jahrhundert sind, zusammen mit dem Kanon der Heiligen Schriften und der Regula fidei, dem Taufbekenntnis, das dreigliedrige Amt aus Bischöfen (epískopoi), Priestern (presbýteroi) und Diakonen (diákonoi) sowie der Vorrang des Bischofssitzes in Rom und der Martyriums- und Grabesstätte Petri dort klar bezeugt.

Die hl. Kirche ist nicht zu reduzieren auf einen Zusammenschluss von Menschen gleicher Gesinnung oder gleichen Geschmacks, sondern ist das Geheimnis der fortdauernden Gegenwart des sich für uns aufopfernden und so ewiges Leben schenkenden Herrn. Sie ist das Wurzelsakrament, wogegen Christus das Ursakrament genannt wird. Allem Suchen und Glauben, der Einzelnen und der Völker, ist die Kirche als verborgener Antrieb und offenbares Ziel vorgegeben. Die vornehmste Aufgabe der hl. Kirche sind das Bewahren des hl. Evangeliums, Bezeugung und Verkündigung Jesu Christi als Gott und Mensch, den einzigen und wahren Erlöser und Vollender aller Menschen (Mission), Ausspendung der hl. Sakramente und das Lehramt.

Die Kirche nach der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils

Datei:Second Vatican Council by Lothar Wolleh 007.jpg
Konzilsväter beim Zweiten Vatikanischen Konzil

Die katholische Kirche hat sich auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil das erste Mal in einer Gesamtschau zu ihrem Kirchenverständnis geäußert und dabei verschiedene Aspekte betont. Quellen des Kirchenverständnisses sind die Heilige Schrift und die eigene Tradition. Traditionell sind die sieben Sakramente und das kirchliche Amt ihr besonders wichtig. Doch setzt das Konzil mit der Dogmatischen Konstitution Lumen gentium über die Kirche (1964) nun nicht mehr „bei den institutionellen Elementen der Kirche, sondern bei ihrem geistlichen Wesen als ‚Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe‘ an […] und markiert damit eine Wendung hin zu einer Communio-Ekklesiologie im katholischen Raum.“<ref>Ulrich Kühn: Kirche (= Handbuch Systematischer Theologie, 10). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, ISBN 3-579-04925-9, S. 173, Fn. 30.</ref> Die Prämissen werden nun in die Bezeichnung der Kirche als Grund- oder Ursakrament aufgenommen, eine Sicht, die die Kirche als Werkzeug und Zeichen des Heilswillens Gottes für die ganze Welt bestimmt.

Papst Johannes Paul II. hat die wesentlichen Aspekte der Ekklesiologie des Konzils wie folgt zusammengefasst:<ref>Papst Johannes Paul II.: Apostolische Konstitution Sacrae disciplinae leges vom 25. Januar 1983 (online)</ref>

  • „die Lehre, nach der die Kirche als das Volk Gottes
  • … und die hierarchische Autorität als Dienst dargestellt werden“;
  • „die Lehre, die die Kirche als Gemeinschaft (Communio) ausweist“ und daher die notwendigen Beziehungen festsetzt, die zwischen den Teilkirchen und der Universalkirche und zwischen Kollegialität und Primat bestehen müssen;
  • „die Lehre, nach der alle Glieder des Volkes Gottes, jedes auf seine Weise, an dem dreifachen Amt Christi – dem priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt – teilhaben“;
  • „die Lehre …, die die Pflichten und Rechte der Gläubigen, namentlich der Laien, betrifft“;
  • „der Einsatz, den die Kirche für den Ökumenismus aufbringen muß.“

Grund und Ziel der Kirche

Die Kirche gründet im Wort und im Wirken Jesu Christi:

„Denn der Herr Jesus machte den Anfang seiner Kirche (initium fecit), indem er frohe Botschaft verkündigte, die Ankunft nämlich des Reiches Gottes, das von alters her in den Schriften verheißen war: ‚Erfüllt ist die Zeit, und genaht hat sich das Reich Gottes‘ ({{#ifeq: Evangelium nach Markus | Kirche |{{#if: Mk|Mk|Evangelium nach Markus}}|{{#if: Mk |Mk|Evangelium nach Markus}}}} 1{{#if:15|,15}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}; vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Kirche |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 4{{#if:17|,17}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }})“{{#if: Lumen gentium 5 || }}

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Die Ankunft des Reiches Gottes wird offenbar in der Verkündigung Jesu, seinen Machttaten, in seinem Leiden und Sterben und in seiner Auferstehung. Sie ist nicht Werk des irdischen Jesus, sondern des im Pascha-Mysterium erhöhten Christus: Der Auferstandene erschien nach Ostern den Jüngern, verhieß ihnen den Beistand des Heiligen Geistes und gab ihnen den Auftrag, das Evangelium zu verkünden und die Menschen zu taufen:

„Als er dann ein für allemal durch seinen Tod und seine Auferstehung in sich selbst die Geheimnisse unseres Heils und der Erneuerung von allem vollzogen hatte, gründete er […] vor der Aufnahme in den Himmel seine Kirche als Sakrament des Heils, sandte die Apostel in alle Welt, so wie er selbst vom Vater gesandt worden war, und trug ihnen auf: ‚Geht also hin, und macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und sie alles halten lehrt, was ich euch geboten habe‘ ({{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Kirche |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 28{{#if:19–20|,19–20}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }})“{{#if: Ad gentes 5<ref>Vgl. Lumen gentium 4f.</ref> || }}

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Dies kann aber nach übereinstimmender Auffassung der katholischen Ekklesiologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht mehr als formelle, körperschaftsrechtliche Kirchengründung im Sinne einer institutionellen Setzung durch Jesus selbst verstanden werden, wie es die Theologie der Gegenreformation aus apologetischen Gründen akzentuiert hatte. In die Darstellung der Kirche im Neuen Testament sind Glaubenszeugnisse aus nachösterlichen Gemeindesituationen mit ihren Erfahrungen und Problemstellungen eingeflossen, die das Leben der Gemeinden „im Licht der Botschaft und der Geschichte Jesu interpretieren, theologisch aufarbeiten und legitimieren“ und dadurch der ursprünglichen Intention ihres Gründers Jesus treu bleiben. Theologen sprechen von einer „strukturellen Kontinuität“ zwischen der Sammlung Israels durch Jesus und der nachösterlichen Entstehung der Kirche; Jesus setzte „gemeinschaftsbildende Zeichen des ankommenden Reiches Gottes“, die „aufgrund der Auferstehungs- und Geisterfahrung der ersten Zeugen […] als Vor-formen der sich nachösterlich bildenden Kirche aufgegriffen und aktualisiert“ wurden; der Grund der Kirche liegt somit „im ganzen Christusgeschehen“, seinem irdischen Wirken, seinem Tod und seiner Auferstehung bis hin zur Geistsendung.<ref>Medard Kehl: Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie. 3. Auflage, Echter Verlag, Würzburg 1994, ISBN 3-429-01454-9, S. 270, 277f., unter Berufung auf Hans Waldenfels, Heinrich Fries und Wolfgang Trilling; vgl. Ralf Miggelbrink: Einführung in die Lehre von der Kirche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-16321-4, S. 21, 24.</ref>

Die Berufung der Kirche durch Jesus Christus und ihr eschatologisches Ziel entsprechen einem Heilsplan Gottes selbst:

„Alle Erwählten aber hat der Vater vor aller Zeit ‚vorhergekannt und vorherbestimmt, gleichförmig zu werden dem Bild seines Sohnes, auf dass dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern‘ ({{#ifeq: Vorlage:Röm (Bibel) | Kirche |{{#if: Röm|Röm|Vorlage:Röm (Bibel)}}|{{#if: Röm |[[Vorlage:Röm (Bibel)|Röm]]|[[Vorlage:Röm (Bibel)]]}}}} 8{{#if:29|,29}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}). Die aber an Christus glauben, beschloss er in der heiligen Kirche zusammenzurufen. Sie war schon seit dem Anfang der Welt vorausbedeutet; in der Geschichte des Volkes Israel und im Alten Bund wurde sie auf wunderbare Weise vorbereitet, in den letzten Zeiten gestiftet, durch die Ausgießung des Heiligen Geistes offenbart, und am Ende der Weltzeiten wird sie in Herrlichkeit vollendet werden.“{{#if: Lumen gentium 2 || }}

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In der Kirche ist Christus selber bis an das Ende der Zeiten wirksam gegenwärtig. Als solche ist die Kirche Gegenstand der grundlegenden Glaubensbekenntnisse und heißt dort die „eine, heilige, katholische und apostolische“ Kirche. Eine hohe Bedeutung für Einheit und Identität der christlichen Gemeinde hatte von Anfang an die Eucharistie, das gemeinsame Brotbrechen entsprechend dem Auftrag Jesu, dies zu seinem Gedächtnis zu tun (vgl. {{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 11{{#if:23–25|,23–25}} Kor%2011{{#if:23–25|,23–25}}/anzeige/context/#iv EU

| BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2011{{#if:23–25|,23–25}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}).<ref>Medard Kehl: Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie. 3. Auflage, Echter Verlag, Würzburg 1994, ISBN 3-429-01454-9, S. 288.</ref>

Der Konzilstheologe Karl Rahner SJ gab 1964 eine Definition von Kirche: „Die Kirche ist die gesellschaftlich legitim verfasste Gemeinschaft, in der durch Glaube und Hoffnung und Liebe die eschatologisch vollendete Offenbarung Gottes (als dessen Selbstmitteilung) in Christus als Wirklichkeit und Wahrheit für die Welt präsent bleibt.“<ref>Karl Rahner: Selbstvollzug der Kirche: ekklesiologische Grundlegung praktischer Theologie (= Sämtliche Werke, Band 19). Benziger, 1995, S. 49.</ref>

Spiritueller Ursprung der Kirche: Kreuzestod Jesu

Nach einer auf Ambrosius von Mailand und Augustinus von Hippo zurückgehenden, viel rezipierten Lesart ist der spirituelle Ursprungsort, aus dem die Kirche kommt, aus dem auch die Sakramente kommen, die Seitenwunde Jesu am Kreuz ({{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Kirche |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 19{{#if:33–34|,33–34}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}).<ref>Wilhelm Geerlings: Die Kirche aus der Seitenwunde Christi bei Augustinus. In: Johannes Arnold, Rainer Berndt, Ralf M. W. Stammberger, Christine Feld (Hrsg.): Väter der Kirche. Ekklesiales Denken von den Anfängen bis in die Neuzeit. Festgabe für Hermann Josef Sieben SJ zum 70. Geburtstag. Ferdinand Schöningh, Paderborn / München / Wien / Zürich 2004, ISBN 3-506-70423-0. S. 465–481, hier S. 475.</ref><ref>Ambrosius von Mailand (340–397): Lukaskommentar (mit Ausschluß der Leidensgeschichte), 2. Buch, Nr. 86 [1]</ref>

Joseph Ratzinger nimmt diese altkirchliche Tradition auf und verbindet sie mit modernen exegetischen Erwägungen: Nach dem Johannesevangelium starb Jesus genau in der Stunde, zu der im Jerusalemer Tempel die Osterlämmer für das Paschafest geschlachtet wurden. Dies wird so interpretiert, dass das wahre Osterlamm in der Gestalt Jesu Christi, Gottes Sohn gekommen sei. Für die Seite Jesu, die geöffnet wird, habe der Evangelist das Wort πλευρά pleurá verwendet, das in der Septuaginta-Fassung der Schöpfungsgeschichte bei dem Bericht über die Erschaffung Evas steht ({{#ifeq: Genesis | Kirche |{{#if: Gen|Gen|Genesis}}|{{#if: Gen |Gen|Genesis}}}} 2{{#if:21|,21}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}). Johannes verdeutliche damit, dass Jesus der neue Adam sei, der in die Nacht des Todesschlafes heruntersteige und in ihr den Anfang der neuen Menschheit eröffne. „Aus der Todeshingabe Jesu strömen Blut und Wasser, Eucharistie und Taufe als Quell einer neuen Gemeinschaft. Die offene Seite ist der Ursprungsort, aus dem die Kirche kommt, aus der die Sakramente kommen, die die Kirche bauen.“<ref>Joseph Ratzinger: Eucharistie – Mitte der Kirche. München 1978, S. 21 f.</ref>

Das Zweite Vatikanische Konzil nahm diese Herleitung in das Einleitungskapitel seiner Dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen gentium auf:

"Die Kirche, das heißt das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Christi, wächst durch die Kraft Gottes sichtbar in der Welt. Dieser Anfang und dieses Wachstum (exordium et incrementum) werden zeichenhaft angedeutet durch Blut und Wasser, die der geöffneten Seite des gekreuzigten Jesus entströmten (vgl. Joh 19,34), und vorherverkündet durch die Worte des Herrn über seinen Tod am Kreuz: ‚Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle an mich ziehen‘ ({{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Kirche |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 12{{#if:32|,32}} EU

| BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}). Sooft das Kreuzesopfer, in dem Christus, unser Osterlamm, dahingegeben wurde ({{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 5{{#if:7|,7}} Kor%205{{#if:7|,7}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%205{{#if:7|,7}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}), auf dem Altar gefeiert wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung. Zugleich wird durch das Sakrament des eucharistischen Brotes die Einheit der Gläubigen, die einen Leib in Christus bilden, dargestellt und verwirklicht ({{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 10{{#if:17|,17}} Kor%2010{{#if:17|,17}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2010{{#if:17|,17}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}). Alle Menschen werden zu dieser Einheit mit Christus gerufen, der das Licht der Welt ist." (Lumen gentium 3,2).

Sakramentalität und Grundvollzüge

Einer langen theologischen Tradition zufolge wird Jesus Christus selbst als das „Ursakrament“, Ursprung und Ziel des göttlichen Heilshandelns an der Welt, verstanden, so bei Augustinus von Hippo und Thomas von Aquin. Auch Martin Luther schrieb: „Nur ein einzig Sakrament kennt die Heilige Schrift, das ist Christus der Herr selbst.“<ref>Martin Luther: Disputatio de Fide infusa et acquisita. WA 6,86,5ff., zitiert bei: Ralf Miggelbrink: Einführung in die Lehre von der Kirche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-16321-4, S. 57, auch zum Ganzen.</ref> Für die Angehörigen der römisch-katholischen Kirche ist die Präsenz Christi in der Kirche ihrem Wesen nach sakramental erfahrbar. Die Kirche ist „Sakrament, Zeichen und Werkzeug“ des Heilshandelns Gottes in der Welt und bewirkt gleichermaßen „innigste Vereinigung mit Gott“ und „die Einheit des ganzen Menschengeschlechts“ (Ecclesia sit veluti sacramentum seu signum et instrumentum intimae cum Deo unionis totiusque generis humani unitatis), einer Bezeichnung, die auf den Kirchenlehrer Cyprian von Karthago zurückgeht.<ref>Lumen gentium (LG) 1; vgl. LG 9.48.59</ref>, und zwar als „Sakrament der Einheit“ (unitatis sacramentum)<ref>Konstitution Sacrosanctum Concilium über die heilige Liturgie Nr. 26; Cyprian von Karthago: Unitas ecclesiae 4.</ref>

Die Lehre von der Sakramentalität der Kirche, die die Einheit des göttlichen Heilshandelns betont, gehört zum Kern der Dogmatischen Konstitution Lumen gentium des Konzils, so der Konzilstheologe Joseph Ratzinger. Bei den Kirchenvätern wurde der Begriff mystérion / sacramentum nur vereinzelt auf die Kirche angewandt. Im 20. Jahrhundert findet sich die Vorstellung erstmals bei dem dann als ModernismusModernist exkommunizierten Theologen George Tyrrell, der damit die Differenz zwischen der Gemeinschaft der Glaubenden und der hierarchischen Institution Kirche akzentuieren wollte.<ref>Georg Tyrell: Christianity at the Crossroads. London 1907; deutsch: Das Christentum am Scheideweg. München – Basel 1959, S. 182. Siehe dazu: Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 513.</ref> Seit den 1930er-Jahren wurde der Gedanke der Kirche als Grund- oder Wurzelsakrament – neben der Bezeichnung Jesu Christi als „Ursakrament“, so Karl Rahner – von Theologen wie Carl Feckes, Hans Urs von Balthasar, Henri de Lubac OP, Karl Rahner SJ und Otto Semmelroth SJ entwickelt und floss in die Vorlage zu Lumen gentium ein.<ref>Ralf Miggelbrink: Einführung in die Lehre von der Kirche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-16321-4, S. 58.</ref><ref>Matthias Remenyi: Von der Leib-Christi-Ekklesiologie zur sakramentalen Ekklesiologie. Historische Entwicklungslinien und hermeneutische Problemüberhänge. In: Matthias Remenyi, Saskia Wendel (Hrsg.): Die Kirche als Leib Christi. Freiburg et al. 2017, S. 32–72, hier u. a. S. 41 (Rahner).</ref>

Das Konzil wollte mit der Anwendung eines weiten Sakramentenbegriffs auf die Kirche die zeichenhafte und zeugnishafte Gegenwart göttlichen Heilshandelns in der Geschichte, das Verhältnis von der verborgenen, geistlichen Wirklichkeit der Kirche und der sichtbaren, institutionell verfassten Kirche beschreiben, und es geht dabei um das Verhältnis des Handelns Gottes zum Handeln des Menschen.<ref>Siegfried Wiedenhofer: Ekklesiologie. In: Theodor Schneider (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. Band 2, 4. Auflage. Patmos Verlag, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-491-69024-0, S. 47–154, hier S. 96.</ref>

Diese Bestimmung deutet, so der Theologe Medard Kehl, die Kirche als „das Geschehen der Vergegenwärtigung Jesu Christi und seines endgültigen Heils“ und wehrt sowohl eine mystifizierende Überhöhung der Kirche als auch ihre rein funktionale Abwertung ab. Die Kirche darf demnach nicht gleichgesetzt werden mit dem Heil, dem präsenten Christus oder dem bereits angekommenen Reich Gottes, vielmehr zeigt sich das von Gott geschenkte Heil nur analog, „im endlichen und sündigen Zeichen der Kirche“.<ref>Medard Kehl: Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie. 3. Auflage, Echter Verlag, Würzburg 1994, ISBN 3-429-01454-9, S. 83.134.</ref> Darum hat ihre geschichtliche Kontingenz, Kontinuität und weltumspannende organische Einheit, garantiert durch die Bischöfe als Nachfolger der Apostel, theologische Relevanz. Theologen wie Hans Küng, Leonardo Boff und Wolfgang Beinert lehnen eine zu große Verwandtschaft von Kirche und Gottesreich ab: „Die Kirche ist nicht der fortlebende Christus, sondern nur dessen Sakrament, also ein wesentlich unvollkommenes Werkzeug, das in einer gewissen Analogie zwar zu ihrem Herrn steht, aber eben so, dass die Unähnlichkeit größer als die Ähnlichkeit ist, wie bei jedem Analogieverständnis.“<ref>Wolfgang Beinert: Amt – Tradition – Gehorsam: Spannungsfelder kirchlichen Lebens. Regensburg 1998, S. 116, zitiert bei: Nikolai Krokoch: Ekklesiologie und Palamismus. Dissertation, München 2004, S. 74 Anm. 300 (digitalisiert)</ref> Hans Küng betont die substantielle Trennung zwischen der geschaffenen Kirche und dem ungeschaffenen Gott: „Jede Vergöttlichung der Kirche ist ausgeschlossen.“<ref>Hans Küng: Die Kirche. Freiburg im Breisgau 1967, S. 47, zitiert bei: Nikolai Krokoch: Ekklesiologie und Palamismus. Dissertation, München 2004, S. 83 Anm. 347 (digitalisiert)</ref>

Für den persönlichen Glauben ist die Sakramentenpraxis entscheidend, die grundsätzlich an die Kirche als Organisationsform anknüpft. In der Tradition der römisch-katholischen Kirche hat sich die Zahl von sieben Einzel-Sakramenten herausgebildet, die in ihrer Siebenzahl vom zweiten Konzil von Lyon am 6. Juli 1274 festgelegt wurde.<ref>Enchiridion Symbolorum 860; Vorlage:LThK</ref>

Die Grundvollzüge der Kirche in der Sicht heutiger katholischer Theologie nehmen die Tradition der drei Ämter Christi auf; Kirche vollzieht sich demnach in Zeugnis oder „Glaubensdienst“ (martyria), Liturgie oder „Gottesdienst“ (leiturgia) und Diakonie (diakonia) oder „Bruderdienst“. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird zusätzlich eine vierte Grunddimension von Kirche genannt, die Gemeinschaft (communio/koinonia).<ref>Vgl. Veronika Prüller-Jagenteufel: Grundvollzüge der Kirche. In: Maria Elisabeth Aigner, Anna Findl-Ludescher, Veronika Prüller-Jagenteufel: Grundbegriffe der Pastoraltheologie (99 Wörter Theologie konkret). Don Bosco Verlag, München 2005, ISBN 3-7698-1509-2, S. 99f.</ref>

Leib Christi

Eine zentrale Vorstellung im Neuen Testament ist die von der Ekklesia als dem Leib Christi, in den man durch Taufe und Eucharistie inkorporiert wird. Sie findet sich in den paulinischen Briefen sowie, mit anderer Akzentsetzung, in den Briefen der Paulusschule (Kolosser- und Epheserbrief):

"Denn wie wir an dem einen Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, als Einzelne aber sind wir Glieder, die zueinander gehören. Wir haben unterschiedliche Gaben, je nach der uns verliehenen Gnade." (Röm 12,4–6)

Die Leib-Christi-Vorstellung im Römerbrief und dem 1. Korintherbrief wurzelt in der Teilhabe am von Jesus gestifteten Herrenmahl ({{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 10{{#if:16f|,16f}} Kor%2010{{#if:16f|,16f}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2010{{#if:16f|,16f}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}). Diese eucharistische Tischgemeinschaft konstituiert „die funktionale Einheit des Organismus“, in dem ein „von Christus her gestaltetes Miteinander“, ähnlich wie durch die Taufe, die Unterschiede zwischen den Gliedern überwindet ({{#ifeq: Brief des Paulus an die Galater | Kirche |{{#if: Gal|Gal|Brief des Paulus an die Galater}}|{{#if: Gal |Gal|Brief des Paulus an die Galater}}}} 3{{#if:26ff|,26ff}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}). Der vom Herrenmahl ausgehende Impuls bleibt auch nach dem Gottesdienst, beim alltäglichen Miteinander der Christen in der Gemeinde, bestimmend. Durch die Taufe tritt der Mensch in den Lebenszusammenhang mit Christus ein, der in der Zugehörigkeit zur Ortsgemeinde geschichtlich sichtbar wird: „Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen.“ ({{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 12{{#if:13|,13}} Kor%2012{{#if:13|,13}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2012{{#if:13|,13}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }})<ref>Jürgen Roloff: Die Kirche im Neuen Testament. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1996, S. 100–110, bes. S. 100f., 106, 109, 110, Zitat S. 101.</ref>

Die von Schülern des Paulus verfassten „deuteropaulinischen“ Briefe, der Kolosserbrief und der Epheserbrief, sehen die Leib-Christi-Metapher in einem kosmisch-mythologischen Verständnis. Jesus Christus ist das „Haupt“, die Ekklesia – jetzt verstanden als Gesamt-Kirche – ist der Leib, der vom Haupt her auferbaut und stabilisiert wird ({{#ifeq: Brief des Apostels Paulus an die Epheser | Kirche |{{#if: Eph|Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}|{{#if: Eph |Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}}} 4{{#if:15f|,15f}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}) und in dem der eschatologische Friede bereits erfahrbar ist ({{#ifeq: Brief des Paulus an die Kolosser | Kirche |{{#if: Kol|Kol|Brief des Paulus an die Kolosser}}|{{#if: Kol |Kol|Brief des Paulus an die Kolosser}}}} 1{{#if:18–20|,18–20}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}).<ref>Vorlage:LThK</ref>

Die Enzyklika Mystici corporis von Papst Pius XII. (1943) stand ganz im Zeichen der Leib-Christi-Metaphorik. Im organisch-pneumatologischen Bild von Kirche, deren Haupt Jesus Christus ist, finden sich noch Elemente eines hierarchischen Konzepts; die Abgrenzung zu Außenstehenden wird zugunsten einer geistgeführten Einheit der Glieder des Leibes betont. Innerhalb des Organismus gilt jedoch, dass die einzelnen Glieder mit ihren jeweiligen Funktionen für den ganzen Leib aufeinander angewiesen sind und besonders die schwächsten Glieder die Solidarität aller verdienen.<ref>Vorlage:LThK</ref>

Das Zweite Vatikanische Konzil erwähnte den Begriff des Leibes Christi verschiedentlich, widmete ihm in der Kirchenkonstitution Lumen gentium aber nur einen Artikel (Nr. 7). Bestimmender ist für das Konzil der – weniger exklusive – Begriff des „Volkes Gottes“, der die bis dahin vorherrschende Idee der Kirche als Leib Christi ablöste. Diese wurde von den Konzilsvätern als zu sehr überzeitlich und unveränderlich angesehen, nur schwer mit dem Gedanken einer Entwicklung in der Kirche und ihrer Lehre vereinbar; die Unterschiede zwischen den Ständen in der Kirche werden überbetont und verdecken die fundamentale Gleichheit aller Christen; zudem sah man die Schwierigkeit, „der Tatsache der Sünde in der Kirche gerecht zu werden“.<ref>Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 518f.</ref>

Volk Gottes

Der Begriff des „Volkes Gottes“ ist eine der zentralen Vorstellungen in der Ekklesiologie des Konzils, das sich dabei auf den Kirchenlehrer Augustinus bezog.

„Die Kirche ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung. Die Kirche "schreitet zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes auf ihrem Pilgerweg dahin"<ref>Augustinus: Civ. Dei, XVIII, 51, 2: PL 41, 614.</ref> und verkündet das Kreuz und den Tod des Herrn, bis er wiederkommt (vgl. {{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 11{{#if:26|,26}} Kor%2011{{#if:26|,26}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2011{{#if:26|,26}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}) […] Gott hat es aber gefallen, die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll.“{{#if: Lumen gentium Nr. 8-9. || }}

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In der Rezeption der dogmatischen Konzilskonstitution Lumen gentium dominierte in den Jahrzehnten nach dem Ende des Konzils die Beschreibung der Sozialform der Kirche als pilgerndes Volk Gottes im II. Kapitel der Konstitution, weil diese Vorstellung gegenüber einem fixiert hierarchischen Kirchendenken des 19. Jahrhunderts als „wohltuend ‚weit‘“ empfunden wurde. Aus diesem Paradigma wird die „wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“ abgeleitet, da „alle zur Heiligkeit berufen“ seien und „den gleichen Glauben in Gottes Gerechtigkeit erlangt“ hätten (vgl. {{#ifeq: 2. Brief des Petrus | Kirche |{{#if: 2 Petr|2 Petr|2. Brief des Petrus}}|{{#if: 2 Petr |2 Petr|2. Brief des Petrus}}}} 1{{#if:1|,1}} Petr%201{{#if:1|,1}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Petr%201{{#if:1|,1}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}).<ref>Lumen gentium 32.</ref> Das Konzil schließt in diese Bestimmung den Bund Gottes mit seinem erwählten Volk Israel ein, welches nicht aus dem Bund und der göttlichen Verheißung entlassen ist; es versteht die Kirche nicht als perfekte Gesellschaft, sondern als Volk, das seiner Vollendung durch Gottes eschatologisches Handeln bei der Wiederkunft Christi entgegengeht.<ref>Ralf Miggelbrink: Einführung in die Lehre von der Kirche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-16321-4, S. 35f.
Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 520.</ref>

Kirche als Gemeinschaft (Koinonia / Communio)

Die Wiedergewinnung des Gedankens von der Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden gilt als eine der entscheidenden Weichenstellungen des Konzils. Die Communio-Theologie betrachtet im Sinne des Paulus das Sein der Kirche als Gemeinschaft (Vorlage:GrcS koinonía, Vorlage:LaS) zwischen Gott und den Menschen, verwirklicht durch das Wort und das Sakrament als „Gemeinschaft am Evangelium und am Tisch des Herrn“, gestiftet im Heiligen Geist. Die Kirche ist eine „theozentrische“ Gemeinschaft: Aus der Gemeinschaft mit Gott im Heiligen Geist entsteht die Gemeinschaft der Glaubenden. Es ist eine Gemeinschaft zwischen dem Apostel und seiner Gemeinde, zwischen den örtlichen Gemeinden untereinander und zwischen den einzelnen Menschen und Menschengruppen. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde der Begriff bedeutsam als Gegenpol zu einer zu sehr hierarchisierenden, monolitschen Vorstellung von Kirche, die unterschied zwischen der „lehrenden Kirche der Kleriker und der hörenden Kirche der Laien“. Zwischen Amtsträgern und „Laien“ gibt es eine grundlegende Gleichheit, die resultiert aus der gemeinsamen „Würde der Glieder aus ihrer Wiedergeburt in Christus“ – der Taufe – und einer gemeinsamen „Berufung zur Vollkommenheit“: „Wenn auch einige nach Gottes Willen als Lehrer, Ausspender der Geheimnisse und Hirten für die anderen bestellt sind, so waltet doch unter allen eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi. Der Unterschied, den der Herr zwischen den geweihten Amtsträgern und dem übrigen Gottesvolk gesetzt hat, schließt eine Verbundenheit ein, da ja die Hirten und die anderen Gläubigen in enger Beziehung miteinander verbunden sind. Die Hirten der Kirche sollen nach dem Beispiel des Herrn einander und den übrigen Gläubigen dienen, diese aber sollen voll Eifer mit den Hirten und Lehrern eng zusammenarbeiten. So geben alle in der Verschiedenheit Zeugnis von der wunderbaren Einheit im Leibe Christ.“ (Lumen gentium Nr. 32.)

Weil der Begriff der Koinonia Einheit in Vielfalt und nicht „Einheitlichkeit“ bedeutet, hat der Begriff eine wichtige Funktion auch für das ökumenische Denken.<ref>Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 461.521.524 (Zitat).</ref> Wichtig ist darin vor allem das „Einheitsamt des Petrus“ – das Papstamt.

Datei:Way-of-salvation-church-militant-triumphant-andrea-di-bonaiuto-1365.jpg
Die streitende, leidende und triumphierende Kirche (Andrea di Bonaiuto, 14. Jahrhundert)

Das Konzil versteht die Kirche als sichtbare Versammlung und geistliche Gemeinschaft; die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst.<ref>Lumen gentium 8.</ref> Zum „mystischen Leib Christi“, der Gemeinschaft der Heiligen, gehören nach katholischem Verständnis die Glieder der irdischen Kirche, „die hier auf Erden pilgern“, aber auch die, „die nach Abschluss des Erdenlebens geläutert werden“, und die Verstorbenen, die „die himmlische Seligkeit genießen“; sie zusammen bilden die eine Kirche.<ref>Papst Paul VI.: Credo des Gottesvolkes (1968) Nr. 30.</ref> Das Konzil nimmt hier die im Kern auf Augustinus zurückgehende Bestimmung der Kirche als pilgernde ecclesia militans („streitende Kirche“) auf, die mit der ecclesia triumphans („triumphierende Kirche“) – den Heiligen in der Anschauung Gottes – und den „Armen Seelen“ im Fegefeuer, der ecclesia patiens („leidenden Kirche“) verbunden ist.

Eine der wichtigsten Wiederentdeckungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, so Siegfried Wiedenhofer<ref>Siegfried Wiedenhofer: Ekklesiologie. In: Theodor Schneider (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. Band 2, 4. Auflage. Patmos Verlag, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-491-69024-0, S. 47–154, hier S. 134.</ref>, ist die „Ortskirchlichkeit“.

„Die Kirche Christi ist wahrhaft in allen rechtmäßigen Ortsgemeinschaften der Gläubigen anwesend, die in der Verbundenheit mit ihren Hirten im Neuen Testament auch selbst Kirchen heißen. Sie sind nämlich je an ihrem Ort [...] das von Gott gerufene neue Volk. In ihnen werden durch die Verkündigung der Frohbotschaft Christi die Gläubigen versammelt, in ihnen wird das Mysterium des Herrenmahls begangen [...]. In jedweder Altargemeinschaft erscheint unter dem heiligen Dienstamt des Bischofs das Symbol jener Liebe und jener "Einheit des mystischen Leibes, ohne die es kein Heil geben kann"<ref>Thomas von Aquin: Summa theologica III., q. 73, a. 3</ref>. In diesen Gemeinden, auch wenn sie oft klein und arm sind oder in der Diaspora leben, ist Christus gegenwärtig, durch dessen Kraft die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche geeint wird.
In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche.“{{#if: Lumen gentium Nr. 26.23 || }}

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Gegenüber der bis dahin geläufigen Vorstellung von der „Weltkirche“ mit dem Papst als „Weltbischof“, wo die Diözesen die Funktion von Verwaltungseinheiten haben, gilt jetzt das Prinzip der „Ortskirche“. Damit ist die Diözese unter Leitung des Bischofs gemeint, die mit anderen Diözesen in Verbindung steht, so dass sich die Gesamtkirche als Netz von Querverbindungen realisiert. In den Ortskirchen geschieht jeweils die Inkulturation des Christentums, was zu Unterschieden zwischen den einzelnen Diözesen führen kann.<ref>Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 522f.</ref> Die örtlichen Pfarreien und auch Personalgemeinden sind dann pragmatische Untergliederungen der Diözese, in denen ein Pfarrer als Pastor proprius („der eigene Hirte“) der ihm anvertrauten Pfarrei<ref>Codex Iuris Canonici can. 519</ref> den Bischof vertritt, weil der Bischof „weder immer noch überall in eigener Person der gesamten Herde vorstehen kann“ (Sacrosanctum concilium Nr. 42).

In diesem Zusammenhang wurde das Bischofsamt aufgewertet. Der Ortsbischof vertritt in seinem Bistum nicht den Papst, sondern ihm kommt „eigene, ordentliche und unmittelbare Gewalt zu, auch wenn ihr Vollzug letztlich von der höchsten kirchlichen Autorität geregelt wird und im Hinblick auf den Nutzen der Kirche oder der Gläubigen mit bestimmten Grenzen umschrieben werden kann“ (Lumen gentium Nr. 26); sein Amt ist somit göttlichen Rechts und nicht vom Papstamt ableitbar, unterliegt allerdings dem Jurisdiktionsprimat des Papstes. Die Bischöfe bilden ein Kollegium: „Wie nach der Verfügung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges apostolisches Kollegium bilden, so sind in entsprechender Weise der Bischof von Rom, der Nachfolger Petri, und die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel, untereinander verbunden“, und zwar in besonderer Weise, wenn sie als Konzil zusammentreten. Der Papst ist das Haupt des Bischofskollegiums und „das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“<ref>Lumen gentium Nr. 23.</ref>. Das Bischofskollegium hat nur Autorität in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom; gemeinsam mit dem Papst sind die Bischöfe allerdings „gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche“.<ref>Lumen gentium Nr. 22.</ref> Das Konzil versteht die Aussagen zur Kollegialität der Bischöfe ausdrücklich als Fortführung und Ergänzung der Aussagen des Ersten Vatikanischen Konzils über den Primat des Papstes.<ref>Lumen gentium Nr. 18.</ref>

Kirche der Armen

Die Nachfolge Jesu und die Aufgabe der Kirche konkretisieren sich heute besonders prägnant in der Option für die Armen, einer Parteilichkeit, wie sie von der Befreiungstheologie als „Theologie der Armen“ befördert wird. Sie erhielt grundlegende Impulse auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil:

"So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten. Christus wurde vom Vater gesandt, ‚den Armen frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind‘ ({{#ifeq: Evangelium nach Lukas | Kirche |{{#if: Lk|Lk|Evangelium nach Lukas}}|{{#if: Lk |Lk|Evangelium nach Lukas}}}} 4{{#if:18|,18}} EU

| BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}), ‚zu suchen und zu retten, was verloren war‘ ({{#ifeq: Evangelium nach Lukas | Kirche |{{#if: Lk|Lk|Evangelium nach Lukas}}|{{#if: Lk |Lk|Evangelium nach Lukas}}}} 19{{#if:10|,10}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}). In ähnlicher Weise umgibt die Kirche alle mit ihrer Liebe, die von menschlicher Schwachheit angefochten sind, ja in den Armen und Leidenden erkennt sie das Bild dessen, der sie gegründet hat und selbst ein Armer und Leidender war. Sie müht sich, deren Not zu erleichtern, und sucht Christus in ihnen zu dienen." (Lumen gentium 8.)

Die Option für die Armen stellt einen bedeutsamen Perspektivenwechsel dar: „Die Armen können nicht mehr als ‚Objekte‘ einer paternalistisch sich zu ihnen herablassenden Kirche behandelt werden. In einer Kirche mit den Armen, die sich in die Welt der Armen hineinbegibt und deren Bedingungen freundschaftlich-solidarisch teilt, werden die Armen selbst zu tragenden Subjekten der Kirche und ihres gemeinsamen Glaubens“; die Armen sind nicht nur „die bevorzugten Adressaten des Evangeliums, sondern auch seine Träger und Künder“ (vgl. Mt 11 25).<ref>Medard Kehl: Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie. 3. Auflage, Echter Verlag, Würzburg 1994, ISBN 3-429-01454-9, S. 244f.</ref>

Ekklesiologische Metaphern

Das Konzil beschrieb die Kirche als „das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Christi“ (LG 3); es zielte die Wesensbestimmung dieses Mysteriums nicht durch einen einzigen Begriff, sondern „durch eine Vielzahl sich gegenseitig korrigierender und ergänzender Bilder und Begriffe“ an.<ref>Siegfried Wiedenhofer: Ekklesiologie. In: Theodor Schneider (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. Band 2, 4. Auflage. Patmos Verlag, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-491-69024-0, S. 47–154, hier S. 90.</ref> Neben den bereits genannten sind dies:

Haus und Tempel Gottes

Die Pastoralbriefe wählen als Leitmetapher für die Gemeinde als Institution den οἶκος oíkos „Haus, Wohnsitz“. Das Hauswesen spielte in der städtischen Kultur des östlichen Mittelmeerraumes, wo sich das Christentum ausbreitete, eine zentrale Rolle; das „ganze Haus“ war Wohnsitz der Familie, aber auch Produktionsstätte, Geschäftsraum und Begegnungsstätte von Verwandten, Geschäftspartnern und Arbeitskräften unter Leitung des pater familias. Das Modell des spätantiken Familienbetriebs wird auf die Ortsgemeinden des sich entwickelnden, sesshaft gewordenen Urchristentums übertragen und gibt ihnen Verlässlichkeit und Stabilität, nachdem die Christen auf der Synode von Jabne aus der Synagoge ausgeschlossen worden waren.<ref>Ralf Miggelbrink: Einführung in die Lehre von der Kirche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-16321-4, S. 14f.</ref>

Das Konzil formulierte:

Dieser Bau trägt verschiedene Benennungen: Haus Gottes (1 Tim 3,15), in dem nämlich die Familie Gottes wohnt, Wohnstatt Gottes im Geiste ({{#ifeq: Brief des Apostels Paulus an die Epheser | Kirche |{{#if: Eph|Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}|{{#if: Eph |Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}}} 2{{#if:19-22|,19-22}} EU

| BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}), Zelt Gottes unter den Menschen ({{#ifeq: Johannes-Apokalypse | Kirche |{{#if: Offb|Offb|Johannes-Apokalypse}}|{{#if: Offb |Offb|Johannes-Apokalypse}}}} 21{{#if:3|,3}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}), vor allem aber heiliger Tempel, den die heiligen Väter in den steinernen Heiligtümern dargestellt sehen und preisen und der in der Liturgie mit Recht verglichen wird mit der heiligen Stadt, dem neuen Jerusalem. In diesen Bau werden wir schon auf Erden als lebendige Steine eingefügt (1 Petr 2,5). (Lumen gentium 6.) Mehrfach wird in Lumen gentium die Kirche in Anlehnung an {{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor |1 Kor |1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor |1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 3{{#if:16|,16}} Kor %203{{#if:16|,16}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor %203{{#if:16|,16}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }} auch „Tempel des Heiligen Geistes“ genannt; nur wo der Geist Gottes wirkt, ist Kirche als wesentlich „pneumatischer Bau“ erst voll gegeben.<ref>Siegfried Wiedenhofer: Ekklesiologie. In: Theodor Schneider (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. Band 2, 4. Auflage. Patmos Verlag, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-491-69024-0, S. 47–154, hier S. 96.</ref>

Braut Christi

Das Motiv von der Kirche als Braut Christi, „die makellose Braut des makellosen Lammes (Offb 19,7; Offb 21,2.9; Offb 22,17)“ (Lumen gentium 6) greift das alttestamentliche Motiv der Ehe zwischen JHWH und seinem Volk auf. Es drückt die gegenseitige Liebe und personale Gegenübersein zwischen Jesus Christus und der Kirche aus, die auch die Verpflichtung zu Glauben und Lieben einschließt. Gleichzeitig ist aber auch die Nichtidentität von Christus und der Kirche ausgesagt, so dass die Kirche als „untreue Braut“ auch zur Kirche der Sünder werden kann.<ref>Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 476.
Medard Kehl: Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie. 3. Auflage, Echter Verlag, Würzburg 1994, ISBN 3-429-01454-9, S. 89.</ref>

Die Kirche als Mutter – Maria als „Mutter der Kirche“

Mutter Kirche (Psalter aus Monte Cassino, ca. 1087; links Clerus, rechts Populus „Volk“)

Das Konzil nimmt in Lumen gentium 6 die biblische Kennzeichnung der Kirche als „unsere Mutter“ (Gal 4,26; vgl. Offb 12,17) auf; ihre Mütterlichkeit zeigt sich darin, dass sie die Menschen durch Wort und Sakrament führt wie eine Mutter ihre Kinder.<ref>Peter Neuner: Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche. In: Wolfgang Beinert (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 2. Paderborn u. a. 1995, S. 399–578, hier S. 476f.</ref> In Lumen gentium 53 wird die Gottesmutter Maria als „geliebte Mutter“ der Kirche bezeichnet, ein Marientitel, der bereits auf den Kirchenvater Ambrosius von Mailand zurückgeht.<ref>Hugo Rahner: Mater Ecclesia – Lobpreis der Kirche aus dem ersten Jahrtausend. Einsiedeln, Köln 1944.</ref>

Die dreigliedrige Kirche - die Gemeinschaft der Heiligen

deutsch lateinisch göttliche Tugend Wer Wo
Die triumphierende Kirche ecclesia triumphans liebende Engel und Heilige in der Anschauung Gottes oder der Heimat des Himmels
Die leidende Kirche ecclesia patiens hoffende Arme Seelen im Läuterungsort oder
dem Fegfeuer
Die kämpfende oder streitende Kirche ecclesia militans glaubende Pilger in der Fremde (2 Kor 5, 6+9),
der Erde oder der Welt
  • Die streitende oder ringende Kirche (ecclesia militans): Das ist das pilgernde Volk Gottes auf der Erde, das noch um die Heiligkeit kämpft.

Die Kirche im Himmel, die Kirche auf Erden, die Kirche im Fegfeuer wirken in geheimnisvoller Einheit mit Christus zusammen, um die Welt mit Gott zu versöhnen. Die kämpfende und die leidende Kirche werden am Jüngsten Tag mit der triumphierenden vereinigt werden. Dann wird die Gemeinschaft der Heiligen vollendet sein.<ref>vgl. Nachsynodales Schreiben Reconciliatio et paenitentia Nr. 12; Österreichische Bischofskonferenz: Katechismus der katholischen Religion#32. LEHRSTÜCK: WIR GEHÖREN ZUR GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN.</ref>

Auftrag der Kirche auf Erden

"Das Wesen der Kirche drückt sich in einem dreifachen Auftrag aus: Verkündigung von Gottes Wort (kerygma-martyria),Feier der Sakramente (leiturgia), Dienst der Liebe (diakonia).

"Die Kirche ist Gottes Familie in der Welt." (Papst Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est, Nr. 25)
So reich auch die gesamte christliche Tradition an Zeugnissen des kirchlichen Lebens ist, so hat eine besondere Besinnung auf ihren Auftrag jedoch im 19. und 20. Jahrhundert eingesetzt, die in den beiden Vatikanischen Konzilien ihren Ausdruck fand. Alles in allem findet sie das Wort neu bestätigt: "Niemand kann Gott zum Vater haben, der nicht die Kirche zur Mutter hat" (Augustinus).

Das Ziel der irdischen Kirche

Unser Weg zur heiligen Stadt wäre nicht möglich, wenn wir ihn nicht in der Kirche gingen, die Keim und Vorausbild des Himmlischen Jerusalem ist. „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut“ (Ps 127,1). Wer ist dieser Herr, wenn nicht unser Herr Jesus Christus? Er ist es, der seine Kirche gegründet hat, der sie auf den Felsen gebaut hat, auf den Glauben des Apostels Petrus (Papst Benedikt XVI. bei der Vesper mit Klerus und Ordensleute in Paris am 12. September 2008)[2].

Die Seele der Kirche: der Heilige Geist

Die Seele der Kirche (anima ecclesiae) ist der Heilige Geist (vgl. {{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 12{{#if:13|,13}} Kor%2012{{#if:13|,13}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2012{{#if:13|,13}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}) als der Vollender des Werkes Christi. Er ist die Lebenskraft, welche die Glieder des Geheimnisvollen Leibes Christi mit dem Haupte und untereinander verbindet.<ref>1960 Österreichische Bischofskonferenz: Katechismus der katholischen Religion#26. LEHRSTÜCK: DIE KIRCHE IST DIE GEMEINSCHAFT ALLER GETAUFTEN.</ref> Wie die Seele das belebende Prinzip des Organismus, so ist der Heilige Geist die Seele der von Christus gegründeten Kirche, die der mystische Leib Christi und in dieser Eigenschaft ein übernatürlicher Organismus ist. Als solche wirkt er in ihr und durch ihre Organe die ihr von Christus zugewiesenen Lebensbetätigungen ihrem dreifachen Amte entsprechend in dreifacher Hinsicht.

| BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2012{{#if:6|,6}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}; {{#ifeq: Brief des Apostels Paulus an die Epheser | Kirche |{{#if: Eph|Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}|{{#if: Eph |Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}}} 4{{#if:1 ff|,1 ff}} ff|,1 ff}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">ff|,1 ff}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}), belebt er die Hierarchie, damit ihr Walten dem Aufbau des Leibes Christi diene.<ref> Joseph Braun: Handlexikon der katholischen Dogmatik, Herder & Co. G.m.b.H. Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1926, S. 259-260 (356 Seiten; Imprimatur Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.).</ref>

Das Gnadenwirken des Heiligen Geistes in der Kirche betätigt sich aber auch in den Seelen ausserhalb der Kirche - wie sollten sie sonst den Weg zur Kirche finden? -, um sie zur Kirche zu führen und sie irgendwie mit der Kirche in Verbindung zn bringen. So erklärt sich der Ausdruck "zur Seele der Kirche gehören" bezüglich solcher, die äußerlich nicht zum sichtbaren Leibe derselben gehören. Im weiteren Sinne gehören auf diese Weise zur Seele der Kirche alle, die irgendwie unter dem Einfluss des Heiligen Geistes stehen, d. h. alle Erdenpilger (viatores) hienieden; im engeren Sinne diejenigen, die im Stande der Gnade, des kostbarsteu Geschenkes des Heiligen Geistes, sind.<ref> Joseph Braun: Handlexikon der katholischen Dogmatik, Herder & Co. G.m.b.H. Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1926, S. 259-260 (356 Seiten; Imprimatur Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.).</ref>

Etymologie

Das deutsche Wort Kirche entstand aus griech. kyriaké (oikía) - Haus des Herrn und ist eines der wenigen frühen griechischen Lehnwörter der deutschen Kirchensprache, die von den Goten in den germanischen Wortschatz vermittelt wurden. Kirche kann bedeuten: 1. ein Gotteshaus, 2. das Gottesreich, von dem dieser Artikel handelt.

Der Begriffsinhalt ist jedoch bestimmt durch griech. ekklesía (lat. Lehnwort ecclésia, davon die roman. Wörter chiesa, église etc.). Ekklesia bedeutet im klassischen Griechisch Bürgerversammlung, wörtlich: Herausrufung (der Mündigen zum Versammlungsplatz). In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (Septuaginta) wird ekklesia zum Übersetzungswort für hebr. qahál. Dieses Wort bedeutet (versammelte) Gemeinde (des Gottesvolks).

Mit diesem Bedeutungsgehalt gelangt das Wort ins Neue Testament und bezeichnet nun die Gesamtheit der Christgläubigen als das neue, aus Juden und Heiden (Juden- und Heiden-Christen) von Gott erwählte, um den gekreuzigten und auferstandenen Herrn zum Gedächtnis Seines Erlösungsopfers (hl. Messe) versammelte, seine Wiederkunft in Herrlichkeit erwartenden Glieder am Mystischen Leibe Christi.

Wissenschaftlich-theologisch wird die Lehre über die hl. Kirche in der Ekklesiologie behandelt.

Neues Testament

Das Neue Testament benutzt zahlreiche Bilder, um die Natur der Kirche zu kennzeichnen:

| BHS =bibelwissenschaft.de">Tim%203{{#if:15|,15}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}, {{#ifeq: Brief des Apostels Paulus an die Epheser | Kirche |{{#if: Eph|Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}|{{#if: Eph |Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}}} 2{{#if:19-22|,19-22}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }},{{#ifeq: 1. Brief des Petrus | Kirche |{{#if: 1 Petr|1 Petr|1. Brief des Petrus}}|{{#if: 1 Petr |1 Petr|1. Brief des Petrus}}}} 2{{#if:5|,5}} Petr%202{{#if:5|,5}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Petr%202{{#if:5|,5}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }})

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  • seine Herde ({{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Kirche |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 10{{#if:11-15|,11-15}} EU

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  • sein Weinberg ({{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Kirche |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 21{{#if:33-43|,33-43}} EU

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| BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%203{{#if:9|,9}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}, {{#ifeq: Vorlage:Röm (Bibel) | Kirche |{{#if: Röm|Röm|Vorlage:Röm (Bibel)}}|{{#if: Röm |[[Vorlage:Röm (Bibel)|Röm]]|[[Vorlage:Röm (Bibel)]]}}}} 11{{#if:13-26|,13-26}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }})

  • seine Stadt ({{#ifeq: Johannes-Apokalypse | Kirche |{{#if: Offb|Offb|Johannes-Apokalypse}}|{{#if: Offb |Offb|Johannes-Apokalypse}}}} 21{{#if:1-2|,1-2}} EU

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| BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}, {{#ifeq: 1. Brief des Paulus an die Korinther | Kirche |{{#if: 1 Kor|1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}|{{#if: 1 Kor |1 Kor|1. Brief des Paulus an die Korinther}}}} 12{{#if:12–27|,12–27}} Kor%2012{{#if:12–27|,12–27}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Kor%2012{{#if:12–27|,12–27}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }}).<ref>Papst Pauls VI.: Ansprache Sálvete, fratres in Christo dilectissimi am 23. September 1963</ref>

Die heilige Kirche hat folgende Attribute:

Die wahre Kirche Christi erkennt man an vier Kennzeichen: Sie muss einig und heilig, allgemein und apostolisch sein. Diese vier Eigenschaften lassen sich nicht voneinander trennen. Sie bezeichnen die Wesenszüge und die Sendung der Kirche.

  • Einig: Die Kirche ist eine von ihrem Gründer her. Die Kirche muss überall die gleiche Lehre, die gleichen Mittel zur Heiligung und das gleiche Oberhaupt haben. Die Kirche ist eine von ihrer Seele her. „Der Heilige Geist, der in den Gläubigen wohnt und die ganze Kirche erfüllt und leitet, schafft diese wunderbare Gemeinschaft der Gläubigen und verbindet sie in Christus so innig, dass er das Prinzip der Einheit der Kirche ist“ (UR 2). Nur durch die Katholische Kirche kann man die ganze Fülle der Heilsmittel erlangen.
  • Heilig: Die Kirche muss eine heilige Lehre und die Mittel haben, die Menschen heilig zu machen. «Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung» (1 Thess 5, 21). Die Kirche ist heilig, weil der heilige Gott ihr Urheber ist. Christus hat sich für sie hingegeben, um sie zu heiligen und heiligend zu machen. Sie ist unzerstörbar.
  • Allgemein oder katholisch (allumfassend): Sie muss für alle Menschen aller Orte und aller Zeiten da sein. Der biblische Missionsauftrag lautet: «Geht hinaus in alle Welt und lehret alle Völker» (Mk 16, 15).
Die Katholische Kirche besitzt und spendet die Fülle der Heilsmittel. Sie ist zu allen Völkern aller Zeiten gesandt, welcher Kultur sie auch angehören. Die Getauften, die diese katholische Einheit nicht voll verwirklichen, stehen in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche. „Außerhalb der Kirche kein Heil“<ref> S. Cyprian, Epistul. IV, 4, PL 4, 370. nemine salus esse nisi in ecclesia possit. - Epist. LXXIlI, 21. PL 3, 1123. Salus extra ecclesiam non est. - Origenes. Homil. 3. n. 5 PG. 12, 841 ... extra ecclesiam, nemo salvatur. Vgl. Dieckmann, De Ecclesia II. p. 252s.</ref> bedeutet, dass alles Heil von Christus, dem Haupt, durch die Kirche, seinen Leib, kommt. Darum können jene Menschen nicht gerettet werden, die wissen, dass die Kirche von Christus gegründet wurde und zum Heil notwendig ist, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollen. Zugleich können durch Christus und seine Kirche diejenigen das ewige Heil erlangen, die ohne eigene Schuld das Evangelium Christi und seine Kirche nicht kennen, Gott jedoch aufrichtigen Herzens suchen und sich unter dem Einfluss der Gnade bemühen, seinen durch den Anruf des Gewissens erkannten Willen zu erfüllen.

Die Kirche nimmt in gewisser Weise die Rolle der GPS-Navigation für den Menschen ein, das heißt: wo auch immer sich der Mensch befindet, wohin er sich auch immer verirren mag, fällt, genügt es, dass er sich an die Kirche anschließt, und die Kirche zeigt ihm den Weg zum Ziel, von welchem Ort auch immer in der Welt und aus welcher auch immer geistigen Situation, in der er sich befindet.<ref>Das komplette Interview mit Erzbischof Stanislaw Gadecki zur Familiensynode, CNA am 5. Oktober 2015</ref>

Präfation am Jahrestag einer Kirche

Die Kirche als Braut Christi und Tempel des Heiligen Geistes (II. Präfation der Kirchweihe)
In Wahrheit ist es würdig und recht, Dir, Vater im Himmel, zu danken und Deine Größe zu rühmen. In jedem Haus des Gebetes wohnst Du als Spender der Gnade, als Geber alles Guten: Denn Du erbaust uns zum Tempel des Heiligen Geistes, dessen Glanz im Leben der Gläubigen aufstrahlt. Im sichtbaren Bau erkennen wir das Bild Deiner Kirche. die Du zur Braut Deines Sohnes erwählt hast. Du heiligst sie Tag für Tag, bis du sie, unsere Mutter, in die Herrlichkeit aufnimmst mit der unzählbaren Schar ihrer Kinder. Darum preisen wir Dich in Deiner Kirche und vereinen uns mit allen Engeln und Heiligen zum Hochgesang von Deiner göttlichen Herrlichkeit: Heilig, Heilig, Heilig ...

Siehe auch: Kirchen oder Kirchliche Gemeinschaften?, Leib Christi, Bräutigam und Braut.

Literatur

Lehramtliche Schreiben zur Kirche

Leo XIII.

Pius XI.

Pius XII.

Johannes XXIII.

Zweites Vatikanisches Konzil

Paul VI.

Johannes Paul II.

Benedikt XVI.

Weblinks

Anmerkungen

<references />