Kreuzweg am Kolosseum 2022

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Das Blut aus der Seite Christi wird von Engeln in einem Kelch aufgefangen (Ikone "Kreuzigung" von Theophanes dem Kreter, 16. Jahrhundert)

Der Kreuzweg am Kolosseum unter Vorsitz des Papstes Franziskus, wurde am Karfreitag dem 15. April 2022 meditiert bzw. gebetet. Angesichts des Krieges in der Ukraine wird ein besonderes Zeichen gesetzt: Eine ukrainische und eine russische Familie haben einen gemeinsamen Text für die vorletzte Station des Kreuzweges verfasst. Der Kreuzweg fand die letzten zwei Male wegen der Corona-Pandemie auf dem Peterspaltz, nun wieder im Kolosseum statt.

Betrachtungen und Gebete wurden vorbereitet von:

  • I einem jungen Ehepaar
  • II einer Familie in Mission
  • III einem älteren Ehepaar ohne Kinder
  • IV einer Großfamilie
  • V einer Familie mit einem behinderten Kind
  • VI einer Familie, die eine Wohngruppe leitet
  • VII eine Familie mit einem kranken Elternteil
  • VIII Großeltern
  • IX einer Familie mit adoptierten Kindern
  • X einer Witwe mit Kindern
  • XI einer Familie mit einem gottgeweihten Sohn
  • XII einer Familie, die eine Tochter verloren hat
  • XIII einer ukrainischen und einer russischen Familie
  • XIV einer Migrantenfamilie

Eröffnungsgebet

Lektor:

Herr Jesus,
an diesem durch deine Passion geweihten Tag
erheben wir unsere Stimmen zu dir
im Vertrauen darauf, dass sie gehört werden.

Wir loben dich,
denn du bist für uns die Quelle des Lebens,
du nimmst unsere Leiden auf dich,
durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.

Wir glauben,
dass wir durch deine Wunden geheilt worden sind,
dass du uns in der Stunde der Prüfung nicht allein lässt,
dass dein Evangelium die wahre Weisheit ist.

Wir erkennen
deinen gepeinigten Körper in so vielen unserer Brüder und Schwestern,
die von dir erlittene Gewalt in denen, die verfolgt werden,
deine Verlassenheit in den Qualen derer, die getötet werden.

Du, der du in einer Familie leben wolltest,
blicke mit Wohlwollen auf unsere Familien:
Erhöre die Gebete,
höre die Klagen,
segne die Vorsätze,
begleite die Wege,
stütze in Ungewissheit,
tröste verwundete Gefühle,
gib Mut zur Liebe,
gewähre die Gnade der Vergebung,
mache sie offen für die Bedürfnisse des Nächsten.

Herr Jesus,
du, der du der Gekreuzigte und Auferstandene bist,
gib, dass wir uns nicht die Hoffnung
auf eine neue Menschheit,
auf einen neuen Himmel und eine neue Erde rauben lassen,
wo du alle Tränen trocknen wirst
und es kein Klagen und Seufzen mehr geben wird,
denn das Alte ist vergangen
und wir werden eine große Familie sein
in deinem Haus der Liebe und des Friedens.
R/. Amen.

ERSTE STATION: Jesus im Todeskampf im Ölgarten

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (14,32-36)

Sie kamen zu einem Grundstück, das Getsemani heißt, und er sagte zu seinen Jüngern: »Setzt euch hier, während ich bete!«. Und er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich. Da ergriff ihn Furcht und Angst und er sagte zu ihnen: »Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht!« Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe. Er sprach: »Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst«.

JUNGES EHEPAAR

Wir sind hier, gerade einmal zwei Jahre verheiratet. Unsere Ehe wurde noch nicht durch allzu viele Stürme auf die Probe gestellt. Die Pandemie hat die Dinge ein wenig kompliziert gemacht, aber wir sind glücklich. Wir scheinen immer noch in den Flitterwochen zu sein, trotz der täglichen Streitereien. Trotz unserer Differenzen. Dennoch haben wir oft Angst: Wenn wir an die Paare von älteren Freunden denken, die es nicht geschafft haben. Wenn wir in den Zeitungen über die zunehmende Zahl von Trennungen lesen. Wenn man uns sagt, dass wir uns sicher trennen werden, weil das der Lauf der Welt ist. Das ist eine Frage der Statistik. Wenn wir uns einsam fühlen, weil wir den anderen nicht verstehen. Wenn wir nur mit Mühe über die Runden kommen. Wenn wir uns als Fremde unter demselben Dach wiederfinden. Wenn wir nachts aufwachen und in unserem Herzen das Gewicht und die Qualen unseres „Waisendaseins“ spüren. Denn wir vergessen, dass wir Kinder sind. Weil wir glauben, dass unsere Ehe und unsere Familie nur von uns, von unserer eigenen Kraft abhängen. Wir erkennen, dass die Ehe nicht nur ein romantisches Abenteuer ist, sondern auch Gethsemane, die Todesangst, bevor man seinen Körper für einen anderen hingibt.

Herr Jesus, der du Angst und Qualen erlittest.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du in der Stunde der Prüfung gebetet hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du uns rufst, mit dir zu wachen und zu beten.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du es unter friedlichen Olivenbäumen
betend angenommen hast,
für uns zu leiden bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz,
erhöre unsere Bitten für die jungen Ehepaare:
hilf ihnen, Schwierigkeiten gemeinsam mit dir zu bewältigen
und gib, dass wir alle bei dir bleiben in der Stunde der Prüfung.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit. R/. Amen.

ZWEITE STATION: Jesus wird von Judas verraten und von seinen Jüngern verlassen

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus den Evangelien nach Lukas (Lk 22,47-50) und Matthäus (26,52.56)

Noch während er redete, siehe, da kam eine Schar Männer; und der Judas hieß, einer der Zwölf, ging ihnen voran. Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sagte zu ihm: Judas, mit einem Kuss lieferst du den Menschensohn aus? Als seine Begleiter merkten, was bevorstand, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohepriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Da sagte Jesus zu ihm: »Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen«. Da verließen ihn alle Jünger und flohen.

FAMILIE IN MISSION

Wir sind vor fast zehn Jahren in die Mission gegangen, Herr, weil wir uns nicht mit unserem Glück zufriedengeben wollten. Wir wollten unser Leben dafür geben, dass andere die gleiche Freude erleben können. Wir wollten die Liebe Christi auch denjenigen zeigen, die ihn nicht kennen. Egal wo. Das Leben in der Gemeinschaft und die täglichen Aktivitäten helfen uns, unsere Kinder mit einem offenen Blick auf das Leben und die Welt zu erziehen. Aber es ist nicht einfach: Wir verbergen nicht die Ängste und die Furcht, ein prekäres Familienleben fern von unserem Heimatland zu führen. Hinzu kommt der Terror des Krieges, der in den letzten Monaten so dramatisch aktuell ist. Es ist nicht leicht, allein aus dem Glauben und der Nächstenliebe zu leben, denn oft gelingt es uns nicht, uns ganz der Vorsehung anzuvertrauen. Und manchmal, angesichts des Schmerzes und des Leidens einer Mutter, die bei der Geburt stirbt, und noch dazu unter den Bomben, oder einer Familie, die durch Krieg oder Hunger und Missbrauch zerstört wurde, kommt die Versuchung hoch, mit dem Schwert zu antworten, zu fliehen, dich zu verlassen, alles zu verlassen und zu denken, dass es sich nicht lohnt... Aber das wäre ein Verrat an unseren ärmsten Brüdern und Schwestern, die dein Fleisch in der Welt sind und die uns daran erinnern, dass du der Lebendige bist.

Herr Jesus, du bist mit einem Kuss verraten worden.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du von den Jüngern verlassen wurdest.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du Einsamkeit und Demütigung erlebt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du mit Liebe
den verräterischen Kuss des Judas empfangen hast,
erhört unser Flehen:
gib den Familien in Mission
den Mut, dein Evangelium zu bezeugen,
und gib uns allen den Mut, dem Bösen mit dem Guten zu begegnen,
um Erbauer des Friedens und der Versöhnung zu sein.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

DRITTE STATION: Jesus wird vom Hohen Rat verurteilt

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (14,55.61-62.64)

Die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat bemühten sich um Zeugenaussagen gegen Jesus, um ihn zum Tod verurteilen zu können; sie fanden aber nichts. Da wandte sich der Hohepriester nochmals an ihn und fragte: »Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?« Jesus sagte: »Ich bin es«. Und sie fällten einstimmig das Urteil: Er ist des Todes schuldig.

ÄLTERES EHEPAAR OHNE KINDER

Wir waren einige Monate lang verlobt, dann trennte uns das Leben für lange Zeit und machte uns die herzzerreißende Wärme des Herzens in der Ferne bewusst. Und als wir uns wiederfanden, heirateten wir sofort, mit der Eile derer, die schon so viel gewartet und befürchtet hatten. Wir haben unser ursprüngliches Zuhause verlassen, um unser eigenes zu schaffen. Wir traten unsere Reise als Frischvermählte an, voller Pläne und Illusionen der Jugend. Dann das Leben auf, dass wir zerbrechlich sind, und nahm uns gleichzeitig unsere Erwartungen und ließ uns einen oftmals steilen Weg gehen, an dessen Ende wir uns mit der Unmöglichkeit konfrontiert sahen, Eltern zu werden. Es ist oft schmerzhaft, so viele Urteile über unsere Unfruchtbarkeit zu hören. „Wie kommt es, dass ihr keine Kinder habt?“, wurden wir schon tausendmal gefragt, als ob unsere Ehe und unsere Liebe nicht ausreichen würden, um eine Familie zu sein. Wie viele unverständige Blicke haben wir schon verdaut. Aber wir gehen jeden Tag weiter, halten uns an den Händen und kümmern uns gemeinsam um eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern und Freunden, die zwischen Einsamkeit und Zärtlichkeiten zu einem Zuhause und einer Familie geworden ist.

Herr Jesus, der du zu Unrecht verurteilt wurdest.
R/. Dona nobis pacem.

Du hast Unterstellungen und Anschuldigungen ertragen.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du als Unschuldiger verfolgt worden bist.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser ...

Herr Jesus,
der zu Unrecht verurteilt wurdest,
erhört unser Gebet:
den kinderlosen Ehegatten gewähre
Hand in Hand zu gehen,
das Sakrament der ehelichen Liebe in vollem Umfang zu leben,
und uns allen, dass wir den Widrigkeiten mit ruhiger Entschlossenheit begegnen.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

VIERTE STATION: Jesus wird von Petrus verleugnet

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (14,66-68.72)

Als Petrus unten im Hof war, kam eine von den Mägden des Hohepriesters. Sie sah, wie Petrus sich wärmte, blickte ihn an und sagte: »Auch du warst mit diesem Jesus aus Nazaret zusammen«. Doch er leugnete und sagte: »Ich weiß nicht und verstehe nicht, wovon du redest«. Gleich darauf krähte der Hahn zum zweiten Mal und Petrus erinnerte sich an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: »Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen«. Und er begann zu weinen.

GROSSFAMILIE

Als wir heirateten, dachten wir, wir könnten keine Kinder bekommen. Dann, in unseren Flitterwochen, kam unser erstes Kind und veränderte unser Leben. Wir hatten langsamere Pläne, uns in unserer Arbeit zu verwirklichen, zu reisen, zu versuchen, wenigstens für eine Weile als ewige Verlobte zu leben... Und dann, während wir noch ungläubig über die Schönheit dieses Geschenks waren, kam unser zweites Kind: ein Mädchen. Und so sind, wenn wir heute zurückblicken, auch die anderen gekommen, fast ohne dass wir es bemerkt haben. Und unsere Träume? Geformt durch die Ereignisse. Unsere professionelle Erfüllung? Verändert durch die Ereignisse des Lebens, das sich Raum schafft. Und dann die Angst, eines Tages alles zu verleugnen, wie Petrus; die Angst und die Versuchung des Bedauerns, wenn wir mit der x-ten unerwarteten Ausgabe konfrontiert werden; die Sorge um Konflikte mit unseren Kindern im Teenageralter. Die alten Träume haben unserer Familie den Platz überlassen. Das ist natürlich nicht einfach, aber so es ist unendlich viel schöner. Und trotz der Sorgen und der Zähigkeit unserer Tage, die nie genug zu sein scheinen, würden wir es nie anders machen wollen.

Herr Jesus, der du die Tränen des Petrus trocknetest.
R/. Dona nobis pacem.

Du vergibst denen, die bekennen, gesündigt zu haben.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der unsere Unsicherheiten versteht.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du deine Arme für diejenigen ausbreitest, die um Vergebung bitten,
erhöre unser Flehen:
gewähre den kinderreichen Familien
jede Schwierigkeit mit Freude zu überwinden
und an uns allen, nach einem Sturz immer wieder aufzustehen.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

FÜNFTE STATION: Jesus wird von Pilatus verurteilt

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (15,12-15)

Pilatus wandte sich von Neuem an sie und fragte: »Was soll ich dann mit dem tun, den ihr den König der Juden nennt?« Da schrien sie: »Kreuzige ihn!« Pilatus entgegnete: »Was hat er denn für ein Verbrechen begangen?« Sie aber schrien noch lauter: »Kreuzige ihn!« Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen, Barabbas frei. Jesus lieferte er, nachdem er ihn hatte geißeln lassen, zur Kreuzigung aus.

FAMILIE MIT EINEM BEHINDERTEN KIND

Über unseren Sohn war schon ein Urteil gesprochen, bevor er auf die Welt kam. Wir hatten Ärzte getroffen, die sich um sein Leben bemühten, bevor er geboren wurde, und Ärzte, die uns klarmachten, dass es besser sei, ihn nicht zu gebären. Und als wir uns für das Leben entschieden, wurden auch wir verurteilt: „Er wird euch und der Gesellschaft zur Last fallen“, sagte man uns. „Kreuzige ihn“. Und doch hatte er nichts Böses getan. Wie oft ist das Urteil der Welt voreilig und oberflächlich und schmerzt uns schon bei einem flüchtigen Blick. Wir tragen die Schande einer Vielfalt mit uns, die mehr bemitleidet als mitgelebt wird. Behinderung ist weder eine Auszeichnung noch ein Etikett, sondern vielmehr das Gewand einer Seele, die es oft vorzieht, angesichts ungerechter Urteile zu schweigen, nicht aus Scham, sondern aus Barmherzigkeit gegenüber denen, die urteilen. Wir sind nicht immun gegen das Kreuz des Zweifels oder die Versuchung, uns zu fragen, wie es wohl gewesen wäre, wenn die Dinge anders gelaufen wären. Aber in Wirklichkeit ist eine Behinderung ein Zustand, keine Eigenschaft, und die Seele kennt Gott sei Dank keine Barrieren.

Herr Jesus, der du mit Liebe auf deine Feinde geschaut hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du nicht die gefürchtet hast, die den Leib töten, aber nicht das Leben.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du mit barmherziger Liebe richtest.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du nach weltlicher Logik beurteilt wurdest,
erhöre unsere Bitten
für Familien mit leidenden Kindern:
gewähre ihnen Erleichterung in ihrer Mühsal
und uns allen, das Leben immer und überall zu wählen, zu schätzen und zu lieben.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

SECHSTE STATION: Jesus wird gegeißelt und mit Dornen gekrönt

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (15,15.17-19)

Jesus lieferte er, nachdem er ihn hatte geißeln lassen, zur Kreuzigung aus. [Die Soldaten] legten […] ihm einen Purpurmantel um und flochten einen Dornenkranz; den setzten sie ihm auf und grüßten ihn: »Sei gegrüßt, König der Juden!« Sie schlugen ihm mit einem Stock auf den Kopf und spuckten ihn an, beugten die Knie und huldigten ihm.

FAMILIE, DIE EINE WOHNGRUPPE LEITET

Unser Haus ist groß, nicht nur im Sinne des Raumes, sondern vor allem in Bezug auf den menschlichen Reichtum, der darin lebt. Seit Beginn unserer Ehe waren wir nie nur zu zweit. Unsere Berufung zur Leidensbegleitung war und ist nach 42 Jahren Ehe und drei leiblichen Kindern, neun Enkelkindern und fünf Adoptivkindern, die sich nicht selbst versorgen können und schwere psychische Probleme haben, alles andere als traurig. Einen solchen Segen des Lebens haben wir nicht verdient. In denjenigen, die glauben, dass es nicht menschlich ist, Leidende allein zu lassen, bewegt der Heilige Geist den Willen zum Handeln und nicht gleichgültig zu bleiben oder distanziert. Das Leiden hat uns verändert. Das Leiden bringt uns zum Wesentlichen zurück, ordnet die Prioritäten des Lebens und stellt die Schlichtheit der Menschenwürde als solche wieder her. Auf dem schmerzhaften Lebensweg so vieler Gegeißelter und Gekreuzigter, neben ihnen, unter der Last ihres Kreuzes, haben wir entdeckt, dass der wahre König derjenige ist, der sich selbst verschenkt und sich mit Leib und Seele als Nahrung hingibt.

Herr Jesus, der du an Körper und Geist gezüchtigt wurdest.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du unschuldiges Leiden gekannt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du gedemütigt, beleidigt, mit Dornen gekrönt wurdest.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser ...

Herr Jesus,
der du Leid und Verachtung erlitten hast,
erhöre unsere Bitten:
gewähre, dass unsere Familien
lernen, die Verwundeten willkommen zu heißen,
und uns allen, das Leid anderer auf uns zu nehmen und zu lindern.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

SIEBTE STATION: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (15,20)

Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen.

FAMILIE MIT EINEM KRANKEN ELTERNTEIL

Eines Morgens wurde meine Frau zweimal ohnmächtig. Dann die Hast ins Krankenhaus und die Entdeckung einer Krankheit, die bereits ihr Gift in ihrem Kopf verbreitete. Die Operation, die Rehabilitation, die Behandlung...; und heute ein völlig neuer Alltag für uns alle. Der Herr spricht zu uns durch Ereignisse, die wir nicht immer verstehen, und führt uns an der Hand zur Entfaltung des Besten in uns. Sie hatte eine Rolle, eine Position, ein „Kostüm“, und sie fand sich selbst völlig verändert wieder vor. Nackt, wehrlos, gekreuzigt. Und ich mit ihr. Durch diese Krankheit, an diesem Kreuz, sind wir zu der Säule geworden, an die sich die Kinder anlehnen können. Das war früher nicht so. Ich könnte fast sagen, dass sie heute, mit ihren durchdringenden Augen in ihrem kahlen Schmerz, ganz Mutter und Ehefrau ist. Ohne Schnickschnack, in der Wesentlichkeit eines schwierigeren und neuen Lebens. Blockiert zu sein, festgenagelt von einem hämmernden Gedanken, zwingt vor allem mich, der ich so stur und stolz war, in anderen Familien das wunderbare Geschenk zu entdecken, das sie sind: da gibt es diejenigen, die versuchen, dich zum Lachen zu bringen, diejenigen, die dir in der Küche helfen, diejenigen, die deine Kinder zum Katechismus bringen, diejenigen, die dir zuhören, diejenigen, die dich mit einem Blick verstehen, diejenigen, die sich trotz ihrer ebenso komplizierten, wenn nicht noch komplizierteren Situationen ständig um dich sorgen.

Herr Jesus, der du nicht nach weltlichen Ehren strebtest.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du die Lasten aller Sterblichen auf dich genommen hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du das schwere Holz des Kreuzes umarmt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du das Kreuz des Todes
in eine unerschöpfliche Quelle des Lebens verwandelt hast,
erhöre unser Gebet:
gewähre, dass Kinder für ihre Eltern sorgen können,
sie mit Dankbarkeit behüten,
und dass wir alle von dir die Freude lernen, zu lieben und sich großherzig zu verschenken.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

ACHTE STATION: Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Lukas (23,26)

Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie Simon, einen Mann aus Kyrene, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.

GROSSELTERN

Vor zwei Jahren gingen wir in den Ruhestand, und gerade als wir begannen, darüber nachzudenken, wie wir unsere wiedergewonnene Energie einsetzen könnten, kam die Nachricht, dass unser Schwiegersohn entlassen worden war. Während der Pandemie mussten wir hilflos mit ansehen, wie die Ehe unserer ältesten Tochter in Krise geriet. Die Enkelkinder fingen an, unser Haus mit ihrer Lebendigkeit und dem Durcheinander zu überschwemmen, nicht mehr nur sonntags, und vor allem in einer Weise, wie es seit der Kindheit unserer drei Kinder nicht mehr geschehen war. Wir bauten einen Autositz in das Auto ein und kauften eine Tafel, auf der wir die Termine unserer fünf Enkelkinder notierten, um nichts zu vergessen. Unsere Muskeln sind nicht mehr das, was sie einmal waren, aber der Reichtum an Erfahrung macht uns dem Leben gegenüber geschmeidiger als zu der Zeit, als wir noch die Kraft zum Laufen hatten. Das Kreuz der familiären und beruflichen Unsicherheit beunruhigt uns. Und heute, wo wir von Natur aus dazu neigen, uns mit unserer Müdigkeit und der nicht zu leugnenden Angst vor dem Tod zu befassen, wird uns ein unerwartetes Kreuz auferlegt, das wir selbst nicht gewählt haben. Unser Schritt wird oft langsam und nachts, nach all dem lächeln, weinen wir vor Mitleid. Aber „Sauerstoff“ für die Familien unserer Kinder zu sein, ist ein Geschenk, das uns an die Gefühle erinnert, die wir empfanden, als sie noch klein waren. Man hört nie auf, Mama und Papa zu sein.

Herr Jesus, der du die Last des Kreuzes geteilt hat.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du uns dem Urteil deines Kreuzes unterwirfst.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du uns aufforderst, dir nachzufolgen, indem wir unser Kreuz tragen.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du uns aufrufst, die Last des anderen zu tragen,
erhöre unsere Bitten:
gewähre, dass unsere Familien
Freuden und Mühen zu teilen wissen
und uns allen, dass wir in tätiger Geschwisterlichkeit wachsen.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

NEUNTE STATION: Jesus begegnet den weinenden Frauen

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Lukas (23,27-28)

Es folgte ihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: »Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder!«.

FAMILIE MIT ADOPTIERTEN KINDERN

Jetzt sind wir zu viert. Viele Jahre lang waren wir zu zweit, und wir litten unter dem Kreuz der Einsamkeit und dem Beginn einer Elternschaft, die anders war, als wir es uns immer vorgestellt hatten. Eine Adoption ist die Geschichte eines von Verlassenheit geprägten Lebens, das durch Aufnahme geheilt wird. Aber das Verlassenwerden ist eine Wunde, die immer blutet. Und Adoption ist ein Kreuz, das Eltern und Kinder gemeinsam auf ihre Schultern laden, indem sie es ertragen, versuchen, den Schmerz zu lindern und es auch lieben, als Teil der Geschichte des Kindes. Aber es tut weh, wenn ein Kind unter seiner Vergangenheit leidet. Es tut weh, es versuchen zu lieben, ohne seinen Schmerz auch nur minimal lindern zu können. Wir haben uns gegenseitig adoptiert. Und es vergeht kein Tag, an dem wir nicht mit dem Gedanken aufwachen, dass es sich gelohnt hat; dass all die Mühe nicht umsonst war; dass dieses Kreuz, so schmerzhaft es auch sein mag, ein Geheimnis des Glücks birgt.

Herr Jesus, du hast die Blicke der Frauen von Jerusalem angenommen.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du die Tränen getrocknet und die Herzen getröstet hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du den Weg des Kreuzes mit Mut gegangen bist.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du mit offenen Augen und einem bereiten Herzen
dem Kreuz entgegengegangen bist,
erhöre unser Flehen:
gewähren den Eltern und ihren Adoptivkindern
als aufnahmebereite Familien zusammenzuwachsen
und uns, dass wir alle an der Freude unseres Nächsten mitwirken.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

ZEHNTE STATION: Jesus wird gekreuzigt

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Lukas (23,33-38)

Sie kamen an den Ort, der Schädelhöhe heißt; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. Jesus aber betete: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!« Um seine Kleider zu verteilen, warfen sie das Los. Das Volk stand dabei und schaute zu; auch die führenden Männer verlachten ihn und sagten: »Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte«. Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: »Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst!« Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden.

WITWE MIT KINDERN

Wir sind eine Mutter und zwei Kinder. Seit über sieben Jahren sind wir ein Stuhl mit drei statt vier Beinen: schön und wertvoll, wenn auch ein wenig instabil. Unter dem Kreuz findet jede Familie, auch die schiefste, die leidende, die seltsame, die humpelnde, ihren tiefsten Sinn. Auch unsere. Wir haben, nicht ohne Tränen und Schmerz, erfahren, dass Jesus uns in der Umarmung der genagelten Balken anschaut und uns nie allein lässt.

Er vertraut uns nicht nur einer allgemeinen Liebe des Schöpfers zu seinen Geschöpfen an, sondern auch einem Freund, einer Mutter, einem Sohn, einem Bruder. Einer Kirche, die trotz aller Fehler ihre Hand ausstreckt und, so unmöglich es auch erscheinen mag, manchmal die Last für uns trägt und uns von Zeit zu Zeit Luft schöpfen lässt. Die Liebe vermehrt sich, weil sie unentgeltlich ist, auch wenn ich versuche zu verstehen, warum er, wenn „er andere gerettet hat ... wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte“, nicht auch meinen Mann retten konnte. Aber die Wunde des Einen am Kreuz ist Erbe, Bindung und Beziehung zugleich. Die Liebe wird real, weil wir in unseren Abgründen und unseren Schwierigkeiten nicht allein gelassen werden.

Herr Jesus, der du deine Arme am Kreuz ausgestreckt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du, um uns zu retten, dich nicht selbst gerettet hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du deinen Mördern verziehen hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du mit offenen Armen am Kreuz
alle die, welche allein und verlassen sind, an dich ziehst,
erhöre unser Gebet:
lass die Familien, die vom Verlust eines Elternteils betroffen sind,
spüren, dass du in ihrer Trauer anwesend bist,
und gibt uns die Fähigkeit, mit denen zu trauern, die weinen.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

ELFTE STATION: Jesus verspricht dem guten Schächer das Himmelreich

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Lukas (23,33.42-43)

Sie kamen an den Ort, der Schädelhöhe heißt; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. Dann sagte [ein Verbrecher]: »Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!« Jesus antwortete ihm: »Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein«.

FAMILIE MIT EINEM GOTTGEWEIHTEN SOHN

Erst jetzt schmunzeln wir, wenn wir uns an all die Erwartungen erinnern, die wir an unseren Sohn gestellt hatten. Wir hatten ihn dazu erzogen, glücklich zu sein und sich selbst zu verwirklichen. Damit er in die Fußstapfen seines Großvaters treten kann. Ja, vielleicht hätten wir uns ein anderes Leben für ihn gewünscht. Eine Familie, eine Arbeit, Kinder, Enkelkinder. Kurz gesagt: „Normalität“. Wir hatten sein Leben bereits für ihn gelebt. Aber dann kamst Du und hast alles durcheinandergewirbelt. Du hast unsere Träume für etwas Größeres zerstört. Du hast dafür gesorgt, dass sein Leben nicht der Logik des „so wurde es schon immer gemacht“ folgte, und hast ihn zu Dir gerufen. Aber wieso? Warum er? Warum unser eigener Sohn? Zuerst haben wir es nicht gut aufgenommen. Wir waren gegen ihn. Wir haben ihn im Stich gelassen. Wir dachten, dass unsere Kälte ihn dazu bringen würde, seinen Schritt zu überdenken. Wir haben versucht zu bewirken, dass er sich frage, ob er alles falsch macht. Wie zwei Verbrecher. Aber wir haben verstanden, dass man nicht gegen Dich kämpfen kann. Wir sind ein Krug und Du bist das Meer. Wir sind ein Funke und Du bist das Feuer. Und so bitten wir dich, wie der gute Schächer, dass du an uns denkst, wenn du in dein Reich kommst.

Herr Jesus, der du wie ein Übeltäter starbst.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du das Kreuz in einen Königsthron verwandelt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du uns die Pforten des verlorenen Paradieses geöffnet hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du uns die Geheimnisse deines Reiches geoffenbart hast,
wo der Größte derjenige ist, der dient,
erhöre unsere Bitten:
leite die Eltern an, damit sie der Berufung ihrer Kinder dienen,
und gib uns allen, dass wir deine treuen Jünger sind.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

ZWÖLFTE STATION: Jesus vertraut dem geliebten Jünger seine Mutter an

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Johannes (19,25-27)

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus die Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zur Mutter: »Frau, siehe, dein Sohn!« Dann sagte er zu dem Jünger: »Siehe, deine Mutter!« Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

FAMILIE, DIE EINE TOCHTER VERLOREN HAT

Wir waren zu fünft zuhause: ich, mein Mann und unsere drei Kinder. Vor fünf Jahren wurde das Leben kompliziert. Eine Diagnose, die schwer zu akzeptieren war, eine onkologische Krankheit, die ständig im Gesicht unserer jüngsten Tochter ablesbar war. Eine Krankheit, die ihrem Lächeln zwar kein Ende bereitete, aber die Schärfe der Ungerechtigkeit, die wir erlebten, noch schmerzhafter machte. Trotz des „Hohnes“, mit dem uns der Schmerz bereits überzogen zu haben schien, starb mein Mann nach nur sechs Ehejahren durch einen plötzlichen Todesfall und brachte uns auf einen Weg herzzerreißender Einsamkeit, während dessen wir zwei Jahre lang die Jüngste zu ihrem letzten Abschied begleiteten. Fünf Jahre sind seit dem Beginn dieses Abenteuers vergangen, das wir nicht verstandesmäßig begriffen haben. Doch es steht fest, dass in diesem großen Kreuz der Herr gegenwärtig war und immer noch ist. „Gott ruft nicht die, die fähig sind, sondern er macht die fähig, die er ruft“ Das sagte eine Nonne eines Tages zu uns, und diese Worte haben unsere Lebenseinstellung in den letzten Jahren verändert. Die größte Lüge, mit der wir zu kämpfen haben, ist, dass wir keine Familie mehr seien. Ich kenne keine andere Möglichkeit, auf mein Herz und meinen Schmerz zu reagieren, als mich dem Herrn anzuvertrauen, der dieses Stück irdische Straße mit mir lebt. Während der Chemotherapie meiner Tochter habe ich mich oft wie Maria unter dem Kreuz gefühlt; und es ist diese Erfahrung, die mich heute - wenn auch nur ein bisschen - wie die Mutter meines Herrn fühlen lässt.

Herr Jesus, der du die Qualen deiner Lieben gekannt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du dem Tod nicht das letzte Wort überlassen hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du uns deine eigene Mutter als Erbe gegeben hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du, bevor du gestorben bist, den Wunsch hattest
uns deine Mutter zu übergeben und uns ihrem Schutz anzuvertrauen,
höre unsere Bitte:
gewähre den Familien, die vom Tod eines Kindes betroffen sind,
die Gnade zu bewahren, die sie mit dem Geschenk ihres Lebens erhalten haben,
und uns allen, im Trost des Geistes, deinen letzten Willen anzunehmen.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

DREIZEHNTE STATION: Jesus stirbt am Kreuz

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus (15,34.36-37)

Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: »Eloï, Eloï, lema sabachtani?«, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: »Lasst, wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt«. Jesus aber schrie mit lauter Stimme. Dann hauchte er den Geist aus.

EINE UKRAINISCHE UND EINE RUSSISCHE FAMILIE

Der Tod ist allgegenwärtig. Ein Leben, das seinen Wert zu verlieren scheint. Alles ändert sich in wenigen Sekunden. Das Dasein, die Tage, der unbeschwerte Winterschnee, das Abholen der Kinder von der Schule, die Arbeit, Umarmungen, Freundschaften... alles. Alles verliert plötzlich an Wert. „Wo bist du, Herr? Wo versteckst du dich? Wir wollen unser altes Leben zurück. Warum das alles? Welchen Fehler haben wir begangen? Warum hast du uns im Stich gelassen? Warum hast du unsere Völker im Stich gelassen? Warum hast du unsere Familien auf diese Weise auseinandergerissen? Warum haben wir nicht mehr den Willen zu träumen und zu leben? Warum ist unser Land so dunkel geworden wie Golgatha?“ Die Tränen haben ein Ende. Die Wut ist der Resignation gewichen. Wir wissen, dass du uns liebst, Herr, aber wir spüren diese Liebe nicht, und das macht uns verrückt. Wir wachen morgens auf und sind für ein paar Sekunden glücklich, aber dann erinnern wir uns schnell daran, wie schwierig es sein wird, sich zu versöhnen. Herr, wo bist du? Sprich in der Stille des Todes und der Trennung und lehre uns, Frieden zu schließen, Brüder und Schwestern zu sein, wieder aufzubauen, was die Bomben zerstören wollten.

Herr Jesus, der uns bis zum Ende geliebt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du durch seinen Tod den Tod zerstört hast.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du uns durch deinen letzten Atemzug das Leben geschenkt hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du aus deiner durchbohrten Seite
Versöhnung für alle hast strömen lassen,
höre unsere demütigen Stimmen:
gewähre den durch Tränen und Blut zerstörten Familien,
an die Kraft der Vergebung zu glauben
und uns allen, Frieden und Einmütigkeit zu schaffen.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

VIERZEHNTE STATION: Der Leichnam Jesus wird in das Grab gelegt

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
R/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Matthäus (27,59-61)

Josef nahm den Leichnam und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging weg. Auch Maria aus Magdala und die andere Maria waren dort; sie saßen dem Grab gegenüber.

MIGRANTENFAMILIE

Nun sind wir hier. Wir haben unsere Vergangenheit abgestreift. Wir hätten gerne in unserem eigenen Land gelebt, aber der Krieg hat uns daran gehindert. Es ist schwierig für eine Familie, sich zwischen ihren Träumen und der Freiheit entscheiden zu müssen. Zwischen Sehnsucht und Überleben. Unterwegs haben wir Frauen und Kinder, Freunde, Brüder und Schwestern sterben gesehen. Wir sind hier als Überlebende. Wir werden als Belastung empfunden. Wir, die wir zu Hause wichtig waren, sind hier Zahlen, Kategorien, Schemata. Doch wir sind viel mehr als nur Einwanderer. Wir sind Menschen. Wir sind wegen unserer Kinder hier. Wir sterben jeden Tag für sie, damit sie hier versuchen können, ein normales Leben zu führen, ohne Bomben, ohne Blut, ohne Verfolgung. Wir sind Katholiken, aber selbst das scheint manchmal der Tatsache, dass wir Migranten sind, untergeordnet zu sein. Wenn wir nicht resignieren, dann deshalb, weil wir wissen, dass der große Stein vor der Tür des Grabes eines Tages weggerollt werden wird.

Herr Jesus, der dich Freundeshände vom Holz des Kreuzes abgenommen haben.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du im neuen Grab des Josef von Arimathäa begraben wurdest.
R/. Dona nobis pacem.

Du, der du die Verwesung im Grab nicht erlitten hast.
R/. Dona nobis pacem.

Alle:
Vater unser...

Herr Jesus,
der du in das Reich des Todes hinabgestiegen bist,
um Adam und Eva und ihre Kinder aus ihrer alten Gefangenschaft zu befreien,
höre unsere Bitten für die Familien der Migranten:
entreiße sie der tödlichen Isolation
und gewähre uns allen, dich in jedem Menschen zu erkennen
als unseren geliebten Bruder und geliebte Schwester.
Du, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
R/. Amen.

Schlussgebet

Der Heilige Vater:

Barmherziger Vater
der die Sonne über Gute und Böse aufgehen lässt,
lasse das Werk deiner Hände nicht im Stich,
für das du nicht gezögert hast,
deinen einzigen Sohn auszuliefern,
der, von der Jungfrau geboren,
gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
gestorben und begraben im Herzen der Erde,
am dritten Tag von den Toten auferweckt wurde
und Maria von Magdala, Petrus sowie
den anderen Aposteln und Jüngern erschien.
Er, der immer lebendig ist in der heiligen Kirche,
seinem lebendigen Leib in der Welt.

Halte das Licht in unseren Familien am Brennen
die Lampe des Evangeliums,
die Freud und Leid erhellt,
Mühen und Hoffnungen:
jedes Haus spiegelt das Gesicht der Kirche wider,
dessen oberstes Gesetz die Liebe ist.
Durch die Ausgießung deines Geistes
hilf uns, uns von dem alten Menschen zu befreien,
verdorben durch trügerische Leidenschaften,
und uns mit dem neuen Menschen zu bekleiden,
in Rechtschaffenheit und Heiligkeit geschaffen.
Nimm uns an der Hand, wie ein Vater,
damit wir uns nicht von Dir abwenden;
bekehre unser rebellisches Herz zu deinem Herzen,
damit wir lernen, Pläne des Friedens zu verfolgen,
Gegner dazu bringen, sich die Hände zu reichen und
die gegenseitige Vergebung auszukosten.
Entwaffne die Hand, die der Bruder gegen den Bruder erhebt,
dass dort, wo Hass ist, Eintracht aufblühe.

Gib, dass wir uns nicht als Feinde des Kreuzes Christi verhalten,
damit wir an der Herrlichkeit seiner Auferstehung teilhaben können.

Er, der mit dir lebt und regiert,
in der Einheit des Heiligen Geistes,
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
R/. Amen.

APOSTOLISCHER SEGEN

Der Heilige Vater:

Der Herr sei mit euch.
R/. Und mit deinem Geiste.

Der Name des Herrn sei gepriesen.
R/. Von nun an bis in Ewigkeit.

Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.
R/. Der Himmel und Erde erschaffen hat.

Es segne euch der allmächtige Gott,
der Vater + und der Sohn + und der Heilige + Geist.

R/. Amen.

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