Vegliare con sollecitudine

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Ansprache
Vegliare con sollecitudine

unseres Heiligen Vaters
Pius XII.
an den Verband katholischer Hebammen Italiens während einer Audienz
über die christliche Ehe und Mutterschaft
29. Oktober 1951

(Offizieller italienischer Text: AAS 43 [1951] 835-854)

(Quelle : Herder-Korrespondenz, Herder Verlag, Sechster Jahrgang 1951/52; Drittes Heft, Dezember 1951, S. 112-119)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Hintergrund

In Rom tagte Ende Oktober der Verband katholischer Hebammen Italiens. Der Heilige Vater hat die Teilnehmer an diesem Kongress am 29. Oktober in Audienz empfangen und eine grundsätzliche Ansprache an sie gehalten die viel mehr enthält als nur einen Aufruf zur Erfüllung ihrer Standespflichten. Pius XII. hat die Gelegenheit ergriffen, den ganzen Komplex der heute drängenden Fragen des ehelichen Lebens und der Mutterschaft darzulegen, wie sie im Licht der christlichen Sittenlehre aufgefasst werden müssen. Die grundlegenden Gesichtspunkte zu diesen Fragen hat Pius Xl. in seiner Enzyklika "Casti connubii" niedergelegt; doch darum ist es nicht überflüssig, sie immer wieder ins Gedächtnis zurückzurufen. Einen neuen Gesichtspunkt enthält die Ansprache Pius' XII. aber dadurch, dass er auf die inzwischen von der Wissenschaft gemachte Entdeckung der sterilen Zeiten des weiblichen Organismus eingeht. Kaum ein Problem spielt heute in der Seelsorge eine so große Rolle wie das des Kindersegens, der heute vielen Eheleuten nicht mehr als Segen, sondern als oft zu schwere Belastung oder Verantwortung erscheint. Daher ist es für alle Betroffenen von so großer Wichtigkeit, den Standpunkt der Kirche nochmals durch den Papst formuliert zu hören. Die Ansprache an die katholischen Hebammen Italiens hat in autorisierter Übersetzung folgenden Wortlaut:

Einleitung

1. Mit Sorgfalt über der stillen und verborgenen Wiege zu wachen, in der Gott dem von den Eltern gespendeten Keim eine unsterbliche Seele einpflanzt, eure Sorge der Mutter angedeihen zu lassen und dem Kinde, das sie Unter dem Herzen trägt, zu einer glücklichen Geburt zu verhelfen, das, geliebte Töchter, ist der Inhalt eures Berufes, das Geheimnis seiner Größe und Schönheit.

2. Wenn man an die wunderbare Zusammenarbeit von Eltern, Natur und Gott denkt, durch die ein neues Menschenwesen nach dem Bild und Gleichnis des Schöpfers ans Licht kommt (vgl. Gen. 1, 26-27), wie sollte man da nicht den kostbaren Beitrag, den ihr zu diesem Werke beisteuert, gebührend würdigen? Die Heldenmutter der Makkabäer ermahnte ihre Söhne: "Ich weiß nicht, wie ihr in meinem Schoß gebildet wurdet: nicht ich habe euch Odem und Leben gegeben, noch fügte ich die Gliedmaßen eines jeden von euch kunstvoll zusammen. Der Schöpfer des Weltalls ist es, der den Ursprung des Menschen bewirkt" (Makk 7, 22).

3. Wer daher dieser Wiege des werdenden Lebens nahekommt und sich daselbst auf die eine oder andere Weise betätigt, muss die Ordnung kennen, die nach dem Willen des Schöpfers dort zu beobachten ist, wie auch die Gesetze, die für sie bestimmt sind. Denn es handelt sich hier nicht um rein physische und biologische Gesetze, denen vernunftlose Wesen und blinde Kräfte mit Notwendigkeit gehorchen, sondern um Gesetze, deren Ausführung und deren Wirkungen dem selbstbestimmenden und freien Mittun des Menschen anvertraut sind.

4. Diese Ordnung, festgesetzt von der höchsten Vernunft, ist eingestellt auf den vom Schöpfer gewollten Zweck; SIe umfasst das äußere Tun des Menschen und die innere Zustimmung seines freien Willens; sie schließt Handlung und auch pflichtgemäße Enthaltung ein. Die Natur stellt dem Menschen die ganze Ursachenreihe zur Verfügung, aus der ein neues menschliches Leben entsteht; dem Menschen liegt es ob, die Lebenskraft freizugeben, der Natur jedoch, sie weiter zu entwickeln und sie zu ihrer Vollendung zu führen. Wenn der Mensch das Seine getan und die wunderbare Entwicklung des Lebens in Gang gebracht hat, ist es seine Pflicht, dessen Fortschritt ehrfürchtig zu achten, eine Pflicht, die es ihm verbietet, das Wirken der Natur aufzuhalten oder seinen natürlichen Ablauf zu verhindern.

5. So ist der Anteil der Natur und der des Menschen klar umrissen. Eure berufliche Ausbildung und eure Erfahrung befähigen euch, Einblick zu gewinnen in das Wirken der Natur und des Menschen, wie in die Maßstäbe und Gesetze, denen beide unterworfen sind; euer Gewissen, erleuchtet von der Vernunft und vom Glauben, lehrt euch unter Führung der von Gott gesetzten Autorität, wie weit erlaubtes Tun gehen darf, und wo auf der anderen Seite die strengste Pflicht der Unterlassung einsetzt.

6. Im Lichte dieser Grundsätze haben Wir nun vor, euch einige Erwägungen über das Apostolat vorzulegen, Zu dem euer Beruf euch verpflichtet. In der Tat, jeder von Gott gewollte Beruf schließt eine Sendung ein, nämlich die, im Bereich des Berufes selbst die Gedanken und Absichten des Schöpfers zu verwirklichen und den Menschen zu helfen, das Rechtsein und die Heiligkeit des göttlichen Planes zu erfassen wie auch den Wert, der sich aus dessen Verwirklichung für sie selbst ergibt.

I. Euer Berufsapostolat betätigt sich in erster Linie durch eure Persönlichkeit

7. Warum ruft man euch? Weil man überzeugt ist, dass ihr eure Kunst versteht, dass ihr wisst, was Mutter und Kind brauchen, welchen Gefahren beide ausgesetzt sind und wie diese Gefahren vermieden oder überwunden werden können. Man erwartet von euch Rat und Hilfe, natürlich nicht unbedingt, sondern innerhalb der Grenzen des menschlichen Wissens und Könnens, gemäß dem Fortschritt und dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft und Praxis eures Faches.

8. Wenn man das alles von euch erwartet, so darum, weil man Vertrauen zu euch hat, und dieses Vertrauen ist vorwiegend eine Sache der Persönlichkeit. Eure Persönlichkeit muss es einflößen. Dass dieses Vertrauen nicht getäuscht werde, ist nicht nur euer lebhafter Wunsch, sondern auch eine Forderung eures Amtes und eures Berufes und daher eine Gewissenspflicht für euch. Darum müsst ihr danach streben, eure fachlichen Kenntnisse zur höchsten Vollendung zu bringen.

9. Indes ist eure berufliche Tauglichkeit auch eine Forderung und Form eures Apostolats. Welchen Wert genösse in der Tat euer Wort in Fragen der Sitte und Religion, die mit eurem Amt verknüpft sind, wenn ihr in den Fragen eures Faches versagt? Umgekehrt wird euer Eingreifen auf sittlichem und religiösem Gebiet von ganz anderem Gewicht sein, wenn ihr es versteht, durch euer überlegenes berufliches Können Achtung einzuflößen. Zu dem günstigen Urteil, das ihr euch durch euer Können erwerbt, wird bei denen, die sich an euch wenden, die wohlbegründete Einsicht hinzukommen, dass ein überzeugtes und treu geübtes Christentum, weit entfernt, ein Hemmnis der beruflichen Tüchtigkeit zu sein, hierfür vielmehr Ansporn und Gewähr bietet. Man wird klar erkennen, dass ihr bei der Ausübung eures Berufs euch eurer Verantwortung gegenüber Gott bewusst seid; dass ihr in eurem Glauben an Gott den stärksten Antrieb findet, mit um so größerer Hingabe zu helfen, je größer die Not ist; dass ihr aus dem festen religiösen Fundament die Kraft nehmt, unvernünftigen und widersittlichen Wünschen - von welcher Seite immer sie kommen mögen - ein ruhiges, aber unerschrockenes und unentwegtes Nein entgegenzusetzen.

10. Seid ihr so als Persönlichkeit wie wegen eures Wissens und eurer Erfahrung geehrt und geachtet, dann werdet ihr innewerden, dass man euch die Sorge um Mutter und Kind gerne anvertraut, und so werdet ihr, vielleicht ohne dass ihr es selber merkt, ein tiefes, oft wortloses, aber sehr wirksames Apostolat gelebten Christentums ausüben. Wie groß auch die Autorität sein mag, die auf dem rein beruflichen Können beruht, so vollzieht sich die Einwirkung von Mensch zu Mensch doch vor allem unter dem zweifachen Siegel wahrer Menschlichkeit und wahren Christentums.

II. Die zweite Form eures Apostolates liegt in dem Eifer, mit dem ihr für Wert und Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens eintretet

11. Der heutigen Welt tut es dringend not, dessen durch das dreifache Zeugnis des Geistes, des Herzens und der Tat sicher zu werden. Euer Beruf bietet euch die Möglichkeit und macht es euch zur Pflicht, ein solches Zeugnis abzulegen. Mitunter ist es ein bloßes Wort, zur rechten Zeit und mit Takt zur Mutter oder zum Vater gesprochen; noch häufiger werden euer ganzes Verhalten und euer gewissenhaftes Tun unscheinbar und still auf sie einwirken. Ihr seid mehr als andere befähigt, zu erkennen und zu schätzen, was Menschenleben in sich selbst ist, und was es gilt vor der gesunden Vernunft, vor eurem sittlichen Gewissen, vor der bürgerlichen Gesellschaft, vor der Kirche und vor allem vor dem Angesicht Gottes. Der Herr hat alles andere auf der Erde für den Menschen gemacht; der Mensch selber aber ist seinem Sein und Wesen nach für Gott geschaffen und nicht für irgendein Geschöpf, wenn er auch, was sein Wirken angeht, gleichfalls Pflichten gegen die Gemeinschaft hat. Nun aber ist das Kind "Mensch", selbst schon vor seiner Geburt, und zwar im selben Grad und ob des gleichen Rechtstitels wie die Mutter.

12. Und ferner: jedes Menschenwesen, auch das Kind im Mutterschoß, hat sein Lebensrecht unmittelbar von Gott, nicht von den Eltern, nicht von irgendeiner Gemeinschaft oder menschlichen Autorität. Darum gibt es keinen Menschen, keine menschliche Autorität, keine Wissenschaft, keine medizinische, eugenische, soziale, wirtschaftliche oder ethische "Indikation", die einen Rechtstitel darstellen oder geben könnte zu einer direkten, überlegten Verfügung über schuldloses Menschenleben, das, heißt eine Verfügung, die auf Vernichtung abzielt, sei sie Selbstzweck, sei sie Mittel für einen anderen Zweck, der an sich vielleicht nicht unerlaubt ist. So ist zum Beispiel die Rettung des Lebens der Mutter ein sehr edles Ziel; aber die direkte Tötung des Kindes als Mittel zu diesem Ziel ist nicht erlaubt. Die direkte Zerstörung des so genannten "lebensunwerten Lebens", ob geboren oder noch nicht geboren, wie sie vor einigen Jahren in größtem Ausmaß geübt wurde, lässt sich in keiner Weise rechtfertigen. Als darum diese Praxis begann, hat die Kirche in aller Form als dem natürlichen und positiv göttlichen Recht entgegen und darum als unerlaubt erklärt, selbst wenn es auf Anordnung der öffentlichen Autorität geschieht, diejenigen zu töten, die zwar schuldlos, aber wegen physischer oder psychischer Mängel für die Nation keinen Nutzen, sondern vielmehr eine Belastung darstellen (Decr. S. Off., 2. Dez. 1940 - Acta Ap. Sedis, vol. 32, 1940, pg. 553-554). Schuldloses Menschenleben ist unantastbar, und jeder direkte Eingriff in dasselbe ist Verletzung eines der Grundgesetze, ohne die ein sicheres menschliches Zusammenleben unmöglich ist. Wir brauchen euch nicht im einzelnen über den Sinn und die Tragweite dieses Grundgesetzes in eurem Beruf zu belehren. Aber vergesst nicht: über jedes menschliche Gesetz, auch über jede "Indikation" erhebt sich unantastbar das Gesetz Gottes.

13. Das Apostolat eures Berufs verpflichtet euch, die Einsicht in das menschliche Leben, die Achtung und Ehrfurcht vor ihm, die ihr aus christlicher Überzeugung in eurem Herzen hegt, auch auf andere zu übertragen: dasselbe gegebenenfalls mutig zu verteidigen und, wo es nottut und in eurer Macht steht, das schutzlose, noch verborgene Leben des Kindes in eure Hut zu nehmen, euch stützend auf die Kraft des göttlichen Gebotes: "Du sollst nicht töten!" (Ex. 20, 13) Die Aufgabe solcher Verteidigung stellt sich manchmal als die notwendigste und dringendste; und doch ist sie nicht der vornehmste und wichtigste Teil eurer Sendung; denn diese ist wahrlich kein ausschließliches Nein, sie ist vielmehr ein planvolles Ja und geht darauf aus, zu fördern, aufzubauen und zu stärken.

14. Flößt Geist und Herz von Mutter und Vater Hochschätzung des Kindes ein, Verlangen nach ihm, Freude an ihm, liebevollen Empfang des Neugeborenen von seinem ersten Weinen an. Das Kind, gebildet im Schoß der Mutter, ist ein Geschenk Gottes (Ps. 127, 3), der die Sorge für dasselbe den Eltern anvertraut. Mit welcher Feinheit und wie entzückend malt die Heilige Schrift die anmutige Schar der Kinder, wenn sie sich um den väterlichen Tisch reihen! Sie sind der Lohn des Gerechten, wie die Unfruchtbarkeit recht häufig die Strafe des Sünders ist. Hört das Wort Gottes im unübertrefflich schönen Gewand der Psalmendichtung: "Wie ein fruchtbarer Weinstock, so ist deine Frau drinnen im Hause, wie Sprossen vom Ölbaum, so stehen deine Söhne um den Tisch. Siehe, so wird der Mann gesegnet, der den Herrn fürchtet" (Ps. 128, 3-4). Von dem Bösen heißt es dagegen: "Der Vernichtung soll verfallen seine Nachkommenschaft! Im nächsten Geschlecht soll erlöschen sein Name!" (Ps. 109, 13).

15. Legt das Kind gleich nach seiner Geburt - wie es schon die alten Römer taten - in die Arme des Vaters, aber tut es in unvergleichlich höherem Sinn. Bei jenen war es die Behauptung der Vaterschaft und der aus ihr sich herleitenden väterlichen Gewalt; hier ist es der Erweis des Dankes gegen den Schöpfer, die Herabrufung des göttlichen Segens, das feste Versprechen, in ehrfurchtsvoller Gesinnung die Pflicht erfüllen zu wollen, die Gott ihm auferlegt hat. Wenn der Herr den treuen Diener lobt und belohnt, weil er die fünf Talente fruchtbringend anlegte (vgl. Mt 25, 21), welches Lob und welchen Lohn wird er dann dem Vater vorbehalten, der das ihm anvertraute Menschenleben, weit mehr wert als alles Gold und Silber der Welt, für Gott behütet und großgezogen hat?

16. Euer Apostolat richtet sich indes vor allem an die Mutter. Zweifellos spricht die Stimme der Natur in ihr und legt ihr das Verlangen, die Freude, den Mut, die Liebe und den Willen ins Herz, für das Kind zu sorgen; um aber die Einflüsterungen des Kleinmuts in allen ihren Formen zu überwinden, bedarf jene Stimme der Stärkung und gleichsam eines übernatürlichen Einschlags. An euch liegt es, weniger durch Worte als durch euer ganzes Benehmen und Handeln die junge Mutter Größe, Schönheit und Adel des Lebens verkosten zu lassen, das in ihrem Schoß erwacht, Form gewinnt und lebt, das von ihr geboren wird, das sie in ihrem Arm trägt und an ihrer Brust nährt; an euch, in ihren Augen und ihrem Herzen aufleuchten zu lassen, wie reich das Geschenk der Liebe Gottes ist für sie und für ihr Kind. Die Heilige Schrift lässt euch in vielen Beispielen den Widerhall des Bittflehens und dann der frohen Dankeslieder so vieler Mütter vernehmen, die endlich Erhörung fanden, nachdem sie lange unter Tränen um die Gnade des Muttersegens gebetet hatten. Auch die Schmerzen, welche die Mutter nach dem Sündenfall erleiden muss, um ihr Kind zur Welt zu bringen, knüpfen das sie einende Band nur noch enger. Sie liebt es um so mehr, je mehr Schmerz es sie gekostet hat. Das hat mit rührender und tiefsinniger Schlichtheit der gesagt, der das Herz der Mutter gebildet hat: "Wenn die Frau gebiert, so hat sie Trauer, weil ihre Stunde gekommen ist; hat sie aber das Kind geboren, so gedenkt sie nicht mehr der Not, aus Freude darüber, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist" (Joh 16, 21). Weiterhin zeigt der Heilige Geist durch die Feder des Apostels Paulus die Größe und das Glück der Mutterschaft: Gott schenkt der Mutter das Kind, aber indem er es schenkt, lässt er sie wirksam teilnehmen an der Entfaltung der Blüte, deren Keim er in ihren Schoß eingelegt hatte, und diese Mitwirkung wird zu einem Weg, der sie ihrem ewigen Heil zuführt: "Die Frau erlangt das Heil in der Mutterschaft" (1 Tim 2, 15).

17. Diese vollkommene Übereinstimmung von Vernunft und Glaube gibt euch die Gewähr, dass ihr voll in der Wahrheit steht und mit unbedingter Sicherheit euer Apostolat der Hochachtung und Liebe des werdenden Lebens fortführen könnt. Gelingt es euch, dieses Apostolat an der Wiege des Neugeborenen auszuüben, so wird es euch nicht zu schwer fallen, das zu erreichen, was euer berufliches Gewissen im Einklang mit dem Gesetz Gottes und der Natur zum Besten der Mutter und des Kindes vorzuschreiben euch auferlegt.

18. Im übrigen haben wir nicht nötig, euch, die ihr hier eure Erfahrung habt, zu beweisen, wie sehr heute das Apostolat der Hochschätzung und Liebe des neuen Lebens notwendig ist. Leider sind die Fälle nicht selten, wo das Sprechen oder auch nur eine vorsichtige Andeutung vom Kind als einem "Segen" genügt, um Widerspruch oder vielleicht auch Spott hervorzurufen. Viel öfter herrscht heute die Idee und das Wort von der großen "Last" der Kinder vor. Wie sehr ist doch diese Geisteshaltung dem Gedanken Gottes, der Sprache der Heiligen Schrift, ja auch der gesunden Vernunft und dem natürlichen Empfinden entgegen. Wenn Bedingungen und Umstände vorherrschen, unter denen die Eltern ohne Verletzung des göttlichen Gesetzes den "Segen" der Nachkommenschaft vermeiden können, so berechtigen doch diese Fälle einer höheren Gewalt nicht dazu, die Begriffe zu verkehren, die Werte zu missachten, die Mutter gering zu schätzen, die den Mut und die Ehre hatte, Leben zu geben.

19. Wenn das, was wir bis jetzt gesagt haben, dem Schutz und der Sorge des natürlichen Lebens gilt, so muss es mit um so mehr Grund seine Geltung haben für das übernatürliche Leben, das das Neugeborene in der Taufe erhält. In der gegenwärtigen Heilsordnung gibt es keinen anderen Weg, dem Kind, das noch nicht den Gebrauch der Vernunft hat, dieses Leben zu vermitteln. Und doch ist der Stand der Gnade im Augenblick des Todes unbedingt notwendig zur Erreichung des Heiles. Ohne ihn ist es nicht möglich, zur übernatürlichen Seligkeit in der beseligenden Schau Gottes zu gelangen. Für den Erwachsenen kann ein Akt der Liebe genügen, um der heiligmachenden Gnade teilhaft zu werden und die fehlende Taufe zu ersetzen; aber dem noch nicht oder soeben geborenen Kind steht dieser Weg nicht offen. Wenn man nun bedenkt, dass die Liebe zum Nächsten uns auferlegt, ihm im Fall der Not beizustehen, und wenn diese Verpflichtung um so schwerer und dringender ist, je größer das Gut, das man vermitteln, oder das Übel, das man ferne halten will, und je weniger der Bedürftige fähig ist, sich selbst zu helfen und zu bitten: dann ist es leicht, die weittragende Bedeutung zu verstehen, die der Sorge für die Taufe des Kindes zukommt, da es den Gebrauch der Vernunft noch ganz entbehrt und in schwerer Gefahr schwebt oder sogar vor dem sicheren Tode steht. Zweifelsohne bindet diese Verpflichtung in erster Linie die Eltern; aber in den Fällen dringender Not, wenn keine Zeit zu verlieren und es nicht möglich ist, einen Priester zu rufen, liegt euch die heilige Pflicht ob, die Taufe zu spenden. Versäumt also nicht, diesen Liebesdienst zu erweisen und dieses eurem Beruf zufallende Apostolat der Tat auszuüben. Möge euch Stärkung und Ermutigung das Wort des Heilands sein: "Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen" (Mt 5, 7). Und welches Werk der Barmherzigkeit könnte größer und schöner sein, als der Seele des Kindes - zwischen der Schwelle zum Leben, die es kaum überschritten hat, und der Schwelle zum Tode, die es jetzt gleich überschreiten soll - den Eintritt in eine herrliche und beseligende Ewigkeit zu sichern.

[Fortsetzung folgt]