Ancora una volta (Wortlaut)

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Ansprache
Ancora una volta

von Papst
Pius XII.
an das Kardinalskollegium, anlässlich der Glückwünsche zu seinem Namenstag
über die hauptsächlichsten sozialen Anliegen der heutigen Welt
2. Juni 1947

(Offizieller italienischer Text: AAS 39 [1947] 258-266)

(Quelle: Arthur Fridolin Utz OP, Joseph-Fulko Groner O.P, Hrsg.: Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens, Soziale Summe Pius' XII. (1939-1958), Übersetzerkollegium: Herausgeber und Franz Schmal u. H. Schäufele, Paulus Verlag Freiburg/Schweiz 1954; Imprimatur Friburgi Helv., die 5. Maii 1954 N. Luyten O.P. Imprimatur Friburgi Helv., die 29. Junii 1954 R. Pittet, v.g.; Band I, S. 232-241; Nrn. 523-548)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Einleitung: Das Jahr 1947

Schon wieder bietet uns die Feier des Festes Unseres heiligen Vorgängers und himmlischen Patrons Gelegenheit zu einer kurzen Aussprache mit Euch, ehrwürdige Brüder, über die großen Fragen und das gewaltige Geschehen der gegenwärtigen Stunde wie über die der ganzen Welt drohenden Gefahren. Dieses Eröffnen Unseres Denkens und Empfindens wie die ihm entsprechenden Gedanken und Gefühle, die Euer verehrter Dekan Uns so wohltuend bekundet hat, mögen für jeden von Euch, Unsere engsten Berater und treuen Mitarbeiter, und für Uns selber ein Ansporn sein, mit erneutem Vertrauen, mit verdoppelter Spannkraft, mit beschwingter Hingabe das Werk des Apostolates weiterzuführen, das heute mehr denn je auf allen Arbeitern im Weinberg des Herrn, auf allen Dienern des Heiligtums lastet.

Das Jahr 1947! Wie wird das Urteil lauten, das die kommenden Zeiten darüber fällen werden? Es ist beinahe zur Hälfte abgelaufen, und bis zur Stunde, bis zu diesem Augenblick, da Wir zu Euch sprechen, hat es da vielleicht der Welt etwas anderes beschert als den scheinbar unversöhnlichen Zwiespalt zwischen der beängstigenden Anhäufung der zu lösenden Probleme, in denen es versinkt und sich verstrickt, und der beschämenden Armseligkeit ihrer Lösungen?

Das Urteil der Geschichte wird den Ergebnissen entsprechen, welche die Ereignisse und Beratungen in den noch restlichen Monaten des Jahres hervorbringen werden.

Die zukünftigen Geschlechter werden es segnen oder verwünschen, je nachdem es für die große Menschheitsfamilie darstellen wird entweder den Ausgangspunkt zum Wiedererwachen eines Brudersinns, der sich in einer menschenwürdigen, allen heilsamen und für alle erträglichen Rechts- und Friedensordnung auswirkt, oder aber ein fortschreitendes Abgleiten in die sumpfigen Gewässer der Zwietracht und Gewalt, aus deren Schlamm nur die pestartige und verderbliche Giftluft neuen und unberechenbaren Unheils aufsteigen kann.

Zuverlässige Sicherung vor kommendem Krieg, Mahnung an die Siegerstaaten

Die durch den Krieg verursachten Wunden sind noch nicht vernarbt; im Gegenteil haben sich bestimmte von ihnen vertieft und verschärft.

Hat man je so viel von der allgemeinen Sicherheit gesprochen, die die Frucht des Sieges sein sollte? Wo ist sie? Ist der Eindruck der Unsicherheit, die Furcht vor dem Kriege vielleicht verschwunden oder wenigstens vermindert? Wenn man die Dinge betrachtet, wie sie in Wirklichkeit sind, muss man zugeben, dass es auch beim besten Willen nicht möglich ist, jetzt schon jene Sicherheit zu schaffen, die die Menschheit so heiß ersehnt.

Aber dann treffe man doch nicht Nachkriegs- und Friedensmaßnahmen, die nichts zu tun haben mit der Bestrafung der Kriegsverbrecher, die aber doch bitterste Enttäuschung hervorrufen gerade bei jenen, die keine Verantwortung tragen für die Schuld vergangener Systeme, die von diesen im Gegenteil selbst verfolgt und bedrückt wurden! Oder glaubt man vielleicht, den Aufbau der allgemeinen Sicherheit zu fördern, indem man in ihrem Unterbau weithin Ruinen anhäuft, nicht nur materielle, sondern auch von lebenden Menschen? Wie könnte sich ein Europa sicher fühlen, dessen Glieder der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung preisgegeben wären, diesen dunklen und düsteren Mächten der Zersetzung, deren sich leicht die Verführer von morgen zu ihren Zwecken bedienen werden, wie es die von gestern getan haben?

Wir kennen leider den Umfang und die Schwere des namenlosen Grauens und der Verwüstung, womit das Antlitz Europas von einem besiegten System bedeckt worden ist, und Wir wollen die Anhäufung von dessen Schuld gewiss nicht verkleinern. Aber wie können die siegreichen Völker ihrerseits die Methoden des Hasses und der Gewalt anwenden oder dulden, aus denen jenes System lebte und handelte; wie können sie Waffen gebrauchen, deren Benützung durch andere ihre gerechte Entrüstung hervorrief? Und wer könnte je vernünftigerweise im Zusammenbruch und in der Verelendung des Nachbarn eine Garantie für die eigene dauerhafte Sicherheit suchen?

Deshalb möchten Wir die Völker noch einmal mahnen und warnen: Die Sicherheit kann, so weit sie überhaupt in dieser Welt erreichbar ist, keine andere zuverlässige Grundlage haben als physische und sittliche Volkskraft, geordnete innerstaatliche Verhältnisse und nach außen normale gutnachbarliche Beziehungen. Nun ist es auch nach dem zweiten Weltkrieg immer noch möglich, solche normale Beziehungen wieder anzuknüpfen. Mögen die Staatslenker die Gelegenheit sich nicht entgehen lassen: sie könnte (wolle Gott es verhüten) die letzte sein.

Wohlstand der einzelnen Nation ohne Rücksicht auf die andern Volkswirtschaften nicht möglich

Man hat auch so viel von der allgemeinen Prosperität gesprochen, die ebenfalls als Frucht des Sieges reifen sollte. Wo ist sie? Ganz gewiss gibt es Länder, in denen die Maschinen ohne Unterbrechung auf hohen Touren laufen. Produktion über Produktion! Der Zauberschlüssel zum Sesamgold, das Geheimnis, die Untaten des Krieges bis zur letzten Spur auszumerzen, alle die Abgründe auszufüllen, die er hinterlassen hat! Aber der Wohlstand der Völker kann nicht zuverlässig gesichert sein, wenn er nicht das gemeinsame Los aller ist. Und so könnte es kommen, dass die Arbeitslosigkeit und mangelnde Tauschfähigkeit, zu denen sich bestimmte Völker verurteilt sehen, in nicht allzu ferner Zukunft Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit auch bei den anderen mit sich bringen.

Die Freiheit, die wahre Demokratie

Man hat dann so viel gesprochen von der Ordnung der Freiheit, die ebenfalls die edle Frucht des Sieges sein werde, Freiheit, die triumphieren sollte über Willkür und Gewalt. Aber Freiheit kann nur gedeihen, wo Recht und Gesetz herrschen und die Achtung vor der Würde des einzelnen wie der Völker wirksam sichern.

Unterdessen wartet die Welt noch darauf und verlangt, dass Recht und Gesetz für die einzelnen und die Gesellschaft feste Verhältnisse schaffen; unterdessen leben immer noch Millionen von Menschen unter Willkür und Zwang. Nichts ist ihnen sicher: Weder ihr Heim noch ihre Habe, weder ihre Freiheit noch ihre Ehre; so erlischt in ihnen der letzte Rest von Daseinsfreude, der letzte Funke des Willens zum Leben.

In Unserer Weihnachtsansprache von 1944 haben Wir Uns an eine Welt gewandt, die ganz begeistert war für die Demokratie und sie überall verbreiten wollte. Wir legten darauf an, die sehr hohen sittlichen Anforderungen einer richtigen und gesunden demokratischen Ordnung auseinanderzusetzen. Heute fürchten nicht wenige, das Vertrauen in eine solche Ordnung möchte gemindert sein infolge des verletzenden Gegensatzes zwischen der «Demokratie in Worten» und der nackten Wirklichkeit. Wenn Wir in diesem Augenblick Unsere Stimme erheben, so geschieht es nicht, um all den guten Willen zu entmutigen, der sich schon ans Werk gemacht hat, oder um das minder zu bewerten, was bereits erreicht worden ist; es geschieht nur aus dem Verlangen, beizusteuern, soweit es an Uns liegt, zu einer Besserung der gegenwärtigen Lage. Es ist noch nicht zu spät dazu, dass die Völker der Erde in gemeinsamem Bemühen die Bedingungen schaffen, die unerlässlich sind für wahre Sicherheit, für allgemeinen Wohlstand oder wenigstens für die Sicherung einer erträglichen Lebenshaltung, sowie für eine segenbringende Ordnung der Freiheit.

Jugend in Not

Ein Wert allererster Ordnung macht solch gemeinsames Bemühen einfachhin notwendig: Es ist das Wohl der Jugend und der Familie ...

Die Kirche als besorgte Mutter ist es aber nicht allein, die um das Wohl der Jugend zu fürchten hat. In einer Reihe von Ländern leiden die jugendlichen Generationen von frühen Jahren, von der Kindheit an, unter Verelendung, unter körperlicher und seelischer Blutleere als Folge leiblicher Armut mit allen ihren traurigen Begleiterscheinungen, als Folge ungenügenden oder gänzlich fehlenden Familienlebens, mangelhafter Erziehung und Ausbildung oder endlich als Folge vielleicht langer Jahre der Gefangenschaft und Fremde. In den dagegen besser gestellten Völkern bedrohen Gefahren anderer Art - oft gerade aus übersteigertem Wohlleben und Vergnügungssucht heraus, und um wie viel trauriger! - die leibliche und sittliche Gesundheit des jungen Menschen. Was aber noch ernster ist und das Übel noch schwerer heilbar macht: Das unbestimmt lange Andauern der verworrenen allgemeinen Lage mit den Zerrüttungen, die sie hervorruft, mit der verhängnisvollen Ungewissheit um die Zukunft, die sie mit sich bringt, pflanzt in die Herzen der heranwachsenden Jugend das Misstrauen gegen die ältere Generation, die sie für all die Übel, an denen sie leidet, verantwortlich macht; sie pflanzt in sie den Zweifel an allen von der letzteren so hoch gepriesenen und überlieferten Grundsätzen und Werten.

Es besteht ernste Gefahr, dass viele Jugendliche, angesteckt von diesen Krankheitskeimen, schließlich einem reinen Nihilismus verfallen. Wehe den Völkern, wenn eines Tages in ihrer Jugend das heilige Feuer des Glaubens, der Ideale, der Opferwilligkeit, der einsatzbereiten Hingabe erlischt ! Wenn eine solche Lage der Dinge auch nur kurze Zeit andauert - was mag ihr Ende sein?

Die Familie in schwerster Gefahr

In einem ähnlichen Zustand völliger Unsicherheit, einem Zustand, der sich verewigen zu wollen scheint, schwebt auch die Familie, diese naturgemäße Pflanz- und Bildungsstätte, in der der Mensch von morgen heranwächst und sich aufs Leben vorbereitet. Was wird ihr Schicksal sein? Herzzerreißend sind die Berichte, die aus den am schwersten heimgesuchten Gebieten an Uns gelangen über die Frau. Erschütternd ist vor allem die Lage jener Familien - wenn man herumirrende Menschengruppen überhaupt so nennen kann -, auf welche die Treue der Gatten zu Gottes Gebot den Segen einer reichen Kinderschar herabgezogen hatte. Nach ihren im Vergleich zu andern sehr oft besonders schweren Blutopfern im Kriege müssen sie nun noch den allgemeinen Mangel an Wohnung und Nahrung mit seinen Folgen ganz besonders spüren.

Nun wird Gott zu seinem Worte stehen, ganz im Gegensatz zu dem, was die höhnischen Bemerkungen der Egoisten und Lebemänner unterstellen; aber Unverstand, Herzlosigkeit, Übelwollen von außen machen den Helden der Ehepflichten das Leben fast unerträglich schwer. Tatsächlich kann nur ein wahres, von der göttlichen Gnade getragenes Heldentum in den Herzen der jungen Gatten das Verlangen nach einer zahlreichen Kinderschar und die Freude an ihr erhalten. Aber welche Erniedrigung liegt für die Welt darin, so tief gefallen zu sein in soziale Verhältnisse, die dermaßen naturwidrig sind! Vor Gott und vor der schmerzlichen Wahrheit der Tatsachen rufen Wir mit all Unserer Kraft um beschleunigte Abhilfe; Wir vertrauen darauf, dass Unser Notruf bis an die Grenzen der Erde gehört werde und ein Echo bei denen finde, die das öffentliche Leben verantwortlich leiten und wissen müssen, dass ohne die gesunde und lebenstüchtige Familie Volk und Nation verloren sind. Es gibt vielleicht nichts, was so dringend die Befriedung der Welt verlangt wie die unsagbare Not der Familie und der Frau!

Überwindung der Furcht aus christlichen Vertrauen

Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Wer wagte zu behaupten, dass die beiden seit der Beilegung der Feindseligkeiten verflossenen Jahre bemerkenswerte Schritte vorwärts auf dem Wege der Wiederherstellung und der sozialen Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen gehabt hätten? Bei diesem Sich-Hinziehen einer Reihe ununterbrochener oder verschobener Verhandlungen verlieren die in ihrer Sehnsucht nach Ordnung, Frieden und Wiederaufbau enttäuschten Völker schließlich das Vertrauen und die Geduld.

Wir wollen nicht anklagen. Wir haben ein höheres Ziel vor Augen als über die Vergangenheit ein Urteil zu fällen. Was Wir erstreben, ist neuen und noch schwereren Übeln in der nächsten oder einer ferneren Zukunft vorzubeugen.

In Zeiten tiefer Verwirrung der Geister und der Verhältnisse setzen Wir all Unser Vertrauen in Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrschenden (2 Kor. 1,3; 1 Tim. 6, 15), und nach Gott in die Gläubigen der ganzen Welt. Daher richten Wir an sie das Wort, das der göttliche Meister so oft an seine Jünger richtet: Habt keine Furcht!

Wenn heute etwas zu fürchten ist, so ist es die Furcht selbst. Sie ist die schlechteste Beraterin, besonders in Lagen wie der gegenwärtigen. Sie taugt zu nichts als zu verwirren, blind zu machen, von dem rechten und sicheren Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit abgleiten zu lassen.

Propheten des Irrtums tragen mit List und Gewalt Welt- und Staatsauffassungen vor, die, weil naturwidrig, widerchristlich und gottlos, von der Kirche verurteilt worden sind, besonders in der Enzyklika Quadragesimo anno Unseres großen Vorgängers Pius XI. Lasst Euch weder durch die augenblicklichen Schwierigkeiten noch durch das Trommelfeuer jener Propaganda einschüchtern oder verleiten!

Die Furcht, die sich vor sich selber schämt, weiß sich ausgezeichnet zu tarnen. Manchmal hüllt sie sich in das trügerische Gewand angeblicher Liebe zu den Unterdrückten; als ob den notleidenden Völkern mit Unwahrheit und Ungerechtigkeit, mit demagogischer Taktik und mit nie einlösbaren Versprechungen gedient wäre!

Ein anderes Mal hüllt sie sich in den Schein der christlichen Klugheit und bleibt unter diesem Vorwand stumm, wenn die Pflicht es verlangt, den Reichen und Mächtigen unerschrocken « Es ist nicht erlaubt » zu sagen, sie offen zu mahnen:

Es ist nicht erlaubt, aus Gewinn- oder Herrschsucht abzuweichen von der geraden Linie der für das soziale und politische Leben entscheidenden christlichen Grundsätze, welche die Kirche wiederholt und mit aller Deutlichkeit der Menschheit von heute verkündet hat. An Euch vor allem ist der Aufruf gerichtet, rückhaltlos mitzuarbeiten an der Herbeiführung einer Gesellschaftsordnung, die einen möglichst hohen Grad wirtschaftlicher Gesundheit und sozialer Gerechtigkeit verwirklicht, so dass den Ausbeutern der Klassengegensätze die Möglichkeit genommen wird, die Enttäuschten und Enterbten dieser Welt anzulocken, dadurch, dass sie den christlichen Glauben und die katholische Kirche nicht als freundschaftlichen, sondern als feindlichen Faktor darstellen.

Der Einsatz des Katholiken für den Frieden

Gegenüber der traurigen Wirklichkeit der unheilvollen und mannigfaltigen Gegensätze, die so bitter die Welt von heute zerfleischen und ihr den Zugang zum Frieden verbauen, wäre es Gleicherweise unverantwortlich, die Augen zu schließen, um nicht zu sehen, oder die Arme zu kreuzen, um nicht zu handeln, mit der Entschuldigung, dass ja doch nichts mehr zu machen sei. Nichts mehr zu machen? Wo doch gerade die Christen der zermürbenden und lähmenden Unentschlossenheit jene Furchtlosigkeit entgegensetzen können, die mehr als die glückliche Überfülle einer reichen Natur der Ausfluss einer übernatürlichen, aus den göttlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe genährten Kraft ist. Diese Kraft wird eine mächtige Strömung reiner Luft durch die Welt leiten und so die Atmosphäre von Panik und Katastrophenstimmung, die sie zu vergiften droht, verflüchtigen. Die Augen werden sich der klaren Erkenntnis der Wahrheit und Gerechtigkeit weit öffnen. Die Ausweglosen werden, wenn sie nur ehrlichen und guten Willens sind, den Weg entdecken, um aus einer fast unerträglich gewordenen Lage herauszufinden und zum Ausgleich der scheinbar unüberwindlichen Gegensätze zu gelangen. Denn für jene, welche die Dinge im Lichte der göttlichen Weltordnung sehen, besteht kein Zweifel, dass es auch für die schwersten menschlichen und staatlichen Interessenkämpfe einen friedlichen Ausgleich gibt.

Liegt nicht vielleicht hier die Sendung des Christen, des Katholiken in die sozialen und politischen Wirren der Gegenwart hinein? Gerade deshalb nähren ja alle jene, die von den Gegensätzen und von der Zwietracht leben und sie noch eigens schüren, einen solchen Hass gegen die Kirche. Sie spüren wohl instinktiv, dass die Kirche, der von Gott gesetzte Hort der Brüderlichkeit und des Friedens, sich nicht vertragen kann mit denen, deren Götze die rohe Gewalt, der innere und äußere Machtkampf ist.

Diese Beobachtung müsste genügen, um Euch Katholiken mit heiligem Stolz zu erfüllen, denn der Hass, mit dem die Kirche verfolgt wird, zeugt für ihre geistige und sittliche Größe und die Größe ihrer Leistung zum Wohle der Menschheit.

Seid Euch dieser Größe bewusst! Sie bedeutet Sendung, Aufgabe, Verantwortung! Nicht umsonst hat die göttliche Vorsehung es gefügt, dass heute vielleicht tiefer als je zuvor das Bewusstsein der machtvollen Zusammengehörigkeit in demselben mystischen Leib alle Glieder der Kirche auf dem weiten Erdenrund erfüllt. Mag heute auch weltweit das Wühlen der dunklen Mächte der Zersetzung, der Entzweiung und der Zerstörung sein, um so überwältigender sollen sich der Einsatz der Christen, ihre Kräfte der Einheit, der Ordnung und des Friedens auswirken.

Wie könnte ein echter Katholik glauben, sich einer so dringenden Aufgabe entziehen zu dürfen? Geht also alle mit innerer Glut ans Werk. Furchtlos unter den Furchtsamen, gläubig unter den Glaubenslosen, hoffend unter den Hoffnungslosen, liebend unter den Liebeleeren.

Aufruf zu christlicher Liebe

Eure Liebe ist stark und weit wie die Welt. Wir kennen sie aus Erfahrung und können sie in etwa ermessen aus der bewunderungswürdigen Hochherzigkeit, mit der die Katholiken der wohlhabend gebliebenen Länder beitragen, um der Not der mehr verelendeten Volksmassen zu steuern. Ja, sie haben unvergleichlich mehr gegeben als die in gewissen Ländern veröffentlichten Zahlen erkennen lassen. Mit dem erneuten Ausdruck Unserer Dankbarkeit gegenüber allen Gebern verbinden Wir auch diesmal Unseren inständigen Ruf: Lasst Eure Liebe nicht erkalten, sondern zu neuer Tat ausholen!

Es gibt noch viele Gebiete, von denen ein Not- und Hilfeschrei zum Himmel steigt. Der Himmel hört diesen Notschrei, aber er will ihn erhören durch Euer Liebeswerk. Das Wort Christi « Was immer ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan » (Mt. 25, 40) gilt auch umgekehrt: Das Gute, das jeder von Euch dem notleidenden Mitbruder getan hat, hat Christus getan. Christus selbst hilft in Euch und durch Euch den Armen und Verlassenen.

In der beseligenden Gewissheit, dass Christus in jedem von uns lebt und wirkt, rufen Wir allen Unseren Söhnen und Töchtern über die Welt hin zu: Resistite fortes in fide! Widersteht stark im Glauben! Die Zukunft gehört den Glaubenden, nicht den Ungläubigen und Zweiflern.

Die Zukunft gehört den Mutigen, die stark hoffen und handeln, nicht den Kleinmütigen und Unentschlossenen. Die Zukunft gehört den Liebenden, nicht den Hassenden. Die Sendung der Kirche in die Welt, weit davon entfernt beendet zu sein, geht neuen Bewährungen und Zielen entgegen.

Die Euch von der Vorsehung in dieser entscheidungsvollen Stunde gestellte Aufgabe ist nicht, einen faulen Angstfrieden mit der Welt zu schließen, sondern einen vor dem Angesicht Gottes und der Menschheit wahrhaft würdigen Frieden für die Welt zu schaffen.

Diesen Frieden - den die Menschheit aus ihren eigenen Kräften nicht erreichen kann - von der göttlichen Barmherzigkeit der zerrissenen und zerquälten Erde zu erflehen, ist eine Pflicht, der alle, Hirten und Herde, mit brennendem Eifer obliegen müssen, besonders in diesem dem Herzen des Erlösers geweihten Monat.

Beseelt von einem unerschütterlichen Vertrauen auf die Kraft dieses Bittflehens und als Unterpfand seiner Wirksamkeit erteilen Wir Euch, ehrwürdige Brüder, und allen Unseren geliebten Söhnen und Töchtern über dem Erdenrund hin aus der Fülle des Herzens den Apostolischen Segen.