Renovationis causam (Wortlaut)

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Instruktion
Renovationis causam

Kongregation für die Ordensleute und Säkularinstitute
unseres Heiligen Vaters
Paul VI.
über die zeitgemäße Erneuerung und Ausbildung zum Ordensleben
6. Januar 1969

(Offizieller lateinischer Text: AAS 61 [1969] 103-120)

(Quelle: Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn, Herausgegeben von erzbischöflichen Generalvikariat, 112. Jahrgang, Stück 20, 31.10.1969, Beilage lateinisch/deutsch. Der Text ist identisch mit: Nachkonziliare Dokumentation Band 17, lateinisch und deutscher Text, im Auftrag der Deutschen Bischofkonferenz, S. 112-161, Paulinus Verlag Trier 1970; Imprimatur Nr. 8/70 Treveris, die 12 m. Februarii 19670 Vicarius Generalis Hofmann)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


VORWORT

Das Konzil und die Ordensgemeinschaften

Das Ökumenische Zweite Vatikanische Konzil hat das Anliegen der Erneuerung der Kirche aufgegriffen. Damit die Kirche sich einer größeren Fülle geistlicher Kräfte erfreue und fähiger werde, den Menschen unserer Zeit die Botschaft des Heiles zu bringen, hat es sich auch eingehend mit den Gliedern der Kirche beschäftigt, die das göttliche Geschenk der Ordensberufung verwirklichen. Es hat Natur, Eigenart und Bedeutung dieses Lebens klarer herausgearbeitet (1) und über seine Stellung in der Gemeinschaft der Kirche folgendes gesagt: "Der Stand, der durch das Gelöbnis der evangelischer. Räte begründet wird, ist also zwar nicht Teil der hierarchischen Struktur der Kirche, gehört aber unerschütterlich zu ihrem Leben und zu ihrer Heiligkeit (2)."

Aufgabe der kirchlichen Autorität

Weiter sagt das Konzil: "Da die kirchliche Hierarchie die Aufgabe hat, das Volk Gottes zu leiten und auf reiche Weiden zu führen (vgl. Ez 34,14), ist sie dafür zuständig, die Übung der evangelischen Räte, durch die die vollkommene Liebe zu Gott und dem Nächsten einzigartig gefördert wird, durch ihre Gesetze weise zu lenken. Sie nimmt auch in gelehriger Gefolgschaft gegenüber den Antrieben des Heiligen Geistes die von vortrefflichen Männern und Frauen vorgelegten Regeln entgegen, lässt sie weiter ordnen und erkennt sie authentisch an. Außerdem wacht sie mit ihrer Autorität schützend über die zum Aufbau des Leibes Christi allenthalben errichteten Institute, damit sie nach dem Geist ihrer Stifter wachsen und gedeihen (3)."

Erneuerung - Aufgabe der Ordensleute selbst

Die innere Lebendigkeit aber, vor allem die Erneuerung in einem vom Evangelium und von apostolischer Einstellung geprägten geistlichen Leben, das die Ordensleute bei ihrem täglich neuen und unaufhörlichen Bemühen um die größere Liebe beseelen muss, hängt in besonderer Weise von denen ab, die die Institute im Namen der Kirche und mit Gottes Hilfe zu leiten haben, zugleich jedoch auch von der großherzigen Mitarbeit aller Mitglieder. Das Ordensleben fordert nämlich naturnotwendig, ebenso wie die Kirche, jene innere Strukturierung, ohne die keine menschliche Gemeinschaft, auch keine übernatürliche Gemeinschaft, ihr Ziel erreichen und die dazu notwendigen Hilfen gewähren kann.

Notwendige Änderung juristischer Bestimmungen

Deshalb hat die Kirche aus ihrer jahrhundertelangen Erfahrung heraus allmählich ein Gesetzeswerk geschaffen, das in der Vergangenheit wesentlich zur Festigkeit und zum Fortschritt des Ordenslebens beigetragen hat. Niemand aber kann es entgehen, dass die von den heutigen Verhältnissen geforderte zeitgemäße Erneuerung der Institute nur verwirklicht werden kann, wenn die rechtlichen Normen, die sich auf die Struktur des Ordenslebens beziehen und es fördern wollen, kritisch gesichert werden.

Bedeutung der Ausbildung

"Die zeitgemäße Erneuerung der Institute hängt wesentlich von der Ausbildung der Mitglieder ab (4)." Deshalb haben viele männliche und weibliche Ordensgemeinschaften im Bemühen um die vom Konzil geforderte Erneuerung sorgfältig versucht, genauer die Erfordernisse zu umschreiben, die eine zeitgemäße Erneuerung der Ausbildung verlangt, die den Ordenskandidaten stufenweise vermittelt werden soll. Das geschah oft anlässlich der Vorbereitung des im Motu proprio "Ecclesiae sanctae" vorgeschriebenen besonderen Generalkapitels (5).

Eingabe der Generalsuperiorenvereinigung

Ergebnis dieser Bemühungen waren verschiedene Wünsche, die vor allem von der Vereinigung der Generalsuperioren der Kongregation für die Ordensleute und die Säkularinstitute vorgetragen wurden. Die Forderung ging dahin, die gegenwärtigen Rechtsbestimmungen über die Ausbildung der Ordensleute so weit zu lockern, dass die Gemeinschaften gemäß der Weisung des Dekretes "Perfectae caritatis (6)" den ganzen Ausbildungsgang unter Wahrung der Eigenart und besonderen Aufgabe jedes Institutes der Mentalität der heutigen Menschen, den gegenwärtigen Lebensbedingungen und den heutigen Erfordernissen des Apostolates besser anpassen könnten.

Notwendigkeit von Experimenten

Neue Gesetze können aber erst endgültig gegeben werden, wenn genügend weitgestreute und langandauernde Experimente ein sachentsprechendes Urteil erlauben. Erst recht erlauben die differenzierten Verhältnisse, ihre regionale Verschiedenheit und ihr täglich schnellerer Wandel es den heute für die Ausbildung zum echten Ordensleben Verantwortlichen nicht, gewissermaßen "a priori" zu bestimmen, welche Ausbildungswege die besten sind.

Primat der inneren Erneuerung

Die Kongregation für die Ordensleute und die Säkularinstitute hat viele bei ihr eingegangene Vorschläge über die verschiedenen Abschnitte der Ausbildung zum Ordensleben gründlich geprüft. Sie hält es für angebracht, bestimmte rechtliche Normen zu mildern, um die notwendigen Experimente zu ermöglichen. Wenn aber verschiedene juristische Normen abgebaut werden sollen, dann muss besonders darauf geachtet werden, dass die wesentlichen Werte des Ordenslebens keinen Schaden leiden, die ja die geltenden Gesetze gerade schützen wollten. Denn es "ist ernst zu bedenken, dass auch die besten Anpassungen an die Erfordernisse unserer Zeit ohne geistliche Erneuerung unwirksam bleiben (7)".

Soll die kritische Prüfung der Gesetze über die wesentlichen Strukturen des Ordenslebens und die Dinge, die es fördern, echt sein, muss wieder einmal das herausgestellt werden, was wesentlich zum Ordensleben gehört und durch die rechtlichen Normen geschützt werden soll. Aus diesem Grunde, und auch zum besseren Verständnis der in der Instruktion enthaltenen Neuordnung, hält es die Kongregation für richtig, den neuen Normen einige beachtenswerte Darlegungen vorauszuschicken.

I. EINIGE RICHTLINIEN UND GRUNDSÄTZE

Berechtigte Pluralität

1. Die oben erwähnten differenzierten Verhältnisse und vor allem die wachsende Verschiedenheit der Institute und ihrer Aufgaben lassen es immer weniger zu, für alle Institute und Länder in gleicher Weise geeignete Normen festzulegen. Deshalb geben die in dieser Instruktion veröffentlichten weiter gefassten Bestimmungen den einzelnen Gemeinschaften die Möglichkeit, bei der Ausbildung die Wege einzuschlagen, die ihren Verhältnissen am meisten entsprechen.

Besonders muss darauf hingewiesen werden, dass die besten Wege in der Ausbildung und Erziehung durchaus nicht gleich sind für Männer- und Frauengemeinschaften. Außerdem müssen Grundstruktur und konkrete Wege der Ausbildung verschieden sein, je nachdem es sich um eine beschauliche Gemeinschaft oder um ein Institut handelt, das sich apostolischen Arbeiten widmet.

Gelübde als Weihe an Gott

2. In dieser Instruktion wird den Instituten, die es für angebracht halten, die Vollmacht gegeben, die zeitlichen Gelübde durch andersartige Bindungen zu ersetzen. Die damit zusammenhängenden Fragen legen es nahe, sich auf das Wesen und die Bedeutung der Ordensprofess zu besinnen. Die Profess, in der sich die Mitglieder "durch die Gelübde oder andere heilige Bindungen, die jeweils in ihrer Eigenart den Gelübden ähnlich sind (8) zur Befolgung der drei evangelischen Räte verpflichten, stellt eine Weihe dar, in der sich jemand Gott gänzlich übergibt, dem allein man ein solch rückhaltloses Geschenk der menschlichen Person machen kann. Es entspricht der Natur dieses Geschenkes in besonderer Weise, dass es sich in der einfachen oder feierlichen ewigen Profess vollendet und klar zum Ausdruck kommt. Denn - "die Weihe ist ... um so vollkommener, je mehr sie durch die Festigkeit und Beständigkeit der Bande die unlösliche Verbindung Christi mit seiner Braut, der Kirche darstellt (9)". Die Ordensprofess ist so ein besonderer Akt der Gottesverehrung und eine besondere Weihe, in der sich jemand Gott übergibt.

Bedeutung des Gehorsams

Nicht allein aus der Lehre der Kirche, sondern auch aus der Eigenart dieser Weihe ergibt sich, dass das Gelübde des Gehorsams wesentlich zur Ordensprofess gehört. In ihm vollendet sich die Absage an sich selbst und bringt sich der Ordensmann zugleich mit den Gelübden der Keuschheit und der Armut Gott gleichsam als vollkommenes Opfer dar (10).

Indienstnahme für die Kirche

Auf diese Art Christus geweiht, wird der Ordensmann zugleich auch für die Kirche in Dienst genommen. Es ist seine Berufung, die apostolische Liebe vollkommen zu üben. Sie muss ihn bei allem bewegen und antreiben, ob er nun ein kontemplatives Leben führt oder verschiedene aktive Aufgaben erfüllt. Wenn auch in den apostolisch ausgerichteten Instituten "die apostolische und karitative Tätigkeit zum eigentlichen Wesen des Ordenslebens (11)" gehört, so ist doch darauf hinzuweisen, dass diese Tätigkeiten nicht das Hauptziel der Ordensprofess sind. Wenn ferner die gleichen apostolischen Aufgaben auch ohne die Weihe, die sich aus dem Ordensstand ergibt, erfüllt werden können, so kann und muss die Profess jedoch denen, die sich durch Gelübde gebunden haben, helfen, sich um so intensiver den apostolischen Aufgaben zu widmen.

Wenn also auch das Ordensleben in seiner konkreten Gestalt erneuert wird, so darf man dabei doch in keiner Weise das Wesen der Ordensprofess verändern oder die mit ihr verbundenen eigentümlichen Forderungen herabsetzen. Die von Gott zum Ordensstand berufenen Jugendlichen sehnen sich auch heute danach, diese Berufung mit allem, was dazu gehört, zu verwirklichen, soweit es sich um echte und sachlich richtige Forderungen handelt.

Geltungsbereich der Instruktion

3. Außer den eigentlichen Ordensgemeinschaften sind vor allem in neuester Zeit unter dem Antrieb des Heiligen Geistes in der Kirche viele Institute entstanden, deren Mitglieder sich - mit oder ohne heilige Bindung - auf ein gemeinsames Leben und die Befolgung der evangelischen Räte festlegen. Sie binden sich, um sich verschiedenen Aufgaben des Apostolates oder der Nächstenliebe zu widmen. Die Kirche hat die berechtigte Eigenart dieser Lebenswege anerkannt und bestätigt. Diese Gemeinschaften gehören aber nicht zum eigentlichen Ordensstand, wenn sie auch im kanonischen Recht teilweise ähnlich behandelt werden. Die Normen und Vorschriften dieser Instruktion gelten zunächst nur für die eigentlichen Ordensgemeinschaften. Die anderen Institute können sie nach eigenem Ermessen in den Punkten befolgen, die der rechten Ordnung der Ausbildung ihrer Mitglieder entsprechen und der Besonderheit ihrer Tätigkeiten am meisten dienlich sind.

4. Viele bekannte Erfahrungstatsachen haben es nahegelegt, die in dieser Instruktion enthaltenen Vollmachten zu gewähren. Auf sie sei kurz eingegangen.

Bedeutung des Noviziates

Eine gediegene Ausbildung zum Ordensleben muss heute wohl eher schrittweise erfolgen und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Sie muss das Noviziat und die Jahre umfassen, die auf die erste zeitliche Bindung folgen. Im Ablauf dieser Ausbildung muss das Noviziat seine durch nichts zu ersetzende Bedeutung behalten. Es dient in besonderer Weise der ersten Einführung ins Ordensleben. Dieser Zweck kann aber nur erreicht werden, wenn der zukünftige Novize ein Mindestmaß an allgemein-menschlicher und religiöser Bildung besitzt, die nicht nur festzustellen, sondern oft erst noch zu vervollständigen ist.

Die notwendige Reife

Jeder einzelne Kandidat darf das Noviziat erst dann machen, wenn er sich seiner Berufung von Gott bewusst ist und die allgemein-menschliche und religiöse Reife besitzt, die es ihm erlaubt, im notwendigen und klaren Wissen um die Pflichten des Ordenslebens und in Freiheit dieser Berufung zu folgen. Das Ordensleben sollte nämlich erst dann begonnen werden, wenn diese Entscheidung frei gefällt und die Trennung von den Menschen und den Dingen, die sie mit sich bringt, bejaht wird.

Diese erste Entscheidung fordert selbstverständlich nicht, dass der Kandidat von Anfang an all das verwirklichen kann, was das Ordensleben und die Aufgaben des Institutes fordern. Man muss aber den Eindruck haben, dass er fähig ist, allmählich in all das hineinzuwachsen. Ein Großteil der Schwierigkeiten, die heute bei der Ausbildung der Novizen auftreten, haben im allgemeinen ihren Grund darin, dass diese bei der Zulassung zum Noviziat noch nicht die notwendige Reife besaßen.

Gründe für ein Postulat

Gerade die Tatsache, dass die heutige Welt immer weniger vom Christentum geprägt ist, fordert demnach die Notwendigkeit einer Vorbereitung auf den Beginn des Noviziates. In den meisten Fällen erweist sich eine stufenweise fortschreitende geistliche und psychologische Anpassung als notwendig, um die innere Bereitschaft für eine Trennung von den bisherigen Lebensumständen und weltlichen Gewohnheiten zu wecken. Auch die jungen Menschen von heute, die sich vom Ordensleben angezogen fühlen, suchen keinen leichten Weg; sie haben im Gegenteil Sehnsucht nach dem Absoluten. Aber während sie ein großes weltliches Wissen besitzen, stützt sich ihr Glaubensleben oft nur auf bescheidene religiöse Kenntnisse.

Bedeutung des Postulates

Deshalb müssen alle Ordensgemeinschaften, auch diejenigen, die kein Postulat vorschreiben, der Vorbereitung auf das Noviziat große Bedeutung beimessen. In Instituten mit apostolischen Schulen, Kollegien oder Seminaren, beginnen die Kandidaten im allgemeinen sofort nach dem Schulabschluss das Noviziat. Man sollte sich überlegen, ob man diesen Brauch beibehalten soll, oder ob es nicht besser wäre, der Zulassung zum Noviziat eine angemessene Zeit der Erprobung vorauszuschicken, die dem Kandidat helfen könnte, die notwendige allgemeinmenschliche und affektive Reife zu erlangen. Die Kandidaten würden so besser auf die Entscheidung zum Ordensleben vorbereitet, die in voller Kenntnis der Pflichten zu fällen ist.

Auch wenn sich die Fragen von Land zu Land verschieden stellen, so ist doch darauf hinzuweisen, dass das für die Zulassung zum Noviziat erforderliche Alter höher als früher angesetzt werden muss.

Ausbildung zum apostolischen Ordensleben

5. In den apostolisch tätigen Gemeinschaften hat sich bezüglich der Ausbildung im Noviziat, die Notwendigkeit herausgestellt, die Novizen von Anfang an unmittelbarer auf den späteren Lebensstil und die künftigen Aufgaben vorzubereiten und sie dazu anzuleiten, in ihrem Leben allmählich die Einheit von Kontemplation und apostolischer Tätigkeit zu verwirklichen. Diese Einheit gehört ja zu den wichtigsten und erstrangigen Werten dieser Gemeinschaften. Voraussetzung für ihre Verwirklichung ist die rechte Kenntnis des eigentlichen Wesens des geistlichen Lebens und der Wege, die zu einer engeren Verbindung mit Gott führen; alles geschieht ja unter dem Antrieb der einen Liebe zu Gott und den Menschen, die sich in der einsamen tiefen Begegnung mit Gott und im großmütigen Einsatz bei den apostolischen Arbeiten offenbart. Die jungen Ordensleute müssen allerdings darauf hingewiesen werden, dass die ersehnte Einheit, nach der alles Leben strebt, um sich voller zu entfalten, nicht im Bereich der menschlichen Tätigkeiten verwirklicht wird, und normalerweise auch nicht der psychologischen Erfahrung zugänglich ist. Sie gründet vielmehr in der göttlichen Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist und alles Begreifen übersteigt.

Grundgesetz des geistlichen Lebens in aktiven Gemeinschaften

Diese Einheit wird nur erreichen, wer sich lange in der Selbstverleugnung geübt hat und sich bei seinem Tun ernsthaft um die rechte Absicht bemüht. Auch muss in den genannten Gemeinschaften das für sie charakteristische Grundgesetz des geistlichen Lebens beachtet werden. Es fordert den rechten Wechsel zwischen Zeiten, in denen man in Einsamkeit für Gott da ist, und Zeiten, in denen man sich den verschiedenen Aufgaben und dem sich daraus ergebenden Umgang mit den Menschen widmet.

Ausbildungsfördernde Einsätze während des Noviziates

Damit die Novizen bei der Verwirklichung der verschiedenen institutseigenen Aufgaben die Bedeutung dieses Grundgesetzes erkennen und sich daran gewöhnen, scheint es angebracht, den Gemeinschaften, die sich davon einen Nutzen versprechen, die Vollmacht zu geben, in den Ablauf des Noviziates eine ausbildungsfördernde Tätigkeit oder Zeiten der praktischen Erprobung einzuführen, die den Aufgaben und dem Lebensstil der Gemeinschaft entsprechen.

Aufgabe dieser Einsätze

Dabei ist zu beachten, dass diese ausbildungsfördernde Tätigkeit die Noviziatsausbildung vervollständigen soll. Sie soll den Novizen nicht die technische und fachliche Ausbildung geben, die bestimmte apostolische Aufgaben erfordern - diese ist ihnen später zu vermitteln -, sondern sie soll ihnen helfen zu erkennen, was ihre Ordensberufung von ihnen fordert und wie sie ihr treu bleiben können.

Ordensleben als Zeugnis

Die Ordensleute müssen sich bei all den verschiedenen apostolischen Tätigkeiten, die sich ihnen anbieten, bewusst sein, dass sie in erster Linie eine andere Aufgabe als die Säkularinstitute haben, die sich bei der Ausübung der ihnen eigenen Tätigkeit der Mittel dieser Welt bedienen oder innerweltliche Berufe ausüben. Die Ordensleute sollen nach der Lehre des Konzils vor allem in einzigartiger Weise Zeugen Christi in der Gemeinschaft der Kirche sein: "Die Ordensleute sollen sorgfältig darauf achten, dass durch sie die Kirche wirklich von Tag zu Tag mehr den Gläubigen wie den Ungläubigen Christus sichtbar mache, wie er auf dem Berg in der Beschauung weilt oder wie er den Scharen das Reich Gottes verkündet oder wie er die Kranken und Schwachen heilt und die Sünder zum Guten bekehrt oder wie er die Kinder segnet und allen Wohltaten erweist, immer aber dem Willen des Vaters gehorsam ist, der ihn gesandt hat (12)."

Treue zur eigenen Berufung

Die Gaben Gottes sind verschieden. Deshalb bleibe jeder seiner Berufung treu. Die zum Ordensstand in der Kirche Berufenen haben ihre besondere Aufgabe, die Säkularinstitute eine andere, und wiederum anders ist die innerweltliche und apostolische Aufgabe der Laien, die sich Gott nicht in besonderer Weise in einer Gemeinschaft geweiht haben.

Ernstnehmen der Ausbildung

Im Wissen um das Besondere der eigenen Berufung soll der zum Ordensstand Berufene die Bedeutung und die besondere Eigenart der Ausbildung begreifen, die ihm vom Noviziat an vermittelt wird.

Verschiedene Wertung der praktischen Einsätze

In der Tat müssen Eigenart und Bedeutung dieser Tätigkeit für die Erziehung sowie die Zweckmäßigkeit, sie in den Noviziatsablauf einzubauen, ganz verschieden beurteilt werden, je nachdem es sich um Institute von Männern oder Frauen, um kontemplative oder apostolisch tätige Ordensgemeinschaften handelt.

Aufgabe des Novizenmeisters und der Kommunität

Die Wirksamkeit dieser Ausbildung, die sich im Klima einer größeren Freiheit und Beweglichkeit vollzieht, wird stark von der Klugheit und Festigkeit des Novizenmeisters und all derer abhängen, die sich nach dem Noviziat um die Ausbildung der jungen Ordensleute bemühen. Auch ist die große Wichtigkeit zu beachten, die bei dieser Ausbildung einer hochherzigen, eifrigen und einträchtigen Kommunität zukommt, in deren Mitte die jungen Ordensleute die Bedeutung gegenseitiger brüderlicher Hilfe erfahren. Von ihr gestützt können sie sich in ihrem Beruf entfalten und ihm besser treu bleiben.

6. Um dem Erfordernis einer schrittweisen Ausbildung zu entsprechen, hat man die Frage aufgeworfen nach einer Verlängerung der Zeit vor der ewigen Profess, während der man sich auf Probe zeitlich bindet, und ebenso die Frage nach der Einführung andersartiger Bindungen an Stelle oder vor Ablegung der zeitlichen Gelübde.

Verlängerung der zeitlichen Bindung

Bei Ablegung der ewigen Profess soll der Ordensmann jene geistige Reife erreicht haben, die notwendig ist, damit der Ordensstand, an den er sich nun fest und endgültig bindet, für ihn eine Hilfe zur leichteren Erreichung der Vollkommenheit und zur Verwirklichung der größeren Liebe ist; nicht eine Last, die er nicht tragen kann. Eine Verlängerung der Probezeit kann diese Reife in bestimmten Fällen ganz gewiss fördern; aber es ist auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass sie in anderen Fällen schaden kann. Es fördert nicht immer die Reife, wenn jemand allzu lange im Zustand der Ungewissheit verbleibt; dieser Zustand kann sogar bei manchen eine Neigung zur Unbeständigkeit begünstigen. Dazu kommt noch, dass bei einer etwaigen Nichtzulassung zur ewigen Profess die Rückkehr zum Leben eines Laien den Betreffenden oft vor die Notwendigkeit einer erneuten Anpassung stellt. Das ist aber um so schwieriger, je länger die Dauer der zeitlichen Bindungen war. Deshalb sollen sich die Obern der Verantwortung ihres Amtes bewusst sein und eine Entscheidung auf Entlassung, die früher hätte gefällt werden können und müssen, nicht bis zum letztmöglichen Termin hinausschieben.

Umwandlung der zeitlichen Gelübde in andersartige Bindungen

7. Bevor ein Institut von der Vollmacht dieser Instruktion Gebrauch macht und beschließt, die zeitlichen Gelübde durch andersartige Bindungen zu ersetzen, soll man die Gründe für diese Änderung und ihre Eigenart ausführlich bedenken. Es ist von großer Bedeutung, dass derjenige, der sich von Jesus gerufen weiß, alles zu verlassen und ihm zu folgen, dieser Einladung vom Anfang des Ordenslebens an großmütig und aus ganzem Herzen folgt. Dieser heiligen Bindung entspricht die Ablegung der zeitlichen Gelübde in vollkommener Weise. Wenn auch die Ablegung der ersten Gelübde wegen ihrer zeitlichen Beschränkung den Charakter der Erprobung hat, lässt sie doch den Kandidaten an der dem Ordensstand eigentümlichen Weihe voll teilnehmen.

Aber man kann sich auch ohne zeitliche Profess auf die ewigen Gelübde vorbereiten. Es kommt heute öfter als früher vor, dass Kandidaten bei Abschluss des Noviziates noch nicht die genügende geistige Reife erlangt haben, um sich sofort durch Ordensgelübde zu binden, obwohl an ihrer Großherzigkeit und ihrer echten Berufung zum Ordensstand nicht zu zweifeln ist. Sie schwanken zwar noch, ob sie die Gelübde ablegen sollen, haben aber oft eine sehr klare Vorstellung von den Erfordernissen und der großen Bedeutung der ewigen Profess, die sie erstreben und auf die sie sich vorbereiten wollen. Deshalb halten es viele Ordensgemeinschaften für gut, dass sich die Novizen nach Abschluss des Noviziates nicht durch Gelübde, sondern durch eine andere zeitliche Verpflichtung binden, in der allerdings ihr doppelter Wunsch zum Ausdruck kommt, sich an Gott und das Institut zu binden und sich gründlicher auf die ewige Profess vorzubereiten. Aber ganz gleich, welche Form diese zeitliche Bindung haben mag, es entspricht der Treue gegenüber der echten Ordensberufung, dass sie sich irgendwie auch auf das bezieht, was die drei evangelischen Räte fordern, und so schon auf die einmalige ewige Profess hingeordnet ist, für die sie gleichsam Lehrzeit und Vorbereitung ist.

Zeiten außerhalb der Ordensgemeinschaft

8. Wer die Verpflichtung auf sich nimmt, dem Herrn im Ordensleben zu folgen, muss sich an das Herrenwort erinnern: "Niemand, der seine Hand an den Pflug gelegt hat und zurückblickt, ist tauglich für das Reich Gottes" (Lk 9, 62). Bei der allmählichen Eingewöhnung ins Ordensleben haben aber manche mit psychologischen und affektiven Schwierigkeiten zu kämpfen, die nicht immer schon beim Abschluss des Noviziates überwunden sind, auch wenn man an der Echtheit ihrer Berufung nicht ernsthaft zweifeln kann. In vielen Fällen können die Oberen bei der Bewältigung der Schwierigkeiten dadurch helfen, dass sie den betreffenden Mitgliedern im Rahmen der allgemeinen Rechtsbestimmungen die Möglichkeit bieten, eine bestimmte Zeit außerhalb eines Hauses des Instituts zu verbringen. In schwierigen Fällen genügt das nicht immer. Die Oberen können dann den Mitgliedern gegebenenfalls in Anwendung der in Nr. 38 dieser Instruktion gewährten Vollmacht den Rat geben, in die Welt zurückzukehren.

Unmittelbare Vorbereitung auf die ewige Profess

9. Die nach abgewogenem Plan auf die verschiedenen Lebensabschnitte des jungen Ordenschristen verteilte schrittweise Ausbildung zum Ordensleben muss ihren Abschluss in einer gründlichen Vorbereitung auf die ewigen Gelübde finden. Diesem einmaligen und entscheidenden Akt, durch den der Ordenschrist Gott für immer geweiht wird, sollte eine genügend lange Vorbereitung unmittelbar vorausgehen. Der Kandidat soll sie in Zurückgezogenheit und Gebet verbringen. Sie sollte gewissermaßen ein zweites Noviziat darstellen.

II. BESONDERE NORMEN

Die Kongregation für die Ordensleute und Säkularinstitute ist bestrebt, notwendige und nützliche Experimente zu fördern, die zu einer erneuerten und angepassten Ausbildung zum Ordensleben hinführen. Deshalb hat sie in ihrer Plenarsitzung vom 25. und 26. Juni 1968 all diese Fragen reiflich erwogen, und dann Sorge getragen, im besonderen Auftrag Papst Pauls VI. durch diese Instruktion folgende Normen zu erlassen und zu veröffentlichen.

Grundordnung der Ausbildung

10.-I. Die Ausbildung zum Ordensleben umfasst zwei wesentliche und notwendige Abschnitte: das Noviziat und die auf das Noviziat folgende, je nach der Eigenart der Institute verschieden lange Probezeit, während der die Mitglieder durch zeitliche Gelübde oder andersartige zeitliche Verpflichtungen gebunden sind.

II. Der Zulassung zum Noviziat geht gewöhnlich noch eine Probezeit von verschiedener Dauer voraus, die in manchen Instituten vorgeschrieben ist: das Postulat.

Allgemeine Aufgabe des Postulates

11.-I. Diese vorherige Probezeit hat den Zweck, Eignung und Berufung des Kandidaten zu beurteilen, sein religiöses Wissen festzustellen und es, soweit nötig, auf geeignete Art zu vervollständigen. Auch soll sie einen allmählichen Übergang vom Leben in der Welt zum Lebensstil des Noviziates ermöglichen.

Feststellung der notwendigen Reife

II. Während dieser Probezeit ist besonders zu prüfen, ob der Kandidat die für das Ordensleben notwendige allgemein-menschliche und affektive Reife erreicht hat, die hoffen lässt, dass er fähig ist, sich in der richtigen Art zum Leben im Ordensstand zu verpflichten und darin, vor allem während des Noviziates, zu größerer Reife zu gelangen.

Konsultation von Fachärzten

III. Wenn es der Obere in bestimmten schwierigen Fällen für angebracht hält, mit Zustimmung des Kandidaten einen erfahrenen und klugen Facharzt der Seelenheilkunde, der sich auch durch seine moralische Einstellung empfiehlt, zu Rate zu ziehen, ist es wünschenswert, dass diese Untersuchung um einer größeren Wirksamkeit willen erst durchgeführt wird, nachdem ein längerer Teil der Probezeit verstrichen ist. Dann kann der Facharzt sein Urteil auf hinreichende Erfahrungen aufbauen.

Konkrete Normen für das Postulat

12.-1. In den Gemeinschaften, in denen das Postulat vom allgemeinen Recht oder von den Konstitutionen vorgeschrieben ist, kann das Generalkapitel im Rahmen der Normen dieser Instruktion die Zeit des Postulates so ordnen, wie es einer besseren Vorbereitung auf den Noviziatsbeginn entspricht.

II. In den anderen Instituten ist es Aufgabe des Generalkapitels, Art und zeitliche Dauer dieser vorherigen Probezeit zu bestimmen. Sie kann für die einzelnen Kandidaten verschieden sein. Soll sie aber wirksam werden, darf sie nicht zu kurz sein; für gewöhnlich soll sie aber auch die Dauer von zwei Jahren nicht überschreiten.

III. Es ist wünschenswert, dass diese Probezeit nicht im Noviziatshaus verbracht wird. Es kann sogar nützlich sein, wenn sie ganz oder teilweise außerhalb eines Hauses der betreffenden Gemeinschaft durchgeführt wird.

IV. Während dieser vorherigen Probezeit sollen die Kandidaten der Leitung erfahrener Ordensleute unterstellt werden. Das gilt auch für den Fall, dass sie außerhalb eines Hauses der Ordensgemeinschaft leben. Zwischen diesen und dem Novizenmeister herrsche eine enge Zusammenarbeit, um die Kontinuität der Ausbildung sicherzustellen.

[Fortsetzung folgt]