Zelebrationsrichtung

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Zelebrationsrichtung oder Gebetsrichtung nennt man die Stellung des Zelebranten in der Heiligen Messe. Die Heilige Messe kann sowohl "versus populum" (zum Volk hin) als auch versus absidem ("zur Apsis hin") oder versus Deum ("auf Gott hin") gefeiert werden. Beide Stellungen stimmen mit dem liturgischen Recht überein, beide sind als korrekt anzusehen. <ref>Antwort der Gottesdienstkongregation an Fr. Joseph Fessio im Jahr 2000</ref>

Die Kongregation für den Gottesdienst sagt im September 2000, dass die physische (topographische) Ausrichtung von der geistlichen (theologischen) unterschieden werden muss. Wenn der Priester versus populum feiert, solle seine geistliche Ausrichtung genau wie die der Gemeinde doch immer versus Deum per Iesum Christum (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein. Für die Ausrichtung auf Gott ist somit unerheblich, in welche Richtung der Zelebrant gewendet ist.

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Hintergrund

In der frühen Kirche waren beide Zelebrationsrichtungen möglich und üblich. In einem Teil der älteren römischen Kirchen war der Altar so positioniert, dass der Zelebrant mit dem Gesicht zum Volk zelebrierte. Erst im frühen Mittelalter setzte die Tendenz ein, den Altar an die hintere Chorwand zu schieben, in Entsprechung zu der theologischen Tendenz dieser Epoche, das Heilige und Unnahbare des liturgischen Geschehens stärker zu betonen. Auch die in dieser Zeit aufkommende Gewohnheit, dass beim Gebet alle nach Osten blicken sollten, führte dazu, dass die Stellung des Priesters am Altar fast ausnahmslos die mit dem Rücken zur Gemeinde wurde, in der er an der Spitze der Gemeinde Gott Gebet und Opfer darbringt.

Das Missale Romanum sah jedoch noch bis 1962 die (ausnahmsweise) Möglichkeit vor, dass der Priester auch zum Volk gewandt zelebriert.<ref>Ritus servandus in celebratione Missæ Nr. V.3 ([1]; Josef Andreas Jungmann: Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe, Bd. 1, 5. Aufl. Nova & vetera Verlag, Bonn und Herder Verlag, Wien-Freiburg-Basel 1962, S. 332-335 und S. 332 Anm. 12; Ansprache Vous Nous avez vom 23. September 1956</ref>

Eine der augenfälligsten Veränderungen im Zuge der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durchgeführten Reform des römischen Messritus ist die Errichtung eines zum Volk gewandten Altars ("Volksaltar") in den meisten Kirchen, zunächst als Provisorium, dann vielerorts im Zuge von Kirchenrenovierungen als Dauerlösung. Gleichzeitig wurde in vielen Kirchen auch die Position der übrigen Prinzipalien (Priestersitz, Ambo und Tabernakel) neu überdacht und geordnet. Es ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seitdem zur Regel geworden, dass der Zelebrant bei der Feier der Eucharistie hinter dem Altar steht im Gegenüber zu den Gläubigen. Die Einheitlichkeit, mit der sich in wenigen Jahren die celebratio versus populum in der ganzen römisch-katholischen Kirche verbreitete, führte zu dem Missverständnis, die Abwendung des Priesters vom Volk sei charakteristisch für den Alten Ritus nach dem Missale Papst Pius' V., wohingegen die Zuwendung des Priesters zum Volk zum Novus Ordo Missae Papst Pauls VI. gehöre. Auch wird nicht selten angenommen, die Stellung des Zelebranten versus populum in der Messfeier sei von der durch das II. Vaticanum inaugurierten Liturgiereform neu gefordert oder vorgeschrieben.<ref> vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 19.</ref> Tatsächlich ist die Stellung des Zelebranten dem Volk gegenüber bereits in der frühen Kirche praktiziert worden.

In der Änderung der Gebetsrichtung wird eine anthropozentrische statt theozentrische Haltung in der Liturgie gesehen<ref> Theozentrik der Liturgie als wichtiger Beitrag zur Neuevangelisierung Kathnews am 30. Mai 2013 </ref>. Dies zeigt nicht nur die liturgische Gebetsrichtung, sondern auch Anordnung des Tabernakels nicht mehr in der Zentralachse des Presbyteriums, sondern an einem anderen Ort, wie es allerdings bis zum 14. Jahrhundert bereits üblich gewesen war.

"Die Zelebrationsrichtung versus populum erscheint heute geradezu als die eigentliche Frucht der liturgischen Erneuerung durch das II. Vaticanum. In der Tat ist sie die sichtbarste Folge der Neugestaltung, die nicht nur eine äußere Anordnung liturgischer Orte bedeutet, sondern auch eine neue Idee vom Wesen der Liturgie als gemeinschaftlichem Mahl einschließt. [...] Die Wendung des Priesters zum Volk formt nun die Gemeinde zu einem in sich geschlossenen Kreis. Sie ist - von der Gestalt her - nicht mehr nach vorne und oben aufgebrochen, sondern schließt sich in sich selber." (in: Joseph Kardinal Ratzinger, Der Geist der Liturgie.)

Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Bis zum Pontifikat Pius XII. war es üblich, dass der Priester sich beim Gebet mit der Gemeinde "auf den Herrn hin" ausrichtete. In der Tradition der geosteten Kirchen war das die Richtung auf die aufgehende Sonne als Symbol für die Auferstehung und Wiederkunft Christi, auf die die Apsis der Kirche hin ausgerichtet war. Im Lauf der Geschichte und mit Aufkommen der eucharistischen Frömmigkeit erhielt der Tabernakel in den meisten Kirchen seinen Platz im Apsisscheitel auf dem Altar. Zum Motiv des "wiederkehrenden Christus" kam nun der in der Eucharistie gegenwärtige Christus als Richtung und Ziel für das Gebet.

Im Dekret Sanctissimam eucharistiam maximo der Ritenkongregation vom 1. Juni 1957 sagt der Punkt 4, dass er in Kirchen, wo sich nur ein einziger Altar befindet, nicht so angeordnet werden dürfe, dass der Priester zum Volk hin zelebriert.

Das Zweite Vatikanische Konzil

Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium vom 4. Dezember 1963 macht keine ausdrückliche Aussage zur Zelebrationsrichtung. In Nr. 128 der Konstitution steht: "Die Canones und kirchlichen Statuten, die sich auf die Gestaltung der äußeren zur Liturgie gehörigen Dinge beziehen, sind zugleich mit den liturgischen Büchern [...] unverzüglich zu revidieren. Das gilt besonders von den Bestimmungen über würdigen und zweckentsprechenden Bau der Gotteshäuser, Gestalt und Errichtung der Altäre, edle Form des eucharistischen Tabernakels, seinen Ort und seine Sicherheit."<ref> Christoph Kardinal Schönborn: Zweites Vaticanum sagt nichts über die Zelebrationsrichtung Kath.net am 5. Juni 2007</ref>

Das nachkonziliare Lehramt

Die Instruktion Inter oecumenici vom 26. September 1964 legt die Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium<ref> "Die zur Durchführung der Liturgiekonstitution ergehenden Ausführungsbestimmungen päpstlicher Stellvertretungsorgane, also der Ritenkongregation und des Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia (5), müssen sich inhaltlich an die Konstitution anschließen, sofern sie den Charakter von Ausführungsbestimmungen in Anspruch nehmen. Was über die Konstitution hinausgeht oder ihr widerspricht, ist keine Ausführungsbestimmung; seine rechtliche Verbindlichkeit bleibt in einem gewissen Zwielicht. Zwar ist nicht zweifelhaft, dass die Heiligen Kongregationen der Römischen Kurie mit besonderer Ermächtigung des Heiligen Vaters Gesetze erlassen können, die konziliares Recht abändern. Denn sie partizipieren an der Gewalt des höchsten, universalen Gesetzgebers der Kirche. Aber sie können dies nur, wenn sie klar erkennbar machen, dass sie gerade nicht in Durchführung des Konzils handeln, dass sie keine Ausführungsbestimmungen erlassen wollen. Nehmen sie dagegen in Anspruch, dem Konzil zur Durchführung zu verhelfen, dann stehen und fallen ihre Vorschriften mit der Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung mit den Dokumenten des Konzils": Prof. Dr. Georg May: "Der Gebrauch der Volkssprache in der Liturgie nach der Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Heilige Liturgie vom 4. Dezember 1963. S. 4."; siehe auch: Papst Paul VI. Ansprache Haud mediocre vom 29. Oktober 1964 an die Mitglieder und Berater des "Consilium", die zur turnusgemäßen Sitzung nach Rom gekommen waren. </ref> weit aus: "Es ist wünschenswert (praestat, wörtlich: «es ist besser»), dass der Hochaltar von der Rückwand getrennt errichtet wird, so dass man leicht um ihn herumgehen und an ihm zum Volk hin zelebrieren kann. Er soll in den heiligen Raum hineingestellt sein, dass er wirklich die Mitte ist, der sich von selbst die Aufmerksamkeit der ganzen versammelten Gemeinde zuwendet. Bei der Auswahl des Materials für den Aufbau und die Ausstattung des Altars müssen die Rechtsvorschriften eingehalten werden. Auch sei das Presbyterium um den Altar herum so weiträumig, dass die heiligen Handlungen bequem vollzogen werden können." und Nr. 95 "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht“.<ref> Nr. 91+95.</ref>

In Nr. 92 Abs. 1 fordert die Instruktion, dass die Sitze für den Priester und seine Gehilfen von den Gläubigen gut gesehen werden können. Und Nr. 92 Abs. 2 erklärt ihre Aufstellung hinter dem Altar für zulässig. Damit ist erneut für die "celebratio versus populum" Stellung bezogen.

Sowohl die Trennung des Altares von der Rückwand als auch die Aufstellung des Priestersitzes hinter dem Altar zeigen eine Gedankenrichtung an, die den horizontalen Bezug - von Mensch zu Mensch, von Priester zum Volk - stärker hervorhebt als den vertikalen - von Mensch zu Gott, von der mit dem priesterlichen Haupt vereinten Gemeinde zu Gott. Sie lässt die Anbetung Gottes hinter dem Dialog der Menschen zurücktreten. Die Objektivität der gemeinsamen Ausrichtung von Priester und Volk auf den dreifaltigen Gott ist zugunsten der Subjektivität des menschlichen Kontaktes gemindert. <ref>Georg May: Die Prinzipien der jüngsten kirchlichen Gesetzgebung über die Aufbewahrung und die Verehrung der heiligsten Eucharistie, S.4</ref> Ebenfalls bei der Konzelebration sollen die Gläubigen den heiligen Ritus gut verfolgen können, "deshalb wird es angebracht sein, dass die Konzelebranten nicht an der dem Volk zugewandten Seite des Altares stehen."<ref>Dekret Ecclesiae semper (mit Ritus)</ref>

Am 25. Januar 1966 schreibt Giacomo Kardinal Lercaro, der Vorsitzende des Consilium, einen Brief an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen und erklärt zur Ausführung der Liturgiekonstitution, dass bei der Erneuerung der Altäre «Klugheit ... die Führung behalten» müsse: "Erstens ist die Wendung des Altars zum Volk hin für eine lebendige Teilnahme an der Liturgie nicht unentbehrlich: Der gesamte Wortgottesdienst der Messe wird am Priestersitz oder am Ambo, also im Gegenüber zur Gemeinde, gefeiert. Was den eucharistischen Teil betrifft, so ermöglichen nunmehr allgemein gewordene Lautsprecheranlagen die Teilnahme zur Genüge. Zweitens ist auf die Architektur und künstlerische Ausstattung zu achten, die in vielen Ländern auch von strengen bürgerlichen Gesetzen geschützt werden."<ref>(Lercaro (1966),160, zitiert in der Übersetzung von Rennings-Klöckener Dokumente zur Erneuerung der Liturgie (1983), 311).</ref>

Ein Jahr später zitiert die Instruktion Eucharisticum mysterium vom 25. Mai 1967 in Nr. 54: "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht“ (Inter oecumenici Nr. 95).

In der Allgemeinen Einführung in das neue Römische Messbuch («Institutio Generalis Missalis Romani») von 1969 ist wieder die Zelebrationsrichtung durch Nummer 262 angedeutet: «Der Hauptaltar soll von der Wand getrennt gebaut werden, so dass er leicht umschritten werden und auf ihm die Zelebration versus populum (zum Volk hin) ausgeführt werden kann ... » Die Einführung in der Neuauflage des Missales vom Jahre 2002 hat diesen Text unverändert übernommen, aber am Schluss noch einen Nebensatz angefügt, der so lautet: «Dies sollte der Fall sein, wo immer es möglich ist.» Diese Ergänzung wurde von vielen Seiten als eine Verschärfung des Textes von 1969 in dem Sinn aufgefasst, dass es nun eine allgemeine Verpflichtung gebe, die Altäre «wo immer möglich» zum Volk hin gewendet zu bauen. <ref>aus: Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 7)</ref>

Die Rubriken des Missale Romanum Pauls VI. berücksichtigen eine Gleichrichtung im Gebet von Priester und Volk bei wesentlichen Teilen der Eucharistiefeier. Dies geht daraus hervor, dass bei dem Orate, fratres, dem Pax Domini, dem Ecce, Agnus Dei und dem Ritus conclusionis jeweils angeführt wird, dass der Priester sich hierfür dem Volk zuwendet.<ref> Missale Romanum (1970), Ordo Missae cum populo, 391 (Nr. 25: versus ad populum), 473 (Nr. 128: ad populum conversus), 474 (Nr. 133: ad populum versus) und 475 (Nr. 142: versus ad populum) aus: Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 22); ebenfalls die deutschsprachigen Bischöfe: Die Bischöfe Deutschlands, Österreichs, der Bistümer Bozen-Brixen und Lüttich schreiben in der Gemeindemesse im Messbuch und im Gotteslob von 1975 vor:

A) Einladung zum Gabengebet : MB I Seite 346 : Der Priester spricht der Gemeinde zugewandt ... ; Gl (alt) Nr. 359,5 : der Priester wendet sich zur Gemeinde.

B) beim Friedensgebet : MB I S. 518 : Der Gemeinde zugewandt breitet der Priester die Hände aus und spricht: Der Friede des Herrn sei mit Euch; (+Gl (alt) Nr. 364,2).

C) Einladung zur KOMMUNION MB I S. 521 : ... und spricht zur Gemeinde gewendet. .. ; (Gl (alt) 365,1).

D) Kommunionspendung: MBI S. 522 : zum Altar gewandt spricht der Priester leise: Der Leib Christi schenke mir das ewige Leben; Gl (alt) 365,2 : zum Altar gewandt («ad altare versus») empfängt der Priester den Leib und das Blut Christi.

E) Segen und Entlassung: MB I S. 530 : Der Priester, zur Gemeinde gewandt; Gl (alt) 366,2+4 : Der Priester, der Gemeinde zugewandt.

Da im Gotteslob von 2013 keine Rubriken der Heiligen Messe aufgenommen wurden, findet sich auch keine Aussage zur Zelebrationsrichtung.</ref> Diese Bestimmungen gelten für die Zelebration in beide Richtungen; für den Fall der Zelebration versus Deum schreiben sie vor, dass er sich der Gemeinde zuwendet, der er bei anderen Zelebrationsformen bereits zugewendet ist. Dasselbe gilt für die entsprechenden Bestimmungen der Institutio Generalis, Nr. 107, 115, 116 und 122 (vgl. zur Konzelebration Nr. 198 und 199), auch wenn sie im einzelnen von den Rubriken des Ordo Missae cum populo abweichen.

Im Frühjahr 2000 wurde die Institutio Generalis zur dritten Editio typica des erneuerten Missale Romanum zu Studienzwecken veröffentlicht. Die dortige Formulierung signalisiert unmissverständlich, dass die celebratio versus populum nicht erzwungen werden soll, vielmehr sollen beide Formen der Zelebration ermöglicht werden.

Am 10. April 2000 approbierte Papst Johannes Paul II. das Missale Romanum. Es erschien im Frühjahr 2002. Die Rubriken zur Zelebrationsrichtung wurden beibehalten wie im Missale Romanum 1970.<ref> (Missale Romanum [2002], Ordo Missae, 515 [Nr. 28], 600 [Nr. 127], 601 [Nr. 132 und 133], 603 [Nr. 141])</ref>

An 25. September 2000 erklärte die Kongregation für die göttliche Liturgie eine Auslegung der Institutio Generalis, zur dritten Editio typica, für abgewiesen. Das Wort «expedit» (sollte der Fall sein) drücke keine Verpflichtung, sondern eine Empfehlung aus. Die physische Ausrichtung, so sagt die Kongregation, müsse von der geistlichen unterschieden werden. Wenn der Priester «versus populum» feiert, solle seine geistliche Ausrichtung doch immer «versus Deum per Iesum Christum» (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein.

Die Ostkirchenkongregation hat in der Instruktion Il padre incomprensibile vom 6. Januar 1996 eindrücklich darauf hingewiesen, dass die Feier der Liturgie versus orientem und somit die Gleichwendung von Priester und Volk eine von alters her überlieferte, bedeutungsvolle und lebendige Tradition darstellt, die im Bereich der mit Rom unierten orientalischen Kirchen zu bewahren ist.<ref> (Conversi ad Dominum, S. 113)</ref>

Die "Celebratio ad Deum" im Rahmen des Bildes vom "wandernden Gottesvolk"

Der Innsbrucker Liturgiker Josef Andreas Jungmann, einer der Architekten der Liturgie-Konstitution des II. Vaticanum, hatte sich von Anfang an entschieden gegen das Schlagwort gewandt, der Priester habe bisher «mit dem Rücken zum Volk zelebriert». Jungmann hatte demgegenüber herausgestellt, dass es sich nicht um eine Abwendung vom Volk, sondern um Gleichrichtung mit dem Volk handelte.<ref>Aus dem Vorwort von Joseph Kardinal Ratzinger zum Buch Conversi ad Dominum von Uwe Michael Lang, S. 9. </ref>

Wenn sich der Liturge zusammen mit den Gläubigen beim Gebet dem Altar zukehrt, so ist er der sichtbare Anführer des pilgernden Gottesvolkes im gemeinsamen Aufbruch zum wiederkommenden Herrn. Die gemeinsame Gebetsrichtung ist ein Ausschauen nach dem Ort des Herrn und hält den eschatologischen Charakter der Eucharistiefeier lebendig, die ausgerichtet ist auf eine künftige Vollendung in der Gegenwart des lebendigen Gottes.<ref> Vgl. Ratzinger (2000), 65-66: «Die Gebetsrichtung nach Osten ist Tradition vom Anfang her und grundlegender Ausdruck der christlichen Synthese von Kosmos und Geschichte, von Verankerung im Einmaligen der Heilsgeschichte und von Zugehen auf den kommenden Herrn». Die kosmische Dimension der Liturgie wird von Ratzinger exemplarisch grundgelegt. </ref> So ist die liturgische Versammlung als pilgernde Kirche (Ecclesia peregrinans) offen auf die Versammlung der Heiligen in der himmlischen Stadt, wie der Hebräerbrief in Erinnerung ruft: "Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind; zu Gott, dem Richter aller, zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten, zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels" ({{#ifeq: Brief an die Hebräer | Zelebrationsrichtung |{{#if: Hebr|Hebr|Brief an die Hebräer}}|{{#if: Hebr |Hebr|Brief an die Hebräer}}}} 12{{#if:22-24|,22-24}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}).

Der Priester feiert die Eucharistie nicht «zum Volk hin», sondern die ganze Gemeinschaft feiert zu Gott hin gewandt, durch Jesus Christus im Heiligen Geist.

Im Kirchenbau wurde dieser Gedanke in der Grundform der "Wegekirche" verwirklicht, die der Architekt Rudolf Schwarz in den 1930er-Jahren neben anderen Typen von Kirchen entwickelte. Der gesamte Kirchenbau samt dem Altarraum ist so angeordnet, dass die ganze Gemeinde, die Gottesdienstbesucher und der Priester an ihrer Spitze, sich in dieselbe Richtung wenden, „unterwegs zum Herrn hin“, dem wiederkehrenden Christus entgegen. Die Richtung zum „schlechthin Offenen“ (Rudolf Schwarz<ref>Rudolf Schwarz: Kirchenbau. Welt vor der Schwelle. Heidelberg 1960. (Nachdruck: Regensburg 2007, ISBN 978-3-7954-1961-5, S. 24.</ref> wird durch ein Bild, ein Kruzifix, den Tabernakel oder eine weiße Stirnwand symbolisch vorgegeben. Die Ostung von Kirchen bedeutet eine Ausrichtung des ganzen Gebäudes in Richtung der aufgehenden Sonne, eines Symbols für die Auferstehung.

Bei der Zelebrationsrichtung versus populum kann die Gemeinde, gleichsam in sich gekehrt, dazu neigen, dass sie die transzendente Dimension der Eucharistiefeier nicht mehr wahrnimmt. Eine Überbetonung des kommunitären Aspekts würde sozusagen zu einer "geschlossenen Gesellschaft" führen, die nicht offen ist auf die unsichtbare Versammlung der Heiligen im Himmel und auf die anderen irdischen Versammlungen der Christen. Gewissermaßen dialogisiert die Gemeinde mit sich selbst.<ref> Joseph Kardinal Ratzinger, in. Conversi ad Dominum, S. 119</ref> Garriga sieht eine weitgehende Desakralisierung und Säkularisierung der Liturgie, die mit einer nahezu ausschließlich horizontalen Vision des christlichen Lebens einhergeht und letztlich ihren Grund in einer defizienten Christologie hat.<ref>aus: Conversi ad Dominum, S. 120+121: GARRIGA T., «La sacra liturgia fonte e culmina della vita ecclesiale», in: R. Fisichella (Hg.), Il Concilio Vaticano II. Recezione e attualità alla luce deI Giubileo, Mailand 2000, 46-65</ref>

Bouyer<ref>BOUYER L., Mensch und Ritus, Mainz 1964 (Dt. Übersetzung von Le Rite et L 'Homme, Paris 1962, S. 90; aus: Conversi ad Dominum, S. 117) </ref> fordert: «Die sakramentale Welt darf nie zu einer von der realen Welt getrennten Welt werden». Und Christoph Kardinal Schönborn betont, wie wichtig sinnenhafte Zeichen, etwa die Gleichwendung im Gebet, sind, um den Glauben zu «inkarnieren».<ref>aus: Conversi ad Dominum, S. 118</ref>

Der Altar als Christussymbol im Zentrum der ihn Umstehenden

Der Opferaltar als Mitte der sich um ihn herum (wörtlich!) versammelnden Gemeinde (die circumstantes "die Umstehenden" des Canon Missae) ist ein starkes christozentrisches Zeichen der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, wenn bei der Eucharistiefeier Christus in den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig ist. Dieser Gedanke wurde etwa seit den 1930er-Jahren im Kirchenbau verwirklicht und war übernommen aus den Hauskapellen zeitgenössischer Benediktinerabteien. Einen bedeutenden Impuls zur mystischen Verinnerlichung des Messopfers in diese Richtung gab der Maria Laacher Benediktiner Odo Casel mit dem "Ideal der Circumstantes", der "den Altar Umstehenden"; er bezog diese Christozentrik in gleicher Weise auf den Altar, den handelnden Priester und die Gemeinde als Corpus Christi, wobei Priester und Mitfeiernde einen Kreis bilden.<ref>Horst Schwebel: Art. "Kirchenbau V. in: Gerhard Krause,Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, Berlin, New York 1989, S. 517.</ref> Der Altar als Christussymbol, um den herum sich die Gemeinde (die "Circumstantes") beim Messopfer versammelt, stellt Christus als Sohn Gottes in die Mitte der liturgischen Versammlung - eine ebenso "christozentrische" Ausrichtung wie die Ausrichtung aller nach Osten, gegen die aufgehende Sonne als Zeichen des wiederkehrenden Christus:

"Der Hauptaltar muss so angeordnet und gestaltet sein, dass er stets als ein Zeichen Christi erscheint, als der Ort, an dem die Heilsmysterien gefeiert werden, und gleichsam als die Ehrfurcht gebietende Mitte der versammelten Gemeinde."<ref>Ritenkongregation und Consilium Pauls VI.: Instruktion Eucharisticum mysterium über die Feier und Verehrung des Geheimnisses der Eucharistie vom 25. Mai 1967, Nr. 24.</ref>

Bei der Neugestaltung des Innenraums der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin, einem Rundbau aus dem 18. Jahrhundert nach dem Vorbild des Pantheons in Rom, erklärte die Jury am 30. Juni 2014 zu dem preisgekrönten Entwurf: "Der Raum wird eindeutig als Kirche erkannt, der Altar im Zentrum – drumherum die sich versammelnde Gemeinde – ein sehr archaischer aber überzeugender Gedanke." Der Jury gehörten Erzbischof Rainer Kardinal Woelki und Bischof Friedhelm Hofmann an.<ref>Erzbistum Berlin, Pressemeldung vom 1. Juli 2014.</ref>

Literatur

Päpstliches

Pius XII.

Weblinks

Anmerkungen

<references />