Staatskirchenverfassung

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Unter einer staatskirchlichen Verfassung der Religion ist die Einheit von Staat und Kirche unter Oberhoheit des Staates zu verstehen. Sie wurde typischerweise von der Orthodoxie praktiziert, indem die Kirche von Byzanz dem oströmischen Kaiser untergeordnet war. Bis zum Schisma von 1054 respektierte Byzanz jedoch die besondere Stellung (in geistlichen Fragen), die der Bischof von Rom als Papst aus der Nachfolge Petri herleitete. Das römische Papsttum hat seinerseits seit 1075 unter Gregor VII. einen vielhundertjährigen Konflikt um die Vorrangstellung der Kirche gegenüber den abendländischen Fürsten riskiert. Beeinträchtigt durch staatskirchliche Modelle in Spanien und Frankreich (Gallikanismus), die Reformation, die Abtrennung der Anglikanischen Kirche und schließlich den habsburgischen Josephinismus in Österreich, schien dieser Kampf am Vorabend der frz. Revolution 1789 verloren zu sein. Aus den napoleonischen Kriegen ging der Papst jedoch gestärkt hervor und kehrte auf die diplomatische Bühne im Wiener Kongreß 1815 zurück. Nach dem Verlust des Kirchenstaates war das päpstliche Rom unter Pius IX. ab 1870 überdies imstande, den streng geistlichen Charakter seiner Sendung näher zu konturieren, so dass im II. Vatikanischen Konzil eine neue Zuordnung im Staat-Kirche-Verhältnis möglich wurde.

Gegenüber der Orthodoxie und auch den Kirchen der Reformation hat der Katholizismus die größere Wirksamkeit seiner Konzeption historisch unter Beweis gestellt. Im Kontrast zum religiösen Rechtssystem des Islam ordnet die katholische Religion zwar die Kirche als der Politik und Gesellschaft höherrangig ein, akzeptiert jedoch die relative Autonomie der weltlichen Zuständigkeiten. Andere Konfessionen vermögen seit dem Bruch der Bündnisse von Thron und Altar hierzu keine eindeutige Position mehr zu beziehen. Auf das tradierte Privileg, im Staat eine religiöse Alleinstellung zu beanspruchen, verzichtete aber die katholische Kirche schließlich auch in Portugal, Spanien und Italien, wo eine katholische Variante von Staatskirchenverfassung noch bis in die Gegenwart fortdauerte. So steht das Problem der Staatskirchenverfassung heute der Ökumene nicht mehr im Wege. Die Einheit der Kirche(n) unter geistlicher Leitung erscheint somit erstmals seit Jahrhunderten als eine überhaupt erreichbare Möglichkeit, zumal einige theologische Gegensätze im Dialog aufgearbeitet werden konnten. Das Papsttum, größtes Hindernis der Wiedervereinigung im Glauben, könnte zugleich zur Brücke der Verständigung über ein "staatsfreies" Konzept des Christentums werden

Siehe auch: Schweizer Staatskirchentum