Ad-limina-Ansprache von Papst Paul VI. an die Bischöfe von West- und Mitteldeutschland am 16. Mai 1977

Aus kathPedia
Zur Navigation springenZur Suche springen

Ansprache von Papst Paul VI. an die südwestdeutschen Bischöfe beim Ad-limina-Besuch am 16. Mai 1977

(Offizieller lateinischer Text: AAS 69 [1977] 534-537)

(Quelle: Papst Paul VI., Wort und Weisung im Jahr 1977, Libreria Editrice Vaticana und Butzon & Bercker Verlag 1978, S 299-302 (556 Seiten, Mit kirchlicher Druckerlaubnis Nr 305/6-7/78 Münster. den 9. März 1978 Dr. Spital, Generalvikar, ISBN 3-7666-9018-3)

ENGE VEREINIGUNG ALLER KRÄFTE

Ehrwürdige Brüder!

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus" (Röm 1,7). Mit diesem Segensgruß des hl. Paulus an die erste christliche Gemeinde in Rom heißen wir Sie zu Ihrem "ad-limina"-Besuch in der Ewigen Stadt herzlich willkommen. Zugleich gedenken wir bei dieser frohen Begegnung Ihrer Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt, der Ordensleute sowie aller Gläubigen Ihrer Diözesen der südwestdeutschen Kirchenprovinzen, die Sie hier vertreten. In besonderer Weise bekunden wir unsere aufrichtige Verbundenheit und Wertschätzung den verehrten Oberhirten der Diözesen Mainz und Freiburg, den hochwürdigsten Herren Kardinal Hermann Volk und Erzbischof Hermann Schäufele, denen es leider nicht vergönnt ist, an diesem brüderlichen Gespräch teilzunehmen.

Ihnen allen gelten in gleicher Weise unsere anerkennenden Worte, die wir bei Gelegenheit des "ad-limina"-Besuchs der nordwestdeutschen Bischöfe mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz über den engagierten Einsatz der Kirche Ihres Heimatlandes für die Erneuerung und Vertiefung des religiösen Lebens und für die Verlebendigung des christlichen Sendungsauftrags in der Gesellschaft und der Welt von heute zum Ausdruck gebracht haben. Die Grundlage eines solchen gemeinschaftlichen Engagements einer Ortskirche bildet stets das persönliche Bemühen des einzelnen jeweils verantwortlichen Oberhirten und seiner Priester und Gläubigen. In dem Fünfjahresbericht, den Sie anlässlich dieses Ihres Besuches bei den zuständigen Stellen des Hl. Stuhls eingereicht haben, geben Sie von dieser Seelsorgsarbeit in Ihren Diözesen zugleich Zeugnis und Rechenschaft. Seien Sie versichert, dass auch wir diese mit der gebührenden Aufmerksamkeit und Würdigung zur Kenntnis nehmen werden. Auch bei der jetzigen mehr kollegialen Form unserer Begegnung mit den Bischöfen während ihres "ad-limina"-Besuchs gelten unsere Liebe und Zuneigung, unsere brüderliche Ermutigung oder auch Ermahnung einem jeden einzelnen Oberhirten, also auch einem jeden von Ihnen ganz persönlich.

Neben der sehr bedeutsamen und grundlegenden Lehre von der Kollegialität der Bischöfe bleibt auch weiterhin wichtig und gültig, was das Zweite Vatikanische Konzil mit folgenden Worten in Erinnerung gebracht hat: "Die einzelnen Bischöfe, denen die Sorge für eine Teilkirche anvertraut ist, weiden unter der Autorität des Papstes als deren eigentliche, ordentliche und unmittelbare Hirten ihre Schafe im Namen des Herrn, indem sie ihre Aufgabe, zu lehren, zu heiligen und zu leiten an ihnen ausüben" (Christus Dominus, Nr. 11).

Es ist uns ein besonderes Anliegen, Sie, ehrwürdige Brüder, entsprechend dem uns vom Herrn übertragenen Auftrag in dieser Hirtensorge für Ihre Diözese und Ihre Gläubigen zu ermutigen und zu bestärken. Der Bischof ist zuerst und vor allen anderen der Oberhirte und erste Seelsorger der ihm anvertrauten Menschen, der Priester ebenso wie der Laien. Vom guten Hirten aber sagt Christus, dass er die Seinen kennt und die Seinen ihn kennen. Deshalb ist gerade der persönliche Kontakt und das beratende Gespräch mit den Priestern und Gläubigen seiner Diözese das vordringliche Anliegen eines jeden Bischofs. Wir möchten Sie in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass sich hierzu in einer besonderen Weise der Besuch des Bischofs in den Gemeinden anlässlich der Spendung der heiligen Firmung eignet. Es wird sich deshalb jeder Bischof darum bemühen, diesem ihm vorrangig zustehenden Seelsorgsauftrag soweit wie nur möglich persönlich nachzukommen und ihm nach einer angemessenen Rangordnung der sonstigen vielfältigen Verpflichtungen den gebührenden Platz einzuräumen.

Da der Bischof zur wirksamen Erfüllung seines Hirtenamtes vor allem guter und eifriger Mitarbeiter bedarf, gilt seine vordringliche Sorge den Priestern, Diakonen und Laienhelfern und insbesondere dem zentralen Anliegen der geistlichen Berufe. Die Priester sind in Gemeinschaft mit dem Bischof die unmittelbaren und unersetzlichen "Verwalter der göttlichen Geheimnisse" (1 Kor 4, 1). Wie Christus seine Jünger nicht mehr Knechte, sondern Freunde genannt hat, so ist auch der Bischof seinen Priestern als Freund und Vater nahe, stützt sie in ihren Sorgen und Schwierigkeiten und hält sie in ihrem Dienst an den Gemeinden auch mit besonderem Nachdruck zur Förderung von Priester- und Ordensberufen an. Es ist die vorzügliche Aufgabe gerade der Priester, zusammen mit ihren Gläubigen für ihre Nachfolger im Priester- und Vorsteheramt Sorge zu tragen. Sie sollen sich darum bemühen, den Jugendlichen eine umfassende Kenntnis der Person und der Botschaft Jesu Christi zu vermitteln und sie zu einer tiefen Liebe zu Christus und seiner Kirche sowie zur bereitwilligen Annahme des Opfers zu führen. Nur durch die Überwindung der Glaubensunsicherheit und des Mangels an hochherzigem Idealismus und Opfergeist kann die gegenwärtige Krise in der Kirche allmählich und wirksam behoben werden. Die Bischöfe und Priester müssen hierbei durch ihr eigenes Lebenszeugnis, durch ihre Treue zu Christus und der Kirche den ihnen anbefohlenen Gläubigen beispielhaft vorangehen. Denn der gute Hirt gibt sogar sein Leben für seine Schafe (vgl. Joh 10, 11-15).

Wir wissen, ehrwürdige Brüder, um Ihren Einsatz und Ihr Bemühen im Bereich der Liturgie und der Sakramentenpastoral, in der Jugend- und Erwachsenenkatechese und in der brüderlichen Begegnung mit den nichtkatholischen Christen. Es gilt darin trotz nicht geringer Schwierigkeiten mit Beharrlichkeit und Zuversicht fortzufahren. In besonderer Weise möchten wir Ihnen jedoch heute ans Herz legen, die Gläubigen zu einem vertieften Verständnis und zum gewissenhaften Empfang des Bußsakramentes zu führen und sie zur Heiligung der Sonn- und Feiertage anzuhalten. Die Erneuerung des religiösen Lebens hat stets mit der Bekehrung unseres Herzens, mit Buße und Umkehr zu beginnen. Wir müssen Gott in unserem Denken und Handeln wiederum den ersten Platz einräumen und ihn in der Gemeinschaft mit den Glaubensbrüdern (vgl. Ga16, 10) vor den Menschen und der Welt als unseren Herrn bekennen. Angesichts der Schwierigkeiten, denen gerade in der heutigen Zeit die gemeinschaftliche und organisierte Form des Apostolates bei nicht wenigen Gläubigen begegnet, möchten wir Ihnen schließlich noch die Förderung von zeitgemäßen gemeinschaftsbildenden Initiativen sowie der katholischen Vereinigungen in den Pfarreien, auf Diözesan- und Landesebene besonders anempfehlen. Individualismus und Isolierung stehen nicht im Einklang mit der apostolischen Berufung des Christen. Das Zeugnis für Christus wird leichter und überzeugender durch gemeinschaftlichen Zusammenschluss und gemeinsamen planvollen Einsatz. Nur in enger Vereinigung ihrer Kräfte sind die Gläubigen noch imstande, die dem Apostolat in der Welt von heute gestellten Aufgaben erfolgreich zu erfüllen.

Wir möchten dieses unser kurzes brüderliches Gespräch mit Ihnen mit den mahnenden Worten des hl. Petrus zusammenfassen und beschließen, die Ihnen in Ihrer weiteren seelsorglichen Tätigkeit als Oberhirten in Ihren Diözesen als Einladung und Ermutigung stets vor Augen stehen sollen: "Weidet die euch anvertraute Herde Gottes, aber nicht, weil ihr dazu gezwungen seid, sondern freiwillig, wie Gott es will; ... seid nicht Beherrscher eurer Gemeinden, sondern seid ein Vorbild für eure Herde! Wenn dann der höchste Hirte erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen" (1 Petr 5, 2-4).

Dass Gott, der Herr, selbst Ihnen mit seiner Gnade dazu beistehen und dies in seiner Güte gewähren möge, erteilen wir Ihnen und allen Ihrer Hirtensorge anvertrauten Mitarbeiter und Gläubigen in Ihren Diözesen in der Liebe Christi unseren besonderen Apostolischen Segen.