Ecclesiae fastos (Wortlaut)

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Enzyklika
Ecclesiae fastos
unseres Heiligen Vaters

Pius XII.
an die ehrwürdigen Brüder, die Erzbischöfe und Bischöfe von England, Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien und Holland sowie die anderen Oberhirten, die in Frieden mit dem Apostolischen Stuhle leben,
5. Juni 1954

zur 1200. Jahrfeier des seligen Hinscheidens des heiligen Bischofs und Blutzeugen Bonifatius

(Quelle: Herder-Korrespondenz, Herder Verlag Freiburg im Breisgau, 8. Jahrgang, Heft 11, August 1954, S. 506-512. Die Nummerierung und Abschnittseinteilung folgt der englischen Fassung auf der Vatikanseite)
(Offizieller lateinischer Text: AAS 46 [1954] 337-356)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ehrwürdige Brüder!
Gruß und Apostolischen Segen!

Einleitung

1 Die Gedenktage der Kirche nicht nur im Geiste, sondern auch in öffentlichen Feiern zu begehen, ist höchst geziemend und angebracht; denn aus ihnen ist leicht zu ersehen, dass in der von Jesus Christus gegründeten Gemeinschaft kein Jahrhundert ohne Heilige war. Überdies ergibt sich aus ihnen wie von selbst, dass die Beispiele hoher Tugend, wenn sie an solchen Gedenktagen aufleuchten und allen ausdrücklich vor Augen gestellt werden, die Herzen mächtig anregen, nach Kräften das Gleiche zu erstreben.

2 Wir fanden deshalb Gefallen an der Mitteilung, dass in jenen Nationen, die sich aus besonderem Grund dem hl. Bonifatius, der edlen Zierde und Leuchte des Benediktinerordens, zum Dank verpflichtet wissen, in diesem Jahre die Zwölfhundertjahrfeier seines Martyriums und Heimgangs in das himmlische Vaterland mit großer Freude und mit öffentlichen Gebeten begangen werden soll.

3 Wenn aber eure Völker Grund haben, den heiligen Mann zu verehren und seiner Großtaten bei diesem festlichen Anlass zu gedenken, so hat noch weit mehr Grund dazu der Apostolische Stuhl, der es dreimal erlebte, wie Bonifatius nach langer und harter Wanderung in frommer Pilgerart Rom betrat, vor dem Grab des Apostelfürsten verehrend die Knie beugte und von Unseren Vorgängern als treuergebener Sohn den Missionsauftrag erbat, um seinem dringenden Verlangen gemäß entlegenen und primitiven Volksstämmen den Namen des göttlichen Heilands und christliche wie menschliche Gesittung bringen zu können.

4 Angelsächsischem Stamm entsprossen, fühlte er schon in der ersten Blüte seines Lebens drängend den Ruf von oben, dem väterlichen Erbe und den Lockungen der Welt Lebewohl zu sagen und sich hinter schützenden Klostermauern abzuschließen, um sich leichter der Betrachtung der ewigen Dinge widmen und ganz nach den Forderungen des Evangeliums formen zu können. Dort machte er in den klassischen Studien und theologischen Disziplinen und ebenso in der christlichen Tugend so große Fortschritte, dass er zum Oberen seines Klosters erwählt wurde. Da er jedoch den Zug zu Höherem und Weiterem in sich fühlte, hatte er schon lange im Sinn, sich in ferne Lande zu wilden Völkern zu begeben, um sie mit dem Licht der Frohbotschaft zu erleuchten und dem Geist der christlichen Gebote zu erfüllen. Nichts vermochte ihn aufzuhalten, nichts ihn wankend zu machen; nicht der Abschied von der geliebten Heimat, nicht die weiten und beschwerlichen Wanderungen, auch nicht die Gefahren, die ihm von seiten unbekannter Völker begegnen konnten. In seinem Missionseifer lag etwas so Tatkräftiges, so Stürmisches und Starkes, dass ihm menschliche Erwägungen und menschliche Bande nicht Einhalt gebieten konnten.

I. Das Leben des hl. Bonifatius

5 Es ist in der Tat zu verwundern, dass England, das ungefähr hundert Jahre zuvor von Gregor dem Großen, Unserem Vorgänger unsterblichen Andenkens, durch Entsendung einer wackeren Schar von Benediktinern unter Führung des hl. Augustinus nach so manchen Wechselfällen zur christlichen Religion heimgeführt worden war - es ist zu verwundern, sagen Wir, dass England sich schon damals durch einen so festen Glauben hervortat und die drängende christliche Liebe in ihm solche Blüten trieb. Einem überströmenden Flusse gleichend, der das umliegende Land bewässert und fruchtbar macht, sandte es aus eigenem freiem Antrieb eine gute Zahl seiner besten Männer zu den übrigen Völkern, um sie für Jesus Christus zu gewinnen, eng mit dessen Stellvertreter auf Erden zu verbinden und diesem so gleichsam den Dank abzustatten für die empfangenen Wohltaten der katholischen Religion, menschlicher Gesittung und christlicher Lebensart.

6 Wer unter ihnen durch glühenden apostolischen Eifer und durch Seelenstärke, gepaart mit Milde im Benehmen, hervorragt, das ist zweifellos Winfried, der nachher vom hl. Papst Gregor II. den Namen Bonifatius erhielt. Mit einer der Zahl nach kleinen, aber durch Tugend ausgezeichneten Schar von Gefährten machte er sich an sein Missionswerk, nach dem er sich schon seit langem sehnte. Er verließ zu Schiff die Gestade Englands und landete an Frieslands Küste. Da aber der tyrannische Herrscher dieses Landes ein scharfer Gegner der christlichen Religion war, hatten die Bemühungen des hl. Bonifatius und seiner Gefährten keinen Erfolg. So sah er sich nach vergeblichen Anstrengungen und nutzlosen Versuchen gezwungen, mit seinen Mitarbeitern in die Heimat zurückzukehren.

In Rom

7 Doch sein Mut sank nicht; nicht lange nachher entschloss er sich, nach Rom zu gehen, sich an den Apostolischen Stuhl zu wenden und vom Stellvertreter Jesu Christi demütig den heiligen Auftrag zu erbitten, kraft dessen er mit der Gnade Gottes leichter das hohe Ziel zu erreichen hoffte, das er so sehnlichst erstrebte. Nachdem er "glücklich zu den Stufen des seligen Petrus gelangt war" (1) und das Grab des Apostelfürsten mit tiefer Andacht verehrt hatte, bat er inständig Unseren Vorgänger seligen Andenkens, Gregor II., vorgelassen zu werden.

8 Gern empfing ihn der Papst, dem er "den Anlass seiner Reise und seines Kommens genau auseinandersetzte und eröffnete, von welchem Verlangen getrieben er schon länger sich abgemüht habe. Da schaute der heilige Papst freudigen Antlitzes und mit freundlichem Blick auf ihn" (2) und spornte seinen Mut an, dieses lobenswerte Werk mit Vertrauen in Angriff zu nehmen. Er stellte ihm dafür ein Apostolisches Schreiben und Apostolische Vollmacht aus.

In Deutschland

9 Die vom Stellvertreter Jesu Christi erhaltene Sendung erschien ihm als Gnadenkraft und Hilfe Gottes, mit der er, allen Schwierigkeiten von seiten der Menschen und Verhältnisse trotzend, sein so lang ersehntes Werk unter günstigeren Aussichten und mit reicherer Frucht beginnen und fortführen könnte. Er durchzog als apostolischer Sämann verschiedene Gegenden Deutschlands und Frieslands. Wo es noch keine Spur christlicher Lehre gab, sondern nur wilde und rohe Sitten herrschten, da streute er mit freigebiger Hand den Samen des Evangeliums aus und befruchtete ihn mit seiner unausgesetzten Arbeit und seinem Schweiß. Wo aber Christengemeinden des rechtmäßigen Hirten entbehrten und verelendeten oder von verkommenen und unwissenden Dienern des Heiligtums weit vom wahren Glauben und den rechten Sitten ferngehalten wurden, da war er der kluge und scharf durchgreifende Erneuerer des privaten und öffentlichen Lebens, der besorgte und unermüdliche Arbeiter, der eifervolle Erwecker und Wiederhersteller jeglichen Tugendlebens.

Bischof

10 Bonifatius' gedeihliches Wirken wurde an Unseren schon genannten Vorgänger gemeldet. Dieser berief ihn an den Apostolischen Stuhl und eröffnete dem aus Bescheidenheit Widerstrebenden, "dass er ihm den Rang eines Bischofs zugedacht habe, damit er um so beharrlicher alle Irrenden belehren und auf den Weg der Wahrheit führen könne, je mehr er durch die Vollmacht apostolischer Würde gestützt werde, und damit er für seine Glaubensverkündigung um so offenere Herzen finde, je höher er dadurch stehe, dass er vom Apostolischen Oberhirten mit ihr beauftragt sei" (3).

11 Vom Papst selbst zum "Regional- oder Gebietsbischof" geweiht, kehrt er in die weiten, ihm anvertrauten Gebiete zurück, wo er, durch die neue Würde und Autorität gehoben, mit noch eifrigerem Bemühen sich den apostolischen Arbeiten widmet.

12 Wegen seiner hohen Tugend und seines brennenden Eifers für die Ausbreitung des Reiches Jesu Christi waren ihm dieser Papst und auch dessen Nachfolger sehr zugetan. Der hl. Gregor III. ernannte ihn ob seiner hervorragenden Verdienste zum Erzbischof, ehrte ihn durch das heilige Pallium und erteilte ihm die Vollmacht, die kirchliche Hierarchie in jenen Gebieten gültig zu errichten oder neu zu ordnen sowie neue Bischöfe zu weihen "zur Erleuchtung des Volkes Germaniens" (4). Der hl. Zacharias bestätigte ihn mit einem liebevollen Schreiben und mit höchstem Lob in seinem Amt (5) An Stephan III. endlich, kurz nach seiner Wahl, schrieb der schon seinem Ende Entgegengehende einen ehrfurchtsvollen Brief (6).

Der Missionar

13 Vertrauend auf die Autorität und das Wohlwollen dieser Päpste, durchwanderte Bonifatius während seiner ganzen Amtszeit mit immer größerem Eifer weite, noch in der Finsternis des Irrtums liegende Gebiete, erhellte sie durch das Licht der Wahrheit des Evangeliums und eröffnete für sie durch seine unermüdliche Tätigkeit ein neues Zeitalter christlicher und bürgerlicher Kultur. Friesland, Sachsen, Austrasien, Thüringen, Franken, Hessen, Bayern kannten ihn als unermüdlichen Sämann des göttlichen Worts und als Vater jenes neuen Lebens, das aus Jesus Christus kommt und durch seine Gnade genährt wird. Sehnlich wünschte er, auch zu jenem "alten Sachsenland" (7) zu gelangen, aus dem, wie er glaubte, seine Ahnen stammten. Doch konnte er diesen Wunsch nicht verwirklichen.

14 Zur Durchführung seines gewaltigen Werkes erbat er sich neue Arbeitsgefährten und auch Gefährtinnen - nämlich Klosterfrauen, unter denen Lioba durch ein Leben biblischer Vollkommenheit hervorragt - aus den Benediktinerklöstern seiner Heimat, die damals durch ihre Lehre, ihren Glauben und ihre Liebeswerke in Blüte standen. Die Gefährten kamen sehr bereitwillig und leisteten ihm wertvollste Hilfsarbeit. Es fehlte auch in den durchwanderten Gebieten selbst nicht an Menschen, die, einmal zum Licht des Evangeliums gelangt, mit so feurigem und tatkräftigem Willen die angenommene Religion erfassten, dass sie sich nach Kräften bemühten, sie möglichst auch allen übrigen zu bringen. Nachdem also, durch die Autorität der Päpste, wie Wir sagten, gestützt, "der hl. Bonifatius begonnen hatte, allenthalben als neuer geistlicher Führer göttliche Wahrheit zu pflanzen, dämonisches Unwesen auszurotten, Klöster und Kirchen zu bauen und weise Hirten für sie zu bestellen" (8), änderte sich allmählich der Zustand jener Gebiete. Man konnte sehen, wie zahlreiche Scharen von Männern und Frauen zu den Predigten des apostolischen Mannes eilten, wie sie ihn hörten und innerlich ergriffen wurden, alten Aberglauben aufgaben, in Liebe zum göttlichen Erlöser entbrannten, ihre rauhen und verderbten Sitten seiner milden Lehre anpassten, durch das Taufwasser sich entsündigen ließen und ein völlig neues Leben begannen. Da wurden für Mönche und Nonnen Klöster errichtet, die nicht allein Stätten der christlichen Religion, sondern auch der Kultur, der feineren Bildung, des höheren Wissens und der Künste waren. Dort wurden unwegsame, unerforschte und düstere Wälder zweckmäßig gelichtet oder gerodet und jungfräulicher Boden zum Nutzen der Gemeinschaft bebaut. Allenthalben begann man mit dem Neubau menschlicher Wohnungen, die im Lauf der Jahrhunderte zu volkreichen Städten werden sollten.

15 Die ungebändigte Nation der Germanen, die, sehr auf ihre Freiheit bedacht, niemals jemandem untertänig werden wollte und die, nicht einmal durch die übermächtigen Waffen der Römer eingeschüchtert, niemals dauernd in deren Botmäßigkeit gekommen war, wird von den waffenlosen Kündern des Evangeliums von einem Ende bis zum anderen aufgesucht und beugt ihnen schließlich folgsam die stolze Stirn. Sie wird von der Schönheit und Naturgemäßheit der neuen Lehre gewonnen, ergriffen, angezogen, und schließlich geschieht es, dass sie sich dem milden Joch Jesu Christi gern und willig unterwirft.

Vater der Deutschen

16 Dank der Tätigkeit des heiligen Bonifatius leuchtete ohne Zweifel dem Volk der Germanen ein neues Zeitalter auf; neu nicht nur wegen der christlichen Religion, sondern auch im Sinn eines mehr gesitteten und menschenwürdigen Lebens. Daher darf dieses Volk mit Fug und Recht ihn als seinen Vater betrachten und ehren, und es möge ihm immer dankbare Gesinnung bewahren und seinem herrlichen Tugendbeispiel in Werk und Tat nachleben. "Geistlicher Vater wird ja nicht nur der allmächtige Gott genannt, sondern auch alle, durch deren Wort und Beispiel wir in der Erkenntnis der Wahrheit unterwiesen und zu beharrlichem religiösem Leben angespornt werden ... Genau so kann der heilige Bischof Bonifatius Vater aller Bewohner Germaniens genannt werden, weil er sie zuerst durch das Wort der Glaubensbotschaft für Christus gezeugt und durch sein Beispiel bestärkt hat und weil er zuletzt sogar sein Leben für sie hingegeben hat in einer Liebe, wie sie größer niemand zu bezeugen vermag." (9)

Klostergründer

17 Unter den verschiedenen Klöstern, deren er nicht wenige in jenen Gebieten erbauen ließ, nimmt zweifellos das von Fulda die erste Stelle ein. Es kam den Völkern vor wie ein Leuchtturm, der mit hellem Licht den Schiffen den Weg durch die Meereswogen weist. Dort wurde so etwas wie eine neue Gottesstadt gegründet, und in ihr werden in steter Folge zahllose Mönche in den menschlichen und göttlichen Wissenszweigen gehörig und sorgfältig unterrichtet. Sie werden durch Gebet und Betrachtung auf die sie erwartenden, friedlichen Kämpfe vorbereitet. Gleich Bienenschwärmen werden sie von dort nach verschiedenen Richtungen ausziehen, nachdem sie aus den heiligen und profanen Büchern den süßen Honig der Weisheit geschöpft haben, um hochherzig auch den anderen davon mitzuteilen. Keine Art der höheren Wissenschaft oder freien Künste war dort unbekannt. Die alten Codizes wurden emsig gesammelt, fleißig abgeschrieben, mit lichtvollen Farben geschmückt und sorgfältig erläutert. So kann man mit vollem Recht behaupten, dass die heiligen und profanen Wissenszweige, in denen die Deutschen sich heute so sehr auszeichnen, dort ihre verehrungswürdige Wiege hatten.

18 Außerdem sind von dieser Stätte ungezählte Benediktiner ausgezogen, die mit Kreuz und Pflug, betend und arbeitend, jenen Ländern, die noch in Finsternis gehüllt waren, das Licht christlicher und menschlicher Gesittung brachten. Durch ihre langwierige und unermüdliche Tätigkeit wurden Wälder, weithin sich erstreckende, für die Menschen fast unzugängliche Behausungen wilder Tiere, in fruchtbares und gepflegtes Ackerland verwandelt. Und Stämme, die durch wilde und rohe Sitten einander entfremdet waren, wurden im Lauf der Zeit durch die milde Kraft des Evangeliums ein mit christlichen und bürgerlichen Tugenden begabtes Kulturvolk.

19 Doch ganz besonders war das Kloster von Fulda eine Heimstätte frommen Gebets und himmlischer Betrachtung. Dort suchten die Mönche, bevor sie ihre schwere Aufgabe der Missionierung übernahmen, sich in Gebet, Buße und Arbeit hohe Heiligkeit anzueignen. Und Bonifatius selbst zog sich gern dorthin zurück, um seinen Geist durch Betrachtung des Ewigen und anhaltendes Gebet zu stählen und zu stärken, sooft er sich von den apostolischen Arbeiten ein wenig freimachen und etwas ausruhen konnte. "Es ist ... ein waldiger Ort" - so schrieb er selbst Unserem Vorgänger frommen Andenkens Zacharias - "in der Einöde einer weiten Einsamkeit, inmitten der Stämme unseres Missionsbereichs, wo wir ein Kloster bauten und Mönche ansiedelten, die nach der Regel des heiligen Vaters Benedikt leben, Männer von strenger Enthaltsamkeit, ohne Fleisch und Wein, ohne berauschende Getränke und Diener, mit der Arbeit ihrer eigenen Hände zufrieden. .. Mit Einverständnis Eurer Güte habe ich mir vorgenommen, an diesem Ort ein wenig, ein paar Tage den altersmüden Körper durch Erholung wieder zu kräftigen und nach dem Tode hier zu ruhen. Vier Stämme nämlich, denen wir mit Gottes Gnade das Wort Christi verkündet haben, wohnen im Umkreis dieses Ortes, und ihnen kann ich mit Eurer Fürbitte nützlich sein, solange ich lebe und die Geisteskräfte reichen. Ich wünsche nämlich, durch Euer Gebet mit Gottes Gnade in der Gemeinschaft der Römischen Kirche und in Eurem Dienst unter den germanischen Volksstämmen, zu denen ich gesandt bin, auszuharren und Eurem Auftrag zu gehorchen." (10)

20 Zumal im Schweigen dieses Klosters hat Bonifatius von Gott die übernatürliche Kraft geschöpft, mit der gestärkt er mutig zu neuen Kämpfen auszog und mit der er es vermochte, so viele germanische Stämme der Herde Jesu Christi zuzuführen oder sie in ihr zu stärken und sie nicht selten auch zur biblischen Vollkommenheit anzueifern.

Reformator der fränkischen Kirche

21 Doch wenn auch Bonifatius in ganz besonderer Weise der Apostel Deutschlands war, blieb sein brennender Eifer für die Ausbreitung des Gottesreiches nicht auf die Grenzen dieser Nation beschränkt. Auch die Kirche Galliens, die seit den Zeiten der Apostel hochherzig den katholischen Glauben angenommen und ihn durch das Blut schier unzähliger Martyrer besiegelt hatte und die auch nach der Errichtung des Frankenreichs ruhmreiche Seiten in der Geschichte des Christentums geschrieben hatte, bedurfte damals sehr einer Besserung der Sitten und einer durchgreifenden Reform des christlichen Lebens. Gab es doch nicht wenige Diözesen, die ohne Bischof oder einem unwürdigen Hirten überantwortet waren. Da und dort verwirrten allerlei Aberglauben, Irrlehren und Spaltungen viele Gemüter. Die Kirchenversammlungen, die zum Schutz der Unversehrtheit des Glaubens, zur Wiederherstellung der Zucht im Klerus und zur Erneuerung der öffentlichen und privaten Sitten bitter notwendig waren, wurden in grober Nachlässigkeit schon seit langem nicht mehr abgehalten. Die Diener des Heiligtums standen häufig nicht auf der Höhe der Würde ihres Amtes, und das Volk lebte nicht selten in großer Unkenntnis der christlichen Religion und dementsprechend in den Schlingen der Verderbnis. Die Kunde von diesen traurigen Verhältnissen war zu den Ohren des hl. Bonifatius gedrungen. Kaum hatte er erfahren, dass sich die erlauchte Kirche der Franken in Gefahr befinde, ließ er Hand anlegen, um mit stärkstem Einsatz gründliche Abhilfe zu schaffen.

22 Er fühlte jedoch, dass er auch in diesen ungeheuren Schwierigkeiten der Autorität des Heiligen Stuhles bedürfe (11). Auf sie gestützt, arbeitete er als Päpstlicher Legat (12) ungefähr fünf Jahre lang unermüdlich mit großer Umsicht darauf hin, die Kirche der Franken zu ihrem alten Glanz zurückzuführen. " ... Damals wurde mit der Hilfe Gottes des Herrn und auf Anregung des heiligen Erzbischofs Bonifatius das Vermächtnis der christlichen Religion bestätigt; es wurde die Abhaltung von Synoden der rechtgläubigen Väter bei den Franken in Ordnung gebracht und alles der Richtschnur des kirchlichen Rechts entsprechend verbessert und geläutert." (13) Auf Anregung und Betreiben des hl. Bonifatius wurden dazu vier Konzilien abgehalten (14), das vierte davon für das gesamte Frankenreich. Die kirchliche Hierarchie wurde wiederhergestellt. Bischöfe, dieses Namens und Amtes würdig, wurden erwählt und ihren Bischofssitzen zugewiesen. Die Zucht im Klerus wurde nach Kräften erneut hergestellt. Die Autorität der kirchlichen Rechtsbestimmungen wurde gesichert. Die Sitten des christlichen Volkes wurden in ernstem Bemühen gebessert, die abergläubischen Gebräuche verboten (15), die Häresien streng verurteilt (16), die Spaltungen endlich glücklich beseitigt. Zur größten Freude des hl. Bonifatius und aller Gutgesinnten konnte man dann die Kirche der Franken in neuem Glanze erstrahlen und blühen sehen. Die Laster waren ausgemerzt oder wenigstens vermindert, die christlichen Tugenden in Ehren gehalten. Die notwendige Verbindung mit dem Papst wurde durch engere und festere Bande verstärkt. Die Väter des allgemeinen, aus dem gesamten Frankenreich einberufenen Konzils schickten nämlich die von ihnen feierlich bestätigten Akten an den Papst nach Rom, als deutlichen Ausweis ihres katholischen Glaubens und des Glaubens der Ihrigen, und dieser Ausweis sollte am Grabe des Apostelfürsten zum Zeugnis ihrer Verehrung, Liebe und Einheit niedergelegt werden (17).

[Fortsetzung folgt]