Orgel: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 5. Juni 2012, 16:36 Uhr

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Die Orgel, altgriechisch: ὄργανον (órganon) = „Werkzeug, Instrument, Organ“ ist ein über Tasten (Claves) spielbares Musikinstrument. Der Klang wird durch Pfeifen, den Labial- (= Lippen) und Lingual- (= Zungen) Pfeifen erzeugt, die durch einen in einem Blasebalg erzeugten Orgelwind genannten Luftstrom angeblasen werden. Charakteristisch ist der Gebrauch nicht nur des Manuals (Spiel mit den Händen), sondern auch des Pedals (Spiel mit den Füßen).

Datei:Schwalbennestorgel Kölner Dom.jpg
Schwalbennestorgel im Kölner Dom (Orgelbau Klais Bonn)

Seit der Gotik ist die Orgel das wichtigste Instrument im katholischen Gottesdienst (Sacrosanctum Concilium). Im Laufe der Geschichte haben sich unterschiedliche Bauformen und Größen, zumeist in Kirchen, entwickelt. Aber auch in Konzertsälen und Privatwohnungen (Hausorgel) sind sie zu finden. Eine kleine, einmanualige Orgel ohne das Pedal wird Positiv oder bei kompakter truhenförmiger Bauweise Truhenorgel genannt. Tragbare Kleinstorgeln heißen Portativ. Eine Spezialform hiervon ist das Regal, das aus Zungenpfeifen besteht. Darüber hinaus werden Orgeln auch nach ihrer Aufstellung im Kirchenraum genannt: Chororgel - die Aufstellung im Bereich des Altarraums; Lettnerorgel - eine Aufstellung auf dem Lettner zwischen Altar und Kirchenschiff; Schwalbennestorgel - die Aufhängung der Orgel im Kirchenschiff unterhalb des Gewölbes.

Geschichte

Entstehung in der Antike

Rekonstruktion einer Orgel aus der Antike

Die Erfindung der Orgel geht auf das Jahr 246 v. Chr. zurück.Ihr Erfinder war vermutlich der Ingenieur Ktesibios. Er lebte zunächst in Alexandrien, später in Aspendus. Beide Städte nehmen für sich in Anspruch, der Ort zu sein, an dem die Orgel erfunden worden ist. Die Orgel, die Ktesibios erfand hieß hydraulos, ein Wort, das aus hydor (Wasser) und aulos (oboenartiges Instrument) zusammengesetzt ist. Sie enthielt eine mit Wasser gefüllte Kolbenpumpe, einen Windkanal, eine einzige Pfeifenreihe und eine Tastatur. Das Verhältnis der Tasten, von denen es zu dieser Zeit ungefähr 13 gab, war der Breite der Pfeifenabstände gleich, jede Taste war etwa handbreit. Das Niederdrücken der Tasten erforderte so viel Kraft, dass schnelles Spiel nicht möglich war.

Dem Prototyp des Ktesibios folgten schon bald weiterentwickelte Instrumente mit mehreren Pfeifenreihen, die sowohl einzeln als auch gemeinsam spielbar waren. Vitruv und Heron beschrieben die technischen Aspekte des Hydraulos. Er soll aus Zungenpfeifen sowie offenen und gedeckten Labialpfeifen bestanden haben. Das in der Antike kleine und transportable Instrument (Portativ) verbreitete sich schnell im gesamten hellenistischen und römischen Reich. Es wurde zu Zwecken der Hausmusik, im Theater und als Propagandainstrument eingesetzt. Im 1. Jh. n. Chr. war das Orgelspiel dergestalt verbreitet, dass in Griechenland öffentlich ausgetragene Orgelwettbewerbe durchgeführt wurden. Auch von mehreren Kaisern des römischen Reiches ist überliefert, dass sie selbst Orgel spielten und Orgelmusik in ihren Palästen erklingen ließen. Wegen der Beleibtheit der Hydraulos stellte man in Karthago kleine Öllampen im Orgeldesign her und verkaufte sie massenhaft.

Erste Hinweise auf eine mit Luft betriebene Balgorgel gibt es aus dem 2. Jh. n. Chr. Mit dem Niedergang des weströmischen Reiches verchwindet auch die Orgel. In Konstantinopel dagegen bleibt sie weiterhin präsent. Die Kirchenväter zitierten die orgel zwar als Symbol eines wunderbaren Zusammenwirkens verschiedener Elemente und somit als Allegorie für eine gut funktionieren Gemeinde, den Gebrauch des Instrumentes in der Liturgie lehnten sie jedoch ab.

Verbreitung im Mittelalter

Gotisches Positiv

Die Tradition, dass in der westlichen Welt die Pfeifenorgel wieder benutzt wurde, geht auf eine Orgel zurück, die König Pippin der Kleine von Kaiser Konstantin von Byzanz geschenkt wurde. Jedoch war erst der kulturbewusste Kaiser Karl d. Gr. mit seinen wissenschaftlich interessierten Klerikern der geeignete Nährboden für die erneute Verbreitung des Instrumentes. Wurden die Orgeln Pippins Karls und Ludwigs des Frommen im Sinne der oströmischen Tradition als Palastorgel zu Repräsentationszwecken genutzt, finden sich ab dem 10. Jh. Belege für Orgelbauten in Kirchen. Zugleich entstanden die ersten Pfeifenmensuren Traktate, in denen sich die Orgelbauer über die Berechnung der Pfeifengrößen informieren konnten. Die ersten Orgelpedale bestanden zunächst aus wenigen Tasten, mit denen Grundbass oder Borduntöne gespielt wurden. Sie waren an das Manual gekoppelt und mit ihnen wurden, wie auch mit den Manualtasten, alle Register auf einmal gespielt (Blockwerksorgeln). Da die ersten Orgelbauer Mönche waren, standen Orgeln zunächst in den Klosterkirchen. Von da aus breiteten sie sich über Kathadral- und Domkirchen weiter aus. Besonders innovativ waren die Franziskaner, die mit ihren Neugründungen in Deutschland, England und Frankreich, also im sogenannten Sacrum Imperium auch die Orgel verbreiteten.<ref>Ludger Stühlmeyer, Kleine Geschichte der Orgelkunst. In: Kirchenmusik im Erzbistum Bamberg, Heft 38, Bamberg Juli 2005, S. 7-10.</ref>

Durch das geflügelte Wort „...die Orgel schlagen...“ entstand der Eindruck, die alten Instrumente seien schwergängig gewesen und die Tasten hätten mit viel Kraftaufwand bedient werden müssen. Die aus der Zeit der Gotik erhaltene Orgelmusik lässt jedoch den Schluss zu, dass leichtgängige Orgeln existiert haben, die ein schnelles Spiel erlaubten. Abbildungen von Orgeltasten dieser Zeit, die vermutlich tatsächlich mit der ganzen Hand bedient wurden, deuten jedoch nicht auf ein kräftiges Schlagen mit den Fäusten hin.<ref>Michael Praetorius, Syntagma musicum, die Klaviaturen der Orgel des Domes zu Halberstadt von 1361</ref>

Orgelbau in der Renaissance

Die Zeit der Renaissance (14./15. Jh.) brachte dem Orgelbau bedeutende Neuerungen. Register, die bisher nur im Gesamt erklangen (Blockwerk), konnten nun seperat gesteuert und gespielt werden. Das brachte eine größere Differenzierung des Klanges mit sich.

Die Orgeln der Frührenaissance umfassen noch einen recht geringen Umfang. Registernamen dieser Epoche sind: Praestant, Oktave, Hintersatz, Zimbel, Flöte, Trompete und Regal. Die Instrumente verfügen oftmals nur über ein einziges Manual und ein angehängtes Pedal. In der Hochrenaissance entwickeln sich instrumental voll ausgebaute Orgeln. Das Klangideal orientiert sich an der damals üblichen Ensemblemusik. Jetzt stehn Prinzipale, Mixturen und Zimbeln für den „originären Orgelklang“. Dazu gesellen sich weitere Register, die den Klang der damals üblichen Instrumente nachahmen und die Orgel zur Königin der Instrumente die das gesamte Instrumentarium in sich vereint, werden ließ. Folgende Register kommen im Orgelbau neu hinzu:

Labialpfeifen: Blockflöte, Querflöte und Gemshorn.
Lingualpfeifen: Trompete, Posaune, Zink, Schalmei, Dulzian, Ranckett, Krummhorn und Sordun.
Schlagwerk: Trommeln, Glocken und Schellen.

Der Manualklaviaturumfang wird bis zu drei Manuale erweitert, von denen jedes ein eigenes in sich geschlossenes Werk erhält. Das Pedalwerk ist nicht mehr angehängt sondern wird eigenständig. In der Spätrenaissance bildeten sich erste regionale Unterschiede im Orgelbau heraus und es entstanden um einzelne Orgelbaumeister Schulen oder Dynastien.

Wie auf das gesamte kirchliche Leben nahm die Reformation auch Einfluss auf den Orgelbau. Martin Luther erlebte die Musik als integralen Bestandteil des Gottesdienstes wie auch der Katechese und förderte sie. Calvin und Zwingli unterbanden jegliches Instrumentalspiel im Gottesdienst und erlaubten nur den unbegleiteten Gesang. In England wurden nach der Trennung von der katholischen Kirche zahlreiche Orgeln abgerissen, weil sie die Verbindung zur kahtolischen Konfession symbolisierten.

Die Barockorgel

Der romantische Orgeltypus

Orgelbau heute

Technische Details

Windladen und Mechanik

Pfeifenform und Klang

Große Kirchenorgeln

Zur Bestimmung der Größe einer Orgel eignet sich sowohl die Zählung der Ranks (vorhandene Pfeifenreihen), als auch die Zählung der einzelnen Register. Einige der bekanntesten und größten Kirchenorgeln der Welt sind:

Ort Kirche Ranks Register Orgelbauer
Philadelphia (Pennsylvania) Macy's Wanamaker Store 461 408 Harris - Los Angeles Art Organ Company
Atlantic City (New Jersey) Convention Hall 449 337 Midmer-Losh - Merrick (New York) <ref>Mit 33114 Pfeifen ist eigentlich die Orgel der Convention Hall in Atlantic City die größte Orgel, da die sie an Registern überflügelnde Orgel in Philadelphia nur 28762 Orgelpfeifen zählt.</ref>
West Point (New York) Cadet Chapel Military Academy 380 303
Los Angeles (Californien) First Congregational Church 354 242
Passau Dom St. Stephan 326 229 Orgelbau Eisenbarth (Passau)
Garden Grove (Californien) Crystal Cathedral 278 200
Mailand Dom Mariae Geburt 255 186 Tamburini
Mexico City Auditorio Nacional 250 181
Boston (Massachusetts) First Church of Christ, Scientist 240 153
Hanover (Pennsylvania) St. Matthew's Lutheran Church 231 147
Nürnberg St. Lorenz 227 153 G. F. Steinmeyer (Oettingen) / Orgelbau Klais (Bonn)
New York St. Bartholomew's Episcopal Church 225 158
Lichen Bazylika Matki Bozej Lichenskiej 222 154
Köln Dom St. Peter 148 101 Orgelbau Klais (Bonn)
Rom Petersdom 105 80 Tamburini

Zeugnisse

  • Die orgl ist doch in meinen augen und ohren der könig aller instrumenten. (Wolfgang Amadeus Mozart).
  • Versäume keine Gelegenheit, dich auf der Orgel zu üben. Es gibt kein Instrument, das am Unreinen und Unsauberen im Tonsatz wie im Spiel alsogleich Rache nähme als die Orgel. (Robert Schumann).
  • Orgelspielen heißt, einen mit dem Schauen der Ewigkeit erfüllten Willen offenbaren. (Charles Marie Widor).
  • Die Pfeifenorgel soll in der lateinischen Kirche als traditionelles Musikinstrument in hohen Ehren gehalten werden; denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben. (Zweites Vatikanisches Konzil) In: Konstitution über die heilige Liturgie – Sacrosanctum Concilium, Kapitel VI: Die Kirchenmusik, 120.

Literatur

  • Alfred Reichling, Orgel. 181. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde (GDO). Bärenreiter 2001.
  • Andrew Wilson Dickson, Geistliche Musik. Oxford 1992.
  • Hans Klotz, Über die Orgelkunst. Bärenreiter 1986.
  • Jean Guillou, Die Orgel. Schwarzach 1984.
  • Hans Klotz, Das Buch von der Orgel. Bärenreiter 1979.
  • Eberhard Kraus, Orgeln und Orgelmusik. Regensburg 1972.
  • Wolfgang Adelung, Einführung in den Orgelbau. Breitkopf 1972.

Einzelnachweise

<references />

Querverweise

Weblinks

  • Die Orgelseite Webseite mit Abbildungen und Informationen zu Orgeln und Orgelbau.