Traditionis custodes

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Traditionis custodes (lateinisch: Als Wächter der Tradition) ist ein Motu proprio von Papst Franziskus vom 16. Juli 2021 über die Liturgie der heiligen Messe im Römischen Ritus, insbesondere über deren Feier in der Form vor der Liturgiereform von 1970 (vor dem Erscheinen des Missale Romanum Papst Pauls VI.) Es ist benannt nach seinem Incipit.
Traditionis custodes (Wortlaut)

Inhalt des Motu proprio

Mit dem Motu proprio entschied Papst Franziskus, dass die liturgischen Bücher von 1970 in den von den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. herausgegebenen Fassungen „einzige Ausdrucksform der lex orandi des Römischen Ritus“ sind (Art. 1). „Die vorausgehenden Normen, Instruktionen, Gewährungen und Gewohnheiten […] sind außer Kraft gesetzt.“ (Art. 8); damit werden die Regelungen von Johannes Paul II. (Ecclesia Dei, 1988) und Benedikt XVI. (Summorum Pontificum, 2007) ausdrücklich außer Kraft gesetzt, so dass nicht mehr legitimer Weise von der Sonderform eines „Usus extraordinarius“ (‚außerordentliche Praxis‘) im Unterschied zu einem „Usus ordinarius“ (‚ordentliche Praxis‘) gesprochen werden kann.

Die Feier der Messe nach dem Missale Romanum von 1962, vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils, wird nur noch in Einzelfällen geduldet und ist an bestimmte eng gefasste Bedingungen geknüpft.

Zentral ist die Zuweisung der rechtlichen Kompetenz für die Ordnung des liturgischen Lebens der Kirche an den jeweiligen Diözesanbischof, der allein die Verwendung des Missale Romanum von 1962 in der Diözese gemäß den Richtlinien des Apostolischen Stuhls genehmigen kann (Art. 2). Der Bischof ernennt einen geeigneten Priester als seinen Beauftragten für diesen Bereich, der für die Feiern und die seelsorgerische Betreuung der Gruppen von Gläubigen verantwortlich ist, die die Messe nach dem Missale vor der Reform von 1970 feiern. Er soll über ausreichende Lateinkenntnisse verfügen und „von einer lebendigen pastoralen Liebe und einem Sinn für die kirchliche Gemeinschaft beseelt sein.“ (Art. 3,4).

Wenn Gruppen nach dem Missale vor der Reform von 1970 feiern wollen, muss der Ortsbischof überprüfen, ob Gläubige und Priester „die Gültigkeit und Rechtmäßigkeit der liturgischen Reform gemäß den Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Lehramts der Päpste nicht ausschließen“ (Art. 3,1) Der Bischof benennt Orte und Tage, wo und an denen diese Gottesdienste stattfinden können. In Pfarrkirchen dürfen solche Messfeiern nicht stattfinden (Art. 3, 2 und 3). Die Lesungen werden dabei in der Volkssprache in der jeweils von der Bischofskonferenz approbierten Übersetzung verkündet (Art. 3,3).

Neue Gruppen und neue Personalpfarreien, in denen die alte Form praktiziert wird, dürfen nicht mehr gegründet bzw. errichtet werden. Bestehende Personalpfarreien, wie sie Papst Benedikt XVI. in Summorum Pontificum (Art. 10) konzediert hatte, sollen nur beibehalten werden, wenn ihre „tatsächliche Nützlichkeit für das geistliche Wachstum“ geprüft wurde (Art. 3, 5 und 6).

Um als Priester für dieses Amt geeignet und befähigt zu sein, das Missale Romanum vor der Reform von 1970 zu verwenden, solle er über Kenntnisse der lateinischen Sprache verfügen, die es ihm ermöglichen, die Rubriken und liturgischen Texte vollständig zu verstehen. Er solle von einer lebendigen pastoralen Liebe beseelt und einen Sinn für die kirchliche Gemeinschaft besitzen. Es sei notwendig, dass dem verantwortlichen Priester nicht nur die würdige Feier der Liturgie, sondern auch die pastorale und geistliche Betreuung der Gläubigen am Herzen liege. Neugeweihte Priester, die Privatmessen nach dem Missale Romanum von 1962 zelebrieren wollen, bedürfen der Genehmigung des Bischofs, der hierfür den Heiligen Stuhl konsultieren muss (Art. 4). Priester, die bereits in der alten Form zelebrieren, müssen die Genehmigung des Bischofs neu erbitten (Art. 5).

In der Römischen Kurie zuständig sind das Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung und das Dikasterium für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens (Art. 6 und 7).

Begleitschreiben

Der Papst erläuterte die Gründe für seine Entscheidung in einem ausführlichen Begleitbrief, der an die Bischöfe der Welt gerichtet ist. Er würdigt die Absicht Johannes Pauls II., den Gebrauch des Missale von 1962 zu genehmigen, um ein Schisma mit der von Erzbischof Lefebvre geführten Bewegung abzuwenden und die Einheit der Kirche wiederherzustellen. Benedikt XVI. habe dann den Sachverhalt 2007 neu regeln müssen, um eine allzu freie Verwendung des Ritus von 1962 abzumildern, die zu einem parallelen Gebrauch beider Formen geführt hätte. Benedikt sei überzeugt gewesen, dass durch die Zulassung der forma extraordinaria, die von Gruppen von Gläubigen inständig erbeten worden sei, „einer der wesentlichen Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht in Zweifel gezogen würde und damit seine Autorität unterwandert würde“; die Angst vor Spaltungen in den Pfarrgemeinden habe er für unbegründet gehalten, denn „beide Formen des Usus des Ritus Romanus“ könnten sich „gegenseitig befruchten“.

Tatsächlich habe aber eine Konsultation der Bischöfe, die 2020 durchgefüphrt wurde, ergeben, dass zu beobachten sei, dass von den Zugeständnissen seiner Vorgänger ein „falscher Gebrauch“ gemacht worden sei; in den Worten und Haltungen vieler Befürworter der Tridentinischen Messe bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der „Entscheidung, nach den vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gültigen liturgischen Büchern zu zelebrieren, und der Ablehnung der Kirche und ihrer Einrichtungen im Namen dessen, was sie für die ‚wahre Kirche‘ halten“. „Es handelt sich um ein Verhalten, das der Gemeinschaft widerspricht und jenen Drang zur Spaltung nährt […], gegen den sich der Apostel Paulus entschieden gewandt hat“, schreibt der Papst; der „instrumentelle Gebrauch des Missale Romanum von 1962“ durch die Verfechter der alten Messe sei „von einer wachsenden Ablehnung nicht nur der Liturgiereform, sondern des Zweiten Vatikanischen Konzils“ gekennzeichnet und werde begründet mit der unhaltbaren Behauptung, das Konzil habe „die Tradition und die ‚wahre Kirche‘ verraten“.

Die Bischöfe werden aufgefordert, sich für eine Rückkehr zu einer einheitlichen Form der Feier einzusetzen und dazu die Realität der Gruppen, die mit dem Missale Romanum von 1962 feiern, zu überprüfen. Es gelte „für das Wohl derer zu sorgen, die in der vorhergehenden Zelebrationsform verwurzelt sind und Zeit brauchen, um zum Römischen Ritus zurückzukehren“, aber zugleich „die Errichtung von Personalpfarreien einzustellen, die mehr vom Wunsch und Willen einzelner Priester abhängen als vom Bedürfnis des ‚heiligen Volkes Gottes‘“.

Den verpflichtenden Charakter des erneuerten Missale Romanum bekräftigt er, indem er „Missbräuche der einen und der anderen Seite bei der Feier der Liturgie“ kritisiert, also auch solche in der vom Konzil erneuerten Liturgie, etwa dass das neue Missale „als Ermächtigung oder gar Verpflichtung zur ‚Kreativität‘ aufgefasst“ werde und „oft zu kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie“ geführt habe; er zitiert dabei eine Einschätzung seines Vorgängers Benedikt XVI. Den Diözesanbischöfen trägt er auf, dafür zu sorgen, „dass jede Liturgie mit Würde und in Treue zu den nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil promulgierten liturgischen Büchern gefeiert wird ohne exzentrisches Gehabe, das leicht in Missbrauch abgleitet“.

Stellenwert der Neuregelung

Die Bestimmungen des Motu proprio sind disziplinärer, nicht dogmatischer Natur und können von jedem künftigen Papst auch wieder modifiziert werden.<ref>"Statt den Geruch der Schafe annehmen, schlägt der Hirte hier mit seinem Stab kräftig auf sie ein" Kath.net am 19. Juli 2021 von Kardinal Gerhard Müller</ref>

Der Präfekt der Liturgiekongregation, Erzbischof Arthur Roche, erläuterte am 4. August 2021, dass das Ziel des Motu Proprio die Abschaffung aller zuvor gewährter Ausnahmegenehmigungen sei, von der Liturgiereform von Papst Paul VI. abzuweichen. In seinem Schreiben betonte er, dass Paul VI. mit seiner Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil alle älteren Formen abgeschafft habe, und Papst Franziskus habe nun die von seinen beiden Vorgängern gewährten Ausnahmen und Zugeständnisse abgeschafft. "Pastorale Klugheit" könne nur für eine "sehr begrenzte Zeit" bis zur vollständigen Umsetzung angewandt werden und mit dem klaren Ziel, die Abschaffung aller vorherigen Ausnahmeregeln umzusetzen, so das Schreiben. "Alles, was im neuen Gesetz steht, ist darauf ausgerichtet, zur vom Zweiten Vatikanum vorgesehenen Liturgie zurückzukehren und sie zu stabilisieren", betont Roche. Laut Roche bezieht sich der Begriff "Gruppen" auf "Personalpfarreien, die zuvor als Zugeständnis errichtet wurden, um die vorherige Liturgie zu feiern, und auf Versammlungen von Menschen, die sich bisher regelmäßig getroffen haben, um die Eucharistie nach dem Missale Romanum von 1962 zu feiern".<ref>Liturgiepräfekt: Künftig keine liturgischen Ausnahmeregeln mehr Katholisch.de am 8. November 2021</ref>

Ausnahme für die Priesterbruderschaft St. Petrus

Papst Franziskus bekräftigte in einem Schreiben vom 11. Februar 2022 das Recht der Priesterbruderschaft St. Petrus FSSP, die liturgischen Bücher von 1962 zu verwenden. Am 4. Februar 2022 hatte er Pater Benoît Paul-Joseph, Oberer des französischen Distrikts, und Pater Vincent Ribeton, Regens des Priesterseminars St. Petrus in Wigratzbad in Privataudienz empfangen. Bei der Schilderung der Entstehungsgeschichte der Bruderschaft im Jahr 1988 zeigte sich der Papst beeindruckt vom mutigen Schritt der Gründer, von ihrem Vertrauen in die Kirche und ihrer Treue zum Römischen Pontifex. Er betonte, dass diese Gesinnung „bewahrt, geschützt und ermutigt“ werden müsse.<ref> https://petrusbruderschaft.de/pages/themen/bruderschaft/paepstliches-dekret.php , abgerufen am 22. Februar 2022</ref>

Kritik an der Entscheidung des Papstes

Responsa ad dubia


Weblinks

Weblinks zu Responsa ad dubia

Anmerkungen

<references />