Caritas in veritate

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Mit dem Incipit Caritas in veritate (CiV, dt.: Liebe in der Wahrheit) beginnt die Sozialenzyklika, die Papst Benedikt XVI. unter dem Datum vom 29. Juni 2009 zum Abschluss des Paulusjahres veröffentlicht hat. Er hebt darin besonders die bleibende Bedeutung der Enzyklika Populorum progressio hervor, die Papst Paul VI. 1967 im Kontext des II. Vatikanums publizierte. Der Papst nimmt auch Stellung zu aktuellen Sorgen der Weltwirtschaft. Generell vorsichtig im Urteil, greifen die päpstlichen Äußerungen aber auf weite Gebiete des öffentlichen und sozialen Lebens vor.

Inhalt

Der Präsident des Päpstlichen Rates Iustitia et pax, Kardinal Renato Martino hat bei der Präsentation des Schreiben am 7. Juli 2009 zusammengefasst: Es füge „in die Tradition der Sozialenzykliken ein, die in der modernen Form mit ‚Rerum novarum’ von Papst Leo XIII. begannen hat, und erscheint 18 Jahre nach der Sozialenzyklika Centesimus annus von Papst Johannes Paul II.“ "CiV" mache sich vor allem drei Perspektiven der berühmten Enzyklika von 1967 zu eigen: Die Vorstellung, dass „die Welt unter einem Mangel an Denken leidet“ (vgl. PP 85); die Feststellung, dass es keinen wahren Humanismus gebe, „der nicht gegenüber dem Absoluten offen ist“ (im Anschluss an Jacques Maritain; vgl. PP 42), und schließlich die Aussage, dass der Ursprung der Unterentwicklung in der fehlenden christlichen Brüderlichkeit liege (vgl. PP 66).

„Die derzeitige Krise zeigt nach Aussage von ‚Caritas in veritate’, dass es notwendig ist, das so genannte ‚westliche’ Wirtschaftssystem neu zu überdenken, was bereits in ‚Centesimus annus’ gefordert, jedoch nie wirklich umgesetzt wurde.“ So werde deutlich, dass „die Soziallehre der Kirche eine Dimension besitzt, die gleich bleibt, und eine andere, die sich im Lauf der Zeit verändert. Sie versteht sich als Begegnung des Evangeliums mit den immer wieder neuen Problemen, mit denen die Menschheit konfrontiert wird. Diese ändern sich, was heute mit einer überraschenden Geschwindigkeit geschieht.“ Der Kardinal weiter: Die Kirche besitze keine technischen Lösungen, die sie vorschlagen könne – das bekräftige auch „Caritas in veritate“. Dennoch besitze die Kirche die Pflicht, „die Menschheitsgeschichte mit dem Licht der Wahrheit und der Wärme der Liebe Jesu Christi zu erleuchten“.

In seinem Rückblick auf die vergangenen 20 Jahre, die uns heute von der Enzyklika „Centesimus annus“ trennen, wies der Kardinal auch auf die großen Veränderungen hin, die es seither gegeben hat:

Die politischen Ideologien, die die Zeit vor 1989 kennzeichneten, scheinen einerseits ihre Gewaltsamkeit verloren zu haben, sind jedoch von der neuen Ideologie der Technik abgelöst worden. Auch die Phänomene der Globalisierung sind stärker hervorgetreten: auf der einen Seite durch das Ende der verfeindeten Böcke, auf der anderen Seite durch das weltweite Informatik- und Telematiknetz (die Enzyklika analysiert die Globalisierung nicht in einem bestimmten Abschnitt, sondern im ganzen Text, da dieses Phänomen, wie man heute sagt, „transversal“ ist und Wirtschaft und Finanzen, Umwelt und Familie, Kultur und Religion, Migration und Schutz der Arbeiterrechte betrifft).

Andererseits stehen die Religionen wieder mehr im Rampenlicht der "politischen Bühne", während ein militanter und manchmal übertriebener Laizismus (im Westen aggressiver als noch vor 40 oder 50 Jahren) versuche, die Religionen aus der politischen Sphäre auszuschließen.

Einige große Länder haben es geschafft, sich aus einer Situation des Rückstands zu befreien, was das geopolitische Gleichgewicht beachtlich verändert. „Caritas in veritate“ hebt nun besonders hervor, dass Papst Paul VI. die Soziallehre der Kirche in eine enge Verbindung mit der Evangelisierung (vgl. „Evangelii nuntiandi“) gebracht und die zentrale Bedeutung vorhergesagt habe, die soziale Problematiken im Zusammenhang mit der Fortpflanzung spielen sollten (vgl. „Humanae vitae“). Die Perspektive von Paul VI. und die Anregungen aus „Populorum Progressio“ seien in der ganzen Enzyklika Benedikts XVI. präsent.


Das belegt auch dieses Zitat (Nr. 78): Der Humanismus, der Gott ausschließt, ist ein unmenschlicher Humanismus. Nur ein für das Absolute offener Humanismus kann uns bei der Förderung und Verwirklichung von sozialen und zivilen Lebensformen – im Bereich der Strukturen, der Einrichtungen, der Kultur, des Ethos – leiten, indem er uns vor der Gefahr bewahrt, zu Gefangenen von Moden des Augenblicks zu werden. Es ist das Wissen um die unzerstörbare Liebe Gottes, das uns in dem mühsamen und erhebenden Einsatz für die Gerechtigkeit und für die Entwicklung der Völker zwischen Erfolgen und Mißerfolgen in der unablässigen Verfolgung rechter Ordnungen für die menschlichen Angelegenheiten unterstützt. Die Liebe Gottes ruft uns zum Aussteigen aus allem, was begrenzt und nicht endgültig ist; sie macht uns Mut, weiterzuarbeiten in der Suche nach dem Wohl für alle, auch wenn es sich nicht sofort verwirklichen lässt, auch wenn das, was uns zu verwirklichen gelingt – uns und den politischen Autoritäten und Wirtschaftsfachleuten –, stets weniger ist als das, was wir anstreben. Gott gibt uns die Kraft, zu kämpfen und aus Liebe für das gemeinsame Wohl zu leiden, weil er unser Alles, unsere größte Hoffnung ist.

Würdigung

Vornehmlich die weniger exponierten Medien haben relativ fair berichtet. Die Nordwest-Zeitung (Osnabrück) z.B. schrieb über CiV so: "- Als einen Meilenstein in der Reihe der Sozialenzykliken der Päpste und einen wichtigen Leittext für die globalisierte Welt haben die Bischöfe von Osnabrück und Münster, Franz-Josef Bode und Felix Genn, gegenüber dieser Zeitung die Enzyklika „Caritas in veritate“ (Die Liebe in der Wahrheit) von Papst Benedikt XVI. bezeichnet, die am Dienstag in Rom vorgestellt wurde. Bischof Bode (Osnabrück) nannte sie grundsätzlich genug, um in schnell sich wandelnden Zeiten nachhaltige Wirkung zu zeigen, aber auch konkret genug, um in den derzeit brennenden Fragen gutes Gehör zu finden. Bode: „Wann und wie immer neu über Verantwortung und Werte in Politik und Wirtschaft nachgedacht wird, wird man an diesem großen Schreiben nicht mehr vorbeigehen können.“ (...) Im Telefongespräch mit dieser Zeitung bezeichnete [Bischof Genn] es als sehr wichtig, dass Papst Benedikt auf eine Arbeit von Paul VI. zurückgreife. Darin heiße es bereits, „Entwicklung ist der neue Name für Frieden“. Mit dem wichtigen Leitwort, so Genn, erhebe die Kirche ihre Stimme und mache deutlich, dass Nächstenliebe weder Romantik sei noch ausschließlich im engeren Umfeld gelte: „Die uns immer näher rückende globale Welt wird mittlerweile zu unserem Nächsten.“ Insofern sei auch die Frage nach einer wirkungsvollen Weltautorität immer wieder zu stellen. Auf ein positives Echo stieß die Enzyklika auch bei weiteren kirchlichen Vertretern sowie deutschen Politikern, während die evangelische Kirche nicht offiziell Stellung bezog, weil es „guter Brauch“ sei, sich nicht gegenseitig zu kommentieren", meinte ein EKD-Sprecher.


Wie weit in "führenden" deutschen Medien die Papstverachtung im Jahr 2009 bereits zur Pflichtübung gemacht wird, zeigt, neben der Ognoranz des ZEIT-Autors Robert Leicht, besonders drastisch der Kommentar von Daniel Deckers (FAZ: "Trauerspiel"; Link). Auch Papstkritiker Matthias Dobrinski (SZ) zieht, listig "differenziert", ein Fazit gemäß eigenem Vorurteil: "Weltfremd." Anscheinend ist man in den meisten "wichtigen" Redaktionen wenige Minuten nach der Veröffentlichung übereingekommen, das Dokument sofort abzuqualifizieren. Wie wär's denn mal mit Lesen?