Ad operam (Wortlaut)

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Dekret
Ad operam

Kongregation für das Katholische Bildungswesen
im Pontifikat von Papst
Benedikt XVI.
zur Reform der kirchlichen Studien der Philosophie
28. Januar 2011
(Offizieller lateinischer Text [1. Februar 2011]: AAS 103 [2011/2] 145- 161)

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Präambel

I. Der aktuelle Kontext

1. Die Kirche verfolgt in ihrer Arbeit für die Evangelisierung der Welt mit Aufmerksamkeit und Unterscheidungsvermögen den schnellen kulturellen Wandel, der im Gange ist und der die Kirche selbst und die ganze Gesellschaft beeinflusst. Unter diesen Veränderungen der vorherrschenden Kultur sind einige, besonders grundlegende, die die Konzeption der Wahrheit betreffen. Sehr oft nämlich stellt man gegenüber der Fähigkeit der menschlichen Intelligenz, zu einer objektiven und universalen Wahrheit zu gelangen, an der sich Menschen in ihrem Leben zu orientieren vermögen, Misstrauen fest. Darüber hinaus stellen die Auswirkungen der Humanwissenschaften und die Folgen aus wissenschaftlicher und technischer Entwicklung die Kirche vor neue Herausforderungen.

2. Mit der Enzyklika Fides et ratio wollte Papst Johannes Paul II. die Notwendigkeit der Philosophie, um mit ihr in der Erkenntnis der Wahrheit voranzukommen und die irdische Existenz fortlaufend menschlicher zu gestalten, bekräftigen, da die Philosophie „unmittelbar dazu beiträgt, die Frage nach dem Sinn des Lebens zu stellen und die Antwort darauf zu entwerfen“.<ref> Enzyklika Fides et ratio (14. September 1998), AAS 91 (1999), 5-88, Nr. 3. In dieser Enzyklika richtet Johannes Paul II. die Aufmerksamkeit auf dasselbe Thema der Wahrheit und ihrer Grundlagen im Verhältnis zum Glauben. Er führt damit die Überlegungen fort, die er in der Enzyklika Veritatis splendor (6. August 1993) über die Wahrheit auf dem Gebiet der Moral (vgl. Fides et ratio, Nr. 6) geäußert hatte, die auch einige fundamentale, rein rationale Wahrheiten umfasst.</ref> Diese Frage entspringt sowohl dem Staunen, das der Mensch angesichts des Menschen und des Kosmos erfährt, als auch den schmerzlichen und tragischen Erfahrungen, die sein Leben bedrängen. Das philosophische Wissen „stellt sich daher als eine der vornehmsten Aufgaben der Menschheit dar“.<ref> Fides et ratio, Nr. 3.</ref>.

II. Die „ursprüngliche Berufung“ der Philosophie

3. Die philosophischen Strömungen haben sich im Laufe der Geschichte vervielfältigt und zeigen damit den Reichtum des konsequenten und von der Weisheit geleiteten Suchens nach der Wahrheit. Hat die antike Weisheit das Sein unter dem Blickwinkel des Kosmos betrachtet, so hat das patristische und mittelalterliche Denken die Erkenntnis, im Kosmos die freie Schöpfung eines wahren und guten Gottes (vgl. Weis 13,1-9; Apg 17,24-28) zu sehen, vertieft und gereinigt. Die modernen Philosophien haben besonders die Freiheit des Menschen, die Spontaneität der Vernunft und ihre Fähigkeit, das Universum zu messen und zu beherrschen, geschätzt. Gegenwärtig konzentriert eine bestimmte Anzahl von zeitgenössischen Richtungen, die sehr sensibel für die Verletzlichkeit unseres Wissens und unserer Humanität sind, ihre Reflexion auf die Vermittlung von Sprache<ref>Vgl. Fides et ratio, Nr. 84.</ref> und Kultur. Wie sollte man schließlich nicht, jenseits des abendländischen Denkens, auch an die vielen und zum Teil bemerkenswerten Ansätze erinnern, die über das Verständnis des Menschen, der Welt und des Absoluten in den verschiedenen Kulturen – wie z. B. in den asiatischen oder afrikanischen – angestellt werden? Diese vielfältige Erforschung des Denkens und des Redens darf jedoch nie ihre Verwurzelung im Sein vergessen. Die metaphysische Komponente ist der unumgängliche Weg, „um die Krisensituation, die heutzutage große Teile der Philosophie durchzieht, zu überwinden und auf diese Weise manche in unserer Gesellschaft verbreiteten abwegigen Verhaltensweisen zu korrigieren“.<ref>Fides et ratio, Nr. 83.</ref> Unter dieser Perspektive sind die Philosophen dazu eingeladen, mit Nachdruck die „ursprüngliche Berufung“ der Philosophie<ref>Vgl. Fides et ratio, Nr. 6.</ref> wieder zu gewinnen: die Suche nach dem Wahren und seiner weisheitlichen und metaphysischen Dimension.

4. Die Weisheit betrachtet die ersten und fundamentalen Prinzipien der Wirklichkeit und sucht nach dem letzten und umfassenden Sinn der Existenz. So ermöglicht sie „die entscheidende kritische Instanz [zu] sein, die die verschiedenen Seiten des wissenschaftlichen Wissens auf ihre Zuverlässigkeit und ihre Grenzen hinweist“, und sie steht dafür bereit „sich auch als letzte Instanz für die Einigung von menschlichem Wissen und Handeln [zu] erweisen, indem sie diese dazu veranläßt, ein endgültiges Ziel und einen letzten Sinn anzustreben“.<ref>Fides et ratio, Nr. 81.</ref> Der weisheitliche Charakter der Philosophie impliziert ihre „wahrhaft metaphysische(r) Tragweite“, die „imstande sein [muß], das empirisch Gegebene zu transzendieren, um bei ihrer Suche nach der Wahrheit zu etwas Absolutem, Letztem und Grundlegendem zu gelangen“,<ref>Fides et ratio, Nr. 83.</ref> wenn auch in einem schrittweisen Erkennen im Laufe der Geschichte. Die Philosophie oder Metaphysik handelt in der Tat zuerst vom Seienden und seinen Merkmalen und in dieser Weise erhebt sie sich zur Erkenntnis der spirituellen Wirklichkeit, indem sie nach der Ersten Ursache für alles sucht.<ref>Vgl. Hl. Thomas von Aquin, Kommentar zur Metaphysik des Aristoteles, Proemium; vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), AAS 98 (2006), 217-252, Nr. 9.</ref> Dieses Unterstreichen des weisheitlichen und metaphysischen Charakters sollte jedoch nicht als eine ausschließliche Ausrichtung auf die Philosophie des Seins gelten, denn alle verschiedenen Bereiche der Philosophie sind wichtig für die Erkenntnis der Wirklichkeit. Genauer gesagt, das eigene Studiengebiet und die spezifische Methode einer jeden Philosophie werden um der Angleichung an die Wirklichkeit und der Vielfalt der Weisen menschlicher Erkenntnis wegen respektiert.

III. Die philosophische Ausbildung im Horizont einer offenen Vernunft

5. „Da die Bruchstückhaftigkeit des Wissens eine fragmentarische Annäherung an die Wahrheit mit der sich daraus ergebenden Sinnzersplitterung mit sich bringt, verhindert sie die innere Einheit des heutigen Menschen“. Angesichts dieser Aufspaltung des Wissens hallen die Worte Johannes Pauls II. laut wider: „Ich greife deshalb auf, was die Päpste seit Generationen unaufhörlich lehren und was auch das II. Vatikanische Konzil bekräftigt hat, und möchte mit aller Deutlichkeit der Überzeugung Ausdruck geben, daß der Mensch imstande ist, zu einer einheitlichen und organischen Wissensschau zu gelangen. Das ist eine der Aufgaben, deren sich das christliche Denken im Laufe des nächsten Jahrtausends christlicher Zeitrechnung wird annehmen müssen“.<ref>Fides et ratio, Nr. 85.</ref>

6. Aus christlicher Sicht kann die Wahrheit nicht von der Liebe getrennt sein. Einerseits sind die Verteidigung und die Sorge um die Wahrheit eine wesentliche Form von Liebe: „Die Wahrheit zu verteidigen, sie demütig und überzeugt vorzubringen und sie im Leben zu bezeugen, sind daher anspruchsvolle und unersetzliche Formen der Liebe“.<ref>Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate (29. Juni 2009), Nr. 1.</ref> Andererseits ermöglicht allein die Wahrheit wahre Liebe: „Die Wahrheit ist ein Licht, das der Liebe Sinn und Wert verleiht“.<ref>Caritas in veritate, Nr. 3.</ref> Schließlich sind die Wahrheit und das Gute aufs engste miteinander verbunden: „Aber Wahrheit meint mehr als Wissen: Die Erkenntnis der Wahrheit zielt auf die Erkenntnis des Guten. Das ist auch der Sinn des sokratischen Fragens: Was ist das Gute, das uns wahr macht? Die Wahrheit macht uns gut, und das Gute ist wahr“.<ref>Benedikt XVI., Vorlesung von Benedikt XVI. für die römische Universität “La Sapienza”, 17. Januar 2008, OR (17. Januar 2008), 4-5.</ref> Durch das Angebot einer organischen Vision von Wissen, das nicht von der Liebe getrennt ist, kann die Kirche ihren spezifischen Beitrag leisten, und sie ist dadurch auch in der Lage, kulturelle und soziale Projekte wirksam zu gestalten.<ref>Vgl.Caritas in veritate, Nr. 5.</ref>

7. Daher ist die Philosophie, die man im Inneren der Universitas pflegt, zuerst dazu berufen, die Herausforderung anzunehmen, Vernünftigkeit in einem sehr weiten Horizont zu üben, zu entwickeln und zu verteidigen, damit „es auch wieder möglich [wird], den Horizont unserer Rationalität zu erweitern, […] Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften miteinander zu verbinden, mit vollem Respekt gegenüber […] ihrer Unabhängigkeit voneinander, aber auch im Bewußtsein der inneren Einheit, die sie zusammenhält“.<ref> Benedikt XVI., Ansprache an die Teilnehmer des IV. Nationalen Kongresses der Kirche in Italien, Verona, 19. Oktober 2006, OR (20. Oktober 2006), 6-7.</ref> Auf institutioneller Ebene ist es „die große Aufgabe der Universität“, „diesen großen Logos“ und „diese Weite der Vernunft“ wieder zu finden.<ref>Vgl. Benedikt XVI., Treffen mit den Vertretern aus dem Bereich der Wissenschaften in der Aula Magna der Universität Regensburg (12. September 2006), AAS 98 (2006), 728-739.</ref>

IV. Die philosophische Ausbildung an den kirchlichen Hochschulen

8. Die Kirche hegte stets große Aufmerksamkeit für die Philosophie. In der Tat ist die Vernunft, mit der jeder Mensch von der Schöpfung her ausgestattet ist, einer der beiden Flügel, mit denen sich der Mensch zur Schau der Wahrheit erhebt. Die philosophische Weisheit ist der Gipfel, den die Vernunft zu erklimmen vermag.<ref>“Glaube und Vernunft (Fides et ratio) sind wie die beiden Flügel, mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt” (Fides et ratio, Segen).</ref> In einer Welt, die so reich an wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen ist, die aber zugleich durch Relativismus bedroht wird, führt allein der „Weisheitshorizont“<ref>Fides et ratio, Nr. 106.</ref> zu einer Gesamtschau und zum Vertrauen in die Fähigkeit der Vernunft, der Wahrheit zu dienen. Genau deswegen ermutigt die Kirche mit Nachdruck zu einer philosophischen Ausbildung einer auf den Glauben hin offenen Vernunft, ohne Vermischung und ohne Trennung.<ref>Vgl. Fides et ratio, Nr. 77; vgl. Deus caritas est, Nr.10 und 29.</ref>

9. Die Philosophie ist für die theologische Ausbildung überdies unverzichtbar. In der Tat „hat die Theologie immer den philosophischen Beitrag gebraucht. Sie braucht ihn auch weiterhin“.<ref> Fides et ratio, Nr. 77.</ref> Indem die Philosophie zur Vertiefung des offenbarten Wortes Gottes mit seinem Charakter als transzendente und universale Wahrheit beiträgt, verhindert sie, auf dem Niveau der religiösen Erfahrung zu verharren. Zurecht wurde beobachtet: „Die Krise der nachkonziliaren Theologie ist in weitem Maße eine Krise ihrer philosophischen Fundamente […]. Wenn aber die philosophischen Grundlagen nicht geklärt werden, dann verliert die Theologie den Boden unter den Füßen. Denn dann ist nicht mehr klar, bis zu welchem Punkt der Mensch wahrhaft die Realität erkennen kann und auf welchen Grundlagen er denken und sprechen kann“.<ref>Joseph Ratzinger, “Die Einheit von Mission und Person in der Gestalt von Johannes Paul II.”, 1998, in: Johannes Paul II.: Mein geliebter Vorgänger, Augsburg 2008, S. 23f.</ref>

10. Schließlich stellt die philosophische Vorbereitung vor allem ein „wesentliches Element der intellektuellen Ausbildung“ für die zukünftigen Priester dar: „Nur eine gesunde Philosophie kann den Priesterkandidaten helfen, ein reflektiertes Bewusstsein von der Grundbeziehung zu entwickeln, die zwischen dem menschlichen Geist und jener Wahrheit besteht, die sich uns in Jesus Christus voll enthüllt“.<ref>Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis (25. März 1992), AAS 84 (1992), 657-804, Nr. 52.</ref> Daher gilt, dass „das Studium der Philosophie ein grundlegendes und untilgbares Wesensmerkmal im Aufbau des Theologiestudiums und in der Ausbildung der Priesteramtskandidaten darstellt. Es ist kein Zufall, daß dem Curriculum der Theologie eine Periode vorausgeht, in der eine besondere Beschäftigung mit dem Studium der Philosophie vorgesehen ist“.<ref>Fides et ratio, Nr. 62; vgl. Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis (19. März 1985), Nr. 59-61.</ref>

11. Eine angemessene philosophische Ausbildung im Raum der kirchlichen akademischen Einrichtungen muss sowohl die intellektuellen „Habitus“ als auch die Inhalte umfassen.

Durch den Erwerb der intellektuellen, wissenschaftlichen und weisheitlichen „Habitus“ lernt die Vernunft, über die empirischen Daten hinaus zu erkennen. Gerade die intellektuelle Debatte in einer pluralistischen Gesellschaft, heftig bedroht vom Relativismus und den Ideologien, oder in Gesellschaften ohne echte Freiheit, fordert von den Studenten der kirchlichen Fakultäten die Aneignung einer soliden philosophischen forma mentis. Diese „Habitus“ erlauben, stringent zu denken, zu erkennen und zu begründen und auch auf wirksame Weise und ohne Angst mit jedermann in einen Dialog einzutreten.

Die Dimension der „Habitus“ ist jedoch mit der Annahme von sicher erworbenen Inhalten verknüpft. Das heißt, dass sie der Erkenntnis und der Vertiefung der wichtigsten Wahrheiten entspringen, die durch philosophische Überlegungen erworben wurden, manchmal auch unter dem Einfluss der göttlichen Offenbarung. Um zur genauen und kohärenten Erkenntnis vom Menschen, der Welt und von Gott zu gelangen,<ref>Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Optatam totius, Nr. 15.</ref> bedarf eine derartige Dimension der Lehre einer Philosophie, die sich sowohl auf das „immer gültige philosophische Erbe“ stützt, das sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat, als auch gleichzeitig offen dafür ist, die Beiträge die die philosophischen Forschungen erbracht haben und weiterhin erbringen, aufzunehmen.<ref>CIC, can. 251; vgl. Sacra Congregatio de Institutione Catholica, Das Philosophiestudium in den Seminaren (20. Januar 1972), III, 2, Roma, 1972, S. 11-13.</ref> Unter diesen fundamentalen Wahrheiten haben einige zentrale und besonders aktuelle Bedeutung: Die Fähigkeit, zu einer objektiven und universalen Wahrheit und zu einer gültigen metaphysischen Erkenntnis zu gelangen;<ref>Vgl.Fides et ratio, Nr. 27, 44, 66, 69, 80, etc.</ref> die Leib-Seele-Einheit des Menschen;<ref>Vgl. Veritatis splendor, AAS 85 (6. August 1993), 1133-1228, Nr. 48-49.</ref> die Würde der menschlichen Person;<ref>Vgl. Fides et ratio, Nr. 60, 83, etc.; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Pastorale Konstitution Gaudium et spes, Nr. 12-22.</ref> die Beziehungen zwischen Natur und Freiheit; <ref>Vgl. Veritatis splendor, Nr. 46-47.</ref> die Bedeutung des Naturgesetzes und der „Quellen der Moralität“,<ref>Vgl. Veritatis splendor, Nr. 43-44, 74; vgl. Internationale Theologenkommission, Auf der Suche nach einer universellen Ethik: ein neuer Blick auf das Naturgesetz, 27. März 2009.</ref> insbesondere des Objekts des sittlichen Aktes;<ref>Vgl. Veritatis splendor, Nr. 72.</ref> die notwendige Übereinstimmung von staatlichem und sittlichem Gesetz.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae (25. März 1995), AAS 87 (1995), 401-522, Nr. 68-74; vgl. Deus caritas est, Nr. 28.</ref>

12. Sowohl für den Erwerb der intellektuellen „Habitus“ als auch für die ausgereifte Aufnahme des philosophischen Erbes gebührt der Philosophie des heiligen Thomas von Aquin eine herausragende Stellung, verstand er es doch, „den Glauben in positive Beziehung […] zu der Form der vernunftgemäßen Argumentation, die zu seiner Zeit herrschte“,<ref>Benedikt XVI., Ansprache an das Kardinalskollegium und die Mitglieder der römischen Kurie beim Weihnachtsempfang, 22. Dezember 2005, OR (23. Dezember 2005), 4-6.</ref> zu stellen. Deshalb wird er noch immer „Apostel der Wahrheit“<ref>Paul VI., Apostolisches Schreiben Lumen ecclesiae (20. November 1974), AAS 66 (1974), 673-702, Nr. 10.</ref> genannt. „Weil er die Wahrheit vorbehaltlos anstrebte, konnte er in seinem Realismus deren Objektivität anerkennen. Seine Philosophie ist wahrhaftig die Philosophie des Seins und nicht des bloßen Scheins“.<ref>Fides et ratio, Nr. 44; vgl. Johannes Paul II., An die Päpstliche Universität "Angelicum" (17. November 1979), OR (19.-20. November 1979), 2-3, Nr. 6.</ref> Der Vorzug, den die Kirche seiner Methode und seiner Lehre einräumt, ist nicht ausschließlich, sondern „exemplarisch“.<ref>Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer des VIII. Internationalen Thomistischen Kongresses, 13. September 1980, OR (14. September 1980), 1-2, Nr. 2.</ref>

V. Die gegenwärtige Reform des Philosophiestudiums

13. Die Kongregation für das Katholische Bildungswesen hält es in Wahrnehmung ihres Auftrags, die Leitlinien der Kirche hinsichtlich einer größeren Wirkung in der Evangelisierung immer besser zu gestalten, für nötig, einige Punkte der Apostolischen Konstitution Sapientia christiana und der Ausführungsbestimmungen dieser Kongregation zu überarbeiten.<ref>Vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Sapientia christiana, AAS 71 (1979), 469-499, Art. 93.</ref> Die vorliegende Reform des kirchlichen Philosophiestudiums will den kirchlichen Hochschuleinrichtungen helfen, einen angemessenen Beitrag zum kirchlichen und kulturellen Leben in unserer Zeit zu leisten.

14. Es ist angebracht, eine klare Unterscheidung zwischen Studien an kirchlichen Fakultäten für Philosophie und dem philosophischen Kurs, der integraler Bestandteil der Studien an einer Theologischen Fakultät oder in einem Priesterseminar ist, zu treffen. Sollten sich in einer Institution nebeneinander sowohl eine kirchliche Fakultät für Philosophie als auch eine Fakultät für Theologie befinden, ist die entscheidende Instanz, die das Studienprogramm festlegt, wenn die Kurse für Philosophie als Teil des ersten Zyklus, also in den ersten fünf Jahren der Theologie – gemäß ihres spezifischen Wesens und der geltenden Regeln – in der philosophischen Fakultät absolviert werden, der Dekan der Theologischen Fakultät. Dabei sind das geltende Recht zu beachten und die enge Kooperation mit der Philosophischen Fakultät zu würdigen.

Dieser philosophische Kurs, der auf die theologische Ausbildung hin ausgerichtet und entsprechend diesem Ziel strukturiert ist, erlaubt es nicht, einen akademischen Grad in Philosophie mit kanonischer Geltung zu erlangen. Er wird mit einem Zertifikat über die philosophischen Studienanteile unter Vorbehalt eines akademischen Titels abgeschlossen. Das Zertifikat dient lediglich dazu, die im Rahmen der philosophischen Ausbildung besuchten Kurse und erreichten Kreditpunkte – entsprechend dem neuen Regelwerk – zu bescheinigen.

15. Die Reform kennt drei Bereiche der Umsetzung:

a) Die kirchliche Philosophische Fakultät

Die Apostolische Konstitution Sapientia christiana von 1979 stellte die drei Studienabschnitte in der Fakultät für Philosophie<ref>Vgl. Sapientia christiana Art. 81; vgl. Pius XI, Apostolische Konstitution Deus scientiarum dominus (24. Mai 1931), AAS 23 (1931), 241-262, Art. 41-46.</ref> wieder her und legte dabei die Dauer des ersten Zyklus auf zwei Jahre fest.<ref>Vgl. Sapientia christiana, Art. 81a.</ref> Die Erfahrung von mehr als 30 Jahren hat schrittweise zur Erkenntnis geführt, dass drei Ausbildungsjahre nötig sind, um die in der erwähnten Apostolischen Konstitution vorgegebenen Ziele für die Philosophie besser zu erreichen, insbesondere damit der Student „zu einem soliden und einheitlichen Gesamtbild“<ref>Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Verordnungen zur Apostolischen Konstitution «Sapientia christiana» (29. April 1979), AAS 71 (1979), 500-521, Art. 59, § 1.</ref> kommt. Faktisch hat schon eine ganze Anzahl von Fakultäten und Institutionen die Initiative ergriffen, eine Ausbildung anzubieten, die nach drei Jahren mit dem kanonischen Bakkalaureat in Philosophie abschließt. In diesem Bereich wird erwartet, dass alle kirchlichen Fakultäten für Philosophie an der Entwicklung der üblichen Praxis im universitären Umfeld teilnehmen, auch hinsichtlich der erforderlichen Zeiten für akademische Grade, so dass ein dreijähriges Philosophiestudium die conditio sine qua non zur Erlangung eines akademisch anerkannten ersten Titels des Philosophiestudiums darstellt.

Der zweite Studienzyklus umfasst weiterhin eine zweijährige Spezialisierung, nach der das Lizentiat verliehen wird. Der dritte Zyklus für das wissenschaftliche Doktorat dauert mindestens drei Jahre. Diese Stufe ist grundsätzlich für diejenigen vorgesehen, die sich auf eine Lehrtätigkeit auf Hochschulniveau vorbereiten, zu der die Forschung ein wesentliches Element darstellt, auch um für die Lehre eine solide Grundlage zu bieten.

b) Die philosophische Ausbildung in einer Theologischen Fakultät oder in einem Priesterseminar

Die Dauer der philosophischen Ausbildung als integraler Bestandteil der theologischen Studien in den Theologischen Fakultäten oder in den Priesterseminarien wird präzisiert. Ohne die eigene Unabhängigkeit zu verlieren, erlaubt diese in das theologische Wissen einbezogene philosophische Ausbildung,<ref>Vgl.Fides et ratio, Nr. 77.</ref> dass sich der Student, der die richtige Methodologie und philosophische oder theologische Hermeneutik anwendet, angemessen den eigentlich theologischen Studien widmen kann und zu seiner eigenen Synthese am Ende der philosophisch-theologischen Studien findet.

Eine ausufernde Vermischung der philosophischen und theologischen oder auch anderer Fächer hat bei den Studenten eine mangelnde Ausbildung der jeweiligen intellektuellen „Habitus“ und ein Durcheinander der Methodologien der verschiedenen Disziplinen und ihres spezifischen epistemologischen Status zur Folge. Um die wachsende Gefahr eines Fideismus zu bannen und sowohl eine Instrumentalisierung als auch eine Fragmentierung der Philosophie zu vermeiden, ist es zu bevorzugen, die philosophischen Kurse in den ersten beiden Jahren der philosophisch-theologischen Ausbildung zu konzentrieren. Diese Philosophiestudien, die im Hinblick auf das Theologiestudium absolviert werden, sollten im Laufe der ersten beiden Jahre mit den Einführungskursen in die Theologie verbunden werden.

Alles, was die Dauer, die Zahl der Kreditpunkte und den Inhalt des Philosophiestudiums betrifft, ist auch in den Ländern, wo das Studium der Philosophie in das Programm zur Erlangung des Bakkalaureats an einer katholischen Hochschule außerhalb einer kirchlichen Fakultät integriert ist, anzuwenden.

c) Die Qualifikation der Lehrenden

Die hohe Verantwortung der Gewährleistung einer philosophischen Ausbildung für die Studenten erfordert es, auf Dozenten zählen zu können, die akademische Grade in den kirchlichen Institutionen (kirchliche Fakultäten für Philosophie, für Theologie und affiliierte oder aggregierte Institute) erworben haben, mit einer geeigneten wissenschaftlichen Vorbereitung ausgestattet und dazu befähigt sind, in aktueller Form das fruchtbare Erbe der christlichen Tradition darzulegen.<ref>Vgl. Fides et ratio, Nr. 105.</ref>

16. Diesen unterschiedlichen Feststellungen Rechnung tragend werden die Artikel der Apostolischen Konstitution Sapientia christiana und der entsprechenden Ordinationes der Kongregation für das Katholische Bildungswesen aktualisiert. Und zwar betreffend

- die Anzahl der Jahre bis zur Erlangung des Bakkalaureats in Philosophie;

- den Inhalt der Studien des ersten Zyklus einer kirchlichen Fakultät für Philosophie;

- den cursus studiorum der Philosophie, der integraler Bestandteil des ersten Zyklus einer Theologischen Fakultät oder eines Priesterseminars oder innerhalb einer universitären Ausbildung ist (vgl. oben 15b);

- die Festlegung einiger Normen hinsichtlich des Lehrkörpers;

- die Affiliation eines philosophischen Trienniums.

Teil II: NORMEN der Apostolischen Konstitution Sapientia christiana

Die Teile der Apostolischen Konstitution Sapientia christiana, die unverändert bleiben, sind kursiv wiedergegeben.

Die Artikel 72a, 81 und 83 werden in der folgenden Weise modifiziert:

Art. 72. a) (Der Studiengang der Theologischen Fakultät)

Der Studiengang der Theologischen Fakultät umfasst:

a) den ersten Zyklus oder den Grundausbildungskurs, der sich über fünf Jahre oder zehn Semester erstreckt oder nur über drei Jahre, wenn zuvor ein zweijähriges Philosophiestudium verlangt wird.

Die ersten beiden Jahre sollen mehrheitlich einer soliden philosophischen Grundlage gewidmet werden, da diese für ein angemessenes Angehen des Theologiestudiums notwendig ist. Das Bakkalaureat, das in einer kirchlichen Fakultät für Philosophie erlangt wurde, ersetzt die Kurse der Philosophie eines ersten Zyklus an einer Theologischen Fakultät. Das Bakkalaureat in Philosophie, das an einer nicht kirchlichen Fakultät erlangt wurde, ist kein hinreichender Grund für die vollständige Dispens eines Studenten von philosophischen Kursen des ersten Zyklus an einer Theologischen Fakultät.

Die theologischen Disziplinen [müssen] in der Weise gelehrt werden, daß eine organische Darlegung der gesamten katholischen Lehre geboten wird, mit gleichzeitiger Einführung in die Methode wissenschaftlicher Forschung.

Der Zyklus schließt mit dem akademischen Grad des Bakkalaureates oder einem anderen entsprechenden Grad ab, wie es in den Statuten der Fakultät festgesetzt ist;

Art. 81 (Studiengang in einer kirchlichen Fakultät für Philosophie(

Der Studiengang in der Philosophischen Fakultät umfasst:

a) den ersten Zyklus oder den Grundausbildungskurs, während dessen durch drei Jahre oder sechs Semester eine organische Darstellung der verschiedenen Bereiche der Philosophie geboten wird, die von der Welt, vom Menschen und von Gott wie auch von der Philosophiegeschichte handeln; zugleich soll eine Einführung in die Methode wissenschaftlicher Forschung erfolgen;

b) den zweiten Zyklus, eine beginnende Spezialisierung, während dessen man sich für zwei Jahre oder vier Semester durch spezielle Disziplinen und Seminare auf irgendeinem Gebiet der Philosophie um eine vertiefte philosophische Reflexion bemüht;

c) den dritten Zyklus, in dem für eine Periode von mindestens drei Jahren die philosophische Ausbildung vervollkommnet wird, insbesondere durch die Ausarbeitung der Dissertation.

Art. 83 (Für Studenten erforderliche Diplome)

Um sich in die Philosophische Fakultät für den ersten Zyklus einschreiben zu können, ist erforderlich, die im Art. 32 dieser Konstitution vorgeschriebenen Studien abgeschlossen zu haben.

Jedem Studenten, der erfolgreich die vorgeschriebenen Kurse in Philosophie im ersten Zyklus einer Theologischen Fakultät abgeschlossen hat und danach die philosophischen Studien fortführen will, um ein Bakkalaureat einer kirchlichen Fakultät für Philosophie zu erwerben, sind die von ihm während des erwähnten Studiums besuchten Kurse anzurechnen.

VERORDNUNGEN [Ordinationes)

Art. 51, 1° a) (Studiengang der Philosophie in der Theologischen Fakultät)

Die Pflichtfächer sind:

1. im ersten Studienzyklus:

a) - Die für das Studium der Theologie erforderlichen philosophischen Fächer, also vor allem die systematische Philosophie in ihren wichtigsten Teilen und die Philosophiegeschichte (antike, mittelalterliche, moderne, zeitgenössische). Die systematische Lehre soll, über eine allgemeine Einleitung hinaus, die grundlegenden Teile der Philosophie beinhalten: 1) Metaphysik (verstanden als Philosophie des Seins und der Theologia naturalis), 2) Naturphilosophie, 3) philosophische Anthropologie, 4) philosophische Ethik und politische Philosophie, 5) Logik und Erkenntnislehre.

- Ohne die Humanwissenschaften sollen die streng philosophischen Disziplinen (vgl. SapChrOrd Art. 60, 1° a), wenigstens 60 % der Kreditpunkte in den ersten beiden Jahren ausmachen. In jedem einzelnen Jahr sollte eine angemessene Zahl von Kreditpunkten für ein volles universitäres Studienjahr vorgesehen werden.

- Es ist sehr zu bevorzugen, die Kurse in Philosophie in den ersten beiden Jahren der philosophisch-theologischen Ausbildung zusammen zu fassen. Diese Philosophiestudien, die im Hinblick auf das Theologiestudium absolviert werden, sollten im Laufe der ersten beiden Jahre mit den Einführungskursen in die Theologie verbunden werden.

Art. 52

In den fünf grundlegenden Studienjahren des ersten Zyklus ist gewissenhaft dafür Sorge zu tragen, daß alle Fächer systematisch, ausführlich und mit eigener Methode unterrichtet werden, damit sie auf harmonische und wirksame Weise zu einer soliden, organischen und vollständigen theologischen Bildung der Studenten beitragen und diese somit befähigen, sowohl ihr Studium im zweiten Zyklus fortzusetzen als auch die ihnen übertragenen kirchlichen Aufgaben gut zu erfüllen.

Art. 52 bis (Qualifikation der Professoren für Philosophie in der Theologischen Fakultät)

Die Zahl der Philosophie lehrenden Professoren soll mindestens drei betragen, die auch mit den erforderlichen philosophischen Titeln ausgestattet sind (vgl. SapChrOrd Art. 17 und 61 b). Sie sollen fest angestellt sein, das heißt sich in Vollzeit der Lehrtätigkeit in Philosophie und der Forschung auf diesem Gebiet widmen.

Art. 59 (Zweck der kirchlichen Fakultäten für Philosophie)

§ 1. Forschung und Lehre der Philosophie an einer kirchlichen Fakultät für Philosophie müssen sich auf das „immer gültige philosophische Erbe”<ref>Vgl. CIC, can. 251 und Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Optatam totius, Nr. 15.</ref> stützen, wie es sich im Laufe der Geschichte, insbesondere im Werk des heiligen Thomas von Aquin entwickelt hat. Gleichzeitig soll die an einer kirchlichen Fakultät gelehrte Philosophie offen sein für die Ergebnisse, die neuere Forschungen erbracht haben und weiterhin erbringen. Es ist dabei wichtig, die weisheitliche und metaphysische Dimension der Philosophie zu betonen.

§ 2. Im ersten Zyklus soll die Philosophie so gelehrt werden, daß die Studenten im Lauf des grundlegenden Studienzyklus zu einem soliden und einheitlichen Gesamtbild des Lehrgebäudes gelangen, die verschiedenen philosophischen Systeme prüfen und beurteilen lernen und sich allmählich daran gewöhnen, selbst philosophisch zu denken. Wenn die Studenten des ersten Zyklus der theologischen Studien die Kurse im ersten Zyklus einer Philosophischen Fakultät besuchen, soll darauf geachtet werden, dass die Besonderheit von Inhalt und Zweck eines jeden Ausbildungskurses gewahrt wird. Am Ende der philosophischen Ausbildung wird kein akademischer Titel in Philosophie verliehen (vgl. SapChr Art. 72, a). Die Studenten können jedoch eine Bescheinigung über die besuchten Kurse und die erreichten Kreditpunkte erbitten.

§ 3. Die im ersten Zyklus erhaltene Ausbildung kann im folgenden Zyklus der beginnenden Spezialisierung durch eine größere Konzentration auf einen Teil der Philosophie und einen größeren Einsatz des Studenten im philosophischen Denken vervollständigt werden.

§ 4. Es ist angebracht, eine klare Unterscheidung zwischen Studien an kirchlichen Fakultäten für Philosophie und dem philosophischen Kurs, der integraler Bestandteil der Studien an einer Theologischen Fakultät oder in einem Priesterseminar ist, zu treffen. Sollten sich in einer Institution nebeneinander sowohl eine kirchliche Fakultät für Philosophie als auch eine Fakultät für Theologie befinden, ist die entscheidende Instanz, die das Studienprogramm festlegt, wenn die Kurse für Philosophie als Teil des ersten Zyklus, also in den ersten fünf Jahren der Theologie in der Philosophischen Fakultät absolviert werden, der Dekan der Theologischen Fakultät. Dabei sind das geltende Recht zu beachten und die enge Kooperation mit der Philosophischen Fakultät zu würdigen.

Art. 60 (Studiengang der kirchlichen Fakultät für Philosophie)

Die Pflichtfächer der verschiedenen Zyklen sind:

1. Im ersten Zyklus:

a) die grundlegenden Pflichtfächer:

- Eine generelle Einführung, die insbesondere darauf bedacht ist, die weisheitliche Dimension der Philosophie zu zeigen.

- Die philosophischen Hauptfächer: 1) Metaphysik (verstanden als Philosophie des Seins und der Theologia naturalis), 2) Naturphilosophie, 3) philosophische Anthropologie, 4) philosophische Ethik und politische Philosophie, 5) Logik und Erkenntnislehre. Eine besondere Bedeutung gilt der Metaphysik. Diesem Umstand sollte eine ausreichende Zahl an Kreditpunkten entsprechen.

- Die Philosophiegeschichte: antike, mittelalterliche, moderne und zeitgenössische. Das aufmerksame Studium der jüngeren philosophischen Richtungen mit größerem Einfluss, sollte wenn möglich von der Lektüre der Texte der bedeutenderen Autoren begleitet sein. Je nach Erfordernis sollte ein Studium der einheimischen Philosophien hinzugefügt werden.

Die grundlegenden Pflichtfächer sollten wenigstens 60 % und nicht mehr als 70 % der Kreditpunkte des ersten Zyklus ausmachen.

b) Die ergänzenden Pflichtfächer:

- Das Studium des Verhältnisses von Vernunft und christlichem Glauben bzw. zwischen Philosophie und Theologie aus systematischer und historischer Sicht unter Wahrung sowohl der Autonomie beider Gebiete voneinander als auch ihrer Verbindung miteinander.<ref>Vgl. Fides et ratio, Nr. 75, worin „die Theorie von der sogenannten »getrennten« Philosophie”, die „eine Unabhängigkeit des Denkens” fordert, zurückgewiesen und doch eine gewisse Unabhängigkeit bestätigt wird: „die Philosophie [bekundet] das legitime Bestreben, eine Unternehmung zu sein, die autonom ist; das heißt: sie geht nach ihren eigenen Gesetzen vor und bedient sich ausschließlich der Kräfte der Vernunft”.</ref>

- Lateinkenntnisse, die das Verständnis der philosophischen Werke (besonders der christlichen Autoren), die in dieser Sprache abgefasst sind, ermöglichen. Die Lateinkenntnisse sollen innerhalb der ersten beiden Jahre festgestellt werden.

- Eine moderne Fremdsprache außer der eigenen Muttersprache. Die Kenntnisse sollen vor dem Ende des dritten Jahres festgestellt werden.

- Eine Einleitung in die Methodologie des Studiums und das wissenschaftliche Arbeiten, die zum Gebrauch des Instrumentariums der Forschung und zum praktischen argumentativen Diskurs befähigen soll.

c) Die ergänzenden Wahlfächer aus den Bereichen:

- Literatur und Künste;

- Human- oder Naturwissenschaft (z. B.: Psychologie, Soziologie, Geschichte, Biologie, Physik). Man achte darauf, dass insbesondere eine Verbindung zwischen den Wissenschaften und der Philosophie hergestellt wird.

- Andere mögliche philosophische Wahlfächer: z. B.: Philosophie der Wissenschaften, Kulturphilosophie, Philosophie der Kunst, Philosophie der Technik, Sprachphilosophie, Rechtsphilosophie, Religionsphilosophie.

2. Im zweiten Zyklus:

- Einige spezielle Fächer, die je nach den verschiedenen Spezialisierungen, einschließlich der Übungen und Seminare und einer schriftlichen Lizentiatsarbeit auf die verschiedenen Sektionen aufgeteilt werden.

- Erlernen oder Vertiefen des klassischen Griechisch oder einer zweiten modernen Fremdsprache über die im ersten Zyklus geforderte hinaus oder deren Vertiefung.

3. Im dritten Zyklus:

Die Statuten der Fakultät sollen festlegen, ob und welche speziellen Fächer zu behandeln sind, einschließlich ihrer Übungen und Seminare. Das Erlernen einer weiteren Sprache oder die Vertiefung einer schon vorher erlernten Sprache ist notwendig.

Art. 61 (Dozenten einer kirchlichen Fakultät für Philosophie)

a) Die Fakultät soll wenigstens sieben ständige, ausreichend qualifizierte Dozenten beschäftigen, so dass diese die Lehre in allen grundlegenden Pflichtfächern gewährleisten können (vgl. SapChrOrd Art. 60, 1.; Art. 45 § 1,b).

Insbesondere der erste Zyklus soll wenigstens fünf fest angestellte Dozenten aufweisen, die in folgender Weise aufgeteilt sein sollen: jeweils ein Dozent für Metaphysik, Naturphilosophie, philosophische Anthropologie, philosophische Ethik und politische Philosophie, Logik und Erkenntnislehre.

Für die anderen Fächer, ob verpflichtend oder freiwillig, kann die Fakultät andere Dozenten anfragen.

b) Ein Dozent ist zur Lehrtätigkeit in einer kirchlichen universitären Einrichtung berechtigt, wenn er die entsprechenden akademischen Grade einer kirchlichen Fakultät für Philosophie vorweisen kann (vgl. SapChrOrd Art. 17).

c) Ist der Dozent weder in Besitz eines kanonischen Doktorats noch eines kanonischen Lizentiats, kann er nur unter der Bedingung als fest angestellter Professor aufgenommen werden, dass seine philosophische Ausbildung sowohl nach Inhalt als auch nach Methode mit jener übereinstimmt, die in einer kirchlichen Fakultät üblich ist. In der Bewertung der Kandidaten für die Lehre in einer kirchlichen Fakultät für Philosophie muss beachtet werden: die nötige Kompetenz in den von ihnen gelehrten Fächern; eine angemessene Offenheit für den Zusammenhang des Wissens; die Zustimmung in ihren Publikationen und ihrer didaktischen Tätigkeit zu der vom Glauben gelehrten Wahrheit; eine angemessen vertiefte Kenntnis des harmonischen Verhältnisses von Glaube und Vernunft.

d) Es soll sichergestellt sein, dass an einer kirchlichen Fakultät für Philosophie immer eine Mehrheit von fest angestellten Dozenten gewahrt wird, die ein kanonisches Doktorat in Philosophie besitzen, oder – falls das philosophische Doktorat durch eine nichtkirchliche Universität verliehen wurde – zumindest mit einem kirchlichen Lizentiat ausgestattet sind.

Art. 62 (Einige besondere Normen für kirchliche Falkultäten für Philosophie und die affilierten Institutionen)

Generell soll ein Student, um zum zweiten Zyklus in Philosophie zugelassen zu werden, das kirchliche Bakkalaureat in Philosophie erworben haben.

Wenn ein Student die philosophischen Studien an einer nichtkirchlichen Fakultät für Philosophie an einer katholischen Universität oder einer anderen Hochschule absolviert hat, kann er zum zweiten Zyklus nur zugelassen werden, nachdem er durch eine geeignete Prüfung gezeigt hat, dass seine Vorbildung mit jener vergleichbar ist, die von einer kirchlichen Fakultät für Philosophie geleistet wird und eventuelle Mängel in Bezug auf die Jahre und die für den ersten Zyklus auf der Basis der vorgesehenen Studienpläne entsprechend den vorliegenden Ordinationes behoben hat. Die Wahl der Kurse muss eine Synthese der gelehrten Fächer fördern (vgl. SapChrArt. 81, a). Am Ende dieser Ergänzungsstudien wird der Student zum zweiten Zyklus zugelassen, jedoch ohne das kirchliche Bakkalaureat in Philosophie zu erhalten.

Art. 62 bis

[Anpassung der Normen für die Affiliation oder Aggregation in Philosophie]

§ 1. Der Reform des ersten Zyklus von drei Jahren der kirchlichen Studien in Philosophie, die mit dem Bakkalaureaut in Philosophie abschließen, Rechnung tragend soll bei einer Affiliation der Philosophie dies mit dem, was für den ersten Zyklus verfügt worden ist, sowohl hinsichtlich der Zahl der Jahre als auch des Studienplans übereinstimmen (vgl. SapChrOrd Art. 60, 1); die Zahl der fest angestellten Dozenten mit entsprechender Qualifikation in einem affiliierten Institut soll wenigstens fünf betragen (vgl. SapChrOrd Art. 61).

§ 2. Der Reform des zweiten Zyklus von zwei Jahren der kirchlichen Studien in Philosophie, die mit dem Lizentiat in Philosophie abschließen, Rechnung tragend soll bei einer Aggregation der Philosophie dies mit dem, was für den ersten und den zweiten Zyklus verfügt worden ist, sowohl hinsichtlich der Zahl der Jahre als auch des Studienplans (vgl. SapChr Art. 72 a und b; SapChrOrd Art. 60) übereinstimmen; die Zahl der fest angestellten Dozenten mit entsprechender Qualifikation in einem aggregierten Institut soll wenigstens sechs betragen (vgl. SapChrOrd Art. 61).

[Anpassung der Normen des Studiengangs für Philosophie im ersten Zyklus an einem affilierten Institut für Theologie]

§ 3. Der Reform des Studienplans innerhalb des ersten philosophisch-theologischen Zyklus, der mit dem Bakkalauerat in Theologie abgeschlossen wird, Rechnung tragend soll die philosophische Ausbildung eines affiliierten Instituts in Theologie mit dem, was hinsichtlich des Studienplans verfügt worden ist (vgl. SapChrOrd Art. 51, 1) übereinstimmen. Die Zahl der fest angestellten Dozenten soll wenigstens zwei betragen.

Übergangsnormen

Art. 65.

Mit Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets sind diebisherigen Artikel 72, 81 und 83 der Apostolischen Konstitution Sapientia christiana und die Artikel 51, 52, 59, 60, 61 und 62 der Ordinationes aufgehoben.

Art. 66.

Alle kirchlichen akademischen Einrichtungen für Theologie und Philosophie sollen sich dem vorliegenden Dekret mit Beginn des Studienjahres 2012-2013 anpassen.


Quæ hoc decreto statuuntur, Summus Pontifex Benedictus XVI, in Audientia infrascripto Cardinali Præfecto recenter concessa, rata habuit et confirmavit, innovatos autem articulos 72, 81 et 83 Constitutionis Apostolicæ Sapientia christiana in forma specifica approbavit, contrariis quibuslibet non obstantibus, atque publici iuris fieri iussit.

Datum Romæ, ex ædibus eiusdem Congregationis,

in memoria sancti Thomæ Aquinatis,
die XXVIII mensis Ianuarii, A. D. MMXI.

Zenon Card. Grocholewski
Præfectus
Ioannes Ludovicus Brugues, O.P.

a Secretis

Anmerkungen

<references />

Weblinks