Neue liturgische Bewegung

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Als Neue Liturgische Bewegung werden zusammenfassend alle internationalen Bestrebungen bezeichnet, die das Ziel verfolgen, das eigentliche liturgische Erbe des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Leben zu erwecken. Sie beabsichtigt eine liturgische "Hermeneutik der Kontinuität" der Liturgiereform, möchte die Bedeutung der Liturgie in der Katholischen Kirche tiefer erschließen und das Verständnis für sie fördern. Sie folgt der Liturgischen Bewegung des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil im 20. Jahrhundert. Beide liturgische Bewegungen gehen fließend ineinander.

Theoretische und praktische Richtung

Die "Neue Liturgische Bewegung" entfaltet sich in zwei Richtungen. Sie studiert einerseits auf einer akademischen historischen Ebene das Wesen und die Entwicklung des Römischen Ritus, so wie es z.B. der Liturgiehistoriker Klaus Gamber getan hat. Auf der anderen Seite geht es ihr auf einer praktischen Ebene um eine Revision der nachkonziliären liturgischen Reform in Übereinstimmung mit einer präziseren, entsprechend gemäßigteren und gewünschten Umsetzung von Sacrosanctum concilium z.B. der Liturgiesprache (SC Nr. 54). Sie ergründet die Absichten der Väter zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils und ebenso wie eine Zelebrationsweise auszusehen hat, die Gott am wohlgefällt. Eine Frage muss auch sein, wie eine Liturgie ist oder auszusehen hat, die Gott am wohlgefälligeren ist<ref> vgl. Brian W. Harrison: Die Reform der liturgischen Reform: in: Franz Breid: "Die heilige Liturgie" 1997, S. 211-213 (siehe Literatur).</ref> und den katholischen Glauben des Mystischen Leibes Christi in der Liturgie am richtigsten abbildet.

Die neue liturgische Bewegung

Joseph Kardinal Ratzinger warb als Kardinal für eine „Reform der Reform".<ref>vgl. Ratzinger fordert 'Reform der Reform'; Eine 'neue Liturgische Bewegung'? Kath.net am 28. Dezember 2010 von Armin Schwibach; Papst Benedikt XVI. möchte eine neue liturgische Bewegung. Kath.net am 16. Mai 2011: so Kardinal Kurt Koch Das Motu proprio ‚Summorum Pontificum’ als ökumenische Brücke Kath.net am 16. Mai 2011 von Armin Schwibach</ref> Damit meinte er eine neue liturgische Bewegung.<ref>„Weil es die Gemeinde aus sich gar nicht gibt, sie vielmehr immer nur durch den Glauben vom Herrn her überhaupt als Einheit entsteht, ist Zerfall in Parteiungen aller Art, das parteiliche Gegeneinander in einer sich selbst zerreißenden Kirche unter diesen Bedingungen unwiderruflich. Darum brauchen wir eine neue Liturgische Bewegung, die das eigentliche Erbe des II. Vatikanischen Konzils zum Leben erweckt.“ in: Joseph Ratzinger: Aus meinem Leben. Erinnerungen. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1998, S. 174.</ref><ref>so Kardinal Kurt Koch Das Motu proprio ‚Summorum Pontificum’ als ökumenische Brücke Kath.net am 16. Mai 2011 von Armin Schwibach</ref> "die das eigentliche Erbe des II. Vatikanischen Konzils zum Leben erweckt."<ref>Joseph Kardinal Ratzinger zur Liturgie und zu einer neuen liturgischen Bewegung bei www.summorum-pontificum.de</ref> Er wirbt für eine "eine Wiederentdeckung des Wesentlichen in der Liturgie. Liturgie sei allgemein ein Überschreiten des alltäglichen Lebens. Selbstüberschreitung sei in den Kern christlicher Liturgie eingeschrieben (Von mir weg zu einem Höheren). Es geht darum, die Ehrfurcht und das Übernatürliche wieder aufleuchten zu lassen - die Liturgie nicht zu banalisieren und zu profanieren."<ref>40 Jahre Liturgiereform-Festakt in Trier mit Joseph Kardinal Ratzinger, Die Tagespost 6. Dez. 2003; Michael Schneider, Zur Grundlegung und Erneuerung der Liturgie nach der Theologie Joseph Ratzingers - Papst Benedikts XVI.</ref>

Die "Reform der Reform" bedeute auch, so der im Jahre 2010 amtierende Präfekt der Gottesdienstkongregation Antonio Cañizares Llovera, Bestrebungen, Fehlentwicklungen zu korrigieren, die sich bei der Liturgiereform im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil eingestellt hätten. Sie bedeute, dass "keine Neuerungen eingeführt werden, es sei denn, ein wirklicher und sicher zu erhoffender Nutzen der Kirche verlange es" (SC, Nr. 23). Die Reform sei als ein Menschenwerk verstanden worden, wobei viele gedacht hätten, dass die Kirche ein Werk der Hände des Menschen und nicht Gottes sei. „Die liturgische Erneuerung ist wie eine Forschung im Labor gesehen worden, Ergebnis der Vorstellungskraft und der Kreativität: magisches Wort jener Zeit“, so Antonio Cañizares Llovera.<ref>Eine 'neue Liturgische Bewegung'? Kath.net am 28. Dezember 2010 von Armin Schwibach</ref>

Der im Jahre 2016 amtierende Präfekt der Gottesdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah sagte im Juli 2016, einige der nach dem II. Vatikanischen Konzil durchgeführten Reformen seien zu sehr vom damaligen Zeitgeist beeinflusst gewesen und über die Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ hinausgegangen. Eine vollständige Umsetzung der Konstitution bedürfe einer „Hermeneutik der Kontinuität“. Die Konzilsväter „beabsichtigten keine Revolution, sondern eine Evolution“, betonte er.<ref>Kardinal Sarah bittet Priester, ‚ad orientem’ zu zelebrieren Kath.net am 6 Juli 2016.</ref>

Der Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte am 11. Juli 2016 im Anschluss an eine Audienz, die Papst Franziskus Kardinal Sarah gewährte, der Begriff einer "Reform der Reform" sei besser zu vermeiden, da er Missverständnisse hervorrufen könne.<ref>domradio.de: Vatikan erteilt Liturgiereform eine Absage Nicht mit dem Rücken zur Gemeinde, 12. Juli 2016</ref>

Wünsche bzw. ausstehende Umsetzung (siehe ausführlicher in den dortigen Artikeln):

Liturgiesprache und Gregorianischer Choral 1963 /2007

Papst Benedikt XVI. schreibt im Nachsynodalem Apostolischem Schreiben Sacramentum caritatis vom 22. Februar 2007, in Nr. 62, sich auf die Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 36 und 54 beziehend: "Es ist gut, wenn außer den Lesungen, der Predigt und den Fürbitten der Gläubigen die (Eucharistie)-Feier in lateinischer Sprache gehalten wird; ebenso sollen die bekanntesten Gebete aus der Überlieferung der Kirche in Latein gesprochen und eventuell einige Teile in gregorianischem Choral ausgeführt werden. Ganz allgemein bitte ich darum, dass die zukünftigen Priester von der Seminarzeit an darauf vorbereitet werden, die heilige Messe in Latein zu verstehen und zu zelebrieren sowie lateinische Texte zu nutzen und den gregorianischen Choral zu verwenden. Man sollte nicht die Möglichkeit außer Acht lassen, dass auch die Gläubigen angeleitet werden, die allgemeinsten Gebete in Latein zu kennen und gewisse Teile der Liturgie im gregorianischen Stil zu singen."

Mundkommunion mit Patene 1969 / 1985 / 2008 / 2010

→ Die Mundkommunion (mit Ausnahmen) mit Patene ist geltende Vorschrift.

Bei der Reise Benedikts XVI. nach Apulien am 14. und 15. Juni 2008 wurden eigens Kommunionbänke zur Spendung der Eucharistie aufgestellt, wie auch schon bei der Messe zum Fronleichnamsfest am 22. Mai. Papst Benedikt XVI. möchte den Empfang der Hl. Eucharistie in kniender Form fördern. Ebenso soll die Mundkommuion die übliche Praxis werden, da diese besser die "Wahrheit der Realpräsenz in der Eucharistie" hervor hebe, so Guido Marini Ende Juni 2008. Dies helfe der Andacht der Gläubigen und führe leichter in den Sinn des Mysteriums ein.<ref>Päpstlicher Zeremonienmeister: Papst bevorzugt Mundkommunion Kath.net 26. Juni 2008; Papst Benedikt Peter & Paul 2009 - Eucharistieverteilung Video bei Kathtube</ref>

Bei der Papstmesse wird nun ab Weihnachten 2010 die Heilige Eucharistie generell nur als kniende Mundkommunion gespendet. Benedikt XVI. hatte als Bischof von Rom den Indult für die Handkommunion bei Messen mit dem Heiligen Vater außer Kraft gesetzt. Allen Priestern wurde eine entsprechende Anweisung erteilt. Bisher empfingen nur diejenigen, die beim Papst kommunizierten, die heilige Gestalt auf Knien und in den Mund. Der Papst folgt damit der einzigen vom Missale Pauls VI. vorgesehenen Weise der Austeilung der Heiligen Kommunion an die Gläubigen und beabsichtigt, mit seiner Weise der Feier der Liturgie als „gutes Beispiel“ voranzugehen und Akzente zu setzen.<ref>Eine 'neue Liturgische Bewegung'? Kath.net am 28. Dezember 2010 von Armin Schwibach</ref>

Eine Kommunionpatene ist bei der Kommunionausteilung für die Gläubigen vorgeschrieben, "um die Gefahr zu vermeiden, dass die heilige Hostie oder einzelne Fragmente auf den Boden fallen" (vgl. RS Nr. 93). Der Kommunizierende hält die Patene unter den Mund (AEM 117) bzw. Kinn, d.h. entweder von ihm selbst oder einem Messdiener. Diese sei auf dem Kredenztisch vorzubereiten (AEM 80; GRM 118).

Zelebrationsrichtung 1970 / 2008 / 2016

Ein sogenannter Volksaltar wurde von den Konzislvätern in der Konstituition Sacrosanctum concilium des II. Vatikanischen Konzils nicht in Erwägung gezogen.<ref> Von der Wendung der Altäre ist im Konzilstext nicht die Rede Gedanken von Josef Kardinal Ratzinger / Papst Benedikt XVI..</ref> Ebenso wenig eine veränderte Zelebrationsrichtung:

Guido Marini, der päpstliche Zeremonienmeister, wies Ende Juni 2008 auf die große Bedeutung der Orientierung bei der Liturgie hin, „auch in praktischer Hinsicht“. In der Zelebrationsrichtung vermittle sich nämlich „eine grundlegende theologische, anthropologische und ekklesiologische Tatsache“. „Vom Herrn kommt das Heil, er ist der Osten, die aufgehende Sonne, auf die wir unseren Blick richten müssen, und von der wir die Gabe der Gnade empfangen müssen“, so Marini wörtlich. Deshalb habe Papst Benedikt XVI. am Fest Taufe des Herrn 2008 in der Sixtinischen Kapelle am Altar gefeiert.<ref>Päpstlicher Zeremonienmeister: Papst bevorzugt Mundkommunion Kath.net 26. Juni 2008</ref>

Kardinal Robert Sarah, der amtierende Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, stellte Ende Mai 2016 in einem Interview mit der französischen Zeitung „Famille Chrétienne“ fest, es sei ab dem Offertorium „wesentlich, dass der Priester und die Gläubigen gemeinsam nach Osten blicken“.<ref>Kardinal Sarah: „Priester sollen ad orientem zelebrieren“ Kath.net am 31. Mai 2016</ref> Im Anfang Juli 2016 bat er in einem Vortrag bei der Konferenz „Sacra Liturgia“ in London, die Priester der katholischen Kirche mögen die heilige Messe auch in der ordentlichen Form des Römischen Ritus „ad orientem“ feiern. Wörtlich sagte er: „Es ist sehr wichtig, dass wir so bald wie möglich zur gemeinsamen Ausrichtung der Priester und Gläubigen zurückkehren – nach Osten oder zumindest in Richtung der Apsisauf den Herrn der kommt“. Er ersuchte die Priester, diese Praxis einzuführen wo immer es möglich sei und nannte den ersten Adventssonntag 2016 als geeigneten Termin, um die Änderung einzuführen.<ref>Kardinal Sarah bittet Priester, ‚ad orientem’ zu zelebrieren Kath.net am 6 Juli 2016.</ref>

Das Motu proprio Summorum pontificum 2007

Mit dem Motu proprio Summorum pontificum im Juli 2007 gestattete Papst Benedikt XVI. die tridentinische Form der Heilige Messe vom Jahre 1962 einem jeden Priester zu feiern. Damit trat die Liturgiereform vom 20. Jahrhundert, jetzt im 21. Jahrhundert in eine Phase, welche die ordentliche und außerordentliche Form des Römischen Ritus "gegenseitig befruchten soll."<ref>7. Juli 2007 Begleitbrief zum Motu proprio Summorum pontificum.
„Bereicherung“ statt „Reform der Reform“ Kathnews am 14. Juli 2016 von Gero Weishaupt: „So wie die großen Ritenfamilien des Ostens und des Westens im Laufe der Geschichte in wechselndem Austausch und gegenseitigem Befruchten voneinander Elemente übernommen haben, so sollen sich nun auch die beiden Formen des einen Römischen Ritus gegenseitig bereichern und befruchten“ („Päpstliche Weichenstellungen“, 142.). In seinem epochalen Buch „Der Geist der Liturgie” schreibt Joseph Ratzinger: „Die Riten sind nicht streng gegeneinander abgegrenzt. Es gibt Austausch und gegenseitige Befruchtung. Am deutlichsten ist dies bei den zwei großen Schwerpunkten der Ritenbildung: Byzanz und Rom. Die allermeisten östlichen Riten sind in ihrer gegenwärtigen Gestalt sehr stark durch die byzantinischen Einflüsse mitgeprägt worden. Umgekehrt hat Rom immer mehr die verschiedenen Riten des Westens im gemeinsamen römischen Ritus vereinigt. Während Byzanz dem großen Teil der slawischen Welt die Form der Verherrlichung Gottes gab, hat Rom die germanischen, die lateinischen und einen Teil der slawischen Völker liturgisch geprägt. Im ersten Jahrtausend gab es noch liturgischen Austausch zwischen Ost und West; …” (in: J. Ratzinger, Gesammelte Schriften, Theologie der Liturgie, Bd. 11, Freiburg im Breisgau 2008, 142.).</ref> Damit setzte er folgende Worte der Liturgiekonstituion Sacrosanctum concilium um: "Treu der Überlieferung erklärt das Heilige Konzil schließlich, dass die heilige Mutter Kirche allen rechtlich anerkannten Riten gleiches Recht und gleiche Ehre zuerkennt. Es ist ihr Wille, dass diese Riten in Zukunft erhalten und in jeder Weise gefördert werden, und es ist ihr Wunsch, dass sie, soweit es not tut, in ihrem ganzen Umfang gemäß dem Geist gesunder Überlieferung überprüft und im Hinblick auf die Verhältnisse und Notwendigkeiten der Gegenwart mit neuer Kraft ausgestattet werden (Nr. 4).

Verschiedene Initiativen zu einer neuen Liturgischen Bewegung sind:<ref>siehe Grußworte und Teilnahme der Hierarchie</ref>

Literatur

Literatur von Klaus Gamber

  • bei Institutum Liturgicum Ratisbonense
  • Probleme der Liturgiereform: in: Hans Pfeil (Hrsg.): Unwandelbares im Wandel der Zeit, 19 Abhandlungen gegen die Verunsicherung im Glauben Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg , Band I: 1976, S. 292-314 (440 Seiten; ISBN 3-557-91109-8)
  • Rückkehr zur Tradition der Liturgie der Frühzeit, Richtschnur für eine echte Reform, Selbstverlag 1980 (Als Manuskript gedruckt; 48 Seiten).
  • Die Reform der römischen Liturgie: Vorgeschichte und Problematik, Selbstverlag 1981 (64 Seiten; Als Ms. gedr., 2. Aufl.).
  • Erneuerung durch Neuerungen? : Zur Gegenwartslage der römischen Kirche vor allem auf liturgischem Gebiet (Als Ms. gedr., 2., überarb. Aufl., Selbstverlag 1981 (68 Seiten).
  • Bewahre das Erbe: der Wandel in Glaube und Liturgie nach dem Vatikanum 2, Selbstverlag 1983 (65 S.)
  • Liturgie heute, Zur Problematik der gegenwärtigen Reformen, Institutum Liturgicum Ratisbonense 1969.
  • Liturgie - Dienst vor Gott, Institutum Liturgicum Ratisbonense 1984 (61 Seiten).
  • Hrsg. von Martin Reinecke: Zurück zum gemeinsamen Erbe: kritische Überlegungen zur Situation von Liturgie und Kirche; ausgewählte Texte aus dem Lebenswerk EOS Verlag St. Ottilien 1999 (126 Seiten; ISBN 3-88096-982-5).

Päpstliche Schreiben

Benedikt XVI.

Weblinks

Anmerkungen

<references />