Marcel Lefebvre

Aus kathPedia
Zur Navigation springenZur Suche springen

Marcel Lefèbvre CSSp (* 29. November 1905 in Tourcoing, Frankreich; † 25. März 1991 in Martigny, Schweiz) war ein Erzbischof der katholischen Kirche (Ebf. em. von Dakar, Tit. Ebf. em., Tit. Ebf. em., Ebf. bzw. Bf. em. von Tulle, Tit. Bf. em.), und em. Generaloberer.

Biografie

Erzbischof Lefebvre auf einer Briefmarke der österreichischen Post

Marcel Lefebvre wurde am 29. November 1905 als Sohn der katholischen Eheleute René und Gabrielle Lefebvre, geborene Watine, geboren. Getauft wurde er am nächsten Tag, dem Fest des gekreuzigten Apostel Andreas, getragen von seinem Onkel, Louis Watine-Duthoit und seiner Tante, Marguerite Lemaire-Lefebvre und erhielt den Namen Marcel Francois Marie Joseph Lefebvre. Die Erstkommunion erhielt der kleine Marcel mit sechs Jahren am 25. Dezember 1911. Im Oktober 1915 kam Marcel ins Gymnasium des Herz-Jesu-Kollegs in Tourcoing bei Roubix im Bistum Lille. Sein Theologiestudium absolvierte er am französichen Priesterseminar in Rom (Séminaire Pontifical Français de Rome) unter Henri Le Floch und trat 1931 der Kongregation der Väter vom Heiligen Geist (Spiritaner) bei, nachdem er zuvor im Jahre 1929 in Lille zum Priester geweiht worden war. Er wandte sich 1932 der Afrikamission zu, weshalb er in innerfranzösische Konflikte nicht verwickelt war. In Gabun war er zunächst Professor für Dogmatik und Exegese im Priesterseminar Libreville, ab 1934 zusätzlich auch erfolgreich Regens.

1947 wurde Lefebvre zum Apostolischen Vikar von Dakar (Senegal) ernannt und zum Bischof geweiht. Anschließend versah er diverse Dienste als Titularerzbischof und Apostolischer Delegat für Französisch-Afrika, gründete bis zur Errichtung des Erzbistums Dakar 62 Bistümer und leitete vier Bischofskonferenzen. Am 14. September 1955 wurde Marcel Lefebvre durch Papst Pius XII. zum ersten Erzbischof von Dakar ernannt, was ihn zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des christianisierten Afrika machte. Nach verdienstreichen Jahren ernannte ihn Papst Johannes XXIII. zunächst zum Päpstlichen Thronassistenten und Anfang 1962 zum Erzbischof von Tulle in Frankreich. Dieses Amt übte er nur bis Juli 1962 aus, da er zum Generaloberen der Spiritaner - einer Kongregation, die damals über 60 Bischöfe zählte - gewählt wurde. Als solcher nahm er am II. Vatikanum teil, nachdem ihn Papst Johannes XXIII. schon 1960 zum Mitglied der zentralen Vorbereitungskommission des Konzils berufen hatte. Der sechsfach emeritierte Lefebvre vereinigte im Laufe seines Lebens, wenn auch nicht kumulativ, insgesamt 3 Bischofstitel (zuletzt "Emeritus" von Tulle separat mitgezählt), 3 Erzbischofstitel und den Ehrentitel des Päpstlichen Thronassistenten auf seine Person.

Anbahnung von Opposition gegen das Zweite Vatikanische Konzil

Enttäuscht über den Verlauf des Konzils war er Mitbegründer des "Coetus internationalis patrum", eines Zusammenschlusses der konservativen Konzilsväter, dem 250 Mitglieder angehörten. Zu den bedeutendsten Mitgliedern des Coetus gehörte beispielsweise Kardinal Alfredo Ottaviani. Auf dem Konzil verfasste Erzbischof Lefebvre zahlreiche kritische Stellungnahmen, befürwortete jedoch die Liturgiekonstitution des Konzils und stimmte auch fast allen übrigen Dokumenten zu, da die Tragweite der "Reformen" noch nicht absehbar war. Wegen nachkonziliarer Konflikte in seinem Orden (z.B. sollte ihm die Leitung des Generalkapitels untersagt werden) trat er am 29. Oktober 1968 vom Amt des Generaloberen zurück. In der konfliktreichen Stimmung der 1968er Jahre fand er alsbald Zuspruch für die seine aufgrund schwerwiegender nachkonziliarer Missbräuche entwickelten kritischen Haltung. Bald danach wurde er Gründer und Generaloberer der 1970 gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X., die zunächst vor allem als Trägerin eines Priesterseminars tridentinischer Prägung in Ecône (Schweiz) wirkte.

Bekannt wurde Lefebvre jetzt durch seine Ablehnung der umstrittenen Liturgiereform. Lefebvre berief sich dabei auf die Ottaviani-Intervention, die von Kardinal Alfredo Ottaviani ausgearbeitet worden war, und die Liturgiereform tiefgreifend kritisierte. In seiner Grundsatzerklärung vom 21. November 1974 erklärte Lefebvre, dass kein Katholik, wenn ihm an seinem Seelenheil liege, diese Reform billigen könne, da sie den Glauben an die Realpräsenz schwäche. Der Heilige Stuhl reagierte mit einer forcierten Durchsetzung des Missale Romanum von 1969. Papst Paul VI. suspendierte Marcel Lefebvre am 22. Juli 1976 wegen unerlaubter Priesterweihen von seinen Ämtern. Aus der Sicht Lefebvres war die Suspension jedoch ungültig, da der einzige Grund seiner Suspendierung sein Festhalten an der vorkonziliaren Tradition der Kirche war.

Im September 1976 empfing ihn der Papst abermals in Privataudienz, Erzbischof Lefebvre blieb aber bei seinen Positionen, da er den Glauben durch die nachkonziliaren Veränderungen in Gefahr sah.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 1976 (lat., in: Insegnamenti di Paolo VI, Bd. XIV (1976), 810-823; siehe Weblinks unten) erklärte der Papst, dass sich Lefebvre angesichts des von ihm vertretenen Traditionsbegriffs im Irrtum befinde. Erzbischof Lefebvre entgegnete in seinem Brief vom 3. Dezember 1976 an Papst Paul VI., die "schmerzliche Feststellung der Unvereinbarkeit zwischen den Grundsätzen des neuen Kurses und der Überlieferung oder dem Lehramt der Kirche" zwinge ihn zu leidvoller Ablehnung der Reformen, erklärte aber gleichzeitig: "So sehr möchte ich mit dem Stellvertreter Christi und Nachfolger Petri übereinstimmen und ihm vollkommen unterworfen sein, wie ich es, so glaube ich, mein ganzes Leben lang war".

Die unerlaubten Bischofsweihen

Immer wieder schrieb der Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Joseph Ratzinger an Erzbischof Lefebvre und leitete im Auftrag des Papstes Verhandlungen, die schließlich zum sogenannten Protokoll vom 5. Mai 1988 führten. Darin heißt es u.a.: "Ich, Marcel Lefebvre, emeritierter Erzbischof-Bischof von Tulle sowie Mitglied der von mir gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X., verspreche der katholischen Kirche und dem Bischof von Rom, ihrem Obersten Hirten, dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger des hl. Petrus und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe, immer treu zu sein; erkläre, die in Nummer 25 der Dogmatischen Konstitutionen "Lumen Gentium" des Zweiten Vatikanischen Konzils enthaltene Lehre über das kirchliche Lehramt und die ihm geschuldete Zustimmung anzunehmen. Hinsichtlich gewisser, vom Zweiten Vatikanischen Konzil gelehrten Punkte oder gewisser nach dem Konzil erfolgten Reformen der Liturgie und des Kultes, die uns mit der Tradition schwer vereinbar erscheinen, verpflichten wir uns, bei deren Studium und einem Vorbringen beim Heiligen Stuhl eine positive Haltung einzunehmen und jede Polemik zu vermeiden. Wir erklären außerdem, die Gültigkeit des Messopfers und der Sakramente anzuerkennen, die mit der Intention das vollbringen, was die Kirche vollbringt und nach den Riten zelebriert werden, die in den von den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. promulgierten offiziellen Ausgaben des römischen Meßbuches und den Ritualen für die Sakramente enthalten sind. Schließlich versprechen wir, die allgemeine Disziplin der Kirche und die kirchlichen Gesetze zu achten, insbesondere die Gesetze des von Papst Johannes Paul II. promulgierten Kirchlichen Gesetzbuches, ungeachtet der der Bruderschaft durch ein besonderes Gesetz eingeräumten Sonderdisziplin" .

Rom wollte im Gegenzug die kirchenrechtliche Stellung der Piusbruderschaft regeln: Errichtung als Gesellschaft apostolischen Lebens, Einrichtung einer Kommission "fur die Koordinierung der Beziehungen zu den verschiedenen Dikasterien und Diözesanbischöfen sowie fur die Lösung eventueller Probleme und Streitsachen", durch ein Dekret oder eine Deklaration sollte erfolgen: "Aufhebung der 'suspensio a divinis' von Erzbischof Marcel Lefebvre und Befreiung von der durch die Tatsache der Priesterweihe entstandenen Irregularität. Vorsehen einer "Amnestie" und einer Genehmigung für die Häuser und Kultstätten, die die Bruderschaft bis jetzt ohne Autorisierung der Bischöfe errichtet und benutzt hat". Auch die Weihe eines eigenen Bischofs wurde in diesem Protokoll in Aussicht gestellt: "Aus praktischen und psychologischen Gründen erscheint jedoch die Konsekration eines Bischofs, der Mitglied der Bruderschaft ist, von Nutzen zu sein. Deshalb schlagen wir im Rahmen der dokttinalen und kanonistischen Lösung der Wiedersöhnung dem Heiligen Vater vor, einen aus der Bruderschaft ausgewählten und von Erzbischof Marcel Lefebvre vorgestellten Bischof zu ernennen".

Leider hat Erzbischof Lefebvre kurz darauf Forderungen gestellt, die von diesem Protokoll, welches er selbst unterschrieben hatte, abwichen. Als Papst Johannes Paul II. es ablehnte, der Bitte Erzbischof Lefebvres nach der Weihe mehrerer Bischöfe zu willfahren, schrieb dieser am 2. Juni 1988 an den Papst: "Wir werden uns daher selbst die Mittel schaffen, das Werk fortzusetzen, das uns die Vorsehung anvertraut hat". Noch 1984 sagte er in seinem Werk "Offener Brief an die ratlosen Katholiken": "Man schreibt auch, dass mein Werk nach mir verschwinden wird, weil es keinen Bischof geben wird, um mich zu ersetzen. Ich bin vom Gegenteil überzeugt, ich bin durchaus nicht beunruhigt. Ich kann morgen sterben, alles liegt in Gottes Hand. Ich weiß, dass sich auf der ganzen Welt genügend Bischöfe finden werden, die unsere Seminaristen weihen. Der eine oder andere Bischof würde, auch wenn er heute schweigt, vom Heiligen Geist den Mut erhalten, seinerseits aufzustehen. Wenn mein Werk von Gott ist, wird Er es zu bewahren wissen und dem Wohl der Kirche dienen lassen" (S. 247).

Aufgrund der dann vierfachen, ohne die Zustimmung des Papstes vollzogene Bischofsweihen im Jahr 1988 erklärte Papst Johannes Paul II. am 2. Juli im Apostolischen Schreiben Ecclesia Dei die Exkommunikation Erzbischof Lefebvres und der von ihm geweihten Bischöfe. Weil Lefebvre die kirchenrechtlichen Vorschriften missachtete, wurde 1975 der pia unio die Approbation entzogen und deren kanonische Auflösung vorgenommen. Die Piusbruderschaft existiert somit kirchenrechtlich nicht mehr. Wegen Missachtung der kirchlichen Entscheidung und weiterer Weihen ohne päpstlichen Auftrag wurde über ihn die suspensio a divinis unbefristet verhängt. Als er 1988 die vier besagten Bischöfe weihte, wurde dieses gemäß canon 1364 §1 (Codex Iuris Canonici) als schismatischer Akt gewertet, was auch die kirchenrechtliche Legitimation für die Exkommunikation lieferte.

Erzbischof Lefebvre erklärte, den apostolischen Auftrag zu den Bischofweihen "von der heiligen römischen Kirche, welche den von den Aposteln empfangenen heiligen Traditionen immer treu ist und uns vorschreibt, daß wir diese Traditionen, das heißt das Glaubensgut, allen Menschen zum Heil ihrer Seelen treu übermitteln" (Mandatum apostolicum für die Bischofskonsekration am 30. Juni 1988) zu haben. Außerdem bestritt er des Eintreten der Exkommunikation mit Berufung auf einen existierenden Kirchennotstand, dem durch die "Operation Überleben" (die Bischofsweihen) begegnet worden sei.

Durch das Dekret Kongregation für die Bischöfe vom 21. Januar 2009 hob Papst Benedikt XVI. das Exkommunikationsdekret über die vier von Lefebvre geweihten Bischöfe wieder auf.

Zur liturgischen Frage

Da die Feier der tridentinischen Liturgie bereits seit 1984 im Falle eines pastoralen Bedürfnisses gestattet wird, also ihre Zelebration nur von 1974 bis 1984 auf persönlich begründete Ausnahmen beschränkt war, ist längst nicht mehr die "alte Messe" der zentrale Streitpunkt zwischen dem Heiligen Stuhl und den über 550 Priestern der Priesterbruderschaft St. Pius X. Diese verlangt vielmehr die Rückkehr Roms zur Tradition der Kirche.

Zitat: "Je terminerai par mon testament. Je voudrais que ce soit l'écho du testament de Notre-Seigneur: Novi et Aeterni Testamenti... L'héritage que Jésus-Christ nous a donné, c'est son Sacrifice, c'est son Sang, c'est sa Croix. Aussi je vous le dis : Pour la gloire de la Très Sainte Trinité, pour l'amour de l'Eglise, pour le salut du monde : gardez le Sacrifice de Notre Seigneur Jésus-Christ! Gardez la Messe de toujours !" (Marcel Lefebvre, 1979). ["Ich werde schließen mit meinem Testament. Ich wünsche, es sei das Echo des Testaments Unseres Herrn: Novi et Aeterni Testamenti... (des Neuen und Ewigen Bundes). Das Erbe, das Jesus Christ uns gegeben hat, das ist sein Opfer, das ist sein Blut, das ist sein Kreuz. Auch sage ich Euch: Für den Ruhm der Allerheiligsten Trinität, für die Liebe der Kirche, für das Heil der Welt: Bewahret das Opfer Unseres Herrn Jesus Christ ! Bewahret die Messe aller Tage !"]

In seinem Buch "Zur Lage des Glaubens" sagte Kardinal Josef Ratzinger über Erzbischof Lefebvre: "Wenn man bei der grundsätzlichen Absage gegenüber dem II. Vatikanum bleibt, so sehe ich keinerlei Zukunft für eine dann in sich unlogische Position. Ausgangspunkt für diese Richtung ist ja die strengste Treue zur Lehrverkündigung, besonders Pius IX. und Pius X. wie - noch grundlegender - des I. Vatikanums und seiner Definition des päpstlichen Primats. Aber warum nur die Päpste bis zu Pius XII. und nicht weiter? Ist etwa der Gehorsam gegenüber dem Heiligen Stuhl teilbar nach Jahren oder nach der Nähe einer Lehre zur vorgegeben eigenen Überzeugung?" Das Kernproblem der Nähe oder mangelnden Nähe einer Lehre zur Tradition der Kirche thematisierte Kardinal Ratzinger allerdings nicht.

Stimmen zu Marcel Lefebvre

  • Die Kirche verzichte auf den Kampf gegen den Irrtum? Wahrscheinlich hat Lefebvre nicht bemerkt, dass der Titel der Konzilserklärung von 'gesellschaftlicher und bürgerlicher Freiheit in religiösen Dingen' spricht. Hier steht mehr der Staat als die Kirche auf dem Spiel. - (Kardinal Albino Luciani, Il Gazzetino vom 8. Juni 1977, zit. nach Lazzarini, Johannes Paul I., Freiburg u.a. 1978, S. 79.)
  • Erzbischof Lefebvre schrieb u.a.:

"Da Israel den wahren Messias zurückgewiesen hat, erfand es für sich einen anderen, diesseitigen und irdischen Messianismus: die Beherrschung der Welt durch das Geld, durch die Freimaurerei, durch die Revolution, durch die sozialistische Demokratie. Indes dürfen wir nicht vergessen, daß es Juden waren, Jünger des wahren Messias, die das wahre Israel gründeten, ein geistliches Königreich, das das himmlische Königreich vorbereitet. Die Weltherrschaftspläne der Juden werden in unserer Zeit Wirklichkeit seit der Gründung der Freimaurerei und der Revolution, die die Kirche enthauptet und die sozialistische Weltdemokratie eingeführt hat". - (Zitiert nach: Bernard Tissier de Mallerais, Marcel Lefebvre. Die Biografie, Stuttgart 2008, S. 639.)

Literatur

  • Marcel Lefebvre, J'accuse le Concile, Paris 1976.
  • Ders., Ils l'ont découronné, Escurolles 1987.
  • Bernard Tissier de Mallerais: Marcel Lefebvre – Die Biografie, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-932691-57-7.
  • Michael Davies: Apologia pro Marcel Lefebvre, Dickinson, Texas 1979 (dt. Ausgabe: 1987).
  • R. Kaschewsky: Zur Frage der Bischofsweihen ohne päpstlichen Auftrag, in: Una Voce Korrespondenz 2 (1988), 86–91.
  • Georg May: Notwehr, Widerstand und Notstand, Begriffliche Klärungen, Wien: Mediatrix 1984.

siehe: Priesterbruderschaft St. Pius X.#Päpstliche Schreiben

Weblinks